Arbeitsrecht: Jahresurlaub: Anspruch bleibt bei längerer Krankheit des Arbeitnehmers bestehen

bei uns veröffentlicht am29.01.2009
Zusammenfassung des Autors
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht - S&K Rechtsanwälte in Berlin-Mitte
Kann ein Arbeitnehmer wegen Krankheit seinen bezahlten Jahresurlaub nicht innerhalb der vorgesehenen Frist nehmen, verfällt der Anspruch nicht. Der nicht genommene Jahresurlaub ist vielmehr abzugelten.

Mit dieser Entscheidung stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Regel auf, die der derzeitigen Gesetzeslage in der Bundesrepublik entgegensteht. Der Rechtsstreit war u.a. vom Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf zum EuGH getragen worden. Das LAG hatte über die Urlaubsabgeltung bei einem Arbeitnehmer zu entscheiden, der seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wegen einer Arbeitsunfähigkeit, die zu seiner Verrentung geführt hat, nicht ausüben konnte. Nach derzeitiger Gesetzeslage erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub am Ende des betreffenden Kalenderjahrs und spätestens am Ende eines Übertragungszeitraums. Dieser beträgt – vorbehaltlich einer tarifvertraglich vorgesehenen Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers – drei Monate. War der Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Übertragungszeitraums arbeitsunfähig, muss der nicht genommene bezahlte Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses nicht finanziell abgegolten werden.

Der EuGH verweist darauf, dass der Anspruch auf Krankheitsurlaub und die Details für seine Ausübung vom EU-Gemeinschaftsrecht nicht geregelt werden. Nach Abwägung gelangen die Richter zu der Entscheidung, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einem ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmer nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden könne, dass er während eines festgelegten Bezugszeitraums (= Urlaubsjahr) tatsächlich gearbeitet hat. Folglich könne ein Mitgliedstaat den Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums nur unter der Voraussetzung vorsehen, dass der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. Hatte er diese Möglichkeit nicht, müsse sein Urlaubsanspruch abgegolten werden. Er müsse so gestellt werden, als hätte er seinen Anspruch während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt. Folglich sei das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das während der dem bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiterzuzahlen sei, auch für die Berechnung der finanziellen Vergütung für bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub maßgebend. Diese Entscheidung widerspricht der derzeitigen Rechtslage in der Bundesrepublik. Das Bundesurlaubsgesetz wird daher entsprechend angepasst werden müssen (EuGH, Urteil vom 20.1.2009, C-350/06 und C-520/06, Abruf-Nr. ).


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