Autokauf: Kfz-Händler muss bei Haldenwagen auf Verkürzung der Herstellergarantie hinweisen

bei uns veröffentlicht am24.02.2012

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
kein Neufahrzeug wenn zwischen der Herstellung und dem Abschluss des Kaufvertrags mehr als 12 Monate liegen-LG Köln vom 03.08.11-Az: 84 O 95/11
Ein Kfz-Händler darf ein Fahrzeug nur als Neufahrzeug bewerben, wenn zwischen der Herstellung und dem Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als 12 Monate liegen.

So entschied das Landgericht (LG) Köln in einem Rechtsstreit zwischen Verkäufer und Käufer eines Pkw. Die Richter ergänzten, dass der Kunde bei Neufahrzeugen grundsätzlich eine uneingeschränkte Herstellergarantie erwarte. Der Verkäufer müsse daher in der Werbung auf eine Verkürzung der Herstellergarantie hinweisen, sofern diese mehr als zwei Wochen von der üblichen Garantiezeit abweiche. Der Kunde könne allein für sich nicht erkennen, ob die Herstellergarantie entsprechend verkürzt oder gar abgelaufen sei. Auch der Zeitablauf zwischen Produktion des Pkw und Vertragsschluss sei ihm nicht ersichtlich. Auf einen solchen Sachverhalt könne er auch nicht allein deshalb schließen, weil er eine Preisersparnis von 50 Prozent beim Kauf erzielt habe (LG Köln, 84 O 95/11).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LG Köln: Urteil vom 03.08.2011 - Az: 84 O 95/11

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet auf KfZ-Verkaufsplattformen, insbesondere auf den Webseiten www.anonym1.de, www.anonym2.de und www.anonym3.de Kraftfahrzeuge als „Neuwagen“ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne auf eine um mindestens mehr als zwei Wochen verkürzte oder abgelaufene Herstellergarantie hinzuweisen; im geschäftlichen Verkehr im Internet auf KfZ-Verkaufsplattformen, insbesondere auf den Webseiten www.anonym1.de, www.anonym2.de und www.anonym3.de Kraftfahrzeuge als „Neuwagen“ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, bei denen zwischen ihrer Herstellung und dem Abschluss des Kaufvertrages mehr als zwölf Monate liegen.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Art, des Zeitpunktes und der Anzahl der Werbemaßnahmen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die unter Ziffer I. bezeichneten Handlung entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.633,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 933,90 € seit dem 18.12.2010 und aus 699,90 € seit dem 21.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu I. und II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 1.000,00 € (eintausend) und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand:

Der Kläger betreibt unter der Firma C einen Kfz-Handel. Der Inhaber der Beklagten betreibt als eingetragener Kaufmann zwei Firmen, zum einen die Beklagte und zum anderen die Firma Z Deutschland. Die Beklagte veräußert die Fahrzeuge überwiegend an Verbraucher und bezieht ihre Fahrzeuge überwiegend aus dem EU-Ausland und aus Drittländern.

Die Beklagte bewirbt auf den Webseiten www.anonym1.de, www.anonym2.de und www.anonym3.de eine Vielzahl von Fahrzeugen als „Neuwagen“,
  • obwohl diese länger als zwölf Monate zugelassen sind und
  • ohne eine zusätzliche Angabe, dass sich die Garantiezeit erheblich verkürzt hat oder keine Garantie mehr vorhanden ist.

So hat die Beklagte z. B. einen Chrysler PT Cruiser 2.4 Tour. Navi-SD-Klima-alu, bei dem es sich um ein Fahrzeug aus dem Modelljahrs 2007 handelte, und einen Chrysler 300C Touring 2,7 L V6 Leder/SD/Xenon, der eine Tageszulassung aus dem Jahr 2006 hatte, als „Neuwagen“ beworben, wobei die Beklagte einen Preisvorteil von 50% bzw. 60% gegenüber der UVP auslobte. Wegen der Einzelheiten der Angebote wird auf die Anlagen K 5 - K 10 verwiesen.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 18.11.2010 ab (Anlage K 15) und erwirkte unter dem 07.12.2010 im Verfahren 84 O 228/10 eine einstweilige Verfügung der Kammer mit dem Inhalt des Tenors zu I. (Anlage K 1). Den Streitwert setzte die Kammer antragsgemäß auf 25.000,00 € fest. Mit Schreiben vom 21.01.2011 (Anlage K 16) forderte der Kläger die Beklagte ergebnislos zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf.

Der Kläger, der die Werbung der Beklagten für wettbewerbswidrig hält, begehrt mit der vorliegenden Klage Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie Ersatz der Abmahnkosten und der Kosten des Abschlussschreibens nach einem Streitwert von jeweils 50.000,00 €. Auf die Berechnung in der Klageschrift wird verwiesen.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält ihre Werbung nicht für wettbewerbswidrig. Insbesondere gebe es bei den Internetportalen anonym2.de und anonym3.de keine eigene Kategorie für die von ihr angebotenen Fahrzeuge, so dass es nachvollziehbar sei, die Fahrzeuge, die keine oder nur eine geringe Laufleistung aufwiesen, in die Kategorie „Neufahrzeuge“ einzuordnen. Aus den Inseraten gehe unmissverständlich hervor, dass es sich nicht um Neufahrzeuge im Sinne der Rechtsprechung des BGH handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage hat Erfolg.

Im Einzelnen:

Unterlassung

Die Werbung der Beklagten erweist sich als (grob) wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 3, 8, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.

Unstreitig bewirbt die Beklagte auf den Webseiten www.anonym1.de, www.anonym2.de und www.anonym3.de eine Vielzahl von Fahrzeugen als „Neuwagen“,
  • obwohl diese länger als zwölf Monate zugelassen sind und
  • ohne eine zusätzliche Angabe, dass sich die Garantiezeit erheblich verkürzt hat oder keine Garantie mehr vorhanden ist,
wie dies beispielhaft in den Anlagen K 5 - K 10 wiedergegeben ist.

Bei Neufahrzeugen erwartet der Kunde jedoch grundsätzlich eine uneingeschränkte Herstellergarantie. Daher muss nach der Rechtsprechung des BGH schon in der Werbung auf dem Umstand, dass bei einem Neufahrzeug die Herstellergarantie aufgrund einer erfolgten Zulassung verkürzt ist, hingewiesen werden, sofern die Verkürzung der üblichen Garantiezeit zwei Wochen übersteigt.

Darüber hinaus darf ein Fahrzeug nur dann als Neufahrzeug beworben werden, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch die längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen der Herstellung und dem Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist es grob irreführend, wenn die Beklagte Fahrzeuge z. B. des Modelljahres 2007 und mit einer Tageszulassung aus dem Jahre 2006 als „Neuwagen“ bewirbt.

Aufklärende Hinweise finden sich in der Werbung der Beklagten nicht.

Mit keinem Wort erwähnt die Beklagte das Modelljahr 2007 oder die Tageszulassung aus dem Jahre 2006. Vielmehr verschweigt die Beklagte diese für einen Kaufentschluss wesentlichen Umstände nach Auffassung der Kammer bewusst und planmäßig, um den Absatz dieser „Altfahrzeuge“ zu fördern. Wenn die Beklagte denn meint, die Fahrzeuge in die Kategorie „Neufahrzeuge“ einordnen zu dürfen, so hätte ein redlicher Kaufmann den Leser des Internetauftritts zumindest eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Fahrzeugen um das Modelljahr 2007 bzw. um eine Tageszulassung aus dem Jahre 2006 handelt.

Auch der Umstand, dass die Beklagte die Fahrzeuge zu einem Preis anbietet, der 50% bzw. 60% unter der UVP liegt, reicht zur Aufklärung nicht aus. Hieraus können die angesprochenen Verkehrskreise nicht schließen, dass die Herstellergarantie um mehr als zwei Wochen verkürzt oder gar abgelaufen ist und/oder dass zwischen der Herstellung der Fahrzeuge und dem Abschluss des Kaufvertrages mehr als zwölf Monate liegen. Zum einen kann die Preisersparnis vielfältige Gründe haben. Zum anderen werden selbst die Verbraucher, die in der Preisangabe und der Angabe „Neuwagen“ einen Widerspruch erblicken, allenfalls im Unklaren gelassen, nicht aber aufgeklärt.

Die Kategorien auf den Internetportalen anonym2.de und anonym3.de rechtfertigen das Verhalten der Beklagten nicht. Die Internetportale haben im Einzelnen definiert, was unter einem Neuwagen zu verstehen ist. Gegen diesen Kodex verstößt die Beklagte, so dass sie sich schon von daher hiermit nicht rechtfertigen kann.

Auskunft/Schadensersatzfeststellung

Diese Ansprüche sind nach §§ 9 UWG, 242 BGB begründet.

Die Beklagte hat zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Bei sorgfältiger Prüfung hätten sie erkennen können und müssen, dass ihre Werbung mit den gesetzlichen Vorgaben nicht in Einklang steht, zumal die Beklagte sogar gegen den Kodex der Internetportale verstößt. Dass dem Klägerin durch die Werbung der Beklagten ein Schaden entstanden ist, erscheint nicht ausgeschlossen.

Abmahnkosten/Kosten des Abschlussschreibens

Auch diese sind nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG (analog), §§ 677, 683, 670 BGB in vollem Umfang begründet. Auf die zutreffende Berechnung in der Klageschrift wird verwiesen. Zwar hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung geäußert, dass für die Abmahnung ein Streitwert von 25.000,00 € und für das Hauptsacheverfahren von 30.000,00 € zugrunde gelegt werden könne. Dies jedoch nur vor dem Hintergrund der angedachten einvernehmliche Lösung. Aufgrund der Schwere und des Umfangs des Wettbewerbsverstoßes des Beklagten ist der vom Kläger angesetzte Streitwert von jeweils 50.000,00 € durchaus angemessen. Der Umstand, dass der Kläger den Streitwert im Verfügungsverfahren nur mit 25.000,00 € angegeben hat, hat keine bindende Wirkung.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 €

Gesetze

Gesetze

11 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 683 Ersatz von Aufwendungen


Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht diese

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 677 Pflichten des Geschäftsführers


Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 9 Schadensersatz


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige g

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Wirtschaftsrecht

Referenzen

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.

(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.