Bankrecht: Keine Genehmigung einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren gegenüber dem Lastschriftgläubiger

bei uns veröffentlicht am17.07.2012

Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
BGH gibt seine bisherige Rechtsprechung auf-BGH vom 13.10.11-Az:IX ZR 115/10
Der BGH hat mit dem Urteil vom 13.10.2011 (Az: IX ZR 115/10) folgendes entschieden:

Die Genehmigung einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren kann nicht gegenüber dem Lastschriftgläubiger erklärt werden.

Hat der Lastschriftgläubiger die Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingereicht, ist der Widerspruch des Schuldners für die Zahlstelle [Schuldnerbank] auch dann beachtlich, wenn der Schuldner zugunsten des Gläubigers einen Abbuchungsauftrag erteilt hatte.

Der Widerspruch des Schuldners gegen eine Belastungsbuchung ist unwiderruflich.

Der Gläubiger, der trotz eines zu seinen Gunsten erteilten Abbuchungsauftrags seine Forderung im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens einzieht, hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den (vorläufigen) Insolvenzverwalter, welcher der Belastungsbuchung widerspricht.

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, vom 9. Juni 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.


Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten, der vorläufiger Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der J. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) war, wegen des ihrer Ansicht nach unberechtigten Widerspruchs gegen Lastschriften auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin belieferte die Schuldnerin regelmäßig mit Baustoffen. Im Juni 2005 bestätigte die Z. eG der Schuldnerin einen Abbuchungsauftrag zugunsten der Klägerin. Im Februar und März 2008 zog die Klägerin über ihre Hausbank, die S. , vom Konto der Schuldnerin folgende Beträge ein: 14.926,51 € am 29. Februar 2008, 9.736,59 € am 11. März 2008 und 10.164,10 € am 18. März 2008. Die Abbuchungen erfolgten im Einzugsermächtigungsverfahren, nicht im Abbuchungsauftragsverfahren. Am 20. März 2008 genehmigte die Schuldnerin gegenüber der Klägerin die Abbuchungen vom 11. und vom 18. März 2008.

Am 26. März 2008 wurden Sicherungsmaßnahmen über das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt; zugleich wurde angeordnet, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit Zustimmung des Beklagten wirksam waren. Mit Schreiben vom 2. April 2008 erklärte der Beklagte gegenüber der Z. eG, dass er den noch nicht genehmigten Lastschriften seit dem 1. Februar 2008 widerspreche. Die Z. eG überwies insgesamt 74.793,28 € auf das Anderkonto des Beklagten; in diesem Betrag waren die Abbuchungen der Klägerin enthalten. Mit Schreiben vom 4. April 2008 wies die Klägerin den Beklagten auf den bestehenden Abbuchungsauftrag hin und forderte ihn zur Rücknahme des Widerspruchs auf. Am 1. Juni 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin wegen des ihrer Ansicht nach unberechtigten Lastschriftwiderspruchs vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 34.837,20 € nebst Rechtshängigkeitszinsen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren bisherigen Antrag weiter.


Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Durch den Widerspruch habe die Klägerin eigenes Vermögen und nicht nur die Aussicht auf spätere Vermögenszuflüsse verloren. Die Schuldnerin habe die Abbuchungen vom 11. und vom 18. März 2008 durch Erklärung gegenüber der Klägerin genehmigt; darauf, dass ihre Bank keine Kenntnis hiervon erlangt habe, komme es nicht an. Die Abbuchung vom 29. Februar 2008 sei - ebenso wie die Abbuchungen im März 2008 - vom ursprünglichen Abbuchungsauftrag gedeckt, unabhängig davon, dass die Hausbank der Klägerin nicht das Abbuchungsauftrags-, sondern das Einzugsermächtigungsverfahren benutzt habe. Der pauschale Lastschriftwiderspruch als Mittel der Erhaltung der späteren Insolvenzmasse stelle jedoch keinen Verstoß gegen die guten Sitten dar. Jedenfalls aber habe der Beklagte am 2. April 2008 nicht mit Schädigungsvorsatz gehandelt, weil ihm zu diesem Zeitpunkt weder die Genehmigungserklärungen vom 20. März 2008 noch der Abbuchungsauftrag selbst bekannt gewesen seien und er seinen Widerspruch auf noch nicht genehmigte Belastungsbuchungen beschränkt habe. Mit dem vorliegenden Ausnahmefall doppelt begründeter Lastschriften habe er nicht rechnen müssen; er sei auch nicht verpflichtet gewesen, vor dem Widerspruch die Schuldnerin nach etwaigen Genehmigungen zu befragen.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich befugt, im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften zu widersprechen, unabhängig davon, ob dem Schuldner eine sachlich-rechtliche Einwendung gegen die Gläubigerforderung zusteht. Einschränkungen bestehen lediglich im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person, wo der (vorläufige) Insolvenzverwalter vorab zu prüfen hat, ob die jeweilige Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens eingelöst worden ist; dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter fehlt die Rechtsmacht, auf das Schonvermögen des Schuldners zuzugreifen. Um einen solchen Fall geht es hier indes nicht. Die Schuldnerin ist keine natürliche, sondern eine juristische Person, die sich auf die in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO in Bezug genommenen Pfändungsschutzvorschriften nicht berufen kann.

Hat der Schuldner die Lastschrift ausdrücklich, konkludent oder über in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder der Sparkassen enthaltene Genehmigungsfiktion genehmigt, ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter hingegen nicht berechtigt, der Belastungsbuchung zu widersprechen. Widerspricht er gleichwohl und führt der Widerspruch zu einer Rückbuchung, wird dadurch eine Rechtsposition des Gläubigers beeinträchtigt, so dass der Anwendungsbereich des § 826 BGB grundsätzlich eröffnet ist. Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits - entgegen der Ansicht der Klägerin und des Berufungsgerichts - an einer gesicherten Rechtsposition der Klägerin, in welche der Beklagte hätte eingreifen können.

Die Erklärung vom 20. März 2008, welche die Schuldnerin unterzeichnet und der Klägerin zugeleitet hat, stellt keine Genehmigung der Belastungsbuchungen vom 11. und vom 18. März 2008 dar, weil sie nur gegenüber der Klägerin (der Gläubigerin), nicht aber gegenüber der Z. eG (der Schuldnerbank) abgegeben worden ist.

Im Einziehungsermächtigungsverfahren greift die Schuldnerbank ohne eine Weisung oder einen Auftrag ihres Kunden (des Schuldners) auf dessen Konto zu. Sie handelt bei der Einlösung der Lastschrift aufgrund einer von der Gläubigerbank (oder einer etwa eingeschalteten Zwischenbank) im eigenen Namen im Interbankenverhältnis erteilten Weisung. Im Verhältnis zum Schuldner begründet erst dessen nachträgliche Zustimmung (§ 684 Satz 2 BGB) die Berechtigung zur Einlösung der Lastschrift. Diese Genehmigung tritt an die Stelle einer Weisung, die im Abbuchungsauftragsverfahren der Belastung vorausgeht.

Die Einziehungsermächtigung begründet keine Befugnis des Gläubigers, über das Konto des Schuldners zu verfügen. Sie gestattet ihm lediglich die Nutzung des von der Kreditwirtschaft entwickelten technischen Verfahrens des Lastschrifteinzugs. An der Einlösung der Lastschrift, die ausschließlich das Deckungsverhältnis zwischen dem Schuldner und der Schuldnerbank betrifft, ist der Gläubiger nicht beteiligt. Die Genehmigung, welche der Schuldner nach § 684 Satz 2 BGB auszusprechen hat, hat zur Folge, dass die von der Schuldnerbank als Nichtberechtigte vorgenommene und deshalb zunächst unwirksame Verfügung im Deckungsverhältnis wirksam wird. Adressat der Genehmigung ist damit die Schuldnerbank. Dieser ist die Genehmigungserklärung vom 20. März 2008 nicht zugeleitet worden.

Der im Jahre 2005 der Z. eG erteilte Abbuchungsauftrag zugunsten der Klägerin ändert im Ergebnis nichts.

Die Klägerin hat die streitigen Beträge im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens eingezogen, obwohl die Schuldnerin der Z. eG zu ihren, der Klägerin, Gunsten einen Abbuchungsauftrag erteilt hat. Ob eine solche "doppelt begründete Lastschrift" nach den Regeln des Einziehungsermächtigungsverfahrens oder nach denjenigen des Abbuchungsauftragsverfahrens zu beurteilen ist, ist umstritten.

Die hier entscheidende Frage, ob die Zahlstelle einen Widerspruch des Schuldners zu beachten hat, ist nach dem konkret erteilten Auftrag zu beantworten.

Die Gläubigerbank ordnet den ihr erteilten Auftrag anhand der vom Gläubiger verwandten Kennziffer automatisch entweder dem Einziehungsermächtigungs- oder dem Abbuchungsauftragsverfahren zu. So war es auch im vorliegenden Fall. Nach der "Vereinbarung über den Einzug von Forderungen und Lastschriften" vom 12. Mai 2002 zwischen der Klägerin und ihrer Hausbank, der S. , galt für das Einzugsermächtigungsverfahren der Textschlüssel "05", für das Abbuchungsauftragsverfahren der Textschlüssel "04". Aufträge waren von der Klägerin mit einem der beiden Textschlüssel zu bezeichnen. Gab die Klägerin den Textschlüssel "05" für das Einzugsermächtigungsverfahren an, war das einzuhaltende Verfahren damit festgelegt. Fehler, die nach Darstellung der Klägerin der S. bei der Einschlüsselung unterlaufen sein sollen, sind im Verhältnis zur Schuldnerbank, zur Schuldnerin und zum Beklagten gemäß § 278 BGB der Klägerin zuzurechnen und damit für die Entscheidung des vorliegenden Falles unbeachtlich.

Im Verhältnis des Schuldners zu seiner Bank (der Zahlstelle) ist grundsätzlich der erteilte Abbuchungsauftrag maßgeblich, wenn es einen solchen gibt. Der Schuldner kann jedoch gute Gründe dafür haben, sich im Verhältnis zu ein und demselben Gläubiger zum Teil des Abbuchungsauftragsverfahrens und zum Teil des Einzugsermächtigungsverfahrens zu bedienen. Ein Abbuchungsauftrag des Schuldners an die Zahlstelle kann deshalb nur dahin ausgelegt werden, dass aufgrund dieser Weisung nur solche Lastschriften eingelöst werden sollen, die der Zahlstelle als Abbuchungsauftrags-Lastschriften eingereicht werden.

Soweit der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 19. Oktober 1978 (II ZR 96/77) zu der hier entscheidenden Frage die Auffassung vertreten hat, ein Widerspruch des Schuldners sei in einem solchen Fall für die Zahlstelle nicht bindend, wird daran im Einvernehmen mit dem infolge geänderter Geschäftsverteilung seit längerem für das Recht des Zahlungsverkehrs allein zuständigen XI. Zivilsenat nicht festgehalten.

Im Einzugsermächtigungsverfahren erlangt der Gläubiger, wie gezeigt, bis zur Genehmigung der Belastungsbuchung keine gefestigte Rechtsposition. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 826 BGB wegen des Widerspruchs vom 2. April 2008 kommt von vornherein nicht in Betracht.

Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass der Widerspruch als solcher nicht von einem Schädigungsvorsatz des Beklagten getragen war. Sie meint jedoch, der Beklagte sei nach Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 4. April 2008, in dem auf den Abbuchungsauftrag hingewiesen worden war, gehalten gewesen, den Widerspruch gegen die drei streitigen Belastungsbuchungen zurückzunehmen. Dass er dies nicht getan habe, hält die Revision für sittenwidrig. Insoweit habe der Beklagte auch vorsätzlich gehandelt.

Eine Rücknahme des Widerspruchs kam aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Die Verweigerung einer Genehmigung ist als rechtsgestaltende einseitige Willenserklärung unwiderruflich. Dies gilt auch für den Widerspruch des Lastschriftnehmers gegen die Belastung seines Kontos im Einziehungsermächtigungsverfahren. Der Gesichtspunkt, dass es den Erfordernissen der Sicherheit des Rechtsverkehrs nicht entspräche, den Widerruf einer einmal ausgesprochenen Weigerung zuzulassen, gilt in besonderem Maße für die Abwicklung des Lastschriftverfahrens. Die Frage kann also nur sein, ob das Unterlassen kompensierender Maßnahmen - etwa einer Überweisung der geschuldeten Beträge an die Klägerin - den objektiven und subjektiven Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB erfüllt. Eine Überweisung war dem Beklagten, der als vorläufiger Insolvenzverwalter nur mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet war (vgl. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) und damit nicht zu Verfügungen über das Vermögen der Schuldnerin befugt war, ebenfalls aus Rechtsgründen unmöglich.

Unabhängig von der Frage der rechtlichen Durchführbarkeit des von der Klägerin gewünschten Verhaltens kommt auch ein Schädigungsvorsatz des Beklagten nicht in Betracht. Er konnte, wie gezeigt, mit guten Gründen den Standpunkt einnehmen, dass eine Einziehungsermächtigungslastschrift unabhängig vom Vorliegen eines Abbuchungsauftrags den für das Einziehungsermächtigungsverfahren geltenden Grundsätzen unterfällt. Danach hätte die Klägerin keine gesicherte Rechtsposition erlangt, in welche der Widerspruch in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise eingegriffen hätte. Anlass für kompensatorische Maßnahmen gab es dann nicht.


Gesetze

Gesetze

5 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Insolvenzordnung - InsO | § 21 Anordnung vorläufiger Maßnahmen


(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme

Insolvenzordnung - InsO | § 36 Unpfändbare Gegenstände


(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 684 Herausgabe der Bereicherung


Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben

Urteile

1 Urteile zitieren order werden zitiert von diesem Artikel

1 Urteile werden in dem Artikel zitiert

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2011 - IX ZR 115/10

bei uns veröffentlicht am 13.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 115/10 Verkündet am: 13. Oktober 2011 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 684 Satz 2, §

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Konto & Zahlungsverkehr

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 115/10
Verkündet am:
13. Oktober 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Genehmigung einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren kann nicht
gegenüber dem Lastschriftgläubiger erklärt werden.

b) Hat der Lastschriftgläubiger die Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren
eingereicht, ist der Widerspruch des Schuldners für die Zahlstelle [Schuldnerbank]
auch dann beachtlich, wenn der Schuldner zugunsten des Gläubigers einen Abbuchungsauftrag
erteilt hatte (Aufgabe von BGHZ 72, 343).

c) Der Widerspruch des Schuldners gegen eine Belastungsbuchung ist unwiderruflich.

d) Der Gläubiger, der trotz eines zu seinen Gunsten erteilten Abbuchungsauftrags
seine Forderung im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens einzieht, hat keinen
Schadensersatzanspruch gegen den (vorläufigen) Insolvenzverwalter, welcher
der Belastungsbuchung widerspricht.
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 115/10 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, vom 9. Juni 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt den Beklagten, der vorläufiger Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der J. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) war, wegen des ihrer Ansicht nach unberechtigten Widerspruchs gegen Lastschriften auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Klägerin belieferte die Schuldnerin regelmäßig mit Baustoffen. Im Juni 2005 bestätigte die Z. eG der Schuldnerin einen Abbuchungsauftrag zugunsten der Klägerin. Im Februar und März 2008 zog die Klägerin über ihre Hausbank, die S. , vom Konto der Schuldnerin folgende Beträge ein: 14.926,51 € am 29. Februar 2008, 9.736,59 € am 11. März 2008 und 10.164,10 € am 18. März 2008. Die Abbuchungen erfolgten im Einzugsermächtigungsverfahren, nicht im Abbuchungs- auftragsverfahren. Am 20. März 2008 genehmigte die Schuldnerin gegenüber der Klägerin die Abbuchungen vom 11. und vom 18. März 2008.
3
Am 26. März 2008 wurden Sicherungsmaßnahmen über das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt; zugleich wurde angeordnet, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit Zustimmung des Beklagten wirksam waren. Mit Schreiben vom 2. April 2008 erklärte der Beklagte gegenüber der Z. eG, dass er den noch nicht genehmigten Lastschriften seit dem 1. Februar 2008 widerspreche. Die Z. eG überwies insgesamt 74.793,28 € auf das Anderkonto des Beklagten; in diesem Betrag waren die Abbuchungen der Klägerin enthalten. Mit Schreiben vom 4. April 2008 wies die Klägerin den Beklagten auf den bestehenden Abbuchungsauftrag hin und forderte ihn zur Rücknahme des Widerspruchs auf. Am 1. Juni 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.
4
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin wegen des ihrer Ansicht nach unberechtigten Lastschriftwiderspruchs vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 34.837,20 € nebst Rechtshängigkeitszinsen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren bisherigen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Durch den Widerspruch habe die Klägerin eigenes Vermögen und nicht nur die Aussicht auf spätere Vermögenszuflüsse verloren. Die Schuldnerin habe die Abbuchungen vom 11. und vom 18. März 2008 durch Erklärung gegenüber der Klägerin genehmigt; darauf, dass ihre Bank keine Kenntnis hiervon erlangt habe, komme es nicht an. Die Abbuchung vom 29. Februar 2008 sei - ebenso wie die Abbuchungen im März 2008 - vom ursprünglichen Abbuchungsauftrag gedeckt, unabhängig davon, dass die Hausbank der Klägerin nicht das Abbuchungsauftrags-, sondern das Einzugsermächtigungsverfahren benutzt habe. Der pauschale Lastschriftwiderspruch als Mittel der Erhaltung der späteren Insolvenzmasse stelle jedoch keinen Verstoß gegen die guten Sitten dar. Jedenfalls aber habe der Beklagte am 2. April 2008 nicht mit Schädigungsvorsatz gehandelt, weil ihm zu diesem Zeitpunkt weder die Genehmigungserklärungen vom 20. März 2008 noch der Abbuchungsauftrag selbst bekannt gewesen seien und er seinen Widerspruch auf noch nicht genehmigte Belastungsbuchungen beschränkt habe. Mit dem vorliegenden Ausnahmefall doppelt begründeter Lastschriften habe er nicht rechnen müssen; er sei auch nicht verpflichtet gewesen, vor dem Widerspruch die Schuldnerin nach etwaigen Genehmigungen zu befragen.

II.


7
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
8
1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich befugt, im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften zu widersprechen, unabhängig davon, ob dem Schuldner eine sachlich-rechtliche Einwendung gegen die Gläubigerforderung zusteht (BGH, Urteil vom 4. November 2004 - IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49, 52 ff; vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 19; vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 12; vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 7; vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, NZI 2011, 321 Rn. 11). Einschränkungen bestehen lediglich im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person, wo der (vorläufige) Insolvenzverwalter vorab zu prüfen hat, ob die jeweilige Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens eingelöst worden ist; dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter fehlt die Rechtsmacht, auf das Schonvermögen des Schuldners zuzugreifen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO analog; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, Rn. 13 ff). Um einen solchen Fall geht es hier indes nicht. Die Schuldnerin ist keine natürliche, sondern eine juristische Person , die sich auf die in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO in Bezug genommenen Pfändungsschutzvorschriften nicht berufen kann.
9
2. Hat der Schuldner die Lastschrift ausdrücklich, konkludent oder über in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder der Sparkassen enthaltene Genehmigungsfiktion genehmigt, ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter hingegen nicht berechtigt, der Belastungsbuchung zu widersprechen. Widerspricht er gleichwohl und führt der Widerspruch zu einer Rückbuchung, wird dadurch eine Rechtsposition des Gläubigers beeinträchtigt, so dass der Anwendungsbereich des § 826 BGB grundsätzlich eröffnet ist (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, aaO Rn. 27). Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits - entgegen der Ansicht der Klägerin und des Berufungsgerichts - an einer gesicherten Rechtsposition der Klägerin, in welche der Beklagte hätte eingreifen können.
10
a) Die Erklärung vom 20. März 2008, welche die Schuldnerin unterzeichnet und der Klägerin zugeleitet hat, stellt keine Genehmigung der Belastungsbuchungen vom 11. und vom 18. März 2008 dar, weil sie nur gegenüber der Klägerin (der Gläubigerin), nicht aber gegenüber der Z. eG (der Schuldnerbank) abgegeben worden ist.
11
aa) Im Einziehungsermächtigungsverfahren greift die Schuldnerbank ohne eine Weisung oder einen Auftrag ihres Kunden (des Schuldners) auf dessen Konto zu. Sie handelt bei der Einlösung der Lastschrift aufgrund einer von der Gläubigerbank (oder einer etwa eingeschalteten Zwischenbank) im eigenen Namen im Interbankenverhältnis erteilten Weisung. Im Verhältnis zum Schuldner begründet erst dessen nachträgliche Zustimmung (§ 684 Satz 2 BGB) die Berechtigung zur Einlösung der Lastschrift. Diese Genehmigung tritt an die Stelle einer Weisung, die im Abbuchungsauftragsverfahren der Belastung vorausgeht (BGH, Urteil vom 11. April 2006 - XI ZR 220/05, BGHZ 167, 171 Rn. 12 f mwN).
12
bb) Die Einziehungsermächtigung begründet keine Befugnis des Gläubigers , über das Konto des Schuldners zu verfügen. Sie gestattet ihm lediglich die Nutzung des von der Kreditwirtschaft entwickelten technischen Verfahrens des Lastschrifteinzugs (BGH, Urteil vom 11. April 2006 - XI ZR 220/05, BGHZ 167, 171 Rn. 11; vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, aaO Rn. 10; vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, aaO Rn. 6; vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, NZI 2010, 938 Rn. 18). An der Einlösung der Lastschrift, die ausschließlich das Deckungsverhältnis zwischen dem Schuldner und der Schuldnerbank betrifft, ist der Gläubiger nicht beteiligt. Die Genehmigung, welche der Schuldner nach § 684 Satz 2 BGB auszusprechen hat, hat zur Folge, dass die von der Schuldnerbank als Nichtberechtigte vorgenommene und deshalb zunächst unwirksame Verfügung im Deckungsverhältnis wirksam wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rn. 31; vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, aaO). Adressat der Genehmigung ist damit die Schuldnerbank. Dieser ist die Genehmigungserklärung vom 20. März 2008 nicht zugeleitet worden.
13
b) Der im Jahre 2005 der Z. eG erteilte Abbuchungsauftrag zugunsten der Klägerin ändert im Ergebnis nichts.
14
aa) Die Klägerin hat die streitigen Beträge im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens eingezogen, obwohl die Schuldnerin der Z. eG zu ihren, der Klägerin, Gunsten einen Abbuchungsauftrag erteilt hat. Ob eine solche "doppelt begründete Lastschrift" nach den Regeln des Einziehungsermächtigungsverfahrens (vgl. Hadding/Häuser, WM 1983, Sonderbeilage Nr. 1, S. 19 f; van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch , 3. Aufl., § 58 Rn. 105 f; Weber in Gößmann/Weber, Recht des Zahlungsverkehrs , 4. Aufl., S. 162; Häuser WuB I D 2 Lastschriftverkehr 3.99) oder nach denjenigen des Abbuchungsauftragsverfahrens (vgl. GK-HGB/Canaris, 4. Aufl., Bankvertragsrecht, Rn. 590; Jaeger/Windel, InsO, § 82 Rn. 26; § 94 Rn. 217; MünchKomm-BGB/Hüffer, 4. Aufl., § 783 Rn. 47, 52) zu beurteilen ist, ist umstritten.
15
bb) Die hier entscheidende Frage, ob die Zahlstelle einen Widerspruch des Schuldners zu beachten hat, ist nach dem konkret erteilten Auftrag zu beantworten.

16
(1) Die Gläubigerbank ordnet den ihr erteilten Auftrag anhand der vom Gläubiger verwandten Kennziffer automatisch entweder dem Einziehungsermächtigungs - oder dem Abbuchungsauftragsverfahren zu. So war es auch im vorliegenden Fall. Nach der "Vereinbarung über den Einzug von Forderungen und Lastschriften" vom 12. Mai 2002 zwischen der Klägerin und ihrer Hausbank , der S. , galt für das Einzugsermächtigungsverfahren der Textschlüssel "05", für das Abbuchungsauftragsverfahren der Textschlüssel "04". Aufträge waren von der Klägerin mit einem der beiden Textschlüssel zu bezeichnen. Gab die Klägerin den Textschlüssel "05" für das Einzugsermächtigungsverfahren an, war das einzuhaltende Verfahren damit festgelegt. Fehler, die nach Darstellung der Klägerin der S. bei der Einschlüsselung unterlaufen sein sollen, sind im Verhältnis zur Schuldnerbank, zur Schuldnerin und zum Beklagten gemäß § 278 BGB der Klägerin zuzurechnen und damit für die Entscheidung des vorliegenden Falles unbeachtlich.
17
(2) Im Verhältnis des Schuldners zu seiner Bank (der Zahlstelle) ist grundsätzlich der erteilte Abbuchungsauftrag maßgeblich, wenn es einen solchen gibt. Der Schuldner kann jedoch gute Gründe dafür haben, sich im Verhältnis zu ein und demselben Gläubiger zum Teil des Abbuchungsauftragsverfahrens und zum Teil des Einzugsermächtigungsverfahrens zu bedienen. Ein Abbuchungsauftrag des Schuldners an die Zahlstelle kann deshalb nur dahin ausgelegt werden, dass aufgrund dieser Weisung nur solche Lastschriften eingelöst werden sollen, die der Zahlstelle als Abbuchungsauftrags-Lastschriften eingereicht werden (Hadding/Häuser, aaO; van Gelder, aaO Rn. 100).
18
(3) Soweit der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 19. Oktober 1978 (II ZR 96/77, BGHZ 72, 343, 345 f) zu der hier entscheidenden Frage die Auffassung vertreten hat, ein Widerspruch des Schuldners sei in einem solchen Fall für die Zahlstelle nicht bindend, wird daran im Einvernehmen mit dem infolge geänderter Geschäftsverteilung seit längerem für das Recht des Zahlungsverkehrs allein zuständigen XI. Zivilsenat nicht festgehalten.
19
cc) Im Einzugsermächtigungsverfahren erlangt der Gläubiger, wie gezeigt , bis zur Genehmigung der Belastungsbuchung keine gefestigte Rechtsposition. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 826 BGB wegen des Widerspruchs vom 2. April 2008 kommt von vornherein nicht in Betracht.
20
3. Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass der Widerspruch als solcher nicht von einem Schädigungsvorsatz des Beklagten getragen war. Sie meint jedoch, der Beklagte sei nach Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 4. April 2008, in dem auf den Abbuchungsauftrag hingewiesen worden war, gehalten gewesen, den Widerspruch gegen die drei streitigen Belastungsbuchungen zurückzunehmen. Dass er dies nicht getan habe, hält die Revision für sittenwidrig. Insoweit habe der Beklagte auch vorsätzlich gehandelt.
21
a) Eine Rücknahme des Widerspruchs kam aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Die Verweigerung einer Genehmigung ist als rechtsgestaltende einseitige Willenserklärung unwiderruflich (RGZ 139, 118, 123 ff; BGH, Urteil vom 28. April 1954 - II ZR 8/53, BGHZ 13, 179, 187; vom 1. Oktober 1999 - V ZR 168/98, NJW 1999, 3704; van Gelder, aaO § 58 Rn. 62). Dies gilt auch für den Widerspruch des Lastschriftnehmers gegen die Belastung seines Kontos im Einziehungsermächtigungsverfahren (BGH, Urteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, ZIP 1989, 492, 493). Der Gesichtspunkt, dass es den Erfordernissen der Sicherheit des Rechtsverkehrs nicht entspräche, den Widerruf einer einmal ausgesprochenen Weigerung zuzulassen, gilt in besonderem Maße für die Abwicklung des Lastschriftverfahrens (BGH, Urteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, aaO). Die Frage kann also nur sein, ob das Unterlassen kompensierender Maßnahmen - etwa einer Überweisung der geschuldeten Beträge an die Klägerin - den objektiven und subjektiven Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB erfüllt. Eine Überweisung war dem Beklagten, der als vorläufiger Insolvenzverwalter nur mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet war (vgl. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) und damit nicht zu Verfügungen über das Vermögen der Schuldnerin befugt war, ebenfalls aus Rechtsgründen unmöglich.
22
b) Unabhängig von der Frage der rechtlichen Durchführbarkeit des von der Klägerin gewünschten Verhaltens kommt auch ein Schädigungsvorsatz des Beklagten nicht in Betracht. Er konnte, wie gezeigt, mit guten Gründen den Standpunkt einnehmen, dass eine Einziehungsermächtigungslastschrift unabhängig vom Vorliegen eines Abbuchungsauftrags den für das Einziehungsermächtigungsverfahren geltenden Grundsätzen unterfällt. Danach hätte die Klägerin keine gesicherte Rechtsposition erlangt, in welche der Widerspruch in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise eingegriffen hätte. Anlass für kompensatorische Maßnahmen gab es dann nicht.
Kayser Raebel Lohmann
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.05.2009 - 302 O 376/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.06.2010 - 13 U 76/09 -

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der in § 683 bestimmte Anspruch zu.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Das Gericht kann insbesondere

1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten;
1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden;
2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind;
3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind;
4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten;
5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.