Baurecht: Verjährungsfristabkürzung für den Werklohnanspruch ist unwirksam

erstmalig veröffentlicht: 26.02.2013, letzte Fassung: 29.08.2023

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Rechtsanwalt für Immobilienrecht

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Zusammenfassung des Autors

weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt-BGH vom 06.12.12-Az:VII ZR 15/12

Eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), mit der die Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch des Auftragnehmers auf zwei Jahre abgekürzt wird, ist unwirksam.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Nach Ansicht der Richter benachteilige eine solche AGB den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BGH, VII ZR 15/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

BGH Urteil vom 06.12.2012 (Az: VII ZR 15/12):

Eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, mit der die Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch des Auftragnehmers auf zwei Jahre abgekürzt wird, ist unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 50 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte vom 11. November 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.


Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restvergütung aus einem Werkvertrag vom 9. November 2004 über die Ausführung von Elektroarbeiten an einem Bauvorhaben in B., den die Rechtsvorgänger der Parteien (im Folgenden: Klägerin und Beklagte) geschlossen haben. Die VOB/B und C in den seinerzeit gültigen Fassungen sind Vertragsbestandteil.

Teil B Ziffer VIII 4 des Vertrags lautet:

"Die Gewährleistungsfrist beträgt abweichend von § 13 Nr. 4 VOB 5 Jahre; ansonsten verbleibt es bei den Regelungen der VOB."

Teil B Ziffer IX des Vertrags lautet:

"1.) Die Ansprüche des AN auf Werklohn verjähren in zwei Jahren."

Bei diesen beiden Bestimmungen handelt es sich um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Mit ihrer bei Gericht am 18. Juni 2009 eingegangenen Klage, die der Beklagten am 4. August 2009 zugestellt worden ist, verlangt die Klägerin den Betrag von 2.041,20 € nebst Zinsen.

Die Beklagte hat vorsorglich gegenüber der Restvergütungsforderung der Klägerin mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.041,20 € aufgerechnet und die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Amtsgericht hat die Restvergütungsklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Restvergütungsanspruch weiter.


Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Verkürzung der Verjährungsfrist für Werklohnforderungen auf zwei Jahre in der AGB-Klausel in Ziffer IX des Werkvertrags begegne keinen Bedenken.

Damit habe die Frist für die Verjährung der in der Schlussrechnung vom 1. Juni 2006 geltend gemachten Vergütungsforderung gemäß § 199 Abs. 1 BGB spätestens am 1. Januar 2007 zu laufen begonnen. Infolge der Hemmung durch die nachfolgenden Verhandlungen der Parteien bis zum 5. März 2007 habe die Verjährungsfrist faktisch erst am 6. März 2007 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei am 6. März 2009 eingetreten. Die am 18. Juni 2009 bei dem Amtsgericht eingegangene Klage sei daher nicht mehr geeignet gewesen, die am 6. März 2009 eingetretene Verjährung zu hemmen.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts benachteiligt die Verkürzung der Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers den Auftragnehmer unangemessen, denn sie verstößt gegen das gesetzliche Leitbild des § 195 BGB und es sind keine Interessen des Auftraggebers erkennbar, die eine derartige Verkürzung rechtfertigen könnten.

Darauf kommt es indessen für die Entscheidung des Senats nicht an, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat. Der Schuldner kann durch einseitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt auch noch in der Revisionsinstanz verzichten.

Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zur Berechtigung des Restvergütungsanspruchs sowie zur Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch getroffen hat. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Gesetze

Gesetze

2 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

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Referenzen

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.