Elterliche Sorge: Elterliche Sorge kann bei regelmäßiger Züchtigung des Kindes entzogen werden

bei uns veröffentlicht am23.07.2015

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Züchtigen und schlagen Eltern regelmäßig ihre Kinder aus religiöser Überzeugung, kann ihnen die elterliche Sorge entzogen werden.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in dem sogenannten Zwölf-Stämme-Verfahren. Damit hat es die Beschwerden der Eltern gegen Entscheidungen des Amtsgerichts Ansbach zurückgewiesen. Das Amtsgericht hatte im Oktober 2014 mehreren Eltern, die der Glaubensgemeinschaft „Zwölf Stämme“ angehören, Teilbereiche der elterlichen Sorge entzogen. Dazu zählte auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Das OLG hat diese Entscheidungen hinsichtlich zweier Elternpaare nunmehr im Ergebnis bestätigt. Für die Richter steht fest, dass die betroffenen Eltern aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ihre Kinder auch in Zukunft körperlich züchtigen würden. Die Züchtigung mit der Rute gehört nach den Vorstellungen der Glaubensgemeinschaft, die die betroffenen Eltern teilen, unabdingbar zur Kindererziehung. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vom 2.11.2000 bestehe ein Recht eines jeden Kindes auf eine uneingeschränkt gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen seien damit in der Erziehung unzulässig.

Körperliche Züchtigungen der Art, wie sie von Mitgliedern der „Zwölf Stämme“ praktiziert werden, gefährden nach Auffassung des OLG das Kindeswohl. Die Gefährdung des Kindeswohls liege bereits darin, dass die Kinder künftig regelmäßig so behandelt würden. Sie müssten ständig damit rechnen, geschlagen zu werden und daher in Angst davor leben. Ferner müssten sie beim Einsatz der Rute körperliche Schmerzen erdulden. Die daraus resultierende Demütigung würden sie als psychischen Schmerz erfahren. Auf den Eintritt länger andauernder physischer Verletzungen oder das Ausmaß psychischer Spätfolgen komme es daher nicht entscheidend an. Zwar stelle eine Trennung der Eltern von ihren leiblichen Kindern den stärksten vorstellbaren staatlichen Eingriff in das Elternrecht dar. Der Schutz der Kinder sei in den konkreten Fällen aber durch mildere Maßnahme als die Trennung der Kinder von ihren Eltern nicht zu erreichen.

OLG Nürnberg, Beschlüsse vom 27.5.2015, (Az.: 9 UF 1549/14) und vom 11.6.2015, (Az.: 9 UF 1430/14).

Urteile

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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 10. Juni 2015 - 9 UF 1430/14

bei uns veröffentlicht am 10.06.2015

Tenor 1. Die Beschwerde der Kindeseltern gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 21.10.2014, Az.: 1 F 1015/13, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Eltern das Recht zur Regelung der Ausbildungs- und Ber

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Tenor

1. Die Beschwerde der Kindeseltern gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 21.10.2014, Az.: 1 F 1015/13, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Eltern das Recht zur Regelung der Ausbildungs- und Berufswahl der drei Kinder verbleibt und die Anordnungen gemäß Ziff. 3 Satz 2 bis 5, Ziff. 4 u. 5 der Beschlussformel im Beschluss vom 21.10.2014 entfallen.

2. Die Kindeseltern tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A. 1. Die Eheleute M. und H. P. sind die Eltern der Kinder A., geboren am … 2009, B., geboren am … 2009, und G. P., geboren am … 2013. Die Ehe haben sie im Jahr 2009 in Deutschland geschlossen.

M. P. ist in Frankreich geboren und deutscher sowie französischer Staatsangehöriger. H. P. ist in Berlin geboren und deutsche Staatsangehörige. Sie haben sich als Mitglieder der Glaubensgemeinschaft der „Zwölf Stämme“ in K. kennengelernt. Die Gemeinschaft hat in Deutschland einen Sitz in K. 1, Ortsteil der Gemeinde … und unterhält einen weiteren Standort mit ca. 30 Mitgliedern in W. im Landkreis Ansbach. Der Glaubensgemeinschaft der Zwölf Stämme gehören weitere Gemeinschaften mit Standorten im Ausland u. a. in Spanien, Frankreich, Belgien und Tschechien sowie in den USA an.

M. P. ist im Solarunternehmen X, K., tätig. H. P. betreut die Kinder. M. P. war in K. zeitweise als Lehrer tätig und unterrichtete dort im Bereich der Grund- und Hauptschule. H. P. war zeitweilig Grundschulhilfslehrerin für die 2. bis 4. Klasse.

Die Eheleute wohnten bis zum Zeitpunkt der späteren In-Obhutnahme ihrer Kinder am 5.09.2013 zusammen mit ihren Kindern A., B. und G. in dem Haus der Gemeinschaft der Zwölf Stämme in W. Die Kinder hatten dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt und waren dort gemeldet.

Ende Dezember 2013 zogen die Beteiligten zusammen mit dem bei ihnen lebenden Sohn G. nach E. in Belgien. M. P. wollte dort mit seiner bisherigen Firma und später im Rahmen einer eigenen Firmengründung beruflich im Bereich Elektrofahrzeuge tätig werden. Weil die Eheleute P. sich in Belgien aufgrund fehlender Krankenversicherung nicht behördlich anmelden konnten, zogen sie mit G. Anfang Mai 2014 in das Dorf M. in Tschechien in der Nähe von Prag zur dortigen Gemeinschaft der Zwölf Stämme. M. P. ist von dort aus weiter für die Fa. X tätig.

2. Auf Antrag des Landratsamts Ansbach, Amt für Jugend und Familie, vom 02.09.2013 entzog das Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach den Eltern M. und H. P. im Verfahren, Az.: 1 F 976/13, im Wege der einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 03.09.2013 (Band I, Bl. 23 bis 30 d. A.) ohne vorherige mündliche Verhandlung wegen Dringlichkeit zur Abwendung einer gegenwärtigen Kindeswohlgefahr gemäß §§ 1666, 1666a BGB vorläufig das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht der Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII und das Recht zur Regelung der schulischen Belange und der Ausbildungs- und Berufswahl für die Kinder A., B. und G. Das Familiengericht ordnete zugleich Ergänzungspflegschaft und die Herausgabe der Kinder an den Ergänzungspfleger an. Zum Ergänzungspfleger bestellte es das Landratsamt Ansbach - Amt für Jugend und Familie. Zur Vollstreckung der Herausgabe der Kinder an den Ergänzungspfleger ordnete das Familiengericht unmittelbaren Zwang an.

Das Familiengericht stützte seine Eilentscheidung auf einen vom Landratsamt Ansbach übermittelten Bericht des Landratsamts Donau-Ries - Fachbereich Jungend und Familie - vom 27.08.2013 an das Amtsgericht Nördlingen im dortigen Verfahren Az.: 402 AR 17/13 zu Erkenntnissen über Züchtigungshandlungen gegenüber Kindern in der Gemeinschaft in K. Es stützte sich außerdem auf die Angaben des vor Erlass des Beschlusses am 3.09.2013 fernmündlich vernommenen Zeugen K., der von systematischen Züchtigungen der Kinder in der Gemeinschaft in K. berichtete. Der Zeuge K. übermittelte dem Gericht DVDs mit Videodateien, die solche Züchtigungshandlungen von Erwachsenen an Kindern in Räumen der Gemeinschaft in K. zeigten. Das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach zog außerdem Protokolle des Amtsgerichts Nördlingen vom 21.08.2013, Az.: 402 AR 17/13, über die Vernehmung von sechs ehemaligen Mitgliedern der Gemeinschaft bei, die ebenfalls übereinstimmend davon berichtet hatten, dass in der Gemeinschaft Kinder ab einem Alter von ca. 3 Jahren regelmäßig und systematisch mit einer Rute gezüchtigt würden. Die Zeugen sagten zudem aus, dass diese Züchtigungen einer zwingenden Erziehungsregel der Gemeinschaft entsprechen würden, ebenso wie das in der Gemeinschaft gegenüber Kleinkindern angewandte sog. „restraining“. Dabei würden nach Angaben der Zeugen einem Kind so lange Arme und Beine festgehalten sowie der Kopf heruntergedrückt, bis das Kind keine Kraft mehr zum Schreien habe, wodurch die Entwicklung eines rebellischen Willens des Kindes frühzeitig unterbunden werden solle. Die Zeugen hatten ferner darüber berichtet, dass die Mitglieder der Gemeinschaft nicht krankenversichert seien, und Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen an den Kindern nicht vorgenommen würden. Für das Aufsuchen eines Arztes müsse jeweils eine Erlaubnis der Gemeinschaft eingeholt werden.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse bejahte das Familiengericht eine gegenwärtige, nicht anders als durch den ausgesprochenen vorläufigen Teilentzug der elterlichen Sorge abwendbare Kindeswohlgefährdung bezüglich aller drei Kinder B., A. und G. P. Zu den Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Die Kinder B., A. und G. wurden in Vollzug des Beschlusses vom 03.09.2013 am 05.09.2013 in Obhut genommen. Die Zwillinge A. und B. befinden sich seitdem in einer Pflegefamilie. Der Säugling G. war zunächst zusammen mit seiner Mutter H. P. in einer Pflegefamilie untergebracht.

In der mündlichen Verhandlung über die einstweilige Anordnung vom 13.9.2013 hat das Amtsgericht die sechs ehemaligen Mitglieder der Gemeinschaft der „Zwölf Stämme“ S., Y., D., J., R. und B. mit Hilfe der Videoübertragung als Zeugen vernommen, außerdem die Zeugin H., Pastoralreferentin des Bistums Y. Die Kindeseltern wurden zur Sache angehört. Auf die Sitzungsniederschriften des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 13.9.2013, Az.: 1 F 976/13, (Band I, Bl. 71 - 95 d. A.) wird Bezug genommen.

Am 18.9.2013 wurden die Kinder A. und B. bei der Pflegefamilie im Beisein des Verfahrensbeistandes, Rechtsanwältin B., durch den Richter angehört. Wegen der Angaben der Kinder wird auf den Vermerk des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 18.9.2013 im Verfahren 1 F 976/13 (Band I, Bl. 96 - 98 d. A.) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 23.09.2013 (Band I, Bl. 99 bis 110 d. A.) hielt das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach die einstweilige Anordnung vom 03.09.2013 zur Regelung der elterlichen Sorge für die Kinder A., B. und G. aufrecht. Das Familiengericht sah auf Grundlage der hierzu getroffenen Feststellungen weiterhin hinsichtlich aller drei Kinder eine gegenwärtige, in hohem Maße vorhandene Gefahr dafür, dass die Kinder - in der Obhut ihrer Eltern belassen - zukünftig körperlichen Züchtigungen mittels Rute bzw. körperlichen Misshandlungen ausgesetzt wären. Zu den Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 24.09.2013 (Band I. Bl. 111/112 d. A.) stellte es ergänzend klar, dass das übertragene Recht der Ausbildungs- und Berufswahl das Recht umfasse, die Kinder im Kindergarten an- und abzumelden.

Auf die Beschwerde der Eltern änderte das Oberlandesgericht Nürnberg durch Beschluss des Senats vom 2.12.2013, Az.: 9 UF 1493/13, (Band I, Bl. 141 bis 154 d. A.) den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 23.09.2013 (i. V. m. den Beschlüssen vom 03.09. und 24.09.2013) dahin ab, dass es den Antrag des Landratsamts Ansbach vom 02.09.2013 auf vorläufige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, des Rechts zur Regelung der ärztlichen Versorgung, der schulischen Angelegenheiten und der Berufsausbildung sowie auf Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach § 27 ff. SGB VII hinsichtlich des Kindes G. P. zurückwies. Hinsichtlich der Kinder B. und A. P. wies der Senat die Beschwerde der Eltern mit der Maßgabe als unbegründet zurück, dass das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und der Ausbildung und der Berufswahl bei den Eltern verbleibt. Auf die Beschlussgründe wird Bezug genommen.

In Folge der teilaufhebenden Entscheidung wurde das Kind G. zurück in die elterliche Obhut gegeben.

3. Im vorliegenden, mit gerichtlicher Verfügung vom 10.09.2013 unter dem Az.: 1 F 1015/13 eingeleiteten Hauptsacheverfahren hat das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach mit Beschluss vom 24.09.2013 ein familienpsychologisches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Psychologe U., …, zu der Frage eingeholt, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl der Kinder B., A. und G. P. für den Fall, dass die elterliche Verantwortung bei den Eltern belassen bzw. auf diese zurückübertragen wird, gegenwärtig in erheblichem Maße gefährdet ist. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen U. vom 23.12.2013 (Band I, Bl.167 - Bd. II, Bl. 254 d. A.) Bezug genommen.

Die Kindeseltern haben gegen dieses Gutachten die „Methodenkritische Stellungnahme zum Familienpsychologischen Gutachten vom 23.12.2013 von Herrn Dipl.-Psych. U.“ vom 18.03.2014, erstellt von Prof. Dr. H., …, (Band III, Bl. 475 - 515 d. A.) vorgelegt. Auf diese wird Bezug genommen. Zu dieser hat der Sachverständige mit Schreiben vom 1.10.2014 (Band VI, Bl. 787 d. A.) ergänzend Stellung genommen. Hierauf wird Bezug genommen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach hat am 6.05.2014 die Kinder B. und A. P. am Wohnort der Pflegefamilie angehört. Zu den Einzelheiten wird auf das Anhörungsprotokoll vom 6.05.2014 (Band III, Bl. 520 - 525 d. A.) Bezug genommen.

Im Termin am 29.09.2014 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach die Kindeseltern, den Verfahrensbeistand, Rechtsanwältin B. und die Vertreterin des Jugendamts - Landratsamt Ansbach, Frau B., angehört sowie die Zeugen P., B., G., W. und H. vernommen. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift des Familiengerichts vom 29.09.2014 (Band IV, Bl. 774 - 786 d. A.) Bezug genommen.

Das Landratsamt Ansbach - Amt für Jugend und Familie - hat beantragt, den sorgeberechtigten Eltern das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII und das Recht zur Regelung der schulischen Belange und der Ausbildungs- und Berufswahl für die Kinder A., B. und G. zu entziehen, Ergänzungspflegschaft anzuordnen und das Landratsamt Ansbach, Amt für Jugend und Familie, zum Ergänzungspfleger für die entzogenen Rechte zu bestellen.

Die Kindeseltern haben beantragt, ihnen die elterliche Sorge für alle drei Kinder zu belassen.

Am 17.10.2014 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach erneut die Kinder B. und A. P. am Wohnort der Pflegeeltern angehört. Auf das Anhörungsprotokoll vom 17.10.2014 (Band V, Bl. 802 - 804 d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 21.10.2014 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach den Kindeseltern das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht der Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII und das Recht zur Regelung der schulischen Belange und der Ausbildungs- und Berufswahl für die Kinder A., B. und G. entzogen. Im Umfang der entzogenen Elternrechte hat das Amtsgericht die Ergänzungspflegschaft angeordnet und die entzogenen Rechte auf das Landratsamt Ansbach - Amt für Jugend und Familie übertragen. Zugleich hat das Familiengericht die Herausgabe des Kindes G. an den Ergänzungspfleger und zur Vollstreckung der Herausgabe die Anwendung unmittelbaren Zwangs angeordnet.

Zur Begründung hat das Erstgericht, gestützt auf das Ergebnis des familien-psychologischen Gutachtens des Sachverständigen U., auf die Ergebnisse der Kindes- und Elternanhörungen sowie auf die Angaben der vernommenen Zeugen und Stellungnahmen der übrigen Verfahrensbeteiligten, ausgeführt, dass das körperliche, geistige und seelische Wohl der Kinder B., A. und G. P. bei einem Verbleib in der elterlichen Obhut konkret, gegenwärtig und nachhaltig in erheblichem Maße gefährdet sei, weil eine hohe und konkrete Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Eltern, die in der Vergangenheit gegenüber den Kindern B. und A. zu körperlichen Züchtigungsmaßnahmen durch wiederholtes Schlagen der Kinder mit einer Rute gegriffen hätten, diese Erziehungsmethode aufgrund ihrer Erziehungseinstellung auch zukünftig gegenüber allen drei Kindern anwenden würden. Die Züchtigung der Kinder mit der Rute sei Bestandteil der auch von den Kindeseltern praktizierten Glaubensregeln der Gemeinschaft der Zwölf Stämme, der die Kindeseltern angehörten. Durch die Züchtigung würden die Kinder in ihrer Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und ihrer körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) schwerwiegend verletzt. Da die Eltern körperlichen Zwang und Züchtigung als Erziehungsmittel einsetzen würden, sei das Recht der Kinder auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) beeinträchtigt. Die Eltern könnten sich insoweit nicht auf ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit und das Recht der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) berufen. Vielmehr erfordere das staatliche Wächteramt den Schutz der Kinder. Dieser sei gegenwärtig nur durch die Trennung der Kinder von den Eltern und die im Beschluss ausgesprochene Entziehung der Teilbereiche der elterlichen Sorge zu erreichen und zu gewährleisten. Der damit verbundene Eingriff in das grundrechtlich geschützte Elternrecht auf Pflege und Erziehung der Kinder sei aufgrund der vorliegend zu erwartenden schweren und fortdauernden Verletzung der Grundrechte der Kinder auch unter Berücksichtigung der mit einer Trennung verbundenen eigenständigen Belastungen erforderlich, angemessen und verhältnismäßig. Mildere Mittel zur Abwehr der drohenden Kindeswohlgefährdung stünden nicht zur Verfügung. Darüber hinaus würden die Eltern das staatlich anerkannte Schul- und Gesundheitssystem konsequent ablehnen und ihren Kindern vorenthalten. Die Erziehungsfähigkeit der Eltern sei auch deshalb in einem Maße eingeschränkt, dass das leibliche und seelische Wohl der Kinder in hohem Maße gefährdet sei.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Die Entscheidung wurde den Kindeseltern am 22.10.2014 zugestellt.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt E. vom 23.10.2014 und Rechtsanwalt D. vom 30.10.2014 haben die Eltern beantragt, die Vollziehung der Herausgabeanordnung im Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 21.10.2014 betreffend das Kind G. P. (Ziff. 3 bis 5 der Entscheidung) einstweilen auszusetzen.

Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 15.12.2014, Az.: 9 UF 1430/14, im Wege der einstweiligen Anordnung stattgegeben. Auf die Beschlussgründe wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt D. vom 30.10.2014, bei Gericht eingegangen am selben Tag, haben die Eltern zugleich gegen den Beschluss vom 21.10.2014 Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 11.12.2014, eingegangen bei Gericht am 13.12.2014, begründet haben.

Die Eltern halten die Entscheidung des Familiengerichts in verfahrensrechtlicher wie materiellrechtlicher Hinsicht für fehlerhaft. Sie tragen hierzu im Wesentlich vor:

Das Familiengericht habe seine Entscheidung auf ungeeignete Beweismittel gestützt. Das vom Gericht zur Begründung der Kindeswohlgefährdung herangezogene familienpsychologische Sachverständigengutachten des Sachverständigen U. sei unverwertbar, weil die erforderliche Zustimmung der Eltern und der Kinder zur Begutachtung fehle. Diese hätten die Eltern mit Erklärung vom 17.04.2014 widerrufen. Soweit das Gutachten auf persönlichen, von den Eltern offenbarten Daten beruhe, verletze die Verwertung dieser Daten das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Eltern. Der Sachverständige sei darüber hinaus zu einer berufsmäßigen Erstellung eines familienpsychologischen Gutachtens zur Frage einer Kindeswohlgefährdung nicht ausreichend qualifiziert. Er verfüge nicht über die erforderliche Approbation nach § 2 PsychThG bzw. eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz. Das Gutachten sei auch unverwertbar, weil es lediglich auf der Grundlage von Erkenntnissen bis Dezember 2013 erstellt worden sei. Weitere Entwicklungen sowie die weiteren im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse für den anschließenden Zeitraum seien im Gutachten unberücksichtigt geblieben. Das Gutachten sei zudem methodisch grob fehlerhaft erstellt. Es entspreche nicht dem Stand der Wissenschaft. Es sei in seinen Schlussfolgerungen und Ergebnissen nicht nachvollziehbar. Das Gutachten enthalte keine stichhaltigen Ausführungen zur Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit der vom Gutachter behaupteten Beeinträchtigungen der Kinder. Auch fehlten Ausführungen, weshalb diese Gefahren so gravierend seien, dass sie eine Trennung der Kinder von den Eltern rechtfertigen könnten. Das Gutachten verfehle die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung im Sinne der §§ 1666, 1666a BGB.

Die Eltern rügen ferner, dass das Familiengericht im Rahmen seiner Entscheidung die von ihnen bekundete Bereitschaft zur Änderung ihres bisherigen Erziehungsverhaltens nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie sind der Auffassung, das Familiengericht gehe zu Unrecht von einer Kindeswohlschädlichkeit des von ihnen für geeignet gehaltenen Erziehungskonzepts der „Disziplinierung“ mittels maßvoller körperlicher Züchtigung aus. Für eine solche Annahme gebe es keine stützenden wissenschaftlichen Erkenntnisse. Das Familiengericht habe hierbei das von Zeugen beschriebene und bestätigte positive und liebevolle Eltern-Kind-Verhältnis nicht in seine Gesamtwürdigung mit einbezogen. Es bagatellisiere die mit der Trennung von den Eltern verbundenen psychischen Belastungen für die Kinder. Das Gericht habe zudem den Umstand, dass bei den Kinder im Rahmen ihrer amtsärztlichen Untersuchung am 5.09.2013 keinerlei sichtbare Spuren von Schlägen mit Ruten festgestellt worden seien, zu Unrecht als unwesentlich gewürdigt, und habe verfahrensfehlerhaft von der Vernehmung weiterer Zeugen zum Erziehungsverhalten der Eltern abgesehen.

Die Eltern sind weiter der Auffassung, das Familiengericht habe das Erziehungskonzept einer maßvollen körperlichen Disziplinierung zu Unrecht mit einer Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 BGB gleichgesetzt und damit die Voraussetzungen der §§ 1666, 1666a BGB bereits bei einem vermeintlichen Verstoß gegen § 1631 Abs. 2 BGB in verfassungswidriger Weise bejaht. Die hierzu zentrale Annahme des Familiengerichts, wonach Schläge mit Gegenständen bei Kindern vor allem psychische Schäden hinterließen, sei wissenschaftlich nicht belegt. Solche seien bei ihren Kindern auch nicht festgestellt.

Schließlich lägen keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Eltern ihren Kindern eine angemessene Schuldbildung und Gesundheitsfürsorge vorenthalten würden.

Die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene und auf die Annahme einer gegenwärtigen Kindeswohlgefährdung gestützte Teilsorgerechtsentziehung beruhe daher auf einer insgesamt unzureichenden Tatsachenfeststellung und fehlerhaften Grundrechtsabwägung und stelle sich zudem gemessen an den hierzu vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben als unverhältnismäßig dar.

Die Eltern sehen sich durch die angegriffene Entscheidung in ihren grundrechtlich geschützten Elternrechten nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird Bezug genommen auf die Beschwerdeschriften vom 30.10.2014 (Band V, Bl. 868 bis 872 d. A.) und 11.12.2014 (Band V, Bl. 895 bis 913 d. A.).

Die Kindeseltern beantragen:

Der Beschluss des Amtsgerichts Ansbach, Az.: 1 F 1015/13, vom 21.10.2014 wird in den Punkten 1. bis 4. aufgehoben.

Die Kinder B. und A. P. werden unverzüglich an ihre Eltern herausgegeben.

Mit Schriftsatz vom 10.03.2015 (Band VI, Bl. 937 bis 940 d. A.) hat der Verfahrensbeistand, Rechtsanwältin B., zur Beschwerde Stellung genommen. Hierauf wird Bezug genommen.

Der Verfahrensbeistand beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 21.10.2014 hinsichtlich der Kinder B. und A. P. aufrechtzuerhalten, und hinsichtlich des Kindes G. P. aufzuheben.

Auf Aufforderung des Senats haben das Landratsamt Ansbach - Amt für Jugend und Familie mit Schreiben vom 16.03.2014 (Band IV, Bl. 947 bis 949 d. A.), und der Ergänzungspfleger A. mit Schreiben vom 13.03.2014 (Band VI, Bl. 951/952 d. A.) zur aktuellen Situation der Kinder B. und A. in der Pflegefamilie berichtet. Auf die Berichte wird Bezug genommen.

Die Vertreter des Jugendamts Landratsamt Ansbach beantragen,

die Beschwerde der Kindeseltern hinsichtlich aller drei Kinder zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 23.03.2015 (Band VI, Bl. 956 bis 990 d. A.) hat sich Rechtsanwalt C. als von den Eltern beauftragter Verfahrensbevollmächtigter für die Kinder B. und A. P. angezeigt und für diese im Beschwerdeverfahren Stellung genommen.

Im Termin vom 26.03.2015 hat der Senat die Kinder B. und A. und die Kindeseltern persönlich angehört.

Die Kindeseltern haben hierbei angegeben, der Gemeinschaft der Zwölf Stämme anzugehören und künftig bei dieser in Tschechien leben zu wollen. Zum Zwecke der Zusammenführung der Familie seien sie aber bereit, aus der Gemeinschaft in M. an einen anderen Ort in Tschechien zu ziehen. Im Falle der Rückführung der Kinder wollten sie sich eine kleine Wohnung außerhalb der Gemeinschaft suchen, da die Kinder B. und A. das Leben in der Gemeinschaft nicht mehr gewohnt seien. Die Angehörigen der Gemeinschaft in Tschechien würden die Kinder mit Genehmigung der tschechischen Behörden zu Hause unterrichten. Auch sie wollten mit ihren Kindern so verfahren. Das Züchtigen mit der Rute sei für sie keine Option mehr, weil die Kinder nicht mehr daran gewöhnt seien und es nicht verstehen würden. Ihnen sei bewusst, dass sie ihre Kinder in einen Konflikt bringen würden, wenn sie diese wieder züchtigen würden. Sie würden sich aber nicht einmischen, wenn andere Angehörige der Gemeinschaft in Tschechien ihre Kinder züchtigen würden. Es gebe einen Unterschied zwischen angemessener Erziehung und Misshandlung.

Der Kindesvater hat ergänzend angegeben, dass er sich an die gesetzlichen Vorschriften halten werde. Wie er sich im Hinblick auf das Erziehungsmittel der Züchtigung zukünftig verhalten werde, werde davon abhängen, wie sich die Beziehung zu seinen Kindern gestalte. Er könne sich hier nicht für den Rest seines Lebens festlegen. Er wolle seine Kinder in Verantwortung vor Gott erziehen. Dabei käme es darauf an, dem Kind Grenzen zu setzen. Wenn diese anders als mit der Rute vermittelt werden könnten, sei es gut. Sie hätten ihr Kind G. bisher nicht gezüchtigt und würden dies auch zukünftig nicht tun, weil sie keinen unterschiedlichen Erziehungsstil bei ihren Kindern anwenden wollten.

Die Kindesmutter hat auf Vorhalt ihrer früheren Aussage, sie sehe die Rute als Salz in der Erziehung an, angegeben, dass es darum gehe, den Kindern Grenzen zu setzen. Wenn dies nicht geschehe, könnten diese den Ehebund und Verträge nicht halten. Sie würden zu Egoisten. Nur auf diese Weise könne man die „friedvolle Frucht der Gerechtigkeit“ erzielen, wie es in der Bibel stehe.

Beide Eltern haben bestätigt, dass die Glaubensgemeinschaft der Zwölf Stämme die Verwendung der Rute als Erziehungsmittel für gut heiße.

Die Kinder B. und A. haben bei ihrer Anhörung durch den Senat angegeben, dass es ihnen bei ihren Pflegeeltern gut gehe. Sie würden sich freuen, wenn sie ihre Eltern (…) im Rahmen der Umgangskontakte sehen und sie würden diese auch gerne öfter sehen, würden aber lieber bei ihren Pflegeeltern wohnen bleiben. A. hat weiter angegeben, in der Vergangenheit von ihren Eltern geschlagen worden zu sein.

Der Senat hat ferner den Verfahrensbeistand, Frau Rechtsanwältin B., die Vertreterinnen des Jugendamts Ansbach, Frau S. und Frau B., und den Ergänzungspfleger, Herrn A. angehört. Er hat den Sachverständigen Dipl.-Psychologe U. zu seinem Gutachten vom 23.12.2013 angehört und die Zeugen Prof. Dr. H. und G. vernommen. Zu den Einzelheiten hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.03.2015 Bezug genommen. Auch auf das Schreiben des Zeugen Prof. Dr. H. vom 28.03.2015 (Bd. VI, Bl. 1018) wird Bezug genommen.

Die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach, Az.: 1 F 976/13, waren beigezogen.

B. I. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig.

Das Familiengericht und der Senat sind für die Entscheidung in dem Verfahren betreffend die elterliche Sorge der Kinder B., A. und G. P. international zuständig.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit, die der Prüfung des Beschwerdegerichts unterliegt (Keidel-Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 65 Rz. 18a), besteht. Sie richtet sich im vorliegenden Verfahren über gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls gemäß § 1666 BGB nach der EuEheVO (Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der VO (EG) Nr. 1347/2000).

Der Anwendungsbereich der EuEheVO erfasst gemäß Art. 1 Abs. 1 b Verfahren, die die Zuweisung, die Ausübung, die Übertragung sowie die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Verantwortung betreffen. Die EuEheVO geht insoweit dem Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (KSÜ) vor, wenn das betreffende Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat (Art. 61 a EuEheVO).

Nach Art. 8 Abs. 1 EuEheVO sind dabei für Entscheidungen, die die elterliche Sorge betreffen, die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Die Kinder B., A. und G. P. hatten zum Zeitpunkt der Antragstellung (Art. 16 Abs. 1 a EuEheVO) am 2.09.2013 durch das Landratsamt Ansbach - Amt für Jugend und Familie im Verfahren der einstweiligen Anordnung, Az.: 1 F 967/13, sowie bei Einleitung des Hauptsacheverfahrens, Az.: 1 F 1015/13, am 9.09.2013 ihren gewöhnlichen Aufenthalt zusammen mit ihren Eltern in W.

Die danach zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung gemäß Art. 8 Abs. 1 a EuEheVO begründete internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte besteht fort und ist durch den späteren Wegzug der Kindeseltern zunächst nach Belgien und später nach Tschechien nicht in Wegfall gekommen. Insoweit gilt der Grundsatz der „perpetuatio fori“, der auch in Art. 8 Abs. 1 EuEheVO verankert ist (BGH FamRZ 2010, 720; Andrae, Internationales Familienrecht, 3. Auflage, § 6 Rn. 27 und 49).

II. In der Sache hat die Beschwerde im Wesentlichen keinen Erfolg.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Ansbach hat den Kindeseltern zu Recht zur Abwendung einer gegenwärtigen und nachhaltigen Kindeswohlgefährdung durch körperliche Züchtigung im Rahmen der elterlichen Erziehung das Sorgerecht für ihre Kinder B., A. und G. in den Teilbereichen „Recht zur Aufenthaltsbestimmung“, „Recht der Regelung der ärztlichen Versorgung“, „Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII“ und „Recht zur Regelung der schulischen Belange“ entzogen. Die Voraussetzungen der §§ 1666, 1666 a BGB liegen insoweit vor. Die hiergegen mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen der Kindeseltern greifen nicht durch.

Soweit ihnen das Recht zur Ausbildungs- und Berufswahl entzogen wurde, hat die Beschwerde Erfolg, weil angesichts des Alters der Kinder von 5, 5 und 2 Jahren derzeit dafür kein Bedürfnis besteht. Das Recht zur Regelung der schulischen Belange war den Eltern zu entziehen, weil die Zwillinge A. und B. kurz vor der Einschulung stehen und ihre Eltern den Besuch einer staatlichen oder gleichgestellten Schule ablehnen. Bei dem Sohn G. hat die Entziehung des Rechts zur Regelung der schulischen Belange Bestand, weil dazu auch der Kindergartenbesuch gehört. Die Befugnis, diesen für den Sohn G. zu regeln, wird dem Jugendamt Ansbach als Ergänzungspfleger übertragen.

1. Kindeswohl als Anknüpfungsmaßstab des § 1666 Abs. 1 BGB

Maßstab und Anknüpfungspunkt für staatliche Schutzmaßnahmen ist das Kindeswohl. Es ist das zentrale Schutzgut des § 1666 BGB und Richtpunkt für die Ausübung des staatlichen Wächteramts für Eingriffe in die elterliche Sorge (BVerfG FamRZ 2010, 1489).

Die Entziehung der elterlichen Sorge nach §§ 1666, 1666 a BGB setzt voraus, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet wird, und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden.

Erforderlich ist dabei eine gegenwärtige und in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass bereits ein Schaden eingetreten ist oder sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit vorhersehen lässt (BVerfG FamRZ 2015, 112; 2014, 1005; BGH FamRZ 2005, 344). Das Gericht hat in diesem Fall die zur Abwendung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Soweit dies eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie erfordert, ist dies nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen begegnet werden kann, § 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Trennung der Kinder von ihren Eltern ist nach Art. 6 Abs. 3 GG allein zu dem Zweck zulässig, das Kind vor nachhaltigen Gefährdungen zu schützen, wenn die Eltern versagen oder die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen (BVerfG FamRZ 2015, 208; 2014, 1005).

Bei der Prüfung der Kindeswohlgefährdung sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Der Schutz des Elternrechts erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts, ohne die Elternverantwortung nicht ausgeübt werden kann. Eine Trennung des Kindes von seinen Eltern gegen deren Willen stellt den stärksten Eingriff in das Elterngrundrecht dar (BVerfG NJW 2014, S. 2936; FamRZ 2015, S. 112). Art. 6 Abs. 3 GG erlaubt es nur dann, ein Kind von seinen Eltern gegen deren Willen zu trennen, wenn die Eltern versagen oder wenn das Kind aus anderen Gründen zu verwahrlosen droht. Dabei berechtigen nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern den Staat, auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG zukommenden Wächteramts die Eltern von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen (BVerfG FamRZ 2015, S. 112; FamRZ 2014, S. 1266; NJW 2014, S. 2936). Es gehört nicht zur Ausübung des Wächteramts, gegen den Willen der Eltern für eine bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes zu sorgen (BVerfG FamRZ 2015, S. 112; FamRZ 2010, S. 713; NJW 2014, S. 2936; Palandt, BGB, 74. Aufl., § 1666 Rz. 7). Um eine Trennung des Kindes von den Eltern zu rechtfertigen, muss das elterliche Fehlverhalten vielmehr ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist (BVerfG FamRZ 2015, S. 112; FamRZ 2014, S. 1266; NJW 2014, S. 2936; FamRZ 2014, S. 907). Die Annahme einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes setzt dabei voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder sich eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (BVerfG FamRZ 2015, S. 112; FamRZ 2014, S. 1266; NJW 2014, S. 2936). Die Trennung des Kindes von seinen Eltern ist allein zu dem Zweck zulässig, das Kind vor nachhaltigen Gefährdungen zu schützen. Sie darf nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (BVerfG FamRZ 2014, S. 1266; NJW 2014, S. 2936).

Eine körperliche Misshandlung des Kindes durch einen Elternteil stellt einen Sorgerechtsmissbrauch dar (vgl. OLG Jena FamRZ 2003, 1319; Palandt, BGB, 74. Aufl., § 1666 Rz. 14 mN) und ist als schwerwiegender Eingriff nicht nur in das körperliche, sondern auch in das seelische Wohlergehen ein Anwendungsfall des § 1666 Abs. 1 BGB (Olzen in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1666 Rz. 58; OLG Hamm FamRZ 2010, 1091). Kindesmisshandlungen können auch unzulässige Erziehungsmittel (§ 1631 Abs. 2 BGB) in Form körperlicher Bestrafungen, seelischer Verletzungen und anderer entwürdigender Maßnahmen sein. Auch diese können Schutzmaßnahmen nach §§ 1666, 1666 a BGB veranlassen, soweit es sich nicht nur um vereinzelt bleibende Verstöße gegen das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung gemäß § 1631 Abs. 2 BGB handelt (OLG Jena a. a. O.; BeckOK BGB/Veit, BGB § 1666 Rz. 14; Palandt, a. a. O., § 1631 Rz. 5).

2. Kindeswohlgefährdung durch körperliche Züchtigung

Die von den Kindeseltern in der Vergangenheit an den Kindern B. und A. im Rahmen des von ihnen praktizierten Erziehungsmodells vorgenommenen Züchtigungen mit einer Rute stellen unzulässige körperliche Bestrafungen nach § 1631 Abs. 2 BGB und zugleich körperliche Misshandlungen der Kinder dar. Diese sind zur Überzeugung des Senats aufgrund der an ihrem Glauben ausgerichteten Erziehungsgrundsätze der Eltern auch zukünftig hinsichtlich aller drei Kinder zu erwarten. Hierdurch wird das Wohl aller drei Kinder gegenwärtig und nachhaltig gefährdet, § 1666 Abs. 1 BGB.

Die unzureichende Vorstellung der Kinder beim Kinderarzt bzw. das Unterlassen der empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen allein ohne weitere Risikofaktoren rechtfertigt dagegen für sich genommen die Feststellung der Kindeswohlgefährdung nicht, denn es ist nicht feststellbar, dass die Gesundheit der Kinder dadurch konkret gefährdet wurde (OLG Frankfurt, NJW-RR 2014, 259). Ein künftiger Verstoß gegen die Schulpflicht als solcher ist für sich genommen ebenfalls kein Grund für die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, weil Maßnahmen nach § 1666 Abs. 3 Nr. 2 BGB getroffen werden können.

a) Körperliche Züchtigung als praktizierte Erziehungsmethode der Eltern

Wie das Familiengericht geht auch der Senat davon aus und ist überzeugt, dass die Eltern ihre Kinder B. und A. bis zur In-Obhutnahme durch das Jugendamt am 5.09.2013 wiederholt und regelmäßig mit einer Rute durch Schläge auf das Gesäß oder die Hand gezüchtigt haben. Der Senat stützt sich dabei auf die Angaben der Kinder sowie auf die eigenen Angaben der Kindeseltern.

Die Kinder B. und A. haben im Rahmen ihrer gerichtlichen Anhörungen im Hauptsacheverfahren, Az.: 1 F 1015/13, wie auch im vorangegangenen einstweiligen Anordnungsverfahren, Az.: 1 F 976/13, durchgängig und konstant davon berichtet, von ihren Eltern „diszipliniert“ bzw. geschlagen worden zu sein.

So gaben beide Kinder anlässlich ihrer richterlichen Anhörung am 18.09.2013 im Verfahren 1 F 976/13 übereinstimmend an, von ihren Eltern „diszipliniert“ worden zu sein. Beide haben dies anhand einer Puppe und mit einer Fliegenklatsche durch Schläge mit dem Griff der Fliegenklatsche auf das Hinterteil der Puppe nachgespielt. Dabei stellten beide Kinder das bei der Puppe auf Knopfdruck abrufbare Geräusch des Weinens in Zusammenhang mit der von ihnen dargestellten „Disziplinierung“ der Puppe. Anlässlich ihrer gerichtlichen Anhörung im Hauptsacheverfahren, Az.: 1 F 1015/13, am 6.05.2014 haben beide Kinder erneut und übereinstimmend bekundet, von beiden Eltern (…) geschlagen („gehauen“) worden zu sein. B. gab die Schläge als Grund dafür an, nicht mehr zu ihren leiblichen Eltern zurückkehren zu wollen. Anlässlich ihrer erneuten Anhörung durch das Familiengericht am 17.10.2014 hat auch A. angegeben, nur dann zu ihren Eltern zurückkehren zu wollen, wenn diese sie nicht mehr schlagen würden. Sie gab weiter an, ihre Eltern hätten ihr auch zugesagt, sie nicht mehr zu schlagen. Auf die Nachfrage des Gerichts konnte A. die Gründe für die Schläge nicht benennen.

Die Angaben der Kinder über die bei ihren Eltern erlittenen Züchtigungen decken sich mit ihren Angaben auch gegenüber dem Verfahrensbeistand, wie sie in dessen Stellungnahme vom 10.10.2013 an das Familiengericht wiedergegeben sind. Auch dem Verfahrensbeistand gegenüber haben beide Kinder unabhängig voneinander davon berichtet, von ihren Eltern und dabei überwiegend von der Mutter „diszipliniert“ worden zu sein. Angaben der Kinder B. und A. zu Schlägen mit einer Rute auf das Gesäß ergeben sich ferner aus dem Bericht des Landratsamts Ansbach - Amt für Jugend und Familie - vom 15.04.2014. Darin wird über entsprechende Äußerungen der Kinder gegenüber der Pflegemutter bereits am ersten Tag ihrer Aufnahme berichtet.

Auch im Rahmen ihrer Exploration am 13.12.2013 haben beide Kinder gegenüber dem Sachverständigen inhaltlich übereinstimmend davon berichtet, von ihren Eltern regelmäßig mit einer Rute geschlagen worden zu sein (Gutachten vom 23.12.2013, Pkt. 4.7 und 4.8; Bl. 218/219 u. 221/223 d. A.). B. gab hierzu an, sie sei von „…“ und „…“ mit einer Rute geschlagen worden, und - auf Nachfrage des Sachverständigen -, dass dies jeden Tag der Fall gewesen sei und es weh getan hätte. Sie habe weinen müssen. Auch A. hat angegeben, von beiden Eltern (von „…“ und „…“) täglich mit einer Rute geschlagen („gehauen“) worden zu sein. Die Schläge hätte es auf den „Popo“ und auf die Hand gegeben. Die Schläge hätten weh getan. Nach der Anzahl der Schläge befragt, gab A. an, dass „dreimal“ geschlagen würde, und - auf weitere Nachfrage - dass sie nicht nur von „…“ und „…“, sondern in W. auch von anderen Frauen („Frauen und unser …, aber keine anderen Männer“) geschlagen worden sei.

Schließlich hat A. auch gegenüber dem Senat anlässlich der im Termin am 26.03.2015 durchgeführten Anhörung beider Kinder angegeben, von den Eltern geschlagen worden zu sein.

Der Senat hat keinen Zweifel, dass die vorstehenden wiederholten und inhaltlich übereinstimmenden Berichte der Kinder B. und A. über bei ihren Eltern erlittene Züchtigungen mit einer Rute auf eigenes Erleben der Kinder zurückgehen und dieses wiedergeben.

Auch die Kindeseltern haben nicht in Abrede gestellt, in der bisherigen Erziehung ihrer Kinder B. und A. im Rahmen des von ihnen praktizierten Erziehungskonzepts die Rute als Erziehungsmittel gegen die Kinder eingesetzt und diese, jedenfalls bei Anlass mit der Rute „diszipliniert“ zu haben. Die Eltern haben das von ihnen angewendete Konzept des „Disziplinierens“ als körperliche Züchtigung mit der Rute dargestellt, bei der die Art des Schlagens und die Eigenschaft der Rute ebenso definiert seien wie der an die Züchtigung anschließende Versöhnungsakt. Sie halten erhebliche körperliche und psychische Verletzungsfolgen für ausgeschlossen (Schriftsatz vom 19.09.2014, Seiten 6/7; Bl. 540 f. d. A.). Das „Disziplinieren“ mit der Rute sei ein streng ritualisiertes Gesamtkonzept, das aus der Wahrung der Würde des Einzelnen bestehe, indem es niemals in der Öffentlichkeit stattfinden dürfe, sowie aus der Wahrung der körperlichen Integrität des zu Disziplinierenden, indem der Disziplinierende nicht in Zorn oder Wut handeln dürfe. Zudem werde eine Rute verwendet, die körperliche Verletzungen über den Schmerz der Berührung hinaus ausschließe. Die Züchtigung erfolge nicht mit voller Kraft (kein weites Ausholen). Die Zahl der Hiebe sei begrenzt. Das Disziplinieren ende mit einem Akt der Versöhnung und beseitige damit seelische Missstimmungen (Schriftsatz vom 19.09.2014, Seite 51; Bl. 585 d. A). Die Disziplinierungen hätten nicht ständig und nur bei erheblicher Unfolgsamkeit der Kinder stattgefunden. Im Rahmen der mit dem Sachverständigen U. geführten diagnostischen Gespräche gaben beide Eltern an, dass sie bei B. und A. etwa ab dem dritten Lebensjahr mit dem „Disziplinieren“ begonnen hätten (Gutachten vom 23.12.2013, Seiten 22 u. 36; Bl. 188 u. 202 d. Akte). Zum Ablauf befragt, gab der Kindesvater an, dass der „Korrektur“ zunächst eine Ermahnung des Kindes vorausgehe. Wenn das Kind die ihm hierdurch gesetzte Grenze überschreite, könne es sein, dass er dem Kind „eins hinten drauf“ gebe. Dies geschehe so, wie die Kinder es bei Gericht beschrieben hätten. Es gebe eine „kleine Rute“, mit der er den Kindern „meist dreimal auf den Hintern schnipse“. Die Schläge würden immer auf die Unterhose gegeben. Er würde die Kinder „disziplinieren“, wenn die Kinder rebellisch wären und es keine Gemeinschaft zwischen ihnen gebe, wenn die Kinder anfingen, zu schimpfen oder zu schreien. Anschließend würde er seinen Kindern vergeben und es ihnen nicht nachtragen (Gutachten vom 32.12.2013, Seite 36-37; Bl. 202/203 d. A.).

Auch im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat haben die Eltern das bisherige Züchtigen ihrer beiden Kinder B. und A. durch Schläge mit der Rute nicht bestritten, sondern lediglich bekundet, dass dieses Erziehungsmittel in Zukunft für sie keine Option mehr sei, weil die Kinder daran nicht mehr gewöhnt seien und es nicht mehr verstehen würden.

Das von den Eltern dargestellte Konzept der Erziehung durch „Disziplinieren“ mit der Rute entspricht auch dem in der Glaubensgemeinschaft der Zwölf Stämme gelehrten und praktizierten Erziehungsmodell. Dort wird die Züchtigung der Kinder mit der Rute nicht nur gebilligt, sondern von den Eltern zur Erziehung der Kinder gefordert. Bei der Inobhutnahme der Kinder am 5.09.2013 wurde im zweiten Obergeschoss des Anwesens der Glaubensgemeinschaft in W. eine 48 cm lange und 5 mm starke Weidenrute sichergestellt, die der Züchtigung der Kinder dient. In dem Erziehungshandbuch der Glaubensgemeinschaft „Our Child Trainings Teachings“ (Verfahrensakte 9 UF 1493/13, Band I, Bl. 123 - 269, in deutscher Übersetzung) wird die Züchtigung der Kinder mit der Rute als traditionelles und notwendiges Mittel beschrieben, um rebellische Kinder zur Kontrolle zu bringen. Auszugsweise heißt es dort (Seite 75):

„Hebr. 12:7 ist eine zeitlose Regel. Für einen wahren Sohn ist es normal, gezüchtigt oder sogar gepeitscht zu werden, wenn er aufsässig oder ungehorsam ist…“

„Wenn ein Kind aufbegehrt, ist die Züchtigung die einzige Methode und das einzige Druckmittel, die bzw. das dazu führt, dass es sich entscheidet, die elterliche Führung und Kontrolle zu akzeptieren. Ein aufsässiges Kind hat die Autorität seiner Eltern bereits abgelehnt. ...

Der einzige Weg, wie Eltern ihre Autorität wiederherstellen können, ist, die Gewalt der Rute zu gebrauchen. ...

Der geeignete Gebrauch der Züchtigungen ist der einzige Weg, wie ein Kind, sobald es von seiner eigenen Auflehnung gebrochen wurde, wieder zur Gemeinschaft zurückgeführt werden kann. ...

Auf Seite 76 heißt es:

„Das Wort züchtigen bedeutet Leid zufügen in der Absicht zu verbessern; leiblicher oder körperlicher Schmerz, um zum richtigen Standpunkt zu kommen; die Rute zu benutzen, um ausreichenden Schmerz zuzufügen, damit ein Kind seine Auflehnung korrigiert, oder um ein Kind von vorsätzlichem Schaden aufgrund von Ungehorsam abzuhalten (Spr. 15:10; 20:30; 22:15; 23;13-14).“

Auf Seite 79 wird weiter ausgeführt:

„Die Rute, die zur Disziplinierung (Züchtigung) verwendet wird, hat besondere Eigenschaften, sie kann Streifen - Spuren wie die, die von einer Peitsche hinterlassen werden, aber klein genug, um keinen dauerhaften Schaden zu hinterlassen, wenn die Rute richtig verwendet wird (2 Sam. 7.14; Spr. 23:13 Hebr. 12: 6). Die Rute ist ein dünner Holzstock, wie eine Gerte. Wir verwenden einen kleinen Ballonstock. Natürlich variiert die Größe der Route entsprechend der Größe oder dem Alter des Kindes. Wenn das Kind wiederholt nicht gehorcht, dann wurde die Rute nicht ausreichend angewendet, was seine Auflehnung nur bestärkt (Spr. 20:30). Die Eltern können nach einer ausreichenden Anzahl Anschlägen aufhören und das Kind fragen, ob es zukünftigen Anweisungen gehorchen wird. Wann immer es bereit ist sich zu fügen oder zu gehorchen, sollte dem Kind die Gelegenheit zu einer ehrenhaften, aber bedingungslosen Kapitulation gegeben werden. Vom Kind sollte verlangt werden, dass es seine Bereitschaft, dem Willen der Eltern - dem größeren König (LK 14:31-32) zu entsprechen, zum Ausdruck bringt und seinen Ungehorsam oder sein Fehlverhalten zugibt.“

„Die Eltern setzen lediglich ein Gesetz Gottes um, wenn sie ein aufsässiges Kind disziplinieren müssen.“

Den Eltern ist das Erziehungshandbuch eigenen Angaben zufolge bekannt. Beide wollen es aber nicht gelesen haben. Ob dies richtig ist, kann nach Auffassung des Senats dahinstehen. Die Angehörigen der Glaubensgemeinschaft versammeln sich in der Regel täglich und tauschen sich - wie von den Eltern selbst angegeben - auch über Fragen der Kindererziehung aus. Beide Eltern sind weiter überzeugte Mitglieder der Glaubensgemeinschaft und stehen zu deren Regeln, zu denen gerade auch der Einsatz der Rute als Erziehungsmittel gehört.

Für den Senat steht danach fest, dass die Eltern ihre Kinder B. und A. im Rahmen des von ihnen angewandten Erziehungskonzepts der „Disziplinierung“ und „Korrektur“ durch Schläge mit der Rute auf das Gesäß oder die Hand der Kinder gezüchtigt haben.

Soweit der Senat - wie auch das Familiengericht - dabei auch diejenigen Angaben der Kinder und der Eltern berücksichtigt, die diese gegenüber dem Sachverständigen U. im Rahmen der zur Gutachtenerstellung durchgeführten Explorationen und diagnostischen Gespräche gemacht haben, sind diese verwertbar. Der Umstand, dass die Eltern zeitlich nach den durchgeführten Explorationen mit ihrer Erklärung vom 17.04.2014 ihre Zustimmung zur Begutachtung für sich und für ihre Kinder widerrufen haben, führt insoweit nicht zu einem Verwertungsverbot.

Rechtssystematisch führt ein Widerruf eines einmal erklärten Einverständnisses grundsätzlich nicht zum rückwirkenden Entfallen der Zustimmung, sondern nur dazu, dass ab Zugang des Widerrufs eine Zustimmung des Betroffenen nicht mehr vorliegt. Auch das hier anzuwendende Verfahrensrecht bietet keinen Ansatzpunkt dafür, dass rechtmäßig erhaltene Beweisinformationen im weiteren Verfahren nicht mehr genutzt werden dürfen, weil derjenige, der die Information zunächst freiwillig mitgeteilt hat, jetzt mit deren Verwendung nicht mehr einverstanden ist. Vielmehr sind rechtmäßig erlangte Informationen und Beweismittel im Verfahren auch einführbar und verwertbar (vgl. OLG München ArztR 2014, 40).

Vorliegend haben die Eltern - wie sie anlässlich ihres Widerrufs mit Schriftsatz vom 17.04.2014 (Band III, Bl. 440/441 d. A.) selbst erklären - ihrer eigenen und der Begutachtung ihrer Kinder durch den Sachverständigen zugestimmt. Die Eltern wurden dabei vom Sachverständigen auch ausdrücklich darüber aufgeklärt, dass eine Schweigepflicht des Sachverständigen gegenüber dem Familiengericht nicht besteht und dass die mit dem Sachverständigen geführten Gespräche aufgezeichnet werden (Gutachten vom 23.12.2013, Seiten 15 u. 28, Bl. 181 u. 194 d. A.). Der Sachverständige hat insoweit die von den Eltern bei den Gesprächsterminen am 8.11.2013, 9.11.2013 und 27.11.2013 und von den Kindern am 13.12.2013 gemachten Angaben aufgrund der hierzu erteilten elterlichen Zustimmung als vom Gutachtensauftrag umfasste (§ 30 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 404a Abs. 4 ZPO) Anknüpfungstatsachen rechtmäßig erhoben und festgestellt. Das Gutachten des Sachverständigen U. gelangte durch Vorlage am 27.12.2013 zu den Gerichtsakten. Der zeitlich danach mit Schriftsatz vom 17.04.2014 erklärte Widerruf änderte an der wirksam erteilten Zustimmung zur Datenerhebung nichts.

Entgegen der mit der Beschwerde vorgetragenen Auffassung wurden die durch den Sachverständigen in seinem Gutachten festgehaltenen Anknüpfungstatsachen deshalb nicht unter Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Eltern (Art. 2 Abs. 1 GG) erhoben. Weil die Erhebung und Weitergabe der Informationen mit ausdrücklicher Einwilligung der Eltern erfolgte, wurde hierdurch in kein verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht der Eltern widerrechtlich eingegriffen. Ein verfassungsrechtliches Verwertungsverbot dieser rechtmäßig gewonnenen Erkenntnisse lässt sich daher, anders als im Falle einer unter Verstoß gegen verfassungsrechtlich geschützte Individualrechte erfolgten Beweisgewinnung (vgl. hierzu bei Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 286 Rz. 15a, 15b) nicht begründen.

b) Körperliche Züchtigungen der Kinder auch zukünftig zu erwarten

Der Senat ist überzeugt, dass die Eltern das von ihnen gebilligte Erziehungsmittel des „Disziplinierens“ im Falle der Rückgabe der Kinder B. und A. in ihre Obhut auch zukünftig diesen gegenüber und auch gegenüber ihrem jüngsten Kind G. anwenden werden. Der Senat stützt seine hierzu gewonnene Auffassung dabei wesentlich auf die Angaben der Eltern selbst. Aus diesen ergibt sich, dass es sich bei dem als „streng ritualisiertes Gesamtkonzept“ beschriebenen Akt des „Disziplinierens“ um ein auf gefestigten Glaubensgrundsätzen basierendes Erziehungsverhalten handelt, von dem sich die Eltern bis heute nicht grundlegend distanziert haben, und das sie nach ihrer religiösen Überzeugung auch weiterhin billigen und für grundsätzlich richtig halten.

Die Eltern gehören weiter der Glaubensgemeinschaft der Zwölf Stämme an. Sie haben sich nach ihrem Wegzug aus Deutschland und einem Aufenthalt zunächst in Belgien aktuell der Gemeinschaft der Zwölf Stämme in Tschechien angeschlossen, wo sie seit Anfang Mai 2015 zusammen mit Angehörigen der Gemeinschaft in dem Dorf M. in der Nähe von Prag wohnen und arbeiten. Die persönliche Anhörung der Eltern durch den Senat hat hierbei deutlich gemacht, dass sie auch weiterhin entsprechend den Glaubens- und Erziehungsgrundsätzen der Gemeinschaft der Zwölf Stämme unter Rückführung auf das in der Bibel geschriebene „Wort Gottes“ die körperliche Züchtigung („Disziplinierung“) mit der Rute grundsätzlich als geeignetes Mittel der Kindeserziehung ansehen. Beide Elternteile haben die Frage des Senats, ob die Glaubensgemeinschaft die Verwendung der Rute als Erziehungsmittel für gut heiße, ausdrücklich bejaht. Wie bereits in seiner Anhörung vor dem Familiengericht am 13.09.2013 im Verfahren 1 F 976/13 (Band I, Bl. 91, 94 d. A.) hat der Kindesvater auch in seiner Anhörung durch den Senat unter Verweis auf hierzu angeführte Bibelstellen (Sprüche 13, Vers 24; Hebräer 12, Vers 5 bis 11) seinen fortbestehenden Glaubensgrundsatz bekundet, wonach er die Bestrafung durch Züchtigung mit der Rute als Mittel der Erziehung durch „Disziplin“ und „Korrektur“ und zugleich als Akt der Liebe gegenüber dem Kind verstehe. Beide Elternteile machten erneut deutlich, dass sie die Züchtigung mit der Rute als angemessene und richtige Erziehung und nicht als körperliche Misshandlung verstehen. Sie würden sich deshalb auch nicht einmischen, wenn Angehörige ihrer Gemeinschaft ihre Kinder züchtigen, sondern nur, wenn sie die Kinder „misshandelten“. Diese Äußerungen der Eltern zeigen, dass sie aufgrund ihres glaubensgeprägten Erziehungsverständnisses weiter von der Richtigkeit ihres bisherigen Erziehungsverhaltens und davon überzeugt sind, dass die Züchtigung mit der Rute ein legitimes und auch gottgewolltes Mittel der elterlichen Erziehung eines Kindes darstellt. Daraus wird deutlich, dass bei den Eltern ein Umdenken und eine glaubhafte und nachhaltige Distanzierung von dieser unzulässigen Form der körperlichen Bestrafung bislang nicht stattgefunden hat. Diese Einschätzung des Senats wird auch von der Vertreterin des Jugendamts Ansbach, vom Ergänzungspfleger und dem Verfahrensbeistand in ihren jeweiligen Stellungnahmen geteilt.

Der zuletzt anderslautenden Erklärung der Eltern im Rahmen der von ihrem Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 24.03.2015 vorgeschlagenen Vereinbarung zur Rückführung der Kinder B. und A. (Band VI, Bl. 991 ff. d. A.), wonach diese das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung nunmehr anzuerkennen bereit sind, und anerkennen, dass körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen gegenüber ihren Kindern unzulässig sind, und sie solche Maßnahmen gegenüber ihren Kindern nicht anwenden werden, folgt der Senat nicht. Die Eltern haben durch ihre bisherigen Erklärungen im Laufe des Verfahrens durchgängig und konstant deutlich gemacht, dass sie die von ihnen praktizierte Züchtigung mit der Rute weder als Misshandlung ihrer Kinder noch als unzulässige Ausübung körperlicher Gewalt verstehen, sondern sie diese Form der „Korrektur“ aufgrund ihrer Glaubensgrundsätze für notwendig und richtig halten. Der Senat geht daher davon aus, dass es sich bei der im Schriftsatz vom 24.03.2015 in Aussicht gestellten Erklärung über die Anerkennung des Rechts ihrer Kinder auf gewaltfreie Erziehung nicht um den Ausdruck einer neu gewonnenen und auf Dauer eingenommenen veränderten Erziehungshaltung, sondern lediglich um eine verfahrensbezogen abgegebene Erklärung handelt, die die baldige Rückführung der Kinder bezweckt.

Ebenso wie das Familiengericht ist auch der Senat überzeugt, dass im Falle der Rückkehr der heute 5 Jahre alten Kinder B. und A. zu ihren Eltern und bei einem Verbleib des inzwischen 2 Jahre alten Sohnes G. in der elterlichen Obhut, die Eltern aus ihrer gefestigten Glaubensüberzeugung und ihrem religiösen Verständnis heraus künftig alle drei Kinder unter Verwendung der Rute „disziplinieren“ und diese unter Anwendung körperlicher Bestrafung erziehen werden.

Soweit die Eltern bereits vor dem Familiengericht am 29.9.2014 sowie erneut in ihrer Anhörung durch den Senat am 26.03.2015 bekundet haben, dass sie zwischenzeitlich verstanden hätten, dass das Züchtigen mit der Rute in Deutschland nicht erlaubt sei und sie daher ihre Kinder zukünftig nicht mehr züchtigen würden, ist der Senat überzeugt, dass es sich insoweit nicht um eine ernst zu nehmende Abkehr von ihrem bisherigen Erziehungskonzept der „Disziplinierung“ durch körperliche Bestrafung handelt, und dass hierdurch keine Gewähr für eine zukünftig gewaltfreie Erziehung der Kinder B., A. und G. besteht. Bereits die eigenen Äußerungen der Eltern beschränken eine solche Haltung auf einen allenfalls übergangsweisen Zeitraum. So haben die Eltern in ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt, dass das Züchtigen der Kinder B. und A. für sie keine Option mehr sei, weil die Kinder an eine solche Behandlung nicht mehr gewöhnt seien und diese deshalb nicht mehr „verstehen“ würden. Auf die Frage des Senats, ob die Eltern dies als eine Art Moratorium (Aufschub) verstehen würden, erklärte der Kindesvater, dass sein zukünftiges Verhalten im Hinblick auf die Züchtigung der Kinder davon abhängen werde, wie sich die Beziehung zu seinen Kindern gestalten wird, und er sich insoweit nicht für sein restliches Leben festlegen könne. Sie wollten ihre Kinder aber weiter in Verantwortung vor Gott erziehen, wobei der Kindesvater erneut sein Glaubensverständnis hierzu hervorhob und erklärte, dass sie nun wüssten, dass sie ihren diesbezüglichen Glauben in Deutschland nicht umsetzen könnten.

Der Senat ist aufgrund der Erklärungen der Eltern daher überzeugt, dass diese auf das von ihnen grundsätzlich befürwortete Erziehungsmittel der körperlichen Züchtigung ihrer Kinder allenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum zu verzichten bereit sind, bis sie zu ihren Kindern B. und A. eine aus ihrer Sicht wieder intakte Eltern-Kind-Beziehung hergestellt haben, die es nach ihren Vorstellungen zulässt, die Kinder entsprechend ihrer religiös begründeten Erziehungsanschauung erneut zu disziplinieren.

Diese Haltung der Eltern wird unterstrichen durch das Vorbringen im Schriftsatz des Rechtsanwalts C. vom 23.03.2015 (Band VI, Bl. 956 ff.), der sich - von den Eltern als gesetzliche Vertreter der Kinder beauftragt - für die Kinder B., A. und G. angezeigt und im Beschwerdeverfahren für diese Stellung genommen hat. Darin wird neben einer nochmaligen ausführlichen Darstellung des „Disziplinierens“ unter Einschluss körperlicher Schmerzzufügung, wie es nach den Glaubensgrundsätzen der „Zwölf Stämme“ im Rahmen des dort praktizierten Erziehungskonzepts angewandt wird (Schriftsatz vom 23.03.2015, Bl. 985 d. A.), als mögliches Lösungsmodell im Rahmen einer Rückführung der Kinder zu ihren Eltern ein von den Eltern befürwortetes „Spanking-Moratorium“ vorgeschlagen, gerichtet auf einen an der Wiederherstellung einer intakten Eltern-Kind-Beziehung ausgerichteten zeitweisen Verzicht auf körperliche Züchtigung (Schriftsatz vom 23.03.2015, Bl. 984/985 u. 987 d. A.).

Der Senat ist davon überzeugt, dass die heute fünf Jahre alten Zwillinge B. und A. im Falle der Rückkehr in die elterliche Obhut erneut der in der Vergangenheit praktizierten Züchtigung mit der Rute ausgesetzt sein würden.

Das gilt in gleicher Weise auch für das Kind G. Aufgrund der beschriebenen Erziehungseinstellung der Eltern, hat der Senat keinen Zweifel, dass auch für den zwischenzeitlich zwei Jahre alten Sohn G. die konkrete und gegenwärtige Gefahr besteht - in der elterlichen Obhut belassen - im Rahmen des von den Eltern befürworteten Erziehungskonzepts der „Disziplinierung“ bei Anlass mit der Rute gezüchtigt zu werden.

Zwar haben die Eltern in ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt, dass sie ihr Kind G., das sich in der Folge der Entscheidung des Senats vom 2.12.2013 im Verfahren Az.: 9 UF 1493/13 wieder in ihrer Obhut befindet, bislang nicht gezüchtigt haben, und sie dies auch zukünftig nicht tun würden. Begründet haben die Eltern das Absehen von körperlicher Bestrafung bei dem Kind G. jedoch allein damit, dass sie im Falle der Rückführung der Kinder B. und A. bei ihren drei Kindern keinen unterschiedlichen Erziehungsstil anwenden könnten, weil die Kinder das nicht verstehen würden. Eine grundsätzliche Distanzierung der Eltern von körperlicher Bestrafung als Erziehungsmittel, hat danach auch hinsichtlich des jüngsten Kindes G. nicht stattgefunden, und ist nicht zu erwarten.

In der Glaubensgemeinschaft der „Zwölf Stämme“ werden Schläge mit der Rute bei Kindern vom Kleinkindalter an bis zum Alter von etwa 12 Jahren zur „Disziplinierung“ und „Korrektur“ angewendet, möglicherweise - abhängig von der kindlichen Entwicklung - auch darüber hinaus. Ziel ist dabei die Durchsetzung der elterlichen Autorität. Diese verleiht den Eltern das Recht, über das Kind zu herrschen, es unter Kontrolle zu halten, ihm zu befehlen und zu absolutem Gehorsam zu erziehen („Our Child Trainings Teachings“ S. 22, 56). Um „Rebellion“ zu unterbinden und „Ungehorsam“ zu brechen, hat die kontrollierte Zufügung von Schmerzen durch den Gebrauch der „Rute der Korrektur“ zu erfolgen (S. 56, 71 f., 75 ff).

Im Erziehungshandbuch der Glaubensgemeinschaft ist hierzu ausgeführt (auszugsweise):

„Aufgrund der von Gott verliehenen Autorität haben die Eltern das Recht, ihren Willen über den ihrer Kinder zu stellen und ihnen zu befehlen, ihre Weisungen zu befolgen. Sie haben auch die Befugnis, Recht zu sprechen und Ungehorsam zu bestrafen… Das bedeutet, dass das Wort der Eltern für ihre Kinder Gesetz ist“ (Seite 22).

„Eltern müssen ihr Kind so früh wie möglich dazu bringen, auf ihr Wort zu reagieren“ (Seite 56).

„Aktive Rebellion ist, wenn .. ihr Kind nicht zuhören oder ihre Weisungen nicht akzeptieren will, es bekommt einen „Wutanfall“, antwortet mit „Nein!“ oder „Das mache ich nicht!“ oder geht trotzig weg.“ (Seite 65).

„Um Rebellion im Kind niederzuschlagen, müssen Eltern willens sein, entsprechende Gewalt anzuwenden, um dafür zu sorgen, dass sich das rebellische Kind entscheidet, den Willen der Eltern nachzugeben. Dies wird in der Bibel Züchtigung genannt und macht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg bei der Kindererziehung aus.“ (Seite 71).

„Wenn ein Kind aufbegehrt, ist die Züchtigung die einzige Methode oder das einzige Druckmittel, die bzw. das dazu führt, dass es sich entscheidet, die elterliche Führung und Kontrolle zu akzeptieren. Ein aufsässiges Kind hat die Autorität seiner Eltern bereits abgelehnt… Der einzige Weg, wie Eltern ihre Autorität wiederherstellen können, ist, die Gewalt der Rute zu gebrauchen.“ (Seite 75).

Zur Überzeugung des Senats besteht daher auch für das Kind G. eine gegenwärtige Gefahr für sein leibliches und psychisches Wohl. Zwar sind die Angaben der Eltern, ihr Kind G. bislang nicht mit der Rute gezüchtigt zu haben, nicht zu widerlegen. Jedoch hat G. mit jetzt zwei Jahren ein Alter erreicht, in dem sich der kindliche Selbstbehauptungswille zunehmend ausprägt.

In dieser Entwicklungsphase beginnen Kinder typischerweise Grenzen auszutesten und einen eigenen Willen zu bilden, den sie auch gegen den Widerstand der Eltern durchsetzen und behaupten wollen (sog. „Trotzalter“). Die Autonomiephase ist dabei nicht selten mit emotionalen Ausbrüchen (Wutanfälle) und Trotzreaktionen des Kindes verbunden. Es besteht deshalb die begründete Besorgnis, dass die Eltern auch bei G. Züchtigungen als Mittel der „Korrektur“ einsetzen, sobald das Kind beginnt, sich der elterlichen Autorität zu widersetzen, es sich auflehnt oder rebelliert und von den Eltern gesetzte Regeln missachtet. Auch das Erziehungshandbuch „Our Child Trainings Teachings“ beschreibt typische kindliche Verhaltensmuster abhängig vom Entwicklungsstand und unterscheidet zwischen der Kleinkind- und Kindphase (Erziehungshandbuch, Seite 30). Dabei wird eine bestimmte Altersgrenze für die empfohlene Züchtigung des Kindes zur „Wiederherstellung der elterlichen Autorität“ und „Niederschlagung der Rebellion“ nicht vorgegeben. Die Eltern werden aber angehalten „..ihr Kind so früh wie möglich dazu (zu) bringen, auf ihr Wort zu reagieren“, wobei dies durch die „kontrollierte Anwendung von Schmerz durch die Eltern“ erfolgen soll (Erziehungshandbuch, Seite 56). Da auch G. in seiner derzeitigen Kindesentwicklung die beschriebenen auflehnenden Verhaltensmuster altersbedingt zeigen wird, besteht hieraus die unmittelbare und gegenwärtige Gefahr, dass auch ihm gegenüber nunmehr die von den Eltern befürworteten Züchtigungen als Mittel der „Korrektur“ zum Einsatz kommen, wenn das Kind weiter in der elterlichen Obhut verbleibt. Dem steht nicht entgegen, dass die Eltern bei ihren Kindern B. und A. eigenen Angaben zufolge erst ab etwa dem dritten Lebensjahr mit dem „Disziplinieren“ begonnen haben. Zum einen lässt sich der tatsächliche Beginn der Züchtigungen im Nachhinein nicht mehr feststellen. Zum anderen bietet dies keine Gewähr, dass die Eltern sich auch gegenüber dem Kind G. ebenso verhalten werden. Eine „feste“ Altersgrenze für die Züchtigungen haben auch die Eltern selbst nicht angegeben. Vielmehr hat die Kindesmutter bekundet, dass es darauf ankomme, wann das Kind sich entscheiden könne (vgl. Sachverständigengutachten v. 23.12.2013, Seite 22, Band I Bl. 188). Das ist aber auch schon bei einem zweijährigen Kind der Fall.

c) Züchtigung als kindeswohlgefährdender Sorgerechtsmissbrauch, § 1666 Abs. 1 BGB

Die gemäß § 1666 Abs. 1 BGB zur Anordnung einer sorgerechtsbeschränkenden Maßnahme erforderliche Kindeswohlgefährdung ist im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der strengen verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. oben Ziff. II 1) gegeben. Durch die zukünftig hinsichtlich aller drei Kinder zu erwartenden körperlichen Züchtigungen unter Verwendung der Rute und die damit verbundenen körperlichen und seelischen Misshandlungen ist das Wohl der Kinder B., A. und G. nachhaltig gefährdet, § 1666 Abs. 1 BGB.

aa) Körperliche Züchtigung als unzulässige körperliche Bestrafung und Misshandlung

Das Züchtigen mit der Rute stellt eine unzulässige körperliche Bestrafung (§ 1631 Abs. 2 BGB) und zugleich eine körperliche und seelische Misshandlung der Kinder dar.

Der mit dem Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts (BGBl I 1479 v. 7.11.2000) neu eingefügte § 1631 Abs. 2 BGB begründet ein Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung (§ 1631 Abs. 2 S. 1 BGB). Danach sind körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen unzulässig (§ 1631 Abs. 2 S. 2 BGB). Der Gesetzgeber hat mit dieser Neuregelung ein absolutes Gewalt- und Züchtigungsverbot ausgesprochen. Die gewählte Formulierung der „körperlichen Bestrafung“ stellt nunmehr unmissverständlich klar, dass jegliche Art der körperlichen Bestrafung unzulässig ist. Dies hat nach dem Willen des Gesetzgebers seinen Grund darin, dass jede Form der körperlichen Bestrafung, auch wenn sie nicht die Intensität der Misshandlung erreicht, für das Kind eine Demütigung bedeutet (vgl. BT-Drucksache 14/1247 S. 5, 8; Gerhardt, Familienrecht, 9. Aufl., 4. Kapitel Rz. 57). Dabei handelt es sich bei dem in § 1631 Abs. 2 BGB normierten Recht auf gewaltfreie Erziehung nicht um ein bloßes Leitbild. Vielmehr schränkt der Gesetzgeber das grundrechtlich verbürgte Elternrecht hinsichtlich der unerlaubten Mittel der Erziehung ein (Staudinger/Salgo, BGB, 2007, § 1631 Rz. 83). Mit der Neuregelung hat sich deshalb die Diskussion darüber, ob das Recht zur körperlichen Züchtigung mit der Erziehungsaufgabe untrennbar verbunden ist und keine entwürdigende Maßnahme sei, erledigt (vgl. Huber in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1631 Rz. 21). Nach der insoweit eindeutigen Fassung des Gesetzes ist damit jede Verknüpfung von Strafe mit körperlicher Einwirkung auf das Kind verboten. Unzulässig sind danach insbesondere Prügel, generell das Schlagen mit oder ohne Gegenständen, aber auch bereits eine „Ohrfeige“ oder „Klapse“ (Stauinger/Salgo, a. a. O., Rz. 86; Huber, a. a. O., Rz. 24 m. w. N.; Palandt, BGB, 74. Aufl. § 1631 Rz. 7). Dass die hier von den Eltern gegen die Kinder B. und A. verübten Züchtigungen mit einer als Schlagwerkzeug verwendeten Rute durch Schläge auf das Gesäß oder auf die Hand mit der Rute als Akte unzulässiger körperlicher Bestrafung nach § 1631 Abs. 2 BGB grundsätzlich verboten sind, bedarf keiner weiteren Darlegung.

Das wiederholte und regelmäßige Züchtigen eines Kindes stellt zugleich eine entwürdigende Erziehungsmaßnahme und eine Misshandlung des Kindes dar. Der Begriff „entwürdigende Maßnahme“ ist lediglich als Oberbegriff und Auffangtatbestand in § 1631 Abs. 2 BGB hervorgehoben (Staudinger/Salgo, a. a. O., Rz. 88; Palandt, a. a. O., Rz. 7). Die Entwürdigung kann dabei durch Art, Ausmaß der Dauer der körperlichen Bestrafung begründet sein. Das von den Eltern praktizierte „Disziplinieren“ ihrer Kinder durch Schläge mit der Rute auf das Gesäß oder die Hand des Kindes stellt fraglos nicht nur eine verbotene, sondern zugleich eine entwürdigende Maßnahme dar, die das Ehr- und Selbstwertgefühl des Kindes verletzt, weil hierdurch das Machtgefälle und die Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein des Kindes und dessen Ohnmacht zum Ausdruck kommen (vgl. hierzu Staudinger/Salgo, a. a. O. § 1631 Rz. 73). In dieser Form der verbotenen körperlichen Bestrafung liegt zugleich auch eine Misshandlung des Kindes. Darunter fällt nach dem Gesetz jedes üble, unangemessene Behandeln, das entweder das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt (st. Rspr; BGHSt 14, 269; Schönke/Schröder/Eser, Strafgesetzbuch, 29. Auflage, § 223 Rz. 3). Das bewusste Zufügen von Schmerzen durch Schläge mit einer Rute erfüllt diese Voraussetzungen (vgl. Schönke/Schröder/Eser, a. a. O., Rz. 4 a). Es stellt einen Sorgerechtsmissbrauch des Erziehungsberechtigten dar.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass nicht jede Form der körperlichen Einwirkung auf das Kind zugleich auch eine in den Schutzbereich des § 1666 BGB fallende Kindesmisshandlung darstellt. Die am Schutz des Kindeswohls vorzunehmende Abgrenzung zur kindeswohlgefährdenden Misshandlung muss aber die Entscheidung des Gesetzgebers im Rahmen der Neufassung des § 1631 Abs. 2 BGB berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat hierdurch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sich der Wegfall jeder Rechtfertigung für elterliche Züchtigungen auf die Beurteilung der Schwere der Gewaltanwendung und ihre Regelmäßigkeit im Rahmen des Gefährdungsbegriffs und der Gefährdungsschwelle des § 1666 BGB auswirken muss. Das strikte Verbot körperlicher Bestrafung hat die Grenzlinie zwischen hinnehmbarer, vereinzelt gebliebener körperlicher Bestrafung und einer Kindeswohlgefährdung herabgesetzt (vgl. Staudinger/Coester, BGB, 2009, § 1666 Rz. 98). Unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Wertung überschreiten die von den Eltern an den Kindern B. und A. vorgenommenen Züchtigungen nach Art und Ausmaß die Schwelle einer hinnehmbaren elterlichen Sorgerechtsausübung. Die nach dem elterlichen Erziehungskonzept des „Disziplinierens“ ständig präsente Gewaltdrohung und das kontrollierte und wiederholte Zufügen von Schmerzen in Form der Züchtigung mit der Rute, stellt einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und in das körperliche und seelische Wohlergehen des Kindes dar.

bb) Kindeswohlgefährdung

Die mit der Züchtigung der Kinder verbundene körperliche und seelische Misshandlung gefährdet das Kindeswohl der Kinder A., B. und G. gegenwärtig, nachhaltig und schwerwiegend, § 1666 Abs. 1 BGB.

Eine Gefährdung des Kindeswohls liegt vor, wenn in Ausübung der elterlichen Sorge körperliche oder seelische Misshandlungen an dem Kind begangen werden, sofern es sich nicht nur um vereinzelt gebliebene Misshandlungen handelt, für die eine Wiederholungsgefahr nicht besteht (BeckOK/Veit, BGB, § 1666 Rz. 14 mN). Der Gesetzgeber hat in den Gründen zur Neufassung des § 1631 Abs. 2 BGB unmissverständlich klargestellt, dass „..körperliche Bestrafungen keine vertretbaren Erziehungsmittel (sind), die der Staat aufgrund des Elternrechts hinzunehmen hätte“ (BT-Drucksache 14/1247, Seite 5). Wiederholte Züchtigungshandlungen durch Schläge auf das Gesäß oder die Hand unter Verwendung einer Rute stellen deshalb unzulässige und schwerwiegende Eingriffe in die körperliche und seelische Integrität des Kindes und des Kindeswohls dar. Dabei ist im konkreten Fall nicht entscheidend, dass bei den Kindern B. und A. äußerliche Verletzungsspuren nicht festgestellt wurden. Die hierzu am Tag der In-Obhutnahme der Kinder am 5.09.2013 durchgeführte amtsärztliche Untersuchung ergab insoweit keine Anzeichen äußerlicher Verletzungen oder Misshandlungen (vgl. hierzu die Stellungnahme der Leiterin des Gesundheitsamtes, Landratsamt Ansbach, Dr. med. Wolf vom 17.9.2014, Bl. 748 d. A.). Für die Annahme einer das Kindeswohl gefährdenden körperlichen Misshandlung kommt es aber nicht darauf an, ob durch die Art und Weise der Gewalthandlung zeitlich länger feststellbare oder gar bleibende körperliche Verletzungsspuren etwa in Form von Rötungen, Striemen, Schwellungen oder Narben hervorgerufen werden können. Ausreichend ist das wiederholte Zufügen nicht unerheblicher körperlicher Schmerzen durch körperliche Bestrafung. Dass die hier von den Eltern an ihren Kindern B. und A. vorgenommenen Züchtigungen durch Schläge mit einer Rute auf das Gesäß oder die Hand bei den Kindern empfindliche Schmerzen verursacht haben, steht für den Senat außer Frage. Auch B. und A. haben im Rahmen ihrer Anhörungen bekundet, dass die Schläge mit der Rute ihnen weh getan hätten und sie deshalb weinen mussten. Darüber hinaus haben die Eltern selbst in der durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 19.09.2014 vorgetragenen Erläuterung des von ihnen praktizierten Konzepts der „Disziplinierung“ das Zufügen von Schmerzen als unmittelbare und auch beabsichtigte Folge der Züchtigung beschrieben.

Diese von den Eltern als Mittel der Erziehung gebilligten und praktizierten Züchtigungen überschreiten als körperliche und seelische Misshandlung die Gefährdungsgrenze des § 1666 BGB. Der Umstand, dass die Kinder nach der Erziehungshaltung der Eltern bei Regelverstößen, die aufgrund des kindlichen Alters auch zukünftig zu erwarten sind, fortgesetzt körperlichen Züchtigungen ausgesetzt sind, begründet aufgrund der damit regelmäßig verbundenen physischen Schmerzen, der empfundenen Demütigung durch den körperlichen Bestrafungsakt und der begründeten Angst der Kinder vor erneuten Schlägen eine gegenwärtige, nachhaltige und schwerwiegende Gefährdung ihres körperlichen und seelischen Wohls im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB.

Diese Auffassung des Senats wird auch durch das familienpsychologische Gutachten des Sachverständigen U. vom 23.12.2013 (Band I, Bl. 167 bis Band II, Bl. 254) gestützt, das dieser im Termin vom 26.03.2015 vor dem Senat mündlich erläutert und ergänzt hat.

Der Sachverständige U. ist in seinem Gutachten auf Grundlage der festgestellten Anknüpf- ungs-, Zusatz- und Befundtatsachen, zu deren Einzelheiten und methodischer Erfassung auf die ausführliche Darstellung im Gutachten vom 23.12.2013 verwiesen wird, in überzeugender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die erzieherische Eignung der Eltern aufgrund ihrer Erziehungsvorstellungen, wonach körperliche Züchtigung von Kindern ab dem Alter von ca. drei Jahren adäquat und sinnvoll sei, als erheblich eingeschränkt zu bewerten sei. Beide Elternteile würden aufgrund ihrer elterlichen Grundüberzeugung kompromisslos und unverrückbar auf diesen Erziehungsfehlvorstellungen beharren, die bei den betroffenen Kindern zu mangelnder Autonomieentwicklung, dem Erlernen von Unterdrücken von Gefühlen, psychischem und physischem Schmerz, demütigenden Situationen und traumatisierenden Erfahrungen führten. Der Sachverständige ist überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass - wie in der Vergangenheit bereits die Kinder B. und A. - auch das Kind G. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alsbald das von den Eltern für sinnvoll, gut und notwendig erachtete Erziehungsmittel körperlicher Gewalt würde erleben müssen. Das Erleben dieser körperlichen Misshandlung gefährde die psychische und physische Entwicklung der Kinder - würden sie in der Obhut ihrer Eltern aufwachsen - nachhaltig. Nach Auffassung des Sachverständigen sind psychische Defizite, depressive Persönlichkeitsanteile und erlernte Hilflosigkeit als lebensgestaltende Grundhaltung prognostisch eintretende Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Dabei verstärkt nach Einschätzung des Sachverständigen die auf die körperliche Züchtigung folgende Zuwendung, die von den Eltern beschrieben wurde, das Ausweglosigkeitsempfinden der übergriffigen Situation und das traumatische Erleben der Kinder eher noch (Gutachten vom 23.12.2013, Seite 82/83; Bl. 248-250).

In seiner Anhörung im Termin vom 26.03.2015 hat der Sachverständige seine Auffassung bekräftigt, dass den Kindern aufgrund des Erziehungsverhaltens der Eltern eine erhebliche Schädigung droht, deren Eintritt er für sehr wahrscheinlich halte. Die Züchtigungen (Schläge) durch die Eltern sieht auch der Sachverständige als unmittelbar kindeswohlgefährdend an. Den Angaben der Kinder B. und A. entnehme er, dass diese von ihren Eltern bereits bei geringeren Anlässen geschlagen worden seien, so etwa schon dann, wenn die Kinder lediglich abgelenkt gewesen seien. Auch die von den Eltern ihm gegenüber benannten Anlässe für Züchtigungen - so etwa, wenn die Kinder laut oder „rebellisch“ gewesen seien, geschimpft oder geschrien hätten - würden bereits aufgrund der Regelmäßigkeit der Züchtigungen schon bei geringen Anlässen eine Einordnung als kindeswohlgefährdend begründen. Aus Kindessicht stelle die Züchtigung mit der Rute eine Demütigung und Grenzverletzung dar. Die negativen Folgen von körperlichen Züchtigungen seien in der Psychologie durch entsprechende Langzeitstudien belegt.

Der Senat sieht keinen Anlass, die Sachkunde des Sachverständigen U. und seine im schriftlichen Gutachten wie auch anlässlich seiner Anhörung jeweils nachvollziehbar und überzeugend begründeten Aussagen und Bewertungen in Zweifel zu ziehen. Diese decken sich vielmehr mit der eigenen Auffassung des Senats und bekräftigen diese.

Die von den Eltern gegen die Verwertung des Gutachtens erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

Soweit die Eltern der Auffassung sind, der Sachverständige U. sei zur Erstellung des vom Familiengericht in Auftrag gegebenen Gutachtens nicht hinreichend qualifiziert, weil er nicht über die erforderliche Approbation nach § 2 PsychTHG verfüge, greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil die Erstellung eines Gutachtens im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens keine Ausübung von Psychotherapie im Sinne von § 1 Abs. 3 PsychTHC darstellt.

Auch die weiteren im Beschwerdevorbringen gegen das Gutachten des Sachverständigen U. erhobenen Einwendungen begründen keine Unverwertbarkeit des Gutachtens.

Der Einwand, das Gutachten sei lediglich auf Grundlage der Erkenntnisse bis Dezember 2013 angefertigt und lasse weitere im Verfahren gewonnene Erkenntnisse im Zeitraum von Januar bis Oktober 2014 unberücksichtigt, steht der Verwertung des Gutachtens nicht entgegen. Das Gutachten berücksichtigt die bis zum Zeitpunkt seiner Erstellung vorhandenen Anknüpfungs- und Zusatztatsachen. Diese hat der Sachverständige auch in seinem Gutachten wiedergegeben. Das Gutachten ist insoweit vollständig und ist daher unter Berücksichtigung dieser vom Sachverständigen zugrunde gelegten Erkenntnislage auch grundsätzlich verwertbar. Wie das Familiengericht sieht auch der Senat insoweit keine Notwendigkeit für eine weitere Begutachtung. Der Senat hat den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens im Termin vom 26.03.2015 mündlich angehört. Es bestand somit ausreichend Gelegenheit, den Sachverständigen zu neuen, für erheblich gehaltenen Anknüpfungstatsachen zu befragen und diese dem Gutachter zur Berücksichtigung im Rahmen seiner bisherigen Ergebnisse vorzuhalten.

Auch die dem Gutachten des Sachverständigen U. entgegengehaltene methodenkritische Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 18.03.2014 begründet keine Unverwertbarkeit des Gutachtens und stellt die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen im Hinblick auf das im Gutachten festgestellte Erziehungsfehlverhalten der Eltern und die hieraus begründete Kindeswohlgefährdung nicht durchgreifend in Frage.

Die von Prof. Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 18.03.2014 geäußerte Kritik an der methodischen Erhebung der Zusatz- und Befundtatsachen im Gutachten des Sachverständigen U., die im Wesentlichen auf eine fehlende multimodale Erhebung der Daten, das Fehlen von Methodeneinsätzen zum kognitiven Entwicklungsstand der Kinder und eine nach Auffassung des Verfassers einseitige theoretische und methodische Perspektive des Sachverständigen verweist (vgl. die Ergebniszusammenfassung in der Stellungnahme vom 18.03.2014, Seite 37, Band III, Bl. 511 d. A.), ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Feststellungen zu wecken. Der Sachverständige U. hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1.10.2014 (Band IV, Bl. 787 d. A.) ausführlich erwidert und die im Rahmen der Begutachtung von ihm verwendeten und zum Zwecke einer Absicherung der Befundergebnisse kombinierten unterschiedlichen diagnostischen Verfahren und deren Auswahl transparent und nachvollziehbar dargestellt und erläutert. Eine zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellungen grundsätzlich untaugliche oder unzureichende Methodenauswahl des Sachverständigen ist nicht zu erkennen. Eine solche wird auch in der methodenkritischen Stellungnahme nicht behauptet. Der Verfasser der Stellungnahme bewertet den methodischen Ansatz des Sachverständigen zur Beantwortung seiner abgeleiteten psychologischen Fragen als im Prinzip nachvollziehbar (Stellungnahme vom 18.03.2014, Seite 7, Band III, Bl. 481 d. A.) und formuliert lediglich mögliche subjektive Vorbehalte hinsichtlich der hieraus gezogenen Folgerungen im Hinblick auf deren Objektivität und Schlüssigkeit. Ein der Verwertung des Gutachtens entgegenstehender wesentlicher methodischer Mangel in der Befunderhebung des Sachverständigen ergibt sich hieraus nicht. Ein Mangel ergibt sich auch nicht aus der vom Sachverständigen U. unterlassenen Testung des kognitiven Entwicklungsstandes der Kinder B. und A. Zwar hält auch der Senat den von Prof. Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 18.03.2014 hervorgehobenen Umstand, dass Intelligenz ein wesentlicher Faktor für die Resilienz (psychologische Widerstandsfähigkeit) eines Menschen sein kann, für grundsätzlich zutreffend. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die Testung der kognitiven Fähigkeiten der Kinder im Rahmen des vorliegenden Gutachtensauftrages zur Frage einer Kindeswohlgefährdung durch elterliches Erziehungsverhalten insoweit nach dem Stand der Wissenschaft zur Erhebung ausreichender Befundtatsachen grundsätzlich erforderlich und zwingend ist. Eine solche Aussage wurde auch von Prof. Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 18.03.2014 und anlässlich seiner Anhörung durch den Senat als Zeuge nicht getroffen. Dem Sachverständigen U. stand insoweit für die Auswahl der von ihm verwendeten Testverfahren ein fachliches Ermessen zu, das der Sachverständige in sachgerechter Weise ausgeübt hat.

Soweit die Kritik von Prof. Dr. H. dahin geht, dass der Sachverständige sein Gutachten ohne ausreichende Alternativhypothesenbetrachtung erstellt hat, ergibt sich nicht, welche Alternativhypothesen der Sachverständige hätte erstellen sollen.

Darüber hinaus gründet das vom Sachverständigen in seinem Gutachten festgestellte Erziehungsverhalten der Eltern und deren fehlende Erziehungseignung im Wesentlichen auf den Angaben der Eltern und der Kinder B. und A. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Bewertung des Senats. Auf die Methodenwahl- und -anwendung des Gutachters zur Festlegung der Bindungsqualität der Eltern kommt es nicht entscheidend an.

Soweit die Eltern die vom Sachverständigen U. im Ergebnis seines Gutachtens angenommene Kindeswohlgefährdung durch elterliche Züchtigung in Zweifel ziehen, greift ihr Vortrag nicht durch.

Die Eltern meinen, es sei unzutreffend, dass maßvolle körperliche Züchtigungen zu psychischen Schäden führten; dafür fehle jeder wissenschaftliche Beweis. Zur Begründung verweisen die Eltern insbesondere auf die Ausführungen bei Kindler, Handbuch Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialdienst, Kapitel 5 b, Fußnote 8. Dort ist ausgeführt:

„Körperliche Bestrafung von Kindern sind in Deutschland nach § 1631 BGB untersagt. Jedoch sind körperliche Strafen, die mit einem geringen Einsatz von Zwang oder Gewalt verbunden sind, kein Verletzungsrisiko bergen und für das Kind erkennbar erzieherischen Zwecken dienen, von körperlichen Kindesmisshandlungen deutlich zu trennen. Nach gegenwärtigem Wissensstand sind solche Bestrafungen im Mittel auch regelhaft nicht mit erheblichen Beeinträchtigungen des Kindeswohls verbunden (Baumrind et al. 2002, Larzelere 2000). Sie sind jedoch ethisch kaum zu rechtfertigen, da körperliche Bestrafungen als Form der Disziplinierung keine besonderen Vorteile aufzuweisen scheinen und Eltern, die häufig zu diesem Mittel greifen, zumindest statistisch in einer erhöhten Gefahr stehen, ihr Kind in einer eskalierenden Disziplinierungssituation zu misshandeln (für eine Forschungsübersicht s. Gershoff 2002).“

Ferner meinen die Eltern, die wissenschaftliche Erkenntnislage zu den Folgen von Körperstrafen sei uneinheitlich. Aktuelle Untersuchungen hätten bereits statistisch nicht belastbare Ergebnisse gebracht (Afifi, Mota, MacMillan and Sareen (2013): Harsh Physical Punishment in Childhood and Adult Physical Health. Pediatrics, 32, e333; Afifi, Mota, Dasiewicz, MacMillan ad Sareen (2012): Physical Punishment and Mental Disorders: Results From a Nationally Representative US Sample. Pediatrics 2012; 130; 184).

Soweit die Eltern sich dabei maßgeblich auf die methodenkritische Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 18.03.2014 stützen, kann der Senat dem im Ergebnis nicht folgen. Die insoweit erhobenen Einwendungen sind nicht geeignet, die nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen U. in Zweifel zu ziehen.

In der methodenkritischen Stellungnahme vom 18.03.2014 ist hierzu (auszugsweise) ausgeführt (S. 34/35):

Eine Publikation von Afifi, Mota, MacMillan and Sareen (2013). Harsh Physical Punishment in Childhood and Adult Physical Health. (Pediatrics, 32, e333) befasste sich mit physischer Gesundheit bei als stark erinnerter körperlicher Bestrafung auf der Basis einer für die US als repräsentativ ausgegebenen, aber ursprünglich doch umfangreicheren Stichprobe. Die vorausgehende Publikation von Afifi, Mota, Dasiewicz, MacMillan and Sareen (2012). Physical Punishment and Mental Disorders: Results From a Nationally Representative US Sample. Pediatrics 2012; 130; 184, befasste sich mit den diesbezüglichen Folgen für psychische Gesundheit. Auch sie beruht auf erinnerten erheblichen Ausmaßen von „Physical Punishment“. Hinzu kamen vier Beiträge, die die Schlussfolgerungen dieser Studien methodisch diskutierten.

Der Befund der Studie Afifi (2013) war, dass die dort untersuchte Prävalenz von physisch-gesundheitlichen Störungen von 52% (ohne) auf 59% (mit Harsh Punishment), also um 7% gegenüber der „No Physical Punishment“-Gruppe anstieg. Für die frühere Studie (Afifi, 2012) über die Mental Disorders liegen die Steigerungsraten (dortige Tabelle 2) bei 5,3% für Any Mood Disorder, 4,4% Any Anxiety Disorder; 13% Any Alcohol Dependence, 4,2% Any Drug Dependence bei 19.1%, 22,3% 30,2%, 8,7% für die Grundraten bei der „No Physical Punishment“-Gruppe, sowie deutlich geringeren Grundraten bei der „No Physical Punishment“-Gruppe, sowie deutlich geringeren Grundraten und Steigerungsraten bei Personality Disorders. Setzt man die Steigerungsraten zu den Grundraten ins Verhältnis, müsste man sich fragen, ob die Steigerungen überhaupt zufallskritisch zu sichern wären. Die kritischen Diskussionsbeiträge von vier weiteren Beiträgen diskutierten darüber hinaus Drittvariablen-Konfundierungen und andere methodische Probleme. Sie lassen diese geringen Steigerungsraten als unschlüssig für die Wirkungen von dem nur retrospektiv auf einer 5stufigen Skale eingeschätzten „Harsh Physical Punishment“ erscheinen (z. B. Altersspanne der erinnerten Strafanwendung vermutlich subjektiv aus dem Jugendalter nicht aus dem gesamten Altersbereich bis zur Volljährigkeit, körperliche Bestrafung von Jugendlichen sei sicher anders zu bewerten als die von jüngeren Kindern, Retrospektion von 20Jährigen, keine prospektive Studie, Definition von erinnertem „harsh“ durch drei Abstufungen auf einer 5stufigen Ratingskala, selektive Teilstichprobe, Übergeneralisierung, Verwechslung von Assoziation und Verursachung, Verfälschung durch falsch-negative Straf-Angaben von erfolgreich Sozialisierten).

Ferner nimmt die Stellungnahme auf die von Kindler, Handbuch Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialdienst, in Kapitel 5 b, Fußnote 8, bezogenen Studien Bezug. Hierzu wird ausgeführt (Seite 36/37):

„Die von Kindler genannten Literatur-Hinweise betreffen Beiträge im Psychological Bulletin, 128, Jahrgang 2002, die die Diskussion des Corproal Punishemts in den USA entfachten. Zwei Abstracts mögen aufschlussreich sein:

„Baumrind, Larzelere & Cowan (2002) Psychological Bulletin 128, 580-589. Ordinary physical punishment: Is it harmful? Comment on Gershoff (2002): E. T. Gershof (2002) reviewed processes that might mediate and contexts that might moderate the associations between corporal punishment (CP) and child behaviors and provided an account of the methodological weaknesses of the research reviewed in her metaanalyses. In this examination of Gershoff, it is argued that the biases and confounds in the meta-analyses further limit any causal inferences that can be drawn concerning the detrimental „effects“ of CP on associated child behaviors. Undesirable child outcomes are associated with CP because the construct marks inept harsh parenting. Although the harmful effects of physical abuse and other extreme punishments are clear, a blanket injunction against spanking is not justified by the evidence presented by Gershoff.“

„Larzelere & Kuhni (2005). Clinical child an Family Psychology Review 8, 1-37. Comparing child outcomes of physical punishment and alternative disciplinary tactics: A meta-analysis: This meta-analysis investigates differences between the effect sizes of physical punishment and alternative disciplinary tactics for child outcomes in 26 qualifying studies. The results indicates that effect sizes significantly favored conditionals spanking over 10 of 13 alternative disciplinary tactics for reducing child non-compliance or antisocial behavior. Customary physical punishment yielded effect sizes equal to alternative tactics, except for one large study favoring physical punishment. Only overly severe or predominant use of physical punishment compared unfavorably with alternative disciplinary tactics. The discussion highlights the need for better discriminations between effective and counter-productive use of disciplinary punishment in general.“

Im Termin vom 26.03.2015 hat der als Zeuge vernommene Prof. Dr. H. hierzu erläuternd auf seine Aussage vor dem Senat vom 26.03.2015 im Parallelverfahren T., Az.: 9 UF 1492/13, Bezug genommen und dabei auf die von ihm angeführten Langzeitstudien und insbesondere auf die Studie von Afifi verwiesen. Dort - so die Aussage des Zeugen im Parallelverfahren T., Az.: 9 UF 1492/13, - würde durch die schwerste Form der Züchtigung eine Steigerung physisch gesundheitlicher Störungen um 7% von 51% auf 59% beschrieben.

Die Ausführungen des Zeugen Prof. Dr. H. können die Überzeugung des Senats, dass die verfahrensgegenständlichen Züchtigungen negative Auswirkungen für das betroffene Kind zur Folge haben können, nicht erschüttern und keinen Beleg dafür bieten, dass sich Züchtigungen mit Gegenständen für ein betroffenes Kind neutral oder sogar positiv auswirken.

In dem Parallelverfahren S., Az.: 9 UF 1548/14, hat der Zeuge Prof. Dr. H. im dortigen Verhandlungstermin vor dem Senat vom 19.03.2015 [Sitzungsprotokoll, Seite 15 ff.] die im Jahr 2005 erschienene Studie Larzelere und Kuhn, erschienen in der Zeitschrift Clinical Child and Family Psychology Review, Band 8, als die ihm insoweit bedeutendste Erkenntnisquelle erläutert. Dort seien verschiedene Formen der Züchtigung und ihre Auswirkungen untersucht worden. Positive Wirkungen habe das „spanking“ auf der niedrigsten Stufe (zwei Klapse auf den Po) gezeigt. Die nächste Stufe, das „customary spanking“, habe ein neutrales Ergebnis gebracht. Nachteilige Auswirkungen hätten sich bei der dritten („overly severe“) und der vierten Stufe („predominant spanking“) ergeben. Die nachteiligen Auswirkungen bedeuteten höhere Verhaltensauffälligkeiten bei den Betroffenen und schlechtere Erziehungserfolge. Die Wissenschaftler der Larzelere-Gruppe sprächen immer von spanking mit der Hand. Er - der Zeuge - könne nicht sagen, wo das Schlagen mit Gegenständen einzuordnen sei.

Im weiteren Parallelverfahren T., Az. 9 UF 1492/13 [Sitzungsprotokoll vom 26.03.2015, Seite 11/13.], hat der Zeuge hierzu ausgesagt, dass sich nach dem Beitrag von Larzelere und Kuhn (2005) auf Grundlage der von den Verfassern ausgewerteten Studien über „spanking“ für das „Customary spanking with stick“ leicht positive Korrelationen ergeben, die er - der Zeuge - als „null“, aber auch nicht als „negativ“ bewerte. Zugleich hat der Zeuge jedoch auf weitere Frage eingeräumt, dass er nicht wisse, in welchem Umfang das „spanking with stick“ von den Studien überhaupt umfasst gewesen sei. Dies ist in sich widersprüchlich und steht zudem auch in Widerspruch zu den vorstehenden Angaben des Zeugen im Parallelverfahren S., Az.: 9 UF 1548/14. Dort gab der Zeuge gerade an, nicht sagen zu können, wo das Schlagen mit Gegenständen einzuordnen sei.

Unter dem Begriff „spanking“ verstehen die amerikanischen Wissenschaftler das Schlagen auf das Gesäß eines Kindes mit der offenen Hand, also ohne jeden Gegenstand: „Spanking usually refers to slapping a child across the buttocks with a bare hand.“ (Gwen Dewar, Ph. D. 2010-2013). Robert Larzelere und Diana Baumrind führen in „A spanking injunctions scientifically supported?“ (2010) aus:

„... spanking as kind of corporal punishment that is a) physically non-injurious; b) intended to modify behavior; and c) administered with an open hand to the extremities or buttocks.“

Dies bedeutet, dass die Autoren unter „spanking“ das Schlagen von Kindern auf Po oder Extremitäten ohne irgendeine Form von physischer Verletzung und jeweils ausschließlich mit der offenen Hand und mit der Intention der Verhaltensregulierung verstehen. Der Senat geht daher davon aus, dass die vorliegende Form der Züchtigung, nämlich mittels einer Rute, von dem Begriff „spanking“ nicht erfasst wird und dass deshalb Studienergebnisse, die auf der leichtesten Stufe der körperlichen Bestrafung von neutralen oder gar positiven Erziehungsergebnissen sprechen, im vorliegenden Fall keine Bedeutung haben.

Zu den in der methodenkritischen Stellungnahme des Zeugen Prof. Dr. H. in Bezug genommenen wissenschaftlichen Studien zur Thematik von Körperstrafen gegenüber Kindern hat der Sachverständige U. im Termin vom 26.03.2015 ergänzend ausgeführt, dass die von den Eltern angewandte Züchtigung mit der Rute auch nach den Studien von Baumrind und Kuhn der gefährlichsten der hierzu aufgestellten Kategorien zuzurechnen sei. Im Parallelverfahren T., Az.: 9 UF 1492/13, hat der Sachverständige U. ergänzend angegeben, dass in der Studie von Baumrind das Schlagen („spanking) als „Schlagen mit der Hand“ und nicht als „Schlagen mit Gegenständen“ definiert gewesen sei. Die verschiedenen Formen körperlicher Bestrafung wären in 3 Gruppen (Kategorien) klassifiziert: rote, gelbe und grüne Gruppe. Das in der Glaubensgemeinschaft praktizierte Züchtigen mit der Rute entspreche der roten Gruppe. Deren Wirkung seien in der Studie herausgerechnet worden. Deswegen seien diese Studienergebnisse für sein Gutachten nicht relevant gewesen. Ferner verwies der Sachverständige U. auf eine Studie von Schneewind und Engfer aus dem Jahre 1982, die sich speziell mit dem Schlagen mit Gegenständen befasst habe. Danach gelte eine „moderate Vorhersage“ im Sinne einer mittleren Prognose (nicht zwingend, aber auch nicht unwahrscheinlich), dass das Züchtigen mittels eines Stocks zur Ausbildung einer antisozialen Persönlichkeit führe.

Nach all dem sieht der Senat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen Dipl. Psych. U. zu zweifeln, wonach die von den Eltern praktizierte Form der körperlichen Züchtigung mit der Rute die im Gutachten beschriebenen negativen Auswirkungen für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder zur Folge haben können.

Die Aussage des von den Eltern mitgebrachten Zeugen G. führt beim Senat ebenfalls nicht zu Zweifeln am Vorliegen einer gegenwärtigen und schwerwiegenden Gefährdung des Kindeswohls. Seine Ehefrau und er sind mit den Eheleuten P. befreundet und besuchten diese in W. Dabei haben sie die Zwillinge A. und B. kennengelernt, die der Zeuge als fröhliche, kontaktfreudige und glückliche Kinder beschreibt. Auch wenn der Zeuge G. Heilpädagoge ist und für sich in Anspruch nimmt, einschätzen zu können, ob sich ein Kind wohl fühlt oder sich in einer gefährlichen Lage befindet und angab, dass er eine solche bei seinen Besuchen in W. bei den Kindern der Eheleute P. nicht festgestellt habe, ist der Senat aus den dargelegten Gründen davon überzeugt, dass alle drei Kinder aufgrund körperlicher Züchtigung, die ihre Kindseltern für ein geeignetes Erziehungsmittel halten, in ihrem körperlichen und seelischen Kindeswohl schwerwiegend gefährdet sind. Die Eltern gaben selber an, dass die Züchtigungen nicht in der Öffentlichkeit erfolgen. Es überrascht deshalb nicht, dass der Zeuge G. aussagt, dass seine Ehefrau und er von einem solchen Erziehungsstil nichts bemerkt hatten.

3. Verhältnismäßigkeit der sorgerechtsbeschränkenden Maßnahme

Die durch den auch zukünftig zu erwartenden Sorgerechtsmissbrauch der Eltern bedingte Kindeswohlgefährdung rechtfertigt den durch das Familiengericht im angefochtenen Beschluss ausgesprochen Teilentzug des elterlichen Sorgerechts und die damit verbundene Trennung der Kinder von den Eltern. Die Herausnahme der Kinder aus der Obhut der Eltern und Unterbringung in einer Pflegefamilie ist zur Abwendung der Gefahr erforderlich (§ 1666 Abs. 1 BGB). Eine mildere Maßnahme als die Trennung der Kinder von den Eltern kommt nicht in Betracht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist durch diese Maßnahme gewahrt § 1666 a Abs. 1 BGB).

Als Ausprägung und Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes fordert § 1666 a BGB für die Trennung des Kindes von seiner Familie die Prüfung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit dieser Maßnahme. Eine Trennung des Kindes von den Eltern ist danach nur zulässig, wenn nur durch sie einer bestehenden Gefährdung des Kindes begegnet werden kann und mildere Eingriffe das Kind nicht hinreichend schützen würden (BVerfG FamRZ 2002, 1021; Staudinger-Coester, 2009, § 1666a Rz. 9 mN). Das Gericht muss daher feststellen, dass die getroffene Anordnung die Kindeswohlgefährdung abzuwenden vermag und geeignet ist, wobei die negativen Folgen einer Trennung des Kindes von den Eltern und der Fremdunterbringung zu berücksichtigen sind (BVerfG FamRZ 2015, 208; 2014, 1005), ferner, dass andere mildere Maßnahmen, insbesondere die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen nicht ausreichen, und die Trennung im Vergleich zur Schwere der abzuwendenden Gefährdung nicht außer Verhältnis steht (BVerfG FamRZ 2014, 1270).

Das Familiengericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen unter Wahrung der strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. oben Ziff. II. 1) zu Recht bejaht.

Die für die Kinder B., A. und G. aus dem elterlichen Erziehungsverhalten resultierende gegenwärtige Kindeswohlgefährdung ist nicht anders als durch den ausgesprochenen Teilsorgerechtsentzug und die Herausnahme der Kinder aus der Obhut der Eltern abzuwehren. Aufgrund der unveränderten, auf ihrer Glaubensüberzeugung basierenden Haltung der Eltern unter Billigung und Befürwortung der Körperstrafe als Mittel der Erziehung geht der Senat in Einklang mit dem Familiengericht davon aus, dass die Kinder - würden diese in der Obhut der Eltern belassen - auch zukünftig regelmäßig Züchtigungen mit der Rute als Sanktion für kindliches Fehlverhalten oder Regelverstöße erfahren müssten. Die Eltern sind - wie oben ausgeführt - aufgrund ihrer religiösen Anschauung weiter von der Richtigkeit ihres bisherigen Erziehungsverhaltens und insbesondere von der Züchtigung als einem zur notwendigen „Korrektur“ der Kinder erforderlichen und angemessenen Erziehungsmittel überzeugt. Sie haben diese auf biblische Auslegung zurückgeführte und im Rahmen ihrer Glaubensgrundsätze praktizierte Erziehungsmethode zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt oder sich von dieser ernsthaft und in einer Weise distanziert, die die Erwartung einer zukünftig gewaltfreien Erziehung ihrer Kinder ernstlich begründen könnte.

Zur Abwendung der festgestellten Kindeswohlgefährdung ist deshalb die Herausnahme der Kinder aus der elterlichen Obhut und die Entziehung der genannten Teilbereiche des elterlichen Sorgerechts hinsichtlich aller drei Kinder erforderlich.

Die Maßnahme ist auch geeignet, die Gefährdung des Kindeswohls abzuwenden. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Trennung eines Kindes von den Eltern regelmäßig eigenständige Belastungen des Kindes hervorruft, weil das Kind unter der Trennung selbst dann leiden kann, wenn sein Wohl durch die Eltern gefährdet war. Eine Maßnahme kann deshalb nicht ohne weiteres als zur Wahrung des Kindeswohls geeignet gelten, wenn sie ihrerseits nachteilige Folgen für das Kindeswohl haben kann. Solche negativen Folgen einer Trennung des Kindes und von den Eltern und einer Fremdunterbringung sind zu berücksichtigen und müssen durch die Beseitigung der festgestellten Gefahr aufgewogen werden, so dass sich die Situation des Kindes in der Gesamtbetrachtung verbessern würde (BVerfG FamRZ, 2014, 1005).

Der Senat konnte sich im Rahmen seiner persönlichen Anhörung der Kinder B. und A. insoweit ein Bild davon machen, dass die Kinder in guter Verfassung sind und sich in ihrer jetzigen Pflegefamilie, Schwester und Schwager der Kindesmutter, gut eingelebt haben und sich dort wohlfühlen. Beide Kinder haben dies gegenüber den Senat bekundet und gaben hierzu befragt weiter an, dass sie sich zwar stets freuten, ihre Eltern im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Umgänge zu sehen, dass sie aber auch zukünftig weiter bei ihren Pflegeeltern wohnen bleiben wollten. Der Eindruck des Senats deckt sich mit den aktuellen Stellungnahmen des Verfahrensbeistandes im Schriftsatz vom 10.03.2015 (Band VI, Bl. 941 ff. d. A.), des Ergänzungspflegers vom 13.03.2015 (Band VI. Bl. 950 d. A.) und des Jugendamts Landratsamt Ansbach vom 16.03.2015 (Band VI, Bl. 954 f. d A.), die übereinstimmend davon berichten, dass die Kinder B. und A. sich in der Pflegefamilie gut eingefunden hätten und sich dort wohl fühlten. Auch die Eltern haben in ihrer Anhörung im Termin vom 26.03.2015 angegeben, dass zu den Pflegeeltern ein Vertrauensverhältnis bestehe, und dass es ihren Kindern dort den Umständen entsprechend gut gehe. Anhaltspunkte für eine trennungsbedingte Traumatisierung der Kinder liegen danach nicht vor. Die Verfahrensbeiständin, Rechtsanwältin B. hat darüber hinaus berichtet, dass die Zwillingsschwestern sich ihr wie auch den Pflegeeltern und Dritten gegenüber wiederholt dahin geäußert haben, dass sie bei den Pflegeeltern bleiben wollten, bis feststehe, dass sie zukünftig von ihren Eltern nicht mehr geschlagen werden. Der Senat sieht danach insbesondere unter Berücksichtigung der eigenen Willensbekundungen der Kinder B. und A., die mit ihren Eltern emotional eng verbunden sind, keine Anhaltspunkte dafür, dass die mit der Trennung von den Eltern zweifelsohne verbundenen eigenständigen Nachteile und Belastungen der Kinder in ihrer Gewichtung die zum Schutz der Kinder gebotene Abwendung der in der elterlichen Obhut zukünftig zu erwartenden körperlichen Misshandlung überwiegen. Das gilt auch für das Kind G. und den Fall seiner Herausnahme aus der Obhut der Eltern. Die Kinder B. und A. selbst führen die ihnen bei den Eltern widerfahrenen Misshandlungen als wesentlichen Grund dafür an, weiterhin lieber in der Pflegefamilie bleiben als zu ihren Eltern zurückkehren zu wollen, soweit diese sie auch in Zukunft züchtigen.

Ebenso wie das Familiengericht geht auch der Senat davon aus, dass mildere Maßnahmen als die Entziehung der elterlichen Sorge im ausgesprochenen Umfang zur Abwehr der festgestellten Kindeswohlgefahr nicht ausreichen.

Der Senat ist überzeugt, dass die Eltern nicht bereit sind, das Recht ihrer Kinder auf gewaltfreie Erziehung vorbehaltlos und auf Dauer anzuerkennen, und ihr zukünftiges Erziehungsverhalten hieran auszurichten. Die Eltern haben unmittelbar nach Rückgabe des Kindes G. Deutschland verlassen. Sie wollen auch zukünftig an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort in Tschechien eingebunden in die dortige Glaubensgemeinschaft der Zwölf Stämme leben und wären lediglich zum Zwecke einer Familienzusammenführung bereit, sich nochmals vorübergehend auf kurze Dauer (2 Monate) mit den Kindern in Deutschland (Cottbus) aufzuhalten. Schon von daher stehen mildere Maßnahmen zur Abwehr der festgestellten Kindeswohlgefährdung nicht zur Verfügung. Die Eltern lehnen eine dauerhafte Rückkehr nach Deutschland ab. Eine ausreichende behördliche Begleitung der Familien und effektive Kontrolle des zukünftigen Erziehungsverhaltens der Eltern kann bei einem ständigen Aufenthalt der Kinder im Ausland (Tschechien) nicht gewährleistet werden.

Der gebotene Schutz der Kinder vor zukünftigen Misshandlungen durch ihre Eltern kann unter diesen Umständen anders als durch die Trennung und Herausnahme der Kinder aus der Obhut der Eltern und ihre Unterbringung in einer Pflegefamilie nicht erreicht werden. Mildere Eingriffe können die Kinder vor der bestehenden Gefährdung nicht hinreichend schützen. Neben der danach zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Entziehung des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung ist zur Gewährleistung einer am Alter der Kinder und ihrer Bedürfnisse ausgerichteten Betreuung in einer Pflegefamilie auch die Entziehung des Rechts der Regelung der ärztlichen Versorgung, des Rechts zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII und des Rechts zur Regelung der schulischen Belange als begleitende notwendige Schutzmaßnahme geboten.

Zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung ist deshalb die Entziehung der betreffenden Teilbereiche der elterlichen Sorge und die Trennung der Kinder von ihren Eltern erforderlich. Als zugleich mildest mögliche Maßnahme zur Erreichung des gebotenen Schutzes der Kinder stellt sich der hierdurch bedingte Eingriff in die elterliche Sorge unter Abwägung der betroffenen Grundrechte der Beteiligten und auch unter Berücksichtigung der mit der Trennung für die Kinder verbundenen eigenständigen Belastungen als insgesamt verhältnismäßig dar.

§ 1666 BGB dient der Wahrung der Kindergrundrechte wie auch dem Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 GG. Als zentrale Vorschrift des zivilrechtlichen Kinderschutzes und unmittelbare Umsetzung des staatlichen Wächteramts (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) erlaubt § 1666 BGB daher gerichtliche Eingriffe in die elterliche Sorge, wenn das Kindeswohl gefährdet ist und die Eltern in ihrer gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG vorrangigen Schutzfunktion ausfallen (Staudinger-Coester, 2009, § 1666 Rz. 3).

Wie hierzu bereits ausgeführt (Ziff. II b aa), ist durch den in § 1631 Abs. 2 BGB normierten Anspruch des Kindes auf gewaltfreie Erziehung das in Art 6 Abs. 2 und 3 GG grundrechtlich verbürgte Elternrecht hinsichtlich unerlaubter Erziehungsmittel eingeschränkt. Der Gesetzgeber hat hierzu in den Gründen zur Neuregelung des § 1631 BGB ausdrücklich klargestellt:

„Der Schutz der Menschenwürde (Artikel 1 Abs. 1 GG) und das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gelten auch für Kinder. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht (Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft (Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 GG). Vom Elternrecht wird auch die Auswahl der Erziehungsziele und Erziehungsmittel umfasst. Solange sich diese im Rahmen des Vertretbaren halten, hat der Staat den elterlichen Erziehungsstil hinzunehmen. Wo aber das Wohl des Kindes gefährdet ist, kommt das Wächteramt des Staates zum Tragen.“ (BT-Drucksache 14/1247, Seite 5).

Die von den Eltern an ihren Kindern in der Vergangenheit vorgenommenen bzw. zu erwartenden Züchtigungen mit der Rute sind als unzulässige körperliche Bestrafungen und zugleich als Erziehungsmittel, die das körperliche und seelische Wohl der Kinder unmittelbar beeinträchtigen und das Kindeswohl nachhaltig gefährden, auch unter Berücksichtigung des grundrechtlich verbürgten Elternrechts (Art. 6 Abs. 2 und 3 GG) nicht hinzunehmen. Die Glaubensfreiheit der Eltern und das Recht auf freie Religionsausübung (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) finden in den zu schützenden Kinderrechten auf Achtung ihrer Menschenwürde (Art. 1 GG) und ihres Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ihre Grenzen und treten hinter diese zurück.

III.

Die Anordnung der Herausgabe des Kindes G. an den Ergänzungspfleger beruht auf § 1666 BGB. Der Beschluss des Senats vom 15.12.2014 über die vorläufige Aussetzung der Vollziehung der Herausgabeanordnung entfällt durch die Entscheidung über die Beschwerde.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

V.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 40, 45 Abs. 1, Abs. 3 FamFG. Aufgrund des Umfangs des Verfahrens und der besonderen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage entspricht die Erhöhung des Regelwertes von 3.000,00 € auf 6.000,00 € der Billigkeit.

VI.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 Nr. 1, 2 FamFG nicht vorliegen. Die Entscheidung ist deshalb nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar.

S., JHSekr’in, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle