Elternunterhalt: Eine selbstgenutzte Immobilie ist nicht zu berücksichtigen

bei uns veröffentlicht am02.10.2013

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
zu den Voraussetzungen der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen
Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Das ergebe sich nach Ansicht der Richter daraus, dass sonstiges Vermögen in einer Höhe von fünf Prozent des Jahresbruttoeinkommens vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt werden müsse. Dürfe der Schuldner des Anspruchs auf Elternunterhalt aber schon die zur eigenen Alterssicherung notwendigen Beträge zusätzlich zurücklegen, dann müssten auch die damit geschaffenen Vermögenswerte als Alterssicherung vor dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers geschützt werden. Nur so könne der Zweck der Alterssicherung erreichen werden (BGH, XII ZB 269/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

BGH Beschluss vom 07.08.2013 (Az.: XII ZB 269/12):

Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt.

Sonstiges Vermögen in einer Höhe, wie sich aus der Anlage von 5 % des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt zu werden.

Zum so genannten Notgroschen, der einem Unterhaltspflichtigen gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zusätzlich zusteht.


Gründe:

Der Antragsteller macht aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt für die Zeit von Juli 2008 bis Februar 2011 geltend.

Die 1926 geborene, verwitwete Mutter des Antragsgegners lebt in einem Altenpflegeheim. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts aus ihren Einkünften und den Leistungen der Pflegeversicherung nicht vollständig aufbringen konnte, gewährte ihr der Antragsteller Sozialhilfe. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 15. Juli 2008 verständigte er den Antragsgegner hiervon.

Der Antragsgegner ist als Elektriker tätig und erzielte 2008 ein Jahresbruttoeinkommen von 27.497,92 €. Ihm entstanden Kosten für die Fahrt mit dem Pkw zur Arbeitsstelle; darüber hinaus hatte er Versicherungsbeiträge zu zahlen. Er bewohnt eine 1996 zu Alleineigentum erworbene Eigentumswohnung.

Da das Einkommen des Antragsgegners nach Auffassung des Antragstellers auch unter Berücksichtigung eines Wohnvorteils unterhalb des Selbstbehalts lag, forderte er Unterhaltsleistungen aus dem Vermögen des Antragsgegners. Dieses bestand neben der Eigentumswohnung zum einen aus einem Sparguthaben, das sich zum 30. November 2009 auf 6.412,39 € belief, sowie aus drei Lebensversicherungen mit einem Gesamtwert von 62.822,33 €. Außerdem ist der Antragsgegner gemeinsam mit seiner Schwester Miteigentümer eines Hauses in Italien. Eine der Lebensversicherungen im Wert von 30.140,17 € hat er aufgelöst und mit dem Auszahlungsbetrag Verbindlichkeiten in Italien zurückgeführt.

Der Antragsgegner hat drei Schwestern, von denen zwei in Italien leben. Die dritte Schwester, die bei dem Antragsgegner in Deutschland wohnt, verfügt über Renteneinkünfte, die den Selbstbehalt nicht übersteigen.

Der Antragsteller hat den Antragsgegner auf Zahlung von 17.014,68 € in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. November 2009 Unterhalt in Höhe von 5.497,78 € zu zahlen. Den weitergehenden Antrag hat es abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat es den Antrag insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner in FF 2012, 314 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Antragsgegner sei seiner Mutter zwar dem Grunde nach unterhaltspflichtig, er sei jedoch nicht leistungsfähig. Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen habe er im Jahre 2008 über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.507,54 € verfügt. Davon seien zusätzliche Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 25,46 € sowie die Zahlungen auf die fortbestehenden Lebensversicherungen in Höhe von zusammen 73,08 € monatlich als zusätzliche Altersversorgung abzusetzen. Nach Abzug berufsbedingter Fahrtkosten von 288 € verbleibe ein bereinigtes Einkommen von 1.121 €, das deutlich unter dem Selbstbehalt von 1.500 € liege. Deshalb könne der Unterhalt nicht aus dem Einkommen des Antragsgegners geleistet werden.

Der Antragsgegner verfüge auch nicht über Vermögen, aus dem er zu Unterhaltsleistungen herangezogen werden könne, denn er brauche seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer angemessenen Altersversorgung nicht zu gefährden. Bei Zugrundelegung eines monatlichen Bruttolohns von 2.284,83 €, einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 % und 40 Berufsjahren - der 1956 geborene Antragsgegner sei seit 1971 erwerbstätig - errechne sich ein ihm zustehendes Altersvorsorgevermögen von 104.767,45 €. Wegen der inzwischen rückläufigen Rendite sei eine Verzinsung von 3 % - anstatt einer solchen von 4 % - angemessen. Die Höhe dieses Altersvorsorgevermögens werde von den verfügbaren Vermögenswerten nicht erreicht. Das Sparguthaben und die noch vorhandenen Lebensversicherungen beliefen sich auf insgesamt 39.094,55 €. Mit dem Auszahlungsbetrag der dritten Lebensversicherung in Höhe von 30.140,17 € habe der Antragsgegner Steuern und Abgaben, Strafzahlungen sowie die Kanalanschlussgebühr für das Haus in Italien in Höhe von insgesamt 27.877,15 € gezahlt. Eine weitere Rate von 3.413,72 € sei noch zu erbringen, so dass der Auszahlungsbetrag dann aufgebraucht sei.

Auf dem Grundstück in Italien, das der Antragsgegner nach seinen Angaben vor ca. 30 Jahren zusammen mit seiner Schwester erworben habe, sei ein Haus mit zwei Wohnungen errichtet worden. Hierfür sowie für eine Sanierung des Hauses gebe es keine Baugenehmigung; es bestehe auch kein Nachweis der Bewohnbarkeit. Weitere Kosten würden für die Bildung von Sondereigentum als Voraussetzung einer Veräußerbarkeit des Anteils des Antragsgegners entstehen. Aber selbst wenn dieser Anteil entsprechend dem vom Antragsgegner vorgerichtlich genannten Verkehrswert von 60.000 € bewertet werde, ergebe sich ein Vermögenswert, der mit 99.094,55 € das dem Antragsgegner zustehende Altersvorsorgevermögen nicht erreiche. Bei Abzug von 10.000 € für den allgemeinen Freibetrag und von 5.000 € als Rückstellung für Verbindlichkeiten in Italien, die der Antragsteller nicht in Frage gestellt habe, errechne sich ein Altersvorsorgevermögen in Höhe von 84.094,55 €.

Die Eigentumswohnung, deren Verkehrswert der Antragsteller mit 115.000 € veranschlagt habe, sei auf das errechnete Altersvorsorgevermögen nicht anzurechnen. Die Einkünfte des Antragsgegners stellten seinen Selbstbehalt nur zusammen mit dem Wohnvorteil der Eigentumswohnung sicher, den der Antragsteller mit 339,02 € monatlich (365 € abzüglich 25,98 € verbrauchsunabhängige Kosten) beziffert habe. Dies gelte auch im Rentenalter. Der Antragsgegner könne bei Fortzahlung der in den letzten fünf Jahren durchschnittlich geleisteten Rentenbeiträge bei Erreichen der Regelaltersgrenze im Jahr 2021 mit einer Rente von 1.320,90 € (ohne Rentenanpassungen) rechnen. Der Selbstbehalt sei deshalb nur gedeckt, wenn der Wohnvorteil fortbestehe. Die Eigentumswohnung, die nach den Verhältnissen des Antragsgegners angemessen sei, müsse deshalb über eine Berücksichtigung des Wohnvorteils hinaus nicht für die Leistung von Elternunterhalt eingesetzt werden. Bei dieser Sachlage könne dahinstehen, ob der Antragsgegner eine weitere Rückstellung von 20.000 € für die Ersatzbeschaffung eines Fahrzeugs beanspruchen könne.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die Mutter des Antragsgegners grundsätzlich unterhaltsberechtigt ist. Die Unterhaltspflicht des Antragsgegners für sie steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht im Streit. Die Mutter hat zwar vier Kinder, die an sich anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen für ihren Unterhalt haften (§ 1606 Abs. 3 BGB). Die in Deutschland lebende Tochter ist jedoch unstreitig nicht leistungsfähig. Die beiden anderen Töchter leben in Italien. Ihnen gegenüber ist die Rechtsverfolgung in Deutschland ausgeschlossen, so dass insoweit die Ersatzhaftung des Antragsgegners nach § 1607 Abs. 2 BGB eintritt. Denn zur Rechtsverfolgung gehört nicht nur die Geltendmachung des Anspruchs in einem gerichtlichen Verfahren, sondern auch seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung. Dass die in Italien lebenden Töchter in Deutschland über Einkommen oder Vermögen verfügen, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung rügt auch nicht, dass insoweit Sachvortrag übergangen worden wäre. Unter solchen Umständen ist das Vollstreckungsverfahren im Inland aber aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen.

Der Bedarf der Mutter wird durch ihre Unterbringung in einem Pflegeheim bestimmt und entspricht grundsätzlich den dort anfallenden, nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Kosten, soweit diese notwendig sind.

Neben den Heimkosten umfasst die der Mutter gewährte Hilfe einen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Auch insoweit ist unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen. Ein in einem Heim lebender Unterhaltsberechtigter ist darauf angewiesen, für seine persönlichen, von den Leistungen der Einrichtung nicht erfassten Bedürfnisse über bare Mittel verfügen zu können, weil er andernfalls nicht in der Lage wäre, diese Bedürfnisse zu finanzieren.

Die Annahme des Beschwerdegerichts, der Antragsgegner sei aus seinem Einkommen zur Zahlung von Elternunterhalt auch nicht teilweise leistungsfähig gewesen, wird von den getroffenen Feststellungen allerdings nicht getragen.

Danach erzielte der Antragsgegner 2008 ein Jahresbruttoeinkommen von 27.497,92 €. Den Nettobetrag hat das Beschwerdegericht unter Heranziehung der seit dem 1. April 2011 geltenden Steuern und Beitragssätze ermittelt. Richtigerweise hätte das Einkommen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 indessen unter Berücksichtigung der in den betreffenden Jahren jeweils maßgeblichen Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge errechnet werden müssen, um die Leistungsfähigkeit in dem jeweiligen Jahr festzustellen. Die weiteren Abzüge für zusätzliche Krankenversicherungen, berufsbedingte Aufwendungen in Form von Fahrtkosten mit dem Pkw zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Beitragszahlungen auf die beiden noch aufrechterhaltenen Lebensversicherungen in Höhe von 54,45 € und 18,63 € begegnen dagegen keinen Bedenken. Es steht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang, dass die Kosten einer zusätzlichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von 5 % des Jahresbruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen als abzugsfähig anerkannt werden können.

Die Vorteile aus der Nutzung der im Alleineigentum des Antragsgegners stehenden Eigentumswohnung hat das Beschwerdegericht nicht in die Ermittlung der Leistungsfähigkeit aus dem Einkommen einbezogen. Diese wird jedoch nicht nur durch die Erwerbseinkünfte des Unterhaltspflichtigen, sondern in gleicher Weise durch Vermögenserträge und sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt, die er aus seinem Vermögen zieht. Dazu können auch die Gebrauchsvorteile eines Eigenheims zählen, denn durch das Bewohnen eines eigenen Hauses oder einer Eigentumswohnung entfällt die Notwendigkeit der Mietzahlung, die in der Regel einen Teil des allgemeinen Lebensbedarfs ausmacht. Soweit bei einer Gegenüberstellung der ersparten Wohnkosten und der zu berücksichtigenden Belastungen der Nutzungswert eines Eigenheims den Aufwand übersteigt, ist die Differenz zwischen den beiden Beträgen dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zuzurechnen.

Der Wohnwert ist bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Miete zu bemessen. Das Beschwerdegericht hat den Wohnwert der aus drei Zimmern bestehenden Eigentumswohnung in anderem Zusammenhang entsprechend dem Vortrag des Antragstellers mit 339,02 € (369 € abzüglich auf einen Mieter nicht umlegbare Kosten von 25,98 €) angesetzt. Das ist für den Antragsteller günstig und entspricht hinsichtlich des in Abzug gebrachten Aufwands auch der Rechtsprechung des Senats.

Wenn das vom Beschwerdegericht mit 1.121 € ermittelte Nettoeinkommen des Antragsgegners trotz der Höhe nach unzutreffender Abzüge zugrunde gelegt und der Wohnvorteil hinzugerechnet wird, ergibt sich ein Einkommen von monatlich rund 1.460 €, das den für die Jahre 2008, 2009 und 2010 maßgeblichen Selbstbehalt von 1.400 € übersteigt. Der vom Beschwerdegericht herangezogene Selbstbehalt von 1.500 € gilt erst ab 1. Januar 2011 und ist deshalb erst für Unterhaltszeiträume ab diesem Datum maßgebend.

Nach dem vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Beschluss des Amtsgerichts hat der Antragsgegner allerdings geltend gemacht, ihm entstünden Aufwendungen in Höhe von 67,20 € monatlich für Besuche seiner Mutter im Heim. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, mindern angemessene Aufwendungen, die dem Unterhaltspflichtigen für solche Besuche entstehen, grundsätzlich seine Leistungsfähigkeit, weil ihr Zweck auf einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung beruht. Feststellungen zu solchen Aufwendungen hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.

Auch die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners aus seinem Vermögen ist nicht in allen Punkten rechtsbedenkenfrei.

Im Ansatz zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass ein Unterhaltspflichtiger nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen muss. Eine allgemeine Billigkeitsgrenze, wie sie § 1577 Abs. 3 BGB und § 1581 Abs. 2 BGB für den nachehelichen Ehegattenunterhalt vorsehen, enthält das Gesetz im Bereich des Verwandtenunterhalts nicht. Deshalb ist auch hinsichtlich des einsetzbaren Vermögens allein auf § 1603 Abs. 1 BGB abzustellen, wonach nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Hierzu außer Stande ist jedoch nicht, wer über verwertbares Vermögen verfügt.

Einschränkungen der Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstamms ergeben sich daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Eine Verwertung des Vermögensstamms kann deshalb nicht verlangt werden, wenn sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung weiterer Unterhaltsansprüche oder anderer berücksichtigungswürdiger Verbindlichkeiten oder zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts benötigt.

Zu dem eigenen Unterhalt sind auch Leistungen für eine angemessene Altersversorgung zu rechnen, die neben der primären Altersversorgung auch solche für eine zusätzliche Altersversorgung umfasst. Ist dem Schuldner des Anspruchs auf Elternunterhalt aber gestattet, die zur eigenen Alterssicherung notwendigen Beträge zusätzlich zurückzulegen, dann müssen auch die so geschaffenen Vermögenswerte als Alterssicherung dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers entzogen bleiben, um den Zweck der Alterssicherung erreichen zu können, soweit sie hierfür tatsächlich erforderlich sind.

Das Beschwerdegericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats ein dem Antragsgegner zustehendes Altersvorsorgevermögen von 104.767,45 € errechnet. Dabei hat es einen monatlichen Bruttolohn von 2.284,83 € (gemäß Lohnabrechnung von Dezember 2008) bei einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 % sowie 40 Berufsjahre zugrunde gelegt. Das ist nicht in jeder Hinsicht rechtsbedenken-frei.

Das Beschwerdegericht hat sich bezüglich der Dauer der Leistungen für eine zusätzliche Altersvorsorge darauf gestützt, dass der 1956 geborene Antragsgegner seit 1971 erwerbstätig ist und seine Lehre als Elektriker ohne eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit in einem Abendkurs absolviert hat. Daraus ergeben sich die berücksichtigten 40 Berufsjahre allerdings erst im Jahr 2011, obwohl die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners schon ab 2008 zu beurteilen ist. Insofern hätten sich für 2008 bis 2010 geringere Beträge errechnet.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es jedoch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht bereits auf den Beginn der Erwerbstätigkeit und nicht erst auf das Jahr 2001 abgestellt hat, in dem der Gesetzgeber sich entschlossen hat, die private Altersversorgung staatlich zu fördern. Entscheidend für die Zubilligung einer zusätzlichen Altersversorgung ist die Erkenntnis, dass die primäre Altersversorgung in Zukunft nicht mehr für eine angemessene Altersversicherung ausreichen wird, weil das Rentenniveau gesunken ist. Dies bezieht sich aber nicht nur auf die Zeit ab 2001, sondern auf die insgesamt erwirtschafteten Rentenanwartschaften. Deshalb ist einem Unterhaltsschuldner auch für die gesamte Zeit des Erwerbslebens die Möglichkeit zuzubilligen, eine zusätzliche Altersversorgung aufzubauen.

Andererseits hat das Beschwerdegericht im Hinblick auf gesunkene Renditen auf dem Kapitalmarkt mit einer jährlichen Kapitalverzinsung von 3 % (anstatt von 4 %) gerechnet. Das ist im Schrifttum zu Recht kritisiert worden. Der Senat hat seiner Berechnung eine Rendite von 4 % zugrunde gelegt. In Bezug auf eine langjährige Rendite von 4 % sind Schwankungen nur eingeschränkt zu berücksichtigen; insbesondere der Renditerückgang hat sich erst in den letzten Jahren vollzogen. In Bezug auf das gesamte, seit 1971 andauernde Berufsleben des Antragsgegners ist es dann aber nicht gerechtfertigt, von einer niedrigeren Durchschnittsverzinsung auszugehen. Bei einem höheren Zinssatz hätte sich wiederum ein höheres Altersvorsorgevermögen errechnet.

Im nächsten Schritt hat das Beschwerdegericht dem Betrag von 104.767,45 € das tatsächlich vorhandene Vermögen gegenübergestellt. Dieses bestand in Form von Kapitalvermögen aus einem Sparguthaben in Höhe von 6.412,39 €, den beiden verbliebenen Lebensversicherungen in Höhe von 27.123,13 € und 5.559,03 €, insgesamt also 39.094,55 €. Die dritte Lebensversicherung, die der Antragsgegner im Jahr 2009 aufgelöst hat, hat es nicht berücksichtigt, weil damit Verbindlichkeiten für die Immobilie in Italien beglichen worden sind.

Insofern wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Berücksichtigung einer Strafzahlung in Höhe von 3.581,90 €. Sie weist darauf hin, dass Strafen und Ordnungsgelder steuerlich nicht abzugsfähig seien, weil das dem Sinn der Strafe widerspreche. Diese Wertung müsse auch für das Unterhaltsrecht gelten. Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.

Die Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen lässt sich nicht grundsätzlich verneinen. Vielmehr ist hierüber aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um eine Kriminalstrafe, sondern um eine Geldbuße, die wegen Nichteinhaltung bauordnungsrechtlicher Bestimmungen hinsichtlich des Hauses in Italien gezahlt worden ist. Das Beschwerdegericht hat das Miteigentum an diesem Haus entsprechend dem vorprozessualen Vortrag des Antragsgegners mit 60.000 € in die Vermögensbilanz eingestellt. Deshalb begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die mit dem Miteigentum in Zusammenhang stehende Zahlung einer Geldbuße vermögensmindernd in Abzug gebracht wird.

Auch soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Berücksichtigung von Steuern und Abgaben wendet, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die betreffenden Aufwendungen waren nicht wegen der behördlich nicht attestierten Bewohnbarkeit des Hauses sinnlos. Da das Miteigentum an dem Haus als Vermögenswert mit 60.000 € berücksichtigt worden ist, wäre eine entsprechend niedrigere Bewertung erforderlich gewesen, wenn hierfür noch Steuern und Abgaben zu entrichten gewesen wären. Abgesehen davon nutzt der Antragsgegner das Haus tatsächlich auch für Ferienaufenthalte. Ob die Steuern und Abgaben schon vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum fällig waren, ist nicht entscheidend, da der Antragsgegner die Beträge in keinem Fall aus seinem laufenden Einkommen hätte aufbringen können.

Unter Berücksichtigung des dem Kapitalvermögen zugeschlagenen Werts des Miteigentums an dem Haus in Italien, den das Beschwerdegericht zugunsten des Antragstellers mit 60.000 € unterstellt hat, ist es zu einem Gesamtvermögen von 99.094,55 € gelangt. Hiervon hat es 10.000 € als "allgemeinen Freibetrag" sowie Rückstellungen für weitere Verbindlichkeiten in Italien in Höhe von 5.000 € in Abzug gebracht, die der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt habe. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten nicht entgegensteht, wenn er (bezogen auf den Zeitraum 1996/1997) noch über ein Vermögen in Höhe von 4.500 DM verfügt, von dessen Verwertung die Gewährung von Sozialhilfe nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG (jetzt: § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) iVm § 1 Abs. 1 Nr. 1 b der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung vom 11. Februar 1988 in der Fassung der Verordnung vom 23. Oktober 1981 nicht abhängig gemacht werden durfte. Dem Unterhaltsberechtigten sei eine gewisse Vermögensreserve als sogenannter Notgroschen für Fälle plötzlich auftretenden (Sonder-)Bedarfs zu belassen. Was die Höhe des sogenannten Notgroschens anbelangt, hat der Senat die Meinung geteilt, nach der regelmäßig zumindest der Schonbetrag nach § 88 Abs. 1 Nr. 1 BSHG in Verbindung mit der Durchführungsverordnung zu belassen ist.

Für den Unterhaltspflichtigen kann im Grundsatz nichts anderes gelten. Auch bei ihm kann sich aus den Wechselfällen des Lebens ein unerwarteter Bedarf ergeben, den er aus seinem laufenden Einkommen nicht zu befriedigen vermag. Hinsichtlich der Höhe eines Notgroschens ist aufseiten des Unterhaltspflichtigen aber grundsätzlich ein großzügigerer Maßstab als beim Unterhaltsberechtigten anzulegen, der fremde Hilfe zur Deckung seines Lebensbedarfs in Anspruch nimmt. Deshalb stellt der sozialhilferechtliche Schonbetrag die untere Grenze dar. Darüber hinaus wird vertreten, für Notfälle seien jedenfalls drei Netto-Monatsgehälter zu reservieren, teilweise wird weitergehend angenommen, ein Schonbetrag von 10.000 € bis 26.000 € sei unabdingbar, auch um dem durch die Pflegeversicherung nur unzulänglich abgesicherten Risiko der Folgen der Pflegebedürftigkeit oder der Gefahr einer langjährigen Erkrankung begegnen zu können. Die Höhe eines Betrages für Notfälle lässt sich nach Auffassung des Senats allerdings nicht pauschal festlegen; vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalls, wie den Einkommensverhältnissen und sonstigen Unterhaltsverpflichtungen, ab, in welchem Umfang hierfür Mittel zu belassen sind. Im vorliegenden Fall, in dem der alleinstehende, kinderlose Antragsgegner über ein Erwerbseinkommen unterhalb des Selbstbehalts verfügt, erscheint jedenfalls der vom Antragsteller eingeräumte Betrag von 10.000 € ausreichend.

Von dem dann verbleibenden Vermögen von 84.094,55 € braucht der Antragsteller nach Auffassung des Beschwerdegerichts keinen Unterhalt zu zahlen, weil dieser Betrag unter dem ihm insofern zustehenden Betrag liege und die Eigentumswohnung für diese Beurteilung außer Betracht zu bleiben habe.

Das begegnet - ausgehend von dem zutreffend errechneten Betrag - keinen rechtlichen Bedenken. Der Senat hat bereits entschieden, dass das Miteigentum an einer kleineren Eigentumswohnung Aufwendungen für die zusätzliche Altersversorgung nicht wegen anderweit bestehender Absicherung als Maßnahme der Vermögensbildung erscheinen lässt. Daraus folgt zwar nicht, dass selbstgenutztes Immobilieneigentum im Rahmen der Vermögensbewertung insgesamt unberücksichtigt zu bleiben hätte. Insofern besteht aber jedenfalls dann keine Verwertungspflicht, wenn es sich um den jeweiligen Verhältnissen angemessenes Wohneigentum handelt. Denn der Unterhaltspflichtige braucht bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinzunehmen. In die Beurteilung ist zwar einzubeziehen, dass der Unterhaltspflichtige im Alter keine Mietkosten zu bestreiten hat und seinen Lebensstandard dann mit geringeren Einkünften aus Einkommen und Vermögen sichern kann. Soweit weiteres Vermögen der zusätzlichen Altersversorgung dienen soll, tritt der Verwendungszweck aber erst mit Beginn des Rentenbezugs ein. Das Altersvorsorgevermögen soll dann zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards genutzt werden. Wenn und soweit es hierfür nicht benötigt wird, steht es für Unterhaltszwecke zur Verfügung.

In welchem Umfang dies der Fall ist, lässt sich mit hinreichender Sicherheit allerdings erst beurteilen, wenn der Unterhaltspflichtige Einkünfte aus seiner Altersversorgung bezieht. Bis zu diesem Zeitpunkt sind sowohl die Entwicklung der Alterseinkünfte als auch der dem Unterhaltspflichtigen dann zuzubilligende Selbstbehalt ungewiss. Deshalb braucht er Vermögen in der Höhe, wie sie sich aus der Anlage der ihm zuzugestehenden zusätzlichen Altersversorgung ergibt, bis dahin nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen.

Diese Ungewissheit besteht auch hier. Nach den getroffenen Feststellungen wird der Antragsgegner bei Erreichen der Regelaltersgrenze im November 2021 mit einer Rente von 1.320,90 € (ohne Rentenanpassungen) rechnen können. Dabei ist jedoch unterstellt, dass die in den letzten fünf Jahren durchschnittlich geleisteten Beiträge weiterhin entrichtet werden. Sollte diese Voraussetzung nicht eintreten, etwa weil der Antragsgegner erwerbsunfähig wird, dürfte seine Rente niedriger ausfallen. Aber selbst nach der vorgelegten Rentenauskunft wird er auf den Wohnvorteil angewiesen sein, um überhaupt den seit dem 1. Januar 2013 maßgeblichen Selbstbehalt von 1.600 € zu erreichen. Deshalb braucht der Antragsgegner ein Altersvorsorgevermögen, das der Anlage von 5 % seines Jahresbruttoeinkommens bezogen auf seine gesamte Erwerbstätigkeit bis zur Inanspruchnahme auf Elternunterhalt entspricht, nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen.

Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners aus seinem Einkommen und zur Höhe des ihm zuzugestehenden Altersvorsorgevermögens bedarf. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

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(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.

(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.

(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.

(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.

(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.

(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.