Gebrauch der Mietsache: Kein Anspruch eines Vermieters auf Demontage eines Briefkastens

bei uns veröffentlicht am09.09.2016
Zusammenfassung des Autors
Ein Vermieter hat keinen Anspruch auf Demontage eines durch den Mieter angebrachten Briefkastens.
Ein Briefkasten gehört zur ordnungsgemäßen Nutzung einer Mietwohnung. Der Vermieter kann den Mieter nicht auf die Nutzung eines anderen Briefkastens (hier: an der Toreinfahrt) verweisen, wenn dieser Briefkasten den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Briefkastens für den Mieter nicht genügt.

Das Amtsgericht Kleve entschied, dass ein Hausbriefkasten so platziert und beschaffen sein muss, dass sein Inhalt vor Witterung und Nässe gut geschützt ist. Sowohl Beschädigungen der Postsendungen als auch Verletzungsgefahren für die Nutzer des Briefkastens müssen ausgeschlossen sein. Dies ist nicht der Fall, wenn zumindest gelegentlich der Briefkasten (hier: in der Toreinfahrt) von Pflanzen stark umwuchert und der Briefkasten nicht überdacht ist.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

Amtsgericht Kleve, Urteil vom 23.10.2015, (AZ.: 35 C 110/15).

Tatbestand:

Die Beklagte mietete durch Mietvertrag vom 01.06.2010 die Wohnung XY. Die Klägerin selbst bewohnt das Vorderhaus und die Beklagte das Hinterhaus. Vormieter der Wohnung der Beklagten war Herr N. Dieser hatte einen Briefkasten am Hofeingang angebracht und hatte den Briefkasten nach seinem Auszug dort belassen. Der Briefkasten war zu Zeiten des Vormieters dazu bestimmt, die für den Vormieter bestimmte Post aufzunehmen. Der Briefkasten hing an der Hofeinfahrt bis zum Frühjahr 2014 und wurde auch von der Beklagten genutzt. Im Frühjahr 2014 demontierten die Beklagte den Briefkasten. Sie brachte den Briefkasten den Nachbarn zur Entsorgung und brachte einen neuen Briefkasten an ihrer Hauseingangstür an. Für den Postdienst hat dies zur Folge, dass zum ausliefern der Post jeweils ein Weg gewählt werden muss, der an der Eingangstür des Vorderhauses der Klägerin vorbeiführt. Im Regelfall kommt der Postdienst mit dem Auto.

Die Klägerin war mit der Änderung zum Briefkasten nicht einverstanden. Sie versuchte zunächst auszuprobieren, ob sie mit dem veränderten Zustand psychisch klar komme. Im Dezember 2014 ließe der Beklagten mitteilen, der Zustand sei für sie mehr und mehr belastend. Weitere Lösungsversuche war nicht erfolgreich. Die Klägerin ließ daraufhin Klage erheben.

Die Klägerin macht geltend, für sie sei der jetzige Zustand unzumutbar. Sie behauptet, sie sei durch das auffahren von Pkws auf das Grundstück aufgeschreckt. Durch die Verlegung des Briefkastens an das Haus der Beklagten selbst sei es für sie zu unzumutbaren Belästigungen gekommen. Sie macht geltend, sie sei - das ist unstreitig - aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Landeskrankenhaus und einer in Ausübung dieses Dienstes erhaltenen Morddrohung und Drohungen im Februar 2012 psychisch sehr destabilisiert. Sie sei deshalb auch in ambulanter psychologischer Behandlung in der Klinik und deshalb zu 50% selbst Patientin. Sie macht geltend, die Belegenheit des Briefkastens am Hofeingang habe das gesamte Mietverhältnis geprägt. Der Beklagten sei zuzumuten, einen Briefkasten an dieser Stelle weiterhin zu benutzen. Sie bezieht sich zur weiteren Dokumentation auf von ihr eingereichte Fotos zum Zustand und zur Belegenheit des Briefkastens an der Hofeinfahrt.

Die Klägerin beantragt,

der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, den Briefkasten an der Toreinfahrt, zuzukleben sowie einen eigenen Briefkasten an der Eingangstüre ihrer Wohnung anzubringen und den angebrachten Briefkasten der Marke Burgwächter in Stahlfarbe zu demontieren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, es sei ihr nicht zumutbar, bei Wind und Wetter, Trockenheit und Nässe, Wärme und Kälte gut 100 m über eine kaum befestigte, mit Schlaglöchern versehene Straße zu laufen, um nachzuschauen, ob Post eingeworfen worden sei bzw. die Post abzuholen. Sie selbst sei - auf das ist unstreitig - zu 90% schwer behindert und leider an Osteoporose mit erheblichen Beschwerden an der Wirbelsäule und den Gelenken. Sie meint, ihr als Mieterin stehe das Recht zu, in unmittelbarer bzw. zumindest angemessener Entfernung zum Haus oder Wohnungseinheit einen Briefkasten zu haben sie meint, ein Briefkasten sei auch vor Feuchtigkeit zu schützen und macht geltend, der Briefkasten an der Hofeinfahrt sei nicht ausreichend gegen Feuchtigkeit geschützt. Das gelte auch im Hinblick auf Pflanzenbewuchs im Umkreis des Briefkastens. Hierzu überreicht sie diverse Fotos und bezieht sich auf diese. Sie macht geltend, bei Installation des Briefkastens im Jahre 2014 an ihrer Haustür habe die Klägerin zunächst keine Einwände erhoben. Zum Zeitpunkt der Installation habe es ihr, der Beklagten, nach einer Krebserkrankung und diagnostizierte Osteoporose sehr schlecht gegangen.

Wegen der Einzelheiten des wechselseitigen Vortrages wird auf die eingereichten Schriftsätze und den Akteninhalt verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet und abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Demontage des durch die Beklagte angebrachten Briefkastens. Ein Briefkasten gehört zur ordnungsgemäßen Nutzung einer Mietwohnung (Landgerichts Berlin Urteil vom 11.05.1990 Az.: 29 S 20/90, Fundstelle: Juris). Die Klägerin kann die Beklagte nicht auf die Nutzung des Briefkastens an der Toreinfahrt verweisen. Dieser Briefkasten genügt den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Briefkastens für den Mieter nicht. Der Hausbriefkasten muss so platziert und beschaffen sein, dass sein Inhalt vor Witterung und Nässe gut geschützt ist. Sowohl Beschädigungen der Postsendungen als auch Verletzungsgefahren für die Nutzer des Briefkastens müssen ausgeschlossen sein. Das kann bei dem Briefkasten an der Toreinfahrt nicht festgestellt werden. Die vorgelegten Fotos lassen erkennen, dass zumindest gelegentlich der Briefkasten von Pflanzen stark umwuchert ist. Der Briefkasten ist nicht überdacht. Bei Nässe besteht die Gefahr, dass der Entleerer und das entnommene Postgut nass werden. Der Briefkasten befindet sich nicht erkennbar der Wohnung der Beklagten zugeordnet, sondern mehr als 50 Meter entfernt. Das bedeutet für den Mieter, dass ein entsprechender Weg zurückzulegen ist. Aus den überreichten Fotos ist erkennbar, dass der Weg nicht beleuchtet und nicht asphaltiert ist. Erkennbar ist ein Schotterweg, auf dem auch Pfützen erkennbar sind. Hier besteht bei Dunkelheit oder schlechter Witterung wie Regen - oder im Winter Glatteis - die Gefahr, dass der Mieter beim Postholen ausrutscht und sich verletzt. Das ist nicht zumutbar und den genügt den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Briefkasten für den Mieter nicht.

Die Klägerin kann die Entfernung des von der Beklagten angebrachten Briefkastens auch nicht unter dem Gesichtspunkt verlangen, dass die Beklagte den genauen Anbringungsort mit ihr nicht zuvor abgesprochen hat. Zwar muss grundsätzlich die Anbringung mit dem Vermieter abgesprochen werden. Wenn aber, wie hier, ein Briefkasten bereits angebracht ist, ohne dass der Vermieter zeitnah hiergegen Einwendungen erhoben hat, widerspräche allein die Berufung auf eine nicht erfolgte Abstimmung vor Anbringung gegen Treu und Glauben.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, ihr sei aus besonderen psychischen Gründen nicht zuzumuten, dass Postbedienstete an ihrem Haus vorbeiführen, um Post direkt zum Briefkasten an der Wohnung der Beklagten zu befördern. Dabei soll nicht verkannt werden, dass für die Klägerin im Hinblick auf die Belegenheit des Anwesens das Vorüberfahren von Postautos mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden ist. Es ist aber nicht erkennbar, dass nur eine Nutzung des Außenbriefkastens an der Toreinfahrt geeignet wäre, diese Ängste bei der Klägerin zu mindern. Es gibt auch andere Möglichkeiten, ihr Anwesen zu sichern, beispielsweise durch eine Alarmanlage oder die zusätzliche Anbringung eines Zaunes oder Torweges. Solche anderweitigen Sicherungsmöglichkeiten waren auch Gegenstand der durchgeführten Güteverhandlung. Da nicht erkennbar ist, dass insoweit alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, reichen bei Abwägung der beiderseitigen Interessen dir vorgebrachten Gründe nicht aus, der Beklagten die Nutzung des Briefkastens an ihrer Wohnungstür zu verbieten. Auch der Verweis darauf, dass der Briefkasten an der Toreinfahrt schon seit Mietbeginn das Mietverhältnis geprägt habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat ausgeführt, sie habe sich zu einem Briefkasten an ihrer Wohnungstür entschlossen, nachdem sich ihre gesundheitliche Situation verschlechtert habe. Insoweit hat sie nicht willkürlich gehandelt, sondern aufgrund eines berechtigten Anlasses. Der von ihr angebrachte Briefkasten ist auch nicht unästhetisch, sondern entspricht den üblichen Normbestimmungen und fügt sich in das Gesamtbild des Hauses ein. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es auch Paketboten oder sonstige Besucher gibt, die denselben Weg wie der Postbote nehmen müssen, um zu der Beklagten zu gelangen. Auch solche Besucher können die Aufmerksamkeit der Klägerin auf sich ziehen. Hier sind besondere Belastungen durch die Post im Verhältnis zu anderen Besuchern nicht erkennbar.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlässt, den Briefkasten an der Toreinfahrt zuzukleben. Der Briefkasten ist der Wohnung der Mieterin zugeordnet. Wenn diese sich entschließt, statt dieses Briefkastens den an ihrer Haustür angebrachten Briefkasten zu nutzen, ist es von ihrem Nutzungsrecht zum Torbriefkasten umfasst, dessen Nutzung durch Zukleben zu unterbinden.

Die Klage ist deshalb insgesamt unbegründet und abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Die Ausführungen der Parteien in den nachgereichten Schriftsätzen geben keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

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Amtsgericht Kleve Urteil, 23. Okt. 2015 - 35 C 110/15

bei uns veröffentlicht am 23.10.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrage

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 120 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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