Kindesunterhalt: Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekte sind kein Sonderbedarf

bei uns veröffentlicht am25.02.2011

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für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Ein Minderjähriger hat keinen Anspruch gegenüber seinem barunterhaltspflichtigen Vater auf die hälftige Zahlung von Sonderbedarf aus Klassenfahrten-OLG Hamm, II-2 WF 285/10
Ein Minderjähriger hat keinen Anspruch gegenüber seinem barunterhaltspflichtigen Vater auf die hälftige Zahlung von Sonderbedarf aus Klassenfahrten.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Prozesskostenhilfeverfahren deutlich und wies den Antrag des Schülers auf Prozesskostenhilfe ab. Seine geplante Klage auf Zahlung von Sonderbedarf habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekte keinen Sonderbedarf darstellen würden. Derartige Veranstaltungen würden nicht überraschend auftreten. Sie seien vielmehr - auch im Kostenvolumen - rechtzeitig planbar. Zudem fehle auch die unterhaltsrechtliche Notwendigkeit für das Schüleraustauschprojekt. Das Kostenvolumen für die Reise nach China sei derart hoch, dass ohnehin nur wenige Schüler das Angebot in Anspruch nehmen könnten (OLG Hamm, II-2 WF 285/10).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

OLG Hamm: Beschluss vom 21.12.2010 - II-2 WF 285/10, 2 WF 285/10

Sonderbedarf nach § 1616 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist Teil des Lebensbedarfs im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB und dient nicht der Finanzierung unnötiger Aufwendungen. Kosten in Höhe von 1.400 € für die Teilnahme an einer schulischerseits veranstalteten, zweiwöchigen Reise nach China, bestehend aus einem einwöchigen Austauschprogramm zwischen deutschen und chinesischen Schülern und einer einwöchigen touristischen Rundreise, können daher nicht als Sonderbedarf geltend gemacht werden.

Kosten für Klassenfahrten und Austauschprogramme mit ausländischen Schulen sind regelmäßig vorhersehbar, so dass eine Geltendmachung als Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausscheidet. Auf die Frage der außergewöhnlichen Höhe des Bedarfs kommt es nicht an.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Marl vom 10.11.2010 wird zurückgewiesen.


Gründe

Der minderjährige Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner, seinen Vater, u. a. auf Zahlung eines Betrages von 1.052,50 € als Sonderbedarf in Anspruch zu nehmen und sucht hierfür mit seinem im Mai 2010 bei Gericht eingegangenen Antrag um Verfahrenskostenhilfe nach. Insoweit handelt es sich um die Hälfte der Kosten, die für Klassenfahrten nach Österreich und zum Biggesee sowie für Schüleraustauschprojekte in England und in China entstanden und von der Kindesmutter, die Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge ist, getragen worden sind.

Das Amtsgericht hat (auch) insoweit den Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Bezüglich der Fahrt nach Österreich, die vom 29.1.bis zum 6.2.2009 stattfand, sei die Jahresfrist des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstrichen. Hinsichtlich der Fahrt nach China sei eine Notwendigkeit nicht vorgetragen. Hinsichtlich der Klassenfahrt zum Biggesee und des Englandaustausches handele es sich nicht um Sonderbedarf.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, bei den Kosten für Klassenfahrten handele es sich um Sonderbedarf, und zwar auch dann, wenn, wie hier, Unterhalt nach der fünften Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezahlt werde.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da der beabsichtigten Rechtverfolgung die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt, §§ 113 Abs. 1 S. 1 FamFG, 114 S. 1 ZPO.

Hinsichtlich der hälftigen Kosten der Skifreizeit in Österreich im Januar/Februar 2009 in Höhe von 187,50 € sowie der hälftigen Kosten für den China-Austausch in Höhe von 700 € ist die sofortige Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, nicht begründet. Der Antragsteller hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit diesem Teil des angefochtenen Beschlusses nicht auseinandergesetzt.

Ergänzend weist der Senat hinsichtlich der Kosten für die China-Reise darauf hin, dass Sonderbedarf Teil des Lebensbedarfs im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB ist und nicht der Finanzierung unnötiger Aufwendungen dient. Es muss sich um die Deckung notwendiger Lebensbedürfnisse handeln, wobei auf die Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung der konkreten Lebensumstände abzustellen ist. Dass diese Voraussetzungen hier zu bejahen wären, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Denn der erstmalig von der Schule angebotene Austausch mit China stellte, wie sich nicht zuletzt aus dem Schreiben der Schule vom 3.5.2010 ergibt, ein zusätzliches Angebot zu den bestehenden Schüleraustauschprojekten, etwa mit England, dar. Dieses Angebot ging deutlich über eine übliche Schulveranstaltung hinaus, was sich sowohl aus dem Angebotsinhalt (eine Woche Austausch, eine Woche touristische Rundreise) als auch aus dem Preis von 1.400 € ergab, so dass sich das Angebot von vorneherein nur an einen Teil der Schüler richtete und eine Teilnahme nicht als notwendig angesehen werden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Antragsgegners, der als Beamter Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 10 erhält, also nicht über ein außergewöhnlich hohes Einkommen verfügt. Eine Kostenbeteiligung des Antragsgegners wäre daher nur auf einvernehmlichem Weg zu erreichen gewesen.

Hinsichtlich der hälftigen Kosten für den Englandaustausch 2010 in Höhe von 100,- € und für die Fahrt zum Biggesee in Höhe von 65,- € folgt der Senat ebenfalls den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss. Es handelt sich insoweit nicht um Sonderbedarf i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift, nämlich das Vorliegen eines unregelmäßigen hohen Bedarfs, nicht gegeben sind.

Nach den gesetzlichen Voraussetzungen ist Sonderbedarf nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen geschuldet. Es muss sich hierbei um einen Bedarf handeln, der überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftritt. Unregelmäßig i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist dabei nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte.

Hier fehlt es bereits am Merkmal des überraschenden Auftretens. Dies ist weder hinsichtlich des Englandaustausches noch hinsichtlich der Fahrt zum Biggesee der Fall. Der Englandaustausch ist an dem vom Antragsteller besuchten Gymnasium Bestandteil des regelmäßigen Schulprogramms für die jeweilige Klassenstufe. Entsprechendes gilt für die Klassenfahrt, hier zum Biggesee, die, als regelmäßig in der jeweiligen Klassenstufe stattfindend, vorhersehbar und damit nicht überraschend ist. Nach dem diesbezüglichen Schreiben der Schule aus September 2010 findet die Jahrgangsstufenfahrt 10 seit sieben Jahren statt. Der Anspruch auf den geltend gemachten Sonderbedarf scheidet daher - unabhängig von der Frage der außergewöhnlichen Höhe des Bedarfs - bereits deswegen aus, weil die geltend gemachten zusätzlichen Kosten mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren.

Auf die Frage, ob es sich bei den Kosten für den Englandaustausch 2010 in Höhe von insgesamt 200,- € und für die Fahrt zum Biggesee in Höhe von insgesamt 130,- € um einen außergewöhnlich hohen Bedarf i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB handelte, kommt es danach nicht an. Wann dies der Fall ist, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Höhe der laufenden Unterhaltsrente und der sonstigen Einkünfte des Berechtigten, dem Lebenszuschnitt der Beteiligten sowie dem Anlass und dem Umfang der besonderen Aufwendungen. Letztlich richtet sich die Frage, ob ein Bedarf außergewöhnlich hoch ist, danach, ob und inwieweit dem Berechtigten, wenn der Verpflichtete an sich leistungsfähig ist, bei einer Gesamtbetrachtung zugemutet werden kann, den Bedarf selbst zu bestreiten. Angesichts des nach der fünften Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle gezahlten Unterhalts und der Gesamtkosten von 330,- € neigt der Senat dazu, es für zumutbar zu halten, aus den laufenden Unterhaltszahlungen monatliche Rücklagen in Höhe von jeweils 27,50 € zu bilden.

Schließlich können die Kosten für die Fahrten hier auch nicht als Mehrbedarf geltend gemacht werden. Hinsichtlich der Skifreizeit Österreich und des Austausches England scheitert dies bereits an der rechtzeitigen Geltendmachung (vgl. § 1613 Abs. 1 S.1 BGB). Die Kosten von 130,- € für die Klassenfahrt Biggesee sind so gering, dass das Übliche nicht um ein Maß überschritten ist, dass eine Erfassung mit den Regelsätzen, hier nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle, nicht möglich wäre.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.


Gesetze

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7 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 113 Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung


(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Ziv

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1610 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1613 Unterhalt für die Vergangenheit


(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1616 Geburtsname bei Eltern mit Ehenamen


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(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.