Sorgerecht: Anmeldung zur Klassenfahrt bindet üblicherweise beide Elternteile

bei uns veröffentlicht am03.10.2013

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Meldet die Mutter ihr Kind verbindlich zu einer Klassenfahrt an, bindet dies auch den sorgeberechtigten Vater.
Diese Klarstellung traf das Verwaltungsgericht (VG) Minden im Fall einer Tochter, die von ihrer Mutter verbindlich zu einer Klassenfahrt angemeldet wurde. Wegen Unstimmigkeiten über eine Notenvergabe teilte der Vater später mit, dass er die Zusage zur Klassenfahrt bis zu einer Klärung über die Note zurücknehme. Da eine Einigung über die Note nicht erzielt werden konnte, nahm die Tochter an der Klassenfahrt nicht teil. Im vorliegenden Verfahren klagt die Schule die Kosten der Klassenfahrt beim Vater ein.

Das VG entschied, dass der Vater die Kosten tragen müsse. Durch die verbindliche Anmeldung zu einer Klassenfahrt in Kenntnis der zu erwartenden Kosten werde ein einseitiger öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen. Hierdurch entstehe die Pflicht zur Übernahme der Kosten, auch wenn das Kind z.B. wegen einer Krankheit nicht an der Fahrt teilnehme. Der Vater könne sich auch nicht darauf berufen, dass er mit der Fahrt nicht einverstanden gewesen sei. Liege das Personensorgerecht für das Kind bei beiden Eltern, reiche die Anmeldung durch einen Elternteil aus. Bei einer Gesamtvertretung sei nicht erforderlich, dass die Eltern gemeinsam und gleichzeitig tätig werden. Möglich seien auch getrennte und nacheinander folgende Erklärungen, sowie ein Handeln nur eines Elternteils mit Zustimmung des anderen Elternteils. Insbesondere für den schulischen Alltagsbereich entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einer von zwei Elternteilen in Vertretung für den anderen handele. Dabei sei davon auszugehen, dass er befugt ist, für den anderen Elternteil rechtserhebliche Erklärungen abzugeben. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn der Schule konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Eltern getrennt leben, geschieden seien oder das Sorgerecht im Einzelfall nicht einverständlich ausüben. Das sei vorliegend nicht der Fall. Daher müsse der Vater die Kosten hier übernehmen (VG Minden, 8 K 2772/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

VG Minden Urteil vom 17.05.2013 (Az.: 8 K 2772/12):

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


Tatbestand:

Die minderjährige Tochter B. des Beklagten besucht die Städtische Gesamtschule C. in Trägerschaft der Klägerin. Der Beklagte übt gemeinsam mit seiner Ehefrau das Personensorgerecht aus. Am 29. Juni 2011 unterzeichnete Annikas Mutter eine von der Schule vorformulierte Einverständniserklärung, dass B. an der Klassenfahrt vom 12. bis zum 16. September 2011 in ein Freizeitzentrum in den Niederlanden teilnimmt. Weiter heißt es in dem Vordruck:“ Meine/Unsere Zusage zur Klassenfahrt ist verbindlich ... Datum und Unterschrift der/des Erziehungsberechtigten“. Unter dem 19. Juli 2011 wandte sich der Beklagte sodann mit folgendem Schreiben an die Schule:

„Unser Telefonat vom 30.05.2011

Sehr geehrte Frau S.,

in dem oben genannten Telefonat bat ich Sie, um einen persönlichen Gesprächstermin, um folgende Punkte mit Ihnen besprechen zu können.

Punkt 1: Ihre unvollständige Stellungnahme im Widerspruchsverfahren zur Chemienote meiner Tochter. Obwohl der Punkt, nicht erfolgte Vorankündigung der abweichenden Notengebung im Fach Chemie, in diesem Widerspruchsverfahren sehr wesentlich ist, sind Sie in Ihrer Stellungnahme vom 18.03.11 auf diesen Punkt nicht eingegangen. Ihre ergänzende Mitteilung vom 01.06.11 macht aber deutlich, dass auch Sie Vorankündigungen dieser Art für notwendig erachten. Dass Sie, nach Ihrer ersten Stellungnahme, noch ein zweites Mal mit der Fachlehrerin darüber sprechen mussten, verstehe ich nur so, dass Sie diese Problematik beim ersten Mal ausklammerten. Unabhängig davon, ist Ihre Beweisführung einseitig und berücksichtigt nicht die Aussagen der Kinder, die zu keinem Zeitpunkt zur Klärung von Ihnen befragt wurden. Bevor ich diesen Vorgang zur weiteren Entscheidung zunächst an die Bezirksregierung in Detmold weiterleite, bitte ich Sie, Ihre Entscheidung nochmals wohlwollend zu überdenken.

Punkt 2: Die Unterlassung von Datenschutzmaßnahmen. Weiterhin bat ich Sie, in unserem Telefonat, mir den Namen und die Adresse des veranstaltenden Institutes mitzuteilen, das persönliche Daten, wie unter anderem die Namen und Unterschriften der Kinder, einforderte. Ich bat Sie darum, einen Einblick in diese Unterlagen zu bekommen, um vor Missbrauch geschützt zu sein. Ich bitte Sie, auch hier nochmals um Ihre Unterstützung und Gesprächsbereitschaft.

Punkt 3: Die diskriminierenden Äußerungen einer Lehrerin. Zuletzt setzte ich Sie in dem Telefonat darüber in Kenntnis, dass eine Lehrerin gegenüber meiner Tochter abwertende Äußerungen über ihren Vater machte. Außerdem verbot sie ihr, ihren Eltern über bestimmte Vorgänge in der Schule zu erzählen. Auch hier bat ich Sie, um ein klärendes Gespräch, das bis heute nicht geführt werden konnte. Da die Notenvergabe dieser Lehrerin mir nicht transparent genug erscheint, worüber ich in den letzten Tagen bereits informierte, werde ich voraussichtlich auch der bevorstehenden Zeugnisnote im Fach Deutsch widersprechen. Die Zusage zur Klassenfahrt nehme ich bis zur Klärung zurück.“

Unter dem 28. Juli 2012 teilte die Schulleiterin dem Beklagten daraufhin schriftlich mit, dass es keine Verbindung eines Notenwiderspruchs mit der Teilnahme an einer Klassenfahrt gebe. Ihr liege das schriftlich erklärte verbindliche Einverständnis zur Teilnahme der Tochter vor; allerdings sei kein Zahlungseingang bis Fristablauf erfolgt. Der Beklagte wurde aufgefordert, die Zahlung zu leisten und seine Tochter mit zur Klassenfahrt zu schicken. Sollte seine Tochter nicht teilnehmen, müsse der Beklagte aufgrund der Einverständniserklärung die Ausfallkosten tragen. Am 8. September 2011 erhielt die Klassenlehrerin eine schriftliche Mitteilung, wonach die fehlende Bereitschaft an einem klärenden Gespräch die Teilnahme an der Klassenfahrt unmöglich mache. Die Lehrerin wurde um Mitteilung gebeten, in welche Klasse B. ab Montag gehen dürfe. Die Schulleiterin wies erneut darauf hin, dass es keine Beziehung zwischen dem Notenwiderspruch und der Klassenfahrt gebe und dass die Prüfung des Sachverhalts bezüglich der Deutschnote nicht abschließend bis zur Klassenfahrt vorgenommen werden könne. Mit Schreiben vom 13. September 2011 wies die Schulleiterin den Vorwurf des Beklagten zurück, „dass angebliche diskriminierende Äußerungen einen negativen Einfluss auf die Zensierung verursacht haben sollen ... Stattdessen wiederholen Sie Ihre Behauptungen unentwegt weiter und nutzen jetzt die Situation als Begründung dafür, B. nicht mit zur Klassenfahrt zu schicken (die Ausfallkosten müssen Sie natürlich dennoch tragen ...)“. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 machte die Schule gegenüber dem Beklagten Kosten in Höhe von insgesamt 118,40 € (Stornogebühr, Reisrücktrittsversicherung und anteilige Buskosten) geltend.

Am 13. September 2012 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter Bezugnahme auf den vorhergehenden Schriftwechsel der Schule mit dem Beklagten vorträgt, der Beklagte sei als Erziehungsberechtigter passivlegitimiert. Sein Vorbringen, er sei mit der Teilnahme seiner Tochter nicht einverstanden gewesen, sei durch sein Schreiben vom 19. Juli 2011 widerlegt. Er habe sich selbst durch die Anmeldungserklärung als gebunden gesehen. Bei lebensnaher Betrachtung sei die Anmeldung durch die Mutter auch stellvertretend für den Beklagten erfolgt.

Die Klägerin beantragt,den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 118,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, ihm gegenüber bestehe kein vertraglicher Zahlungsanspruch, da die Anmeldung nicht von beiden Elternteilen unterschrieben worden sei. Die Klage sei weder an beide Elternteile, noch an den eigentlichen Unterzeichner der Anmeldung gerichtet. Mit dem Schreiben vom 19. Juli 2011 habe er u. a. lediglich vorläufig die Nichtteilnahme in Aussicht gestellt, wenn es nicht zu einem zwingend erforderlichen Gesprächstermin mit der Schulleitung komme. Dieser Termin sei trotz Kenntnis, dass seine Tochter dann nicht mitfahren werde, verweigert worden. Mit der sogenannten Zurücknahme der Zustimmung habe er lediglich den Wunsch seiner Frau bekundet, die ursprüngliche Zusage wegen unakzeptabler Verhaltensweisen der damaligen Klassenlehrerin zurückzunehmen. Der Grund für die Nichtteilnahme sei allerdings nicht eine bestimmte Benotung gewesen, sondern ein nicht mehr zu duldendes diskriminierendes Verhalten der damaligen Klassenlehrerin. Die Nichterwähnung dieses Umstands in der Klageschrift beruhe darauf, dass die Schulleitung den wahren Grund nicht nennen wolle, weshalb auch seitens der Schulbehörde keine Sanktion erfolgt sei. Ein Verschulden seiner Person sei nicht zu erkennen. Die Klägerin konstruiere einen Sachverhalt, zu dem seine Ehefrau vernommen werden solle. Abgesehen davon habe sich die Klägerin widerrechtlich des Datenmaterials bemächtigt, das von ihm stamme bzw. an seine Person gerichtet sei und welches für das Verfahren nicht relevant sei. Aus datenschutzrechtlichen Gründen seien diese Schriftstücke aus dem Verfahren zu nehmen. Sie dienten allein dazu, den Beklagten zu denunzieren.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ausgeführt, seine Frau habe die Zustimmung zur Teilnahme an der Klassenfahrt ohne seine Zustimmung getroffen; er sei zu keinem Zeitpunkt mit der Teilnahme seiner Tochter an der Klassenfahrt einverstanden gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten und eines in der Verhandlung gestellten Befangenheitsgesuch gegen den Einzelrichter wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Mit Beschluss vom 29. Mai 2013 hat die Kammer das Befangenheitsgesuch zurückgewiesen.

Mit Beschluss vom 14. März 2013 hatte die Kammer zuvor den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Kammer kann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2013 nach Maßgabe der §§ 54 Abs. 1 VwGO, 47 Abs. 2 ZPO entscheiden, nachdem das Befangenheitsgesuch gegen den Einzelrichter mit Beschluss der Kammer vom 29. Mai 2013 zurückgewiesen worden ist.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.

Die Klägerin ist als Schulträgerin Kostengläubigerin der im Zusammenhang mit der Durchführung von Klassenfahrten entstandenen Aufwendungen. Es handelt sich um die Geltendmachung einer öffentlich-rechtlichen Forderung, da die Klassenfahrt eine sonstige Schulveranstaltung außerhalb des Unterrichts ist, die Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule ist.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten dem Grunde und der Höhe nach den aus dem Tenor ersichtlichen Anspruch auf Zahlung der Kosten, die durch die Nichtteilnahme der Schülerin an der Klassenfahrt entstanden sind. Die Anspruchsvoraussetzungen nach den Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG NRW) liegen vor.

Die Kammer folgt der Auffassung, wonach eine verbindliche Anmeldung zu einer Klassenfahrt in Kenntnis der zu erwartenden Kosten zu einem formgültigen einseitigen öffentlich-rechtlichen Vertrag führt, der auch bei Nichtteilnahme - etwa aus Krankheitsgründen - zur Zahlungspflicht hinsichtlich entstandener notwendiger Kosten führt.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe das Anmeldeformular nicht unterschrieben und sei deshalb - jedenfalls nicht allein - zur Zahlung verpflichtet. Der fehlenden Unterschrift kommt angesichts der Gesamtumstände dieses Einzelfalls kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Der Beklagte ist vielmehr zu Recht zu den Kosten herangezogen worden, weil er sich die Anmeldung seiner Tochter rechtlich zurechnen lassen muss und er darüber hinaus gegenüber der Schule die Nichtteilnahme seines Kindes zu verantworten hat.

Grundsätzlich trifft es zwar zu, dass Eltern das Personensorgerecht für ihre Kinder gemeinsam ausüben. Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes; die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich (§ 1629 Abs. 1 BGB). Neben der Stellvertretung des Kindes im engeren Sinne gilt dieser Grundsatz umfassend auch für alle Handlungen und Erklärungen, welche Eltern in Erfüllung eigener Pflichten aus ihrer Verantwortung für die Erziehung des Kindes heraus vollziehen. Gesamtvertretung bedeutet, dass nur beide Elternteile zusammen befugt sind, für ihr Kind rechtswirksam zu handeln. Kein Elternteil soll einseitig seine Interessen durchsetzen können, wenn der andere Elternteil dies nicht billigt.

Diese Grundsätze gelten auch für den schulischen Bereich. Aus § 123 Abs. 1 Nr. 1 Schulgesetz NRW, wonach die Rechte und Pflichten der Eltern nach diesem Gesetz durch die nach bürgerlichem Recht Personensorgeberechtigten wahrgenommen werden, folgt die Verpflichtung der Schule, im Umgang und Zusammenwirken mit beiden Elternteilen die familienrechtlichen Grundlagen zu beachten. Sollten Meinungsverschiedenheiten dazu führen, dass Eltern keine gemeinsame Position finden, so darf die Schule sich nicht auf eine Seite stellen, sondern muss ggf. eine familienrechtliche Klärung vor dem Familiengericht abwarten.

Diesen Grundsätzen folgend sehen die vom Beklagten für seine Rechtsauffassung herangezogenen sog. Wanderrichtlinien die Einholung einer schriftlichen Erklärung der Eltern vor. Diese verwaltungsinterne Bestimmung verdeutlicht aber lediglich den bereits in § 123 Abs. 1 Nr. 1 Schulgesetz NRW verankerten Grundsatz der gemeinschaftlichen Vertretung des Kindes durch die Eltern. Auf der anderen Seite ist anerkannt, dass eine Gesamtvertretung nicht erfordert, dass die Eltern gemeinsam und gleichzeitig tätig werden müssen. Möglich sind auch getrennte und nacheinander folgende Erklärungen sowie ein Handeln nur eines Elternteils mit Zustimmung des anderen Elternteils.

Insbesondere für den schulischen Alltagsbereich entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einer von zwei Eltern, der in Schulangelegenheiten ihres Kindes in der Schule tätig wird, in Vertretung für den anderen Elternteil handelt und befugt ist, für ihn rechtserhebliche Erklärungen abzugeben, sofern der Schule keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Eltern getrennt leben, geschieden sind oder das Sorgerecht im Einzelfall nicht einverständlich ausüben.

Letztlich ist es der zentrale Auftrag der Schule, den Kindern Bildung und Erziehung zu vermitteln, nicht aber einen der Sache nach nicht angemessenen Aufklärungs- und Verwaltungsaufwand zu betreiben. Schließlich ist zu beachten, dass Willenserklärungen und Handlungen auch im öffentlichen Vertragsrecht nach Maßgabe der allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze verbindlich sind, wenn sich aus Sicht des Empfängers der wirkliche Wille feststellen lässt, ohne am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften.

Ausgehend von diesen Grundsätzen bestand für die Schulleitung als Empfängerin der Anmeldebestätigung nicht der geringste Anlass daran zu zweifeln, dass die Anmeldung zur Klassenfahrt von beiden Elternteilen getragen war. Sie durfte anhand aller erkennbaren Umstände davon ausgehen, dass die Mutter nicht gegen den Willen des Beklagten gehandelt hatte. Dafür spricht zunächst die Vermutung, dass Eltern vor allem das Wohl ihrer Kinder im Blick haben und ihre aus der elterlichen Sorge stammenden Verpflichtungen erfüllen wollen. Die Zuerkennung elterlicher Rechte beruht nämlich darauf, dass sie keine Freiheit im Sinne einer Selbstbestimmung der Eltern, sondern zum Schutze des Kindes gewährt. Sie geht davon aus, dass in aller Regel Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institution. In der Beziehung zum Kind muss das Kindeswohl die oberste Richtschnur der elterlichen Pflege und Erziehung sein. Man hat das Elternrecht daher ein fiduziarisches Recht, ein dienendes Grundrecht, eine im echten Sinne anvertraute treuhänderische Freiheit genannt.

Diese Elternverantwortung erstreckt sich auch darauf, dass das Kind am Schulleben teilnimmt und auch außerhalb des Unterrichts die verbindlichen schulischen Veranstaltungen besucht, wozu in Nordrhein-Westfalen auch mehrtägige Klassenfahrten gehören, sofern nicht in besonderen Fällen eine Teilnahme unzumutbar ist. Deshalb darf eine Schule darauf vertrauen, dass der gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Schulgesetz NRW verbindliche Besuch einer Schulveranstaltung von allen Elternteilen unterstützt wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn gegen die Durchführung der Klassenfahrt keinerlei Bedenken geäußert werden und das Gemeinschaftserlebnis einer solchen Fahrt für das eigene Kind als förderlich betrachtet wird. So verhielt es sich auch hier unter Berücksichtigung der prozessrechtlich unbedenklichen Verwertung des gesamten Schriftwechsels des Beklagten mit der Schule. Die Behauptung des Beklagten im gerichtlichen Verfahren, er sei zu keinem Zeitpunkt mit der Teilnahme seiner Tochter an der Klassenfahrt einverstanden gewesen, ist unglaubhaft, da dies in den umfänglichen und detaillierten Ausführungen des Beklagten zu mehreren Aspekten der Schullaufbahn seiner Tochter gegenüber der Schulleitung gänzlich unerwähnt blieb. Auch auf die entsprechenden Schreiben und Kostenforderungen hatte der Beklagte keine Einwendungen erhoben, die auf eine von Anfang an fehlende Einwilligung hindeuten. Das Gegenteil ist der Fall: Gegenüber der Schule hat der Beklagte durch seine telefonischen und schriftlichen Kontakte den Eindruck vermittelt, er sei derjenige Elternteil, der die Interessen seiner Tochter gegenüber der Schule wahrnehme. Gegen eine Verletzung seiner Entscheidungsbefugnis durch die Mutter des Kindes spricht auch das Vorbringen des Beklagten, er habe bei der Rücknahme der Zustimmung lediglich den Willen der Mutter vollzogen. Letztlich mag die Frage der Glaubhaftigkeit offen bleiben, weil ein etwaiger Vorbehalt nicht nach außen und vor allem gegenüber der Schule erkennbar geworden ist. Bloße innere Vorbehalte können aber nach allgemeinen Regeln keine wirksamen Rechtsfolgen Dritten gegenüber bewirken.

Die Klägerin war auch berechtigt, den Anspruch allein gegen den Beklagten und nicht (auch) gegen die Mutter zu richten. Das gemeinsame Sorgerecht erzwingt nicht in jedem Fall ein Vorgehen gegen beide Elternteile. Dem Beklagten ist aus eigenen Verfahren bekannt, dass schulische Maßnahmen nicht (auch) gegen eine weitere erziehungsberechtigte Person zu richten sind, wenn der Anlass hierfür allein einem Elternteil zugerechnet werden kann.

So verhält es sich auch hier. Aus dem Schreiben des Beklagten an die Schulleitung vom 19. Juli 2011 wird unmissverständlich deutlich, dass er die Zusage zur Klassenfahrt zurücknimmt, weil er die Teilnahme an der Klassenfahrt quasi als Faustpfand nutzen will, um die Schulleitung wegen einer Zeugnisnote zu einer von ihm gewollten Reaktion zu veranlassen. Angesichts der in dem gesamten Schreiben zum Ausdruck kommenden Einstellung des Beklagten zu schulischen Angelegenheiten durfte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagte für die Nichtteilnahme an der Klassenfahrt verantwortlich ist und daher vorrangig für die in Rechnung gestellten Stornokosten und sonstigen Aufwendungen in Anspruch genommen werden darf. Sollte der Beklagte tatsächlich der Auffassung sein, seine Ehefrau hafte zu gleichen Teilen oder gar ausschließlich, mag er auf eine entsprechende interne Verteilung drängen. Es ist im Rechtsleben nichts Ungewöhnliches, dass ein Gläubiger bei mehreren in Betracht kommenden Schuldnern nur einen Schuldner auswählt und den internen Ausgleich der Schuldnergemeinschaft überlassen darf.

Der Zinsanspruch folgt aus den hier anwendbaren Regelungen des BGB zur Zahlung von Prozesszinsen für eine seit Rechtshängigkeit bestehende Geldschuld (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 62 Satz 2 VwVfG NRW).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Eine Beschränkung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf die Kostenentscheidung scheidet mangels unmittelbarer bzw. entsprechender Anwendbarkeit des § 167 Abs. 2 VwGO im Fall einer allgemeinen Leistungsklage aus.

Gesetze

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10 Gesetze werden in diesem Text zitiert

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

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(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind alle

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(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwal

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 62 Ergänzende Anwendung von Vorschriften


Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

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(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange

1.
die Eltern getrennt leben oder
2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.