Strafrecht: Zum Unterbringungsrecht im Maßregelvollzug

bei uns veröffentlicht am18.05.2017

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte Straftaten begehen werde, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 07.02.2017 (4 Ws 272/16) folgendes entschieden:

Sind von einem in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten Straftäter zukünftig Missbrauchstaten wie etwa der Schenkelverkehr mit vorpubertären Kindern mit hoher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Entlassung zu erwarten, so kann dies die Voraussetzungen für eine weitere Fortdauer der Maßregel über zehn Jahre hinaus nach § 67d Abs. 6 S. 3, Abs. 3 StGB erfüllen.

Die allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 67d Abs. 6 S. 1 StGB ist durch die Neuregelungen in § 67d Abs. 6 S. 2 und 3 StGB nicht obsolet geworden. Kommt das Vollstreckungsgericht zu dem Ergebnis, dass nicht schon eine Erledigung der Maßregel nach § 67d Abs. 6 S. 3, Abs. 3 StGB bzw. § 67d Abs. 6 S. 2 StGB auszusprechen ist, ist eine Erledigung nach der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsregelung des § 67d Abs. 6 S. 1 StGB zu prüfen.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Untergebrachte zu tragen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wurde am 19.2.1985 durch das Landgericht Bielefeld wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Gleichzeitig ordnete die Strafkammer die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Verurteilung lag zum einen der bis zum Samenerguss durchgeführte Schenkelverkehr mit seiner zur Tatzeit dreijährigen Nichte zu Grunde. Zum anderen hatte der Untergebrachte zwei siebenjährige Mädchen in den Wald gelockt, sie die Hosen herunterziehen lassen und sodann bei einer den Schenkelverkehr durchgeführt. Als das andere Mädchen zu weinen angefangen hatte, hatte er von den Kindern abgelassen und war weggelaufen. Die Strafkammer gelangte sachverständig beraten zu der Feststellung, dass der Untergebrachte mit einem IQ von 72 debil sei. Infolge seines Schwachsinns sei er nicht in der Lage, seinem Triebverlangen, dass er bisher durch normale heterosexuelle Beziehung nicht habe befriedigen können, die erforderlichen rationalen Hemmungen entgegenzusetzen. Deshalb sei seine Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten erheblich vermindert gewesen. Die Strafkammer war davon überzeugt, dass aufgrund dessen mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin mit sexuellen Übergriffen des Untergebrachten auf Kinder zu rechnen sei.

Der Untergebrachte befindet sich seit Februar 1985 – nur unterbrochen von einem viermonatigen Aufenthalt in der Klinik für gerichtliche Psychiatrie in I – im Maßregelvollzug in dem LWL-Zentrum für forensische Psychiatrie in M. Die seitdem mindestens jährlich erfolgten gerichtlichen Überprüfungen gemäß §§ 67e, 67d StGB führten jeweils zur Anordnung der Fortdauer der Unterbringung.

Zuletzt ordnete das Landgericht Paderborn mit Beschluss vom 8.7.2016 die Fortdauer der Unterbringung an, da die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr für kleine Mädchen nicht hinreichend verringert sei. Die Diagnose einer Pädophilie sei unverändert vorhanden, zumal der Untergebrachte nicht bereit sei, sich in der Therapie zu seinen sexuellen Impulsen und Gedanken zu äußern. Aufgrund der fortbestehenden Gefährlichkeit des Untergebrachten sei auch die Fortdauer der Unterbringung trotz ihrer langen Dauer nicht unverhältnismäßig. Ohne feste Strukturen gehe von dem Untergebrachten weiterhin ein unkalkulierbares Risiko neuer einschlägiger pädophiler Taten aus. Es müsse zunächst abgewartet werden, inwieweit die Bereitschaft des Untergebrachten, nunmehr in ein Wohnheim zu ziehen, was er bislang noch abgelehnt habe, dazu führe, dass für ihn eine Rehabilitationsperspektive erarbeitet werden könne.

Gegen diesen Beschluss, der dem Untergebrachten am 28.7.2016 zugestellt worden ist, hat er durch Schreiben seines Verteidigers vom 28.7.2016, eingegangen beim Landgericht Paderborn am 29.7.2016, sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Unterbringung für erledigt zu erklären. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die weitere Unterbringung unverhältnismäßig sei. Die Unverhältnismäßigkeit ergebe sich aus der ununterbrochenen Freiheitsentziehung seit inzwischen mehr als 32 Jahren bei einer Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Der Senat hat für die Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung ein Prognosegutachten des externen Sachverständigen Dipl.-Psychologe Dr. F eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 8.12.2016 hingewiesen. Der Untergebrachte und die Generalstaatsanwaltschaft haben auf eine persönliche Anhörung des Sachverständigen verzichtet.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Sie ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses sowie den nachfolgenden ergänzenden Erwägungen unbegründet.

Bei der Erheblichkeitsprüfung, der Wahrscheinlichkeitsprüfung und der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, ergibt sich, dass die Fortdauer der Unterbringung anzuordnen ist.

Das verfassungsrechtliche Gebot bestmöglicher Sachaufklärung ist erfüllt, da eine ausreichend ermittelte und aktuelle Tatsachengrundlage vorliegt. Der Strafvollstreckungskammer lag eine aktuelle Stellungnahme des LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie M vom 2.6.2016 vor. Auch wurde der Untergebrachte persönlich am 8.7.2016 angehört. Inzwischen liegen die weitere Stellungnahme des LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie M vom 17.8.2016 sowie das Prognosegutachten des Sachverständigen Dr. F vom 8.12.2016 vor. Das Gutachten erfüllt alle an ein Prognosegutachten zu stellenden Anforderungen. Der Sachverständige hat sein Gutachten ebenfalls auf einer vollständigen Tatsachengrundlage erstattet. Er hat die vorliegenden Vollstreckungsakten, die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bielefeld mit dem psychiatrischen Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit, sämtliche Vorgutachten zur Legalprognose, die Krankenakten der LWL-Kliniken und die Erkenntnisse aus seiner eigenen Exploration des Untergebrachten umfassend ausgewertet, im Gutachten zur prädeliktischen Entwicklung des Untergebrachten, zum Tatgeschehen, zur postdeliktischen Persönlichkeitsentwicklung, insbesondere zu seinem Verhalten im Vollzug und zu den Möglichkeiten der Gestaltung eines geeigneten sozialen Empfangsraums Stellung genommen, im Gutachten die angewandten Prognoseinstrumente nachvollziehbar dargestellt und darauf aufbauend eine auf den Untergebrachten abgestimmte individuelle Prognose vorgenommen.

Bei dem Untergebrachten besteht eine leichte Intelligenzminderung sowie eine Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer Pädophilie.

Ohne die ihn unterstützenden und begrenzenden Strukturen einer Unterbringung würde der Untergebrachte wieder Kontakt zu Kindern aufnehmen. Im Rahmen dieser Kontakte käme es dann zu sexuellen Übergriffen, wie er sie vor der Unterbringung begangen hat. Er wird voraussichtlich Taten vergleichbar mit den Anlasstaten durchführen. Es handelte sich um Schenkelverkehr bis zum Samenerguss mit vorpubertären Mädchen, die unbekleidet waren. Insgesamt besteht ein moderat-hohes Rückfallrisiko und die Legalprognose ist ungünstig.

Das vorliegende Gutachten und die Stellungnahmen der LWL-Klinken bieten für diese Prognose eine belastbare Grundlage.

Die genannten Straftaten, die der Untergebrachte in Freiheit erneut auf Grund seiner psychischen Störung voraussichtlich begehen wird, überschreiten die erforderliche Erheblichkeitsschwelle des § 67d Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 StGB. Diese Schwelle ist erreicht, wenn die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Erfasst werden hiervon regelmäßig Verbrechen und im Übrigen Straftaten aus dem Bereich der mittleren Kriminalität, wenn sie einen hohen Schweregrad aufweisen und den Rechtsfrieden empfindlich stören. Dies ergibt sich in systematischer Hinsicht aus dem Verweis auf § 67d Abs. 3 StGB, dessen Formulierung wiederum der des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB entspricht, insbesondere aber aus dem gesetzgeberischen Willen. Es bedarf mithin - anders als bei Altfällen der Sicherungsverwahrung - nicht der Gefahr der Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten. In den Gesetzesmaterialien heißt es bzgl. des sexuellen Missbrauchs von Kindern:

„Bei zu erwartenden Taten nach § 176 StGB bedarf zwar die Frage, ob schwere Schädigungen der körperlichen oder seelischen Integrität der Opfer zu erwarten sind, näherer Erörterung. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Gefährlichkeit von Taten gemäß den §§ 176, 176a StGBin der Beeinträchtigung der ungestörten Entwicklung von Kindern liegt und davon auszugehen ist, dass fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität geeignet sind, diese Entwicklung erheblich zu stören. Daher lassen Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern – auch ohne Gewaltanwendung – regelmäßig und typischerweise eine schwerwiegende Beeinträchtigung von deren sexueller Entwicklung besorgen. Schwere seelische Schäden können somit selbst dann drohen, wenn sich zu erwartende Taten nach § 176 Abs. 1 bis 3 StGB eher im unteren Bereich der denkbaren Deliktsskala bewegen, insbesondere, wenn mit einer hohen Rückfallfrequenz und -häufigkeit zu rechnen ist“.

Gemessen daran sind die von dem Untergebrachten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Straftaten des Schenkelverkehrs mit vorpubertären Kindern wegen deren altersbedingt besonderen sexuellen Unerfahrenheit und Wehrlosigkeit zweifelsohne zur Fortdauer der Unterbringung geeignet.

Allerdings nähert sich die Unterbringung der Unverhältnismäßigkeit nach der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsregelung in § 67d Abs. 6 S. 1 StGB. Diese Regelung ist durch die Schaffung der Regelunverhältnismäßigkeit nach § 67d Abs. 6 S. 2 StGB nach sechs Jahren bzw. den strengeren Fortdauervoraussetzungen ab zehn Jahren der Maßregelvollstreckung nach § 67d Abs. 6 S. 3, Abs. 3 StGB nicht obsolet geworden. Vielmehr zeigen die gesetzliche Systematik und auch die Gesetzesmaterialien, dass Abs. 3 S. 2 und S. 3 nur näher konkretisierte Unterfälle der Erledigung wegen Unverhältnismäßigkeit darstellen. Die Gesetzesmaterialien zeigen an keiner Stelle auf, dass der Gesetzgeber die Verhältnismäßigkeitsprüfung insoweit allein auf die Kriterien der Sechs- bzw. Zehnjahresprüfung nach Abs. 6 S. 3 oder 3 beschränken wollte. Damit gilt aber der schon zur vor dem 1.8.2016 geltenden Rechtslage bestehende Grundsatz fort, dass die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs umso strenger sind, je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus andauert, weil das Freiheitsgrundrecht wegen des sich verschärfenden Eingriffs immer stärkeres Gewicht gewinnt. Sicherungsbelange und der Freiheitsanspruch des Untergebrachten müssen als wechselseitiges Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden; daher müssen auch bei Fortdauerentscheidungen die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis gesetzt werden.

Daran gemessen nähert sich die nunmehr rund zweiundreißigjährige Unterbringung des Beschwerdeführers der Unverhältnismäßigkeit. Bei den begangenen Straftaten des Schenkelverkehrs handelt es sich zwar um nicht unerhebliche Sexualdelikte zu Lasten besonders verletzlicher Opfer. Ihre Schwere liegen in der Bandbreite denkbarer Sexualdelikte bereits in einem mittleren, aber nicht im oberen oder gar obersten Bereich. Außerdem ist zu sehen, dass dem Untergebrachten nun bereits mehr als doppelt so lange die Freiheit entzogen wird, wie dies unter Zugrundelegung von § 54 Abs. 2 StGB bei einem voll schuldfähigen Täter im Höchstfalle möglich gewesen wäre und der Untergebrachte rund die Hälfte seines bisherigen, bereits fortgeschrittenen Lebens im Freiheitsentzug verbracht hat.

Den Senat hindert allerdings der Umstand, dass der Untergebrachte im Falle einer jetzigen, unvorbereiteten Entlassung nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen mit hoher Wahrscheinlichkeit Sexualdelikte vergleichbar mit den Anlasstaten begehen könnte, an einer sofortigen Erledigungserklärung wegen Unverhältnismäßigkeit. Gerade für den Fall einer unvorbereiteten Entlassung des Untergebrachten steigt die Gefahr der Begehung neuer Sexualdelikte.

Tragfähige soziale Bindungen außerhalb der Maßregel, die dem Untergebrachten zukünftig emotionale Zuwendung und soziale Unterstützung bieten und damit als protektive Faktoren eine stabilisierende Funktion haben könnte, sind nicht vorhanden. Seine sozialen Kompetenzen sind nicht nur durch die kognitiven Einschränkungen begrenzt, sondern inzwischen auch durch Hospitalisierungsfolgen ganz erheblich beeinträchtigt. Eine unvorbereitete Verlegung in eine geschlossene Einrichtung würde den Untergebrachten nicht nur destabilisieren, sondern auch die Rückfallgefahr für neue sexuelle Missbrauchsdelikte erhöhen. Je besser eine Beurlaubung aus der Maßregel umsichtig organisiert wird, desto geringer wird die Rückfallgefahr einzuschätzen sein.

Damit ist derzeit jedenfalls eine unvorbereitete Entlassung des Untergebrachten nicht zu verantworten, da sie die erhöhte Gefahr erheblicher Straftaten birgt. Drohen nämlich Sexualdelikte mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die schon oben beschriebene Opfergruppe, sieht der Senat nach Abwägung von Dauer und Belastung des Freiheitsentzuges und von dem Untergebrachten drohender Gefahr noch keine Unverhältnismäßigkeit gegeben. Die Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Untergebrachten und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit führt für den Fall einer unvorbereiteten Entlassung des Untergebrachten zu einem Vorrang des Sicherheitsbedürfnisses aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit der Begehung neuer Straftaten.

Als milderes Mittel kam nicht in Betracht, die Unterbringung bereits jetzt mit einer Frist von weiteren drei oder sechs Monaten für erledigt zu erklären. Denn sodann könnte der Untergebrachte die Mitwirkung bei den Vorbereitungsmaßnahmen für seine Entlassung verweigern, so dass dann letztlich in drei oder sechs Monaten faktisch eine unvorbereitete Entlassung erfolgen würde. Dann wiederum bestünde weiterhin die hohe Gefahr der Begehung von erheblichen Straftaten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

Der Senat sieht sich aufgrund der sich abzeichnenden Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Unterbringung zu folgenden Hinweisen veranlasst:

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwingt dazu, dem Untergebrachten nunmehr unverzüglich weitere Lockerungen zu gewähren und bei erfolgreicher Erprobung alsbald weitere Lockerungen zu gewähren. Denn dem Staat obliegt es, die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten durch den Untergebrachten mit Hilfe eines Überleitungsprozesses zu verringern. Ansonsten muss der Untergebrachte demnächst aus Verhältnismäßigkeitsgründen in die Freiheit oder zur Verbüßung der Restfreiheitsstrafe aus der Maßregel entlassen werden. Seit längerer Zeit halten die behandelnde Klinik unter bestimmten Bedingungen und insbesondere die Sachverständigen, zuletzt der Sachverständige Dr. F, die Beurlaubung in ein geschlossenes Heim grundsätzlich für vertretbar, weil das Rückfallrisiko durch flankierende Maßnahmen ausreichend reduziert werden kann. Der bislang entgegenstehende Gesichtspunkt, dass der Untergebrachte sich mit der Unterbringung in einem geschlossenen Heim nicht bedingungslos einverstanden erklären konnte, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Denn der Untergebrachte ist aufgrund seiner eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten nicht in der Lage, zukünftige Lebensperspektiven angemessen zu antizipieren und sein Handeln danach ausrichten; er vermag die Situation in einem geschlossenen Heim nicht ausreichend einzuschätzen, um seine diesbezügliche Bereitschaft zu erklären. Aufgrund seiner Biografie, nach der er bereits in seiner Kindheit viele Jahre in Kinderheimen verbracht hat, ist seine Einstellung insoweit ambivalent. Dem Untergebrachten muss die Möglichkeit gegeben werden, durch ein kurzfristiges Probewohnen seine negativen Vorstellungen und Befürchtungen durch konkrete Erfahrungen in seinem potentiellen neuen Lebensumfeld zumindest ansatzweise zu korrigieren. Sollte nicht kurzfristig ein adäquates geschlossenes Heim für den Untergebrachten gefunden werden, könnte er seine Verlegung in dem dafür vorgesehenen Verfahren notfalls mit gerichtlicher Hilfe erzwingen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

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(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener

Strafgesetzbuch - StGB | § 67e Überprüfung


(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen. (2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in

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(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.