Versicherungsrecht: Nachprüfungsverfahren bei Berufsunfähigkeit

bei uns veröffentlicht am19.01.2017

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für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
In der Nachprüfung lässt sich eine generelle Quote für die hinzunehmende Einkommenseinbuße nicht festlegen.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 07.12.16 (IV ZR 434/15) folgendes entschieden:

Im Nachprüfungsverfahren können bei der Prüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, ein höherer Freizeitanteil und Arbeitserleichterungen nicht berücksichtigt werden.

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 17. August 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie in Verbindung mit einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter. Dem Vertrag liegen "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten: "§ 1 Was ist versichert? (1) Wird die versicherte Person während der Risikodauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so erbringen wir für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:... § 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen? (1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. ... § 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit? (1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war ..., können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann. ... (4) Haben sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent ... vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; ...". Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 €. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1. Dezember 2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-StundenWoche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 € monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend einer Ankündigung vom 21. Mai 2010 die Leistungen zum 1. November 2010 ein. Die Parteien streiten darüber, ob die Versicherte auf die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen Tätigkeiten verwiesen werden kann. Das Landgericht hat die - auf Zahlung der rückständigen und laufenden Renten zuzüglich Überschussbeteiligung, Erstattung von Beiträgen und Beitragsbefreiung gerichtete - Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Nach dessen Auffassung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Nachprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe mit dem Schreiben vom 21. Mai 2010 wirksam mitgeteilt, dass sie die Leistungen aufgrund konkreter Verweisung in die im Rahmen des erlernten Berufs tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einstellen werde. Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ergebe sich, dass die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Ausweichtätigkeit ohne einen ausdrücklich im Leistungsanerkenntnis erklärten Vorbehalt möglich sei. Die von der Versicherten seit November 2009 ausgeübte Berufstätigkeit als Krankenschwester im administrativen und unterstützenden Bereich sei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit derjenigen, die sie im unmittelbaren Pflegebereich vor dem Anerkenntnis ausgeübt habe, vergleichbar und sichere ihr trotz der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ihre Lebensstellung. Die neue Tätigkeit im erlernten Beruf erfordere keine geringere Qualifikation und stelle keinen sozialen Abstieg dar. Die wahrgenommenen Organisations- und Leitungsaufgaben würden im gesellschaftlichen Ansehen erfahrungsgemäß nicht geringer bewertet als die zuvor ausgeübte pflegerische Tätigkeit. Die Versicherte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, welches Einkommen sie erzielen könnte, sondern allein darauf, welches Einkommen sie aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit tatsächlich erziele. Die Einkommensminderung liege noch in einem Bereich, der im Zusammenhang mit den anderen Faktoren die Annahme einer Ungleichwertigkeit der Lebensstellung nicht rechtfertige. Selbst bei einer Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen aus der früheren vollschichtigen Tätigkeit als Krankenschwester in Höhe von durchschnittlich 1.359,31 € im Monat und aus der nun ausgeübten Tätigkeit von durchschnittlich 1.050 € im Monat, mithin einer Einkommensdifferenz von durchschnittlich 309,31 €/Monat = 22,77% sei die Verweisung noch zumutbar, weil die Lebensstellung der Versicherten nunmehr durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen.

Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision - zu Recht - nicht.

Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn - wie die Revisionserwiderung meint - § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ. Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ wird dem Versicherer das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit - und damit der Versicherungsfall - eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BBBUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ vorgegeben sind. Allerdings enthält § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ - anders als etwa § 7 Abs. 1 BB-BUZ 1975 - hinsichtlich der Verweisung eine ausdrückliche Regelung, die nicht vollständig mit § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ übereinstimmt. § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ermöglicht dem Versicherer grundsätzlich nur die Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere - vergleichbare - Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ tatsächlich ausübt. Etwas Anderes gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BB-BUZ, wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war; dann kann der Versicherer außerdem erneut prüfen, ob die versicherte Person eine Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausüben kann. Abgesehen von diesem Sonderfall ist dem Versicherer im Nachprüfungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ nur eine konkrete Verweisung auf eine andere Tätigkeit eröffnet, nicht aber eine abstrakte Verweisung, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ geregelt ist. Ein Wegfall der Berufsunfähigkeit wegen Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit setzt somit im Nachprüfungsverfahren voraus, dass der Versicherte diese tatsächlich ausübt. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere ausgeübte Tätigkeit kommt nach dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ und § 2 BB-BUZ auch nach einem Leistungsanerkenntnis nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt. Da die Berufsausübung in gesunden Tagen vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten. Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt. Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll.
Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.
Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache des Versicherers ist, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind. Will der Versicherungsnehmer - wie hier die Klägerin - geltend machen, die von der versicherten Person neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll.
Ob - wie die Revision einwendet - die vom Berufungsgericht bejahte Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung beider Tätigkeiten der Versicherten schon daran scheitert, dass eine Krankenpflegerin, die die Arbeit am Krankenbett erledigt und sich um den Patienten kümmert, deshalb das deutlich höhere Sozialprestige als eine Krankenschwester hat, die - wie die Tochter der Klägerin - die Organisation dieser Arbeit regelt, kann dahinstehen. Entsprechenden Instanzvortrag der Klägerin zum geringeren Sozialprestige der neuen Tätigkeit ihrer Tochter zeigt die Revision nicht auf.
Mit nicht tragfähiger Begründung hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die Vergütung nicht spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken sei.
Richtig ist der Ausgangspunkt, dass es bei der konkreten Verweisung für den Einkommensvergleich nicht auf die erzielbaren, sondern auf die tatsächlich erzielten Einkünfte auch dann ankommt, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht. Ist dem Versicherer nur eine konkrete Verweisung möglich, kann er dem Versicherten auch dann kein fiktives Einkommen anrechnen, wenn dieser nur eine Teilzeitarbeit ausübt.

Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin zugrunde gelegt, dass sich eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen lässt. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten. Ausgehend davon hat das Berufungsgericht bei Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen eine Einkommensdifferenz von brutto 22,77% für "noch" zumutbar gehalten. Gegen die Anwendung der Bruttolohnmethode erinnert die Revision zu Recht nichts. Bei dem bedingungsgemäß vorzunehmenden Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Maßgeblich ist nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode, sondern es kommt darauf an, nach welcher Methode die zu vergleichenden Lebensstellungen in ihrer wirtschaftlichen/finanziellen Komponente zutreffend abgebildet werden.

Ob - wie die Revision geltend macht - der in gesunden Tagen erzielte Lohn unter Berücksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen mit dem Lohn aus dem Vergleichsberuf zu vergleichen und das früher erzielte Einkommen auf den Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist, bedarf hier keiner Entscheidung. In den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin zu Lohnsteigerungen in der Zeit zwischen Aufgabe des früheren Berufs ihrer Tochter und Aufnahme ihrer jetzigen Tätigkeit nichts vorgetragen.
Nicht bedacht hat das Berufungsgericht indes, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken. Der Senat hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1998 angenommen, dass sich bei Minderung eines Jahresbruttoeinkommens von nicht ganz 70.000 DM um fast ein Drittel die bisherige Lebensstellung im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr halten lasse. Auch eine hier gegebene - Einbuße von 22,77% wirkt sich bei einem niedrigen Bruttoeinkommen von 1.359,31 € wesentlich stärker aus als bei einem Bruttoeinkommen im mittleren oder höheren Bereich.

Das Berufungsgericht hat die Lebensstellung der Versicherten nur deshalb als "noch" gesichert angesehen, weil sie nun durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen. Eine solche Verrechnung von Freizeit und Arbeitserleichterungen mit der Einkommensdifferenz ist aber mit dem Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbar. Zwar bildet nicht allein die Gleichheit des durch Arbeit erzielten Einkommens den Vergleichsmaßstab, sondern die Vergleichbarkeit der Lebensstellung, die sich ein Versicherter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verschafft oder verschaffen kann. Durch das Fehlen von Erschwernissen, wie etwa Nachtarbeit oder Überstunden, wird die Lebensstellung in diesem Sinne aber ebenso wenig geprägt wie durch zusätzliche Freizeit. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll für den Versicherten erkennbar seinen individuellen und sozialen Abstieg im Berufsleben und in der Gesellschaft verhindern. Ein solcher Abstieg wird nicht durch mehr Freizeit und das Fehlen von Erschwernissen am Arbeitsplatz vermieden, sondern dadurch, dass dem Versicherten weiterhin die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die die Aufrechterhaltung des in gesunden Tagen durch den früheren Beruf erreichten Lebensstandards ermöglichen. Demnach ist der Vorteil größerer Freizeit angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und gegebenenfalls seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen. Von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden. Könnte man Einkommenseinbußen durch Zeitgewinn kompensieren, bedeutete das letzten Endes, dass der gänzliche Verlust des Einkommens durch den völligen Wegfall beruflicher Tätigkeit aufgewogen würde. Eine von der Revisionserwiderung befürwortete Anrechnung etwaiger Einsparmöglichkeiten dergestalt, dass der Versicherte Dienstleistungen, die er sonst hätte bezahlen müssen, nun selbst übernehmen könnte, ist in den BB-BUZ nicht vorgesehen.
Das Berufungsgericht hat daher nochmals zu prüfen, ob die Einkommenseinbuße - ohne Kompensation durch mehr Freizeit und Wegfall besonderer Belastungen - der Versicherten zumutbar ist; hierzu wird es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 17. August 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie in Verbindung mit einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter.

2

Dem Vertrag liegen "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person während der Risikodauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so erbringen wir für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:

...

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. ...

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war ..., können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann.

...

(4) Haben sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent ... vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; ..."

3

Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 €. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1. Dezember 2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

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Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-Stunden-Woche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 € monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend einer Ankündigung vom 21. Mai 2010 die Leistungen zum 1. November 2010 ein.

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Die Parteien streiten darüber, ob die Versicherte auf die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen Tätigkeiten verwiesen werden kann.

6

Das Landgericht hat die - auf Zahlung der rückständigen und laufenden Renten zuzüglich Überschussbeteiligung, Erstattung von Beiträgen und Beitragsbefreiung gerichtete - Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Nach dessen Auffassung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Nachprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe mit dem Schreiben vom 21. Mai 2010 wirksam mitgeteilt, dass sie die Leistungen aufgrund konkreter Verweisung in die im Rahmen des erlernten Berufs tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einstellen werde. Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ergebe sich, dass die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Ausweichtätigkeit ohne einen ausdrücklich im Leistungsanerkenntnis erklärten Vorbehalt möglich sei.

9

Die von der Versicherten seit November 2009 ausgeübte Berufstätigkeit als Krankenschwester im administrativen und unterstützenden Bereich sei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit derjenigen, die sie im unmittelbaren Pflegebereich vor dem Anerkenntnis ausgeübt habe, vergleichbar und sichere ihr trotz der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ihre Lebensstellung. Die neue Tätigkeit im erlernten Beruf erfordere keine geringere Qualifikation und stelle keinen sozialen Abstieg dar. Die wahrgenommenen Organisations- und Leitungsaufgaben würden im gesellschaftlichen Ansehen erfahrungsgemäß nicht geringer bewertet als die zuvor ausgeübte pflegerische Tätigkeit. Die Versicherte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, welches Einkommen sie erzielen könnte, sondern allein darauf, welches Einkommen sie aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit tatsächlich erziele. Die Einkommensminderung liege noch in einem Bereich, der im Zusammenhang mit den anderen Faktoren die Annahme einer Ungleichwertigkeit der Lebensstellung nicht rechtfertige. Selbst bei einer Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen aus der früheren vollschichtigen Tätigkeit als Krankenschwester in Höhe von durchschnittlich 1.359,31 € im Monat und aus der nun ausgeübten Tätigkeit von durchschnittlich 1.050 € im Monat, mithin einer Einkommensdifferenz von durchschnittlich 309,31 €/Monat = 22,77% sei die Verweisung noch zumutbar, weil die Lebensstellung der Versicherten nunmehr durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen.

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II. Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.

11

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision - zu Recht - nicht.

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2. Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

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a) Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn - wie die Revisionserwiderung meint - § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

14

Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter I 3 a zu § 7 Abs. 1 BB-BUZ entsprechend den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung aus dem Jahre 1975, im Folgenden: § 7 BB-BUZ 1975). Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ wird dem Versicherer das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit - und damit der Versicherungsfall - eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BB-BUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ vorgegeben sind (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 aaO). Allerdings enthält § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ - anders als etwa § 7 Abs. 1 BB-BUZ 1975 - hinsichtlich der Verweisung eine ausdrückliche Regelung, die nicht vollständig mit § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ übereinstimmt. § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ermöglicht dem Versicherer grundsätzlich nur die Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere - vergleichbare - Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ tatsächlich ausübt. Etwas anderes gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BB-BUZ, wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war; dann kann der Versicherer außerdem erneut prüfen, ob die versicherte Person eine Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausüben kann. Abgesehen von diesem Sonderfall ist dem Versicherer im Nachprüfungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ nur eine konkrete Verweisung auf eine andere Tätigkeit eröffnet, nicht aber eine abstrakte Verweisung, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ geregelt ist. Ein Wegfall der Berufsunfähigkeit wegen Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit setzt somit im Nachprüfungsverfahren voraus, dass der Versicherte diese tatsächlich ausübt.

15

b) Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere ausgeübte Tätigkeit kommt nach dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ und § 2 BB-BUZ auch nach einem Leistungsanerkenntnis nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, r+s 2003, 164 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.).

16

Da die Berufsausübung in gesunden Tagen vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO; Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO Rn. 11 a.E.).

17

c) Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.

18

aa) Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache des Versicherers ist, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO Rn. 13; vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3; vom 3. November 1999 aaO unter I 3 b). Will der Versicherungsnehmer - wie hier die Klägerin - geltend machen, die von der versicherten Person neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).

19

bb) Ob - wie die Revision einwendet - die vom Berufungsgericht bejahte Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung beider Tätigkeiten der Versicherten schon daran scheitert, dass eine Krankenpflegerin, die die Arbeit am Krankenbett erledigt und sich um den Patienten kümmert, deshalb das deutlich höhere Sozialprestige als eine Krankenschwester hat, die - wie die Tochter der Klägerin - die Organisation dieser Arbeit regelt, kann dahinstehen. Entsprechenden Instanzvortrag der Klägerin zum geringeren Sozialprestige der neuen Tätigkeit ihrer Tochter zeigt die Revision nicht auf.

20

cc) Mit nicht tragfähiger Begründung hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die Vergütung nicht spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken sei.

21

(1) Richtig ist der Ausgangspunkt, dass es bei der konkreten Verweisung für den Einkommensvergleich nicht auf die erzielbaren, sondern auf die tatsächlich erzielten Einkünfte auch dann ankommt, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht (so auch OLG Nürnberg VersR 2012, 843, 845). Ist dem Versicherer nur eine konkrete Verweisung möglich, kann er dem Versicherten auch dann kein fiktives Einkommen anrechnen, wenn dieser nur eine Teilzeitarbeit ausübt.

22

(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin zugrunde gelegt, dass sich eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen lässt. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97, VersR 1998, 1537 unter II 3; vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96, VersR 1998, 42 unter 4 b). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht bei Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen eine Einkommensdifferenz von brutto 22,77% für "noch" zumutbar gehalten. Gegen die Anwendung der Bruttolohnmethode erinnert die Revision zu Recht nichts. Bei dem bedingungsgemäß vorzunehmenden Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Maßgeblich ist nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode, sondern es kommt darauf an, nach welcher Methode die zu vergleichenden Lebensstellungen in ihrer wirtschaftlichen/finanziellen Komponente zutreffend abgebildet werden (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 10).

23

(3) Ob - wie die Revision geltend macht - der in gesunden Tagen erzielte Lohn unter Berücksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen mit dem Lohn aus dem Vergleichsberuf zu vergleichen und das früher erzielte Einkommen auf den Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist (Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 172 Rn. 91; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 59; LG Mannheim r+s 2013, 243, 244; offengelassen von OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2006 - 5 U 605/05, juris Rn. 50), bedarf hier keiner Entscheidung. In den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin zu Lohnsteigerungen in der Zeit zwischen Aufgabe des früheren Berufs ihrer Tochter und Aufnahme ihrer jetzigen Tätigkeit nichts vorgetragen.

24

(4) Nicht bedacht hat das Berufungsgericht indes, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 aaO; vom 22. Oktober 1997 aaO; so auch Lücke aaO Rn. 86, § 2 BU Rn. 49). Der Senat hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1998 angenommen, dass sich bei Minderung eines Jahresbruttoeinkommens von nicht ganz 70.000 DM um fast ein Drittel die bisherige Lebensstellung im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr halten lasse. Auch eine - hier gegebene - Einbuße von 22,77% wirkt sich bei einem niedrigen Bruttoeinkommen von 1.359,31 € wesentlich stärker aus als bei einem Bruttoeinkommen im mittleren oder höheren Bereich.

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(5) Das Berufungsgericht hat die Lebensstellung der Versicherten nur deshalb als "noch" gesichert angesehen, weil sie nun durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen. Eine solche Verrechnung von Freizeit und Arbeitserleichterungen mit der Einkommensdifferenz (dafür: OLG Nürnberg VersR 1992, 1387, 1388; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 118) ist aber mit dem Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbar (so auch: OLG Karlsruhe VersR 2012, 841, 843; OLG München r+s 2003, 166, 167). Zwar bildet nicht allein die Gleichheit des durch Arbeit erzielten Einkommens den Vergleichsmaßstab, sondern die Vergleichbarkeit der Lebensstellung, die sich ein Versicherter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verschafft oder verschaffen kann (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 12 m.w.N.). Durch das Fehlen von (einzelnen) Erschwernissen, wie etwa Nachtarbeit oder Überstunden, wird die Lebensstellung in diesem Sinne aber ebenso wenig geprägt wie durch zusätzliche Freizeit. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 10). Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll für den Versicherten erkennbar seinen individuellen und sozialen Abstieg im Berufsleben und in der Gesellschaft verhindern (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.). Ein solcher Abstieg wird nicht durch mehr Freizeit und das Fehlen von Erschwernissen am Arbeitsplatz vermieden, sondern dadurch, dass dem Versicherten weiterhin die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die die Aufrechterhaltung des in gesunden Tagen durch den früheren Beruf erreichten Lebensstandards ermöglichen. Demnach ist der Vorteil größerer Freizeit angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und gegebenenfalls seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe aaO; OLG München aaO). Von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden (OLG Karlsruhe aaO). Könnte man Einkommenseinbußen durch Zeitgewinn kompensieren, bedeutete das letzten Endes, dass der gänzliche Verlust des Einkommens durch den völligen Wegfall beruflicher Tätigkeit aufgewogen würde (OLG München aaO).

26

Eine von der Revisionserwiderung befürwortete Anrechnung etwaiger Einsparmöglichkeiten dergestalt, dass der Versicherte Dienstleistungen, die er sonst hätte bezahlen müssen, nun selbst übernehmen könnte, ist in den BB-BUZ nicht vorgesehen.

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3. Das Berufungsgericht hat daher nochmals zu prüfen, ob die Einkommenseinbuße - ohne Kompensation durch mehr Freizeit und Wegfall besonderer Belastungen - der Versicherten zumutbar ist; hierzu wird es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.

Mayen                           Felsch                           Harsdorf-Gebhardt

             Dr. Karczewski                   Dr. Götz

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.