Wirtschaftsstrafrecht: Verbot der Weitergabe von Insinderinformationen an Dritte

bei uns veröffentlicht am13.01.2011

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Artikel
Der EuGH hat mit dem Urteil vom 22.11.2005 (Az:C-384/02) foglendes entschieden:

Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, der bestimmten Personen untersagt, eine Insider-Information an einen Dritten weiterzugeben, soweit dies nicht in einem normalen Rahmen in Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder in Erfüllung ihrer Aufgaben geschieht, verbietet es, dass eine Person, die in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer Gesellschaft oder in ihrer Eigenschaft als Mitglied eines Verbindungsausschusses eines Konzerns Insider-Informationen erhält, diese Informationen an den Vorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation weitergibt, in der diese Arbeitnehmer zusammengeschlossen sind und die diese Person als Mitglied des Verbindungsausschusses gewählt hat, soweit nicht ein enger Zusammenhang zwischen der Weitergabe und der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben besteht und diese Weitergabe für die Ausübung dieser Arbeit oder dieses Berufes oder für die Erfüllung dieser Aufgaben unerlässlich ist.

Im Rahmen seiner Prüfung hat das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere der engen Auslegung dieser Ausnahme vom Verbot der Weitergabe von Insider-Informationen, dem Umstand, dass jede zusätzliche Weitergabe die Gefahr vergrößern kann, dass diese Informationen mit einem der Richtlinie 89/592 zuwiderlaufenden Ziel ausgenutzt werden, und der Sensibilität der Insider-Informationen Rechnung zu tragen.

Artikel 3 Buchstabe a verbietet eine Weitergabe von Insider-Informationen durch den Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation an Mitarbeiter wie die Stellvertreter dieser Organisation und den obersten Verwaltungsleiter des Sekretariats, soweit nicht diese Bedingungen erfüllt sind. Im Rahmen seiner Prüfung hat das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften insbesondere die genannten Kriterien zu berücksichtigen.


Entscheidungsgründe :

1.Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte (ABl. L 334, S. 30).

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Grøngaard und Herrn Bang wegen Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz (vædipapirhandelslov), mit dem die Richtlinie 89/592 in dänisches Recht umgesetzt wird.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3. Die Richtlinie 89/592 sieht in ihrem Artikel 1 vor:

"Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Definitionen:

1. Insider-Information: eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder ein oder mehrere Wertpapiere betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieses Wertpapiers oder dieser Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen."

4. Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

"Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die

- als Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten,

- durch ihre Beteiligung am Kapital des Emittenten oder

- aufgrund ihrer Arbeit, ihres Berufes oder ihrer Aufgaben zu dieser Information Zugang haben,

über eine Insider-Information verfügen, unter Ausnutzung derselben in Kenntnis der Sache für eigene oder fremde Rechnung entweder selbst oder indirekt die Wertpapiere des bzw. der von dieser Information betroffenen Emittenten zu erwerben oder zu veräußern."

5. Artikel 3 der Richtlinie lautet:

"Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die dem Verbot nach Artikel 2 unterliegen und über eine Insider-Information verfügen,

a) diese Insider-Information an einen Dritten weiterzugeben, soweit dies nicht in einem normalen Rahmen in Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder in Erfüllung ihrer Aufgaben geschieht;

b) auf der Grundlage dieser Insider-Information einem Dritten zu empfehlen, auf seinen Wertpapiermärkten im Sinne von Artikel 1 Ziffer 2 letzter Satzteil zum Handel zugelassene Wertpapiere zu erwerben oder zu veräußern bzw. erwerben oder veräußern zu lassen."

6. Artikel 4 der Richtlinie 89/592 bestimmt:

"Jeder Mitgliedstaat sieht das Verbot in Artikel 2 auch für andere als in jenem Artikel genannte Personen vor, die in Kenntnis der Sache über eine Insider-Information verfügen, die unmittelbar oder mittelbar nur von einer in Artikel 2 genannten Person stammen kann."

7. Artikel 6 der Richtlinie sieht vor:

"Jeder Mitgliedstaat kann strengere Vorschriften als die in dieser Richtlinie vorgesehenen oder zusätzliche Vorschriften erlassen, sofern diese Vorschriften allgemein gelten. Insbesondere kann er das Verbot nach Artikel 2 ausdehnen und für die in Artikel 4 genannten Personen die Verbote im Sinne von Artikel 3 vorsehen."

Nationales Recht

8. Die Richtlinie 89/592 ist durch die §§ 34 bis 39 und §§ 93 bis 96 des Wertpapierhandelsgesetzes in dänisches Recht umgesetzt worden.

9. § 35 Absatz 1 dieses Gesetzes bestimmt:

"Der Erwerb, die Veräußerung und die Empfehlung zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Wertpapiers sind Personen untersagt, die über Insider-Informationen verfügen, die für den Handel von Bedeutung sein können."

10. § 36 Absatz 1 des Gesetzes lautet:

"Wer über Insider-Informationen verfügt, darf diese nicht an andere weitergeben, soweit dies nicht im normalen Rahmen in Ausübung seiner Arbeit oder seines Berufes oder in Erfüllung seiner Aufgaben geschieht."

11. Das in § 36 Absatz 1 aufgestellte Verbot der Weitergabe erfasst jeden, der über eine Insider-Information verfügt, unabhängig davon, ob er zu den in Artikel 2 der Richtlinie 89/592 genannten Personen gehört oder ob er auf andere Weise in den Besitz einer solchen Information gelangt ist.

12. Nach § 94 Absatz 1 Nr. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes wird ein Verstoß gegen § 36 Absatz 1 dieses Gesetzes mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und sechs Monaten oder mit Geldstrafe geahndet.

Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen

13. Herr Bang ist Vorsitzender des Finansforbund, der Gewerkschaft der Arbeitnehmer des Finanzsektors. Der Finansforbund hat etwa 50 000 Mitglieder.

14. Herr Grøngaard war ein von der Arbeitnehmerschaft gewähltes Mitglied des Verwaltungsrats der Gesellschaft RealDanmark, eines größeren börsennotierten Finanzinstituts mit nahezu 7 000 Angestellten. Gleichzeitig war er vom Finansforbund als Mitglied des Ausschusses für konzerninterne Zusammenarbeit des RealDanmark-Konzerns (im Folgenden: Verbindungsausschuss) ernannt worden. Dieser Ausschuss war aufgrund einer Vereinbarung des Finansforbund und der RealDanmark eingerichtet worden. Herr Grøngaard vertrat die Gewerkschaft in diesem Ausschuss. Schließlich war Herr Grøngaard Vorsitzender des Kapitalkreds, einer der elf Abteilungen des Finansforbund, in dem mit etwa 6 500 Mitgliedern mehr als 90 % des Personals der RealDanmark zusammengeschlossen waren.

15. Nach einer außerordentlichen Sitzung des Verwaltungsrats der RealDanmark gab Herr Grøngaard am 23. August 2000 an Herrn Bang Informationen weiter, die die geplante Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit der Danske Bank, einem anderen größeren Finanzinstitut in Dänemark, betrafen.

16. Zwischen dem 28. August und dem 4. September 2000 beriet sich Herr Bang mit seinen zwei Stellvertreterinnen, Frau Madsen und Frau Nielsen, und mit Herrn Christensen, einem seiner Mitarbeiter im Sekretariat des Finansforbund, und gab an sie dieselben Informationen weiter, die er von Herrn Grøngaard erhalten hatte. Am 31. August 2000 kaufte Herr Christensen Aktien der RealDanmark für etwa 48 000 Euro.

17. Am 18. September 2000 nahm Herr Grøngaard an einer Sitzung des Verwaltungsrats der RealDanmark teil, in deren Verlauf die Einzelheiten der Fusion diskutiert wurden. Am 22. September 2000 nahm er an einer außerordentlichen Sitzung des Verbindungsausschusses teil, in deren Verlauf die Einzelheiten der Fusion ebenfalls erörtert wurden. Er wandte sich am 26. September 2000 erneut an Herrn Bang in der Absicht, den Beschäftigten bei der Bewältigung der Folgen der Fusion zu helfen. Sie besprachen insbesondere den für die Fusion vorgesehenen Zeitplan sowie den zu erwartenden Kursanstieg der Aktien der RealDanmark um 60 bis 70 %.

18. Am 27. und 28. September 2000 gab Herr Bang an Herrn Larsen, den Leiter des Sekretariats des Finansforbund, und an seinen Mitarbeiter Christensen Informationen weiter, die u. a. das vorgesehene Datum der Bekanntgabe der Fusion und das erwartete Tauschverhältnis betrafen. Am 29. September 2000 kaufte Herr Christensen weitere Aktien der RealDanmark für etwa 214 000 Euro.

19. Am 2. Oktober 2000 wurde die Fusion zwischen der RealDanmark und der Danske Bank bekannt gegeben, und der Kurs der Aktien der RealDanmark stieg um 65 %. Herr Christensen verkaufte seine Aktien der RealDanmark am 2. und 3. Oktober 2000 und erzielte einen Gesamtgewinn von etwa 180 000 Euro. Später wurde er nach § 35 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes wegen Insiderhandels zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.

20. Herr Grøngaard und Herr Bang werden vor dem Københavens Byret nach § 36 Absatz 1 dieses Gesetzes wegen Weitergabe von Insider-Informationen strafrechtlich verfolgt.

21. Das mit dem Verfahren befasste Københavns Byret hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Verbietet Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 einer Person die Weitergabe von Insider-Informationen, die sie in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat des Unternehmens, das die Insider-Informationen betreffen, erhalten hat, an den Vorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation, in der die Arbeitnehmer zusammengeschlossen sind, die die betreffende Person als Verwaltungsratsmitglied gewählt haben?

2. Verbietet Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 einer Person die Weitergabe von Insider-Informationen, die sie in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Ausschusses für konzerninterne Zusammenarbeit des Unternehmens erhalten hat, an den Vorsitzenden derjenigen Arbeitnehmerorganisation, die die betreffende Person als Mitglied dieses Ausschusses gewählt hat?

3. Verbietet Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 dem Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation die Weitergabe von Insider-Informationen, die er unter den in Frage 1 genannten Umständen erhalten hat, an

a) seine beiden Stellvertreter,

b) den obersten Verwaltungsleiter des Sekretariats der Organisation und

c) seine Mitarbeiter im Sekretariat der Organisation?

4. Verbietet Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 dem Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation die Weitergabe von Insider-Informationen, die er unter den in Frage 2 beschriebenen Umständen erhalten hat, an

a) seine beiden Stellvertreter,

b) den obersten Verwaltungsleiter des Sekretariats der Organisation und

c) seine Mitarbeiter im Sekretariat der Organisation?

5. Welche Bedeutung hat es für die Beantwortung der Fragen 1 bis 4, dass das weitergegebene Insider-Wissen die Information enthält,

a) dass Verhandlungen über die Fusion zweier börsennotierter Unternehmen eingeleitet worden sind,

b) zu welchem Zeitpunkt eine Fusion zwischen zwei börsennotierten Unternehmen vorgesehen ist oder

c) wie hoch der Kursanstieg der Aktien eines börsennotierten Unternehmens ist, der erwartet wird, weil das Unternehmen mit einem anderen börsennotierten Unternehmen fusioniert?

Zu den Vorabentscheidungsfragen

Vorbemerkungen

22. Die Richtlinie 89/592 verbietet Insider-Geschäfte, um das Vertrauen der Anleger in den Sekundärmarkt für Wertpapiere zu schützen und somit das reibungslose Funktionieren dieses Marktes sicherzustellen.

23. Demgemäß untersagt es Artikel 2 der Richtlinie 89/592 den Personen, die u. a. als Mitglieder eines Verwaltungsorgans oder aufgrund ihrer Arbeit, ihres Berufes oder ihrer Aufgaben über eine Insider-Information verfügen, d. h. eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die geeignet ist, den Kurs eines oder mehrerer Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen, diese Information durch Erwerb oder Veräußerung dieser Wertpapiere auszunutzen.

24. Um die Zahl der Personen zu begrenzen, die eine solche Information durch den Erwerb oder die Veräußerung der Wertpapiere, auf die sie sich bezieht, ausnutzen können, sieht Artikel 3 der Richtlinie 89/592 für die in deren Artikel 2 genannten Personen außerdem ein Verbot der Weitergabe von Insider-Informationen an Dritte vor.

25. Dieses Verbot ist jedoch nicht unbedingt.

26. Nach Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 gilt das Verbot der Weitergabe einer Insider-Information nicht für deren Weitergabe durch eine Person in einem normalen Rahmen in Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder in Erfüllung ihrer Aufgaben.

27. Auch wenn diese Bestimmung angesichts ihres Wortlauts sehr unterschiedliche Situationen erfassen kann, muss sie als Ausnahme von einem allgemeinen Verbot und im Interesse der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie 89/592 eng ausgelegt werden.

28. Der strafrechtliche Charakter des gegen Herrn Grøngaard und Herrn Bang eingeleiteten Verfahrens und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen, die in einem solchen Verfahren verhängt werden können, berühren die enge Auslegung, die Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 zu geben ist, nicht. Wie der Generalanwalt in Nummer 24 seiner Schlussanträge ausführt, kann die Auslegung des Anwendungsbereichs einer Richtlinie nicht davon abhängen, ob sie in einem zivil-, verwaltungs- oder strafrechtlichen Verfahren geltend gemacht wird.

29. Außerdem ist es Aufgabe des vorlegenden Gerichts, bei der Auslegung des zur Durchführung einer Richtlinie erlassenen nationalen Rechts unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zweckes dieser Richtlinie für die Einhaltung des Grundsatzes der Rechtssicherheit zu sorgen.

30. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung des nationalen Gerichts, bei der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen seines nationalen Rechts auf den Inhalt einer Richtlinie abzustellen, Grenzen hat, insbesondere wenn eine solche Auslegung dazu führt, auf der Grundlage der Richtlinie und unabhängig von einer zu ihrer Durchführung erlassenen Regelung die strafrechtliche Verantwortlichkeit derjenigen, die gegen ihre Bestimmungen verstoßen, zu begründen oder zu verschärfen.

31. Zum Umfang der in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 vorgesehenen Ausnahme ist festzustellen, dass diese Bestimmung voraussetzt, dass die Weitergabe einer Insider-Information in einem normalen Rahmen in Ausübung der Arbeit oder des Berufes oder in Erfüllung der Aufgaben einer Person erfolgt, und damit für die Rechtfertigung einer solchen Weitergabe die Voraussetzung aufstellt, dass ein enger Zusammenhang zwischen dieser Weitergabe und der Ausübung dieser Arbeit oder dieses Berufes oder der Erfüllung dieser Aufgaben besteht.

32. Der Umfang dieser Voraussetzung ist unter Berücksichtigung der mit der Richtlinie 89/592 verfolgten Ziele zu beurteilen.

33. Aus der zweiten und der fünften Begründungserwägung der Richtlinie 89/592 ergibt sich, dass sie bezweckt, für das reibungslose Funktionieren des Sekundärmarktes für Wertpapiere zu sorgen und das Vertrauen der Anleger zu erhalten, das insbesondere darauf beruht, dass sie gleichgestellt und gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Insider-Information geschützt sind.

34. Im Licht dieser Ziele und unter Berücksichtigung dessen, dass Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 eine eng auszulegende Ausnahme darstellt, ist die Weitergabe einer solchen Information nur dann gerechtfertigt, wenn sie für die Ausübung einer Arbeit oder eines Berufes oder für die Erfüllung einer Aufgabe unerlässlich ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.

35. Im Fall mehrerer aufeinander folgender Weitergabevorgänge muss jede einzelne Weitergabe diese Voraussetzungen erfüllen, um unter die in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 vorgesehene Ausnahme zu fallen.

36. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Weitergabe von Insider-Informationen ist außerdem der Tatsache Rechnung zu tragen, dass jede zusätzliche Weitergabe die Gefahr vergrößern kann, dass diese Informationen mit einem der Richtlinie 89/592 zuwiderlaufenden Ziel ausgenutzt werden.

37. Um festzustellen, ob eine Weitergabe in einem bestimmten Fall gerechtfertigt ist, ist außerdem die Sensibilität der fraglichen Insider-Information zu berücksichtigen.

38. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn es sich um die Weitergabe von Insider-Informationen handelt, die offensichtlich geeignet sind, den Kurs der betreffenden Wertpapiere spürbar zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Insider-Informationen über eine Fusion zwischen zwei börsennotierten Gesellschaften im Allgemeinen von besonderer Sensibilität sind.

39. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 vorgesehene Ausnahme unter Berücksichtigung der Besonderheiten des anwendbaren nationalen Rechts zu beurteilen ist.

40. Ob etwas in einem normalen Rahmen in Ausübung einer Arbeit oder eines Berufes oder in Erfüllung einer Aufgabe geschieht, bestimmt sich in Ermangelung einer Harmonisierung in diesem Bereich nämlich weitestgehend nach den Vorschriften, die diese Fragen in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen regeln.

41. Schließlich ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie 89/592 Mindestanforderungen in Bezug auf das Verbot der Ausnutzung und Weitergabe von Insider-Informationen festlegt.

42. Nach Artikel 6 der Richtlinie 89/592 kann nämlich jeder Mitgliedstaat strengere allgemein geltende Vorschriften als die in dieser Richtlinie vorgesehenen erlassen.

Zur ersten und zur zweiten Frage

43. Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, fragt das vorlegende Gericht im Wesentlichen danach, ob Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 es verbietet, dass eine Person, die in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer Gesellschaft oder in ihrer Eigenschaft als Mitglied eines Verbindungsausschusses eines Konzerns Insider-Informationen erhält, diese Informationen an den Vorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation weitergibt, in der diese Arbeitnehmer zusammengeschlossen sind und die diese Person als Mitglied des Verbindungsausschusses gewählt hat.

44. Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rechtsstellung und die Funktionsweise der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane der Kapitalgesellschaften sowie die Rechtsstellung und die Rolle der Arbeitnehmervertreter in diesen Organen im Wesentlichen in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten geregelt sind.

45. Das gilt auch für die Rechtsstellung und die Funktionsweise des Verbindungsausschusses.

46. Daraus folgt, dass die Antwort auf die Frage, ob die Weitergabe von Insider-Informationen durch eine solche Person an den Vorsitzenden dieser Arbeitnehmerorganisation zur normalen Erfüllung ihrer Aufgaben gehört, weitestgehend von den Vorschriften abhängt, die diese Aufgaben in der betreffenden nationalen Rechtsordnung regeln.

47. Selbst wenn eine derartige Weitergabe nach der anwendbaren nationalen Rechtsordnung erlaubt ist, fällt sie außerdem nur dann unter die in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 vorgesehene Ausnahme, wenn sie unter den in den Randnummern 22 bis 42 des vorliegenden Urteils dargelegten Voraussetzungen erfolgt ist.

48. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 es verbietet, dass eine Person, die in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer Gesellschaft oder in ihrer Eigenschaft als Mitglied eines Verbindungsausschusses eines Konzerns Insider-Informationen erhält, diese Informationen an den Vorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation weitergibt, in der diese Arbeitnehmer zusammengeschlossen sind und die diese Person als Mitglied des Verbindungsausschusses gewählt hat, soweit nicht

- ein enger Zusammenhang zwischen der Weitergabe und der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben besteht und

- diese Weitergabe für die Ausübung dieser Arbeit oder dieses Berufes oder für die Erfüllung dieser Aufgaben unerlässlich ist.

Im Rahmen seiner Prüfung muss das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere Folgendem Rechnung tragen:

- dem Umstand, dass diese Ausnahme vom Verbot der Weitergabe von Insider-Informationen eng auszulegen ist;

- dem Umstand, dass jede zusätzliche Weitergabe die Gefahr vergrößern kann, dass diese Informationen mit einem der Richtlinie 89/592 zuwiderlaufenden Ziel ausgenutzt werden, und

- der Sensibilität der Insider-Information.

Zur dritten und zur vierten Frage

49. Mit der dritten und der vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Wesentlichen danach, ob und unter welchen Voraussetzungen Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 es dem Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation, der Insider-Informationen unter den in der ersten und der zweiten Frage erläuterten Umständen erhält, gestattet, diese Informationen an seine Mitarbeiter weiterzugeben.

50. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass sich die Tätigkeit einer Arbeitnehmerorganisation, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, und die Rolle des Vorsitzenden dieser Organisation ebenso wie die Verwaltungsorgane und der Verbindungsausschuss, die Gegenstand der ersten beiden Fragen sind, nach der betreffenden nationalen Rechtsordnung richten.

51. Folglich hängt die Antwort auf die Frage, ob der Vorsitzende einer solchen Arbeitnehmerorganisation im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben Insider-Informationen an Dritte weitergeben darf, weitestgehend vom anwendbaren nationalen Recht ab.

52. Wie in Randnummer 47 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, fällt eine derartige Weitergabe, selbst wenn sie nach der anwendbaren nationalen Rechtsordnung erlaubt ist, außerdem nur dann unter die in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 vorgesehene Ausnahme, wenn sie unter den in den Randnummern 22 bis 42 des vorliegenden Urteils dargelegten Voraussetzungen erfolgt ist.

53. In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass nach den Artikeln 2 und 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 das Verbot der Weitergabe von Insider-Informationen für die Personen gilt, die als Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans oder durch ihre Beteiligung am Kapital der emittierenden Gesellschaft über Insider-Informationen verfügen, und darüber hinaus nur für die Personen, die über solche Informationen aufgrund ihrer Arbeit, ihres Berufes oder ihrer Aufgaben verfügen.

54. In Anbetracht des Vorstehenden ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 eine Weitergabe von Insider-Informationen durch den Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation an Mitarbeiter wie die in diesen Fragen bezeichneten verbietet, soweit nicht die in der Antwort auf die erste und die zweite Frage genannten Bedingungen erfüllt sind. Im Rahmen seiner Prüfung hat das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere die ebenfalls in dieser Antwort genannten Kriterien zu berücksichtigen.

Zur fünften Frage

55. In Anbetracht der Antworten auf die ersten vier Fragen ist die fünfte Frage nicht zu beantworten.

Kosten

56. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.



Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1. Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte verbietet es, dass eine Person, die in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer Gesellschaft oder in ihrer Eigenschaft als Mitglied eines Verbindungsausschusses eines Konzerns Insider-Informationen erhält, diese Informationen an den Vorsitzenden der Arbeitnehmerorganisation weitergibt, in der diese Arbeitnehmer zusammengeschlossen sind und die diese Person als Mitglied des Verbindungsausschusses gewählt hat, soweit nicht

- ein enger Zusammenhang zwischen der Weitergabe und der Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der Erfüllung ihrer Aufgaben besteht und

- diese Weitergabe für die Ausübung dieser Arbeit oder dieses Berufes oder für die Erfüllung dieser Aufgaben unerlässlich ist.

Im Rahmen seiner Prüfung muss das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere Folgendem Rechnung tragen:

- dem Umstand, dass diese Ausnahme vom Verbot der Weitergabe von Insider-Informationen eng auszulegen ist;

- dem Umstand, dass jede zusätzliche Weitergabe die Gefahr vergrößern kann, dass diese Informationen mit einem der Richtlinie 89/592 zuwiderlaufenden Ziel ausgenutzt werden, und

- der Sensibilität der Insider-Information.

2. Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/592 verbietet eine Weitergabe von Insider-Informationen durch den Vorsitzenden einer Arbeitnehmerorganisation an Mitarbeiter wie die in der dritten und der vierten Frage bezeichneten, soweit nicht die in der Antwort auf die erste und die zweite Frage genannten Bedingungen erfüllt sind.

Im Rahmen seiner Prüfung hat das nationale Gericht im Licht der anwendbaren nationalen Vorschriften insbesondere die ebenfalls in dieser Antwort genannten Kriterien zu berücksichtigen.



Gesetze

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(1) Für die Mitteilungspflichten nach § 33 Absatz 1 und 2 stehen den Stimmrechten des Meldepflichtigen Stimmrechte aus Aktien des Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, gleich,1.die einem Tochterunternehmen des Mel

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Referenzen

(1) Die Bezeichnungen „Unabhängiger Honorar-Anlageberater“, „Unabhängige Honorar-Anlageberaterin“, „Unabhängige Honorar-Anlageberatung“ oder „Unabhängiger Honoraranlageberater“, „Unabhängige Honoraranlageberaterin“, „Unabhängige Honoraranlageberatung“ auch in abweichender Schreibweise oder eine Bezeichnung, in der diese Wörter enthalten sind, dürfen, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist, in der Firma, als Zusatz zur Firma, zur Bezeichnung des Geschäftszwecks oder zu Werbezwecken nur Wertpapierdienstleistungsunternehmen führen, die im Register Unabhängiger Anlageberater nach § 93 eingetragen sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Unternehmen, die die dort genannten Bezeichnungen in einem Zusammenhang führen, der den Anschein ausschließt, dass sie Wertpapierdienstleistungen erbringen. Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Sitz im Ausland dürfen bei ihrer Tätigkeit im Inland die in Absatz 1 genannten Bezeichnungen in der Firma, als Zusatz zur Firma, zur Bezeichnung des Geschäftszwecks oder zu Werbezwecken führen, wenn sie zur Führung dieser Bezeichnung in ihrem Sitzstaat berechtigt sind und sie die Bezeichnung um einen auf ihren Sitzstaat hinweisenden Zusatz ergänzen.

(3) Die Bundesanstalt entscheidet in Zweifelsfällen, ob ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen zur Führung der in Absatz 1 genannten Bezeichnungen befugt ist. Sie hat ihre Entscheidungen dem Registergericht mitzuteilen.

(4) Die Vorschrift des § 43 des Kreditwesengesetzes ist entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes die Eintragung in das Register Unabhängiger Honorar-Anlageberater nach § 93 tritt.

(1) Vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 sind Tochterunternehmen im Sinne dieses Abschnitts Unternehmen,

1.
die als Tochterunternehmen im Sinne des § 290 des Handelsgesetzbuchs gelten oder
2.
auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann,
ohne dass es auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt.

(2) Nicht als Tochterunternehmen im Sinne dieses Abschnitts gilt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen hinsichtlich der Beteiligungen, die von ihm im Rahmen einer Wertpapierdienstleistung nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 7 verwaltet werden, wenn

1.
das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Stimmrechte, die mit den betreffenden Aktien verbunden sind, unabhängig vom Mutterunternehmen ausübt,
2.
das Wertpapierdienstleistungsunternehmen
a)
die Stimmrechte nur auf Grund von in schriftlicher Form oder über elektronische Hilfsmittel erteilten Weisungen ausüben darf oder
b)
durch geeignete Vorkehrungen sicherstellt, dass die Finanzportfolioverwaltung unabhängig von anderen Dienstleistungen und unter Bedingungen erfolgt, die gleichwertig sind denen der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32) in der jeweils geltenden Fassung,
3.
das Mutterunternehmen der Bundesanstalt den Namen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens und die für dessen Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen Behörde mitteilt und
4.
das Mutterunternehmen gegenüber der Bundesanstalt erklärt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind.

(3) Nicht als Tochterunternehmen im Sinne dieses Abschnitts gelten Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs und EU-Verwaltungsgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kapitalanlagegesetzbuchs hinsichtlich der Beteiligungen, die zu den von ihnen verwalteten Investmentvermögen gehören, wenn

1.
die Verwaltungsgesellschaft die Stimmrechte, die mit den betreffenden Aktien verbunden sind, unabhängig vom Mutterunternehmen ausübt,
2.
die Verwaltungsgesellschaft die zu dem Investmentvermögen gehörenden Beteiligungen im Sinne der §§ 33 und 34 nach Maßgabe der Richtlinie 2009/65/EG verwaltet,
3.
das Mutterunternehmen der Bundesanstalt den Namen der Verwaltungsgesellschaft und die für deren Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen Behörde mitteilt und
4.
das Mutterunternehmen gegenüber der Bundesanstalt erklärt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind.

(4) Ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, das nach § 32 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 des Kreditwesengesetzes einer Zulassung für die Finanzportfolioverwaltung oder einer Erlaubnis nach § 20 oder § 113 des Kapitalanlagegesetzbuchs bedürfte, wenn es seinen Sitz oder seine Hauptverwaltung im Inland hätte, gilt nicht als Tochterunternehmen im Sinne dieses Abschnitts, wenn

1.
das Unternehmen bezüglich seiner Unabhängigkeit Anforderungen genügt, die denen nach Absatz 2 oder Absatz 3, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 6, jeweils gleichwertig sind,
2.
das Mutterunternehmen der Bundesanstalt den Namen dieses Unternehmens und die für dessen Überwachung zuständige Behörde oder das Fehlen einer solchen Behörde mitteilt und
3.
das Mutterunternehmen gegenüber der Bundesanstalt erklärt, dass die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt sind.

(5) Abweichend von den Absätzen 2 bis 4 gelten Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Verwaltungsgesellschaften jedoch dann als Tochterunternehmen im Sinne dieses Abschnitts, wenn

1.
das Mutterunternehmen oder ein anderes Tochterunternehmen des Mutterunternehmens seinerseits Anteile an der von dem Unternehmen verwalteten Beteiligung hält und
2.
das Unternehmen die Stimmrechte, die mit diesen Beteiligungen verbunden sind, nicht nach freiem Ermessen, sondern nur auf Grund unmittelbarer oder mittelbarer Weisungen ausüben kann, die ihm vom Mutterunternehmen oder von einem anderen Tochterunternehmen des Mutterunternehmens erteilt werden.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über die Umstände, unter denen in den Fällen der Absätze 2 bis 5 eine Unabhängigkeit vom Mutterunternehmen gegeben ist.