Wirtschaftsstrafrecht: Zu Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen

bei uns veröffentlicht am31.01.2011

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Rein "vertikale" Absprachen sind nicht vom Tatbestand des § 298 I StGB umfasst - BGH vom 07.09.04 - Az: 4 StR 234/04 - Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Der BGH hat mit dem Beschluss vom 07.09.2004 (Az: 4 StR 234/04) folgendes entschieden:

Das LG hat den Angeklagten wegen „Bestechung in 49 Fällen, Betruges in 50 Fällen, jeweils tateinheitlich mit wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen, wobei es in 6 Fällen beim Versuch geblieben ist, Betruges in einem weiteren Fall, versuchten Betruges in 3 weiteren Fällen und wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen in 13 weiteren Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist sie unbegründet i.S. des § 349 II StPO.

1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen 101 bis 104, 106, 107, 109, 110, 114 bis 121 und 123 der Anklage gem. § 154 II StPO eingestellt, weil rein „vertikale“ Absprachen (Fälle 101 bis 104, 106, 107, 114 bis 121) nicht vom Tatbestand des § 298 I StGB erfaßt sind; in den Fällen 109, 110, 116 bis 121 und 123 begegnet die – zum Teil (Fälle 116 bis 121) tateinheitlich mit § 298 I StGB erfolgte Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen versuchten Betruges Bedenken, weil der vom Mittäter B. wie dieser wußte zu täuschende Geschäftsführer Br. (möglicherweise, UA 49, 50, 67, 68) bösgläubig war. Soweit eine (wahlweise) Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue in Betracht käme, fielen die hierfür zu verhängenden Strafen neben den übrigen Einzelstrafen nicht ins Gewicht.

In den Fällen 27, 32, 33, 37, 111 und 112 der Anklage hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts das Verfahren gem. § 154 a II StPO auf den Vorwurf des Betruges beschränkt, weil die tateinheitlich zum Betrug jeweils abgeurteilte wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen soweit ersichtlich ebenfalls nur „vertikale“ Absprachen betraf.

Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Dies führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen 27, 32, 33, 37, 111 und 112 der Anklage und der Gesamtstrafe. Diese Strafen müssen neu festgesetzt werden.



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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Sept. 2004 - 4 StR 234/04

bei uns veröffentlicht am 07.09.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 234/04 vom 7. September 2004 in der Strafsache gegen wegen Bestechung u. a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September

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Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 234/04
vom
7. September 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2004
gemäß §§ 154 Abs. 2, 154 a Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen 101 bis 104, 106, 107, 109, 110, 114 bis 121 und 123 der Anklage verurteilt worden ist. Insoweit werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.
2. Die Strafverfolgung wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts in den Fällen 27, 32, 33, 37, 111 und 112 der Anklage auf den Vorwurf des Betruges beschränkt.
3. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 17. September 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der Bestechung in 49 Fällen, des Betruges in 45 Fällen, davon in 38 Fällen in Tateinheit mit wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen , und der wettbewerbsbeschränkenden Absprache bei Ausschreibungen in fünf Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 27, 32, 33, 37, 111 und 112 der Anklage und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
5. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Bestechung in 49 Fällen, Betruges in 50 Fällen, jeweils tateinheitlich mit wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen, wobei es in 6 Fällen beim Versuch geblieben ist, Betruges in einem weiteren Fall, versuchten Betruges in 3 weiteren Fällen und wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen in 13 weiteren Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen 101 bis 104, 106, 107, 109, 110, 114 bis 121 und 123 der Anklage gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, weil rein "vertikale" Absprachen (Fälle 101 bis 104, 106, 107, 114 bis 121) nicht vom Tatbestand des § 298 Abs. 1
StGB erfaßt sind (Senatsbeschluß vom 22. Juni 2004 - 4 StR 428/03, insoweit zum Abdruck in BGHSt vorgesehen); in den Fällen 109, 110, 116 bis 121 und 123 begegnet die – zum Teil (Fälle 116 bis 121) tateinheitlich mit § 298 Abs. 1 StGB erfolgte - Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen versuchten Betruges Bedenken, weil der vom Mittäter B. - wie dieser wußte - zu täuschende Geschäftsführer Br. (möglicherweise, UA 49, 50, 67, 68) bösgläubig war. Soweit eine (wahlweise) Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue in Betracht käme, fielen die hierfür zu verhängenden Strafen neben den übrigen Einzelstrafen nicht ins Gewicht.
2. In den Fällen 27, 32, 33, 37, 111 und 112 der Anklage hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts das Verfahren gemäß § 154 a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des Betruges beschränkt, weil die tateinheitlich zum Betrug jeweils abgeurteilte wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen - soweit ersichtlich - ebenfalls nur "vertikale" Absprachen betraf.
3. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Dies führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen 27, 32, 33, 37, 111 und 112 der Anklage und der Gesamtstrafe. Diese Strafen müssen neu festgesetzt werden.
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