ZPO: Zur Beschwer bei Unterlassungsverurteilung

bei uns veröffentlicht am11.12.2013

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Die Beschwer einer zur Unterlassung verurteilten Partei richtet sich danach, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu ihrem Nachteil auswirkt.
Der BGH hat in seinem Beschluss vom 25.09.2013 (Az.: VII ZB 26/11) folgendes entschieden:

Maßgebend sind die Nachteile, die ihr aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen.

Bei der Bestimmung der Beschwer des Unterlassungsschuldners ist nicht danach zu unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungspflicht streiten oder aber lediglich über eine bereits erfolgte Verletzung einer unstreitig bestehenden Unterlassungspflicht.

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. April 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.


Gründe:

Die Beklagte war in der Zeit vom 1. April 1999 bis 30. September 2007 als hauptberufliche Handelsvertreterin für die Klägerin, eine bundesweit agierende Bausparkasse, tätig. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, Kundendaten, die dieser im Rahmen der Tätigkeit für die Klägerin bekannt geworden sind, unerlaubt für eigene geschäftliche Zwecke verwendet zu haben. Sie hat die Beklagte deswegen auf Unterlassung und auf Erstattung vorprozessual entstandener Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln zur Unterlassung wie folgt verurteilt:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Aufzeichnungen von Kundendaten, beispielsweise Kopien, Abschriften, Dateien oder sonstige Verzeichnisse, welche ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit als Handelsvertreterin der Klägerin bekannt geworden sind, zu geschäftlichen Zwecken zu verwenden.

Das Landgericht hat die Beklagte darüber hinaus zur Erstattung vorprozessual entstandener Abmahnkosten in Höhe von 1.691,96 € zuzüglich Zinsen verurteilt; den Gegenstandswert hat es auf 50.000 € festgesetzt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses des Berufungsgerichts sowie die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erstrebt. Die Klägerin beantragt, die Rechtsbeschwerde der Beklagten zurückzuweisen.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die Zulässigkeits-voraussetzung der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erfüllt. Der angefochtene Beschluss beschränkt das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes bezüglich des Zugangs zur Berufungsinstanz in einer nicht zu rechtfertigenden Weise.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige. Unabhängig vom Streitwert der Hauptsache richte sich der Wert der Beschwer nach der tatsächlichen Beeinträchtigung, die die Beklagte als Berufungsklägerin durch die Verurteilung zur Unterlassung erleide. Da die Parteien sich darüber einig seien, dass die ausgeurteilte Unterlassungspflicht als solche bestehe und sich der Streit lediglich um die Frage einer in der Vergangenheit begangenen Pflichtverletzung drehe, sei die Beklagte durch die Verurteilung zur Unterlassung selbst nicht beeinträchtigt. Eine zusätzliche Beschwer ergebe sich auch weder aus einer weitergehenden Rechtskraftwirkung des angefochtenen Urteils noch aus der Verurteilung zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Daher könne der Wert der Beschwer insgesamt nur auf den Mindestwert von bis zu 300 € festgesetzt werden.

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung gegen ein Urteil, in dem das Gericht erster Instanz - wie im Streitfall - die Berufung nicht zugelassen hat, nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € übersteigt. Nach § 2 ZPO in Verbindung mit § 3 ZPO wird der Wert des Beschwerdegegenstandes vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.

Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstands gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist auf das Interesse des Rechtsmittelklägers abzustellen, seine erstinstanzliche Verurteilung zu beseitigen. Die Beschwer einer zur Unterlassung verurteilten Partei richtet sich danach, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu ihrem Nachteil auswirkt.

Mit diesen Grundsätzen steht die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht nicht in Einklang. Die Erwägung des Berufungsgerichts, es sei danach zu unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungspflicht oder aber nur über eine bereits erfolgte Verletzung einer solchen Pflicht stritten, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Eine solche differenzierende Betrachtungsweise vermengt, worauf der Bundesgerichtshof inzwischen in seinem nach Erlass des angefochtenen Beschlusses ergangenen Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 174/11, aaO zutreffend hingewiesen hat, die Frage nach der Reichweite des vom erstinstanzlichen Gericht ausgesprochenen Unterlassungsgebots und der damit verbundenen Nachteile für den beklagten Unterlassungsschuldner mit der Frage, aus welchen Gründen das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung angegriffen wird. Ihr steht entgegen, dass sich die Rechtsmittelbeschwer des Beklagten - anders als die Beschwer des Klägers - nicht formell nach dem Umfang seines Prozessverhaltens richtet, sondern materiell danach, ob die Entscheidung seine Rechtsposition beeinträchtigt oder seinen Pflichtenkreis erweitert. Für die Beschwer des Beklagten reicht es aus, dass die angefochtene Entscheidung ihrem Inhalt nach für ihn nachteilig ist; es kommt nicht darauf an, in welcher Weise er zu dem Klagevorbringen Stellung genommen hat. Für die Frage der Beschwer im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist bei einer Unterlassungsverurteilung der Umfang des vom Schuldner zu erfüllenden Unterlassungsanspruchs, also die Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit infolge der Unterlassungsverurteilung maßgebend. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

Der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluss kann somit, da sich die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 577 Abs. 3 ZPO), keinen Bestand haben. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Das Berufungsgericht wird im Rahmen der Ermessensentscheidung nach §§ 2, 3 ZPO die für den Wert des Beschwerdegegenstands relevante Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Beklagten infolge der Unterlassungsverurteilung zu bewerten haben. Es spricht unter Berücksichtigung der Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Landgericht auf 50.000 €, die der Wertangabe der Klägerin in der Klageschrift vom 16. April 2010, Seite 1 entspricht und die von der Beklagten nicht beanstandet worden ist, sehr viel dafür, dass diese Einschränkung mit mehr als 600 € zu bewerten ist.

Keinen Bedenken begegnet es, dass das Berufungsgericht die Verurteilung zur Erstattung der vorprozessual entstandenen Abmahnkosten nicht beschwererhöhend berücksichtigt hat. Entsprechendes gilt, soweit das Berufungsgericht eine Erhöhung der Beschwer wegen einer Wirkung des landgerichtlichen Urteils auf einen möglichen Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint hat. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Schadensersatzanspruchs wird durch eine Unterlassungsverurteilung nicht präjudiziert.

Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 2 Bedeutung des Wertes


Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/11 Verkündet am:
24. Januar 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beschwer des Unterlassungsschuldners

a) Die Beschwer des Schuldners eines zur Unterlassung verpflichtenden Urteils
richtet sich danach, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot
zu seinem Nachteil auswirkt. Maßgebend sind die Nachteile, die dem
Schuldner aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen.

b) Bei der Bestimmung der Beschwer des Unterlassungsschuldners ist nicht
danach zu unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer
Unterlassungspflicht streiten oder aber lediglich über bereits erfolgte Verstöße
gegen eine unstreitig bestehende Unterlassungspflicht.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 174/11 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Juli 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Telefon- und Internetdienstleistungen. Die Beklagte nutzt für den Vertragsschluss mit Verbrauchern das sogenannte Postident-Spezialverfahren. Mit diesem Verfahren ermöglicht es die Deutsche Post AG einem Absender, im Rahmen der Postzustellung die Identität natürlicher Personen anhand eines gültigen Personalausweises bei der Unterschrift zu dem vom Absender definierten Zweck festzustellen.
2
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe eine Kundin der Klägerin bei einem Akquiseanruf im Mai 2009 unter Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 312c Abs. 1 und 2, § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV (jetzt: Art. 246 § 1 EGBGB) nicht hinreichend über die Rechtswirkungen der nach dem Telefonat von der Kundin im Wege des Postident-Verfahrens zu leistenden Unterschrift aufgeklärt. Die sodann auf der Grundlage eines deshalb rechtswidrig zustande gekommenen Vertrages über einen Telefontarif von der Klägerin verlangte Portierung des Anschlusses der Kundin sei als unlautere gezielte Behinderung gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG anzusehen. Zudem habe die Beklagte bei der Klägerin trotz des inzwischen erfolgten Widerrufs des Vertrages durch die Kundin den irreführenden Eindruck erweckt, es bestehe ein rechtswirksamer Auftrag.
3
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, ihre Mitarbeiterin habe die Kundin hinreichend darüber aufgeklärt, dass mit der Unterschriftsleistung kein Empfang der Postident-Sendung eine auf den Abschluss eines Vertrages über das Produkt gerichtete Willenserklärung abgegeben werde. Ein Widerrufsschreiben der Kundin habe sie nicht rechtzeitig vor der Mitteilung der Kündigung und der Aufforderung zur Umstellung des Telefonanschlusses an die Klägerin erhalten.
4
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,
a) im Rahmen des Postident-Verfahrens der Deutschen Post AG Verträge über die Einrichtung eines Telefonanschlusses zugunsten von p. Empfängern zuzustellen und/oder zustellen zu lassen, die vor Ablieferung der jeweiligen Postident-Sendung nicht darüber aufgeklärt worden sind, dass mit der Unterschriftsleistung im Rahmen der Empfangnahme der Postident-Sendung eine Willenserklärung abgegeben wird, die auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrages mit p. gerichtet ist; und/oder
b) Mitteilungen über die Kündigung des Telefonanschlusses bei der D. AG und/oder diesbezügliche Portierungsaufträge an die D. AG weiterzuleiten und/oder weiterleiten zu lassen, die auf einem Vertrag mit p. basieren, der im Rahmen des Postident-Verfahrens mit der Deutschen Post AG zustande gekommen ist, wenn den hiervon betroffenen Kunden vor der Ablieferung der jeweiligen Postident-Sendung nicht mitgeteilt wurde, dass mit der Unterschriftsleistung im Rahmen der Empfangnahme der Postident-Sendung eine Willenserklärung abgegeben wird, die auf den Abschluss eines solchen Verfahrens mit p. gerichtet ist; und/oder
c) der D. AG mitzuteilen und/oder mitteilen zu lassen, dass ein Kunde seinen Telefonanschluss dort kündigen wolle und der Telefonanschluss in das von p. genutzte Netz portiert werden solle, wenn der betroffene Kunde seinen diesbezüglichen Auftrag wirksam widerrufen hat.
5
Das Landgericht hat die Beklagte darüber hinaus zur Erstattung vorprozessual entstandener Abmahnkosten in Höhe von 1.780,20 € verurteilt; den Streitwert hat es auf 100.000 € festgesetzt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 € nicht übersteige. Es hat dazu ausgeführt:
7
Bei dem Streit der Parteien gehe es nicht um die Unterlassungspflichten selbst, sondern nur um die Frage, ob die Beklagte gegen diese Unterlassungspflichten verstoßen habe. So bringe die Beklagte gegen die Verurteilung nach den Anträgen zu a und b vor, sie habe hinreichend über die Rechtsverbindlichkeit der im Rahmen des Postident-Verfahrens zu leistenden Unterschrift der Kundin informiert. Im Hinblick auf den Antrag zu c mache sie geltend, ihr sei kein Widerruf der Kundin zugegangen. Ein Interesse der Beklagten, so zu handeln , wie es verboten worden sei, bestehe ersichtlich nicht und werde von der Berufung auch nicht behauptet. Werde aber nicht über die Unterlassungspflicht, sondern lediglich darüber gestritten, ob gegen eine solche Pflicht verstoßen worden sei, richte sich die Beschwer des Unterlassungsschuldners allenfalls nach dem Aufwand und den Kosten, die diesem entstehen könnten, wenn er dem Unterlassungstitel nachkomme. Im Streitfall habe die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises nicht dargelegt, dass Aufwand und Kosten insoweit 500 € übersteigen könnten. Ein bewertbarer Imageschaden sei durch die Verurteilung ebenfalls nicht entstanden.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der für die Statthaftigkeit der Berufung erforderliche Beschwerdewert sei nicht erreicht, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
a) Gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung gegen ein Urteil, in dem das Gericht erster Instanz - wie im Streitfall - die Berufung nicht zugelassen hat, nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Nach § 2 ZPO in Verbindung mit § 3 ZPO wird der Wert des Beschwerdegegenstandes vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Die Bewertung des Rechtsmittelinteresses kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht bei der seinem freien Ermessen gemäß §§ 2, 3 ZPO unterliegenden Wertfestsetzung die Ermessensgrenze überschritten oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 314 f. mwN). Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstandes gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist auf das Interesse des Rechtsmittelführers abzustellen, seine erstinstanzliche Verurteilung zu beseitigen (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 - I ZR 220/10, AfP 2011, 261 Rn. 2; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 511 Rn. 20). Die Beschwer des Schuldners eines zur Unterlassung verpflichtenden Urteils richtet sich da- nach, in welcher Weise sich das ausgesprochene Verbot zu seinem Nachteil auswirkt (BGH, AfP 2011, 261 Rn. 4). Maßgebend sind die Nachteile, die dem Schuldner aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehen (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 - IX ZR 107/08, NJW-RR 2009, 549 Rn. 3; Zöller/ Heßler aaO Vor § 511 Rn. 19b). Außer Betracht bleiben dabei die Nachteile, die nicht mit der Befolgung des Unterlassungsgebots, sondern mit einer Zuwiderhandlung - etwa durch die Festsetzung eines Ordnungsgeldes oder durch die Bestellung einer Sicherheit (§ 890 Abs. 1 und 3 ZPO) - verbunden sind (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 549 Rn. 4).
11
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei bei der Bestimmung der Beschwer des zu einer Unterlassung verpflichteten Beklagten danach zu unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungspflicht stritten oder aber lediglich über bereits erfolgte Verstöße gegen eine solche Unterlassungspflicht. Stritten die Parteien nicht auch über die Unterlassungspflicht , gehe es nicht mehr um ein Interesse der Beklagten, so zu handeln , wie es verboten worden sei, sondern nur noch um den Aufwand und die Kosten, die die Beklagte zur Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung aufwenden müsse. Dem kann nicht zugestimmt werden.
12
aa) Das Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem Interesse des Klägers an dieser Verurteilung. Denn das Interesse des Klägers an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie von subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers wie etwa dem Verschuldensgrad zu bewerten (BGH, AfP 2011, 261 Rn. 5 mwN).
13
bb) Mit diesen Grundsätzen steht die vom Berufungsgericht im Anschluss an eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (Beschluss vom 13. April 2011 - 11 U 236/10, juris; vgl. auch Ahrens/Berneke, Der Wettbewerbsprozess , 6. Aufl., Kap. 40 Rn. 43) vertretene Ansicht, es sei danach zu unterscheiden, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungspflicht stritten oder aber nur über bereits erfolgte Verstöße gegen eine solche Unterlassungspflicht, nicht im Einklang.
14
(1) Eine solche differenzierende Betrachtungsweise vermengt die Frage nach der Reichweite des vom erstinstanzlichen Gericht ausgesprochenen Unterlassungsgebots und der damit verbundenen Nachteile für den beklagten Unterlassungsschuldner mit der Frage, aus welchen Gründen das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung angegriffen wird. Ihr steht entgegen, dass sich die Rechtsmittelbeschwer des Beklagten - anders als die Beschwer des Klägers - nicht formell nach dem Umfang seines Prozessverhaltens richtet, sondern materiell danach, ob die Entscheidung seine Rechtsposition beeinträchtigt oder seinen Pflichtenkreis erweitert. Für die Beschwer des Beklagten reicht es danach aus, dass die angefochtene Entscheidung ihrem Inhalt nach für ihn nachteilig ist; es kommt nicht darauf an, in welcher Weise er zu dem Klagevorbringen Stellung genommen hat. So ist eine Berufung selbst dann statthaft, wenn der Beklagte den Klageanspruch anerkannt hat und gegen ihn Anerkenntnisurteil ergangen ist (BGH, Beschluss vom 15. Januar 1992 - XII ZB 135/91, NJW 1992, 1513, 1514 mwN; vgl. auch Zöller/Heßler aaO Vor § 511 Rn. 19a f.; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 511 Rn. 20; Reichold in Thomas/Putzo, 33. Aufl., Vor § 511 Rn. 19; Wieczorek/Gerken, ZPO, 3. Aufl., Vor § 511 Rn. 29; aA Rimmelspacher in MünchKomm.ZPO, 4. Aufl., Vorbem. zu §§ 511 ff. Rn. 17 f.). Die differenzierte Betrachtungsweise des Berufungsgerichts widerspricht auch dem allgemeinen Rechtsgedanken der „Waffengleichheit“ der Parteien im Prozess (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 11 - TÜV I). Während bei der Bestimmung der Rechtsmittelwertgrenze für den Kläger stets sein Interesse an der Verurteilung des Beklagten maßgebend ist, wäre der Beklagte zur Sicherstellung der Zulässigkeit seines Rechtsmittels gezwungen, immer auch das Bestehen einer Unterlassungspflicht als solche in Abrede zu stellen. Die Fälle, in denen dem Kläger und dem Beklagten je nachdem, wer unterliegt, unterschiedliche Rechtsmittelmöglichkeiten offenstehen , sind zwar - etwa bei auf Erteilung einer Auskunft gerichteten Klagen - nicht völlig auszuschließen, sollten aber im Interesse der Waffengleichheit möglichst die Ausnahme bleiben.
15
(2) Für die Frage der Beschwer im Sinne von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist mithin der Umfang des vom Schuldner zu erfüllenden Unterlassungsgebots, also die Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit, maßgebend. Die in dieser Einschränkung liegende Beschwer wird nicht dadurch geringer, dass sich der zur Unterlassung verurteilte Beklagte prozessual nur gegen die tatsächliche Erfüllung der Voraussetzungen einer zur Unterlassung verpflichtenden Anspruchsgrundlage wendet, also einen für die Begehungsgefahr erforderlichen Verletzungsfall bestreitet, statt - und sei es auch nur aus Gründen prozessualer Vorsicht - zusätzlich die Rechtsansicht zu vertreten, der vom Kläger behauptete Verletzungsfall erfülle nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der in Rede stehenden Verbotsnorm.
16
c) Nicht zutreffend ist zudem der tatsächliche Maßstab, den das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung bei der Wertfestsetzung gemäß §§ 2, 3 ZPO angelegt hat, um den von der Beklagten zur Einhaltung des Unterlassungsgebots zu treibenden Aufwand zu bestimmen.
17
aa) Allerdings ist das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Bemessung des Interesses des Beklagten an der Beseitigung der Verurteilung auch der Aufwand berücksichtigt werden kann, den der Beklagte betreiben muss, um die Einhaltung des tenorierten Verbots sicherzustellen. Dieser Aufwand ist allerdings nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - anstelle des Interesses des Beklagten an der Beseitigung des Verbots maßgebend, sondern allenfalls für die Frage, ob die Beschwer des Beklagten das Interesse des Klägers an der Verurteilung übersteigt (vgl. BGH, AfP 2011, 261 Rn. 4, 6).
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bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, es reiche zur Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung im Wesentlichen aus, das von der Beklagten beauftragte Vertriebsunternehmen mit einer „schlichten, ggf. auch kurz erläuternden Rundmail“ zu informieren, genügt den im Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO an die Information und Überwachung von Mitarbeitern und Beauftragten zu stellenden strengen Maßstäben nicht. Erforderlich ist zunächst, auf diese Personen durch Belehrungen und Anordnungen einzuwirken, auf die Nachteile aus einem Verstoß sowohl hinsichtlich des Dienstverhältnisses als auch der Zwangsvollstreckung deutlich hinzuweisen, Rückmeldungen anzuordnen und zu kontrollieren sowie Sanktionen für die Nichteinhaltung der Anordnung anzudrohen. Darüber hinaus müssen die Anordnung auch streng überwacht und gegebenenfalls angedrohte Sanktionen wie Kündigungen auch verhängt werden, um die Durchsetzung von Anordnungen sicherzustellen (vgl. OLG Hamburg, NJW-RR 1993, 1392; OLG Nürnberg, WRP 1999, 1184, 1185; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 26 bei Fn. 133 ff.; Fezer/ Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 392; Brüning in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., Vorb. zu § 12 Rn. 305 ff.; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rn. 6.7; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 12 Rn. 243, jeweils mwN). Bereits die Sicherstellung der Belehrung über die Unterlassungspflicht, die Anordnung der Einhaltung des Verbots und die Überwachung dieser Maß- nahmen wird in Unternehmen regelmäßig einen Aufwand verursachen, der 600 € übersteigt.
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cc) Im Streitfall kommt hinzu, dass die Beklagte im Hinblick auf den Unterlassungstenor zu 1 c ein Fristenmanagement entwickeln, einführen und überwachen muss, um sicherzustellen, dass ein Widerruf des Kunden unverzüglich erfasst, auf Wirksamkeit geprüft und in die weitere Abwicklung der Kündigung und Portierung des Telekom-Anschlusses eingebunden wird.
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2. Da sich das angefochtene Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO), kann es keinen Bestand haben. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 09.06.2010 - 97 O 225/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.07.2011 - 5 U 117/10 -

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.