Zurechnung der arglistigen Täuschung des Anlegers bei institutionalisiertem Zusammenwirken zwischen kreditgebender Bank und Verkäufer von Immobilienfondsanteilen

bei uns veröffentlicht am08.11.2010

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
BGH-Urteil vom 21.09.2010 - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Der BGH hat mit dem Urteil vom 21.09.2010 (Az: XI ZR 232/09) entschieden:

In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber der finanzierten Kapitalanlage setzt die Vermutung für einen konkreten Wissensvorsprung der Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung der Anleger (lediglich) eine objektiv evidente Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts voraus. Die Frage, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte, stellt sich erst im Rahmen der Widerlegung der Vermutung.

Tatbestand:


Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einer von der Klägerin, einer Sparkasse, finanzierten Beteiligung der Beklagten an einem geschlossenen Immobilienfonds.

Die Beklagten beteiligten sich mit notarieller Beitrittserklärung vom 4. November 1993 mit zwei Anteilen zu je 50.000 DM an dem Immobilienfonds Sa. GbR (im Folgenden: Fonds). In dem Fondsprospekt wurde das noch zu errichtende Objekt als "Gebäude, das auf gut 5.000 m² Fläche Büros beherbergen wird, …" beschrieben. Die Baukosten einschließlich Planungs-, Genehmigungs- und sonstigen Baunebenkosten waren mit 19 Mio. DM angegeben. Der in dem Fondsprospekt abgedruckte Gesellschaftsvertrag, der in Abschrift auch der notariellen Beitrittserklärung beigefügt war, enthielt unter anderen folgende Bestimmung:

Die Gesellschaft hat eine Planung für ein Geschäftszentrum in Auftrag gegeben. Auf dieser Basis wird sie unter Berücksichtigung allgemeiner Grundsätze mit einem überregional tätigen Bauunternehmen einen Generalunternehmervertrag abschließen."

Tatsächlich schloss der Fonds am 8. November 1993 mit der zu diesem Zeitpunkt noch in Gründung befindlichen T. GmbH (im Folgenden: T. GmbH), die zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörte, einen Baubetreuungsvertrag, nach dem das Fondsprojekt zu einem Festpreis von 19 Mio. DM netto erstellt werden sollte und die T. GmbH als Betreuungsentgelt die Differenz zwischen den tatsächlichen Nettobaukosten und der garantierten Bausumme erhalten sollte. Eine von den Fondsinitiatoren vor dem Vertriebsbeginn eingeholte Baukostenschätzung der A. GmbH (im Folgenden: A. GmbH) vom 17. Oktober 1993 belief sich auf 13.226.000 DM bzw. einschließlich Planungs-, Genehmigungs- und sonstigen Baunebenkosten auf 14.481.000 DM. Die in S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) umfirmierte T. GmbH schloss mit der Fa. D. am 20. Mai 1994 einen Generalunternehmervertrag zu einem Pauschalpreis von 13.150.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer.

Zur Finanzierung der Beteiligung nahmen die Beklagten bei der Klägerin am 24. November/29. Dezember 1993 ein Darlehen über 111.111 DM auf. Die Darlehensvaluta wurde vereinbarungsgemäß an einen Treuhänder ausgezahlt. Die Klägerin, die gegenüber den Fondsinitiatoren eine Finanzierung sämtlicher 530 Fondsanteile zugesagt hatte, zahlte an die Vermittlungsgesellschaft, die ebenfalls zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörte, eine Provision von 2% der Darlehenssumme. Ob dies auch für das von den Beklagten aufgenommene Darlehen der Fall war, ist zwischen den Parteien streitig.

In der Folgezeit bedienten die Beklagten die Darlehen zunächst vertragsgemäß, und zwar auch noch, nachdem sie mit Schreiben vom 20. September 2006 den Widerruf "nach dem HaustürWG" ihrer auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen erklärt hatten. Mit Schreiben vom 13. Mai 2007 kündigten sie der Klägerin jedoch an, keine weiteren Zahlungen mehr zu leisten. Daraufhin kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom 23. Mai 2007 mit sofortiger Wirkung und stellte den offenen Saldo über 54.906,58 € fällig.

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, wobei es die allein auf den Widerruf nach dem Haustürgeschäftewiderrufsgesetz gestützte Verteidigung der Beklagten mangels Kausalität der Haustürsituation als unbegründet angesehen hat. Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt und diese mit Schadensersatzansprüchen aus Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich der von ihnen behaupteten Zahlung einer Kreditvermittlungsprovision sowie der nach ihrer Behauptung im Prospekt fehlerhaften bzw. verschwiegenen Angaben zu den tatsächlichen Baukosten und dem Baubetreuungsvertrag sowie den Büroflächen begründet. Zudem haben sie widerklagend die Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 52.524,51 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der beiden Fondsanteile verlangt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagten hätten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG widerrufen können, weil es aufgrund des zeitlichen Abstandes von mehreren Wochen zwischen dem Ansprechen der Beklagten im Oktober 1993 und dem Abschluss des Darlehensvertrags Ende November 1993 an der Kausalität zwischen einer Haustürsituation und dem Abschluss des Darlehensvertrags fehle.

Den Beklagten stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Zahlung einer Vermittlungsprovision oder einer arglistigen Täuschung durch die Fondsinitiatoren zu.

In Bezug auf die Innenprovision sei nicht ersichtlich, weshalb die Beklagten dies und die hiermit angeblich verbundene Überteuerung des Darlehenszinses nicht bereits in erster Instanz hätten vortragen können. Zudem sei ihr Vorbringen zu den überhöhten Kreditkonditionen unsubstantiiert.

Eine arglistige Täuschung sei auch im Hinblick auf die behaupteten
überhöhten Baukosten zu verneinen. Hinsichtlich der veranschlagten Baukosten und der Kostenschätzung der A. GmbH hätten die Beklagten nicht dargelegt, weshalb sie hierzu nicht bereits in erster Instanz hätten vortragen können. Zudem fehle es selbst bei Unterstellen einer unrichtigen Prospektangabe an einer Evidenz; denn insoweit sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen, dass dem Fonds Gelder entzogen werden sollten. Ferner sei das Vorbringen der Beklagten zur Unrichtigkeit der prospektierten Baukosten unsubstantiiert. Die Kostenschätzung der A. GmbH sei insoweit nicht aussagekräftig. Darüber hinaus habe die Klägerin die Investitionskosten bis zum Jahr 1997 mit über 18,8 Mio. DM konkretisiert.

Schließlich liege auch keine arglistige Täuschung bezüglich der behaupteten Flächendiskrepanz vor. Der Prospekt sei dahin zu verstehen, dass Büros auf "gut 5.000 qm Fläche", nicht aber mit 5.000 qm Büroflächen geschaffen werden sollten. Jedenfalls sei die Prospektangabe nicht evident unrichtig.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings einen Rückabwicklungsanspruch der Beklagten aus § 3 HWiG verneint. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagten ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG widerrufen konnten, weil es an der Kausalität zwischen einer Haustürsituation und dem Abschluss des Darlehensvertrags fehlt. Die insoweit getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts werden von der Revision nicht angegriffen und lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung aber nicht stand, soweit das Berufungsgericht einen dem Anspruch der Klägerin entgegenzusetzenden Schadensersatzanspruch der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss, der zugleich auch Grundlage ihres mit der Widerklage verfolgten Zahlungsanspruchs ist, verneint hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann. Ein solcher Wissensvorsprung liegt auch vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Fondsprospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wurde.

In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts können sich die Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist. Dabei ist die Frage der Evidenz objektiv zu bestimmen. Es kommt - entgegen den zumindest missverständlichen Ausführungen des Berufungsgerichts - nicht darauf an, ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte; die Frage nach der Kenntnis der Bank stellt sich erst im Zusammenhang mit der - ihr obliegenden - Widerlegung der Vermutung. Die Beweiserleichterung tritt dagegen bereits dann ein, wenn rein objektiv eine evidente arglistige Täuschung vorliegt. Dies ist eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die dem Tatrichter obliegt und in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar ist.

Zu Unrecht beanstandet die Revision allerdings, das Berufungsgericht hätte eine Aufklärungspflicht der Klägerin wegen eines konkreten Wissensvorsprungs über eine Doppeltätigkeit der Finanzierungsvermittlerin bejahen müssen, weil die Klägerin nach der Behauptung der Beklagten ohne deren Kenntnis eine Provision von 2% der Darlehenssumme an den Finanzierungsvermittler gezahlt habe. Eine solche Aufklärungspflicht bestand hier bereits aus Rechtsgründen nicht.

Eine unerlaubte Doppeltätigkeit des Finanzierungsmaklers sowohl für die Beklagten als auch für die Klägerin ist ebenfalls nicht festgestellt. Davon kann auch deshalb nicht ohne weiteres ausgegangen werden, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls bei Immobiliengeschäften eine Tätigkeit des Maklers für beide Seiten grundsätzlich zulässig ist, sofern er für beide Teile als Nachweismakler oder für den einen als Vermittlungs- und für den anderen als Nachweismakler tätig geworden ist, und zwar in der Regel auch ohne ausdrückliche Gestattung selbst dann, wenn dem Maklerkunden die Doppeltätigkeit des Maklers unbekannt gewesen war. Dass der Finanzierungsvermittler auch für die Klägerin als Vermittlungsmakler tätig geworden wäre, haben die Beklagten nicht behauptet.

Darüber hinaus ist nach dem Vortrag der Beklagten aufgrund der behaupteten heimlichen Zahlung einer Provision an den Finanzierungsvermittler ein Schaden nicht entstanden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagten bei einem anderen Kreditinstitut, das keine oder nur eine geringere Vermittlungsprovision an Finanzierungsvermittler zahlt, den aufgenommenen Kredit zu günstigeren Konditionen erhalten hätten.

Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht hingegen einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit den Angaben über die Baukostensumme und den Abschluss eines Generalunternehmervertrages mit einem "überregional tätigen Generalunternehmer" nicht ablehnen dürfen. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Wissensvorsprung der Klägerin mangels Evidenz der unrichtigen Angabe im Prospekt angenommen hat, halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Zu Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht insoweit den Prozessstoff nicht ausgeschöpft und erhebliches Vorbringen der Beklagten übergangen hat.

Entgegen der Revision ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht allein in dem Auseinanderfallen zwischen den prospektierten Baukosten von 19 Mio. DM und der Baukostenschätzung der A. GmbH in Höhe von 13.226.000 DM bzw. - unter Einschluss der Baunebenkosten - von 14.481.000 DM eine arglistige Täuschung verneint hat. Das Vorbringen der - für das Vorliegen eines Prospektfehlers darlegungs- und beweispflichtigen - Beklagten hierzu ist nicht substantiiert.

Die schlichte Bezugnahme der Beklagten auf die Kostenschätzung und auf den in dem Generalunternehmervertrag vereinbarten Werklohn genügt insoweit ebenso wenig wie die bloße Behauptung, die mit der Fa. D. vereinbarte Bausumme von 13,15 Mio. DM sei zutreffend. Vielmehr hätten die Beklagten - insbesondere auch im Hinblick auf die von der Klägerin konkret genannten Kosten für die Jahre 1993 bis 1997 - zu den Baukosten im Einzelnen vortragen müssen. Mangels Vorlage der Kostenschätzung durch die Beklagten konnte das Berufungsgericht nicht überprüfen, welche konkreten Kostenpositionen darin erfasst waren und wie genau die Kalkulation war. Die Höhe der in dem Generalunternehmervertrag vereinbarten Baukosten lässt ebenfalls keinen Schluss auf eine vorsätzlich überhöhte Baukostenangabe im Prospekt zu. Die dem prospektierten Aufwand zugrunde liegenden und die im Generalunternehmervertrag vereinbarten Leistungen sind nicht deckungsgleich. Der Generalunternehmervertrag umfasst nicht die Kosten der Baugenehmigung, der Prüfstatik, der öffentlichen Erschließung, der Statik und der Ausführungsplanung. Ferner sind darin nicht - worauf auch in der notariellen Beitrittserklärung unter Nummer I 4 hingewiesen wird - die Kosten für die technische, wirtschaftliche und juristische Betreuung sowie die Projektsteuerung enthalten.

Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die Täuschung der Beklagten nicht in der isolierten Angabe der prospektierten Baukosten zu sehen ist, sondern darin, dass im Prospekt der Eindruck erweckt wird, zur Minimierung der Baukosten des Fondsobjekts würde mit einem überregional tätigen Bauunternehmen ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen werden, während tatsächlich - wie die Beklagten in der Berufungsbegründung unwidersprochen vorgetragen haben - bereits ein Baubetreuungsvertrag mit einer zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörenden Gesellschaft mit einer Festpreisgarantie über 19 Mio. DM abgeschlossen war bzw. dessen Abschluss unmittelbar bevorstand.

Nach des Gesellschaftsvertrages sollte der Generalunternehmervertrag "unter Berücksichtigung allgemeiner Grundsätze" abgeschlossen werden. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass auf der Grundlage der für die Errichtung des Geschäftszentrums erstellten Planung bei mehreren (überregional tätigen) Bauunternehmen ein Angebot eingeholt werden sollte, um sodann mit dem günstigsten Anbieter den Bauvertrag abzuschließen. Demgegenüber konnten sich durch das "Zwischenschalten" des Baubetreuungsvertrags günstigere Angebote von Generalunternehmen für die Anleger nicht mehr in der Hinsicht positiv auswirken, dass eine etwaige Kostenersparnis dem Fondsvermögen erhalten blieb und etwa als Rücklage für künftige Investitionen oder im Rahmen einer Sonderausschüttung Verwendung finden würde. Den Anlegern wurde hierdurch vorgespiegelt, dass die Höhe der prospektierten Baukosten nur einen Maximalbetrag darstellt und die "Chance" geringerer Baukosten bestand; zugleich wurden sie davon abgehalten, diesen Betrag auf seine Richtigkeit zu überprüfen, weil eine etwaige Kostenersparnis nach ihren berechtigten Erwartungen im Fondsvermögen verbleiben würde. Bereits dies stellt eine arglistige Täuschung der Beklagten dar, über die sie von der Klägerin hätten aufgeklärt werden müssen.

Darüber hinaus hätten die Beklagten auch darüber aufgeklärt werden müssen, dass den Fondsinitiatoren aufgrund der Vertragskonstruktion im Umfang des Unterschreitens der prospektierten Baukosten außerhalb des Gesellschaftsvertrags eine Sonderzuwendung eingeräumt worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile.

Gemessen an diesen Grundsätzen waren die Angaben in dem Fondsprospekt falsch bzw. unvollständig. Der Generalunternehmervertrag für das Bauvorhaben wurde entgegen den Prospektangaben nicht unmittelbar zwischen der Fondsgesellschaft und einem überregional tätigen Bauunternehmen abgeschlossen, sondern mit der zwischengeschalteten und zur Unternehmensgruppe der Fondsinitiatoren gehörenden S. GmbH. Eine im Falle des Unterschreitens der prospektierten Baukosten erzielte Kostenersparnis floss der S. GmbH zu und stellte eine Sonderzuwendung dar, über die im Prospekt aufzuklären gewesen wäre.

Die Prospektangabe ist auch objektiv evident unrichtig. Entgegen den rechtsfehlerhaften Ausführungen des Berufungsgerichts kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Klägerin die Unrichtigkeit der Prospektangaben erkennen konnte. Die Beweiserleichterung tritt bereits dann ein, wenn rein objektiv eine evidente arglistige Täuschung vorliegt. Ob die Bank im konkreten Fall die Unrichtigkeit erkennen konnte, ist insoweit unmaßgeblich. Die Frage nach der Kenntnis der Bank stellt sich erst im Zusammenhang mit der Widerlegung der Vermutung, in deren Rahmen die Bank zu ihrer Unkenntnis vortragen und Beweis antreten muss.

Die weitere Voraussetzung für die Vermutung der von den Beklagten behaupteten Kenntnis der Klägerin von der arglistigen Täuschung der Beklagten ist nach dem mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vortrag der Beklagten gegeben. Danach ist von einem institutionalisierten Zusammenwirken zwischen der Klägerin und den Fondsinitiatoren auszugehen.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist dagegen, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die Angaben im Fondsprospekt über die Größe der vermietbaren Bürofläche eine objektiv evidente arglistige Täuschung der Beklagten verneint hat. Insoweit handelt es sich um eine Frage des Einzelfalles, die dem Tatrichter obliegt und deshalb in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden kann, ob die tatrichterliche Würdigung ohne weiteres vertretbar ist, nicht gegen Denkgesetze verstößt und nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht. Revisionsrechtlich beachtliche Fehler in diesem Sinn sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Der Senat hat die gegen das Berufungsurteil insoweit erhobenen Rügen der Revision geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag erhalten haben, die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu einer Haftung der Klägerin aus Aufklärungsverschulden zu treffen haben.



Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

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Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.