Amtsgericht Aichach Urteil, 19. Feb. 2019 - 102 C 52/19
Amtsgericht Aichach
Urteil vom 19. Februar 2019
Az.: 102 C 52/19
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
T______ GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer D___ _____, W_____straße __, _____ Berlin
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BSP Bierbach, Streifler & Partner, Oranienburger Straße 69, 10117 Berlin,
gegen
L________ GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer G___ _______, K________straße __, _____
- Beklagte -
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Aichach durch den Richter am Amtsgericht Konopka am 19.02.2019 aufgrund des Sachstands vom 19.02.2019 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 157,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2017 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 70% und die Beklagte 30% zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 535, 13 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Hierbei macht die Klägerin gegen die Beklagte der Höhe nach unstreitige Restkosten aus einem Transportauftrag vom 15.09.2017 geltend, den die Klägerin als Frachtführerin vereinbarungsgemäß ausführte. Die ursprünglich auf Zahlung von restlichen 535, 13 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat die Klägerin sodann infolge Übersehens einer weiteren Teilzahlung der Beklagten über 378,05 € mit Schriftsatz vom 19.12.2018 insoweit zurückgenommen. Diesem Betrag hält die Beklagte entgegen, mangels rechtzeitiger Palettenrückgabe einen Anspruch aufgrund der dem Auftrag zugrunde liegenden Transportbedingungen von 10,00 € pro Palette zu haben, und rechnet hiermit auf.
Diese Aufrechnung der Beklagten geht indes ins Leere, da ihr der geltend gemachte Anspruch vorliegend nicht zusteht.
Nach der vorliegenden Regelung zum Lademitteltausch trägt nämlich die Klägerin als Frachtführerin nach der gebotenen verwenderfeindlichen Auslegung (§ 305 c Abs. 2 BGB) das Risiko, dass der Empfänger der Fracht keine eigenen Europaletten zur Verfügung stellt, da einzige Voraussetzung für die Berechnung ist, dass der Tausch nicht vorgenommen wurde bzw. nicht innerhalb eines gewissen Zeitraums nachgeholt wird. Diese Überbürdung des Tauschrisikos setzt jedoch ein klare und eindeutige vertragliche Absprache voraus, aus der sich ergibt, dass der Frachtführer für die Rückführungspflicht und die Übernahme des Tauschrisikos ein angemessenes Entgelt zu erhalten hat (OLGR Celle 2005, 750 ff; OLG Celle TranspR 2003, 450 ff., AG Kehl, Urteil vom 13.02.2007, Az.: 4 C 607/06 abrufbar über die JURIS-Datenbank).
Darüber hinaus ist die Reglung unwirksam, da sie dem Verwender die Geltendmachung eines pauschalen Schadensersatzes ermöglicht, gleichzeitig aber die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens nicht ausdrücklich vorsieht (vgl. BGH NJW 1994, 1060, 1068). In der Regelung liegt die Pauschalisierung eines Schadensersatzes und nicht eine Vertragsstrafe (sie he auch OLGR Celle 2005, 750 f. Rnr. 41, OLG Celle TranspR 2001, 98; AG Kehl aaO). Die Regelung geht nach deren Wortlaut davon aus, dass die einzelnen Lademittel "berechnet" werden, also der pauschalisierte Betrag ein wertmäßiger Ersatz der Wertmittel darstellen soll (AG München, Urteil vom 13. Juli 2007 - 142 C 36111/06 -, Rn. 39 - 40, juris).
Die Bestimmungen sind daher infolge unangemessener Benachteiligung der Klägerin unwirksam. Da somit schon keine Rechtsgrundlage für den Anspruch der Beklagten besteht, kommt es auf ein etwaiges Aufrechnungsverbot nicht mehr an.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.