Amtsgericht Halle (Saale) Urteil, 02. Okt. 2012 - 93 C 517/12

ECLI:ECLI:DE:AGHALLE:2012:1002.93C517.12.0A
bei uns veröffentlicht am02.10.2012

Tenor

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 510,24 € festgesetzt.

Tatbestand

1

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe

2

Die Klage ist unbegründet.

3

Klageantrag 1. ist unbegründet. Nutzungsausfallentschädigung kann im Falle der Ersatzbeschaffung nur für 14 Tage verlangt werden, denn in dieser Zeit lässt sich die Ersatzbeschaffung realisieren. Genau für diese 14 Tage hat die Beklagte Nutzungsentschädigung aber bereits bezahlt. Hätte die Klägerin zwingend für die Ersatzbeschaffung mehr Zeit benötigt, hätte sie hierzu vortragen müssen, was sie aber nicht getan hat.

4

Klageantrag 2. ist ebenfalls unbegründet. Rechtsanwaltskosten, die der Geschädigte im Zusammenhang mit der Einholung einer Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers verursacht hat, sind nur zu erstatten, soweit sie aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011, Az. VI ZR 274/10, zitiert nach juris). Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, ist nicht zu erkennen.

5

Im übrigen hat die Klägerin den Sachvortrag der Beklagten in der Klageerwiderung vom 20. April 2012 unbestritten gelassen.

6

Es verbleibt lediglich noch die Frage, ob die Klägerin als Schadensersatz eine 1,5-Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG als an ihren Anwalt zu zahlende Anwaltskosten verlangen kann, nachdem die Beklagte auf Grundlage lediglich einer 1,3-Gebühr reguliert hat. Dies ist zu verneinen. Nach zwischenzeitlicher Verwirrung hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass das gilt, was im Gesetz steht und was das Gericht schon immer gesagt hat: Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann gemäß Nr. 2300 VV RVG nur verlangt werden, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig war, dieses gesetzliche Erfordernis kann auch nicht durch eine „Toleranzrechtsprechung“ umgangen werden (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012, Az. VIII ZR 323/11, zitiert nach juris). Es verbleibt daher bei der Ansicht, die das Gericht in ständiger Rechtsprechung vertritt (Beschluss vom 20. Juli 2011, Az. 93 C 57/10, Urteil vom 24. Mai 2012, Az. 93 C 3280/11, beide veröffentlicht bei juris). Soweit das Gericht zwischenzeitlich in unveröffentlichten Entscheidungen hiervon abgewichen ist, beruhte dies auf dem Urteil des BGH vom 8. Mai 2012, Az. VI ZR 273/11 (veröffentlicht bei juris), was aber angesichts der neuen BGH-Entscheidung vom 11. Juli 2012 inzwischen insoweit nicht mehr aktuell ist. Dass die Tätigkeit ihres Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig im Sinne der Nr. 2300 VV RVG war, hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es ist kein Grund zu erkennen, gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO die Berufung zuzulassen.


Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Halle (Saale) Urteil, 02. Okt. 2012 - 93 C 517/12

Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Halle (Saale) Urteil, 02. Okt. 2012 - 93 C 517/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313a Weglassen von Tatbestand und Entscheidungsgründen


(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Pro
Amtsgericht Halle (Saale) Urteil, 02. Okt. 2012 - 93 C 517/12 zitiert 5 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11

bei uns veröffentlicht am 11.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 323/11 Verkündet am: 11. Juli 2012 Ermel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2012 - VI ZR 273/11

bei uns veröffentlicht am 08.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 273/11 Verkündet am: 8. Mai 2012 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 323/11 Verkündet am:
11. Juli 2012
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG § 14 Abs. 1; RVG-VV Nr. 2300
Eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus kann nur
gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig
war, und ist deshalb nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis
zu einer Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Überprüfung entzogen (Fortführung
von BGH, Urteile vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603; vom
8. Mai 2012 - VI ZR 273/11, juris).
BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11 - LG Memmingen
AG Memmingen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Memmingen vom 7. Oktober 2011 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Das Amtsgericht hat die Beklagten im schriftlichen Vorverfahren mit TeilVersäumnisurteil und Endurteil aufgrund einer Kündigung wegen Mietrückständen zur Räumung und Herausgabe der gemieteten Wohnung sowie zur Zahlung von 2.660 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 808,25 € verurteilt. Hinsichtlich weiterer 98,05 € vorgerichtlicher Anwaltskosten hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass von den Klägern entgegen VV-RVG Nr. 2300 eine Begründung für einen 1,3 überschreitenden Satz der Geschäftsgebühr nicht gegeben worden sei, weshalb die verlangte 1,5fache Gebühr nicht zugesprochen werden könne.
2
Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Kläger hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung weiterer 98,05 € vorgerichtlicher Anwaltskosten weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
VV-RVG Nr. 2300 sehe vor, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Dementsprechend sei bei der vom Gericht anzustellenden Schlüssigkeitsprüfung vor Erlass eines Versäumnisurteils nicht nur zu prüfen, ob die verlangte Gebühr unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG sei, sondern auch, ob eine Überschreitung der Kappungsgrenze von 1,3 gerechtfertigt sei. Tatsachenvortrag , der die Überschreitung dieser Kappungsgrenze rechtfertige, sei vorliegend nicht erfolgt. Dementsprechend habe das Amtsgericht im angegriffenen Urteil mangels schlüssigen Vortrags zu Recht keine 1,5-fache Gebühr, sondern nur eine 1,3-fache Gebühr angesetzt.
6
Zwar stehe dem Rechtsanwalt nach der sogenannten Toleranzrechtsprechung bei der Festlegung der konkreten Gebühr ein Spielraum von 20 % zu, so dass eine sich innerhalb dieser Grenze bewegende Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG und deshalb grundsätzlich hinzunehmen sei. Die Kammer teile aber die Ansicht des Amtsgerichts und anderer Amtsgerichte , dass die sogenannte Toleranzrechtsprechung erst dann zum Zuge kommen könne, wenn die Kappungsgrenze nach VV-RVG Nr. 2300 zu Recht überschritten sei, weil es sich um eine umfangreiche oder schwierige Sache handele oder aber sich die Gebühren unterhalb dieser Grenze bewegten, so dass die Kappungsgrenze nicht tangiert sei. Ob eine Tätigkeit umfangreich oder schwierig im Sinne der VV-RVG Nr. 2300 sei, sei vom Gericht genauso zu überprüfen, wie es auch sonst zu überprüfen habe, ob gesetzliche Tatbestandsmerkmale vorlägen. Andernfalls könnte ein Rechtsanwalt den Regelfall stets mit der 1,5-fachen Gebühr abrechnen, ohne darlegen zu müssen, weshalb im konkreten Fall eine höhere Gebühr als 1,3 angemessen sei. Dies könne angesichts des eindeutigen Wortlauts in VV-RVG Nr. 2300 nicht richtig sein. Der eindeutige Gesetzeswortlaut sei insoweit bindend und könne auch nicht mit der Toleranzrechtsprechung umgangen werden.

II.

7
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
1. Gemäß § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG kann eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin "überdurchschnittlich" war (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420 Rn. 6 mwN zu der wortgleichen Vorgängerbestimmung in Nr. 2400). Dementsprechend ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, bei der vom Gericht anzustellenden Schlüssigkeitsprüfung vor Erlass eines Versäumnisurteils zu prüfen, ob eine Überschreitung der "Kappungsgrenze" von 1,3 wegen überdurchschnittlichen Umfangs oder überdurchschnittlicher Schwierigkeit gerechtfertigt ist. Die Kläger haben dazu nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts vorgetragen. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Daher haben die Vorinstanzen zu Recht keine 1,5-fache Gebühr, sondern nur eine 1,3-fache Gebühr für gerechtfertigt gehalten. Denn die Schwellengebühr von 1,3 ist die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, aaO Rn. 8; Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 16; BTDrucks. 15/1971, S. 207).
9
2. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der sogenannten Toleranzrechtsprechung nichts anderes.
10
Zwar steht dem Rechtsanwalt, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, gemäß § 14 Abs. 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 ein Ermessensspielraum zu. Solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % bewegt , ist die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, aaO Rn. 18; Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, aaO Rn. 5).
11
Das Berufungsgericht hat aber mit Recht angenommen, dass diese Toleranzrechtsprechung zu Gunsten des Rechtsanwalts, der eine Gebühr von mehr als 1,3 beansprucht, nur dann eingreift, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Nr. 2300 für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 vorliegen (ebenso OLG Celle, ZfSch 2012, 20; AG Halle, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 93 C 57/10, juris; AG Kehl, Urteil vom 9. September 2011 - 4 C 59/11, juris; vgl. auch FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 2 KO 225/11, juris). Das ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung, nach der eine Ausnutzung des Gebührenrahmens unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 RVG bis zum 2,5-fachen der Gebühr nur bei schwierigen oder umfangreichen Sachen im billigen Ermessen des Anwalts steht, während es bei der Regelgebühr von 1,3 verbleibt, wenn Umfang und Schwierigkeit der Sache nur von durchschnittlicher Natur sind (BT-Drucks. 15/1971, aaO).
12
Daher ist eine Erhöhung der Regelgebühr von 1,3 auf eine 1,5-fache Gebühr hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entgegen der Auffassung der Revision nicht der gerichtlichen Überprüfung entzogen (ebenso OLG Celle, aaO mwN). Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne Weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Das verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestandes in Nr. 2300, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nicht in das Ermessen des Rechtsanwalts stellt, sondern bestimmt, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war. Der IX. Zivilsenat hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er ebenfalls dieser Auffassung sei und sich aus seinem Urteil vom 13. Januar 2011 (IX ZR 110/10, aaO Rn. 18) nichts anderes ergebe. Der VI. Zivilsenat hat mitgeteilt, dass er im Hinblick auf die Äußerung des IX. Zivilsenats, dessen Entscheidung er sich angeschlossen hatte (Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11, juris), keine Bedenken gegen die in Aussicht genommene Entscheidung des VIII. Zivilsenats hat.
Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider

Vorinstanzen:
AG Memmingen, Entscheidung vom 06.07.2011 - 12 C 745/11 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 07.10.2011 - 12 S 1187/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 273/11 Verkündet am:
8. Mai 2012
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Rahmengebühren im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, zu denen die Geschäftsgebühr
im Sinne der Nr. 2300 VV RVG zählt, steht dem Rechtsanwalt
ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zu (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603).
BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 30. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke,
die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 5. September 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 14. Mai 2010 dahingehend abgeändert, dass die Beklagten verurteilt werden, an den Kläger weitere 212,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Mai 2008 zu zahlen. Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls. Er hat mit seiner Klage ursprünglich einen Unfallschaden in Höhe von 7.141,60 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 759,22 € geltend gemacht, wobei er bei den Anwaltskosten eine 1,5-Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG berechnet hat. Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.330,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. März 2008 zu zahlen. Die weitergehende, insbesondere auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten gerichtete Klage hat es abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers, mit der er sich ausschließlich gegen die Abweisung seiner Klage auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten gewandt hat, hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt , an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 546,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Mai 2008 zu zahlen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge aus der Berufungsinstanz weiter, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger könne für die Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten lediglich eine 1,3-Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Ansatz bringen, die aus einem Gegenstandswert von 5.330,54 €, dem vom Landgericht zuerkannten Betrag, zu berechnen sei. Die 1,3-Gebühr könne der Rechtsanwalt bei durchschnittlichen Verkehrsunfallsachen regelmäßig ohne nähere Darlegungen verlangen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich im vorliegenden Fall um eine unterdurchschnittlich schwierige Angelegenheit handele , lägen nicht vor. Eine höhere Gebühr als 1,3 könne der Kläger jedoch nicht erstattet verlangen. Bei der Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG handele es sich um eine Rahmengebühr im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG. Sei die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, sei die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig sei. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers berechnete Gebühr von 1,5 sei unbillig. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimme der Rechtsanwalt die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Es sei dabei allerdings anerkannt, dass dem Rechtsanwalt bei dieser Ermessensausübung ein Toleranzspielraum von jedenfalls 20 % einzuräumen sei. Der Bundesgerichtshof habe in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass im Hinblick auf den genannten Toleranzspielraum eine Erhöhung bei durchschnittlichen Rechtssachen auf eine 1,5 Gebühr einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen sei. Dieser Auffassung sei jedoch nicht zu folgen. Vielmehr lasse die Anmerkung Nr. 2300 VV RVG bei durchschnittlichen Sachen eine höhere Gebühr als 1,3 nicht zu. Nach dieser Anmerkung könne eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig sei. Diese Regelung begrenze deshalb den in § 14 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 RVG dem Rechtsanwalt eingeräumten Ermessensspielraum dahingehend, dass die 1,3-Gebühr nicht überschritten werden dürfe, wenn die Tätigkeit nicht umfangreich oder schwierig sei.

II.

3
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren, zu denen die Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2300 VV RVG zählt, der Rechtsan- walt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, "nach billigem Ermessen". Ist die Gebühr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG (nur dann) nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Dabei steht dem Rechtsanwalt nach überwiegender Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze ) von 20 % zu (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, VersR 2007, 265 Rn. 5; BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 18; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 14 Rn. 12; AnwK-RVG/Onderka, 5. Aufl., § 14 Rn. 80 ff. mwN; Winkler in Mayer /Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 14 Rn. 54 mwN; Römermann in Hartung /Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 14 Rn. 89 f.). Hält sich der Anwalt innerhalb dieser Grenze und ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit unterdurchschnittlich war, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG unbillig und daher von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, aaO Rn. 16, 18; Senatsurteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, aaO Rn. 9). Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Anhaltspunkte dafür, dass es sich vorliegend um eine unterdurchschnittlich schwierige Angelegenheit handelt, nicht vorliegen, hält sich die Erhöhung der Regelgebühr um 0,2 innerhalb der Toleranzgrenze und ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.
5
2. Die vom Berufungsgericht und anderen Oberlandesgerichten (vgl. OLG Jena, OLGR 2006, 81, 82 und OLG Celle, ZfS 2012, 105, 106) hiergegen geäußerten Bedenken geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Nach der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG steht dem Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Gebühr ein Ermessensspielraum zu. Dieser wird nicht - wie das Berufungsgericht meint - dadurch nach oben begrenzt , dass die Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG bei nicht umfangreichen oder schwierigen Sachen eine Regelgebühr von 1,3 vorsieht. Der Ermessensspielraum betrifft nämlich auch die unter Umständen schwierige Beurteilung der Frage, was im Einzelfall "durchschnittlich" ist. Sind Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch nicht gegeben, ist die Bestimmung hinzunehmen. Müsste der Rechtsanwalt nach der Auffassung des Berufungsgerichts stets bei jeder geringfügigen Überschreitung der Regelgebühr Umstände darlegen, welche zwingend die Annahme einer überdurchschnittlichen Tätigkeit rechtfertigen, käme ein Ermessensspielraum nach oben bei durchschnittlichen Tätigkeiten von vornherein nicht in Betracht.
6
3. Zudem macht die Revision mit Recht geltend, dass der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hat, warum sein Rechtsanwalt im vorliegenden Fall seinen Ermessensspielraum bei der Bestimmung einer Gebühr von 1,5 ausgenutzt hat. Er hat den Ansatz der 1,5-Gebühr damit begründet, die Schadenshöhe habe mit 7.000 € über dem Durchschnitt gelegen, die Sach- und Rechtslage sei schwierig gewesen, der Ablauf des Unfalls habe erst nach Einholung von Sachverständigengutachten und Nachtragsgutachten erörtert werden können, die Verursachungsbeiträge der Beteiligten einschließlich der Berücksichtigung der Betriebsgefahr hätten gegeneinander abgewogen werden müssen. Auch wenn diese Umstände - wie das Berufungsgericht angenommen hat - nicht ausreichen sollten, um eine überdurchschnittliche Tätigkeit anzunehmen , ist es deshalb noch nicht gerechtfertigt, die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG als unbillig und damit für die Beklagten als unverbindlich zu qualifizieren. Der einem Rechtsanwalt im Rahmen der Rahmengebühr zugebilligte Ermessensspielraum soll gerade verhindern , dass die Gerichte im Einzelfall bei relativ geringfügigen Überschreitun- gen der Regelgebühr ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens des Rechtsanwalts setzen und dabei - oftmals aufwändige - Überprüfungen vornehmen, ob die Tätigkeit vielleicht doch leicht überdurchschnittlich war.
7
4. Nach alledem war der Klage hinsichtlich der außergerichtlichen Anwaltskosten in vollem Umfang stattzugeben. Da keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, kann der erkennende Senat selbst entscheiden. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 14.05.2010 - 5 O 153/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 05.09.2011 - 12 U 713/10 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.