Finanzgericht München Urteil, 26. Juli 2018 - 7 K 2005/17

bei uns veröffentlicht am26.07.2018

Tenor

1. Der Abrechnungsbescheid vom 26. Januar 2017 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2017 werden mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beklagte verpflichtet ist, einen neuen Abrechnungsbescheid zu erteilen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe

I.

Streitig ist ein Abrechnungsbescheid über zurückgefordertes Kindergeld.

Die Beklagte hatte vom Kläger wegen Doppelzahlung Kindergeld in mehrfach geänderten Bescheiden zurückgefordert. Der Kläger leistete Rückzahlungen durch Ratenzahlung. Mit Schreiben vom 19.10.2015 teilte er der Beklagten mit, dass er mittlerweile knapp 19.000 € zurückbezahlt habe und nach seinen Berechnungen der Rückerstattungsanspruch erfüllt sei. Die Beklagte teilte mit einem als „Mahnung“ bezeichneten Schreiben vom 09.05.2016 mit, dass die Zahlung noch nicht vollständig eingegangen sei und Säumniszuschläge in Höhe von 5.056 € entstanden seien. Beigefügt war eine Aufstellung, dass vom Ursprungsbetrag in Höhe von 14.903 € laut Erstattungsbescheid vom 30.03.2009 für den Kindergeldzeitraum 01.01.1999 bis 28.02.2009 noch ein Restbetrag von 7.916,50 € offen sei und Säumniszuschläge vom 19.01.2011 bis 08.05.2016 in Höhe von 5.056 € entstanden seien. In einer „Mahnung“ vom 07.10.2016 teilte die Beklagte mit, dass vom Ursprungsbetrag in Höhe von 14.903 € noch ein Restbetrag von 6.671,50 € offen sei und Säumniszuschläge vom 19.01.2011 bis 08.05.2016 in Höhe von 5.056 € und vom 09.05.2016 bis 06.10.2016 in Höhe von 332,50 € entstanden seien.

Mit Schreiben vom 12.01.2017 beantragte der Kläger einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO, aus dem die erhobenen Forderungen, seine Rückzahlungen sowie die vorgenommenen Verrechnungen sowie die Erhebung der einzelnen Säumniszuschläge erkennbar seien, da die ihm in der Mahnung vom 09.05.2016 mitgeteilten Beträge nicht nachvollziehbar seien.

Mit Schreiben vom 26.01.2017 übersandte die Beklagte ein als „Abrechnungsbescheid“ bezeichnetes Schreiben, das sich jedoch in der Mitteilung erschöpfte, dass wegen verspäteter Überweisung des Kindergeldes laut Bescheid vom 30.03.2009 und vom 14.12.2010 bis zum 06.10.2016 Säumniszuschläge in Höhe von 5.388,50 € entstanden seien. Den dagegen eingelegten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 07.07.2017 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage, die damit begründet wird, dass der Abrechnungsbescheid nicht den Anforderungen des § 119 AO an die erforderliche inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes entspreche, da nicht ersichtlich sei, welche Beträge der Kläger unter Berücksichtigung seiner Ratenzahlungen noch zu bezahlen habe. Insbesondere hätte der Abrechnungsbescheid konkret Auskunft geben müssen, zu welchem Zeitpunkt welche Forderung bestanden habe und in welcher Höhe die Forderung durch die Ratenzahlungen abgeschmolzen seien. Da die Rückzahlungsansprüche des Beklagten insgesamt 26.856 € betragen hätten und er mittlerweile 24.402 € zurückbezahlt habe, ergebe sich eine Restschuld per 11.08.2017 in Höhe von 2.454 €. Es werde begehrt, die Restverbindlichkeit auf diesen Betrag zu beschränken. Soweit Säumniszuschläge entstanden seien, spreche vieles dafür, dass diese tatsächlich nicht mehr ermittelt werden könnten, außerdem müsse geprüft werden, ob der Erhebung von Säumniszuschlägen Einwendungen entgegenstünden.

Der Kläger beantragt,

den Abrechnungsbescheid vom 26.01.2017 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 07.07.2017 aufzuheben und festzustellen, dass mit Wirkung zum 11.08.2017 eine Restverbindlichkeit gegenüber der Beklagten in Höhe von 2.454 bestehe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 26. Juli 2018 auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 FGO).

II.

Die Klage ist begründet.

Der Abrechnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

1. Nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO ist über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus Steuerschuldverhältnissen betreffen, durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Sinn und Zweck dieses Bescheides bestehen darin, über eine Streitigkeit zwischen Schuldner und Gläubiger, die die Verwirklichung von Steueransprüchen betrifft, eine für die Beteiligten verbindliche Klärung zu schaffen. Der Bescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO enthält die für die Beteiligten verbindliche Feststellung, ob und inwieweit der festgesetzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bereits verwirklicht (= erfüllt) oder noch zu verwirklichen ist; d.h. er entscheidet darüber, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung, Erlass, Eintritt der Zahlungsverjährung oder ob eine Schuld bereits vor der Begründung der Zahlungspflicht oder infolge von Vollstreckungsmaßnahmen erloschen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.08.1999, VII 92/98, BStBl II 1999, 751 m.w.N.). Die Anforderungen an die nach § 119 AO erforderliche inhaltliche Bestimmtheit des Verwaltungsakts sind demgemäß danach auszurichten, dass die Klärung der im Einzelfall bestehenden Streitigkeit erreicht wird. Nach allgemeiner Ansicht muss der Anspruch nach Art, Zeitraum und Betrag so genau aufgegliedert werden, dass nachprüfbar ist, welche Beträge die Finanzbehörde noch verlangt und wie diese sich errechnen. Dass diese Beträge den jeweiligen Festsetzungsbescheiden entnommen werden können, genügt nicht. Die erforderliche Bestimmtheit verlangt, dass die Beteiligten und ggf. das Gericht das Bestehen des Anspruchs und seine Erfüllung nachprüfen und beurteilen können. Handelt es sich um eine Streitigkeit über Zahlungen, die sich über mehrere Jahre hinwegziehen, muss zeitlich gesehen bis auf einen Betrag zurückgegangen werden, der nicht mehr strittig ist. Da im Abrechnungsbescheid über das Erlöschen von Zahlungsverpflichtungen zu entscheiden ist, muss in ihm oder jedenfalls in der Einspruchsentscheidung angegeben sein, ob und ggf. wodurch die streitige Zahlungsverpflichtung erloschen ist. Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend. Bei Streitigkeiten über das Bestehen/Erlöschen von Säumniszuschlägen ist ein Abrechnungsbescheid immer zu erteilen, der – sofern streitig – Einwendungen gegen die Entstehung und das Erlöschen prüfen, darlegen und darüber entscheiden muss. Säumniszuschlägen müssen dem Anspruch zugeordnet werden können, durch dessen Nichtzahlung sie verwirklicht sind. Davon getrennt sind die auf die jeweilige Sollstellung anzurechnenden Zahlungen mit den Wertstellungen auszuweisen (vgl. dazu Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 218 Rz. 118 m.w.N.).

2. Diesen Anforderungen entspricht der streitige Abrechnungsbescheid nicht einmal im Ansatz. Obwohl der Kläger in seinem Antrag vom 12.01.2017 dargelegt hat, dass er weder den in der Mahnung genannten Rückforderungsbetrag noch die Säumniszuschläge in Höhe von 5.065 € nachvollziehen könne, hat die Beklagte einen Abrechnungsbescheid erlassen, der nicht einmal die Höhe des noch offenen Rückforderungsbetrags benennt, geschweige denn eine Aufstellung enthält, in der die streitbefangenen Ansprüche nach Art, Höhe und Zeitraum nachvollziehbar dargelegt sind und diesen gegenübergestellt wird, in welcher Höhe sie erfüllt worden sind.

Dieser Abrechnungsbescheid ist daher nicht hinreichend bestimmt, um eine Klärung des Streites herbeizuführen; er verschafft nicht die gebotene abschließende Klarheit, ob und in welcher Höhe Ansprüche gegen die Kläger noch bestehen. Das Gericht kann die von dem Beklagten versäumte stimmige Abrechnung nicht selbst erstellen und hat daher den Abrechnungsbescheid aufzuheben und den Beklagten analog § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO anzuweisen, einen neuen Abrechnungsbescheid zu erteilen (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, § 218 Rz. 32; FG Saarland, Urteil vom 06.07.1995, 2 K 192/93, EFG 1996, 46; FG Hamburg, Urteil vom 22.04.2005 VI 24/04, juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. § 711 Nr. 10, 708 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Urteil, 26. Juli 2018 - 7 K 2005/17

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht München Urteil, 26. Juli 2018 - 7 K 2005/17

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz
Finanzgericht München Urteil, 26. Juli 2018 - 7 K 2005/17 zitiert 8 §§.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Abgabenordnung - AO 1977 | § 218 Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 6


(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeu

Referenzen

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.