Landgericht Düsseldorf Urteil, 24. Nov. 2015 - 4a O 147/14
Tenor
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an dem jeweiligen Generaldirektor und hinsichtlich der Beklagten zu 2) an dem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
eine elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit (B), die mit einer Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung verwendbar ist, wobei die Hauptbaugruppe eine durch einen Motor anzutreibende Antriebswelle mit einem Rotationskraftanwendabschnitt enthält, wobei die elektrofotografische Trommeleinheit von der Hauptbaugruppe in einer Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Richtung (L3) der Antriebswelle demontierbar ist, wobei die elektrofotografische Trommeleinheit aufweist: eine elektrofotografische fotosensitive Trommel mit einer fotosensitiven Schicht auf einer Umfangsfläche davon, wobei die elektrofotografische fotosensitive Trommel rotierbar um eine Achse (L1) davon ist; ein Kupplungselement, das um eine Achse (L2) davon rotierbar ist, und das mit der Antriebswelle in Eingriff bringbar ist, um eine Rotationskraft von dem Rotationskraftanwendabschnitt zu empfangen, um die elektrofotografische fotosensitive Trommel zu rotieren, wobei das Kupplungselement an einem axialen Ende der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel derart bereitgestellt ist, dass das Kupplungselement in der Lage ist, eine Rotationskraftübertragungswinkelposition im Wesentlichen gleichachsig mit der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel zur Übertragung der Rotationskraft zur Rotation der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel zu der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel und eine Freigabewinkelposition einzunehmen, in der das Kupplungselement weg von der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel und gegenüber der Rotationskraftübertragungswinkelposition geneigt ist zum Freigeben des Kupplungselements von der Antriebswelle, wobei die elektrofotografische Trommeleinheit derart angepasst ist, dass, wenn die elektrofotografische Trommeleinheit von der Hauptbaugruppe in der Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel demontiert wird, sich das Kupplungselement von der Rotationskraftübertragungswinkelposition zu der Freigabewinkelposition bewegt,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen;
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 17. Juli 2013 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung schriftlich darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 17. August 2013 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Lieferungsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten, in Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. nur die Beklagte zu 2): die in ihrem unmittelbaren und/oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziff. I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 2) herauszugeben;
5. nur die Beklagten zu 1) und 2): die vorstehend unter Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 17. August 2013 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1) oder zu 2) oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) bzw. zu 2) zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und endgültig zu entfernen, indem die Beklagten zu 1) bzw. zu 2) die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nehmen oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlassen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 17. August 2013 durch die in Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.000.000,00. Hinsichtlich des Auskunfts- und Rechnungslegungstenors (Ziff. I.2 und I.3. des Tenors) ist das Urteil zudem gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 80.000,00 (insgesamt). Ferner ist das Urteil im Kostenpunkt gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
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T a t b e s t a n d
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung (nur die Beklagten zu 2)) und Rückruf patentverletzender Gegenstände (nur die Beklagten zu 1) und zu 2)), Veröffentlichung des hiesigen Urteils und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Leisten von Schadensersatz in Anspruch.
4Die Klägerin ist die im Register eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des in englischer Sprache erteilten Europäischen Patents EP A mit dem Titel „Prozesskartusche, Elektrophotographische Bilderzeugungsvorrichtung und Photosensitive Elektrophotographische Trommeleinheit“ (im Folgenden: Klagepatent; vorgelegt in Anlage K1, eine deutsche Übersetzung ist als Anlage K2 zur Akte gereicht worden). Das Klagepatent wurde am 25.12.2007 unter Inanspruchnahme der Prioritätsdaten 22.12.2006, 22.02.2007 und 21.12.2007 dreier japanischer Schriften angemeldet und die Anmeldung am 12.08.2009 offengelegt. Das Europäische Patentamt erteilte das Klagepatent und veröffentlichte am 17.07.2013 den Hinweis auf dessen Erteilung. Das Klagepatent steht in Kraft.
5Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der deutschen Fassung wie folgt:
6„Elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit (B),
7die mit einer Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung verwendbar ist, wobei die Hauptbaugruppe eine durch einen Motor anzutreibende Antriebswelle (180) mit einem Rotationskraftanwendabschnitt enthält,
8wobei die elektrofotografische Trommeleinheit von der Hauptbaugruppe in einer Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Richtung (L3) der Antriebswelle demontierbar ist, wobei die elektrofotografische Trommeleinheit aufweist:
9i) eine elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) mit einer fotosensitiven Schicht (107b) auf einer Außenoberfläche davon, wobei die elektrofotografische fotosensitive Trommel rotierbar um eine Achse (L1) davon ist;
10ii) ein Kupplungsbauelement (150), das um eine Achse (L2) davon rotierbar ist, und das mit der Antriebswelle (180) in Eingriff bringbar ist, um eine Rotationskraft von dem Rotationskraftanwendabschnitt zu empfangen, um die elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) zu rotieren,
11wobei das Kupplungsbauelement an einem axialen Ende der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) derart bereitgestellt ist, dass das Kupplungsbauelement (150) in der Lage ist,
12eine Rotationskraftübertragungswinkelposition im Wesentlichen gleichachsig mit der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) zur Übertragung der Rotationskraft zur Rotation der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) zu der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107)
13und eine Löswinkelposition einzunehmen, in der das Kupplungsbauelement (150) weg von der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) der Rotationskraftübertragungswinkelposition geneigt ist zum Lösen des Kupplungsbauelements (150) von der Antriebswelle (180),
14wobei die elektrofotografische Trommeleinheit (B) derart eingerichtet ist, dass, wenn die elektrofotografische Trommeleinheit (B) von der Hauptbaugruppe in der Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) demontiert ist, sich das Kupplungsbauelement (150) von der Rotationskraftübertragungswinkelposition zu der Löswinkelposition bewegt.“
15In der englischen Verfahrenssprache des Klagepatents lautet Anspruch 1:
16“An electrophotographic photosensitive drum unit (B) usable with a main assembly of an electrophotographic image forming apparatus, the main assembly including a driving shaft (180) to be driven by a motor, having a rotational force applying portion, wherein said electrophotographic drum unit is dismountable from the main assembly in a dismounting direction substantially perpendicular to an axial direction (L3) of the driving shaft, said electrophotographic drum unit comprising:
17i) an electrophotographic photosensitive drum (107) having a photosensitive layer (107b) at a peripheral surface thereof, said electrophotographic photosensitive drum being rotatable about an axis (L1) thereof;
18ii) a coupling member (150) rotatable about an axis (L2) thereof, engageable with the driving shaft (180) to receive a rotational force, from the rotational force applying portion, for rotating said electrophotographic photosensitive drum (107) said coupling member is provided at an axial end of said electrophotographic photosensitive drum (107) such that said coupling member (150) is capable of taking a rotational force transmitting angular position substantially co-axial with said axis (L1) of said electrophotographic photosensitive drum (107) for transmitting the rotational force for rotating said electrophotographic photosensitive drum (107) to said electrophotographic photosensitive drum (107) and a disengaging angular position in which said coupling member (150) is inclined away from the axis (L1) of said electrophotographic photosensitive drum (107) from said rotational force transmitting angular position for disengagement of the coupling member (150) from the driving shaft (180);
19wherein said electrophotographic drum unit (B) is adapted such that when said electrophotographic drum unit (B) is dismounted from the main assembly in the dismounting direction substantially perpendicular to the axis (L1) of said electrophotographic photosensitive drum (107) said coupling member (150) moves from said rotational force transmitting angular position to said disengaging angular position.”
20Hinsichtlich der in Form von Insbesondere-Anträgen ebenfalls geltend gemachten Unteransprüche 2 bis 6, 9 bis 11, 13 bis 18 sowie 21 bis 24 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
21Im Folgenden werden zur Veranschaulichung der Lehre des Klagepatents die Fig. 6(a), Fig. 22(a) – (d) und Fig. 24 verkleinert eingeblendet, die Ausführungsformen der Erfindung zeigen. Die zunächst nachfolgend eingeblendete Fig. 6(a) ist eine perspektivische Ansicht einer patentgemäßen fotosensitiven Trommel (107) mit einer fotosensitiven Schicht (107b):
22 23Die nachfolgend eingeblendeten Figuren 22(a) – (d) zeigen den Prozess des Eingriffs zwischen Antriebswelle (180) der Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung und dem Kupplungsbauelement (150), das auf einer Trommelwelle (153) der Trommeleinheit aufsitzt. Zu erkennen sind die Rotationsachsen der fotosensitiven Trommel (L1), des Kupplungsbauelements (L2) und der Antriebswelle (L3). In Fig. 22(a) ist die Achse des Kupplungsbauelements (L2) gegenüber der Trommelachse (L1) geneigt (sog. Löswinkelposition). Beim Einbauen der Trommeleinheit schwenkt das Kupplungsbauelement, so dass in der eingebauten Stellung nach Fig. 22(d) die drei Achsen im Wesentlichen koaxial liegen (sog. Rotationskraftübertragungswinkelposition).
24 25 26Schließlich zeigt die nachfolgend eingeblendete Fig. 24 des Klagepatents eine perspektivische Explosionsansicht, in der die Antriebswelle (180), das Antriebszahnrad (181), die Kupplung (150) und die Trommelwelle (153) der fotosensitiven Trommel (107) erkennbar sind:
27 28Die Klägerin ist ein japanisches Unternehmen und vertreibt unter anderem Kopiergräte und Drucker einschließlich dazu passender Tintenpatronen und Lasertoner-Kartuschen. Solche Lasertoner-Kartuschen (auch als Prozesskartuschen bezeichnet) stellt die Klägerin zum einen für Laserdrucker der eigenen Marke „B“ her. Zum anderen fertigt sie Prozesskartuschen im Rahmen einer Kooperation mit dem Unternehmen C, wobei C die von der Klägerin hergestellten Prozesskartuschen unter der Marke „C“ weltweit vertreibt, ohne dass erkennbar ist, für welchen Markt die Kartusche jeweils bestimmt ist.
29Die Beklagten gehören zur D, die sich u.a. mit der Wiederaufbereitung von gebrauchten Druckerkartuschen befasst. Die Beklagte zu 1) vertreibt unter anderem in Deutschland Lasertonerkartuschen, Tintenpatronen und weiteres Druckerzubehör. Hierunter sind auch Lasertonerkartuschen mit den Bezeichnungen „Kartusche D xx“ (im Folgenden: angegriffene Kartuschen). Diese wurden auch über eine deutschsprachige Internetseite der Beklagten zu 1) vertrieben. Ferner lieferte die Beklagte zu 1) Lasertonerkartuschen an die Edding Vertrieb GmbH, die diese Lasertonerkartuschen unter der Bezeichnung „edding Lasertoner 18-2012 05A schwarz“ (ebenfalls „angegriffene Kartusche“) mit Wissen der Beklagten zu 1) in Deutschland vertrieb.
30Die Beklagte zu 2), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3) ist, ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), welche die Internetseite „E“ betreibt. Auf dieser Internetseite war ein Link auf die Internetseiten der Beklagten zu 1) mit dem Angebot der angegriffenen Kartuschen aufgebracht. Ferner lieferte die Beklagte zu 2) angegriffene Kartuschen an die E, die diese dann in Deutschland etwa unter der Bezeichnung „X“ (ebenfalls „angegriffene Kartusche“ genannt) weiter vertrieb.
31Die angegriffenen Kartuschen können als Ersatz für Originalkartuschen der Klägerin bzw. von C verwendet werden, was auch auf den dazugehörigen Versandkartons angegeben wird. Bei den angegriffenen Kartuschen handelt es sich um wiederaufbereitete Prozesskartuschen. Deren Grundlage sind von der Klägerin gefertigte originale Lasertoner-Kartuschen, die unter der Marke „C“ vertrieben werden. Die angegriffenen Kartuschen enthalten eine Trommeleinheit, bestehend aus einer elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (im Folgenden auch nur als Trommel oder Bildtrommel bezeichnet), einer Kupplung und einem Verbindungsabschnitt (auch als Flansch bezeichnet). Diese Trommeleinheit wird im Folgenden auch insgesamt als „angegriffene Ausführungsform“ bezeichnet.
32Bei der Wiederaufbereitung einer angegriffenen Kartusche wird der Toner einer leeren originalen Prozesskartusche wiederaufgefüllt und Verschleißteile ausgetauscht. Hierbei wird bei den angegriffenen Trommeleinheiten die Trommel (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsform I) und teilweise zusätzlich zudem der Flansch der originalen Prozesskartusche entfernt (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II) und jeweils durch neue Bauteile (Trommel bzw. Trommel und Flansch) ersetzt, welche nicht von der Klägerin stammen. Die Kosten einer Trommel liegen für die Beklagten bei ca. EUR 1,50, der Wert einer gesamten Trommeleinheit bei ca. EUR 2,00.
33Zur Veranschaulichung wird nachfolgend ein von der Klägerin in der Klageschrift (Bl. 33 Rn. 75 GA) eingeblendetes und von ihr beschriftetes Bild einer angegriffenen Ausführungsform eingeblendet:
34 35Die Klägerin gab eine in Anlage B5 vorliegende öffentliche Erklärung zur Wiederverwendung der von ihr hergestellten Kartuschen ab.
36Im Zusammenhang mit dem hiesigen Verfahren gab die Klägerin eine in Anlage B11 vorliegende Pressemitteilung über die Einreichung der Klage heraus. Daraufhin wurde sie von der Beklagten zu 1) wegen behaupteter Herabsetzung und Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb vor dem Handelsgericht in Nantes (Frankreich) in Anspruch genommen.
37Das Klagepatent war Gegenstand von mehreren Parallelverfahren, welche die Kammer mit Urteil vom 11.06.2015 entschieden hat (vgl. Anlage K29).
38Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten verletzten das Klagepatent durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen. Das Klagepatent sei nicht dahingehend auszulegen, dass das Kupplungselement unabhängig von der Trommel um eine Achse L2 rotierbar sein muss. Vielmehr sei das Kupplungselement „rotierbar“ im Sinne des Klagepatents, wenn es sich gemeinsam mit der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel drehen könne.
39Die öffentliche (Selbstverpflichtungs-) Erklärung der Klägerin (Anlage B5) dürfe nicht so ausgelegt werden, dass Patente der Klägerin nicht mehr durchgesetzt werden können. Die Klägerin handele durch die hiesige Klage nicht missbräuchlich. Die Erklärung sei eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung, die nur die Wiederverwertung oder das Recycling im Rahmen des rechtlich Zulässigen ermöglichen solle. Die hiesige Klage sei auch vom Vorbehalt für „Innovation“ in der Erklärung gedeckt.
40Die Klägerin meint, entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Ausschließlichkeitsrecht aus dem Klagepatent hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen nicht erschöpft. Es sei insofern auf die Trommeleinheit als Gegenstand des Patentanspruchs und nicht auf die gesamte Prozesskartusche abzustellen. Die Prüfung der Erschöpfung habe über drei Stufen zu erfolgen: Damit eine Erschöpfung eintritt, dürfe sich erstens die Identität des in Verkehr gebrachten Erzeugnisses durch die Wiederaufbereitung nicht als Ganzes erledigen; zweitens müsse die Wiederaufbereitung nach der Verkehrsauffassung eine reguläre Erhaltungsmaßnahme sein, wobei drittens das ausgetauschte Bauteil nicht erfindungswesentlich sein dürfe.
41Der Austausch der Trommel bei den angegriffenen Ausführungsformen stelle eine Neuherstellung der Trommeleinheit dar. Die Identität der Trommeleinheit als patentgemäßer Gegenstand sei bei Entfernung der ursprünglichen Trommel nicht mehr gegeben. Die Trommeleinheit erledige sich mit der Entfernung der Trommel als Ganzes, denn ohne Trommel sei die Trommeleinheit praktisch wertlos. Die Bildtrommel mache mehr als 70 % des Wertes der Trommeleinheit aus und sei ihr maßgeblicher wertbildender Faktor. Die Trommel sei auch nicht als Austauschteil konzipiert; bei einem Austausch bestehe die Gefahr der Beschädigung. Wird auch der Flansch ausgetauscht bleibt – insofern unstreitig – von der originalen Trommeleinheit nur das Kupplungselement übrig.
42Die in Verkehr gebrachte Trommeleinheit werde im Rahmen der Wiederaufbereitung vollständig zerlegt, was zu dem Verlust ihrer Identität führe. Ferner sei der erhebliche Montageaufwand bei der Ersetzung der Trommel zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des eingesetzten Materialwerts und Arbeitsaufwands stelle die Wiederaufbereitung der Trommeleinheit eine Neuherstellung dar.
43Für die Abwägung, ob eine Neuherstellung vorliegt, sei die Verkehrserwartung ohne Relevanz. Es komme nicht darauf an, ob die Praxis der Wiederaufbereitung von Kartuschen am Markt etabliert sei oder DIN-Normen hierfür bestehen. Die Aufarbeitung der Trommeleinheit sei im Übrigen auch nicht marktüblich. Verschiedene Untersuchungen hätten ergeben, dass nur ein Anteil zwischen 10 % bis 13 % der entleerten Tonerkartuschen erneut befüllt und nochmal verwendet würden.
44Der einzige Grund, warum das Kupplungselement weiter verwendet wird, sei der Versuch der Beklagten, den Einwand der Erschöpfung geltend machen zu können. Andere praktische oder wirtschaftliche Gründe seien nicht ersichtlich und von den Beklagten auch nicht vorgetragen.
45Eine Prüfung, ob die spezifischen Eigenschaften und Wirkungen des beanspruchten Gegenstands gerade in der ausgewechselten Trommel in Erscheinung treten, habe vor dem Hintergrund der fehlenden Identität nicht zu erfolgen. Aber auch dies sei bei der Trommel gegeben. Der technische Nutzen liege in der Kombination der Trommel mit einem Kupplungselement. Ein auf die Kupplung beschränkter Patentanspruch wäre vom EPA auch nicht erteilt worden; erst im Zusammenwirken mit der Trommel bestehe ein patentgemäßer Gegenstand.
46Der Erschöpfungseinwand scheitere schon deshalb, weil die Beklagten nicht dargelegt hätten, wo die von ihnen verarbeiteten Original-Prozesskartuschen erstmalig auf den Markt gebracht worden seien. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass die Original-Kartuschen, die den angegriffenen Kartuschen zugrundeliegen, erstmals im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf den Markt gebracht worden seien. Dagegen spreche schon, dass nach Kenntnis der Klägerin sämtliche angegriffene Ausführungsformen in Marokko hergestellt (wiederaufbereitet) werden.
47Im Übrigen sei nicht einmal in Bezug auf die Prozesskartusche – auf die nach Ansicht der Klägerin nicht abzustellen ist – Erschöpfung eingetreten. Eine Erschöpfung könne nicht an Einzelteilen eintreten. Die originalen Lasertonerkartuschen werden – unstreitig – bei der Wiederaufbereitung vollständig zerlegt.
48Die Klägerin ist der Ansicht, der Unterlassungsantrag müsse nicht das bei den angegriffenen Ausführungsformen gegenüber den Originalprozesskartuschen bzw. originalen Trommeleinheiten ersetzte Teil benennen. Die Anträge auf Rückruf und Vernichtung seien hinreichend bestimmt und verhältnismäßig.
49Die Klägerin meint, ihr stehe ferner ein Anspruch auf öffentliche Bekanntmachung des Urteils auf Kosten der Beklagten nach § 140e PatG zu. Es bestehe ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu erfahren, dass der Vertrieb der von den Beklagten angebotenen angegriffenen Ausführungsformen eine Patentverletzung darstellt. Es gebe eine Vielzahl von Unternehmen, die bei Trommeleinheiten Trommeln und/oder Flansch austauschen, etwa die in Parallelverfahren angegriffenen Unternehmen. Eine Veröffentlichung würde gleichartige Verletzungshandlungen zügig unterbinden oder gar nicht erst entstehen lassen. Über die von der Klägerin geführten Verfahren werde fortlaufend weltweit berichtet, wobei die Berichterstattung zum Teil fehlerhaft sei. Hinzu komme, dass – insoweit unstreitig – die Beklagten ein führendes Unternehmen im Bereich der Druckerpatronen ist. Es bestehe zudem die Gefahr, dass die Entscheidung des Handelsgerichts Nantes von Dritten dahingehend interpretiert werden könnte, dass die hier angegriffenen Handlungen zulässig seien.
50Die Klägerin beantragt,
51im Wesentlichen wie zuerkannt, jedoch
52hinsichtlich des Antrages auf Rechnungslegung (Antrag zu Ziff. I.3) zusätzlich,
53wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine), in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
54sowie ferner zusätzlich:
55I.6. der Klägerin zu gestatten, den Urteilstenor sowie Auszüge aus der Urteilsbegründung auf Kosten der Beklagten durch Veröffentlichung auf der Homepage der Klägerin und in der Fachzeitschrift „Digital Imaging“ öffentlich bekannt zu machen.
56Hinsichtlich der geltend gemachten Insbesondere-Anträge zu den Unteransprüchen 2 bis 6, 9 bis 11, 13 bis 18 sowie 21 bis 24 des Klagepatents wird auf die Klageschrift (Bl. 3 – 7 GA) verwiesen.
57Die Beklagten beantragen,
58die Klage abzuweisen.
59Die Beklagten sind der Ansicht, die Klageanträge seien zu unbestimmt; es müsse aus dem Unterlassungsantrag klar hervorgehen, welche konkreten (Wiederaufbereitungs-) Handlungen den Beklagten verboten sind. Die Anträge auf Rückruf und Vernichtung seien ebenfalls unklar.
60Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten Anspruch 1 des Klagepatents nicht, da hierin das Kupplungselement nicht um eine Achse hiervon rotierbar sei. Diesem Merkmal müsse eine zusätzliche Bedeutung zukommen, die über eine Rotation des Kupplungselements zusammen mit der Trommel hinausgeht. Die Ausrichtung und Rotation des Kupplungselements werde vom Klagepatent ausschließlich in Relation zu der fotosensitiven Trommel betrachtet. Das Kupplungselement müsse daher auch in Relation zur Trommel um seine eigene Achse rotierbar sein. Das Kupplungselement bei den angegriffenen Ausführungsformen könne sich – insoweit unstreitig – demgegenüber nur zusammen mit der Trommel drehen.
61Darüber hinaus seien die Patentrechte bezüglich der angegriffenen Ausführungsformen erschöpft. Bei der Erschöpfung sei zunächst danach zu fragen, ob eine Erhaltungsmaßnahme oder eine Neuherstellung des geschützten Erzeugnisses vorliegt. Insoweit könne es von Bedeutung sein, ob es sich um Teile handelt, mit deren Austausch entweder während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist oder ob sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung wiederspiegeln. Falls sich in dem ausgetauschten Teil die Erfindung nicht wiederspiegelt, müsse gefragt werden, ob ein Verschleißteil vorliegt, mit dessen Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung zu rechnen ist. Ist dies nicht der Fall, liege in dem Austausch dieses Teil eine unzulässige Neuherstellung.
62Die Neuherstellung sei der grundsätzlich eng auszulegende Ausnahmefall und hier nicht einschlägig. Es bestehe eine Vermutung, dass die Patentrechte an den von der Klägerin selbst in Verkehr gebrachten Kartuschen erschöpft seien. Die Klägerin trage daher die Beweislast, dass trotz Erschöpfung eine Patentverletzung vorliegt. Der Austausch der Trommel sowie der Austausch von Trommel und Flansch gehörten zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Trommeleinheit.
63Abzustellen sei bei der Frage der Erschöpfung auf das Kupplungselement. Das Klagepatent ziele ausschließlich auf eine Verbesserung des Kopplungsmechanismus zwischen Druckerantrieb und Prozesskartusche ab. Die technischen Wirkungen der Erfindung beträfen ausschließlich das Kupplungselement. Die Bildtrommel gehöre dagegen seit geraumer Zeit zum Stand der Technik. Die Trommel sei nur Objekt der Erfindung, das Kupplungselement mache die Identität des geschützten Gegenstands aus. Wenn sich die Verbesserung am Austauchteil nicht im Patentanspruch wiederspiegelt, sondern dieses Teil nur funktional mit der Gesamtvorrichtung zusammenwirkt, sei die Identität des Erzeugnisses auch nach dem Austausch dieses Teils unverändert gewahrt. Dies gelte auch dann, wenn zusätzlich der Flansch ausgewechselt werde.
64Da sich die Erfindung nicht in den ausgetauschten Teilen wiederspiegele, sei in einem zweiten Prüfungsschritt zu fragen, ob ein Verschleißteil vorliegt, mit dessen Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung zu rechnen ist, oder ob der Austausch eine Neuherstellung darstelle. Trommel und Flansch stellten eindeutig Verschleißteile dar, deren Austausch gängige Praxis sei. Entsprechend seien gebrauchte Tonerkartusche Handelsware, die teilweise über Sammelstellen, teilweise über spezielle Broker eingesammelt und weiterverkauft werden. Bis zu 50 % der Tonerkartuschen würden mindestens einmal zur Wiederaufbereitung gegeben werden. Dass die Wiederaufbereitung von Tonerkartuschen etabliert sei, erkenne man auch daran, dass hierfür eigene DIN-Normen bestehen. Schließlich habe C eine Selbstverpflichtung zur Wiederverwertbarkeit der von ihnen hergestellten Prozesskartuschen abgegeben (vgl. Anlage B4). Auch die Klägerin habe eine freiwillige Selbstverpflichtung abgegeben (vgl. Anlage B5).
65Bei der Frage der Verkehrsauffassung komme es auf den patentierten Gegenstand an, auch wenn die angegriffenen Ausführungsformen nicht isoliert vertrieben werden. Da die Trommeleinheiten – unstreitig – nicht Gegenstand des Handelsverkehrs sind, sei die Frage der Verkehrsauffassung nur hypothetisch zu beantworten. Angesprochener Verkehrskreis für die Trommeleinheiten seien als Abnehmer Unternehmen der Refill-Industrie, welche die Mehrzahl der hypothetischen Abnehmer darstellten, Händler und technikinteressierte Personen (Bastler). Schließlich seien die Originalhersteller auch Abnehmer von neuen Trommeleinheiten. Die Refill-Industrie würde berechtigterweise davon ausgehen, dass die Trommeleinheit ohne Trommel nicht wertlos ist, sondern rechnete mit deren Austausch während der Lebensdauer der Trommeleinheit.
66Soweit man auf die Wertverhältnisse zwischen Trommel und Trommeleinheit abstellt, müsse berücksichtigt werden, dass die Erfindung allein im Kupplungselement verkörpert sei. Der Wert der Erfindung sei damit der Wert nur des Kupplungselements, das aber beibehalten werde. Die Hinzufügung der Trommel zum Patentanspruch sei demgegenüber willkürlich. Abzustellen sei auf das Kupplungselement als eigentlicher Kern der Erfindung und nicht auf die Trommel, die insofern nur deren Objekt bilde. Ansonsten habe es ein Patentinhaber in der Hand, durch die Bestimmung des Oberbegriffs den Patentanspruch so zu formulieren, dass er eine Belohnung auch für Verschleißteile erhält, die für den Erfindungsgedanken vollkommen nebensächlich sind. Der Eintritt der Erschöpfung könne sonst durch den Patentinhaber verhindert werden, indem er den erfindungswesentlichen Bauteilen werthaltige weitere Teile hinzufügt. Der Materialwert der ausgetauschten Trommel von 75 % der Trommeleinheit spreche ohnehin hier nicht gegen eine Erschöpfung, da der Wert der restlichen Teile 25 % betrage und damit die Marke von 10 % übersteige. Es lohne sich auch wirtschaftlich, dass Kupplungselement weiter zu verwenden. Das Kupplungselement werde aufgrund seiner gegenüber der Trommel längeren Lebensdauer nicht ausgetauscht.
67Wenn man den wirtschaftlichen Aufwand für den Austausch der Trommel betrachte, müssten auch die wirtschaftlichen Vorteile, die mit dem Vertrieb der gesamten Prozesskartusche verbunden sind, berücksichtigt werden.
68Aber selbst wenn man nicht auf die Trommeleinheit, sondern auf die Kartusche als nächstgrößere Einheit abstellen würde, wären die Patentrechte der Klägerin erschöpft. Wenn man dies nicht aufgrund der abstrakten Kriterien bereits bejaht, müsse die Frage der Erschöpfung anhand der tatsächlichen Verkehrsauffassung beurteilt werden. Die im Auftrag der Beklagten durchgeführte Verkehrsumfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts IPSOS (Anlage B15) zur Verkehrsauffassung belege, dass eine Erschöpfung eingetreten ist, da der Austausch der Trommel nach der Verkehrsauffassung eine übliche Erhaltungsmaßnahme sei. Nach der Umfrage mäßen 34,8 % der Befragten einer leeren Tonerkartusche einen wirtschaftlichen Wert zu, was zu 22,3 % auch bei einer verschlissenen Trommel gelte. Der scheinbar geringe Wert beruhe auf den mangelenden Kenntnissen der Befragten von den Interna einer Prozesskartusche. Zudem hätten 24,8 % der Befragten zugestimmt, dass der Austausch der Trommel eine Reparatur der Kartusche sei, wohingegen nur 11,7 % den Austausch der Trommel als gleichbedeutend mit der Neuherstellung der Kartusche angesehen hätten.
69Die Wiederaufbereitung in Marokko bedeute nicht, dass die hierbei verwendeten Originalkartuschen nicht in der EU auf dem Markt gebracht worden seien. Da die Kartuschen – unstreitig – nicht nach dem Ort unterschieden werden können, an dem sie zuerst auf den Markt gelangt sind, mache es die Klägerin zudem unmöglich zu beweisen, dass die aufbereiteten Kartuschen ursprünglich im EWR in den Verkehr gebracht wurden. Die Klägerin verhalte sich treuwidrig, wenn sie einen solchen Beweis verlangte. Es müsse ausreichen, dass bei lebensnaher Betrachtung alles dafür spreche, dass die Kartuschen, die innerhalb der EU eingesammelt wurden, auch dort auf den Markt gebracht worden sind. Insofern bestehe ein Anscheinsbeweis zugunsten der Beklagten.
70Nach zutreffender, neuer Rechtsprechung des BGH hafte der Beklagte zu 3) schließlich nicht allein wegen seiner Stellung als Geschäftsführer.
71Die Klägerin habe kein berechtigtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung. Gegen ein solches Interesse spreche schon, dass die Klägerin – unstreitig – bereits vor Zustellung der Klage über das hiesige Verfahren berichtet hat (Anlage B11). Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen bereits im August 2014 eingestellt und zudem auch zuvor angegriffene Kartuschen nur ein Jahr in geringer Stückzahl vertrieben hätten. Sinn von § 140e PatG sei nur eine Folgenbeseitigung. Auch Art. 15 der Enforcement-Richtlinie gebe den nationalen Gerichten einen Entscheidungsspielraum, innerhalb dessen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben müsse. Ein Urteilsveröffentlichungsanspruch bestehe nur dann, wenn die übrigen patentrechtlichen Ansprüche die Folgen der Patentverletzung nicht hinreichend beseitigen können. Auch das Urteil im französischen Verfahren begründe kein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung. Es handele sich hierbei um einen separaten Sachverhalt des französischen Rechts. Spätestens mit der Berichterstattung über die Urteile in den Parallelverfahren bestehe kein berechtigtes Interesse mehr an einer Veröffentlichung (vgl. Anlagenkonvolut B18).
72Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2015 (Bl. 209 f. GA) ergänzend verwiesen.
73E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
74Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
75Die Klage stellt keine unzulässige Rechtsausübung der Klägerin dar (hierzu unter I.). Durch das Anbieten und Liefern der angegriffenen Ausführungsformen verletzen die Beklagten das Klagepatent unmittelbar wortsinngemäß (hierzu unter II.). Die Beklagten können sich nicht erfolgreich auf den Einwand der Erschöpfung berufen (hierzu unter III.). Aufgrund der Patentverletzung hat die Klägerin im tenorierten Umfang Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf patentverletzender Gegenstände sowie Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a Abs. 1, Abs. 3 PatG, §§ 242, 259 BGB. Ansprüche auf Urteilsveröffentlichung aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140e PatG stehen der Klägerin dagegen nicht zu (hierzu unter IV.).
76I.
77Die Klage stellt keine unzulässige Rechtsausübung der Klägerin im Sinne von § 242 BGB dar. Aus der in Anlage B5 vorgelegten Erklärung der Klägerin kann eine Rechtsmissbräuchlichkeit der hiesigen Klage nicht hergeleitet werden, da die Klägerin hierin nicht auf die Geltendmachung von Patentrechten verzichtet. Etwas anderes haben die Beklagten auch nicht hinreichend vorgetragen.
78II.
79Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch. Durch das Angebot und die Lieferung der angegriffenen Ausführungsformen verletzten die Beklagten das Klagepatent (§ 9 Nr. 1 PatG).
801.
81Die Erfindung des Klagepatents (im Folgenden nach Abs. zitiert, ohne das Klagepatent explizit zu nennen) betrifft eine Prozesskartusche, eine elektrofotografische Bilderzeugungsvorrichtung, an der die Prozesskartusche abnehmbar montierbar ist, und – für den hiesigen Fall insbesondere relevant – eine elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit.
82a)
83Bei einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung kann es sich beispielsweise um eine elektrofotografische Kopiermaschine oder einen elektrofotografischen Drucker (etwa einen Laserstrahldrucker oder einen LED-Drucker) handeln (Abs. [0002]).
84Die Prozesskartusche wird als eine Einheit bereitgestellt, indem ein elektrofotografisch fotosensitives Element und eine Prozesseinrichtung, die auf das elektrofotografische fotosensitive Element wirkt, einstückig zusammengefügt werden. Bei der genannten Prozesseinrichtung kann es sich etwa um eine Entwicklungseinrichtung, eine Ladeeinrichtung oder eine Reinigungseinrichtung handeln (Abs. [0003]). Eine Prozesskartusche kann also beispielsweise durch das einstückige Zusammenbauen eines elektrofotografischen fotosensitiven Elements und den Prozesseinrichtungen Entwicklungseinrichtung, Ladeeinrichtung und Reinigungseinrichtung bereitgestellt werden (Abs. [0003]).
85Diese Prozesskartusche wird dann an einer Hauptbaugruppe der elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung (d.h. etwa an einen Drucker) montiert und später wieder von dieser demontiert (Abs. [0003]). Dabei kann die Prozesskartusche von einem Anwender abgenommen werden, was die Wartung des Geräts durch den Anwender selbst ohne Servicepersonal ermöglicht (Abs. [0004]).
86b)
87Das Klagepatent erläutert weiter, dass bei einer herkömmlichen Prozesskartusche ein im US-Patent US F (Anlage K3/K3a) offenbarter Aufbau zum Aufnehmen einer Rotationsantriebskraft zum Drehen eines trommelförmigen elektrofotografischen fotosensitiven Elements („fotosensitive Trommel“) von einer Vorrichtungshauptbaugruppe bekannt ist (Abs. [0005] ff.). Bei diesem Aufbau wird eine Rotationsantriebskraft (etwa von einem Drucker) auf die fotosensitive Trommel übertragen, um diese zu drehen. Hierzu sind im Stand der Technik einerseits an einer Hauptbaugruppenseite ein drehbares Element zum Übertragen einer Antriebskraft eines Motors und ein nicht kreisförmiges verdrehtes Loch vorgesehen, das an einem zentralen Abschnitt des drehbaren Elements vorgesehen ist und das einen Querschnitt hat, der einstückig mit dem drehbaren Element drehbar ist und mit einer Vielzahl von Ecken versehen ist (Abs. [0006]). Andererseits ist an einer Prozesskartuschenseite ein nicht kreisförmiger verdrehter Vorsprung vorgesehen, der an einem der Längsenden einer fotosensitiven Trommel vorgesehen ist und einen Querschnitt hat, der mit einer Vielzahl von Ecken versehen ist (Abs. [0007]). Wenn das drehbare Element in einem Eingriffszustand zwischen dem Vorsprung und dem Loch gedreht wird (und die Prozesskartusche an der Vorrichtungshauptbaugruppe montiert ist), wird eine Rotationskraft des drehbaren Elements auf die fotosensitive Trommel in einem Zustand übertragen, in welchem eine Anziehungskraft in Richtung zu dem Loch auf den Vorsprung ausgeübt wird. Als Folge wird die Rotationskraft zum Drehen der fotosensitiven Trommel von der Vorrichtungshauptbaugruppe auf die fotosensitive Trommel übertragen. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Fig. 11 der US F(Anlage K3/K3a) verkleinert eingeblendet:
88 89An diesem herkömmlichen Aufbau nach der US F kritisiert das Klagepatent, dass es erforderlich ist, dass das drehbare Element in einer horizontalen Richtung bewegt wird, wenn die Prozesskartusche an der Hauptbaugruppe montiert oder von dieser demontiert wird. Hierzu muss es in eine Richtung bewegt werden, die im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Linie des drehbaren Elements ist. Es ist nämlich erforderlich, dass das drehbare Element durch einen Öffnungs- und Schließbetrieb einer Hauptbaugruppenabdeckung, die an der Vorrichtungshauptbaugruppe vorgesehen ist, horizontal bewegt wird. Durch den Öffnungsbetrieb der Hauptbaugruppenabdeckung wird das Loch von dem Vorsprung wegbewegt. Andererseits wird durch den Schließbetrieb der Hauptbaugruppenabdeckung das Loch in Richtung zu dem Vorsprung bewegt, um mit dem Vorsprung einzugreifen (Abs. [0010]). Deshalb ist es im Stand der Technik erforderlich, dass ein Aufbau zum Bewegen des drehbaren Elements in einer Drehachsenrichtung durch einen Öffnungs- und Schließbetrieb der Hauptbaugruppenabdeckung an der Hauptbaugruppe vorgesehen ist (Abs. [0011]).
90Ferner ist aus dem US-Patent US G (Anlage K4/K4a) ein Verfahren bekannt, bei dem eine fotosensitive Trommel durch das Eingreifen eines Zahnrads gedreht wird, das an der fotosensitiven Trommel fixiert ist. Bei der hierin offenbarten Lehre kann ohne Bewegen des Antriebszahnrads, das an der Hauptbaugruppe vorgesehen ist, entlang seiner Axiallinienrichtung die Kartusche an der Hauptbaugruppe montiert und von dieser demontiert werden, indem sie in einer Richtung bewegt wird, die im Wesentlichen senkrecht zu der Axiallinie ist. Hieran kritisiert das Klagepatent, dass bei diesem Aufbau ein Antriebsverbindungsabschnitt zwischen der Hauptbaugruppe und der Kartusche ein Eingriffsabschnitt zwischen Zahnrädern ist. Daher ist es schwierig, eine Drehungsungleichförmigkeit der fotosensitiven Trommel zu verhindern.
91In Abs. [0013] f. erörtert das Klagepatent verschiedene weitere Schriften aus dem Stand der Technik, ohne an den dort offenbarten Lösungen Kritik zu üben.
92Vor diesem Hintergrund nennt es das Klagepatent in Abs. [0015] als eine grundlegende Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Prozesskartusche, eine fotosensitive Trommeleinheit, die in der Prozesskartusche verwendet wird, und eine elektrofotografische Bilderzeugungsvorrichtung, an der die Prozesskartusche abnehmbar montierbar ist, vorzusehen, die die vorstehend beschriebenen Probleme der herkömmlichen Prozesskartuschen lösen können. In den Abs. [0016] ff. nennt das Klagepatent weitere Aufgaben.
932.
94Zur Lösung der genannten Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Erzeugnis nach Anspruch 1 vor, der in Form einer Merkmalsanalyse wie folgt gegliedert werden kann:
95I. Elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit (B), die mit einer Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung verwendbar ist,
961. wobei die Hauptbaugruppe eine durch einen Motor anzutreibende Antriebswelle (180) mit einem Rotationskraftanwendabschnitt enthält,
972. wobei die elektrofotografische Trommeleinheit von der Hauptbaugruppe in einer Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Richtung (L3) der Antriebswelle demontierbar ist,
98II. wobei die elektrofotografische Trommeleinheit aufweist:
991. eine elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) mit einer fotosensitiven Schicht (107b) auf einer Außenoberfläche davon, wobei die elektrofotografische fotosensitive Trommel rotierbar um eine Achse (L1) davon ist;
1002. ein Kupplungsbauelement (150),
101a) das um eine Achse (L2) davon rotierbar ist, und
102b) das mit der Antriebswelle (180) in Eingriff bringbar ist, um eine Rotationskraft von dem Rotationskraftanwendabschnitt zu empfangen, um die elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) zu rotieren,
103c) wobei das Kupplungsbauelement an einem axialen Ende der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) derart bereitgestellt ist,
1043. dass das Kupplungsbauelement (150) in der Lage ist,
105a) eine Rotationskraftübertragungswinkelposition
106aa) im Wesentlichen gleichachsig mit der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107)
107bb) zur Übertragung der Rotationskraft zur Rotation der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) zu der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107)
108b) und eine Löswinkelposition einzunehmen,
109aa) in der das Kupplungsbauelement (150) weg von der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) der Rotationskraftübertragungswinkelposition geneigt ist
110bb) zum Lösen des Kupplungsbauelements (150) von der Antriebswelle (180),
111III. wobei die elektrofotografische Trommeleinheit (B) derart eingerichtet ist, dass,
1121. wenn die elektrofotografische Trommeleinheit (B) von der Hauptbaugruppe in der Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) demontiert ist,
1132. sich das Kupplungsbauelement (150) von der Rotationskraftübertragungswinkelposition zu der Löswinkelposition bewegt.
1143.
115Das Klagepatent löst die gestellte Aufgabe im Wesentlichen durch eine bestimmte Ausgestaltung der Trommeleinheit. Diese besteht aus einer fotosensitiven Trommel und einem Kupplungsbauelement. Die beanspruchte Trommeleinheit wird als Teil einer Prozesskartusche in einen Drucker („Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung“) eingebaut und nach Verbrauch des Tonermaterials wieder vom Drucker demontiert.
116Dabei lehrt Merkmalsgruppe I., dass die Trommeleinheit so ausgestaltet sein muss, dass sie mit einem in den Merkmalen I.1. und I.2. näher definierten Drucker zusammenarbeiten kann.
117Merkmalsgruppe II. beschreibt unmittelbar die Bestandteile der Trommeleinheit: Einerseits eine elektrofotografische fotosensitive Trommel (107), die in Merkmal II.1. definiert wird; andererseits ein in den Merkmalen II.2. und II.3. näher spezifiziertes Kupplungsbauelement. Dieses Kupplungsbauelement sorgt für die vereinfachte (De-) Montierbarkeit der Trommeleinheit und damit ggf. auch der Prozesskartusche. Das Kupplungsbauelement soll die Rotation der Trommel (107) ermöglichen. Hierzu überträgt es die Rotation einer Antriebswelle des Druckers (180) auf die Trommel (107). Hierfür ist das Kupplungsbauelement in der Lage, eine Rotationskraftübertragungswinkelposition einzunehmen, bei der die Rotationsachse der Kupplung (L2, Merkmal II.2.a)) gleichachsig mit der Rotationsachse der Trommel (L1, Merkmal II.3.a)bb)) ist.
118Soll die Trommeleinheit senkrecht zu ihrer Rotationsachse L1 entfernt werden, bewegt sich das Kupplungselement von der Rotationskraftübertragungswinkelposition in eine Löswinkelposition (Merkmalsgruppe III.). Diese ist über Merkmal II.3.b)aa) so definiert, dass die Rotationachse des Kupplungselements (L2) gegenüber der Rotationsachse der Trommel (L1) geneigt ist. Beim Herausziehen der Trommeleinheit verschwenkt sich die Rotationsachse der Kupplung (L2) also von einer zur Rotationsachse der Trommel (L1) koaxialen Stellung in eine hierzu weggeneigte Stellung. Dies ermöglicht das einfache Entfernen der Trommeleinheit und damit der Prozesskartusche, ohne dass eine axiale Bewegung der Antriebswelle oder der Trommelwelle erfolgen muss.
119Zur Veranschaulichung werden nunmehr die beiden Figuren aus Fig. 21 des Klagepatents verkleinert eingeblendet:
120121
Die Figuren 21(a) und 21(b) zeigen den Einbau einer Prozesskartusche, wobei die Demontage spiegelbildlich abläuft. In Fig. 21(a) befindet sich die Kupplung (150) in der Löswinkelposition und ist gegenüber der Rotationsachse der Trommel geneigt. Wird die Prozesskartusche dann senkrecht zur Rotationsachse der Trommel eingebaut (d.h. in der Richtung des Pfeils X4), schwenkt die Kupplung in die Rotationskraftübertragungswinkelposition. In dieser sind die Rotationsachsen von Kupplung (150, L2), Trommel (L1) und Antriebswelle (180, L3) im Wesentlichen koaxial.
122Nachfolgend wird schließlich Fig. 97(a) des Klagepatents verkleinert einblendet, die eine patentgemäße Trommeleinheit mit Trommel (107) und hieran angebrachtem Kupplungsbauelement (150) zeigt, wobei die Rotationsachse der Kupplung relativ zur Rotationsachse der Trommel (L1) verschwenkt werden kann:
123 1244.
125Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß. Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen dabei auch das alleine streitige Merkmal II.2.a),
126„ein Kupplungsbauelement (150),
127a) das um eine Achse (L2) davon rotierbar ist,“
128wortsinngemäß.
129a)
130Merkmal II.2.a) verlangt ein Kupplungsbauelement, das um eine Achse (L2) rotierbar ist. Dieses Merkmal ist im Zusammenhang mit der technischen Funktion des Kupplungsbauelements zu verstehen. Die Rotierbarkeit des Kupplungsbauelements um eine Achse soll patentgemäß ermöglichen, dass dieses Bauteil die Rotationskraft einer Antriebswelle aufnehmen und auf die Trommel (107) übertragen kann (Merkmal II.2.b)). Weiterhin sieht der Anspruch vor, dass das Kupplungsbauelement einerseits eine Rotationskraftübertragungswinkelposition „gleichachsig mit der Achse L1“ der Trommel und eine hiervon weggeneigte Löswinkelposition einnehmen können muss (Merkmalsgruppe II.3.). Insofern muss eine bestimmte Rotationsachse (L2) der Kupplung vorhanden sein, die zu der Trommelachse (L1) eine gleichachsige Position einnehmen kann. Eine solche definierte Achse lehrt Merkmal II.2.a).
131Dass das Kupplungsbauelement im eingebauten Zustand unabhängig von der Trommel (107) rotieren muss – wie es die Beklagten meinen –, sieht der Anspruch dagegen nicht vor. Ein technischer Grund hierfür ist auch nicht ersichtlich. Im Gegenteil muss das Kupplungsbauelement in der Lage sein, sich mit der Trommel zu drehen, um diese rotieren zu lassen. Bei der von der Beklagten vertretenen Auslegung wäre dagegen eine Rotation der Trommel nicht möglich, was erkennbar der Lehre des Klagepatents entgegenläuft.
132b)
133Merkmal II.2.a) wird von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Die Kupplung lässt sich unstreitig um eine Rotationsachse rotieren. Dass hierbei die Trommel mit rotieren muss, steht der Merkmalsverwirklichung nicht entgegen.
1345.
135Die Verwirklichung der übrigen Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs ist zwischen den Parteien zu recht nicht streitig, so dass es hierzu keiner weiteren Ausführungen bedarf.
136III.
137Die Rechte aus dem Klagepatent sind hinsichtlich der angegriffenen Trommeleinheit nicht erschöpft. Dies gilt sowohl für die angegriffene Ausführungsform I, bei der nur die Trommel ausgetauscht wurde, als auch für die angegriffene Ausführungsform II, bei der zusätzlich auch der Flansch ausgetauscht wurde.
1381.
139Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist das Ausschließlichkeitsrecht aus einem Erzeugnispatent hinsichtlich solcher Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind (BGH, GRUR 2012, 1118, 1119 – Palettenbehälter II m.w.N.; BGH, GRUR 2000, 299 – Karate; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 185, 191 – Nespresso-Kapseln). Der rechtmäßige Erwerber eines solchen Exemplars ist befugt, dieses bestimmungsgemäß zu gebrauchen, an Dritte zu veräußern oder zu einem dieser Zwecke Dritten anzubieten. Dies gilt auch für solche Dritte, die den Gegenstand nicht unmittelbar vom Schutzrechtsinhaber erhalten haben.
140Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehört auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Exemplars ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von einer Wiederherstellung in diesem Sinne kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen nicht mehr die Identität des in Verkehr gebrachten Exemplars wahren, sondern darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen (BGH, GRUR 2012, 1118, 1119 – Palettenbehälter II m.w.N.; BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Denn das Recht auf (Neu-) Herstellung des patentgemäßen Erzeugnisses erschöpft sich durch das Inverkehrbringen eines patentgemäßen Gegenstands nicht (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1795). Es steht weiterhin ausschließlich dem Patentinhaber zu.
141Für die Frage, wann beim Austausch von Teilen einer Vorrichtung von deren Neuherstellung gesprochen werden kann, kann auch von Bedeutung sein, ob es sich um Teile handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist (BGH, GRUR 2012, 1118, 1120 – Palettenbehälter II m.w.N). Hierbei bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits (BGH, GRUR 2012, 1118, 1120 – Palettenbehälter II). Für die Frage, ob mit dem Austausch eines Teils während der Lebensdauer des in Verkehr gebrachten Erzeugnisses zu rechnen ist, sind in erster Linie die berechtigten Erwartungen der Abnehmer von Bedeutung. Hat sich mit dem „Verbrauch“ des Austauschteils gleichzeitig auch der patentgeschützte Gegenstand als Ganzes erledigt, liegt eine Neuherstellung vor, und zwar unabhängig davon, ob sich in dem Austauschteil die eigentlichen Erfindungsvorteile verwirklichen oder nicht.
142Ob sich in dem ausgetauschten Teil die technischen Wirkungen der geschützten Erfindung widerspiegeln, ist vielmehr nur auf der zweiten Stufe relevant, also wenn feststeht, dass mit dem Austausch des fraglichen Teils während der Lebensdauer des geschützten Erzeugnisses zu rechnen ist und es sich hierbei um eine reguläre Erhaltungsmaßnahme handelt (BGH, GRUR 2012, 1118, 1120 – Palettenbehälter II). Ist der Austausch eines Teils nach der Verkehrsauffassung als Neuherstellung des geschützten Erzeugnisses anzusehen, kann dagegen eine Patentverletzung in der Regel nicht mit der Erwägung verneint werden, in dem ausgetauschten Teil spiegelten sich nicht die technischen Wirkungen der Erfindung wider (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1809).
1432.
144Relevanter Gegenstand für die Frage der Erschöpfung ist vorliegend die Trommeleinheit, die von dem geltend gemachten Anspruch 1 des Klagepatents beansprucht wird und aus einer Trommel und einem Kupplungsbauelement besteht. Auf die Prozesskartusche kommt es dagegen beim Erschöpfungseinwand grundsätzlich nicht an, da es sich bei dieser – im Gegensatz zur Trommeleinheit –nicht um den patentgemäßen Gegenstand handelt. Gleichermaßen kann nicht nur auf das Kupplungselement abgestellt werden.
145a)
146Bei der Frage der Erschöpfung ist nämlich stets auf den nach dem Patentanspruch geschützten Gegenstand abzustellen, unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine im Geschäftsverkehr gehandelte Ware handelt (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1796). Denn erschöpfen können sich nur die Ausschließlichkeitsrechte aus einem Patent an dem Gegenstand, den das Patent beansprucht. Diese Verknüpfung zwischen dem Recht aus einem Patent und dessen Erschöpfung würde aufgehoben, wenn man auf eine andere Einheit als auf den patentgemäßen Gegenstand abstellen würde, was letztlich den Patentschutz ungerechtfertigt einschränken würde.
147Dieser Wertungswiderspruch zeigt sich anschaulich in der beispielshaften Konstellation, in der das patentgeschützte Erzeugnis insgesamt ein Verschleißteil ist, welches nicht selbstständig als Ware gehandelt wird, sondern als Bestandteil einer größeren Einheit in Verkehr gebracht wird. Würde man hier – unzutreffend – bei der Frage der Erschöpfung auf die im Verkehr gehandelte größere Einheit abstellen, müsste konsequenterweise auch die vollständige Neuherstellung des patentgeschützten Verschleißteils im Rahmen der Reparatur der größeren Einheit zulässig sein. Denn in Bezug auf die größere Einheit läge in dem Austausch des vollständig neu hergestellten, patentgemäßen Verschleißteils eine reguläre Erhaltungsmaßnahme. Damit würde der Erschöpfungseinwand unzulässig auf die Neuherstellung ausgedehnt, was die Möglichkeiten des Patentinhabers zur Verwertung seiner Erfindung ohne gesetzliche Grundlage beschränken würde.
148b)
149Die Beklagten vertreten dagegen den Ansatz, dass bei der Frage der Erschöpfung (zumindest teilweise) nur auf die erfindungswesentlichen Teile abzustellen sei. So seien beim Wertverhältnis der Bauteile zueinander oder der Frage der Identitätswahrung nur solche Bauteile zu berücksichtigen, die für die Erfindung wesentlich sind. Dies solle verhindern, dass durch die Aufnahme von für die Erfindung an sich nicht erforderlichen Bauteilen die Möglichkeiten des Eintritts der Erschöpfung ungerechtfertigt beschränkt werden.
150aa)
151Dem kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Der Patentanspruch ist vom Verletzungsgericht als gegeben hinzunehmen und auf ihn ist abzustellen. Erwägungen, mit welcher Motivlage bestimmte Merkmale in den Anspruch aufgenommen worden sind, sind vom Verletzungsgericht nicht vorzunehmen. Dass für die Frage, ob eine Neuherstellung oder eine Erhaltungsmaßnahme vorliegt, auf nur einen Teil der Anspruchsmerkmale abgestellt wird, wurde bislang – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung nicht vertreten. Hiernach ist die Frage der Erfindungswesentlichkeit der einzelnen Bauteile nur in einem zweiten Prüfungsschritt zu stellen, wenn feststeht, dass der Austausch eines Teils keine Neuherstellung darstellt. In dieser Konstellation kann trotzdem (ausnahmsweise) eine Patentverletzung vorliegen, wenn ein Teil ausgetauscht wird, in dem sich die Erfindung widerspiegelt. Würde die Frage, welche Teile erfindungswesentlich sind, bereits auf der ersten Stufe berücksichtigt, würden die Rechte des Patentinhabers entgegen der derzeitigen Rechtsprechung eingeschränkt, da hierdurch viel eher eine Erschöpfung eintreten kann.
152Es ist auch fraglich, ob die Gefahr, dass ein Patentinhaber erfindungsunwesentliche Teile dem Patentanspruch hinzufügt, um eine Erschöpfung zu verhindern, tatsächlich besteht. Denn die Hinzunahme erfindungsunwesentlicher Bauteile verringert gleichzeitigt die Möglichkeiten des Patentinhabers, wegen unmittelbarer Patentverletzung vorzugehen.
153bb)
154Neben den vorstehenden, allgemeinen Erwägungen kann die dem Ansatz der Beklagten zugrundeliegende Fallkonstellation hier im Tatsächlichen nicht festgestellt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Trommel nur deshalb in den Patentanspruch einbezogen wurde, um den Erschöpfungseinwand zu beschränken. Die Klägerin hat vorgetragen, ohne Trommel wäre die Erfindung nicht patentfähig gewesen. Dem sind die Beklagten nicht ausreichend entgegen getreten. Die Erfindung erscheint auch ohne eine Trommel nicht sinnvoll, da das Kupplungselement dann „in der Luft hinge“. Die Erfindung betrifft ein Zusammenspiel von Trommel und Kupplung, wobei letzteres Bauteil den Zwecken der Trommel dient (vgl. die Ausführungen unten unter III.3.c)).
155c)
156Aufgrund des Abstellens auf die Trommeleinheit als Gegenstand des Patentanspruchs ist ebenfalls unerheblich, ob die Trommeleinheit insgesamt ein Verschleißteil der Prozesskartusche ist oder wie Abnehmer der Prozesskartusche den Austausch der Trommeleinheit insgesamt bewerten. Es kann vielmehr dahingestellt bleiben, ob der Austausch der Trommeleinheit bei der Wiederherstellung einer verbrauchten Prozesskartusche eine übliche Erhaltungsmaßnahme darstellt.
157Wenn die patentgemäße Trommeleinheit insgesamt ein Verschleißteil der Prozesskartusche sein sollte, führte dies im Übrigen nicht zur Erschöpfung der Patentrechte der Klägerin. Denn in diesem Falle stellte der Austausch des gesamten patentgemäßen Erzeugnisses dessen Neuherstellung dar, bei der kein Raum für Erschöpfungserwägungen ist.
1583.
159Entscheidend für die Frage des Erschöpfungseinwands ist damit vorliegend, ob die Trommel ein solches Verschleißteil der patentgemäßen Trommeleinheit ist, dessen Austausch nicht als Neuherstellung der patentgemäßen Trommeleinheit, sondern als reguläre Erhaltungsmaßnahme in Bezug auf die Trommeleinheit zu werten sein könnte. Dies ist zu verneinen.
160Für die den Erschöpfungseinwand stützenden Tatsachen sind die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1788). Diesen obliegt es, vorzutragen, dass es sich bei dem Austausch der Trommel (und ggf. weiterer Bauteile) um Erhaltungsmaßnahmen in Bezug auf die Trommeleinheit handelt, so dass der Vertrieb patentgemäßer Gegenstände ausnahmsweise keine Patentverletzung darstellt.
161Auf Grundlage des Beklagtenvortrages lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Austausch der Trommel der patentgemäßen Trommeleinheit als deren Reparatur und nicht als eine Neuherstellung der Trommeleinheit zu werten ist. Dies gilt erst recht, wenn zusätzlich (wie bei der angegriffenen Ausführungsform II) auch der Flansch ausgetauscht wird. Die Ersetzung eines weiteren Bauteils entfernt die angegriffene Ausführungsform noch weiter vom ursprünglich in Verkehr gebrachten Gegenstand, da von der ursprünglichen Trommeleinheit nur das Kupplungselement verbleibt. Deshalb kann zunächst alleine auf den Austausch der Trommel abgestellt werden (angegriffene Ausführungsform I).
162a)
163Ob es sich bei dem Trommelaustausch um eine Neuherstellung oder um eine Erhaltungsmaßnahme handelt, mit der während der Lebenszeit der Trommeleinheit zu rechnen ist, muss vorliegend anhand objektiver Kriterien abstrakt bestimmt werden.
164Auf eine tatsächliche Verkehrsauffassung von Abnehmern kann nicht abgestellt werden. Für die zu betrachtenden Trommeleinheiten existieren keine realen Abnehmer, da die Trommeleinheiten kein tatsächlich gehandeltes Wirtschaftsgut sind. Damit kann keine konkrete Abwägung anhand der berechtigten Interessen der Abnehmer erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass eine repräsentative Befragung von Abnehmern, selbst wenn diese – anders als im vorliegenden Fall – existieren, auch nur im Einzelfall dann sinnvoll sein kann, wenn objektive Kriterien kein eindeutiges Ergebnis herbeiführen (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1810). Bereits anhand objektiver Kriterien lässt sich hier ersehen, dass der Austausch der Trommel eine Neuherstellung der patentgeschützten Trommeleinheit darstellt.
165Eine Befragung von Abnehmern kann aber ohnehin nur dann sinnvoll sein, wenn die befragten Abnehmer eine Kaufentscheidung treffen, einen Kaufpreis entrichten und deswegen auch bestimmte, berechtigte Erwartungen an den gekauften Gegenstand haben, was dessen Nutzungs- und Reparaturmöglichkeiten angeht. Solche Erwartungen können aber nicht dadurch nachgebildet werden, indem man mangels tatsächlicher Abnehmer auf hypothetische Abnehmer oder Abnehmer der nächstgrößeren Einheit abstellt, deren Erwartungen sich zwangsläufig strukturell von denen tatsächlicher Abnehmer unterscheiden.
166Auf die als Anlage B15 vorgelegte Befragung kommt es nicht entscheidend an, da hierin naturgemäß keine Abnehmer von Trommeleinheiten befragt wurden, sondern Abnehmer von Prozesskartuschen. Dies ist schon deshalb problematisch, da – wie auch die Beklagten einräumen – die Befragten wenige Kenntnisse von den Interna einer Prozesskartusche besitzen, da sie diese eben nicht separat erwerben.
167Auf einen hypothetischen Abnehmerkreis, der im Wesentlichen aus den Wiederaufbereitern von Prozesskartuschen besteht, kann ebenfalls nicht zurückgegriffen werden. Vielmehr müssten dann auch die Originalhersteller von Prozesskartuschen, die ja ebenfalls Trommeleinheiten verbauen und die hierfür erforderlichen Einzelteile beziehen, befragt werden. Damit würde sich aber bei einer solchen hypothetischen Befragung kaum feststellen lassen, dass die Trommel ein Verschleißteil der Trommeleinheit ist. Die Wiederaufbereiter zu befragen, ob diese ihr Geschäftsmodell als patentrechtlich zulässig einordnen, kann für die Abgrenzung zwischen verbotener Neuherstellung und erlaubter Erhaltung alleine kaum vernünftige Ergebnisse liefern. Dass die Wiederaufbereiter existieren, ändert nichts daran, dass sie weder die Abnehmer der Trommeleinheiten sind noch mit solchen gleichgesetzt werden können.
168b)
169Bei der Frage, ob eine Neuherstellung oder eine Erhaltungsmaßnahme vorliegt, sind die Wertverhältnisse zwischen den ursprünglichen und den ausgetauschten Bauteilen zu berücksichtigen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1810). Denn wenn das ausgetauschte Teil den überwiegenden Wert der patentgemäßen Vorrichtung verkörpert und der restliche, unverändert fortbestehende Teil einen demgegenüber deutlich geringeren Wert besitzt, spricht vieles dafür, dass sich mit dem Verbrauch des ausgetauschten Teils der patentgemäße Gegenstand insgesamt erledigt hat.
170Die darlegungsbelasteten Beklagten haben nicht hinreichend vorgetragen, dass ohne Trommel ein wirtschaftlich bedeutender Rest der von der Klägerin hergestellten Trommeleinheit verbleibt. Es ist insofern davon auszugehen, dass der Wert der Trommel mindestens 75 % der Trommeleinheit ausmacht, was nahelegt, den Austausch der Trommel als Neuherstellung der Trommeleinheit anzusehen. Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, der Wert der Trommel betrage mehr als 70 % der Trommeleinheit. Die Beklagten sind von 75 % ausgegangen (also im Rahmen dessen, was auch die Klägerin vorgebracht hat), da sie einen Wert von EUR 1,50 für die Trommel und von EUR 2,00 für die gesamte Trommeleinheit angaben. Nähere Angaben hat die Klägerin daraufhin nur teilweise vorgetragen, da sie nur ihre Einkaufspreise für das Kupplungselement angegeben habe, jedoch keine entsprechenden Angaben zu den Preisen der Trommeleinheit insgesamt dargelegt haben, so dass sich kein Wertverhältnis bilden lässt.
171Insofern unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von Fällen, bei denen über die Lebensdauer der nicht ausgetauschten Einheit deren Wert lediglich von dem kumulierten Preis der ausgetauschten Teile übertroffen wird (vgl. BGH, GRUR 2007, 769, 773 – Pipettensystem; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 185 – Nespressokapseln). Bei dem Austausch beispielsweise einer einzelnen Spritze oder einer einzelnen Kaffeekapsel erledigt sich nämlich nicht ein Großteil des Wertes des Pipetten- bzw. Extraktionssystems. Der verbleibende Rest ist weiterhin werthaltig. Dies ist im vorliegenden Fall anders: Hier entfällt bereits auf eine Trommel (als vermeintliches Austauschteil) ein Großteil des Wertes der Trommeleinheit.
172c)
173Neben den Wertverhältnissen zeigen auch die technischen Funktionen der einzelnen Bauteile der patentgemäßen Trommeleinheit, dass sich diese bei Entfernung der Trommel als Ganzes erledigt. Insofern kommt es auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, die nicht zwingend gleichzusetzen ist mit der Frage, welche Bauteile für die Erfindung wesentlich sind. Denn auf die patentgemäßen Wirkungen kommt es erst auf der zweiten Stufe an, wenn feststeht, dass es sich bei dem Austausch um eine reguläre Erhaltungsmaßnahme handelt. Bei der vorgelagerten Frage, ob eine Erhaltungsmaßnahme oder eine Neuherstellung vorliegt, sind dagegen wirtschaftliche und technische Gesichtspunkte relevant.
174Die Beklagten haben in dieser Hinsicht nicht ausreichend dargelegt, warum es technisch oder wirtschaftlich sinnvoll ist, die (Original-) Kupplung weiter zu verwenden. Der Umstand alleine, dass das Kupplungselement eine längere Lebensdauer als die Trommel besitzt, bildet hierfür keine tragfähige Begründung. Auf die mit der Wiederaufbereitung der Lasertonerkartusche insgesamt erzielten wirtschaftlichen Gewinne darf nicht abgestellt werden.
175Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat die nicht ausgetauschte Kupplung nur eine dienende Funktion gegenüber der für den Druckvorgang essentiellen Trommel. Bei der Kupplung handelt es sich im Gegensatz zu der ausgetauschten Trommel zudem um ein eher einfaches Bauteil. Es ist damit nicht hinreichend vorgetragen worden oder sonst ersichtlich, dass das Ersetzen nur der Trommel wirtschaftlicher ist als der Austausch der gesamten Trommeleinheit.
176d)
177Durch die Entfernung der Trommel geht ferner die Identität der Trommeleinheit als patentgeschützter Gegenstand verloren. Auf das Kupplungselement alleine darf insoweit – wie gesehen – nicht abgestellt werden. Bei der Aufbereitung der Prozesskartuschen bleiben von der ursprünglich in Verkehr gebrachten Trommeleinheit lediglich das Kupplungselement und der Flansch übrig (falls dieser nicht auch ausgetauscht wird). Der nicht ersetzte Rest ist aber nicht ausreichend, um bei ausgetauschter Trommel noch von ein und derselben Trommeleinheit zu sprechen. Gegenüber der ursprünglich in Verkehr gebrachten Trommeleinheit stellt sich die aufbereitete Trommeleinheit als anderer Gegenstand dar, bei dem lediglich einzelne, untergeordnete Teile weiter verwendet werden.
178e)
179Auch der Arbeitsaufwand zum Austausch der Trommel spricht gegen dessen Bewertung als Erhaltungsmaßnahme bei einer fortbestehenden Trommeleinheit. Die für den Erschöpfungseinwand darlegungsbelasteten Beklagten haben insofern nicht dargelegt, dass der Arbeitsaufwand zum Austausch der Trommel wesentlich geringer ist als der einer vollständigen Neuherstellung der Trommeleinheit. Es spricht aber gegen die Bewertung eines Teileaustauschs als Reparatur, wenn dieser Austausch einen ähnlichen Aufwand erfordert wie eine vollständige Neuherstellung.
180f)
181Schließlich ist indiziell zu berücksichtigen, dass ein substantieller Anteil von originalen Lasertoner-Kartuschen (deren Höhe zwischen den Parteien streitig ist), vom Anwender nach Gebrauch weggeworfen wird. Zwar ist – wie vorstehend ausgeführt – nicht auf die Verkehrsauffassung zu den Lasertoner-Kartuschen abzustellen. Wenn aber eine nicht unerhebliche Anzahl von Abnehmern bereits die Kartusche insgesamt wegwirft oder sie kostenlos wieder abgibt, spricht dies dagegen, die Trommeleinheit ohne Trommel als werthaltiges Gut anzusehen, da es sich hierbei lediglich um einen Bestandteil der Prozesskartusche handelt. Wenn die Kartusche in ihrer Gesamtheit von einer nicht unerheblichen Anzahl der Abnehmer als nach ihrem Gebrauch erledigt angesehen wird, gilt dies erst recht für die Trommeleinheit ohne Trommel.
182g)
183Dagegen hat § 4 S. 3 ElektroG für die Frage, ob eine Neuherstellung oder eine reguläre Erhaltungsmaßnahme vorliegt, keine Relevanz. Diese Norm betrifft nicht die Durchsetzung von gewerblichen Schutzrechten, sondern die Konstruktion von Geräten.
1844.
185Die Beklagten können sich damit erst recht nicht auf Erschöpfung berufen, soweit bei den von ihnen vertriebenen angegriffenen Ausführungsformen neben der Trommel auch der Flansch der Trommeleinheit der ursprünglich auf den Markt gebrachten Prozesskartuschen ersetzt wurde (angegriffene Ausführungsform II). Bereits der Austausch nur der Trommel bei der angegriffenen Ausführungsform I stellt keine reguläre Erhaltungsmaßnahme in Bezug auf die Trommeleinheit dar, sondern eine Neuherstellung. Entsprechend greift der Erschöpfungseinwand bei der angegriffenen Ausführungsform II erst recht nicht durch, da bei dieser zusätzlich auch der Flansch ausgetauscht wurde.
1865.
187Da der Erschöpfungseinwand bereits aus den vorstehend genannten Gründen nicht durchgreift, kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagten hinreichend nachgewiesen haben, dass die wiederaufbereiteten Kartuschen ursprünglich im EWR auf den Markt gebracht worden sind und/oder ob insoweit eine Beweislastumkehr greift.
188IV.
189Aus der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.
190Dabei haftet der Beklagte zu 3) als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz. Für die von einer Handelsgesellschaft begangene Patentverletzung hat deren gesetzlicher Vertreter grundsätzlich persönlich einzustehen, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1033). Aufgrund seiner satzungsgemäßen Funktion ist er in der Regel Täter und nicht bloß Gehilfe (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145 – Pelikan, Kühnen, a.a.O., Rn. 1033 u. 1038). Er haftet dem Verletzten daher grundsätzlich bei jedweder Schutzrechtsverletzung deliktisch auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Dies entspricht jahrzehntelanger, vom für das Patentrecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gebilligter Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und der erkennenden Kammer.
191Zwar hat der I. Zivilsenat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zwischenzeitlich zum Wettbewerbsrecht (GRUR 2014, 883, 884 – Geschäftsführerhaftung) sowie zum Urheberrecht (Urteil vom 27.11.2014 – Az. I ZR 124/11 – Videospiel-Konsolen II) entschieden, dass an dieser Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden könne. Soweit hiernach eine persönliche Haftung des Geschäftsführers nur unter weitergehenden Voraussetzungen in Betracht kommen soll, ist das Oberlandesgericht Düsseldorf dem für das Patentrecht nicht beigetreten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – Az. I-2 U 64/14 – S. 25). Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
1921.
193Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt. Der Unterlassungstenor kann in der beantragten, allgemeinen Form gewährt werden. Streitgegenstand ist der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen durch die Beklagten. Welche Teile bei den angegriffenen Ausführungsformen gegenüber dem von der Klägerin hergestellten Gegenstand ausgetauscht worden sind, ist dagegen nur eine Frage für den Umfang des Erschöpfungseinwands. Dieser greift hier aber auch dann nicht ein, wenn nur die Trommel ausgetauscht würde. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf und der Kammer ist es im allgemeinen statthaft, bei einer wortsinngemäßen Patentverletzung den Unterlassungsantrag nach dem Wortlaut des geltend gemachten Patentanspruchs zu formulieren (vgl. hierzu Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1135). Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt hier keine Sonderkonstellation wie bei einer mittelbaren oder äquivalenten Patentverletzung vor. Der (letztlich nicht erfolgreiche) Erschöpfungseinwand ändert nichts daran, dass die Beklagten das Klagepatent durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß verletzen. Aus den Urteilsgründen ist auch ersichtlich, welche Verletzungshandlungen streitgegenständlich waren. Insbesondere ist nicht hinreichend vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass es Ausführungsformen gibt, die zwar unter den allgemeinen Unterlassungstenor fallen würden, deren Vertrieb den Beklagten aufgrund von Erschöpfung jedoch gestattet ist. Dies wäre aber die Grundvoraussetzung für einen nur eingeschränkten Tenor. Wie oben dargestellt wäre auch beim isolierten Austausch nur der Trommel das Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin nicht erschöpft.
1942.
195Die Klägerin hat auf Grund der Patentverletzung gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG folgt. Als Fachunternehmen hätten die Beklagten zu 1) und zu 2) die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Beklagte zu 3) haftet als Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
1963.
197Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rechnungslegung im zuerkannten Umfang zu. Für die Angebotsempfänger ist den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt zu gewähren (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).
198Für den Anspruch aus §§ 242, 259 BGB (Antrag zu I.3) kann keine Belegvorlage verlangt werden (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1377 m.W.N.). § 259 BGB verpflichtet nur dann zur Belegvorlage, wenn eine Belegvorlage üblich ist, was hier nicht ersichtlich ist. Insoweit war die Klage abzuweisen.
1994.
200Gegenüber der Beklagten zu 2) steht der Klägerin aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG ein Anspruch auf Vernichtung zu. Der Antrag ist auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu unbestimmt. Es ist klar, dass nur die angegriffenen Ausführungsformen (Trommeleinheiten) vernichtet werden müssen, da nur diese als Gegenstand des Patentanspruchs angegriffen sind. Insofern steht es den Beklagten frei, die angegriffenen Trommeleinheiten aus den Prozesskartuschen zu entfernen, um nur die Trommeleinheit zu vernichten und die Prozesskartusche zu erhalten, oder die die gesamte Prozesskartusche samt der angegriffenen Trommeleinheit zu vernichten. Es ist unstreitig, dass ein solcher Ausbau möglich ist.
201Eine Vernichtung ist hier auch nicht im Einzelfall unverhältnismäßig im Sinne von § 140a Abs. 4 PatG. Eine Unverhältnismäßigkeit ergibt sich nicht daraus, dass vor der Vernichtung die Trommeleinheit aus der Prozesskartusche ausgebaut werden muss, um die Zerstörung der letzteren zu verhindern. Dass hierbei ein so großer Aufwand verbunden ist, der es unverhältnismäßig erscheinen ließe, die Vernichtung der Trommeleinheiten zu verlangen, kann nicht festgestellt werden. Die Beklagten haben insbesondere nicht näher zum Aufwand der Entfernung der Trommeleinheit vorgetragen.
2025.
203Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2) einen Anspruch auf Rückruf aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1) ihren Sitz im Ausland hat (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1430 m.w.N.). Auch insofern ist der Antrag der Klägerin nicht zu unbestimmt. Die Beklagten müssen jeweils die angegriffenen Ausführungsformen – sprich die Trommeleinheiten – zurückrufen. Dabei steht es ihnen frei, die gesamten Prozesskartuschen zurückzurufen oder nur die Trommeleinheiten zurückzuverlangen.
204Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Rückruf unverhältnismäßig im Sinne von § 140a Abs. 4 PatG ist, da die angegriffenen Ausführungsformen in Prozesskartuschen verbaut vertrieben werden. Eine Alternative, um die Folgen der Patentverletzung insoweit zu beseitigen, ist nicht ersichtlich. Auch tragen die Beklagten nicht ausreichend zu dem Wertverhältnis zwischen Trommeleinheit und Kartusche vor, was den Schluss zuließe, ein Rückruf sei aufgrund des hohen Werts der Kartusche verglichen mit der Trommeleinheit ausnahmsweise unverhältnismäßig.
2056.
206Der Klägerin steht kein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140e PatG zu.
207a)
208Nach § 140e PatG kann bei einer Klage auf Grundlage des Patentgesetzes der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen. Weitere Voraussetzung für die Urteilsveröffentlichung ist, dass die obsiegende Partei ein berechtigtes Interesse hieran darlegt (§ 140e S. 1 a.E. PatG).
209Für ein Obsiegen im Sinne von § 140e PatG reicht ein zuerkannter Anspruch wegen rechtswidriger Patentverletzung aus (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1152). So genügt es, wenn – wie hier – ein Unterlassungsanspruch wegen Patentverletzung vom Gericht zuerkannt wird, auch wenn andere Klageanträge wegen anderer Gründe (etwa Erfüllung oder Verjährung) abgewiesen werden.
210Das Gericht muss zunächst prüfen, ob die Veröffentlichung erforderlich und geeignet ist, um einen durch die Patentverletzung eingetretenen Störungszustand zu beseitigen. Bei der Prüfung des berechtigten Interesse hat das Gericht die gegenseitigen Interessen von Verletzer und Verletzten umfassend zu würdigen (Busse/Keukenschrijver, 7. Aufl. 2013, § 140e Rn. 9). Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung sind Art, Dauer und Ausmaß der Beeinträchtigung, der Grad des Verschuldens des Patentverletzers, Nachwirkung der Verletzungshandlungen sowie das Informationsinteresse der Öffentlichkeit (Voß in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatRKomm, 4. Aufl. 2012, § 140e PatG, Rn. 9; Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1158 ff.; Busse/Keukenschrijver, 7. Aufl. 2013, § 140e Rn. 8 f.).
211Im Rahmen der Prüfung des berechtigten Interesses ist auf die konkreten Verletzungshandlungen der unterliegenden Partei und die daraus resultierenden Folgen abzustellen. Generalpräventive Aspekte, die nicht im Zusammenhang mit dem Verhalten des Verletzers stehen, sind allenfalls am Rande zu berücksichtigen (weitergehend: OLG Frankfurt, GRUR 2014, 296, 297 f. – Sportreisen). Zwar sollen nach dem Erwägungsgrund 27 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (Durchsetzungsrichtlinie), auf deren Art. 15 § 140e PatG zurückgeht, „Entscheidungen in Verfahren wegen Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums (…) veröffentlicht werden, um künftige Verletzer abzuschrecken und zur Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit beizutragen“. Ein solches Abschreckungsinteresse alleine reicht jedoch für einen Veröffentlichungsanspruch nicht aus. So verlangt § 140e PatG ausdrücklich, dass ein berechtigtes Interesse für die Veröffentlichung dargelegt wird. Daher besteht nicht bei jeder Patentverletzung automatisch ein Anspruch auf Urteilveröffentlichung; vielmehr müssen besondere Umstände die öffentliche Bekanntmachung rechtfertigen (Voß in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatRKomm, 4. Aufl. 2012, § 140e PatG, Rn. 8). Denn eine Veröffentlichung greift in die Rechte und Interessen der unterliegenden Partei ein, welche gegen die Interessen der obsiegenden Partei abzuwägen sind. Dies sieht auch die Gesetzesbegründung zu § 140e PatG vor. Zu berücksichtigen ist auch, dass die obsiegende Partei ein Urteil auf eigene Kosten veröffentlichen kann und zwar unabhängig von der Frage, ob ein Anspruch aus § 140e PatG besteht. Sollte eine Marktverwirrung eingetreten sein, die aber nicht Folge der Verletzungshandlungen der unterliegenden Partei ist, so kann die obsiegende Partei das Urteil auf eigene Kosten und Initiative zur Richtigstellung verwenden. Ein Patentverletzer muss jedoch nicht für die Veröffentlichung des Urteils aufkommen, um Schäden auszugleichen, die er nicht kausal verursacht hat.
212b)
213Zwar ist die Klägerin hier als „obsiegende Partei“ anzusehen, da ihr ein Unterlassungsanspruch zusteht. Jedoch fehlt ihr für die Zuerkennung eines Urteilsveröffentlichungsanspruchs das notwendige berechtigte Interesse.
214Es kann nicht festgestellt werden, dass das Verhalten konkret der Beklagten zu einer anhaltenden Marktverwirrung geführt hat. Konkret auf das Verhalten der Beklagten zurückgehende Folgen hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt.
215Insofern begründet das Urteil des Handelsgerichts in Nantes hier kein berechtigtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung im Sinne von § 140e PatG. Gegenstand des Verfahrens in Nantes ist eine Pressemitteilung der Klägerin, gegen die sich die Beklagten wehren. Dies unterscheidet sich von der Frage, ob die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung des hiesigen Urteils hat. Es ist nicht Sinn des Veröffentlichungsanspruchs, Entscheidungen ausländischer Gerichte indirekt zu revidieren. Vielmehr ist im französischen Verfahren zu klären, ob die Pressemitteilung rechtmäßig war. Darüber hinaus hat die Klägerin zum Verfahren in Nantes nicht ausreichend vorgetragen und insbesondere vom Urteil weder ein Original noch eine Übersetzung eingereicht. Auch die Klageschrift ist nur im französischen Original eingereicht worden, obwohl den Parteien in der Prozessleitenden Verfügung explizit aufgegeben wurde, Übersetzungen von fremdsprachigen Anlagen einzureichen.
216Dass bei der Veröffentlichung des Urteils ohne zuerkannten Veröffentlichungsanspruch die Gefahr besteht, wegen wettbewerbsrechtlicher Herabwürdigung belangt zu werden, ist alleine zur Begründung des berechtigten Interesses im Sinne von § 140e PatG nicht ausreichend. Zum einen besteht dieses Risiko bei jedem Patentverletzungsfall, so dass das Risiko, wegen eines Wettbewerbsverstoßes in Anspruch genommen zu werden, ein besonderes Interesse an der Veröffentlichung im jeweils zu beurteilenden Einzelfall nicht begründen kann. Denn ansonsten läge stets ein berechtigtes Veröffentlichungsinteresse vor. Zum anderen ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die interessierte Öffentlichkeit auch ohne Mitwirkung der Klägerin selbst von dem Urteil Kenntnis erlangen dürfte. Denn nach dem Vortrag der Klägerin wurde bereits über die Parallelverfahren zu dem Klagepatent berichtet (vgl. Anlage K43 und Anlagekonvolut B18), ohne dass hierin ein Veröffentlichungsanspruch zuerkannt wurde (vgl. das in Anlage K29 vorgelegte Urteil). Dass nach dem genannten Rechtsstreit der Frage einer Patentverletzung in der Branche keine Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird, kann nicht festgestellt werden, insbesondere, da nach der in Anlage K43 vorgelegten Veröffentlichung in der Zeitschrift Digital Imaging diese Verfahren in der Branche mit „Argusaugen verfolgt“ würden.
217Die von der Klägerin angeführten Parallelverfahren und (mögliche) Verletzungshandlungen durch andere Unternehmen sind zumindest im vorliegenden Fall ebenfalls nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass die anderen Verfahren Folgen des Verhaltens der Beklagten sind. Eine solche Verantwortlichkeit kann auch nicht aus Äußerungen des Vorsitzenden von ETIRA (European Toners and Inkjet Remanufacturers Association) aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die Unternehmensgruppe der Beklagten Mitglied bei ETIRA ist. Die Beklagten haften nicht für solche Äußerungen. Eine ggf. unrichtige Presseberichterstattung kann ebenfalls nicht auf die Beklagten zurückgeführt werden.
218Soweit die Klägerin auf Parallelverfahren in anderen Ländern verweist und ausländische Medien (Anlagen K39, K40) zitiert, kann dies den Veröffentlichungsanspruch ebenfalls nicht begründen. Genauso wie nur inländische Handlungen das Klagepatent verletzen können, können nur solche Umstände beim Veröffentlichungsanspruch berücksichtigt werden, die sich auf das hiesige Klagepatent oder das Inland beziehen. Zudem ist eine Verantwortlichkeit der Beklagten für diese Berichterstattung nicht ersichtlich.
219Das allgemeine Interesse der Klägerin, durch die Veröffentlichung des Urteils Dritte von Patentverletzungshandlungen abzuhalten und unrichtige Presseberichte zu korrigieren, ist dagegen nicht ausreichend, um die hierfür entstehenden Kosten den Beklagten aufzubürden. Auf der anderen Seite spricht gegen ein berechtigtes Interesse der Klägerin, dass nicht hinreichend festgestellt werden kann, dass die Behauptung der Beklagten, sie hätten die angegriffenen Ausführungsformen nur eine begrenzte Zeit und nur in geringem Umfang vertrieben, unrichtig ist.
2207.
221Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten nach §§ 100, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung – d.h. der nicht zuerkannte Antrag auf Urteilsveröffentlichung und Belegvorlage für die Rechnungslegung – stellt sich als verhältnismäßig geringfügig im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dar.
222Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2, S. 3 ZPO. Auf Antrag der Klägerin waren Teilsicherheiten festzusetzen.
223V.
224Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt.
225Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Urteil, 24. Nov. 2015 - 4a O 147/14
Urteilsbesprechungen zu Landgericht Düsseldorf Urteil, 24. Nov. 2015 - 4a O 147/14
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Landgericht Düsseldorf Urteil, 24. Nov. 2015 - 4a O 147/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Ist eine Klage auf Grund dieses Gesetzes erhoben worden, so kann der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils Gebrauch gemacht wird. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Ist eine Klage auf Grund dieses Gesetzes erhoben worden, so kann der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils Gebrauch gemacht wird. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Hersteller haben ihre Elektro- und Elektronikgeräte möglichst so zu gestalten, dass insbesondere die Wiederverwendung, die Demontage und die Verwertung von Altgeräten, ihren Bauteilen und Werkstoffen berücksichtigt und erleichtert werden. Elektro- und Elektronikgeräte, die vollständig oder teilweise mit Batterien oder Akkumulatoren betrieben werden können, sind möglichst so zu gestalten, dass Altbatterien und Altakkumulatoren durch Endnutzer problemlos und zerstörungsfrei entnommen werden können. Sind Altbatterien oder Altakkumulatoren nicht problemlos durch den Endnutzer entnehmbar, sind die Elektro- und Elektronikgeräte so zu gestalten, dass die Altbatterien und Altakkumulatoren problemlos und zerstörungsfrei und mit handelsüblichem Werkzeug durch vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal entnommen werden können.
(2) Die Hersteller sollen die Wiederverwendung nicht durch besondere Konstruktionsmerkmale oder Herstellungsprozesse verhindern, es sei denn, dass die Konstruktionsmerkmale rechtlich vorgeschrieben sind oder die Vorteile dieser besonderen Konstruktionsmerkmale oder Herstellungsprozesse überwiegen, beispielsweise im Hinblick auf den Gesundheitsschutz, den Umweltschutz oder auf Sicherheitsvorschriften.
(3) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt nicht für Elektro- und Elektronikgeräte, in denen aus Gründen der Sicherheit, der Leistung, aus medizinischen Gründen oder aus Gründen der Vollständigkeit von Daten eine ununterbrochene Stromversorgung notwendig und eine ständige Verbindung zwischen dem Gerät und der Batterie oder dem Akkumulator erforderlich sind.
(4) Jeder Hersteller hat Elektro- und Elektronikgeräten, die eine Batterie oder einen Akkumulator enthalten, Angaben beizufügen, welche den Endnutzer informieren über
Satz 1 gilt nicht für Elektro- und Elektronikgeräte nach Absatz 3.BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die beiden Klägerinnen entwickeln, produzieren und vertreiben Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Für diese Konsole passende Spiele werden auch von der mit den Klägerinnen verbundenen Nintendo of Europe GmbH angeboten. Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbildern , die Bestandteil der Videospiele sind. Die Klägerin zu 2 ist ein Tochterunternehmen der Klägerin zu 1. Sie ist berechtigt, die geistigen Eigentumsrechte der Klägerin zu 1 weltweit durchzusetzen.
- 2
- Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo -DS-Konsole passenden Speichermedien, den "Slot-1-Karten" angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole, den "Slot-1", eingesteckt werden. Die Karten verfügen über einen eingebauten Speicher, auf dem die Software sowie die Grafik- und Audiodateien der Spiele gespeichert sind. Auf dem Endkundenmarkt sind keine Geräte erhältlich, mit denen die Karten ausgelesen oder beschrieben werden können. Ohne eine in den "Slot-1" eingesteckte Karte können auf der Konsole keine Spiele geladen und gespielt werden. Die Klägerinnen haben die "Slot-1-Karten" speziell für die Nintendo-DS-Konsole entwickelt, um damit eine Vervielfältigung der Spiele durch den Durchschnittsverbraucher zu verhindern.
- 3
- Die frühere Beklagte zu 1 (nachfolgend Schuldnerin), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 waren und über deren Vermögen im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Beklagte zu 1 (nachfolgend Beklagter zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, bot im Jahr 2008 im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den "Slot-1-Karten" in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den "Slot-1" der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein ("FlashSpeicher" ). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Kopien von Spielen der Klägerinnen, die von Dritten durch Auslesen der Originalkarten unter Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen erstellt worden sind, auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters. Mithilfe der Adapter kann die Nintendo -DS-Konsole auch für eine Vielzahl von Spielen anderer Anbieter genutzt werden.
- 4
- Die Klägerin zu 1 sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG zum Schutz wirksamer technischer Maßnahmen (Schutzmaßnahmen), die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen dienen. Sie hat daher beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, zu gewerblichen Zwecken in den Kartenschacht der Nintendo-DS-Spielkonsole passende sogenannte "Slot-1-Karten", die über einen internen wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer Micro-SDKarte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von NintendoDS -Spielen der Klägerinnen auf einer Nintendo-DS-Konsole abzuspielen, insbesondere die [unter Bezugnahme auf Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten ] "Slot-1-Karten", einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im Hinblick auf den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen.
- 5
- Darüber hinaus erstrebt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, Erteilung von Auskünften und Vernichtung der Karten. Ferner hat sie markenrechtliche Ansprüche gegen die Beklagten erhoben.
- 6
- Die Klägerin zu 2 macht Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten geltend. Sie ist der Ansicht, der Vertrieb der nicht mit der Herstellerangabe und teilweise auch nicht mit der CE-Kennzeichnung versehenen Adapter verstoße gegen Vorschriften der Zweiten Verordnung zum Geräteund Produktsicherheitsgesetz (2. GPSGV - Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug). Sie hat beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, die [unter Bezugnahme auf Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten] "Slot-1Karten" zu Wettbewerbszwecken im geschäftlichen Verkehr anzubieten oder in Verkehr zu bringen, sofern auf den Produkten oder ihrer Verpackung oder einem Etikett oder einem Begleitzettel nicht sichtbar, leserlich und dauerhaft das CE-Kennzeichen, sowie in gleicher Weise der Name oder die Firma und die Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten oder des Einführers in die Europäische Gemeinschaft, angebracht sind.
- 7
- Darüber hinaus begehrt auch sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und die Erteilung von Auskünften.
- 8
- Das Landgericht hat den auf einen Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG gestützten Klageanträgen der Klägerin zu 1 und den auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten Klageanträgen der Klägerin zu 2 im Wege des Teilurteils stattgegeben; über die von der Klägerin zu 1 erhobenen markenrechtlichen Ansprüche hat es mit diesem Urteil nicht entschieden (LG München I, MMR 2010, 341).
- 9
- Die Beklagten haben gegen das Teilurteil des Landgerichts Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Antrag der Klägerin zu 1 auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten im Blick darauf, dass die Klägerin zu 1 ihren Schadensersatzanspruch teilweise beziffert und inzwischen vor dem Landgericht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1 Mio. € beantragt hat, übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat in Abänderung des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin zu 1 einen 1 Mio. € übersteigenden Schaden zu ersetzen haben. Ferner hat es das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen, als die Klägerin zu 2 die Erteilung von Auskünften über Vorbesitzer der Adapter erstrebt hat. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
- 10
- Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Nachdem im Laufe des Revisionsverfahrensdas Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden war, hat der Beklagte zu 1 das Verfahren als Insolvenzverwalter aufgenommen. Die Klägerinnen haben hinsichtlich des Beklagten zu 1 bezogen auf den Unterlassungsantrag den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und bezüglich des Schadensersatzfeststellungsantrags beantragt, dass ein Betrag von einer (weiteren) Million Euro zur Insolvenztabelle festgestellt wird.
- 11
- Mit Beschluss vom 6. Februar 2013 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zur Vorabentscheidung vorgelegt (GRUR 2013, 1035 = WRP 2013, 1355 - Videospiel -Konsolen I): Steht Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG der Anwendung einer Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegen, wenn die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder sonstige Schutzgegenstände, sondern auch Computerprogramme schützt?
- 12
- Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 23. Januar 2014 in einem anderen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt, bei einem Videospiel, das nicht nur aus einem Computerprogramm bestehe, sondern auch - etwa grafische oder klangliche - Bestandteile mit eigenem schöpferischen Wert umfasse, seien die an der Originalität des Werkes teilhabenden Teile des Videospiels zusammen mit dem Gesamtwerk durch das Urheberrecht im Rahmen der mit der Richtlinie 2001/29/EG eingeführten Regelung geschützt (C-355/12, GRUR 2014, 255 Rn. 23 = WRP 2014, 301 - Nintendo/PC Box und 9Net).
- 13
- Der Senat hat im Hinblick auf diese Entscheidung des Gerichtshofs sein Vorabentscheidungsersuchen im vorliegenden Rechtsstreit zurückgenommen.
Entscheidungsgründe:
- 14
- A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin zu 1 auf einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG zum Schutz technischer Maßnahmen gestützten Ansprüche als begründet erachtet; der von der Klägerin zu 2 auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten Klage hat es - bis auf einen Teil des Auskunftsantrags - gleichfalls stattgegeben. Dazu hat es ausgeführt:
- 15
- Die von der Klägerin zu 1 gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Vernichtung der Adapterkarten seien begründet, weil die [frühere] Beklagte zu 1 gegen die Bestimmung des § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG zum Schutz technischer Maßnahmen verstoßen habe. Die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der zugunsten der Klägerin zu 1 urheberrechtlich geschützten Videospiele dar. Karten und Konsolen seien in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt, dass ausschließlich Nintendo-DS-Karten in die Nintendo-DS-Konsolen passten. Dadurch werde verhindert, dass Videospiele der Klägerin zu 1, die unbefugt aus dem Internet heruntergeladen worden seien, auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden könnten. Die [frühere] Beklagte zu 1 habe die Adapterkarten hauptsächlich entworfen und hergestellt, um diese Schutzmaßnahme zu umgehen. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bilde den maßgeblichen wirtschaftlichen Anreiz zum Kauf der Adapterkarten. Die rechtmäßigen Einsatzmöglichkeiten der Adapterkarten träten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund.
- 16
- Die Klägerin zu 2 sei befugt, Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten wegen Verstoßes gegen das sich aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV ergebende Verbot, Spielzeug - hier die Slot-1-Karten - ohne Herstellerangaben oder CE-Kennzeichnung zu vertreiben, im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend zu machen. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung über Hersteller, Lieferanten oder andere Vorbesitzer der Karten bestehe allerdings nicht.
- 17
- B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, so- weit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die zuletzt verfolgten Ansprüche der Klägerin zu 1 gegen den Beklagten zu 1 (dazu B I) und die Beklagten zu 2 und 3 (dazu B II) wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG und der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten (dazu B III) wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV begründet sind.
- 18
- I. Die Revision hat hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen den Beklagten zu 1 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG erhobenen Ansprüche Erfolg.
- 19
- 1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist der Rechtsstreit hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen die Schuldnerin wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG verfolgten Klageanträge auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Vernichtung gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden, da der Rechtsstreit insoweit die Insolvenzmasse betrifft. Der Beklagte zu 1 hat die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Sie ist hinsichtlich der Klageanträge auf Unterlassung und Vernichtung wirksam; ob sie auch hinsichtlich der Klageanträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären.
- 20
- a) Die Aufnahme eines Rechtsstreits ist auch möglich, wenn dieser - wie im Streitfall - zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Revisionsinstanz anhängig war (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 8 mwN; Urteil vom 18. September 2014 - VII ZR 58/13, NJW-RR 2014, 1512 Rn. 14).
- 21
- b) Hinsichtlich des Unterlassungsantrags konnte der Beklagte zu 1 den Rechtsstreit in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufneh- men. Eine durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Rechtsstreitigkeit gegen den Schuldner kann vom Insolvenzverwalter in entsprechender Anwendung der unmittelbar für Masseverbindlichkeiten geltenden Regelung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufgenommen werden, wenn sie einen gegen den Insolvenzschuldner gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder wegen eines Wettbewerbsverstoßes betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 158/07, BGHZ 185, 11 Rn. 20 bis 29 - Modulgerüst II). Entsprechendes gilt für den gegen die Schuldnerin gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des § 95a Abs. 3 UrhG.
- 22
- c) Bezüglich des Vernichtungsantrags konnte der Beklagte zu 1 den Rechtsstreit nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufnehmen. Der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Insolvenzschuldnerin anhängige Rechtsstreit betrifft insoweit die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 27 - Modulgerüst
II).
- 23
- d) Ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 auch hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären.
- 24
- aa) Ein Passivprozess, mit dem die Insolvenzmasse in Anspruch genommen wird, kann vom Gläubiger nur unter den besonderen, im Falle des hier in Rede stehenden Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 InsO ohne weiteres aufgenommen werden. Im Übrigen können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO). Trotz des bereits anhängigen Rechtsstreits muss der Insolvenzgläubiger deshalb seine Forderung zunächst nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle anmelden. Die Forderung muss sodann in einem Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht oder im schriftlichen Verfahren geprüft werden (§ 29 Abs. 1 Nr. 2, § 176 f. InsO). Wenn der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger der Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren widerspricht, kann der Gläubiger den anhängigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung der Forderung zur Tabelle aufnehmen (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO). Liegt, wie im Streitfall, für die Forderung bereits ein Endurteil vor, obliegt die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits dem Bestreitenden (§ 179 Abs. 2 InsO). Bleibt dieser untätig, ist der Gläubiger zur Aufnahme befugt (BGHZ 195, 233 Rn. 7 mwN; BGH, Urteil vom 3. Juli 2014 - IX ZR 261/12, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 9). Die Durchführung des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens dient dem Interesse der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Durch das Verfahren der Anmeldung und Prüfung soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der Forderung zu beteiligen, zumal die gerichtliche Feststellung gegenüber allen Insolvenzgläubigern wirkt (§ 183 Abs. 1 InsO). Aus diesem Grund ist das Erfordernis des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens nicht abdingbar. Es handelt sich um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Falle einer neu erhobenen Feststellungsklage als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits (BGH, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 10 mwN).
- 25
- bb) Mangels entsprechenden Sachvortrags der Parteien kann der Senat nicht beurteilen, ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach diesen Maßstäben wirksam ist. Die Parteien haben nicht vorgetragen, ob die Klägerin zu 1 ihre entsprechende Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat und ob diese Forderung nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geprüft worden ist. Die Prüfung der Forderung nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte zu 1 die Forderung im vorliegenden Rechtsstreit bestreitet. Der Zweck, den übrigen Insolvenzgläubigern eine Beteiligung zu ermöglichen, kann nur durch eine förmliche Durchführung des Prü- fungsverfahrens vor dem Insolvenzgericht erreicht werden (BGH, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 12).
- 26
- cc) Da die Frage der Wirksamkeit der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz erörtert worden ist, ist den Parteien im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit zum Vortrag zu geben, ob das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren durchgeführt worden ist.
- 27
- e) Dem entsprechend ist auch hinsichtlich des Antrags auf Auskunftserteilung im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären, ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 wirksam ist. Mit diesem Antrag verfolgt die Klägerin zu 1 einen Auskunftsanspruch, der als Hilfsanspruch der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs dient. Als Hilfsanspruch teilt der Auskunftsanspruch den rechtlichen Charakter des Hauptanspruchs als Insolvenzforderung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VIII ZR 176/65, BGHZ 49, 11, 13 ff.; Urteil vom 2. Juni 2005 - IX ZR 221/03, NJW-RR 2005, 1714, 1715; BGHZ 185, 11 Rn. 31 - Modulgerüst II; MünchKomm.InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 46). Da der Hilfsanspruch das rechtliche Schicksal des Hauptanspruchs teilt, setzt die wirksame Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des Auskunftsanspruchs voraus, dass die Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs wirksam ist.
- 28
- 2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG, den die Klägerin zu 1 ursprünglich gegen die Schuldnerin erhoben und im Blick auf die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 einseitig für erledigt erklärt hat, begründet war und durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist.
- 29
- a) Die Erledigung der Hauptsache kann vom Kläger auch im Revisionsverfahren einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll - wie hier der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 40 - Modulgerüst II) - als solches außer Streit steht. Zu prüfen ist, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen ; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - I ZR 84/01, GRUR 2004, 349 = WRP 2004, 496 - Einkaufsgutschein II; Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 168/06, GRUR 2010, 57 Rn. 15 = WRP 2010, 123 - Scannertarif). Der Unterlassungsantrag war zwar bis zum fraglichen Zeitpunkt zulässig (dazu B II 2 b). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob er bis dahin auch begründet war (dazu B II 2 c) und - gegebenenfalls - durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist (dazu B II 2 d).
- 30
- b) Der Unterlassungsantrag war bis zum Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter zulässig; insbesondere war er hinreichend bestimmt.
- 31
- aa) Ein Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013 Rn. 12 = WRP 2014, 75 - Restwertbörse II, mwN).
- 32
- bb) Der hier in Rede stehende Unterlassungsantrag war nach diesen Maßstäben hinreichend deutlich gefasst.
- 33
- (1) Mit diesem Antrag wollte die Klägerin zu 1 der Schuldnerin untersagen lassen, zu gewerblichen Zwecken in den Kartenschacht der Nintendo-DSSpielkonsole passende sogenannte "Slot-1-Karten", die über einen internen wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer Micro-SD-Karte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von Nintendo-DS-Spielen der Klägerinnen auf einer Nintendo-DS-Konsole abzuspielen , insbesondere die unter Bezugnahme auf die Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten "Slot-1-Karten", einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im Hinblick auf den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen.
- 34
- (2) Dieser Antrag war entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb unbestimmt, weil offen geblieben wäre, welche Nintendo-DS-Spiele im Einzelnen erfasst sein könnten. Es waren damit ersichtlich nicht nur einzelne, sondern sämtliche Nintendo-DS-Spiele gemeint und zwar auch solche, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung im Internet verfügbar sein würden.
- 35
- (3) Der Antrag war nicht etwa deshalb unbestimmt, weil er - wie die Revision geltend macht - Nintendo-DS-Spiele umfasst, die die Klägerinnen zwar hergestellt haben, an denen sie aber keine Verwertungsrechte besitzen, weil sie die Spiele im Auftrag von Dritten entwickelt haben. Mit den "Nintendo-DSSpielen der Klägerinnen" sind nur die von den Klägerinnen hergestellten Spiele gemeint, an denen die Klägerin zu 1 die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besitzt. Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin zu 1 die Beklagten als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbil- dern wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG auf Unterlassung in Anspruch nimmt.
- 36
- (4) Der Unterlassungsantrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil die im Insbesondere-Teil zur näheren Bezeichnung der Adapterkarten in Bezug genommenen Anlagen K 1 bis K 12 sich nicht bei den Gerichtsakten befanden. Die Anlagen K 1 bis K 12 befinden sich - jedenfalls mittlerweile wieder - bei den Gerichtsakten. Die Klägerinnen haben diese Anlagen mit der Revisionserwiderung noch einmal zu den Gerichtsakten gereicht. Die Beklagten haben nicht geltend gemacht, dass es sich dabei nicht um die im Unterlassungsantrag in Bezug genommenen Anlagen handelt. Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Anlagen K 1 bis K 12 nicht körperlich mit der Urschrift des landgerichtlichen Urteils oder des Berufungsurteils verbunden sind. Grundsätzlich muss sichergestellt werden, dass der Urteilsausspruch bei Erlass des Urteils inhaltlich bestimmt ist. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein. Daraus folgt, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist. Nur in besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Urteilsspruchs aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999 - I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 390 bis 393 - Musical-Gala). Für einen solchen Ausnahmefall ist bei der überschaubaren Anzahl von Anlagen nichts ersichtlich. Das Berufungsgericht wird die Anlagen daher, soweit es auf sie zur Auslegung der Urteilsformel bei der erneuten Entscheidung ankommt, zum Urteil zu nehmen haben.
- 37
- (5) Die Revision macht vergeblich geltend, aus dem Unterlassungstenor des Berufungsurteils sei nicht ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Unter- lassungspflicht der Schuldnerin nur gegenüber der Klägerin zu 1 und nicht auch gegenüber der Klägerin zu 2 besteht. Es genügt, dass sich dies eindeutig aus den zur Auslegung des Unterlassungstenors heranzuziehenden Entscheidungsgründen , den in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen Klageanträgen und den auf den Unterlassungstenor bezogenen Urteilsaussprüchen zur Feststellung der Schadensersatzpflicht und zur Auskunftserteilung ergibt.
- 38
- c) Aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag bis zum fraglichen Zeitpunkt (Insolvenzeröffnung) begründet war.
- 39
- aa) Gemäß § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG sind (unter anderem) die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die Werbung im Hinblick auf den Verkauf und der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen verboten, die hauptsächlich entworfen oder hergestellt werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Inhaber von Rechten an urheberrechtlich geschützten Werken oder anderen urheberrechtlich geschützten Schutzgegenständen (BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 14 bis 16 = WRP 2008, 1149 - Clone-CD). Wer gegen diese Bestimmung verstößt kann daher vom Rechtsinhaber bei Wiederholungsgefahr gemäß § 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGH, GRUR 2013, 1035 Rn. 11 - Videospiel-Konsolen I). Dabei begründet eine Rechtsverletzung die Vermutung der Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 33 - Clone-CD).
- 40
- bb) Die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG ist anwendbar. Demsteht nicht entgegen, dass die Videospiele nicht nur aus Sprach-, Musik-, Lichtbildund Filmwerken sowie Laufbildern, sondern auch aus Computerprogrammen bestehen und die Vorschriften der §§ 95a bis 95d UrhG gemäß § 69a Abs. 5 UrhG auf Computerprogramme keine Anwendung finden.
- 41
- (1) Die Regelung des § 69a Abs. 5 UrhG dient der Umsetzung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. a lässt diese Richtlinie die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den rechtlichen Schutz von Computerprogrammen unberührt und beeinträchtigt sie in keiner Weise. Gemäß Erwägungsgrund 50 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG sollte ein gemäß Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG harmonisierter Rechtsschutz technischer Maßnahmen insbesondere nicht auf den Schutz der in Verbindung mit Computerprogrammen verwendeten technischen Maßnahmen Anwendung finden, der ausschließlich in der Richtlinie 91/250/EWG - sie ist mittlerweile durch die Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen kodifiziert worden - behandelt wird.
- 42
- (2) Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 6. Februar 2013 die sich im Hinblick auf diese Regelungen stellende Frage vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG der Anwendung einer Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegensteht, wenn die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder sonstige Schutzgegenstände, sondern auch Computerprogramme schützt (BGH, GRUR 2013, 1035 Rn. 20 - Videospiel-Konsolen I).
- 43
- Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 23. Januar 2014 in einem anderen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt, bei einem Videospiel, das nicht nur aus einem Computerprogramm bestehe, sondern auch - etwa grafische oder klangliche - Bestandteile mit eigenem schöpferischem Wert umfasse, seien die an der Originalität des Werkes teilhabenden Teile des Videospiels zusammen mit dem Gesamtwerk durch das Urheberrecht im Rahmen der mit der Richtlinie 2001/29/EG eingeführten Regelung geschützt (EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 23 - Nintendo/PC Box und 9Net).
- 44
- Danach sind wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines Videospiels , das aus einem Computerprogramm und aus anderen urheberrechtlich geschützten Werken besteht, (auch) nach Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG und der diese Bestimmung ins nationale Recht umsetzenden Regelung des § 95a UrhG geschützt.
- 45
- cc) Die Klägerin zu 1 war als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbildern berechtigt, den von ihr erhobenen Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG geltend zu machen.
- 46
- dd) Die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stellt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - eine wirksame technische Maßnahme im Sinne von § 95a Abs. 2 und 3 Nr. 3 UrhG dar.
- 47
- (1) Technische Maßnahmen sind (unter anderem) Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Handlungen zu verhindern , die geschützte Werke oder andere nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte Schutzgegenstände betreffen und die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind (§ 95a Abs. 2 Satz 1 UrhG; Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2001/29/EG). Technische Maßnahmen sind (unter anderem) wirksam, soweit der Rechtsinhaber mit ihrer Hilfe die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Gegenstandes durch einen Mechanismus kontrolliert, der die Erreichung des Schutzziels si- cherstellt (§ 95a Abs. 2 Satz 2 UrhG, Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG).
- 48
- (2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind aufgrund ihrer Abmessungen ausschließlich die "Slot-1-Karten" mit dem "Slot-1-Schacht" der Konsolen kompatibel und können damit ausschließlich die auf den originalen "Slot-1-Karten" vertriebenen Spiele der Klägerin zu 1 auf der Nintendo-DSKonsole gespeichert und gespielt werden. Dadurch, dass Karten und Konsolen in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt sind, dass ausschließlich Nintendo-DS-Karten in die Nintendo-DS-Konsolen passen, wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verhindert, dass Videospiele der Klägerin zu 1, die unbefugt aus dem Internet heruntergeladen worden sind, auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden können.
- 49
- (3) Eine solche technische Maßnahme, die zum Teil in die physischen Träger der Videospiele und zum Teil in die Konsolen integriert ist und eine Interaktion zwischen beiden Teilen erfordert, fällt unter den Begriff der "wirksamen technischen Maßnahmen" im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG, wenn sie - wie im Streitfall - bezweckt, Handlungen zu verhindern oder zu beschränken, die durch die Richtlinie geschützte Rechte des Betroffenen verletzen (EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 26 bis 28 - Nintendo/PC Box und 9Net). Sie stellt daher auch eine "wirksame technische Maßnahme" im Sinne der Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Regelung des § 95a Abs. 2 UrhG dar.
- 50
- ee) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die von den Beklagten vertriebenen Adapterkarten seien im Sinne von § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG hauptsächlich zu dem Zweck entworfen und hergestellt worden, die wirksamen technischen Maßnahmen zu umgehen.
- 51
- (1) Die Beurteilung, ob Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile (nachfolgend Vorrichtungen) "hauptsächlich" zum Zweck der Umgehung technischer Maßnahmen entworfen oder hergestellt worden sind, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Sie kann im Revisionsverfahren daher nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, den Tatsachenstoff vollständig ausgeschöpft hat und ohne Widerspruch zu Denkgesetzen und Erfahrungssätzen geurteilt hat. Das ist hier der Fall.
- 52
- (2) Bei der Beurteilung, ob Vorrichtungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG - und damit auch im Sinne von § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG - hauptsächlich für den Zweck entworfen oder hergestellt worden sind, die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen , kommt es insbesondere darauf an, in welcher Weise diese Vorrichtungen von Dritten tatsächlich verwendet worden sind (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 34 bis 36 - Nintendo/PC Box und 9Net). Die dem Entwurf oder der Herstellung solcher Vorrichtungen zugrunde liegenden Absichten des Entwerfers oder Herstellers sind demnach nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es entscheidend auf die objektive Zweckbestimmung dieser Vorrichtungen an, die sich in ihrer tatsächlichen Verwendung zeigt. Es ist daher nicht maßgeblich, ob und inwieweit diese Vorrichtungen auch für andere Zwecke verwendet werden können, wenn sie tatsächlich vor allem zur Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen verwendet worden sind.
- 53
- (3) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts - ohne Rechtsfehler angenommen , dass die in Rede stehenden Adapter hauptsächlich zum Zweck der Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen entworfen und hergestellt worden sind. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bildet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den maßgeblichen wirtschaftlichen Anreiz zum Kauf der Adapter; die legalen Einsatzmöglichkeiten der Adapter treten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund.
- 54
- Die Revision macht vergeblich geltend, die Beklagten hätten niemals damit geworben, dass die Adapterkarten unzulässige Raubkopien von Videospielen der Klägerinnen abspielen könnten; aus den Anlagen K 1 bis K 9 ergebe sich vielmehr, dass die Beklagten mit der Abspielbarkeit zulässiger Drittentwicklungen geworben hätten. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob die Werbung der Beklagten für die Adapterkarten - wie das Berufungsgericht angenommen hat - gezielt auf die in wirtschaftlicher Hinsicht allein lukrative Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien abgestellt hat. Das Verbot der Verbreitung, des Verkaufs und der Werbung für den Kauf von Adapterkarten ist nicht darauf gestützt, dass diese Gegenstand einer Werbung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen waren (§ 95a Abs. 3 Nr. 1 UrhG; Art. 6 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2001/29/EG). Es ist vielmehr darauf gestützt, dass diese Adapterkarten - nach ihrer objektiven Zweckbestimmung - hauptsächlich entworfen oder hergestellt waren, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG; Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG).
- 55
- Die Revision macht - auch unter Hinweis auf die Anlagen BK 1 bis BK 3 - ohne Erfolg geltend, es habe 1.143 Spiele und 638 andere Programme gegeben , die auf der Konsole verwendet werden konnten; darüber hinaus habe es Drittentwicklungen gegeben, die eine Nutzung der Konsole als internetfähiges Gerät ermöglicht und insbesondere den Zugriff auf Facebook und Twitter sowie die Nutzung als MP3-Player, Kalender und Organizer gestattet hätten. Für die Frage, ob die in Rede stehenden Adapter hauptsächlich zum Zweck der Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen entworfen und hergestellt worden sind, ist es - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - unerheblich , ob mit Hilfe der Adapter zahlreiche von Drittanbietern entwickelte Anwen- dungen ohne Rechtsverstoß auf der Konsole zum Einsatz gebracht werden könnten. Entscheidend ist, dass die Adapterkarten - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat - nach der Lebenserfahrung tatsächlich vor allem dafür verwendet werden, Raubkopien von Videospielen der Klägerinnen auf der Konsole abzuspielen.
- 56
- ff) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen zur der Frage getroffen, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt.
- 57
- (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Entscheidung vom 23. Januar 2014 ausgeführt, der Rechtsschutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen im Sinne von Art. 6 der Richtlinie2001/29/EG müsse den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Rechtsschutz werde daher nur für technische Maßnahmen gewährt, die das Ziel verfolgten, die vom Inhaber eines Urheberrechts nicht genehmigte Vervielfältigung, öffentliche Wiedergabe oder öffentliche Zugänglichmachung von Werken oder die Verbreitung des Originals eines Werkes und seiner Vervielfältigungsstücke zu verhindern oder zu unterbinden. Die Maßnahmen müssten zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet sein und dürften nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen. In diesem Zusammenhang müsse geprüft werden, ob andere Maßnahmen zu geringeren Beeinträchtigungen oder Beschränkungen der Handlungen Dritter, für die es keiner Genehmigung des Inhabers der Urheberrechte bedürfe, hätten führen können, dabei aber einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen geboten hätten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 30 bis 33 - Nintendo/PC Box und 9Net).
- 58
- (2) Das Berufungsgericht, dessen Urteil vor der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache "Nintendo/PC Box und 9Net" ergangenen ist, hat nicht geprüft, ob die in der konkreten Ausgestaltung der von den Klägerinnen herge- stellten Karten und Konsolen liegende wirksame technische Maßnahme zum Schutz der in den Videospielen enthaltenen urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen diesen Anforderungen genügt. Die von den Klägerinnen eingesetzte technische Maßnahme verfolgt allerdings das Ziel, eine von der Klägerin zu 1 als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte nicht genehmigte Vervielfältigung der Videospiele zu verhindern. Sie ist auch zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass die hier in Rede stehende technische Maßnahme nicht über das hinausging, was zur Verwirklichung des Ziels erforderlich war, ein unbefugtes Vervielfältigen von Videospielen der Klägerin zu 1 auf Nintendo-DS-Konsolen zu verhindern. Es hat nicht geprüft, ob die Videospiele - wie die Beklagten geltend gemacht haben - durch eine Verschlüsselung der Spieldaten vor einer unbefugten Vervielfältigung auf den Konsolen hätten geschützt werden können und damit ein Abspielen zulässiger Drittentwicklungen auf den Konsolen möglich geblieben wäre. Es hat weiter nicht festgestellt, dass eine Verschlüsselung der Spieldaten nicht zu einem vergleichbaren Schutz für die Videospiele geführt hätte wie die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen nach dem "Schlüssel-Schloss-Prinzip". Davon kann nicht allein deshalb ausgegangen werden, weil es Dritten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts möglich war, von der Klägerin zum Schutz ihrer Videospiele ergriffene elektronische Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen und rechtswidrig Kopien dieser Spiele durch Auslesen der Originalkarten herzustellen und im Internet anzubieten, die mit Hilfe der von den Beklagten angebotenen Adapter auf der Konsole verwendet werden konnten.
- 59
- gg) Da die Schuldnerin die Adapter verbreitet, verkauft und im Hinblick auf den Verkauf beworben hat, hätte sie wegen eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG als Täter auf Unterlassung dieser Verhaltensweisen gehaftet. Die Revision macht jedoch mit Erfolg geltend, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kein Verbot der Einfuhr oder des Besitzes von Adap- terkarten getragen hätten. Allein daraus, dass die Schuldnerin, die selbst keine Adapterkarten herstellt, die Adapterkarten in ihrem Onlineshop zum Kauf angeboten hat, folgt nicht, dass sie die Adapterkarten eingeführt oder besessen hat.
- 60
- d) Es kann auch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag - unterstellt er war begründet - durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbegründet geworden ist. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch setzt das Bestehen einer Begehungsgefahr voraus. Eine durch einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG in ihrer Person begründete Wiederholungsgefahr wäre dem Beklagten zu 1 nicht zuzurechnen (dazu B I 2 e aa). Feststellungen dazu, ob in der Person des Beklagten zu 1 eine Wiederholungsgefahr (dazu B I 2 e bb) oder Erstbegehungsgefahr (dazu B I 2 e cc) besteht, sind bislang nicht getroffen.
- 61
- aa) Ein unterstellter Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG begründet zwar in ihrer Person eine Wiederholungsgefahr. Diese ist jedoch nicht auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter übergegangen. Die Wiederholungsgefahr ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch Genommenen zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechtsvorgänger die Wiederholungsgefahr durch eigenes Verhalten begründet hat, sondern auch, wenn der Rechtsverstoß durch Organe des Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist (BGH, Urteil vom 26. April 2007 - I ZR 34/05, BGHZ 172, 165 Rn. 11 - Schuldnachfolge ; Urteil vom 3. April 2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 39 = WRP 2008, 1434 - Schuhpark). Rechtsverstöße des Insolvenzschuldners, seiner Organe, Mitarbeiter oder Beauftragten begründen daher in der Person des Insolvenzverwalters selbst dann keine Wiederholungsgefahr, wenn dieser den Betrieb des Insolvenzschuldners fortführt. Der Insolvenzverwalter übt als Partei kraft Amtes die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse im eigenen Namen aus (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 40 - Modulgerüst II, mwN).
- 62
- bb) Da erst im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, konnte das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu treffen, ob der Beklagte zu 1 die in Rede stehenden Adapterkarten eingeführt, verbreitet, verkauft oder im Hinblick auf den Verkauf beworben oder besessen hat und damit in seiner Person die Vermutung der Wiederholungsgefahr begründet ist.
- 63
- cc) Es kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass bei dem Beklagten zu 1 eine Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf zukünftige Verletzungshandlungen besteht. Von einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Unterlassungsanspruch ist nur auszugehen, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 8 = WRP 2009, 1139 - Cybersky, mwN). Das Berufungsgericht konnte insoweit keine Feststellungen treffen. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1 das vorliegende Verfahren als Insolvenzverwalter aufgenommen hat und der Klage entgegengetreten ist, ist kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass er den Vertrieb der Adapter in naher Zukunft aufnimmt.
- 64
- 3. Das Berufungsgericht hat - unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts - angenommen, die Klägerin zu 1 habe gemäß § 98 Abs. 1 UrhG einen Anspruch darauf, dass die Beklagten die in ihrem Besitz befindlichen Adapterkarten vernichten. Diese Annahme hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 65
- a) Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 kann derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Diese Bestimmung ist gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden , die vorwiegend zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke gedient haben.
- 66
- b) Die gemäß Artikel 10 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I S. 1191) am 1. September 2008 in Kraft getretene Bestimmung des § 98 UrhG zielt auf die Beseitigung andauernder Verletzungen und ist daher auf Verletzungshandlungen anwendbar, die vor dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens begangen worden sind (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 98 UrhG Rn. 2).
- 67
- c) Der von der Klägerin zu 1 erhobene Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten ist schon deshalb nicht begründet, weil ein - unterstellter - Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht verletzt hat.
- 68
- Bei der Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG handelt es sich zwar um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB zugunsten der Inhaber von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten, die wirksame technische Maßnahmen zum Schutz ihrer urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen einsetzen (BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 14 bis 16 - Clone-CD). Die Regelung begründet jedoch weder ein Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht dieser Rechtsinhaber (Dreyer in Dreyer /Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 43; Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 95a UrhG Rn. 52; Lindhorst in Möhring/Nicolini, Urheberrecht , 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 23.1.; Schmidl/Lickleder in Büscher /Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 34; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 321, 323; aA Wandtke/Ohst in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 95a UrhG Rn. 88 und 90; Götting in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 95a UrhG Rn. 40; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 5; Peukert in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., § 82 Rn. 6; Arnold/Timmann, MMR 2008, 286, 288 f.; offen gelassen in BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 12 - Clone-CD, mwN zu beiden Ansichten). Zu den anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG zählen nur absolute Rechte (BT-Drucks. IV/270, S. 103; Wild in Schricker/Loewenheim aaO § 97 UrhG Rn. 3; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97 UrhG Rn. 8; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 3; v. Wolff in Wandtke/Bullinger aaO § 97 UrhG Rn. 4; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 97 Rn. 1; Reber in Möhring/Nicolini aaO § 97 UrhG Rn. 2). Die Bestimmung des § 95a UrhG schafft jedoch kein absolutes Recht, sondern regelt lediglich Verhaltenspflichten , die unmittelbar dem Schutz technischer Maßnahmen und mittelbar dem Schutz der durch diese technischen Maßnahmen urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen dienen. Ein Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG verletzt daher weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
- 69
- d) Der von der Klägerin zu 1 erhobene Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten ist ferner deshalb nicht nach § 98 Abs. 1 UrhG begründet, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Adapterkarten weder um Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt noch um Vorrichtungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke gedient haben.
- 70
- aa) Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass es möglich ist, Kopien der zugunsten der Klägerin zu 1 urheberrechtlich geschützten Videospiele aus dem Internet herunterzuladen und diese entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters zu übertragen. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass auf den von der Beklagten zu 1 angebotenen Adapterkarten bereits Videospiele der Klägerinnen in dieser Weise unbefugt gespeichert waren. Bei diesen Adapterkarten handelt es sich danach nicht um Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
- 71
- bb) Die Adapterkarten sind aber auch keine Vorrichtungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke gedient haben. Auf Speichermedien, die noch nicht zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet worden sind - wie die von den Beklagten angebotenen Adapterkarten - ist diese Bestimmung nicht anwendbar, da solche Leermedien nicht der Herstellung von Vervielfältigungstücken "gedient haben", sondern allenfalls zukünftig dienen können (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 98 UrhG Rn. 20; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 98 Rn. 13; Wild in Schricker /Loewenheim aaO § 98 UrhG Rn. 11).
- 72
- Eine entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG auf Vorrichtungen , die lediglich dazu bestimmt sind, zur Herstellung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke verwendet zu werden, kommt auch unter Berücksichtigung des mit der Neuregelung verfolgten Zwecks, die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zu verbessern, nicht in Betracht (aA Bohne in Wandtke/Bullinger aaO § 98 UrhG Rn. 32), da keine Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke bestehen.
- 73
- Nach § 99 UrhG aF, der Vorgängerregelung des § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, konnte der Verletzte die Vernichtung von im Eigentum des Verletzers stehenden, ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur rechtswidrigen Her- stellung von Vervielfältigungsstücken benutzten oder bestimmten Vorrichtungen verlangen. Mit § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG ist Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums insoweit wörtlich ins deutsche Recht umgesetzt worden, als der Vernichtungsanspruch nunmehr voraussetzt, dass die Vorrichtungen "vorwiegend" zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke "gedient haben". Es kann daher nicht angenommen werden, es widerspreche dem Regelungsplan des Gesetzes, dass die Neuregelung keinen Anspruch auf Vernichtung von Vorrichtungen vorsieht, die lediglich dazu bestimmt sind, zur Herstellung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke verwendet zu werden.
- 74
- II. Die Revision hat auch hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen die Beklagten zu 2 und 3 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG erhobenen Ansprüche Erfolg.
- 75
- 1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts angenommen, die Beklagten zu 2 und 3 hafteten als Geschäftsführer für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG, weil die Eignung und Bestimmung der Adapter zur Umgehung der Kopierschutzmaßnahmen der Klägerin zu 1 offensichtlich gewesen sei und die Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführer der Schuldnerin sowohl tatsächlich als auch rechtlich die Möglichkeit gehabt hätten, die Zuwiderhandlungen abzustellen.
- 76
- 2. Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a UrhG nicht bejaht werden kann (vgl. oben Rn. 38 bis
59).
- 77
- 3. Darüber hinaus kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführer der Schuldnerin nicht bejaht werden.
- 78
- a) Nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 251 - Sporthosen) haftet der Geschäftsführer allerdings für Wettbewerbsverstöße (vgl. Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1064 = WRP 2005, 1501 - Telefonische Gewinnauskunft), Urheberrechtsverletzungen (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 14 f. und 18 - Cybersky) und Kennzeichenverletzungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 36 = WRP 2012, 1392 - Pelikan) der Gesellschaft, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern.
- 79
- Der Bundesgerichtshof hat jedoch - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass an dieser Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden kann (BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 15 - Geschäftsführerhaftung).
- 80
- Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 13 - Geschäftsführerhaftung, mwN). Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung, mwN).
- 81
- Darüber hinaus kommt eine zivilrechtliche Haftung für die deliktische Handlung eines Dritten nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht (vgl. BGH, GRUR 2014, 883 Rn. 11 - Geschäftsführerhaftung, mwN). Danach kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in ir- gendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Als Beitrag zur Verletzung des geschützten Rechts kann die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 22 - Bear-Share, mwN). Ein Störer haftet danach - anders als ein Täter oder Teilnehmer - nur bei einer Verletzung absoluter Rechte und nicht bei einer Verletzung bloßer Verhaltenspflichten. Er haftet ferner nur auf Unterlassung und nicht auf Schadensersatz. Ein Geschäftsführer kann bei einer Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft danach persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt.
- 82
- b) Nach diesen Grundsätzen ist auch die Frage zu beurteilen, ob die Beklagten zu 2 und 3 für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 823 Abs. 2 BGB, § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG als deren Geschäftsführer persönlich haften.
- 83
- aa) Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer auf Unterlassung und Schadensersatz für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 823 Abs. 2 BGB, § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG kommt nur in Betracht, wenn sie an diesem Verstoß durch positives Tun beteiligt waren oder wenn sie diesen Verstoß aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätten verhindern müssen. Die schlichte Kenntnis von Rechtsverletzungen scheidet als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass die Rechtsverletzung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Dazu rechnen Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 2 und 3 hätten den Verstoß gekannt und nicht verhindert, genügt danach für sich genommen nicht, um eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer zu bejahen. Dazu, ob der beanstandete Vertrieb der Slot-1-Karten durch die Schuldnerin auf einer typischerweise auf Geschäftsführerebene zu treffenden Entscheidung beruht, hat das Berufungsgericht nichts festgestellt.
- 84
- bb) Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer auf Unterlassung für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG käme nur in Frage, wenn die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG nicht nur eine Verhaltenspflicht aufstellte, sondern ein absolutes Recht enthielte (aA Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 95a Rn. 51). Das ist jedoch nicht der Fall (vgl. oben Rn. 67 f.).
- 85
- III. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht der auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gestützten Klage der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung - bis auf einen Teil des Auskunftsantrags - stattgegeben hat.
- 86
- 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin zu 2 sei berechtigt, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV geltend zu machen, hält einer Nachprüfung nicht stand.
- 87
- a) Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung voraus, wobei dieses Interesse auch wirtschaftlicher Natur sein kann (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 28/12, GRUR 2014, 65 Rn. 24 = WRP 2014, 68 - Beuys-Aktion, mwN).
- 88
- b) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.
- 89
- Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, die Klägerin zu 2 sei zur gerichtlichen Verfolgung der hier in Rede stehenden Ansprüche ermächtigt. Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - lediglich festgestellt, die Klägerin zu 2 sei aufgrund einer konzerninternen Aufgabenzuweisung berechtigt, die geistigen Eigentumsrechte der Klägerin zu 1 weltweit durchzusetzen. Die Klägerin zu 2 verfolgt aber keine Ansprüche der Klägerin zu 1, sondern Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH. Die Klägerin zu 2 macht auch keine geistigen Eigentumsrechte , sondern wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend.
- 90
- Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen zu einem eigenen schutzwürdigen Interesse der Klägerin zu 2 an einer gerichtlichen Verfolgung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen der Nintendo of Europe GmbH getroffen.
- 91
- 2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin zu 2 gegen den Beklagten zu 1 erhobenen Ansprüche nicht bejaht werden.
- 92
- a) Der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochene Rechtsstreit ist von dem Beklagten zu 1 auch hinsichtlich des von der Klägerin zu 2 wegen Verstoßes der Schuldnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV verfolgten Unterlassungsantrags wirksam aufgenommen worden (vgl. oben Rn. 21); ob die Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich der Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären (vgl. oben Rn. 23 bis 27).
- 93
- b) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV, den die Klägerin zu 2 ursprünglich gegen die Schuldnerin erhoben und im Blick auf den Übergang der Verwaltungs- undVerfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 einseitig für erledigt erklärt hat, durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist.
- 94
- aa) Die Klägerin zu 2 hat den auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten und ursprünglich gegen die Schuldnerin gerichteten Unterlassungsantrag wirksam für erledigt erklärt. Da der Beklagte zu 1 sich dieser Erklärung nicht angeschlossen hat, ist insoweit zu prüfen, ob die Klage mit diesem Antrag bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (vgl. oben Rn. 29).
- 95
- bb) Der Unterlassungsantrag war bis zur Aufnahme des Rechtsstreits zulässig ; insbesondere war er hinreichend bestimmt.
- 96
- cc) Der Unterlassungsantrag war bis zu diesem Zeitpunkt auch begründet.
- 97
- (1) Der von der Klägerin zu 2 auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch war gegen die Schuldnerin nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zur Zeit der Begehung im Jahre 2008 als auch bei Insolvenzeröffnung im Jahr 2013 wettbewerbswidrig war (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 2014 – I ZR 35/11, GRUR 2015, 264 Rn. 27 = WRP 2015, 347 - Hi Hotel II, mwN).
- 98
- Die zum Zeitpunkt der Begehung des beanstandeten Verhaltens der Schuldnerin im Jahr 2008 maßgeblichen Bestimmungen der 2. GPSGV in der ab dem 9. Oktober 1995 (2. GPSGV [1995]) geltenden Fassung sind vor der Insolvenzeröffnung am 21. Januar 2013 durch die Bestimmungen der 2. GPSGV in der ab dem 20. Juli 2011 (2. GPSGV [2011]) geltenden Fassung abgelöst worden. Für den Streitfall haben sich dadurch jedoch keine Änderungen in der Sache ergeben. Spielzeug darf nach wie vor nur in Verkehr gebracht werden, wenn es mit der CE-Kennzeichnung und Herstellerangaben versehen ist.
- 99
- Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. GPSGV (1995) muss das Spielzeug beim Inverkehrbringen mit der CE-Kennzeichnung versehen sein. Die CE-Kennzeichnung muss nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. GPSGV (1995) auf dem Spielzeug oder seiner Verpackung sichtbar, leserlich und dauerhaft angebracht sein. In gleicher Weise müssen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 der 2. GPSGV (1995) der Name, gegebenenfalls die Firma oder das Zeichen, sowie die Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten oder des Einführers in die Gemeinschaft angebracht sein.
- 100
- Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der 2. GPSGV (2011) haben die Hersteller beim Inverkehrbringen ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Marke und ihre Kontaktanschrift entweder auf dem Spielzeug selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den Unterlagen , die dem Spielzeug beigefügt sind, anzugeben. Bevor sie ein Spielzeug auf dem Markt bereitstellen, haben die Händler nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der 2. GPSGV (2011) zu überprüfen, ob der Hersteller die Anforderungen von § 4 Abs. 2 der 2. GPSGV (2011) erfüllt hat. Gemäß § 13 Abs. 1 der 2. GPSGV (2011) muss auf dem Markt bereitgestelltes Spielzeug die CE-Kennzeichnung tragen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der 2. GPSGV (2011) ist die CE-Kennzeichnung deutlich sichtbar und lesbar sowie dauerhaft auf dem Spielzeug, einem daran befestigten Etikett oder der Verpackung anzubringen.
- 101
- (2) Ein Unterlassungsanspruch der Nintendo of Europe GmbH gegen die Schuldnerin wegen eines Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den hier in Rede stehenden Bestimmungen der 2. GPSGV setzt nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG voraus, dass die Nintendo of Europe GmbH Mitbewerber der Schuldnerin ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Nintendo of Europe GmbH und die Schuldnerin als Unternehmer beim Angebot von Waren in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG). Sie versuchen, gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen , so dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten der Schuldnerin die Nintendo of Europe GmbH im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 - I ZR 43/13, GRUR 2014, 1114 Rn. 24 = WRP 2014, 1307 - nickelfrei, mwN). Die Nintendo of Europe GmbH vertreibt "Slot-1-Karten" mit Videospielen für ihre Videospiel-Konsolen. Die Schuldnerin bietet - nach Ansicht der Klägerin zu 2 unter Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften der 2. GPSGV - Adapterkarten an, mit deren Hilfe im Internet angebotene Kopien von Videospielen der Klägerinnen auf diesen Videospiel-Konsolen verwendet werden können. Es liegt auf der Hand, dass der Absatz von Adapterkarten den Absatz von "Slot-1-Karten" beeinträchtigen kann.
- 102
- (3) Bei den hier in Rede stehenden Bestimmungen der 2. GPSGV handelt es sich um gesetzliche Vorschriften, die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (vgl. zur CE-Kennzeichnung BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 193/06, GRUR 2010, 169 Rn. 16 = WRP 2010, 247 - CE-Kennzeichnung). Ein Verstoß gegen diese Regelungen ist auch geeignet, die Interessen der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen.
- 103
- (4) Die Schuldnerin hat gegen die angeführten Bestimmungen der 2. GPSGV verstoßen. Die von ihr im Jahr 2008 angebotenen Adapterkarten waren nicht in der nach der 2. GPSGV erforderlichen Weise mit Herstellerangaben und teilweise auch nicht mit der CE-Kennzeichnung versehen. Bei den Adapterkarten handelt es sich um Spielzeug im Sinne der 2. GPSGV. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. GPSGV (1995) sind Spielzeug alle Erzeugnisse, die dazu gestaltet oder offensichtlich bestimmt sind, von Kindern im Alter bis 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Gemäß § 2 Nr. 24a der 2. GPSGV (2011) sind Spielzeug alle Produkte, die ausschließlich oder nicht ausschließlich dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Die hier in Rede stehenden Adapterkarten und die darauf gespeicherten Videospiele werden - was ausreicht - auch von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet. Der Umstand, dass die Adapterkarten nicht allein, sondern nur in Verbindung mit den VideospielKonsolen zum Spielen verwendet werden können, ändert nichts daran, dass es sich dabei um Spielzeug im Sinne der 2. GPSGV handelt.
- 104
- dd) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 unbegründet geworden ist. Das Berufungsgericht konnte keine Feststellungen dazu treffen, ob in der Person des Beklagten zu 1, der den Rechtsstreit im Laufe des Revisionsverfahrens aufgenommen hat, die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr besteht (vgl. oben Rn. 60 bis
63).
- 105
- 3. Auch die von der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten zu 2 und 3 erhobenen Ansprüche können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden (vgl. oben Rn. 77 bis 84). Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen keine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer für einen Verstoß der Schuldnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV. Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer kommt nicht in Betracht, weil die Schuldnerin mit dem Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV lediglich (wettbewerbsrechtliche ) Verhaltenspflichten und kein absolutes Recht verletzt hat.
- 106
- C. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden , weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 107
- I. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme im Streitfall den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt (vgl. oben Rn. 56 bis 58). Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass derjenige, der - wie die Klägerin zu 1 - für eine wirksame technische Maßnahme nach § 95a UrhG Schutz beansprucht , grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen dieser Bestimmung trägt. Davon umfasst ist grundsätzlich auch die Darlegungsund Beweislast dafür, dass es keine andere Maßnahme gibt, die zu einer geringeren Beeinträchtigung oder Beschränkung zulässiger Handlungen Dritter führt und einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bietet. Da es sich bei dem Umstand, dass es keine andere Maßnahme gibt, um eine negative Tatsache handelt, trägt die Gegenseite allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Es ist zunächst ihre Sache, substantiiert darzulegen, dass es eine andere Maßnahme gibt. Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungs- und Beweislast , wenn er anschließend darlegt und beweist, dass diese Maßnahme zu einer größeren Beeinträchtigung oder Beschränkung zulässiger Handlungen Dritter führt oder keinen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bietet (vgl. allgemein zu den Anforderungen an den Beweis negativer Tatsachen BGH, Urteil vom 8. Oktober 1992 - I ZR 220/90, GRUR 1993, 572, 573 f. - Fehlende Lieferfähigkeit; Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 77/05, GRUR 2008, 625 Rn. 19 = WRP 2008, 924 - Fruchtextrakt, mwN; zur Darlegungs- und Beweislast für die negative Tatsache, dass ein Werk im Sinne des § 71 Abs. 1 UrhG "nicht erschienen" ist BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 19/07, GRUR 2009, 942 Rn. 14 = WRP 2009, 1274 - Motezuma).
- 108
- II. Im Blick auf den von der Klägerin zu 1 erhobenen Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten (vgl. oben Rn. 64 bis 73) weist der Senat auf § 69f Abs. 2 UrhG hin. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsinhaber von dem Eigentümer oder Besitzer verlangen, dass Mittel, die allein dazu bestimmt sind, die unerlaubte Beseitigung oder Umgehung technischer Programmschutzmechanismen zu erleichtern, vernichtet werden. Die für Computerprogramme geltende Vorschrift ist auf die hier in Rede stehenden technischen Schutzmechanismen anwendbar, da diese auch dem Schutz der den Videospielen der Klägerinnen zugrunde liegenden Computerprogramme dienen. Bei den Adapterkarten handelt es sich um Mittel, die die unerlaubte Umgehung dieser Schutzmechanismen erleichtern. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob diese Mittel "allein dazu bestimmt sind" diese Umgehung zu erleichtern (vgl. dazu Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 69f UrhG Rn. 14; Czychowski in Fromme /Nordemann aaO § 69f UrhG Rn. 11; Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO § 69f UrhG Rn. 21; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69f Rn. 13; Kotthoff in Drey- er/Kotthoff/Meckel aaO § 69f UrhG Rn. 7; Kaboth in Möhring/Nicolini aaO § 69f UrhG Rn. 10) und ob die Beklagten Eigentümer oder Besitzer dieser Mittel sind. Da die Beklagten die Adapterkarten nicht herstellen, kann von Letzterem nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Auch daraus, dass die Schuldnerin Adapterkarten in ihrem Onlineshop zum Kauf angeboten hat, folgt nicht zwangsläufig , dass an den Adapterkarten Besitz oder Eigentum bestanden hat.
- 109
- III. Für den Fall, dass sich die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG und der von der Klägerin zu 2 wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gegen ihn verfolgten Klageanträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung als wirksam erweisen sollte (vgl. oben Rn. 23 bis 27 und 92), wird auf Folgendes hingewiesen:
- 110
- 1. Die Klägerinnen konnten ihren Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Schuldnerin in der Revisionsinstanz ändern und die Feststellung eines Schadensersatzbetrags von einer (weiteren) Million Euro zur Insolvenztabelle beantragen. Antragsänderungen im Revisionsverfahren sind zwar nach § 559 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt jedoch vor allem für die Fälle, in denen die Änderung nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 23 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria, mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der ursprünglich gegen die Schuldnerin erhobene Schadensersatzfeststellungsantrag war mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon deshalb unzulässig, weil Ansprüche, die eine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach zum Gegenstand haben, als solche nicht in die Insolvenztabelle eingetragen werden können. Solche Ansprüche müssen vielmehr nach § 174 Abs. 2, § 45 Satz 1 InsO mit einem bezifferten Geldbetrag geltend gemacht werden, der im vorliegenden Fall zu schätzen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, NJW-RR 2004, 1050, 1051; BGHZ 185, 11 Rn. 43 - Modulgerüst). Dieser Notwendigkeit haben die Klägerinnen mit der Modifikation ihres Klageantrags entsprochen.
- 111
- 2. Der von den Klägerinnen geltend gemachte Auskunftsanspruch, der der Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs dient, ist nicht etwa deshalb unbegründet, weil die Klägerinnen den Schadensersatzanspruch bereits beziffert haben. Die Klägerinnen sind weiterhin auf die Auskunftserteilung zum Zwecke der Bezifferung des Schadensersatzanspruchs angewiesen. Ergibt sich aus den zu erteilenden Auskünften ein höherer als der bezifferte Schadensersatzanspruch, kommt eine nachträgliche Anmeldung der Forderung gemäß § 177 InsO in Betracht.
- 112
- IV. Hinsichtlich der von der Klägerin zu 2 im Wege gewillkürter Prozessstandschaft verfolgten Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten , wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob eine wirksame Ermächtigung der Klägerin zu 2 zur gerichtlichen Verfolgung dieser Ansprüche vorliegt und die Klägerin zu 2 ein eigenes schutzwürdiges Interesse an dieser Rechtsverfolgung hat (vgl. oben Rn. 86 bis 90). Die Revisionserwiderung hat dazu auf das Vorbringen der Klägerinnen in der Klageschrift verwiesen. Die Klägerinnen haben dort vorgetragen, die Klägerin zu 2 sei von der Nintendo of Europe GmbH, die die Produkte als Lizenznehmerin der Klägerin zu 1 in Europa herstelle und vertreibe, ermächtigt worden, deren Rechte gegenüber den Beklagten durchzusetzen; die Nintendo of Europe GmbH habe alle ihr gegen die Beklagten zustehenden Rechte, insbesondere auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche , auf die Klägerin zu 2 übertragen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend erweisen, kann sich daraus eine wirksame Ermächtigung der Klägerin zu 2 zur Verfolgung der hier in Rede stehenden wettbewerbsrechtlichen Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten ergeben.
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.10.2009 - 21 O 22196/08 -
OLG München, Entscheidung vom 09.06.2011 - 6 U 5037/09 -
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
Ist eine Klage auf Grund dieses Gesetzes erhoben worden, so kann der obsiegenden Partei im Urteil die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils Gebrauch gemacht wird. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.