Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 17. Aug. 2015 - 2 VAs 15/15

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2015:0817.2VAS15.15.0A
bei uns veröffentlicht am17.08.2015

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft vom 5. Juni 2015, mit dem diese die Beschwerde gegen den die Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG ablehnenden Bescheid der Staatsanwaltschaft Mainz vom 27. Februar 2015 als unbegründet zurückgewiesen hat.

2

Zur Antragsbegründung führt die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen aus, die ablehnende Entscheidung sei ermessensfehlerhaft. Der Antragsteller sei weiterhin therapiemotiviert und therapiebereit. Es liege eine gültige Kostenzusage vor. Auf die Bewerbung um einen Therapieplatz habe die Fachklinik L. es mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 begrüßt, dass der Antragsteller trotz der vorzeitig beendeten Behandlung in ihrer Einrichtung nochmals eine Therapierung seiner Sucht versuchen wolle, und habe weiter mitgeteilt, dass bei Vorliegen einer entsprechenden Kostenzusage eine Aufnahme unter dem Vorbehalt einer vierwöchigen Probebehandlung vorstellbar sei. Aus diesen Ausführungen der Therapieeinrichtung ergebe sich eine fehlende Therapiebereitschaft des Antragstellers gerade nicht. Da ein Aufnahmetermin in Aussicht gestellt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Therapieeinrichtung von einer Therapiemotivation des Antragstellers ausgehe. Deshalb werde um antragsgemäße Entscheidung gebeten. Der Antragsschrift beigefügt war allein das Schreiben der Fachklinik L. vom 1. Dezember 2015.

3

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den Antrag als unbegründet zu verwerfen.

II.

4

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, da er den gesetzlichen Formerfordernissen nicht entspricht.

5

Gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG muss der Antragsteller geltend machen, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies erfordert - innerhalb der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG - eine aus sich heraus verständliche Sachdarstellung sowie den Vortrag von Tatsachen, aus denen sich schlüssig eine Rechtsverletzung durch den bzw. die angegriffenen Bescheide ergibt (vgl. Senat, 2 VAs 1-3/15 vom 16.03.2015; 2 VAs 19/14 vom 20.01.2015; 2 VAs 14/11 vom 21.12.2011; KG Berlin, 4 VAs 6/13 vom 13.02.2013, StRR 2013, 345, zit. n. juris Rn. 1 mwN; OLG Hamm, 1 VAs 16/11 v. 12.5.2011, NStZ-RR 2013, 126; Kotz, NStZ-RR 2014, 265 <267>; OLG Celle, 2 VAs 10/13 vom 28.08.2013, NStZ-RR 2014, 64).

6

Richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung - wie hier - gegen die Ablehnung der Zurückstellung der Strafvollstreckung zum Zwecke der Durchführung einer Therapie nach § 35 BtMG, so ist neben der Betäubungsmittelabhängigkeit des Antragstellers zur Tatzeit und zum Entscheidungszeitpunkt insbesondere der unmittelbare Kausalzusammenhang zwischen der Betäubungsmittelabhängigkeit und der Straftat darzulegen (Senat, 2 VAs 1-3/15 vom 16.03.2015; Kotz, NStZ-RR 2014, 265 <267>); dieser muss nach dem Wortlaut des § 35 BtMG sicher feststehen (vgl. KG, 4 VAs 17/13 v. 22.3.2013 - StV 2013, 711). Ferner ist, um prüfen zu können, ob der zu vollstreckende Strafrest nicht mehr als zwei Jahre beträgt (§ 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BtMG), der Vollstreckungsstand darzustellen (OLG Celle aaO). Mitzuteilen ist auch, ob die Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszugs vorliegt oder aus welchen Gründen sie versagt wurde.

7

Diesen - mit der Verfassung, insbesondere dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang stehenden (vgl. BVerfG, 2 BvR 211/12 vom 05.04.2012, NStZ-RR 2013, 187, zit. n. juris Rn 14) - Begründungsanforderungen wird der Antrag nicht annähernd gerecht. Der Antragsteller teilt nicht mit, wie der aktuelle Vollstreckungsstand ist, welche Strafe gegen ihn verhängt worden ist und welcher Sachverhalt seiner Tat bzw. seinen Taten zugrunde liegt. Ebenso fehlt die Mitteilung, ob das der Vollstreckung zugrundeliegende Urteil Feststellungen zur Ursächlichkeit der Betäubungsmittelabhängigkeit für die vom Antragsteller begangene Straftat bzw. Straftaten enthält, oder woraus sonst sich ergibt, dass die Tat oder der überwiegende Teil seiner Taten aufgrund einer Abhängigkeit begangen wurde. Obwohl sich aus dem vorgelegten Schreiben der Therapieeinrichtung ergibt, dass der Antragsteller dort bereits einmal aufgenommen war, schweigt sich die Antragsbegründung auch über die - für die Ermessensentscheidung der Staatsanwaltschaft möglicherweise relevanten - Gründe der Beendigung der Therapiemaßnahme ebenso aus, wie zu der Frage, ob dem früheren Therapieversuch bereits eine Zurückstellung der Strafvollstreckung zugrunde lag. Ferner fehlt die Mitteilung, ob die Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszugs vorliegt. Der Senat kann deshalb auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht prüfen, ob durch die Versagung der Zurückstellung Rechte des Antragstellers verletzt wurden.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1 Abs. 2 Nr. 19, 22 GNotKG iVm Teil 1, Hauptabschnitt 5, Abschnitt 3 Nr. 15301 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG (vgl. Senat, 2 VAs 4-9/14 vom 26.03.2014; OLG Celle aaO, zit. n. juris Rn. 7). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG. Danach ist in Ermangelung genügender Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Wertes ein Geschäftswert von 5.000,- Euro anzusetzen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 17. Aug. 2015 - 2 VAs 15/15

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 17. Aug. 2015 - 2 VAs 15/15

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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 17. Aug. 2015 - 2 VAs 15/15 zitiert 6 §§.

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Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 05. Apr. 2012 - 2 BvR 211/12

bei uns veröffentlicht am 05.04.2012

Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die formalen Anforderungen an die Begründung eines Antrags im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 17. Aug. 2015 - 2 VAs 15/15.

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 08. Aug. 2016 - 2 VAs 25/16

bei uns veröffentlicht am 08.08.2016

Tenor 1. Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 9. Mai 2016 betreffend das Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe 8 AR allg. 254/14 wird als unzulässig verworfen. 2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verf

Referenzen

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die formalen Anforderungen an die Begründung eines Antrags im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG.

I.

2

Der Beschwerdeführer, ein montenegrinischer Staatsangehöriger, wurde durch Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 11. März 1998 wegen Mordes und versuchten Totschlags zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

3

1. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim lehnte mit angegriffenem Bescheid vom 21. Juni 2011 ab, von der weiteren Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach Ablauf von 14 Jahren abzusehen (vgl. § 456a StPO). Die Generalstaatsanwaltschaft Celle wies die dagegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers mit angegriffenem Bescheid vom 31. Oktober 2011 als unbegründet zurück. Die weitere Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe sei aufgrund der Schwere der Schuld und der mangelnden Aufarbeitung der straftatursächlichen Persönlichkeitsdefizite aus spezialpräventiven Gründen wegen der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers geboten. Die persönlichen, insbesondere familiären Gründe müssten hinter dem öffentlichen Interesse an der weiteren Vollstreckung zurücktreten.

4

2. Das Oberlandesgericht Celle verwarf den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG mit angegriffenem Beschluss vom 28. November 2011 als unzulässig, da er den Begründungsanforderungen nach § 24 Abs. 1 EGGVG nicht genüge.

5

a) Nach § 24 Abs. 1 EGGVG müsse ein Antragsteller geltend machen, durch die angefochtene Maßnahme oder ihre Ablehnung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die bloße Behauptung einer Rechtsverletzung genüge nicht. Erforderlich sei vielmehr eine - wenn auch zunächst in groben Zügen - die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichende Sachdarstellung, also der Vortrag von Tatsachen, die im Falle ihres Zutreffens ergäben, dass dem Verurteilten zumindest unter einem denkbaren Gesichtspunkt die beanspruchten Rechte zustehen und die Behörde diese verletzt.

6

b) An einem solchen, aus sich heraus verständlichen Sachvortrag fehle es hier. Der Beschwerdeführer trage keine Tatsachen vor, aus denen sich ergebe, dass die Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wäre oder die gesetzlichen Grenzen des ihr in § 456a StPO eingeräumten Ermessens überschritten hätte.

7

Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung seien die Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, die Größe des bisher verbüßten Teils der Strafe und das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Vollstreckung mit den Belangen des Antragstellers, insbesondere seiner sozialen und familiären Situation abzuwägen. Daher erfordere eine die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichende Sachverhaltsdarstellung insbesondere die Mitteilung der Feststellungen zur Sache des gegen den Antragsteller zu vollstreckenden Urteils. Hierzu enthalte der Antrag jedoch keine ausreichenden Angaben. Die bloße Mitteilung, es habe sich um eine Beziehungstat vor dem Hintergrund finanzieller Schwierigkeiten gehandelt, bei der der Beschwerdeführer seinen Schwiegervater erstochen und seine Schwiegermutter mit Stichen in den Bauch verletzt habe, genüge insoweit nicht.

II.

8

Der Beschwerdeführer sieht sich dadurch in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, dass das Oberlandesgericht Celle die Begründungsanforderungen nach § 24 Abs. 1 EGGVG überspannt habe.

III.

9

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

10

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Celle verletzt den Beschwerdeführer zwar in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

11

a) Nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <274>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>). Dies muss auch der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leer laufen" lassen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 96, 27 <39>). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (vgl. BVerfGE 88, 118 <125>). Dies gilt für die Begründungsanforderungen nach § 24 EGGVG ebenso wie für die Darlegungsanforderungen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO.

12

Die erhöhten Darlegungsanforderungen im Klageerzwingungsverfahren, die das Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtet hat (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>), sind jedoch nicht auf das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG übertragbar. Während der Verletzte einer Straftat kein subjektives Recht auf Erhebung der öffentlichen Klage gegen den der Tat Verdächtigen hat (vgl. BVerfGE 51, 176 <187>), ist Gegenstand des Verfahrens nach §§ 23 ff. EGGVG eine unmittelbare Verletzung eines subjektiven Rechts des Antragstellers durch eine staatliche Maßnahme oder ihre Ablehnung bzw. Unterlassung (vgl. § 24 Abs. 1 EGGVG). Insoweit handelt es sich um klassische Eingriffe - hinsichtlich der Ablehnung eines positiven Bescheids gilt dies hier jedenfalls deshalb, weil dadurch dem Beschwerdeführer die Wiedererlangung der persönlichen Freiheit verwehrt wird. Die Grundrechtsrelevanz führt dazu, dass Art. 19 Abs. 4 GG besondere Bedeutung gewinnt (vgl. BVerfGE 60, 253 <266>) und an den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz jedenfalls nicht dieselben strengen Anforderungen wie im Klageerzwingungsverfahren gestellt werden können.

13

b) Hieran gemessen ist der Zugang des Beschwerdeführers zu gerichtlichem Rechtsschutz in verfassungswidriger Weise beschränkt worden.

14

aa) Die vom Oberlandesgericht Celle verlangte, eine Schlüssigkeitsprüfung ermöglichende Darlegung schränkt den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz zwar noch nicht unverhältnismäßig ein. Art. 19 Abs. 4 GG fordert nicht zwingend eine Auslegung des § 24 EGGVG im Sinne der "Möglichkeitstheorie", wonach lediglich ein Sachverhalt vorgetragen werden muss, aus dem sich ein möglicher Rechtsanspruch ergeben kann, der verletzt sein könnte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 24 EGGVG Rn. 1; Rauscher/Pabst, MüKo-ZPO, 3. Aufl. 2008, § 24 EGGVG Rn. 2 f.; jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die vom Oberlandesgericht Celle aufgestellten Anforderungen bewegen sich auch unterhalb der strengen Darlegungsanforderungen für das Klageerzwingungsverfahren.

15

bb) Das Oberlandesgericht Celle hat jedoch dadurch, dass es die Annahme einer fehlenden Begründung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung allein darauf gestützt hat, dass hinreichende Ausführungen zu den strafrechtlichen Urteilsfeststellungen fehlten, das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Die formale Sichtweise des Oberlandesgerichts Celle, wonach der Sachverhalt nur durch Ausführungen im Antrag selbst und nicht durch Beifügung und Inbezugnahme entsprechender Schriftstücke dargelegt werden kann, führt zur Verweigerung der inhaltlichen Schlüssigkeitskontrolle. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer dem Oberlandesgericht Celle offenbar den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Celle vorgelegt hat, in dem die wesentlichen Urteilsfeststellungen wiedergegeben und gewürdigt worden sind.

16

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Ein besonders schwerer Nachteil im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG ist dann nicht anzunehmen, wenn deutlich abzusehen ist, dass der Beschwerdeführer auch im Falle einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Dies ist vorliegend der Fall.

17

Der Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung müsste auch bei einer erneuten Befassung vom Oberlandesgericht Celle als unzulässig verworfen werden, weil er nicht hinreichend im Sinne von § 24 EGGVG begründet worden ist. Aus seinen Ausführungen ergibt sich nicht, dass die Ermessensentscheidung nach § 456a StPO fehlerhaft sein könnte. Der Beschwerdeführer hat sich nicht hinreichend mit den beiden entscheidenden Abwägungsgesichtspunkten des Bescheides der Generalstaatsanwaltschaft Celle - der Schwere der Schuld einerseits und der mangelnden Aufarbeitung der straftatursächlichen Persönlichkeitsdefizite andererseits - auseinandergesetzt. Er hat lediglich Abwägungskriterien, die auch die Generalstaatsanwaltschaft Celle herangezogen hat, anders als diese gewichtet.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Gerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und durch die Notare für ihre Amtstätigkeit nur nach diesem Gesetz erhoben.

(2) Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 1 sind auch

1.
Verfahren nach den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes,
2.
Verfahren nach § 51b des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
3.
Verfahren nach § 26 des SE-Ausführungsgesetzes,
4.
Verfahren nach § 10 des Umwandlungsgesetzes,
5.
Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz,
6.
Verfahren nach den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes über den Ausschluss von Aktionären,
7.
Verfahren nach § 8 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie,
8.
Angelegenheiten des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen,
9.
Verfahren nach der Verfahrensordnung für Höfesachen,
10.
Pachtkreditsachen nach dem Pachtkreditgesetz,
11.
Verfahren nach dem Verschollenheitsgesetz,
12.
Verfahren nach dem Transsexuellengesetz,
13.
Verfahren nach § 84 Absatz 2 und § 189 des Versicherungsvertragsgesetzes,
14.
Verfahren nach dem Personenstandsgesetz,
15.
Verfahren nach § 7 Absatz 3 des Erbbaurechtsgesetzes,
16.
Verteilungsverfahren, soweit sich die Kosten nicht nach dem Gerichtskostengesetz bestimmen,
17.
Verfahren über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Willenserklärung und die Bewilligung der Kraftloserklärung von Vollmachten (§ 132 Absatz 2 und § 176 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),
18.
Verfahren über Anordnungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten,
19.
Verfahren nach den §§ 23 bis 29 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz,
20.
Verfahren nach § 138 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes und
21.
gerichtliche Verfahren nach § 335a des Handelsgesetzbuchs.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind. In Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen werden Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die landesrechtlichen Kostenvorschriften unberührt für

1.
in Landesgesetzen geregelte Verfahren und Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie
2.
solche Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden oder Notare zuständig sind.

(6) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.