Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 20. Okt. 2010 - 17 Verg 5/10

bei uns veröffentlicht am20.10.2010

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern vom 22.06.2010 - Az.: 1 VK 5/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragsgegnerin und eines Bevollmächtigten für die Beigeladene wird für notwendig erklärt.

Gründe

I.

1

Mit Bekanntmachung vom 21.10.2009 schrieb die Antragstellerin - im offenen Verfahren -einen Auftrag zur Beschaffung eines flächendeckenden digitalen Alarmierungssystems für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) im Bereich der Landkreise … und der kreisfreien Städte … europaweit aus. Bei Realisierung der Ausschreibung sollte auf das bereits vorhandene digitale Alarmierungssystem der Integrierten Leitstelle … aufgebaut werden. Unter Nr. 1 der Leistungsbeschreibung hieß es insoweit:

2

"Sollten Systemänderungen am vorhandenen Digitalen Alarmierungssystem notwendig sein, dürfen keine Kosten zu Lasten der … und der … entstehen."

3

Das bereits bestehende digitale Alarmierungssystem hatte die Beigeladene geliefert. Für die Abgabe der Angebote war zunächst eine Frist bis zum 14.01.2010 vorgesehen. Die Angebotsfrist wurde mit Schreiben vom 07.01.2010 bis zum 21.01.2010, 17.00 Uhr verlängert. Die Antragstellerin reichte am 07.01.2010 ein Angebot ein.

4

Unter dem 23.03.2010 (BF 3 = Bd. II Bl. 204 d.A.) übersandte ein Geschäftsführer der Antragstellerin der Antragsgegnerin eine E-Mail folgenden Inhalts: "der guten Ordnung halber möchte ich Sie bitten uns schriftlich zu bestätigen, dass der Auftrag nicht an uns vergeben werden soll.

5

Es ist bei öffentlichen Ausschreibungen vorgeschrieben, dass die unterlegenen Firmen 14 Tage vor der Vergabe informiert werden um ggf. Einspruch zu erheben".

6

Mit Schreiben vom 04.05.2010 bat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin die Antragsgegnerin per Telefax unter Fristsetzung zum 05.05.2010 um eine Mitteilung zum Stand des Verfahrens.

7

Unter dem 18.05.2010 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die Auftragsvergabe am 17.05.2010 "im Europaanzeiger" bekannt gegeben worden sei. Laut Bekanntmachung im Teil 5 des Amtsblattes der EU wurde der Auftrag am 30.04.2010 an die Beigeladene vergeben.

8

Mit Schriftsatz vom 28.05.2010, der am selben Tag per Telefax bei der Vergabekammer eingegangen ist, hat die Antragstellerin die Vergabekammer zur Entscheidung angerufen. Sie begehrte im Wesentlichen die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen und eine neue Wertung der Angebote unter Ausschluss der Beigeladenen; hilfsweise eine Neuausschreibung des Auftrages.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung des Nachprüfungsantrages wird auf die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer Bezug genommen.

10

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Akteneinsicht ohne mündliche Verhandlung verworfen. Denn der Nachprüfungsantrag sei unzulässig.

11

1. Hinsichtlich der Rüge, die Antragsgegnerin habe gegen die Informationspflicht nach § 101 a GWB verstoßen und das Gleichbehandlungsgebot verletzt, sei der Antrag unzulässig, weil der Verstoß aus den Vergabeunterlagen (vgl. Nr. 5 der Bewerberbedingungen der Landeshauptstadt Schwerin und Anlage zum Anschreiben der Angebotsaufforderung) erkennbar gewesen und nicht bis zum Ablauf der Angebotsfrist gegenüber dem Auftraggeber gerügt worden sei (§ 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB).

12

Die Rüge hinsichtlich der Informationspflicht sei auch nicht entbehrlich (§107 Abs. 3 Satz 2 GWB). Der Verweis auf § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB erfasse lediglich die sogenannten Defacto-Vergaben. Hier läge jedoch ein offenes Verfahren vor, an dem eine Vielzahl von Unternehmen beteiligt sei.

13

2. Hinsichtlich der Rügen, es mangele an der fachlichen Eignung der Beigeladenen, es fehlten erforderliche Eignungsnachweise und die Antragsgegnerin habe Eignungs- und Zuschlagskriterien vermischt, sei der Antrag zwar nicht wegen fehlender Rüge trotz Erkennbarkeit unzulässig. Der Antrag sei jedoch unzulässig, weil die Antragstellerin es versäumt habe, die Verstöße gegenüber der Antragsgegnerin zu rügen (§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB).

14

a) Das Rügeerfordernis habe sich nicht durch den zwischenzeitlichen Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erledigt.

15

Zwar sei die Informationspflicht nach § 101 a GWB nicht abdingbar, jedenfalls nicht in der Form, in der die Antragsgegnerin dies versucht habe. Die Erteilung des Zuschlags ohne die notwendige Information nach § 101 a GWB führe zur schwebenden Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages. Das Vergabeverfahren sei dadurch noch nicht beendet oder "gescheitert", sondern weiterzuführen. Die Maßgaben, die an das Verhalten der Bieter zu stellen seien, würden somit auch weiterhin gelten. Dazu zähle die Rüge von Vergaberechtsfehlern nach § 107 Abs. 3 GWB. Daran habe sich auch nach Änderung des GWB nichts geändert.

16

b) Die Verpflichtung zur Rüge nach § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB sei auch nicht durch das Urteil des EuGH vom 28.01.2010 in der Rechtssache C-406/08 entfallen. Vorliegend sei nicht die mangelnde Unverzüglichkeit der Rüge das Problem, sondern die Tatsache, dass die Antragstellerin vor Stellung des Nachprüfungsantrages überhaupt nicht gerügt habe. Das Rügeerfordernis selbst sei von der Entscheidung des EuGH nicht berührt. Die Rüge behalte ihren guten Sinn. Es sei mit dem Gebot der europarechtskonformen Auslegung nationaler Rechtsvorschriften gut zu vereinbaren, wenn man bei der Anwendung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB lediglich auf das Erfordernis der Unverzüglichkeit verzichte.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

18

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer richtet sich die per Fax am 07.07.2010 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Die Entscheidung der Vergabekammer sei ihren Verfahrensbevollmächtigten am 24.06.2010 mit Postzustellungsurkunde förmlich zugestellt worden. Damit ende die Beschwerdefrist erst am 08.07.2010.

19

Die Antragstellerin meint, der Beschluss der Vergabekammer sei rechtsfehlerhaft. Durch die Verwerfung ihres Nachprüfungsantrages sei sie in ihren Rechten verletzt. Da ihre Anträge in der Sache und auf Akteneinsicht abgelehnt worden seien, sei sie formell und materiell beschwert. Auf ihr Angebot hätte ihr bei Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften der Zuschlag erteilt werden müssen. Das Angebot der Beigeladenen hingegen sei auszuschließen.

20

Unter Wiederholung ihres Vorbringens vor der Vergabekammer geht die Antragstellerin von der Zulässigkeit und Begründetheit ihrer Anträge aus. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer habe sie nicht gegen etwaige Rügeobliegenheiten verstoßen.

21

1. Soweit die Vergabekammer hinsichtlich der Rügen der mangelnden fachlichen Eignung, des Fehlens der Eignungsnachweise und der Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien meine, das Vergabeverfahren sei aufgrund der schwebenden Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages weiterzuführen und deshalb würden auch die Maßgaben, die das Verhalten der Bieter beträfen, insbesondere die Rügepflicht, weiter gelten, gehe sie fehl. Der in Bezug genommene Beschluss der 3. VK Bund vom 06.07.2007 (Az.: VK 3-58/07) habe sich auf einen Fall bezogen, der vor der Vergaberechtsreform 2009 zu entscheiden gewesen sei. Kern der Neufassung sei, dass die Nichtigkeit des vergaberechtswidrigen Vertrages nicht länger aus dem Gesetz folge, sondern der Vertrag nur dann von Anfang unwirksam sei, wenn ein Verstoß gegen § 101 a GWB vorliege und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt worden sei. Die Erteilung eines Zuschlages unter Verletzung der Informations- und Hinweispflicht begründe nunmehr lediglich eine "schwebende Unwirksamkeit" des geschlossenen Vertrages, wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt werde (Begründung zum Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts, BT-Drucksache 16/10117, S. 21).

22

1.1 Sei der Auftraggeber an den auch unter Verletzung der Hinweis- und Informationspflicht des § 101 a Abs. 1 GWB geschlossenen Vertrag gebunden, könne das Vergabeverfahren - wenn überhaupt - erst nach Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages durch die Vergabekammer weitergeführt werden. Nach Zuschlagserteilung und während der in § 101 b Abs. 2 GWB festgestellten Schwebezeit, sei das Vergabeverfahren hingegen einstweilen beendet. Daraus folge, dass nach erteiltem Zuschlag während der Schwebezeit eine Rügeobliegenheit unterlegener Bieter entfalle. Die Bieter seien dann berufen, durch Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens die Feststellung der Unwirksamkeit unter Hinweis auf den Verstoß gegen § 101a GWB herbeizuführen.

23

1.2. Auch aus dem Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit folge, dass diese nach dem erteilten Zuschlag entfalle. Die neuen Regelungen zur Unwirksamkeit in § 101 b GWB sähen die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verpflichtend vor, wenn ein unterlegener Bieter die Unwirksamkeit des Vertrages erreichen wolle. Der unterlegene Bieter sei unabhängig von etwaigen "Korrekturen" durch die Vergabestelle gezwungen, einen Nachprüfungsantrag zu stellen. Daraus folge, dass im Fall eines erteilten Zuschlages die Rüge nicht mehr erforderlich sei (vgl. OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.07.2007; Az.: 11 Vergabe 5/07 zur alten Rechtslage). Vorliegend hätte die Rüge der Beschwerdeführerin aufgrund des bereits erfolgten Vertragsabschlusses bei der Wertung nichts mehr bewirken können.

24

1.3. Eine Rügepflicht entfalle auch deshalb, weil die Antragsgegnerin deutlich gemacht habe, dass sie an ihrer Vergabeentscheidung festhalten werde. Wenn die Vergabestelle zu erkennen gebe, dass sie von vornherein unumstößlich an ihrer Entscheidung festhalten werde, entfalle eine Rügepflicht wegen aussichtsloser Förmelei.

25

Die Antragsgegnerin habe durch ihr Verhalten dokumentiert, dass sie auf Rügen nicht korrigierend reagieren werde. Sie habe die Zuschlagsentscheidung unter Verstoß gegen § 101 a GWB vorangetrieben und die Antragstellerin lapidar auf die Bekanntgabe der Auftragsvergabe verwiesen. Dieses vergaberechtswidrige Vorgehen verletze nicht nur die Antragstellerin ganz erheblich in ihrem Bieterrecht, sondern dokumentiere deutlich, dass die Antragsgegnerin an ihrer Vergabeentscheidung in jedem Falle festhalten wollte.

26

2. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer sei der Nachprüfungsantrag hinsichtlich der Rüge wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht und Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch nicht deshalb unzulässig, weil der Verstoß gegen die Informationspflicht nach § 101 a GWB sowie die Verletzung des Gleichbehandlungsgebots aus den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen und nicht gem. § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis zum 21.01.2010 gerügt worden sei.

27

2.1. Ein Verstoß gegen die Hinweis und Informationspflicht sei aus den Vergabeunterlagen nicht erkennbar gewesen. Die Vergabekammer habe insoweit einen zu hohen Sorgfaltsmaßstab angelegt. Aus Nr. 5 Bewerberbedingungen der Landeshauptstadt Schwerin (BB-L) sei für einen mit den Regeln des Vergaberechts laienhaft vertrauten Durchschnittsbieter nicht erkennbar gewesen, dass eine Vorabinformation unterbleiben solle. Gleiches gelte auch bei Anlegung eines individuellen Maßstabes. Die Antragstellerin habe nicht deshalb, weil sie sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt habe, eine Vergaberechtswidrigkeit leichter erkennen müssen. Hiergegen spreche bereits, dass es sich bei der Rügepflicht nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB um eine neue Regelung handele, die erst mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009 eingefügt worden sei. Selbst einem erfahrenen Bieter sei nicht ohne weiteres bewusst gewesen, dass die an das Merkmal der Erkennbarkeit anknüpfende Präklusionsregelung in § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB letztlich dazu führe, dass der Bieter die Verdingungsunterlagen einer genauen Prüfung unterziehen müsse, denn nunmehr bestehe - unabhängig von der positiven Kenntnis des Bieters vom Vergaberechtsverstoß - das Risiko einer späteren Rügepräklusion bereits bei "erkennbaren Verstößen". Zu beachten sei auch, dass die Antragstellerin nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfüge und somit die dargestellte rechtliche Bewertung, ob sich ggf. aus der Regelung Nr. 5 BB-L ergeben könnte, dass damit auch die Vorabinformation ausgeschlossen werden solle, selbst nicht durchführen konnte.

28

2.2 Im Übrigen habe sie die Verletzung der Hinweis- und Informationspflicht unverzüglich mit E-Mail vom 23.03.2010 (Anlage BF 3 = Bd. II Bl. 203f. d.A.) gerügt, nachdem sie Kenntnis davon erlangt habe, dass die Antragsgegnerin tatsächlich keine Vorabinformation geben werde. Mit dieser E-Mail habe sie den konkreten Verstoß gegen das Vergaberecht, nämlich die beabsichtigte Unterlassung der Vorabinformation dargelegt und um Abhilfe, nämlich um Information über die beabsichtigte Nichtberücksichtigung 2 Wochen vor Erteilung des Zuschlags, gebeten. Damit liege eine Rüge i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB, an die im Übrigen nur geringe Anforderungen zu stellen sind (vgl. OLG München, Beschluss vom 05.11.2009, Az.: Vergabe 15/09; Thüringer OLG, Beschluss vom 30.03.2009, Az.: 9 Vergabe 12/08), vor. Die Rüge sei unverzüglich erfolgt. Im Übrigen habe eine Rügeobliegenheit auch deshalb nicht bestanden, weil die Antragsgegnerin an ihrer Entscheidung, die unterlegenen Bieter nicht zu informieren, unumstößlich festhalten wollte.

29

2.3. Auch der Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot sei entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht erkennbar gewesen. Ohne Belang sei, dass die Beigeladene aus den Vergabeunterlagen als vormalige Auftragnehmerin für das bestehende digitale Alarmierungssystem zu ersehen gewesen sei. Denn erst nachdem die Antragstellerin Kenntnis von der Beteiligung der Beigeladenen erlangt habe, habe sie die Verletzung des Gleichbehandlungsgebots erkennen können. Zu diesem Zeitpunkt sei der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen jedoch bereits erteilt gewesen.

30

2.4 Im Ergebnis komme es nicht darauf an, ob die genannten vergaberechtlichen Verstöße i.S.v. § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB für die Beschwerdeführerin erkennbar gewesen seien und ob sie gegen ihre Rügeobliegenheit verstoßen habe. Denn § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB verstoße gegen den in der Rechtsmittelrichtlinie festgelegten Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes, insbesondere gegen Artikel 1 Abs. 4 Rechtsmittelrichtlinie.

31

3. Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die von der Antragsgegnerin vertretene Auffassung, der Antragstellerin sei deshalb kein Schaden entstanden, weil ihr Angebot über den jeweiligen Haushaltsansätzen der Zahlungsverpflichteten Landkreise liege, sei fehlerhaft. Nach einem Ausschluss der Beigeladenen hätte das Verfahren allenfalls aufgehoben werden müssen. Die Antragsgegnerin hätte dann bei fortgesetztem Vergabewillen eine Neuausschreibung durchführen und dabei realistische Haushaltsansätze für die Beschaffung des Alarmierungssystems einplanen müssen.

32

3.1 Es stehe fest, dass die Beigeladene die als Ausschlusskriterium formulierten Anforderungen an den Nachweis vergleichbarer Projekte in Ziff. 1.3.3 der Leistungsbeschreibung nicht erfüllt habe. Zwingend seien drei Referenzen für die Errichtung eines Mehrfachmaster-Netzes vorzulegen gewesen. Insgesamt habe die Beigeladene die zwingend geforderten Referenzen nicht vorgelegt. Sie sei deshalb I auszuschließen.

33

3.2. Die Antragsgegnerin habe die gerügte Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien nicht entkräften können. Es liege auch keine unzulässige Mischkalkulation vor.

34

Für die Umrüstungsmaßnahmen würden jedoch Kosten anfallen, die von der Antragsgegnerin nicht ausgeglichen würden. Da aber die Beigeladene eine derartige Kostenlast nicht treffe, liege eine Ungleichbehandlung vor.

35

Die Antragstellerin beantragt,

36

1. die Entscheidung der 1. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern vom 22.06.2010, Az.: 1 VK 05/10, aufzuheben;

37

2. festzustellen, dass der von der Beschwerdegegnerin mit der Beigeladenen geschlossene Vertrag gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB unwirksam ist;

38

3. die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Wertung der Angebote unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts zu wiederholen und die Bieter über das Ergebnis der Wertung mit einer hinreichend deutlichen und nachvollziehbaren Begründung über die Zuschlagsentscheidung zu informieren;

39

4. hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in ihren Rechten durch die Beschwerdegegnerin verletzt ist;

40

5. der Beschwerdeführerin Einsicht in die Vergabeakte gemäß § 111 Abs. 1 GWB zu gewähren;

41

6. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;

42

7. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.

43

Die Antragsgegnerin beantragt,

44

1. die Anträge der Beschwerdeführerin zurückzuweisen,

45

2. der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sowie

46

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Beschwerdegegnerin für notwendig zu erklären.

47

4. das Akteneinsichtsgesuch als unbegründet zurückzuweisen.

48

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin sei unzulässig, weil sie nicht binnen einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung des Beschlusses eingelegt worden sei. Die Antragstellerin sei durch die Entscheidung der Vergabekammer auch nicht beschwert. Denn die Antragstellerin habe keine echte Chance auf eine Zuschlagserteilung gehabt.

49

Die Beschwerde sei zudem unbegründet. Der Nachprüfungsantrag sei weder zulässig noch begründet. Wegen der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages bezieht sich die Antragsgegnerin auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses. Zudem sei der Nachprüfungsantrag nicht begründet:

50

Die Haushaltsmittel für das teure Angebot der Antragstellerin seien nicht vorhanden. Eine Aufhebung des Vergabeverfahrens gehe nicht an. Es sei verfehlt, eine Anpassung der Haushaltsansätze zu verlangen. Erst recht, wenn erschwingliche Angebote vorlägen. Eine Verpflichtung zur Erhöhung der Haushaltsansätze gäbe es nicht.

51

Die Beigeladene sei auch fachlich geeignet, den Auftrag auszuführen. Das von ihr abgegebene Angebot sei plausibel, nachvollziehbar und genüge den Anforderungen aus der Leistungsbeschreibung, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der Alarmierungsdauer sowie der Genauigkeit der Synchronisation.

52

Die Beigeladene beantragt,

53

1. die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin vom 07.07.2010 gegen den Beschluss der Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern vom 22.06.2010 (Aktenzeichen 1 VK 5/10) zurückzuweisen;

54

2. der Antragstellerin und Beschwerdeführerin die Kosten des sofortigen Beschwerdeverfahrens nebst den Kosten für eine zweckentsprechend Rechtsverfolgung aufzuerlegen;

55

3. die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Beigeladenen für notwendig zu erklären.

56

In ihrer Begründung rügt die Beigeladene die mangelnde Beschwer der Antragstellerin. Dem Vorbringen der Antragsgegnerin zu den Haushaltsansätzen der betreffenden Landkreise sei die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten. Mit einer Überschreitung der Haushaltsansätze von ca. … € habe die Antragstellerin keine Chance auf den Zuschlag. Im Übrigen verteidigt die Beigeladene die Entscheidung der Vergabekammer. Das Rechtsmittel sei jedenfalls unbegründet.

II.

57

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

58

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist das Rechtsmittel nicht verfristet Denn der Beschluss der Vergabekammer vom 22.06.2010 wurde zwar noch am 22.06.2010 an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gefaxt. Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis wurde jedoch nicht veranlasst (s. Schreiben der Vergabekammer vom 22.06.2010 = Bd. III Bl. 353 d.A. mit Hinweis auf PZU). Die förmliche Zustellung erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde erst am 24.06.2010. Die am 07.07.2010 per Fax beim Oberlandesgericht Rostock eingegangene Beschwerdeschrift ist somit fristgemäß (§ 117 Abs. 1 GWB).

59

Die Antragstellerin ist durch die Verwerfung ihrer Sachanträge und des Antrages auf Akteneinsicht auch beschwert. Denn sie macht eine Verletzung ihrer Rechte durch die behauptete Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Beschlusses, der von ihren Rechtsschutzzielen abweicht, geltend. Wenn ihr auf ihr Angebot bei Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften der Zuschlag hätte erteilt werden müssen, wäre der angefochtene Beschluss aufzuheben.

60

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Denn der Nachprüfungsantrag ist unzulässig, weil die Antragstellerin ihrer gegenüber der Antragsgegnerin bestehenden Rügeobliegenheit gem. § 107 Abs. 3 GWB nicht rechtzeitig nachgekommen ist.

61

a) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin i.S.v. § 107 Abs. 2 GWB liegt allerdings vor. Die Antragstellerin hat durch Abgabe eines eigenen Angebots unter dem 07.01.2010 deutlich gemacht, dass sie ein Interesse an dem Auftrag hat. Auch hat die Antragstellerin schlüssig dargelegt, dass sie in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt werde, wenn der Auftrag unter Verstoß gegen das Informationsgebot und die Wartepflicht gem. § 101a GWB an die Beigeladene vergeben wird. Durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebots entstehe ihr ein Schaden.

62

b) Die Antragstellerin ist hingegen ihrer Rügeobliegenheit gegenüber der Antragsgegnerin gem. § 107 Abs. 3 GWB nicht rechtzeitig nachgekommen.

63

aa) Mit der Vergabekammer geht der Senat davon aus, dass der Antrag hinsichtlich der Rügen der mangelnden fachlichen Eignung, des Fehlens der Eignungsnachweise und der Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien unzulässig ist, weil die Antragstellerin es versäumt hat, die im Vergabeverfahren erkannten und im Verfahren vor der Vergabekammer gerügten Verstöße gegen Vergabevorschriften zuvor nicht gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hat (§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB). Dies gilt ebenso für den behaupteten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

64

Nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag nur zulässig, wenn der Antragsteller den im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Pflichtverstoß zuvor gegenüber der Vergabestelle angezeigt und jene zur Beseitigung dieses Pflichtverstoßes aufgefordert hat. Die Anzeige und Aufforderung - die vergaberechtliche Rüge - muss zeitlich unverzüglich nach dem Erkennen des Vergaberechtsverstoßes erfolgen, d.h. mit der positiven Kenntnis beginnt die sog. Rügefrist zu laufen (vgl. dazu OLG Naumburg Beschluss vom 29.10.2009, 1 Verg 5/10).

65

(1) Der Anwendung der Präklusionsregelung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB steht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28.01.2010 (Rs. C-406/08 - Uniplex) nicht entgegen (vgl. Beschluss vom 11.08.2010 - Az.: 17 Verg 3/10).

66

Denn dem genannten Urteil hat der Europäische Gerichtshof eine britische Regelung für europarechtswidrig erklärt, nach der ein Nachprüfungsverfahren nur zulässig ist, wenn es "unverzüglich (prompt ly), spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach dem ersten Eintreten eines Grundes für die Einleitung des Verfahrens eingeleitet wird, es sei denn, der High Court hält eine Verlängerung der Frist für die Einleitung des Verfahrens für gerechtfertigt (good reasons)."

67

Der Europäische Gerichtshof hat im Rahmen der Vorabentscheidung zunächst ausgeführt, eine effektive Nachprüfungsmöglichkeit setze voraus, dass die Fristen für die Einleitung der Nachprüfung erst ab dem Zeitpunkt laufen, an dem der Bieter von dem geltend gemachten Verstoß Kenntnis hatte oder hätte erlangen müssen.

68

Ferner müssten wegen des Ziels der zügigen Behandlung unter Beachtung der Erfordernisse der Rechtssicherheit hinreichend genaue, klare und vorhersehbare Fristenregelungen geschaffen werden. Angesichts des Effektivitätsgrundsatzes dürften nationale Ausschlussfristen die Rechtsausübung nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Die britische Regelung enthalte jedoch eine Unsicherheit, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die nationalen Gerichte einen Nachprüfungsantrag bereits vor Ablauf der Dreimonatsfrist zurückweisen könnten, wenn sie der Ansicht seien, der Antrag sei nicht "unverzüglich" gestellt. Im Übrigen sei eine Ausschlussfrist, deren Dauer in das freie Ermessen des zuständigen Richters gestellt sei, in ihrer Dauer nicht vorhersehbar. Mit der betreffenden Bestimmung sei die Richtlinie 89/665/EWG (Rechtsmittelrichtlinie) daher nicht wirksam umgesetzt.

69

Dieses Urteil hat Zweifel daran geweckt, ob die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB, nach der ein Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn der Antragsteller den gerügten Vergaberechtsverstoß im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat, den europarechtlichen Vorgaben genügt und weiterhin anwendbar ist.

70

Ein Teil der Vergabekammern und der Literatur übertragen die Wertung des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich der britischen Regelung auf die deutsche Vorschrift und sind der Ansicht, auch hier sei die "unverzügliche" Rügepflicht in ihrer Dauer nicht hinreichend vorhersehbar und klar (VK Saarland vom 08.03.2010 - 1 VK 03/2010; VK Rheinland-Pfalz vom 20.04.2010 - VK 2-7/10;VK Hamburg vom 07.04.2010 - VK BSU 2/10 und 3/10).

71

Die Oberlandesgerichte Schleswig und Celle haben die Frage offen gelassen (OLG Schleswig vom 02,07.2010 - 1 Verg 1/10; OLG Celle vom 11.02.2010 - 13 Verg 16/09; ebenso VK Nordbayern vom 10.02.2010 - 21.Vk-3194-01/10).

72

Teilweise wird die Übertragung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs auf § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB indes abgelehnt, weil diese Vorschrift keine Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren enthalte und der Begriff der Unverzüglichkeit im Übrigen im deutschen Recht durch die Definition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie einer ausgeprägten Rechtsprechung weitgehend konkretisiert sei (VK Bund vom 05.03.2010 - VK 1-16/10). Auch das Oberlandesgericht Dresden hält die deutsche Vorschrift für europarechtskonform. Ungeachtet des rechtstechnischen Unterschieds zwischen Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren und materiell-rechtlicher Präklusionsregel, habe der Europäische Gerichtshof schließlich nur Bestimmungen über Fristen, deren Dauer in das freie Ermessen des zuständigen Richters gestellt sei, für gemeinschaftswidrig erklärt. Das treffe aber auf § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht zu, weil damit ein Ermessen nicht eingeräumt werde, der Begriff "unverzüglich" gesetzlich in § 121 Abs. 1 BGB definiert sei und die damit verbundene zeitliche Dimension in über 100-jähriger Rechtsprechung so konkretisiert sei, dass sie rechtsstaatlichen Bedenken nicht mehr begegne (OLG Dresden vom 07.05.2010 -WVergoVIO).

73

Der Senat teilt die Ansicht, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu einer Unanwendbarkeit der Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB führt.

74

Die britische Regelung weicht von § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht nur hinsichtlich der Ausgestaltung als Antragsfrist oder als vorgelagerte Rügeobliegenheit ab. Die vom Europäischen Gerichtshof beanstandete Regelung bietet tatsächlich mehrfache Unsicherheiten für den Bieter, indem sie zwar eine umgehende (sofortige, unverzügliche, zeitnahe) Verfahrenseinleitung verlangt, zugleich aber eine in diesem Zusammenhang recht großzügige Ausschlussfrist von drei Monaten nennt, die darüber hinaus von dem angerufenen Gericht bei dem Vorliegen guter Gründe auch noch verlängert werden kann.

75

Das deutsche Recht hingegen gibt lediglich eine einzige zeitliche Vorgabe für die Erhebung der Rüge. Der Gesetzgeber hat darin zwar nicht eine konkret bezifferte Frist bestimmt, sondern den Rechtsbegriff "unverzüglich" verwendet, der in § 121 Abs. 1 BGB legal als "ohne schuldhaftes Zögern" definiert ist. Nach der - wie vom Oberlandesgericht Dresden ausgeführt - über 100-jährigen Rechtsprechung bedeutet dies, dass innerhalb einer nach den Umständen zu bemessenden Prüfungsfrist zu handeln ist. Im Allgemeinen gilt eine Obergrenze von zwei Wochen, wobei im Vergaberecht nach den Umständen in den meisten Fällen eine Rüge nach mehr als einer Woche nicht mehr als unverzüglich anzusehen ist. Bei einfach gelagerten Fällen liegt die Grenze zur schuldhaften Verzögerung bei drei Tagen (vgl. Weyand, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rn. 1897 ff.). Diese Regelung ist hinreichend genau, klar und für die Bieter vorhersehbar. Insbesondere steht der Nachprüfungsstelle wie auch dem Senat kein freies Ermessen zur Bestimmung der Rügefrist zu. Es ist vielmehr - rechtlich überprüfbar - festzustellen, ob die Rüge nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ohne schuldhaftes Zögern erhoben ist.

76

Die Dauer der Rügefrist im Einzelfall kann vorliegend dahinstehen, denn die Antragstellerin hat es gänzlich versäumt, vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ihrer Rügeobliegenheit gegenüber der Antragsgegnerin nach zu kommen.

77

Die Vergabekammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Rügeerfordernis gegenüber der Antragsgegnerin nicht durch den zwischenzeitlichen Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erledigt hat.

78

Angesichts des Zwecks der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB sind Ausnahmen von dem Gebot der unverzüglichen Rüge als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Nachprüfungsantrag nur unter engen Voraussetzungen zuzugestehen (vgl. VK Schleswig-Holstein, B. vom 14.11.2008 - Az.: VK-SH 13/08).

79

Dieser Grundsatz gilt nach Auffassung des Senats auch in Fällen der Verletzung der Informations- und Wartepflicht nach § 101 a Abs. 1 GWB. Denn weder aus dem Gesetzestext noch aus der Begründung lassen sich Anhaltspunkte für Einschränkungen der Rügeobliegenheit bei derartigen Verstößen entnehmen. Auch fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass nach Zuschlagserteilung eine restriktive Auslegung der Vorschriften zu den Rügeobliegenheiten geboten ist. Der § 101 b Abs. 1 GWB bestimmt für einen in einem Nachprüfungsverfahren festgestellten Verstoß gegen die Informationspflicht zwar, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam ist. Gemäß § 107 Abs. 3 GWB ist ein Nachprüfungsantrag jedoch unzulässig, soweit der Antragsteller seiner Rügeobliegenheit nicht rechtzeitig nachkommt. Ausgenommen sind hiervon nach § 107 Abs. 3 S. 2 GWB lediglich die sogenannten De-facto-Vergaben i.S.d. § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB. Dies lässt sich auch aus der Begründung zum Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts ableiten, in der es heißt: "Bei den sog. De-facto-Vergaben des § 101 b Abs. 1 Nr. 2 ist es nicht sachgerecht, den Unternehmen eine Rügeverpflichtung aufzuerlegen. In diesen Fällen kann sofort ein Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt werden" (vgl. BT-Drucksache 16/10117, S. 22).

80

Das Festhalten an der Rügeobliegenheit ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin vorliegend auch im Fall des § 101 a Abs. 1 Nr. 1 GWB keine bloße Förmelei. Denn die rechtzeitige Rüge soll der Herstellung schnellstmöglicher Rechtssicherheit dienen. Die Beantwortung der Frage, ob die Rügepflicht eine mit den Geboten von Treu und Glauben unvereinbare Förmelei ist, hängt nicht von der Anwendung eines allgemein gültigen Rechtssatzes, sondern von einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles ab (OLG Koblenz, B. v. 18.09.2003 - Az.: 1 Verg 4/2003; 1. VK Sachsen, B. v. 24.05.2007 - Az.: 1/SVK/029-07). Ein Zweck der Rügepflicht besteht darin zu verhindern, dass Mängel des Vergabeverfahrens, die die Vergabestelle bei unverzüglicher Rüge durch den Bieter selbst hätte korrigieren können, zum Gegenstand eines regelmäßig mit erheblichen Verzögerungen verbundenen Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer gemacht werden (Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand: 18.03.2010, § 107 GWB, 16.4.4.). Die Vergabestelle soll schnellstmöglich Kenntnis von den geltend gemachten Rügen erlangen, diese Rügen prüfen und ihr Verhalten darauf einstellen können, um ggf. ein kostenintensives und langwieriges Nachprüfungsverfahren zu verhindern. Beschwerwiegenden durchgreifenden Rügen dürfte auch eine Vertragsbeendigung nicht auszuschließen sein.

81

Soweit die Antragstellerin angesichts ihrer E-Mail vom 23.03.2010 die Entbehrlichkeit der Rügen hinsichtlich der mangelnden fachlichen Eignung, des Fehlens der Eignungsnachweise, der Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien und des Gleichbehandlungsgrundsatzes damit begründet, dass die Antragsgegnerin zu erkennen gegeben habe, dass sie von vornherein und unumstößlich an ihrer Entscheidung festhalten werde, ist ein sachlicher Zusammenhang nicht erkennbar. Die E-Mail enthielt keine Beanstandungen zu den genannten Punkten, sondern einen Hinweis auf die Informationspflicht. Darüber hinaus reicht es nicht, dass die Vergabestelle sich mit aus ihrer Sicht guten Gründen positioniert und und die getroffene Entscheidung im anschließenden Vergabeverfahren verteidigt (Weyand, a.a.O., § 107 GWB, 16.4.4.5.).

82

Die Antragstellerin hat von den behaupteten Verstößen hinsichtlich der mangelnden fachlichen Eignung der Beigeladenen, des Fehlens der Eignungsnachweise, der Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht erst im Vergabenachprüfungsverfahren - etwa durch die Gewährung von Akteneinsicht - Kenntnis erlangt. Sie war daher gehalten, die erkannten Vergaberechtsverstöße ohne schuldhaftes Zögern gegenüber der Antragsgegnerin zu rügen. Das Unterlassen der o.g. Rügen war vorliegend nicht gerechtfertigt.

83

bb) Die Antragstellerin ist auch mit ihren Rügen hinsichtlich des Verstoßes gegen die Informationspflicht nach § 101 a GWB präkludiert.

84

Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

85

Hinsichtlich des Verstoßes gegen die Informationspflicht ergibt sich die Erkennbarkeit der drohenden Rechtsverletzungen aus den Vergabeunterlagen, nämlich aus Nr. 5 der Bewerberbedingungen der Landeshauptstadt Schwerin -BB-L- und aus der Anlage zum Anschreiben der Angebotsaufforderung. Insoweit nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug. Die Antragstellerin hat den drohenden Verstoß auch erkannt. Dies ergibt sich hinreichend deutlich aus der E-Mail des Geschäftsführers der Antragstellerin vom 23.03.2010 an die Antragsgegnerin. Die E-Mail enthält, auch wenn sie den § 101 a GWB nicht ausdrücklich erwähnt, einen Hinweis für die Antragsgegnerin über deren sich aus der genannten Norm ergebende Pflichten. Der drohende Verstoß war für die Antragstellerin somit aus den Vergabeunterlagen ersichtlich und hätte gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis zum Ablauf der Angebotsfrist gegenüber der Antragsgegnerin gerügt werden müssen.

86

c) Aufgrund der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages hat die Antragstellerin auch mit ihrem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag keinen Erfolg. Zwar ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin die Informationspflicht nach § 101 a Abs. 1 GWB verletzt hat. Die von der Antragstellerin nach § 97 Abs. 7 GWB begehrte Feststellung, sie sei in ihren Rechten im Vergabeverfahren verletzt worden, setzt jedoch einen zulässigen Nachprüfungsantrag voraus, an dem es vorliegend fehlt.

87

d) Aufgrund der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages war der Antragstellerin Einsicht in die Akten der Vergabekammer auch im Beschwerdeverfahren nicht zu gewähren. Insoweit wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

III.

88

1. Die Kosten der sofortigen Beschwerde hat die Antragstellerin zu tragen, §§ 128 Abs. 3 GWB, 97 Abs. 1 ZPO.

89

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 50 Abs. 2 GKG auf € … festgesetzt. Dies sind 5% der für den Streitwert maßgeblichen Bruttoauftragssumme von … € nach Zuschlagserteilung. Denn die Antragstellerin begehrt die Feststellung des zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geschlossenen Vertrages.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 20. Okt. 2010 - 17 Verg 5/10

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 20. Okt. 2010 - 17 Verg 5/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 97 Grundsätze der Vergabe


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech
Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 20. Okt. 2010 - 17 Verg 5/10 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 97 Grundsätze der Vergabe


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 107 Allgemeine Ausnahmen


(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen 1. zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,2. für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem u

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 50 Bestimmte Beschwerdeverfahren


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen),2. über Beschwerden g

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 128 Auftragsausführung


(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelunge

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 117 Besondere Ausnahmen für Vergaben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen


Bei öffentlichen Aufträgen und Wettbewerben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge zu sein, ist dieser Teil nicht anzuwenden, 1. soweit der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteres

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 111 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, deren Teile unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen


(1) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv trennbar, so dürfen getrennte Aufträge für jeden Teil oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden. (2) Werden

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 20. Okt. 2010 - 17 Verg 5/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 20. Okt. 2010 - 17 Verg 5/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 27. Mai 2010 - 1 Verg 1/10

bei uns veröffentlicht am 27.05.2010

Tenor Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 18.12.2009 (VK 2 LVwA LSA – 30/09) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlic

Referenzen

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv trennbar, so dürfen getrennte Aufträge für jeden Teil oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) Wird ein Gesamtauftrag vergeben,

1.
kann der Auftrag ohne Anwendung dieses Teils vergeben werden, wenn ein Teil des Auftrags die Voraussetzungen des § 107 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 erfüllt und die Vergabe eines Gesamtauftrags aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist,
2.
kann der Auftrag nach den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen vergeben werden, wenn ein Teil des Auftrags diesen Vorschriften unterliegt und die Vergabe eines Gesamtauftrags aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist,
3.
sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags diesen Vorschriften unterliegt und der Wert dieses Teils den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet; dies gilt auch dann, wenn der andere Teil des Auftrags den Vorschriften über die Vergabe von Konzessionen unterliegt,
4.
sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen und ein anderer Teil des Auftrags den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber unterliegt und wenn der Wert dieses Teils den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet,
5.
sind die Vorschriften dieses Teils anzuwenden, wenn ein Teil des Auftrags den Vorschriften dieses Teils und ein anderer Teil des Auftrags sonstigen Vorschriften außerhalb dieses Teils unterliegt; dies gilt ungeachtet des Wertes des Teils, der sonstigen Vorschriften außerhalb dieses Teils unterliegen würde und ungeachtet ihrer rechtlichen Regelung.

(4) Sind die verschiedenen Teile eines öffentlichen Auftrags, die jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen, objektiv nicht trennbar,

1.
wird der Auftrag nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist; enthält der Auftrag Elemente einer Dienstleistungskonzession und eines Lieferauftrags, wird der Hauptgegenstand danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Dienst- oder Lieferleistungen höher ist,
2.
kann der Auftrag ohne Anwendung der Vorschriften dieses Teils oder gemäß den Vorschriften über die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen vergeben werden, wenn der Auftrag Elemente enthält, auf die § 107 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 anzuwenden ist.

(5) Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen auszunehmen.

(6) Auf die Vergabe von Konzessionen sind die Absätze 1, 2 und 3 Nummer 1 und 2 sowie die Absätze 4 und 5 entsprechend anzuwenden.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

Bei öffentlichen Aufträgen und Wettbewerben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge zu sein, ist dieser Teil nicht anzuwenden,

1.
soweit der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden kann, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens zur Verfügung stellt,
2.
soweit die Voraussetzungen des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt sind,
3.
wenn die Vergabe und die Ausführung des Auftrags für geheim erklärt werden oder nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern; Voraussetzung hierfür ist eine Feststellung darüber, dass die betreffenden wesentlichen Interessen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden können, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen,
4.
wenn der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die Vergabe oder Durchführung nach anderen Vergabeverfahren vorzunehmen, die festgelegt sind durch
a)
eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt,
b)
eine internationale Übereinkunft oder Vereinbarung im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen, die Unternehmen betrifft, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder einem Staat haben, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums ist, oder
c)
eine internationale Organisation oder
5.
wenn der öffentliche Auftraggeber gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung einen öffentlichen Auftrag vergibt oder einen Wettbewerb ausrichtet und dieser öffentliche Auftrag oder Wettbewerb vollständig durch diese Organisation oder Einrichtung finanziert wird. Im Falle einer überwiegenden Kofinanzierung durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 18.12.2009 (VK 2 LVwA LSA – 30/09) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Antragstellerin trägt die Beigeladene. Die Antragsgegnerin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 127.330,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin (i.F. Vergabestelle) schrieb im offenen Verfahren einen Dienstleistungsauftrag europaweit aus. Gegenstand des Auftrages war die Sammlung, der Transport und die Verwertung von Altpapier im Landkreis S. . Die Ausschreibung gliederte sich in zwei Lose, für die einzeln oder zusammen Angebote abgegeben werden konnten. Der Vertrag sollte eine Laufzeit (ohne Option) vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013 haben. Unter IV 2.1 heißt es (Bl 141 I):

2

Zuschlagskriterium: Niedrigster Preis

3

Unter III 2.1 (Bl. 139) verlangte die Vergabestelle eine

4

Bestätigung der Krankenkasse(n), bei der/bei denen Mietarbeiter des Bieters versichert sind, dass der Bieter seinen Pflicht (en) zur regelmäßigen Zahlung nachkommt.

5

Erklärungen und Nachweise konnten sowohl im Original als auch in Kopie vorgelegt werden. Die Vergabestelle behielt sich die Nachforderung von Originalen vor. Die Angebote hatten bis zum 25.9.2009, 9.00 Uhr bei der Vergabestelle einzugehen (IV 3.4 - Bl. 141 I -). Die Frist wurde später mit der 3. Bieterinformation vom 24.9.2009 (dort unter II) bis zum 2.10.2009 verlängert.

6

In Nr. 9 der Bewerbungsbedingungen heißt es (u.a.):

7

Das Angebot ist mit allen nach den Vergabe- und Verdingungsbedingungen erforderlichen Unterlagen im Original und mit 2 Kopien einzureichen bis zum … (Bl. 149 I)

8

Die Angebote müssen deutlich gekennzeichnet sein mit der Aufschrift Angebotsunterlagen – nicht öffnen ! Angebot an die ALS–Dienstleistungsgesellschaft m.b.H „Altpapier“ (Bl. 150 I)

9

Es ist zu versichern, dass die jeweiligen Kopien mit dem Original identisch sind. Bei Abweichungen ist das Original maßgeblich.

10

In 10.1 der Bewerbungsbedingungen heißt es u.a. (Bl. 151 I) :

11

Die Vergabestelle bittet, das in den Vergabeunterlagen enthaltene Angebotsschreiben (Teil III) genau durchzusehen und dem Angebot möglichst die gem. Nr.10.2 geforderten Unterlagen beizufügen.

12

Die Vergabestelle behält sich vor, Nachweise und Erklärungen, die mangels Kalkulationserheblichkeit keinen Einfluss auf die Wettbewerbsstellung des Bieters haben, nachzufordern, falls diese dem Angebot nicht beigefügt sind. Insoweit erachtet die Vergabestelle die unter 10.2 abgefragten Nachweise und Erklärungen bis auf die Versicherungsbestätigung (s. dazu unter Nr. 10.2) nicht als kalkulationsrelevant.

13

Unter 10.2 2. der Bewerbungsbedingungen heißt es dann (Bl. 152 I) :

14

Bestätigung der Krankenkasse(n), bei der/bei denen Mitarbeiter des Bieters versichert sind, dass der Bieter seiner Pflicht zur regelmäßigen Zahlung von Beiträgen nachkommt.

15

In der Bieterinformation 1 vom 16.9.2009 hat die Vergabestelle zu den Nachweisen über regelmäßige Zahlungen von Krankenkassenbeiträgen unter I.2 erläutert:

16

Dazu ist festzuhalten, dass der Formulierung bereits entnommen werden kann, dass es sich um Bestätigungen der , also sämtlicher Krankassen handelt, bei denen Mitarbeiter des Bieters versichert sind. Es reicht also gerade nicht die Bestätigung nur einer oder einiger Krankenkassen.

17

Teil III der Angebotsschreiben für die Lose 1 und 2 enthält unter II.1.a (Los 1) bzw. II.2.a (Los 2) jeweils eine Preisgleitklausel. Dazu hat die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 24.9.2009 (Bl. 48 BA) ausgeführt,

18

dass die Preisgleitklauseln ein unkalkulierbares Risiko für Bieter birgt, was wir hiermit ausdrücklich rügen....

19

Die Antragstellerin hat insgesamt 12 Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Krankenversicherungen über die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen für Mitarbeiter (gemäß 10.2.2 Bewerbungsbedingungen) vorgelegt. Lediglich 3 Krankenkassen haben die Anzahl der bei ihr versicherten Mitarbeiter angegeben. Unstreitig hat die Antragstellerin im Jahre 2008 rund 50 Mitarbeiter beschäftigt. Die Beigeladene hat 4 Bescheinigungen vorgelegt, wobei sich aus 3 Bescheinigungen

20

…  25 Arbeitnehmer

21

…  11 Arbeitnehmer

22

…  14 Arbeitnehmer

23

die Anzahl der versicherten Beschäftigten ergibt. Unstreitig beschäftigte die Beigeladene im Jahre 2008 rund 100 Mitarbeiter.

24

Insgesamt gingen bei der Vergabestelle 7 Angebote ein. In der Niederschrift zur Angebotsöffnung ist vermerkt, dass alle 7 Angebote ordnungsgemäß verschlossen und äußerlich gekennzeichnet (§ 22 Nr. 3 lit. a VOL/A) und 6 Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist eingegangen waren (§ 22 Nr. 3 lit. b VOL/B). Auch das 7. - nach Ablauf der Frist eingegangene - Angebot wurde nach Erläuterung der Bieterin zu den Gründen der Verspätung zugelassen.

25

Von der Vergabekammer wurde festgestellt, dass sich jedenfalls auf den Umschlägen (mit denen die Angebote eingereicht wurden) der Beigeladenen und der Bieters Nr. 2 (T. GmbH) und Nr. 7 (K. GmbH) zwar Eingangsstempel befinden, aber keine Namen(szeichen) , die auf die Person des Entgegennehmenden hindeuten.

26

Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer vom 8.12.2009 hat die Vergabestelle 3 Eidesstattliche Versicherungen von Mitarbeiters vorgelegt (Bl. 209 - 211 BA/ von der Beigeladenen mit der Beschwerdebegründung wiederholt - Bl. 172 - 174 I -), mit denen sie ihren Vortrag untermauern will, dass sämtliche Angebote - wie in der Niederschrift zur Angebotsöffnung dokumentiert - in korrekter Weise eingegangen sind.

27

Die vorliegenden Angebote wurden zunächst von der E. mbH ausgewertet. Die E. schlug vor, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Dieses Ergebnis wurde den Bietern (u.a. auch der Antragstellerin - Bl. 58 BA -) mit Schreiben der Vergabestelle vom 6.11.2009 unter Hinweis auf § 101 a Abs. 1 GWB mitgeteilt. Mit Schreiben vom 10.11.2009 (Bl. 69 - 71 BA) rügte die Antragstellerin Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften (u.a.):

28

- das Schreiben vom 6.11.2009 genüge inhaltlich nicht den Anforderungen von § 101 a Abs. 1 S. 1 GWB;

29

-die Wertung der Angebote gemäß § 25 VOL/A sei willkürlich erfolgt;

30

-die Beigeladene verfüge nicht über die geforderte Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Fachkunde;

31

-bei dem von der Beigeladenen abgegebenen Angebot handele es sich um ein rechtswidriges Unterpreisangebot mit Verdrängungsabsicht.

32

Die Vergabestelle hat die Einwände mit Schreiben vom 12.11.2009 (Bl. 62/63 BA) zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 13.11.2009 hat die Antragstellerin ihre Einwände vertieft (Bl. 64 - 66 BA). Im Vergabevermerk (unter 3.) hat die Vergabestelle die Einwände der Antragstellerin erneut als unbegründet eingestuft.

33

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 14.11.2009 einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer gestellt. Neben den bereits erhobenen Rügen bemängelt die Antragstellerin, dass die Vergabestelle das Prüfergebnis der E. einfach übernommen und den Vorschlag nicht eigenständig überprüft habe. Die Antragstellerin ist weiter der Ansicht, dass die Vergabekammer auch weitere Vergabeverstöße von Amts wegen prüfen könne.

34

Die Vergabekammer hat nach mündlicher Verhandlung mit dem angefochtenen Beschluss der Vergabestelle aufgegeben,

35

das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer ab Versendung der Verdingungsunterlagen zu wiederholen.

36

Im übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt:

37

Die Rüge aus dem Schreiben vom 24.9.2009 hinsichtlich der Preisgleitklauseln sei unzulässig, weil verfristet (§ 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB). Im übrigen sei der Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB zulässig. Die erhobenen Rügen seien hinreichend substanziiert. Dies gelte allerdings nicht für die Rüge der mangelnden Eignung der Beigeladenen, dieses Vorbringen sei nicht weiter beachtlich.

38

Der Nachprüfungsantrag sei teilweise begründet : Für die Begründetheit reichten die von der Vergabekammer von Amts wegen festgestellten Vergabeverstöße aus:

39

Bei drei Angeboten (darunter das der Beigeladenen) seien die Eingangsvermerke nicht mit einem Namenszug versehen. Dadurch habe die Vergabestelle gegen § 22 Nr. 1 S. 1 VOL/A verstoßen (unter Hinweis auf OLG Naumburg, Beschluss vom 31.3.2008 - 1 Verg 1/08 -). Die Einhaltung von § 22 Nr. 1 S. 1 VOL/A sei zum einen bieterschützend und solle zum anderen dazu dienen, dem Verhandlungsleiter bei der Angebotseröffnung zu ermöglichen, die Feststellungen gemäß § 22 Nr. 3 lit. a VOL/A zu treffen. Insoweit enthalte die Niederschrift zur Angebotseröffnung unzutreffende Angaben, soweit dort gerade nicht vermerkt sei, dass bei den vorgenannten Angeboten die Kennzeichnung mit Namen(szeichen) fehle. Dieser Fehler könne weder durch das Empfangsbekenntnis (der Beigeladenen) noch durch die vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen geheilt werden. Die Vorschriften über die Dokumentation des Vergabeverfahrens seien zwingend einzuhalten, um mögliche Manipulationen weitgehend auszuschließen. Darüber hinaus solle den Eingangsvermerk ein an der Vergabe nicht beteiligter Dritter anbringen. Die Einhaltung dieser Vorschrift sei indes bei fehlendem Namenszeichen für den Verhandlungsleiter nicht kontrollierbar.

40

Die Bieter (auch bei der Antragstellerin und der Beigeladenen) hätten zudem nicht versichert, dass die eingereichten Kopien mit dem Original des Angebots identisch seien. Dies werde aber in Nr. 9 S. 5 Teil 1 der Bewerbungsbedingungen

41

Es ist zu versichern, dass die jeweiligen Kopien mit dem Original identisch sind. Bei Abweichungen ist das Original maßgeblich.

42

ausdrücklich gefordert. Dem Verhandlungsleiter obliege es nicht, festzustellen, bei welchem Exemplar es sich um das Original und bei welchem es sich um eine Kopie handele. Um späteren Manipulationsversuchen oder Unklarheiten zu begegnen, bedürfe es hinsichtlich der Einstufung als Original oder Kopie einer eindeutigen Willenserklärung des Bieters. Dies um so mehr, als bei Abweichungen das Original gelten solle.

43

Die Vergabestelle habe vorgegeben, dass die Bieter eine

44

Bestätigung der Krankenkasse(n), bei der/bei denen Mietarbeiter des Bieters versichert sind, dass der Bieter seinen Pflicht (en) zur regelmäßigen Zahlung nachkommt.

45

vorzulegen hatten. In der Bieterinformation 1 habe die Vergabestelle präzisiert:

46

Dazu ist festzuhalten, dass der Formulierung bereits entnommen werden kann, dass es sich um Bestätigungen der , also sämtlicher Krankassen handelt, bei denen Mitarbeiter des Bieters versichert sind. Es reicht also gerade nicht die Bestätigung nur einer oder einiger Krankenkassen.

47

Dass dies für die Beigeladene zutreffe, könne deren Angebot nicht entnommen werden. Eine von der Vergabestelle behauptete Plausibilitätsprüfung, sei nicht dokumentiert (in dem Vergabevermerk [gemeint offenbar: durch die Bezugnahme auf die Auswertung durch die E. ] seinen lediglich die Namen der Krankenkassen verzeichnet, von denen die Beigeladenen Bescheinigungen vorgelegt habe). Eine Plausibilitätsprüfung wäre zudem nicht ausreichend gewesen. Die Vergabestelle hätte sich aus Transparenzgesichtspunkten davon überzeugen müssen, dass für jeden Mitarbeiter ein entsprechender Nachweis durch eine Krankenkasse vorgelegen habe.

48

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beigeladene mit der sofortigen Beschwerde.

49

Sie hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig . So seien mit den Schreiben vom 10.11.2009 und 13.11.2009 nur unsubstanziierte Einwände erhoben worden, sodass bereits keine ordnungsgemäße Rüge vorliege. Die Antragstellerin habe auch keine Rechtsverletzung und schon überhaupt keinen möglichen Schaden darlegen können. Dies betreffe jedenfalls das Los 2, bei dem sie lediglich als Drittplazierte bewertet worden sei. Es bestehe auch kein Rechtschutzbedürfnis. Soweit das Informationsschreiben der Vergabestelle vom 6.11.2009 unzureichend i.S.v. § 101a ZPO gewesen sein sollte, sei die entsprechende Unterrichtung im Nachprüfungsverfahren nachgeholt worden. Soweit die Antragstellerin beanstande, dass ihren Rügen durch die 3. bzw. 4. Bieterinformation nur pro forma abgeholfen worden seien, sei sie mit diesem Vortrag gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB präkludiert.

50

Da die Antragstellerin ihren Antrag lediglich mit bloßen Behauptungen begründe, fehle es auch an der zwingend erforderlichen Begründung i.S.v. § 108 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 GWB. Da es daran fehle, habe die Vergabekammer diesen Mangel nicht dadurch „heilen“ können, dass sie von Amts wegen nicht gerügte formale Mängel in das Verfahren eingeführt habe. Die Vergabekammer sei weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, auf Fragen der Eignung bzw. Formalität im Hinblick auf Angebotsumschlag und Eingangsvermerk einzugehen.

51

Selbst wenn der Nachprüfungsantrag zulässig sein sollte, wäre er unbegründet gewesen. So behaupte die Antragstellerin lediglich pauschal die Ungeeignetheit der Beigeladenen (Beschwerdebegründung S. 17 - Bl. 106 I -).

52

Die Vergabestelle habe zutreffend eine Plausibilitätsprüfung dahingehend vorgenommen, dass die Beigeladene die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ordnungsgemäß erbringe. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Mitteilungen der Krankenversicherungen einzelnen Mitarbeiters zuzuordnen. Eine solche Pflicht folge weder aus der Bekanntmachung noch aus den Vergabeunterlagen. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, hätte sie - die Beigeladene - im Hinblick auf Nr. 10.1 der Bewerbungsbedingungen darauf vertrauen können, dass die Vergabestelle eine solche Ergänzung der Unterlagen angefordert hätte. Die Beigeladene habe die Bewerbungsunterlagen 1x im Original und 2x in Kopie vorgelegt. Sie habe zudem unter Nr. 17 des Angebotsschreibens versichert, dass die Kopien mit dem Original vollinhaltlich übereinstimmten. Ein Verstoß gegen Nr. 9 S. 5 der Bewerbungsbedingungen liege somit nicht vor. Auf die Vollständigkeit des Eingangsvermerks auf dem Verpackungsmaterial komme es nur dann an, wenn die Rechtzeitigkeit des Eingangs des Angebots in Frage stehen würde. Diese Frage stelle sich vorliegend indes nicht. Zum einen sei der rechtzeitige Eingang der Angebotsunterlagen in der Niederschrift über die Angebotseröffnung dokumentiert. Die Beigeladene verweist zum anderen auf die vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiter der Vergabestelle und meint weiter, dass dieser Punkt auch der Beweiserhebung durch Vernehmung dieser Mitarbeiter als Zeugen zugänglich sei. Die Beigeladene habe es letztlich auch nicht zu vertreten, dass der Eingangsvermerk unvollständig sei.

53

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Beschwerdebegründung vom 5.1.2010 (Bl. 90 - 114 I) und des Schriftsatzes vom 26.3.2010 (Bl. 98 - 108 II).

54

Die Beigeladene beantragt,

55

1. Der Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 18.12.2009 (VK 2 LVwA LSA – 30/09) wird aufgehoben.

56

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

57

3. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgen notwendigen Kosten der Beigeladenen.

58

Die Antragstellerin beantragt,

59

die Beschwerde zurückzuweisen.

60

Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Nachprüfungsverfahren. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Beschwerdeerwiderung vom 29.1.2010 (Bl. 12 - 22 II) und den Schriftsatz vom 19.4.2010 (Bl. 111 - 115 II).

61

Es wird weiter Bezug genommen auf den Inhalt der Schriftsätze der Vergabestelle vom 8.2.2010 (Bl. 50 - 65 II) und 24.3.2010 (Bl. 78 - 85 II).

II.

62

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 116 Abs. 1 GWB), insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 117 GWB). Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg:

63

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war zulässig (§ 107 Abs. 2, Abs. 3 GWB):

64

a) Die erhobenen Rügen sind nicht verfristet:

65

Soweit die Vergabekammer die Rüge hinsichtlich der Preisgleitklauseln im Schreiben der Antragstellerin vom 24.9.2009 (Bl. 48 BA) als präkludiert angesehen hat (Beschluss S. 13 - Bl. 128 I -), ist dies nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, die Beigeladene ist insoweit auch nicht beschwert. Es ist daher unklar, was die Beschwerde unter II 1. e) mit Rügepräklusion meint. Die 3. und 4. Bieterinformation (vom 24. bzw. 25.9. 2009) können sich nicht auf die Schreiben der Antragstellerin vom 10. bzw. 13.11.2009 und die darin enthaltenen Rügen beziehen.

66

Hinsichtlich der Rügen aus den Schreiben der Antragstellerin vom 10.11.2009 (Bl. 59 - 61 BA) bzw. vom 13.11.2009 (Bl. 64 - 66 BA) gilt. Im Schreiben vom 10.11.2009 erhebt die Antragstellerin folgende Rügen:

67

- Verstoß gegen § 101 a Abs.1 S. 1 GWB. Dem Schreiben der Vergabestelle vom 6.11.2009 könne nicht entnommen werden, an welcher Stelle das Angebot der Antragstellerin liege und warum das Angebot der Beigeladenen wirtschaftlicher sein;

68

- gerügt wird weiter, dass die Wertung gemäß § 25 VOL/A nicht willkürfrei durchgeführt worden sei;

69

- dass die Beigeladene nicht über die erforderliche Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Fachkunde verfüge ( wir gehen davon aus, dass die [Beigeladene] nicht die geforderten Leistungsnachweise erbracht hat, insbesondere was die Frage des Mindestlohns und der eigenen Referenzen betrifft );

70

- dass die Beigeladene ein rechtswidriges Unterpreisangebot mit Verdrängungsabsicht abgegeben habe;

71

- die Antragstellerin verweist auf ihre eigene Erfahrung als Entsorger, die es ihre ermöglicht hätten, die dadurch gegebenen Kostenvorteile in dem Angebot zu berücksichtigen, während dies der Beigeladenen nicht in gleicher Weise möglich sei.

72

Im Schreiben vom 13.11.2009 werden diese Punkte teilweise wiederholt und vertieft. Hinsichtlich der vorgenannten Punkte liegen fristgemäße Rügen i.S.v. § 107 Abs. 3 GWB vor. Ob die Rügen inhaltlich § 107 Abs. 2 S. 2 GWB genügen, spielt für die Frage, ob die Rüge fristgemäß erhoben wurde, keine Rolle. Andere Rügen hat die Antragstellerin auch im Nachprüfungsverfahren nicht erhoben. Sie nimmt vielmehr in der Antragsschrift vom 14.11.2009 (unter 4.1.3 - Bl. 6 BA) auf die vorgenannten Schreiben vom 10. und 13.11.2009 Bezug. Der Ansicht der Beschwerde, dass die Rügen unter Einhaltung einer 3 Tagefrist (S. 11 - Bl. 100 I -) zu erheben gewesen seien, kann nicht gefolgt werden. Dies schon deshalb nicht, weil der 6.11.2009 ein Freitag war und die Rüge mit dem Schreiben vom 10.11.2009 mithin bereits am übernächsten Werktag und damit sicher unverzüglich i.S.v. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB erhoben wurde.

73

b) Die Antragstellerin ist antragsbefugt i.S.v. § 107 Abs. 2 GWB:

74

Im Hinblick auf den Zweck des Nachprüfungsverfahrens ist der Zugang hierzu an besondere Voraussetzungen geknüpft. Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen im Vergabenachprüfungsverfahren nur dann antragsbefugt, wenn es ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinem Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen geltend macht (aa), und wenn es ferner darlegen kann, dass ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (bb):

75

(aa) Ihr Interesse am Auftrag hat die Antragstellerin dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie ein grundsätzlich (auch nach der Wertung der Vergabestelle) zuschlagsfähiges Angebot abgeben hat. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB fordert darüber hinaus die Verletzung eines subjektiven Rechts des Antragstellers i.S.v. § 97 Abs. 7 GWB. Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung einer solchen Rechtsverletzung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung eines Vergabenachprüfungsantrages nicht überspannt werden, es ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Die Anforderungen richten sich im wesentlichen danach, welche Kenntnisse der Bieter bezüglich der gerügten Vergabeverstöße hat oder haben kann (OLG München, Beschluss vom 7.8.2007 - Verg 8/07 - [z.B. ZfBR 2007, 718]; hier: zitiert nach juris [Rn. 11]. Von den gerügten Verstößen (unter 1. a) genannt) hatte die Antragstellerin konkrete Kenntnis nur vom Inhalt des Schreibens der Vergabestelle vom 6.11.2009 (Bl. 58 BA). Insoweit hat die Antragstellerin unverzüglich gerügt, dass das Schreiben nicht den Anforderungen von § 101 a Abs. 1 S. 1 GWB genügt, insbesondere nicht die Gründe darlegt, aus welchen ihr Angebot nicht berücksichtigt wurde. Dies genügt für die Rüge einer unzureichenden Unterrichtung den Anforderungen von § 107 Abs.2 GWB. Von allen übrigen Umständen, die

76

- die Angebote anderer Bieter;

77

- die Wertungsentscheidung i.S.V. § 25 VOL/A (soweit nicht im Schreiben vom 6.11.2009 benannt)

78

betrafen, hatte die Antragstellerin keine Kenntnis. Dies gilt auch für die Einhaltung von Formalien i.S.v. Nr. 9 der Bewerbungsbedingungen (hier: hinreichende Kennzeichnung der Angebotsunterlagen) oder von § 22 Nr. 1 VOL/A. Dies folgt daraus, dass Bieter bei der Eröffnung der Angebote nicht zugelassen sind (§ 22 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A). Diesen Ansatz sieht auch dass OLG München (a.a.O.) in der von der Beschwerde zitierten Entscheidung vom 7.8.2007. Soweit das OLG München (a.a.O.) weiter der Ansicht ist, dass ein Bieter mit pauschalen und unsubstanziierten Behauptungen „ins Blaue“ hinein, keine Nachprüfungsanträge stellen könne, ist dem im Grundsatz zuzustimmen. Dies kann aber nur dann gelten, wenn er überhaupt die Möglichkeit hat (sei es, dass er Kenntnis hat oder sie sich mit zumutbarem Aufwand beschaffen könnte) zu Anhaltspunkten und Indizien, die für einen Vergabeverstoß sprechen könnten, vortragen zu können. Stehen ihm über den Inhalt des Schreibens gemäß § 101 a Abs. 1 GWB hinaus keine Information zur Verfügung, kann er objektiv nichts vortragen und ist mehr oder weniger auf Spekulationen angewiesen. Auch im allgemeinen Zivilprozessrecht führt eine vergleichbare Situation nicht zwingend zum Verlust des Prozesses. Die Rechtsprechung behilft sich in solchen Fällen mit der sog. sekundären Behauptungslast (dazu: Zöller/Greger ZPO, 28. Aufl., Vor § 284, Rn. 34). Zwar kann man diese Grundsätze nicht unmittelbar auf ein Vergabenachprüfungsverfahren übertragen (es sei denn, man berücksichtigt dies bei den Anforderungen an den Inhalt des Schreibens gemäß § 101 a GWB). Der Umstand zeigt aber, dass eine Partei, die über relevante Punkte keine Kenntnis hat (und auch nicht haben kann), nicht zwingend rechtlos ist. Stellte man vor diesem Hintergrund strengere Anforderungen an § 107 Abs. 2 GWB, würde der Primärrechtsschutz zur Einhaltung der Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB im streitgegenständlichen Fall leer laufen.

79

Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat die Antragstellerin auch eine Rechtsverletzung mit ihren Rügen dargelegt. Die Ausführungen unter II. 1. b) der Beschwerdebegrünung (Bl. 100/101 I) können dahinstehen, weil die dortigen Ausführungen allenfalls die Begründetheit einer Rüge betreffen können. Der Senat hat dies in den von der Beschwerde zitierten Entscheidung vom 23.4.2009 (1 Verg 7/08 - dort unter 3.2. b) -) auch nicht im Rahmen der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages geprüft, sondern - nach Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer - in den Hinweisen zum weiteren Verfahren hinsichtlich der Begründetheit des Antrages.

80

(bb) Die Antragstellerin hat auch einen möglichen Schaden dargelegt. Der Senat (Beschluss vom 26.10.2005 - 1 Verg 12/05 - [z.B. VergabeR 2006, 209]; hier: zitiert nach juris [Rn. 25]) hatte zunächst (im Rahmen der Prüfung von § 107 Abs. 2 Nr. 2 GWB) angenommen, dass ein Schaden durch die behauptete Rechtsverletzung dann nicht drohen könne, wenn bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages besteht (im konkreten Fall, weil das Angebot aus anderen Gründen hätte ausgeschlossen werden müssen). Dieser Ansicht hat sich der Bundesgerichtshof nicht angeschlossen (Beschluss vom 26.9.2006 - X ZB 14/06 - [z.B. BGHZ 169, 131]; hier: zitiert nach Juris [Rn. 31]; ausdrücklich bestätigt: Beschluss vom 10.11.2009 - X ZB 8/09 - [z.B. VergabeR 2010, 124]; hier: zitiert nach juris [ Rn. 32 ]). Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass ein Schaden immer schon dann droht, wenn die Aussichten des Bieters (hier: Antragstellerin) auf die Erteilung des Auftrages zumindest verschlechtert worden sein können. Es muss im Rahmen von § 107 Abs. 2 GWB daher nur ganz allgemein ein (drohender) Schaden dargelegt werden, für den die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften kausal ist. Es genügt deshalb, wenn nach dem Vorbringen des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters möglich erscheint, dass er ohne den behaupteten Vergaberechtsverstoß den Bedarf dessen wegen die Ausschreibung erfolgt ist, gegen Entgelt befriedigen kann. Dafür reicht es aus, wenn zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Zum einen hat die Antragstellerin ein zuschlagsfähiges Angebot abgeben, was bedeutet, dass sie den Auftrag erfüllen könnte. Zum anderen ist (im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ausreichend) es nicht ausgeschlossen, dass - die gerügten Mängel unterstellt und wie von der Vergabekammer im Ergebnis angenommen - eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Der von der Beschwerde (S. 13 - 101 I -) benannte Gesichtspunkt, dass ein Schaden jedenfalls hinsichtlich des Loses 2 nicht in Betracht kommen könne, weil die Antragstellerin insoweit lediglich Drittplazierte gewesen sei, greift nicht durch. Die Vergabestelle will beide Lose gemeinsam an die Beigeladene vergeben. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass bei einer Neuwertung der Angebote zu Los 1 auch eine andere Gesamtentscheidung in Betracht kommen kann. Vor diesem Hintergrund kann sich das Nachprüfungsverfahren nicht allein auf das Los 1 beziehen.

81

(cc) Der Beschwerde (S. 13 - Bl. 102 I -) kann auch darin nicht gefolgt werden, dass für den Nachprüfungsantrag kein Rechtsschutzbedürfnis vorliege. Die Beschwerde meint, dass allein auf einen Verstoß gegen § 101 a Abs. 1 GWB ein Nachprüfungsverfahren nicht gestützt werden könne. § 101 a GWB wurde erst durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung vom 24.4.2009 eingeführt und ersetzt § 13 VgV. In der Sache ändert sich dadurch nichts. Verstöße gegen § 13 VgV wie auch gegen § 101 a GWB können zur Nichtigkeit eines gleichwohl geschlossenen Vertrages führen (OLG Düsseldorf Beschluss vom 1.10.2009 - VII-Verg 31/09 - [z.B. IBR 2010, 51]; hier: zitiert nach juris [Rn. 15]). Ein Verstoß muss daher auch im Rahmen eines Vergaberechtsnachprüfungsverfahren geltend gemacht werden können. Soweit die Beschwerde weiter meint (a.a.O.), dass ein (unterstellter) Informationsverstoß jedenfalls im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens geheilt worden sei, kann daraus aber nicht folgen, dass ein - bis dahin - zulässiges Nachprüfungsverfahren rückwirkend unzulässig wird (die Beschwerde benennt diesen Gesichtspunkt ausdrücklich im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages).

82

Genügen die Rügen in den Schreiben vom 10.11. und 13.11.2009 den Anforderungen an die Antragsbefugnis i.S.v. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB, dann kann ihre Wiederholung in dem Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nicht gegen § 118 Abs. 2 GWB verstoßen.

83

(dd) Soweit die Beschwerde einen Verstoß der Vergabekammer gegen den Untersuchungsgrundsatz aus § 110 Abs.1 GWB rügt, kann dies im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung dahinstehen. Da der Senat - anders als die Beschwerde - davon ausgeht, dass die Antragstellerin selbständig Rügen i.S.v. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB hinreichend erhoben hat, kommt es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht darauf an, ob ein Verstoß gegen § 110 Abs.1 GWB vorliegt. Ein Verstoß könnte dem Antrag im Übrigen die Zulässigkeit nicht nehmen. Über § 110 GWB können lediglich unzulässige Nachprüfungsanträge nicht zulässig und schlüssig gemacht werden (KG Beschluss vom 13.3.2008 - 2 Verg 18/07 - [z.B. VergabeR 2008, 853]; hier: zitiert nach juris [Rn. 48]; OLG München Beschluss vom 2.8.2007 - Verg 7/07 - [z.B. VergabeR 2007, 799]; hier: zitiert nach juris [Rn. 18]).

84

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet:

85

a) Verstoß gegen § 22 Nr. 1 VOL/B

86

Die Vergabekammer hat - von Amts wegen - geprüft, ob auf den eingegangenen Angeboten der von § 22 Nr. 1 VOL/B geforderte Eingangsvermerk angebracht wurde. Im angefochtenen Beschluss (S. 5 - Bl. 120 I -) hat die Vergabekammer dazu festgestellt:

87

Bei Sichtung der Unterlagen hat die Vergabekammer festgestellt, dass das Verpackungsmaterial der Angebote der Beigeladenen, der Bieter Nummer 2 und Nummer 7 zwar Eingangsstempel aufweisen, diese jedoch keine Namenszeichen tragen, ... . Weiterhin war im Hinblick auf das Angebot des Bieters Nummer 1 das Verpackungsmaterial nicht vorhanden.

88

Der Senat hat die Unterlagen selbst geprüft, die Feststellungen der Vergabekammer sind zutreffend.

89

Ein Verstoß der Vergabekammer gegen den Untersuchungsgrundsatz aus § 110 Abs.1 GWB liegt nicht vor. Wie bereits zur Zulässigkeit ausgeführt, hindert § 110 Abs. 1 GWB die Vergabekammer nur dann daran, von Amts wegen Feststellungen zu Vergabeverstößen zu machen, wenn sich diese Feststellungen auf Rügen beziehen, die für den Antragsteller präkludiert sind (nur dies ergibt sich aus der von der Beschwerde S. 16 [Bl. 105 I] zitierten Entscheidung des OLG München a.a.O.; ebenso: KG a.a.O.). Ob selbst diese Einschränkung bei schwerwiegenden Vergabeverstößen nicht gilt (Kammergericht Beschluss vom 15.4.2004 - 2 Verg 22/03 - „IT-Hardware“ - [VergabeR 2004, 762, 767]), bedarf keiner abschließenden Bewertung. Hinsichtlich solcher Rügen, die der Antragsteller zwar nicht vorgebracht hat, aber auch nicht i.S.v. § 107 Abs.3 GWB rügen konnte, mag die Vergabekammer zwar nicht verpflichtet sein, aufgrund des in § 110 Abs. 1 GWB normierten Untersuchungsgrundsatzes von sich aus Feststellungen zu treffen (OLG München Beschluss vom 2.8.2007 - Verg 7/07 - [z.B. Vergaberecht 2007, 799]; hier: zitiert nach juris [Rn. 18]). Es ist aber auch nicht ersichtlich, warum ihr dies verwehrt sein soll. Der von der Antragstellerin im Rahmen des Vergabenachprüfungsverfahrens gestellte Antrag lautete:

90

Der Antragsgegnerin zu untersagen, den o.g. Auftrag zu vergeben.

91

Der Antrag kann so ausgelegt werden (s. aber auch § 114 Abs. 1 S. 2 GWB), dass er alle Vergabeverstöße umfasst, die einer Auftragsvergabe an die Beigeladene entgegenstehen könnten. Dazu würde dann auch ein Verstoß gegen § 22 Nr. 1 VOL/B zu zählen sein, womit sich die Vergabekammer im Rahmen der gestellten Anträge bewegt hätte. Im Übrigen hat die Vergabekammer tatsächlich Feststellungen getroffen (die sich zudem auf die reine Kenntnisnahme vom Akteninhalt beschränken). Es ist nicht ersichtlich, dass selbst bei einem Verstoß gegen § 110 GWB für den Senat nunmehr ein Verwertungsverbot hinsichtlich der getroffenen Feststellungen (die in der angefochtenen Entscheidung - wie zitiert - ausdrücklich dokumentiert sind) bestehen würde.

92

Berücksichtigt man die unzureichenden Eingangsvermerke auf den Verpackungsunterlagen der/des

93

- Beigeladenen

94

- Bieters Nr. 2

95

- Bieters Nr. 7

96

sowie den Umstand, dass es hinsichtlich des Bieters Nr. 1 überhaupt keine entsprechende Unterlage gibt, liegt ein Verstoß gegen § 22 Nr. 1 VOL/A vor, mit der Folge, dass der Nachprüfungsantrag begründet war.

97

Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner Entscheidung vom 31.3.2008 (1 Verg 1/08) fest: Die Vorschrift des § 22 Nr. 1 VOL/A hat sichernde Funktion. Der Eingangsvermerk soll gewährleisten, dass der Wettbewerb zwischen den Bietern unter gleichen Bedingungen stattfindet und nicht einzelne Bieter ihr Angebot nachträglich ergänzen oder verändern können. Es soll dem Verhandlungsleiter der Angebotseröffnungsverhandlung die Feststellungen nach § 22 Nr. 3 lit a) und b) ermöglichen. Hierzu bedarf es eines Namenszeichens am Eingangsvermerk, damit auch in Vertretungs- und Mehrfachvertretungsfällen unkompliziert festgestellt werden kann, wer die Sendung entgegengenommen und verwahrt hat (s. dazu auch die Sollvorschrift § 22 Nr. 1 S. 2 VOL/A). Mit dem Namenszeichen soll eine bestimmte Person die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit des gefertigten Vermerks übernehmen und im Zweifelsfall dafür auch in die Verantwortung genommen werden können. Ein Empfangsbekenntnis kann einen ordnungsgemäßen Eingangsvermerk nicht ersetzen. Nach § 22 Nr. 1 VOL/A sollen Angebote selbst mit dem Eingangsvermerk versehen werden. Der Eingangsvermerk soll auf dem (ungeöffneten) Umschlag angebracht werden. Mit ihm soll das Angebot selbst körperlich gekennzeichnet werden, wie sich aus der entsprechenden Regelung für elektronische Angebote (Nr. 1 S. 3) ergibt. Die Unmittelbarkeit der Kennzeichnung kann nicht durch ein gesondertes Schreiben (EB) gewahrt werden, dessen Original seiner Bestimmung nach sich auch nicht in der Vergabeakte befindet. Letztlich kann die Beigeladene auch nichts aus den vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiter der Vergabestelle herleiten (Bl. 209 - 211 BA). Abgesehen davon, dass die Erklärungen zu den konkret betroffenen Bietern überhaupt keine Aussagen beinhalten, gilt: Ist die Feststellung der Identität des Ausstellers des Vermerks von einer Beweisaufnahme oder gar von der Einholung eines Sachverständigengutachtens (Beschwerde S. 22 - Bl. 111 I -) abhängig (wobei sich vorliegend die Frage stellt, was ein Schriftsachverständiger für Feststellungen treffen soll, wenn es gerade keinen handschriftlichen Vermerk gibt), so fehlt es gerade an der von § 22 VOL/A geforderten Unkompliziertheit . Nicht recht verständlich ist vor dem Hintergrund des genannten Zweckes des Eingangsvermerks, wie die Beschwerde zu der Aussage gelangen kann, dass ein Verstoß gegen § 22 Nr. 1 VOL/A nur dann relevant sein könne, wenn die Rechtzeitigkeit des Eingangs des Angebots in Frage stehe würde (Beschwerde S. 21 - Bl. 110 I -). In der an dieser Stelle zitierten Entscheidung des Senats vom 29.1.2009 (1 Verg 10/08) ging es überhaupt nicht um § 22 Nr. 1 VOL/A, sondern ausschließlich um die Frage, ob ein Angebot verspätet eingegangen war. Da § 22 Nr.1 VOL/A vorrangig der Verhinderung von Manipulationen allgemein gilt, stellt die Frage des verspäteten Eingangs lediglich einen Gesichtspunkt dar, über den sich eine Beweisaufnahme isoliert verbietet. Ob die Beigeladene den Verstoß zu vertreten hat, spielt generell für Verfahrensverstöße im Bereich der Vergabestelle keine Rolle. Die Beachtung auch von Formvorschriften durch die Vergabestelle soll letztlich der Wahrung der Rechte aller Bieter im Rahmen von § 97 Abs. 7 GWB dienen.

98

Vor diesem Hintergrund reicht die von der Beschwerde an verschiedenen Stellen angesprochene Wiederholung der Wertung durch die Vergabestelle als Maßnahme i.S.v. § 114 Abs. 1 GWB nicht aus, die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens wieder herzustellen. Keines der im Vergabeverfahren eingegangenen Angebote ist verwertbar, weil ein unverfälschter Wettbewerb im Hinblick auf den Verstoß gegen § 22 Nr. 1 VOL/A nicht sicher gestellt worden ist.

99

Da der Verstoß gegen § 22 Nr. 1 VOL/A die Entscheidung der Vergabekammer, dass das Verfahren ab Versendung der Verdingungsunterlagen wiederholt werden muss, allein trägt, kommt es auf die weiteren im Nachprüfungsverfahren angenommenen Mängel

100

- Kennzeichnung des Originalangebots und der Kopien (Nr. 9 der Bewerbungsbedingungen)

101

- Bestätigung der Krankenkasse (10.2.2 der Bewerbungsbedingungen)

102

nicht mehr an. Insoweit ist folgendes anzumerken: Hinsichtlich der Nachweise über die bestehende Krankenversicherung ist Nr. 10.1 der Bewerbungsbedingungen i.V.m. Bieterinformation 1 insoweit eindeutig, dass ein Nachweis über die regelmäßige Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen für sämtliche Mitarbeiter mit dem Angebot vorzulegen war. Der Vorbehalt der Nachforderung von Unterlagen bezog sich nur auf nicht kalkulationsrelevante Unterlagen, zu denen die Versicherungsbestätigungen aber gerade nicht gehörten. Unklar ist somit allenfalls, ob sich aus den Bestätigungen die Anzahl der versicherten Arbeitnehmer ergeben muss. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene haben mit dem Angebot Erklärungen von Krankenversicherungen vorgelegt. Die Vorlage kann im Sinne der Bieterinformation 1 die Erklärung beinhalten, dass sich die Erklärungen auf alle Arbeitnehmer beziehen. Den Erklärungen kann jedenfalls nicht das Gegenteil entnommen werden. Ohne Nachfrage der Vergabestelle konnten damit sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene davon ausgehen, dass die eingereichten Unterlagen den Bewerbungsbedingungen entsprachen. Dies hat die Vergabestelle ersichtlich genauso gesehen, soweit in der Auswertung der Angebote durch die E.    (auf die sich der Vergabevermerk bezieht) bei allen Bietern lediglich die eingereichten Bestätigungen der Krankenversicherungen dokumentiert sind. Dass die Vergabestelle aus ihrer Sicht auch nur an die Möglichkeit der Notwendigkeit einer Plausibilitätsprüfung gedacht hat (die zu einer Dokumentationspflicht [dazu: Hertwig, Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe, 4. Aufl., Rn. 327 m.w.N.] hätte führen können), ist nicht ersichtlich. Da auch nicht ersichtlich ist, dass dafür ein Anlass bestand, stellt sich das von der Vergabekammer an diesem Punkt gesehene Problem überhaupt nicht.

103

Auch der Hinweis der fehlenden Kennzeichnung der Originale und der Kopien (zumal bei der Beigeladenen) greift nicht durch. Die Beigeladene hat die Unterlagen in 3 Aktenordnern vorgelegt, die mit Original (1x) bzw. Kopie (2x) gekennzeichnet sind. Das Angebotsschreiben, das handschriftlich mit Datum vom 1.10.2009 (unter Beifügung eines Firmenstempels) unterzeichnet wurde, befindet sich in dem mit Original beschrifteten Aktenordner. Allein aus dieser Aufteilung der eingereichten Unterlagen ergibt sich hinreichend deutlich (auch im Hinblick darauf, dass bei Abweichungen zwischen Kopie und Original Letzteres gelten soll), was nach der Erklärung der Beigeladenen als Original und was als Kopie gelten soll.

104

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (analog).

105

Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 50 Abs. 2 GKG. Auszugehen ist damit von der Bruttoauftragssumme. Der Begriff der Auftragssumme ist gesetzlich nicht weiter definiert; er ist als objektiver Wert desjenigen Auftrages auszulegen, den die Antragsgegnerin vergeben will (Senat, Beschluss vom 30.12.2002 - 1 Verg 11/02 - [JB 2004, 86, 87]). Es ist daher gerechtfertigt, auf den von der Vergabestelle bei Einleitung des Vergabeverfahrens geschätzten Wert der Leistungen abzustellen:

106

Geschätzter Wert (ohne MWSt):

2.140.000,-- Euro (II. 2.1 der Bekanntmachung)

Brutto (19 % MWSt) 2.546.600,-- Euro

davon 5 % (§ 50 Abs. 2 GKG) 127.330, -- Euro


(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen),
2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes),
4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und
5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
Im Verfahren über Beschwerden eines Beigeladenen (§ 54 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 79 Absatz 1 Nummer 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 16 Nummer 3 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) ist der Streitwert unter Berücksichtigung der sich für den Beigeladenen ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.