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| | Die Klägerin, eine Rechtsanwaltsgesellschaft, verlangt vom beklagten Versicherer Deckungsschutz für eine Inanspruchnahme aus einer Anwaltshaftung. In einem noch nicht entschiedenen Hauptsacheverfahren fordert die ... GmbH von der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3,4 Mio. Euro unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin das Mandat trotz widerstreitender Interessen geführt und sie zudem falsch beraten habe. |
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| | Bis zum 01.01.2008 war die Klägerin bei der Beklagten mit einer Versicherungssumme von 2.557.000,00 Euro pro Versicherungsfall haftpflichtversichert. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten zugrunde (AVB-A, Anlagenband II, Bl. 31). Nach § 4 Absatz 5 AVB-A bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. |
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| | Die Klägerin war von der ... GmbH zur Rechts- und Steuerberatung beauftragt. Hierfür erhielt die Klägerin aufgrund von Beratungsverträgen Pauschalvergütungen in erheblichem Umfang (auf den Tatbestand des Teilurteils des Landgerichts Karlsruhe vom 08. Juni 2011 - 13 O 143/09 KfH I, Anlagenband II, Anlage B 3, S. 3 wird verwiesen). |
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| | Die Klägerin wird von der ... GmbH auf Schadensersatz in Höhe von 3,4 Mio. Euro in Anspruch genommen, wobei dies mit dem folgenden Sachverhalt begründet wird: Im Frühjahr 2006 wies die ... GmbH eine relativ hohe Eigenkapitalquote auf. Der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin, Rechtsanwalt H..., sprach mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der ... GmbH, D..., vor diesem Hintergrund über Möglichkeiten einer steuergünstigen Entnahme von Eigenkapital. |
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| | Nach der Auffassung der ... GmbH soll Rechtsanwalt H... ihr den Ankauf eines Konzeptes der in der Schweiz ansässigen Firma A... empfohlen haben; nach der Darstellung der Klägerin handelte es sich lediglich um einen unverbindlichen Hinweis. |
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| | Es kam, insoweit unstreitig, zu einem so bezeichneten „Gestaltungs-Konzeptionsvertrag“ zwischen u.a. der ... GmbH und der A... AG (Anlagenband II Anlage B7). In dem Schriftstück - eine der beiden Ausfertigungen ist auf Ende Juni 2006 datiert - heißt es im ersten Abschnitt: |
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| | „Die A... AG hat eine Konzeption über eine mögliche Gestaltung „Rekapitalisierung eines Unternehmens“ entwickelt. Die A... AG hat diese Konzeption über die von ihr eingeschalteten Berufsträger dem Unternehmen bekannt gemacht. Das Unternehmen wird diese Konzeption im Rahmen seiner eigenen Planungen und zukünftigen Entwicklungsstrategien - gegebenenfalls mehrfach - verwenden.“ |
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| | Für jede Verwendung wurde ein Honorar vereinbart in Höhe von vier Prozent des infolge der Rekapitalisierung zufließenden Darlehensbetrages. Eine Zahlungspflicht entstand nur im Erfolgsfall (Abschnitt 2 des Vertrages). |
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| | Die ... GmbH hat die Klägerin damit beauftragt, ihre Interessen bei der Rekapitalisierung in Gesprächen mit dem von der L... geleiteten Bankenkonsortium und mit den von der Bank beauftragten Wirtschaftsprüfergesellschaft E... zu vertreten. Die Klägerin sichtete und prüfte unterschiedliche Konzepte. Sie nahm an mehreren Besprechungen mit den Banken teil und begleitete eine Due-Diligence Prüfung. Weiter prüfte sie den Kreditvertrag. Eine Honorarklage der Klägerin gegen die ... GmbH und auch gegen die im Zuge der Rekapitalisierung gegründete ... Holding GmbH über insgesamt rund 600.000,00 Euro wurde mit der Begründung abgewiesen, dass die Vergütung von den zwischen den Parteien bestehenden Pauschalvergütungsvereinbarungen umfasst sei (wegen der Einzelheiten wird auf das Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 08. Juni 2011 - 13 O 143/09 KfH I, Anlagenband II, Anlage B 3 verwiesen). |
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| | Am 12.12.2006 wurde der Darlehensvertrag über einen Betrag von 85 Mio. Euro geschlossen. Die A... AG hat unter dem 02.01.2007 eine Rechnung über einen Betrag in Höhe von 3,4 Mio. Euro gestellt (Anlage K 33, Bl. 349), der ausgeglichen wurde. |
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| | Die A... AG wurde am 13.12.2006 gegründet. Das noch nicht gegründete Unternehmen hat durch einen schweizerischen Steuerberater namens M... dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn Rechtsanwalt H..., eine auf November 2005 datierte Vollmacht erteilt. Herr H... betreute das Mandat als Einzelanwalt. Am 03.01.2007 (Anlage K 16, Anlagenband III) hat er der A... AG für den vorliegenden Vorgang entsprechend einer zuvor getroffenen Vereinbarung 511.000,00 Euro in Rechnung gestellt. Dieser Betrag ist - bis auf wenige Euro Kosten für die Geldüberweisung - ausgeglichen worden. |
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| | In dem Schadensersatzprozess trägt die ... GmbH vor, der Geschäftsführer der hiesigen Klägerin, Herr Rechtsanwalt H..., habe ihrem früheren Geschäftsführer, dem zwischenzeitlich verstorbenen D..., die Durchführung eines Konzepts der fremdfinanzierten Rekapitalisierung empfohlen, sie beraten und bei den Beratungen mit den beteiligten Banken vertreten. In den Verhandlungen habe er auf eine Erhöhung des Kreditbetrages um 30 Mio. Euro gedrängt, obwohl es hierfür keine wirtschaftliche oder steuerliche Begründung gegeben habe; infolgedessen hätten auch die Eheleute D... persönlich Sicherheiten stellen müssen. Rechtsanwalt H... habe gegenüber Herrn D... erklärt, die Rekapitalisierung bringe enorme wirtschaftliche Vorteile, die sich aber nur dann realisieren ließen, wenn die ... GmbH einen Vertrag mit einem schweizerischen Unternehmen schließen würde, das exklusiv über das Wissen bezüglich dieses Konzeptes verfüge. Unter Mitwirkung der hiesigen Klägerin sei es zum Abschluss des besagten „Gestaltungs-Konzeptionsvertrages“ gekommen. Tatsächlich gebe es ein Konzept der A... AG gar nicht. Jedenfalls beruhe das umgesetzte Konzept einer fremdfinanzierten Rekapitalisierung auf den konzeptionellen Vorgaben der Konsortialbanken. Das Konzept zur Hebung stiller Reserven sei bereits in Fachkreisen allgemein bekannt gewesen. Ein „A...“-Konzept sei gegenüber den Banken oder deren Berater nie erwähnt worden. Bei der A... AG habe es sich lediglich um eine Scheinfirma gehandelt, die erst nach Abschluss der Rekapitalisierung am 13.12.2006 gegründet und von Rechtsanwalt H... über seinen Sohn als formalen Alleingesellschafter kontrolliert worden sei (vgl. Beiakte OLG Karlsruhe 8 U 135/11 - Band II, Bl. 217 ff.). |
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| | Anlässlich einer Besprechung vom 05.01.2007 habe Herr H... auf die Frage von Herrn D..., ob er die Rechnung der A... AG über 3,4 Mio. Euro bezahlen müsse, mit „ja“ geantwortet. Daraufhin sei der Betrag überwiesen worden. Die hiesige Klägerin habe damit gegen das an Rechtsanwälte gerichtete Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstoßen. Ferner sei die hiesige Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie das angebliche Konzept der A... AG nicht herausgegeben habe. |
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| | Die hiesige Klägerin verteidigt sich im Schadensersatzprozess im Wesentlichen damit, dass ein Mandatsverhältnis im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss mit der A... AG nicht zustande gekommen sei. Die Konzeption der A... AG sei Grundlage der Rekapitalisierung geworden. Die im Steuerstrukturpapier der seitens der Banken eingeschalteten Wirtschaftsprüferkanzlei E... dargestellte Umstrukturierung sei diejenige, die die A... AG konzipiert habe. Zur Herausgabe des Konzeptes sei sie nicht verpflichtet, weil damit Herr H... die Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber seiner Mandantin, A... AG, verletzen würde. Ein Notar habe das Vorhandensein des Konzepts bestätigt. Bei dem Konzept habe es sich auch um etwas Neues gehandelt. Es habe keine Besprechung Anfang Januar 2007 gegeben, in der Herr H... eine Empfehlung abgegeben haben soll, den Rechnungsbetrag zu überweisen. Es sei Herrn D... auch bekannt gewesen, dass Herr H... die A... AG vertrete und diesbezüglich im Lager des Gegners gestanden habe. |
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| | Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im Haftpflichtprozess wird auf das Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 04.11.2011 (Anlage K 1, Anlagenband I) verwiesen. |
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| | Das Landgericht Karlsruhe hat durch dieses Teilurteil die Klägerin zum Schadensersatz in Höhe von 1,7 Mio. Euro unter Annahme eines hälftigen Mitverschuldens verurteilt. Es hat es als erwiesen angesehen, dass Herr H... Anfang Januar 2007 an einer Besprechung teilgenommen und mit „ja“ geantwortet habe, als er von Herrn D... nach dessen Pflicht zur Bezahlung der Rechnung gefragt worden sei. Erst zu diesem Zeitpunkt sei ein Mandatsverhältnis begründet worden. Ob Herr H... damit gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstoßen habe, ließ das Landgericht Karlsruhe offen. Die schadensbegründende Pflichtverletzung sah es darin, dass Herr H... nicht auf eine unterbliebene Lieferung des Konzepts und den deshalb nicht bestehenden Zahlungsanspruch der A... AG hingewiesen habe. Ein solches Konzept habe nicht bestanden, es sei auch nicht im Prozess vorgelegt worden. Wegen der weiteren Begründung wird auf das bezeichnete Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe verwiesen. |
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| | Gegen dieses Urteil haben sowohl die hiesige Klägerin als auch die ... GmbH Berufung eingelegt (Beiakte OLG Karlsruhe 8 U 135/11, Band II Bl. 21, 31). Das Berufungsgericht hat nach einer Wiederholung der Beweisaufnahme die vorläufige Auffassung geäußert, nicht von den behaupteten Pflichtverletzungen überzeugt zu sein. Nachdem die ... GmbH ihren Anspruch auch auf den Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung stützt, hat das Berufungsgericht das Verfahren gemäß § 149 ZPO bis zur Erledigung des gegen Herrn H... geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wegen Betrugs (Az. 520 Js 34242/10) ausgesetzt und die Zwangsvollstreckung aus dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe einstweilen ohne Sicherheitsleistung eingestellt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.08.2013 - 8 U 135/11, Anlage BK 5, Bl. 604 der Akten). Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat das Ermittlungsverfahren am 30.04.2015 gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 1148, 1164 und Bl. 1226). Das Verfahren in Karlsruhe wurde noch nicht wieder aufgenommen. |
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| | Im vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin von der Beklagten Versicherungsschutz zur Abwehr dieser Forderungen. Der Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte wurde letztinstanzlich durch das Oberlandesgericht München zurückgewiesen (Urteil vom 20.01.2012 - 25 W 39/12, Anlagenband II Bl. 42). |
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| | Am 17.11.2011 kam es zu einem Telefonat zwischen Herrn B... (Klägerin) und Frau S... (Beklagte), dessen Gesprächsinhalt über die Abgabe einer Deckungszusage streitig ist. Am 21.11.2011 bat die Beklagte die Klägerin, Herrn Rechtsanwalt Dr. S... mit der Berufung gegen das Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe bzw. die Prüfung der Erfolgsaussichten zu mandatieren. Weiter heißt es (Anlage K 10, Bl. 127 der Akten): |
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| | „Wir geben für die Berufung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Kostenschutz, d.h. wir übernehmen die Gebühren von Dr. S..., und stellen ausdrücklich fest, dass das Bestehen von Versicherungsschutz im übrigen derzeit noch nicht abschließend geklärt ist.“ |
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| | Die Beklagte hat vorgerichtlich mit Schreiben vom 19.03.2012 ausgeführt, sie könne keinen Versicherungsschutz gewähren, weil die Klägerin keine ausreichenden Informationen zum Sachverhalt erteilt habe (Bl. 205). Zudem berief sich die Beklagte vorgerichtlich darauf, dass die Klägerin wissentlich gegen das Verbot widerstreitender Interessen verstoßen habe, was den Versicherungsschutz ausschließe. |
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| Die Klägerin hat in der ersten Instanz behauptet, die Beklagte habe ihr am 17.11.2011 in Anbetracht einer drohenden Zwangsvollstreckung aus dem Teilurteil eine fernmündliche Deckungszusage gegeben. Die Klägerin habe der Beklagten umfassende Informationen zum Sachverhalt erteilt. Das A...-Konzept liege ihr allerdings nicht vor und ihr Geschäftsführer sei wegen der bestehenden Schweigepflicht gegenüber seiner Mandantin A... AG nicht zur Herausgabe des Konzepts berechtigt. Ein Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen habe nicht vorgelegen. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr H..., habe der ... GmbH nicht empfohlen, die Rechnung über 3,4 Mio. Euro zu begleichen. Zudem habe Herr D... gewusst, dass Herr H... die Interessen der A... AG vertrete. Zum weiteren Sachverhalt stellte die Klägerin dieselben Behauptungen wie im Haftpflichtprozess auf. |
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| | Die Klägerin hat in der ersten Instanz zuletzt beantragt: |
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| | 1. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin von der Inanspruchnahme aus dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 04.11.2011, Az. 13 O 143/09 KfH I, in dem die Klägerin verurteilt wurde, an die ... GmbH, ... Straße ..., 7..., einen Betrag von 1.700.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.06.2010 zu bezahlen, sowie aus einem im Berufungsverfahren 8 U 159/11 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe möglicherweise zum Nachteil der Klägerin ergehenden Urteil, durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Bürgschaft, Hinterlegung oder Zahlung freizustellen. |
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| | 2. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die in den Verfahren vor dem Landgericht Karlsruhe, Az. 13 O 143/09 KfH I und OLG Karlsruhe Az. 8 U 159/11 gegen die Klägerin erhobenen Forderungen abzuwehren und der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren. |
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| | Die Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt, |
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| | Die Beklagte hat sich in der ersten Instanz den Vortrag der ... GmbH aus dem Haftpflichtprozess zu eigen gemacht und vertieft hierzu vorgetragen. Der Anspruch auf Versicherungsleistungen sei derzeit nicht fällig, weil die Beklagte das Vorliegen des Versicherungsschutzes ohne Kenntnis des A...-Konzeptes nicht prüfen könne. Zudem habe Herr H..., dessen Verhalten der Klägerin zuzurechnen sei, wissentlich gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstoßen. |
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| | Wegen der weiteren Feststellungen des Landgerichts und dem übrigen Sachvortrag der Parteien wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. |
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| | Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. |
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| | Der Hauptantrag sei schon deshalb nicht begründet, weil die ausgeurteilten Ansprüche der ... GmbH weder erfüllt noch rechtskräftig festgestellt seien. Auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Gewährung von Versicherungsschutz sei unbegründet. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass die Beklagte telefonisch die Regulierung zugesagt habe. Ein Versicherungsschutz bestehe nicht, weil die Klägerin eine wissentliche Pflichtverletzung gem. § 4 Ziff. 5 AVB-A begangen habe. Rechtsanwalt H... habe der ... GmbH geraten, die Rechnung der A... AG über 3,4 Mio. Euro zu bezahlen. Die Umsetzung des A... Konzeptes und die Vertretung der A... AG durch Herrn H... seien in derselben Angelegenheit erfolgt. Der Interessenwiderstreit entfalle nicht dadurch, dass der geschäftsführende Alleingesellschafter, Herr H..., als Einzelanwalt tätig geworden sei. Die ... GmbH habe auch nicht in die Bearbeitung des Mandates trotz widerstreitender Interessen eingewilligt. Herr H... habe auch Kenntnis von dem zu beachtenden Verbot der Vertretung widerstreitenden Interessen gehabt und sich bewusst hierüber hinweggesetzt. Ob der ... GmbH ein Schaden entstanden sei, könne offen bleiben. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. |
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| | Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 22.03.2013 (Bl. 366 ff. der Akten) wurde der Klägerin am 03.04.2013 zugestellt (Bl. 389 der Akten). Die Berufung der Klägerin vom 24.04.2013 (Bl. 400 der Akten) ist am 25.04.2013 am Oberlandesgericht Stuttgart eingegangen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 24.05.2013 (Bl. 413 der Akten) bis zum 03.07.2013 ist die Berufungsbegründung am letzten Tag der Frist (Bl. 414 der Akten) beim Oberlandesgericht Stuttgart eingegangen. |
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| | Die Klägerin greift die Beweiswürdigung des Landgerichts an und verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre Ansprüche weiter. Der Zeuge P... sei nicht glaubwürdig gewesen. Der Rat sei nicht erteilt worden, allenfalls handele es sich um ein Augenblicksversagen, das auch nicht geeignet gewesen, einen Schaden zu begründen. Die Rechnung der A... AG sei begründet gewesen. Eine Interessenkollision habe nicht vorgelegen, da sowohl die A... AG als auch die ... GmbH gleichgerichtete Interessen verfolgt hätten. |
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| | Weiter begehrt die Klägerin die Erstattung von im Haftpflichtprozess verauslagten Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 39.614,70 Euro, davon für die erste Instanz beim Landgericht Karlsruhe 16.166,18 Euro und für die zweite Instanz beim Oberlandesgericht Karlsruhe 23.448,52 Euro. |
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| | 1. Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 22.03.2013, At. 4 O 197/12, wird aufgehoben. |
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| | 2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin von der Inanspruchnahme aus dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 04.11.2011, Az. 13 O 143/09 KfH I, in dem die Klägerin verurteilt wurde, an die ... GmbH, ... Str. ..., 7..., einen Betrag von 1.700.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2010 zu bezahlen, sowie aus einem im Berufungsverfahren 8 U 159/11 (jetzt nach Verbindung: 8 U 135/11) vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe möglicherweise zum Nachteil der Klägerin ergehenden Urteil durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Bürgschaft, Hinterlegung oder Zahlung freizustellen. |
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| | 3. Es wird hilfsweise festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die im Verfahren vor dem Landgericht Karlsruhe, Az. 13 O 134/09 KfH I, und dem Oberlandesgericht Karlsruhe, Az. 8 U 159/11 (jetzt verbunden zu 8 U 135/11) gegen die Klägerin erhobenen Forderungen abzuwehren und der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren. |
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| | 4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39.614,70 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.166,52 Euro seit dem 09.02.2012 und aus weiteren 23.448,52 Euro seit dem 11.03.2012 zu bezahlen. |
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| | die Berufung zurückzuweisen und die erweiterte Klage abzuweisen. |
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| | Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der ersten Instanz. Die Steuerberater sowie Bankmitarbeiter seien bei der Rekapitalisierung niemals einem A...-Konzept begegnet. |
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| | Wegen des Vortrags der Parteien wird im Einzelnen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen. |
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| | Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B..., F..., FXY, H... und P... Der Geschäftsführer der Klägerin wurde in anderer Senatsbesetzung persönlich angehört. Die Akten aus den Verfahren beim Oberlandesgericht Karlsruhe und beim Oberlandesgericht München wurden beigezogen. |
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| | Die Berufung ist zulässig, aber nur in geringem Umfang begründet. |
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| | Auf die Klageerweiterung ist die Beklagte zu verurteilen, die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens im Schadensersatzprozess vorzuschießen sowie die Klägerin von darüber hinaus möglichen Kostenerhebungen des Gerichts (z.B. für Auslagen) und Kostenerstattungsansprüchen ihrer Gegner freizustellen. Im Übrigen ist sie nicht zur Regulierung des Versicherungsfalls verpflichtet. |
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| | Dieser Anspruch der Klägerin ergibt sich aus der von der Beklagten abgegebenen Zusage vom 21.11.2011, die als deklaratorisches Schuldnerkenntnis zu behandeln ist. |
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| | Die Klageänderung ist zulässig. |
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| | Ob der Kläger die Klage in zweiter Instanz erweitern kann, hängt davon ab, ob der Gegner einwilligt oder das Gericht die Erweiterung für sachdienlich hält (vgl. § 533 Nr. 1 ZPO) hält und wenn zudem die Klagänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (vgl. § 533 Nr. 2 ZPO). |
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| | Die Klageänderung ist sachdienlich. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit erfordert eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen (BGH, Urteil vom 27. September 2006 – VIII ZR 19/04, juris Rn. 10). Entscheidend ist, ob ein völlig neuer Streitstoff vorliegt, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden könnte (BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 – II ZR 137/08, juris Rn. 6). |
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| | Ein völlig neuer Streitstoff liegt nicht vor. Die Klägerin hat bereits in der ersten Instanz hilfsweise auf Feststellung geklagt, von der Beklagten Versicherungsleistungen beanspruchen zu dürfen. Die Geltendmachung der außergerichtlichen Kosten des Haftpflichtprozesses stellt sich als teilweise Bezifferung dieses Anspruchs aus § 150 Absatz 1 VVG a.F. dar. |
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| | Alle zur Entscheidung über die Klageerweiterung notwendigen Tatsachen sind dem Berufungsurteil gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legen. Dabei handelt es sich um das gesamte Vorbingen der Parteien, auch wenn es vom Erstgericht nicht als entscheidungserheblich angesehen wurde (BGH, Urteil vom 27. September 2006 – VIII ZR 19/04, juris Rn. 16), hier insbesondere der Vortrag der Klägerin zur Zusage der Beklagten vom 21.11.2011. Auch die neu vorgetragene Höhe der Auslagen ist zwischen den Parteien als unstreitige Tatsache gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigen. |
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| | Die Zusage vom 21.11.2011 ist gem. §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Rechtsschutzverpflichtung die Klägerin von allen im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren anfallenden Kosten freistellt. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin aufgefordert wird, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung und, bejahendenfalls, mit der anschließenden Einlegung des Rechtsmittels zu beauftragen. Diese Zusage ist als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu bewerten. |
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| | Zwar kann die Leistungszusage eines Versicherers auch als tatsächliche Auskunft über seine Zahlungsbereitschaft auszulegen sein, der keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommt (BGH, Urteil vom 24. März 1976 – IV ZR 222/74, juris Rn. 23). Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegt allerdings vor, wenn der Erklärung nach dem Willen der Parteien und dem von ihnen verfolgten Zweck eine bindende Wirkung zukommen soll, weil zuvor Streit oder Ungewissheit über Grund oder Höhe der Leistungspflicht des Versicherers unter den Beteiligten geherrscht hat und das Anerkenntnis erkennbar zu dem Zweck abgegeben worden ist, diesen Streit oder diese Ungewissheit beizulegen (BGH, a.a.O, juris Rn. 25). In diesem Fall wird eine vertragliche Absprache getroffen, das nur möglicherweise bestehende Schuldverhältnis endgültig festzulegen (BGH, Urteil vom 29. Februar 1968 – VII ZR 98/65, juris Rn. 30). |
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| | So liegt es hier. Zwischen den Parteien bestand ein Streit über die Pflicht der Beklagten zu Versicherungsleistungen gemäß § 150 Absatz 1 Satz 1 und § 150 Absatz 3 Satz 1 VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung. Nach diesen Vorschriften umfasst der Versicherungsschutz die Kosten zur Verteidigung gegen den von einem Dritten geltend gemachten Anspruch sowie die Stellung einer Sicherheit zur Abwendung einer - damals drohenden - Vollstreckung aus dem Teilurteil. |
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| | Dieser Streit sollte jedenfalls in Bezug auf die Übernahme der Kosten des Berufungsverfahrens beigelegt werden. Die Beklagte hat die Klägerin darum gebeten, einen bestimmten Rechtsanwalt mit der Einlegung eines Rechtsmittels zu beauftragen. Die Übernahme der damit verbundenen Kosten ist Inhalt eines nicht gestörten Versicherungsvertrages, vgl. § 150 Absatz 1 Satz 1 VVG a.F. Der Annahme, dass mit verbindlicher Wirkung ein Streit beigelegt werden sollte, steht auch nicht die Formulierung entgegen, dass die Zusage „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ erteilt werde. Dieser Zusatz ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass aus ihr keine weitergehenden Ansprüche auf Versicherungsleistungen abgeleitet werden können. Dies stellt auch die Formulierung klar, wonach „im übrigen“ das Bestehen von Versicherungsschutz noch nicht abschließend geklärt sei. Im Gegenschluss wird das Bestehen eines Versicherungsschutzes für die Kosten des Berufungsverfahrens anerkannt. |
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| | Die Beklagte hat einen „Kostenschutz“ für die Berufung gegeben. Dieser umfasst nach dem Verständnis des Empfängers in Übereinstimmung mit § 150 Absatz 1 Satz 1 VVG a.F. alle gerichtlichen und außergerichtlichen Gebühren und Auslagen, die der Klägerin entstehen oder auferlegt werden. Die Erwähnung der Gebühren eines zu beauftragenden Rechtsanwalts ist dabei nur als Beispiel zu verstehen, das im Zusammenhang damit zu sehen ist, dass die Klägerin darum gebeten wurde, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Unerheblich ist, dass die Klägerin sich in dem Berufungsverfahren sodann selbst vertreten hat. Aus der Anlage K 12 (Band I Bl. 131) ergibt sich, dass für die Beklagte die Person des mit der Prozessführung zu beauftragenden Rechtsanwalts nicht von Bedeutung war. In der Nachricht vom 01.02.2012 zeigte sie sich auch mit der Vertretung durch eine namentlich bezeichnete andere Anwaltskanzlei einverstanden. |
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| | Die Beklagte kann dem Kostenerstattungsanspruch die im vorliegenden Rechtsstreit eingeführten Einwendungen nicht mehr entgegenhalten. Das kausale Schuldanerkenntnis hat die vom Parteiwillen getragene Wirkung, dem Anerkennenden die ihm bekannten oder erkennbaren Einwendungen auszuschließen (BGH, Urteil vom 19. September 1963 – III ZR 121/62, juris Rn. 38; BGH, Urteil vom 25. Mai 1973 – V ZR 13/71, juris Rn. 10, 13). |
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| | Der Beklagten war bei Abgabe ihrer Zusage durch das Teilurteil vom 04.11.2011 der Inhalt des Haftungsprozesses bekannt. Daraus ergab sich insbesondere, dass eine wissentliche Pflichtverletzung der Klägerin behauptet wurde, weil ihr zur Last gelegt wurde, widerstreitende Interessen wahrgenommen zu haben. Es war auch bekannt, dass die Klägerin das streitige A...-Konzept im Prozess nicht vorgelegt hatte. Bei der Beklagten bestanden Unklarheiten über den Inhalt des A...-Konzeptes und über die Rolle der A... AG bei der Rekapitalisierung, weshalb sie weitere Auskünfte angefordert hatte (vgl. Fax vom 15.11.2011, Anlagenband I Bl. 171). Die in diesem Verfahren ausgetragenen Streitfragen waren der Beklagten mithin im Kern bereits bei Abgabe der Zusicherung bekannt, womit sie daraus herrührende Einwendungen nicht mehr geltend machen kann. |
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| | In der Folge hat die Beklagte der Klägerin die Auslagen für die Gerichtsgebühren in Höhe von 23.448,52 Euro für die zweite Instanz im Haftpflichtprozess vorzuschießen. In der Urteilsformel wurde der Charakter des Anspruches auf einen Vorschuss ausdrücklich aufgenommen. Über ihn wird nach Abschluss des Verfahrens abzurechnen sein. Der Anspruch auf Zinsen besteht in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§§ 291, 288 Absatz 1 Satz 2 BGB) ab Fälligkeit (§§ 353, 343 HGB). Der auf der Grundlage von § 288 Absatz 2 BGB a.F. geltend gemachte höhere Zinssatz kann nicht zugesprochen werden, da es sich bei dem hier in Rede stehenden Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz durch Zahlung eines Kostenvorschusses nicht um eine Entgeltforderung im Sinne der Vorschrift handelt (vgl. den Erwägungsgrund 13 zur Richtlinie 2000/35/EG und BGH, Urteil vom 21. April 2010 – XII ZR 10/08, juris Rn. 26). |
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| | Auf den hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag auf Gewähr des Versicherungsschutzes (Ziff. 3) war in der Urteilsformel auch die Feststellung aufzunehmen, dass die Beklagte die Klägerin - je nach weiteren Fortgang des Berufungsverfahrens - von weiteren möglichen Kostenerhebungen des Gerichts freizuhalten hat. Insbesondere ist eine Kostenschuld in Bezug auf Gerichtsauslagen für eine etwaige Beweisaufnahme möglich. Entsprechendes gilt in Bezug auf mögliche Kostenerstattungsansprüche ihrer Gegner betreffs der außergerichtlichen Auslagen des Berufungsverfahrens. Insoweit ist die Gewährleistung des Versicherungsschutzes ebenfalls von der Zusage des 21.11.2011 umfasst. |
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| | Nicht umfasst vom Versicherungsschutz sind jedoch Rechtsanwaltsgebühren, die nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes bei der Klägerin für ihre eigene Vertretung im Berufungsverfahren angefallen sind. Die Eigenvertretung bzw. die Vertretung durch Anwälte der eigenen Kanzlei ist vom Versicherer nicht zu honorieren (vgl. Chab, AnwBl 2011, 217, 218). Da die Klägerin sich im Berufungsverfahren selbst vertritt, hat sie schlüssig auf die Erstattung von Kosten für die Einschaltung eines nicht bei ihr beschäftigten Rechtsanwalts verzichtet. |
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| | Vom Wortlaut und vom Sinn der Zusage nicht umfasst sind hingegen die Kosten, die durch die Führung des Rechtsstreits beim Landgericht Karlsruhe in erster Instanz angefallen sind. |
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| | Weitere Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu. Sie ergeben sich nicht aus §§ 149, 150 Absatz 1 Satz 1 VVG a.F. Nach diesen Bestimmungen ist der Versicherer bei der Haftpflichtversicherung verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser auf Grund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat. Die Versicherung umfasst die gerichtlichen Kosten, die durch die Verteidigung gegen den von einem Dritten geltend gemachten Anspruch entstehen. |
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| | Das Landgericht hat zutreffend das bis zum 31.12.2007 geltende Versicherungsvertragsgesetz auf den vorliegenden Fall angewandt. |
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| | Nach Artikel 1 EGVVG ist im Rahmen eines Versicherungsvertrages, der bis zum 31.12.2007 geschlossen wurde, das bis dahin geltende Versicherungsvertragsgesetz weiterhin auf Versicherungsfälle anzuwenden, die bis zum 31.12.2008 eingetreten sind. |
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| | Der hier in Rede stehende Versicherungsfall fällt in diesen Zeitraum. Es ist nicht, wie die Klägerin geltend macht, darauf abzustellen, wann der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer erhebt, was hier erst im Jahr 2011 durch die gerichtliche Geltendmachung im Verfahren beim Landgericht Karlsruhe der Fall war. Maßgebend ist vielmehr der Zeitpunkt des Verstoßes, aus dem der Geschädigte seine Ansprüche herleitet. Wann ein Versicherungsfall vorliegt, richtet sich als Leistungsgegenstand nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages (BGH, Urteil vom 26. März 2014 – IV ZR 422/12, juris Rn. 34). Im vorliegenden Vertrag ist der Versicherungsfall als „Verstoß, der Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte“ definiert (§ 5 Absatz 1 AVB-A). Die gegen die Klägerin erhobenen Ansprüche begründen sich auf Vorgänge, die im Jahr 2006 und Anfang 2007 geschehen sind. |
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| | Der Hauptantrag ist aus den vom Landgericht ausgeführten Gründen unbegründet. Eine Klage auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit, d.h. also auf Befriedigung des Haftpflichtgläubigers, kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist. Solange der Haftpflichtprozess nicht beendet ist, ist der Anspruch des Versicherungsnehmers darauf gerichtet festzustellen, dass der Versicherer wegen einer, im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (vgl. BGH, Urteil vom 04. Dezember 1980 – IVa ZR 32/80, juris Rn. 12). Dies entspricht dem gestellten Hilfsantrag. |
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| | Der mit dem Hilfsantrag verfolgte Feststellungsantrag ist zwar zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2000 – IV ZR 223/99, juris Rn. 10), aber unbegründet. Die Beklagte ist nicht gemäß § 149 VVG a.F. verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser auf Grund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat. Eine entsprechende Deckungszusage wurde nicht gewährt. Vielmehr beruft sich die Beklagte mit Recht darauf, dass Schäden durch wissentliches Abweichen vom Gesetz nicht von der Versicherung umfasst sind. |
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| | Die Beklagte kann ihre Ansprüche nicht auf eine mündlichen Zusage zur Gewährung von Versicherungsschutz gründen. |
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| | Die Klägerin hat vorgetragen, eine Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin S... habe am 17.11.2011 gegenüber dem Sachbearbeiter der Klägerin, Rechtsanwalt B..., telefonisch erklärt, dass einschränkungslos Sicherheit für den Fall geleistet werde, dass von Seiten der ... GmbH Vollstreckung aus dem Teilurteil des LG Karlsruhe angedroht werde bzw. eine schriftliche Zahlungsaufforderung vorliege. |
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| | Ob in einer solchen Zusage, wie von der Klägerin ausgeführt, überhaupt ein deklaratorisches Anerkenntnis liegen würde oder ob es lediglich eine tatsächliche Auskunft über die Zahlungsbereitschaft wäre, hängt von den Umständen des Falles ab (BGH, Urteil vom 24. März 1976 – IV ZR 222/74, juris Rn. 23). Sie können im Vergleich zur Abgabe der Zusage zur Übernahme des Berufungsverfahrens (oben unter I.1), welches auch im Interesse der Beklagten lag, durchaus unterschiedlich liegen. |
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| | Es ist nicht nachweisbar, dass die Beklagte der Klägerin eine entsprechende Zusage gegeben habe. Diese Feststellungen des Landgerichts sind bindend, § 529 Absatz 1 Nr. 1 ZPO. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der festgestellten Tatsachen sind nicht ersichtlich. |
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| | Das Landgericht hat die Behauptung als nicht erwiesen angesehen. Zwar habe der Zeuge B... die Behauptung der Klägerin bestätigt; auch könne die Zusage zur Übernahme der Verfahrenskosten für die Berufung als Indiz gewertet werden. Demgegenüber habe die Zeugin S..., Prokuristin der Beklagten, eine Zusicherung verneint. Da beide Zeugen jeweils einer Partei nahestehen, komme keiner der beiden Aussagen ein höherer Beweiswert zu. Es sei allerdings unwahrscheinlich, dass die Zeugin S... ihren internen Kompetenzrahmen zur Regulierung von Schadensfällen mit einer Schadenssumme von bis zu 149.000,00 Euro überschritten habe. |
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| | Diese Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat, worauf das Landgericht ebenfalls abstellt, im weiteren Schriftverkehr immer wieder darauf hingewiesen, dass die Prüfung des Falles nicht abgeschlossen ist und weitere Informationen benötigt werden. Demgegenüber hat die Klägerin, was allerdings zu erwarten gewesen wäre, nicht auf eine schriftliche Bestätigung der Zusage bestanden und auch nicht auf die nur beschränkte Deckungszusage in der E-Mail vom 21.11.2011 reagiert. |
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| | Die Klägerin hat auch keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Beweiswürdigung aufgezeigt. Es reicht nicht aus, dass der Berufungskläger seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle der gerichtlichen Würdigung setzt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 29. August 2007 – 4 U 11/07, juris Rn. 43). Insbesondere ist die Beweiswürdigung des Landgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt lückenhaft, weil die Zeugin S... das Telefonat nicht dokumentiert hat. Hierfür bestand weder eine Rechtspflicht noch aus der Sicht der Zeugin ein Anlass, da nach ihrer Behauptung keine rechtserhebliche Zusage erteilt worden war. Das Fehlen eines Aktenvermerks führt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht zu einer Umkehr der Beweislast, so dass das Landgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis nachweisen musste. |
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| | Mit Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Klägerin für die gegen sie erhobene Klage keinen Versicherungsschutz hat, weil er wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung ausgeschlossen ist. |
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| | Nach § 4 Ziff. 5 AVB-A bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen einer Schadensverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Diese Bestimmung weicht von § 152 VVG a.F. ab, wonach der Versicherer nicht haftet, wenn der Versicherungsnehmer den Eintritt der Tatsache, für die er dem Dritten verantwortlich ist, vorsätzlich widerrechtlich herbeigeführt hat. Der vertragliche Ausschlussgrund greift bereits ein, wenn der Versicherte die Schadenszufügung unter bewusstem Verstoß gegen seine Pflichten herbeigeführt, jedoch ohne Schädigungsvorsatz gehandelt hat (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1986 – IVa ZR 166/85, juris Rn. 15). Die Klausel hält einer Wirksamkeitskontrolle stand (BGH, Urteil vom 26. September 1990 – IV ZR 147/89, juris Rn. 35, 36; BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 – IV ZR 101/00, juris Rn. 14). |
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| | Nach der Überzeugung des Senats hat die Klägerin wissentlich gesetzliche und vertragliche Pflichten durch ihren Repräsentanten, Herrn H..., verletzt. Die Vertretung widerstreitender Interessen verstößt gegen ein gesetzliches Verbot. Der Rat zur Bezahlung der Rechnung von der A... AG verstößt gegen die vertragliche Pflicht, den Mandanten über die tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit dem „A...-Konzept“ und die fehlende Berechtigung dieser Rechnung aufzuklären. |
|
| | Ungeachtet des im Versicherungsvertragsrecht bestehenden Trennungsprinzips ist der Senat im vorliegenden Fall zu eigenen Feststellungen berufen. Bislang liegt noch kein rechtskräftiges Urteil im Haftpflichtprozess vor. Die Feststellungen des Landgerichts Karlsruhe unterliegen noch einer Überprüfung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe. Nur einem rechtskräftigen Urteil kommt im Verhältnis der Parteien des Versicherungsvertrages grundsätzlich eine bindende Wirkung zu (BGH, Urteil vom 30. September 1992 – IV ZR 314/91, juris Rn. 16). Die Bindungswirkung reicht weiter als die Rechtskraft des Urteils. Sie umfasst alle tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflichtprozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 – IV ZR 101/00, juris Rn. 19). Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt (BGH, Urteil vom 28. September 2005 – IV ZR 255/04, juris Rn. 19). Die Bindungswirkung verhindert, dass die Grundlagen der Entscheidung wie die Entscheidung selbst, die im Haftpflichtprozess getroffen worden ist, nochmals zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer in Frage gestellt werden können (BGH, Urteil vom 18. März 1992 – IV ZR 51/91, juris Rn. 15). Ist im Haftpflichturteil ein schadensverursachender Pflichtverstoß des Versicherungsnehmers festgestellt, kann sich der Versicherer im Deckungsprozess zur Begründung des Ausschlusstatbestandes der wissentlichen Pflichtverletzung nicht auf eine andere schadensverursachende Pflichtwidrigkeit berufen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 – IV ZR 101/00, juris Rn. 21). |
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| | Im vorweggenommenen Deckungsprozess ist grundsätzlich auf die Behauptungen des Geschädigten abzustellen und nicht über den Haftpflichtanspruch zu entscheiden (BGH, Urteil vom 15. November 2000 – IV ZR 223/99, juris Rn. 9; KG Berlin, Urteil vom 02. März 1999 – 6 U 9481/97, juris Rn. 39). Treffen allerdings die für den Versicherungsschutz relevanten Tatsachen mit den haftpflichtbegründenden Tatsachen zusammen, so sind gleichwohl im vorweggenommenen Deckungsprozess diejenigen Tatsachen, die für den Umfang des Versicherungsschutzes bedeutsam sind, ohne Bindung an die Behauptungen des Dritten auf ihr objektives Vorliegen oder Nichtvorliegen zu prüfen (Voit/ Knappmann in Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 149 VVG Rn. 25). |
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| | Geht es - wie hier - um die Frage, ob eine Pflicht subjektiv verletzt wurde, so ist ohne Bindungswirkung an die Behauptungen des Dritten zuvor zu prüfen, ob die Pflicht objektiv verletzt wurde. Es kann gerade nicht das Vorliegen äußerer Umstände eines Pflichtenverstoßes wegen der bloßen Behauptung des Dritten unterstellt werden, um hieraus Rückschlüsse auf innere Umstände eines bewussten Verstoßes durch den Versicherungsnehmer zu ziehen. Dies würde bedeuten, dass der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz verlöre, obwohl er den Pflichtenverstoß möglicherweise tatsächlich nicht begangen hat. |
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| | Eine Aussetzung des Deckungsprozesses gem. § 148 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Rechtsschutz zur Abwehr unbegründeter Forderungen als Teil der Versicherungsleistung geltend macht (Voit/Knappmann in Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 149 VVG Rn. 25). Daraus ergibt sich für die Klägerin das Risiko, an das vorliegende Urteil auch dann gebunden zu sein, wenn im nachfolgenden Haftpflichtprozess lediglich eine fahrlässige Pflichtverletzung festgestellt wird. Der Senat hat die Klägerin hierauf hingewiesen (Beschluss vom 30.07.2014, Bl. 930 der Akten). |
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| | Nach der Überzeugung des Senats hat der Repräsentant der Klägerin alle von der ... GmbH vorgeworfenen Pflichtverletzungen wissentlich begangen: Er hat gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstoßen, als er beide Vertragsparteien des „Gestaltungs-Konzeptionsvertrages“ beraten hat, insbesondere indem er Anfang 2007 die Empfehlung gab, die Rechnung der A... AG auszugleichen. Er hat bewusst nicht darauf hingewiesen, dass der Rekapitalisierung kein Konzept der A... AG zugrunde lag. Damit hat er bewusst wahre Tatsachen unterdrückt und gegen vertragliche Pflichten verstoßen. |
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| | Das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten ist gesetzlich in § 43a Absatz 4 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verankert. Nach der Konkretisierung dieses Verbots in der § 3 Absatz 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), eine Satzung der Bundesrechtsanwaltskammer, darf ein Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich befasst war. |
|
| | Die Klägerin sowie Herr H... als Einzelanwalt sind in der selben Rechtssache tätig geworden. Der Begriff „dieselbe Rechtssache“ umfasst alle Rechtsangelegenheiten, in denen mehrere Beteiligte, die ein entgegengesetztes rechtliches Interesse verfolgen, vorkommen können. Maßgebend ist dabei der sachlich-rechtliche Inhalt der anvertrauten Interessen, also das anvertraute materielle Rechtsverhältnis, das bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zurückzuführen ist (BGH, Urteil vom 26. November 2007 – AnwSt (R) 10/06, juris Rn. 8). Das einheitliche Lebensverhältnis liegt in dem „Gestaltungs-Konzeptionsvertrag“, über den die beiden Mandanten miteinander verbunden waren und in der durchgeführten Rekapitalisierungsmaßnahme. Für die A... AG war Herr H... beim Abschluss dieses Vertrages beteiligt (Vollmacht Anlage B2, Anlagenband II). Für die ... will die Klägerin die vertragliche Leistung entgegengenommen und geprüft haben, zudem will deren Geschäftsführer H... das Konzept den Banken vorgestellt haben. |
|
| | Die beiden Mandate betrafen widerstreitende Interessen. Die Interessen, welche der Anwalt im Rahmen des ihm erteilten Auftrags zu vertreten hat, sind objektiv zu bestimmen (BGH, Urteil vom 23. April 2012 – AnwZ (Brfg) 35/11, juris Rn. 10). Maßgebend ist, ob der in den anzuwendenden Rechtsvorschriften typisierte Interessenkonflikt im konkreten Fall tatsächlich auftritt (BGH, a.a.O., Rn. 14). |
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| | Die verschiedenen Mandanten haben miteinander einen sog. „Gestaltungs-Konzeptionsvertrag“ geschlossen, mit dem sich die A... AG verpflichtete, der ... GmbH ein Konzept für eine Rekapitalisierung zur Verfügung zu stellen. Für die ... GmbH ergab sich ein Risiko daraus, dass sie dieses Konzept nicht selbst prüfen konnte. Vielmehr gab Herr H... an, das Konzept entgegengenommen zu haben, das dann durch Mitarbeiter der Klägerin geprüft worden sei. Die Prüfung des Konzeptes sei bei der Klägerin durch Rechtsanwalt K... erfolgt (vgl. persönliche Anhörung von Herrn H..., Protokoll vom 27.01.2014, S. 3, Bl. 846). Eine solche Verfahrensweise ist mit dem Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen nicht zu vereinbaren. |
|
| | § 43a Absatz 4 BRAO dient der Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum eigenen Anwalt und der Sicherung der Unabhängigkeit insoweit, als ein Anwalt, der sich zum Diener gegenläufiger Interessen macht, jegliche unabhängige Sachwalterstellung im Dienste des Rechtsuchenden verliert (BVerfG, Beschluss vom 03. Juli 2003 – 1 BvR 238/01, juris Rn. 40). Eine solche unabhängige Sachwalterstellung konnte die Klägerin nicht wahrnehmen. Das seitens der ... GmbH der Klägerin entgegengebrachte Vertrauen in die Unabhängigkeit bei der Bewertung des Konzeptes war objektiv beeinträchtigt, weil der Geschäftsführer der Klägerin mit der A... AG vertraglich verbunden war. Eine innere Unabhängigkeit hätte ggf. eine kritische Würdigung vorausgesetzt, die wiederum den vertraglichen Anspruch der A... AG auf Zahlung von 3,4 Mio. Euro gefährdet hätte. Ein solcher Konflikt, dem § 43a Absatz 4 BRAO vorbeugen will, ist in der Vertretung beider Vertragsparteien angelegt. Unerheblich ist dabei, ob der das Mandat mitbearbeitende Rechtsanwalt K... von der A... AG und dem Mandatsverhältnis zu seinem Kollegen H... wusste. Auch dann liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen vor, der bei der Aufdeckung sofort zur Beendigung beider Mandate zu führen hat, vgl. § 3 Absatz 2 und 4 BORA. |
|
| | Im konkreten Fall war das gesetzlich geschützte Vertrauen der ... GmbH in die sachliche Unabhängigkeit zusätzlich dadurch gefährdet, dass Herr H... selbst an der Rekapitalisierungsmaßnahme mitgewirkt und gleichzeitig aus der erlangten Gegenleistung von der A... AG entsprechend einer bestehenden Vereinbarung einen Betrag von ca. 510.000,00 Euro erhalten hat. Die ... GmbH konnte unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht mehr auf eine unvoreingenommene Wahrnehmung ihrer Interessen vertrauen. Das Risiko der Vertretung widerstreitender Interessen bestand für die ... GmbH nicht nur darin, dass die Gegenleistung der A... AG nicht mit der notwendigen Kritikfähigkeit geprüft und auf dieser Grundlage eine unberechtigte Zahlungsempfehlung ausgesprochen wird. Ein Risiko ergab sich auch dadurch, dass Herr H... als Geschäftsführer der Klägerin zusätzlich die Rekapitalisierungsmaßnahme begleitete und möglicherweise aus eigenen und den Interessen seiner Mandantin A... AG darin bestrebt gewesen sein könnte, die vom Bankenkonsortium auszureichende Darlehenssumme erhöhen zu lassen. Hieraus folgt, dass entgegen der Auffassung der Berufungsklägerin (Bl. 429) zusätzlich zum „Gestaltungs-Konzeptionsvertrag“ auch ihre Begleitung der Rekapitalisierungsmaßnahme zum selben Lebensvorgang gehört, aus dem widerstreitende Interessen entstehen können. |
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| | Ob sich die aus den widerstreitenden Interessen ergebenden Risiken tatsächlich realisiert haben - das Konzept nicht kritisch geprüft wurde oder die Beratung zur Darlehenssumme durch eigensüchtige Motiven beeinflusst war - ist unerheblich und bedarf daher nicht der Aufklärung. Bereits das greifbare Risiko führt zum Eintritt des gesetzlichen Verbotes. |
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| | Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen bestand auch ungeachtet des Umstandes, dass Herr H... das Mandat der A... AG als Einzelanwalt wahrgenommen hat und das Mandat der ... GmbH von der Klägerin, dort teilweise durch Herrn Rechtsanwalt K..., bearbeitet wurde. |
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| | Gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 BORA gilt das Verbot auch für alle mit ihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft gleich welcher Rechts- oder Organisationsform verbundenen Rechtsanwälte. Diese Bestimmung kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein von diesem Bann betroffener Rechtsanwalt das widerstreitende Mandat in einer anderen Kanzlei, z.B. einer Sternsozietät, bearbeitet (Quaas NJW 2008, 1697, 1700). Dies gilt umso mehr, als Herr H... nach seinen eigenen Angaben durch die Entgegennahme des Konzeptes, die Präsentation bei den Banken und den Prüfauftrag an die eigenen Mitarbeiter in die Bearbeitung beider Mandate eingeschaltet war. Selbst ein Ausscheiden von Herrn H... bei der Klägerin hätte gemäß § 3 Absatz 3 BORA nicht zu einem Wegfall des Verbotes geführt. |
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| | Es verfängt nicht der Einwand der Klägerin, die ... GmbH habe davon gewusst, dass Herr H... die A... AG vertreten habe und sei damit einverstanden gewesen. |
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| | Der Einwand greift schon deshalb nicht durch, weil Herr H... beide Mandate persönlich betreut hat. In dieser Konstellation steht das Verbot widerstreitender Interessen schon gar nicht zur Disposition aller betroffenen Mandanten (BGH, Urteil vom 23. April 2012 – AnwZ (Brfg) 35/11, juris Rn. 10). |
|
| | Eine Dispositionsbefugnis der Mandanten gibt es, worauf das Landgericht zurecht hinweist (Urteil S. 16 f.), lediglich im Hinblick auf diejenigen Rechtsanwälte, die wegen des Verbundes in der Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft ebenfalls von dem Verbot betroffen sind, was etwa zur Folge hat, dass bei dem Wechsel eines Rechtsanwaltes die aufnehmende Kanzlei das Mandat niederlegen müsste (vgl. § 3 Absatz 2 Satz 1, § 3 Absatz 3, 4 BORA). Wegen dieser Konsequenzen, die sowohl den bisherigen Sachbearbeiter der aufnehmenden Kanzlei als auch den Mandanten selbst betreffen, können die Mandanten nach einer umfassenden Information in die Vertretung einwilligen. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03. Juli 2003 – 1 BvR 238/01, juris Rn. 39, 45) wurden in § 3 Absatz 2 Satz 2 BORA umgesetzt. |
|
| | Die Voraussetzungen wurden im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Abgesehen davon, dass Herr H... persönlich in die Bearbeitung beider Mandate einbezogen war und die Ausnahmevorschrift schon deshalb nicht Anwendung finden kann, hat die Klägerin der ... GmbH nicht alle erforderlichen Informationen erteilt. Wie das Landgericht festgestellt hat (Urteil, S. 16), war der Mandantin insbesondere nicht bekannt, dass Herr H... von der A... AG für die Bearbeitung ein Honorar beziehen würde, das weit über den gesetzlichen Gebühren liegt. Eine maximal mögliche 2,5-fache Geschäftsgebühr hätte bei einem Gegenstandswert von 3,4 Mio. Euro zu einem Honorar von knapp 35.000,00 Euro (brutto) geführt. Demgegenüber bezog Herr H... für die Bearbeitung des Mandates 510.000,00 Euro. Zudem war nicht bekannt, dass der Sohn des mit der Sachbearbeitung befassten Rechtsanwalts der Alleingesellschafter des Gegners ist und dessen Wohnung als Geschäftssitz dient (vgl. Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft, vorgelegt mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 17.10.2014, Bl. 3). Schließlich wurde auch nicht mitgeteilt, dass es die A... AG, auch nicht als Vorgesellschaft, noch gar nicht gab und dass deshalb eine wirksame Vereinbarung im Juni 2006 nicht geschlossen werden konnte. |
|
| | Der Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen geschah auch wissentlich. |
|
| | Der Ausschlussgrund des wissentlichen Pflichtverstoßes setzt voraus, dass der Versicherte seine Pflichten positiv gekannt hat (BGH, Urteil vom 05. März 1986 – IVa ZR 179/84, juris Rn. 25; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1986 – IVa ZR 166/85, juris Rn. 15) und das Bewusstsein gehabt hat, pflichtwidrig zu handeln (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 – IV ZR 101/00, juris Rn. 23). Das Handeln von Herrn H... als Geschäftsführer der Klägerin ist ihr dabei gemäß § 31 BGB zuzurechnen, da sich die den Versicherungsnehmer treffende Verhaltensnorm an den gesetzlichen Vertreter richtet (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 08. Dezember 2011 – 10 U 572/11, juris Rn. 6). |
|
| | Bei einem Verstoß gegen Vorschriften, die speziell die berufliche Tätigkeit der versicherten Person betreffen, kann davon ausgegangen werden, dass dieser die Vorschriften geläufig sind (OLG Köln, Urteil vom 28. Januar 1997 – 9 U 62/96, juris Rn. 37). Das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist aus sich heraus das Selbstverständnis einer unabhängigen Anwaltschaft und als solches ein alter Bestandteil anwaltlichen Berufsrechts (Zuck in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. (2014), § 43a BRAO Rn. 91). Es ist als Grundregel jedem Rechtsanwalt bekannt. |
|
| | Auch Herr H... wusste, dass in Bezug auf den „Gestaltungs-Konzeptionsvertrag“ mit der A... AG eine Interessenkollision bestand (persönliche Anhörung, Bl. 845). Er wusste zudem, dass widerstreitende Interessen wahrgenommen werden, wenn beide Partner desselben Vertrages von ihm bzw. der ihm gehörenden Klägerin vertreten werden. Es liegt nahe, dass Herr H... (obwohl er Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin war) die A... AG aus diesem Grund als Einzelanwalt vertreten hat, was - wie er wusste - den Verstoß gegen das Vertretungsverbot zwar nicht beseitigte, aber doch wenigstens verschleierte. |
|
| | Auf den Eintritt des Schadens muss sich der Vorsatz hingegen nicht beziehen. Unerheblich ist daher, ob Herr H... davon überzeugt war oder hoffte, durch sein Handeln werde kein Schaden entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1990 – IV ZR 147/89, juris Rn. 21). |
|
| | Der von der ... GmbH geltend gemachte Schaden fällt auch in den Schutzbereich des Verbotes, widerstreitende Interessen zu vertreten. Zwar schützt das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nicht vor allen Fehlern des Rechtsanwalts. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Rechtsanwalt nicht offenbart, dass er aufgrund von Verflechtungen ein eigenes wirtschaftliches Interesse bei der Bearbeitung des Mandates hat, das über seine Vergütungsansprüche hinausgeht (vgl. Diller in Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, 2. Aufl. (2015), § 4 AVB-V Rn. 67). |
|
| | Die Klägerin hat der ... nicht mitgeteilt, dass ihr Geschäftsführer als Einzelanwalt einen enormen wirtschaftlichen Vorteil aus der Abwicklung des „Gestaltungs-Konzeptionsvertrages“ ziehen würde. Herr H... hat als Geschäftsführer der Klägerin seiner Mandantin ferner nicht offengelegt, dass die A... AG noch nicht existierte, sein Sohn als alleiniger Gesellschafter der A... AG vorgesehen war und dies später auch wurde. Die Klägerin hat der geschädigten ... GmbH somit die Möglichkeit genommen, die anwaltlichen Empfehlungen der Klägerin unter diesen Gesichtspunkten zu prüfen. Gerade dieses Vertrauen in die Integrität des eigenen Anwalts, dem darin vertraut wird, keine fremden Interessen zu verfolgen, ist durch das Verbot des § 43a BRAO geschützt (vgl. hierzu auch LG Stuttgart, Urteil vom 12. Dezember 1989 - 17 O 279/89, GI 1990, 42). Die Klägerin nahm Herrn D... die Möglichkeit, die anwaltliche Auskunft zu hinterfragen, wonach das zu bezahlende Konzept von der A... AG stammt und der Rekapitalisierungsmaßnahme zugrunde gelegt wurde. |
|
| | Tatsächlich lag der Rekapitalisierungsmaßnahme kein Konzept der A... AG zugrunde, weshalb die Pflichtverletzung der Klägerin auch kausal zum eingetretenen Schaden war. |
|
| | Die ... GmbH hat die Zahlung von 3,4 Mio. Euro geleistet, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Nach dem „Gestaltungs-Konzeptionsvertrag“ war das Honorar nur im Erfolgsfall zu bezahlen, was den Einsatz des Konzepts voraussetzt. Die A... AG hat dieses Konzept jedoch nicht entwickelt, jedenfalls wurde es der Rekapitalisierung nicht zugrunde gelegt. |
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| | Die Idee einer Rekapitalisierung war in Kreisen der Banken und Wirtschaftsprüfergesellschaften bekannt. Ein Steuerberater namens HX SX hat hierfür steuerliche Optimierungen dargestellt, die sich Herr H... bzw. die Klägerin zu eigen gemacht hat. Weitere Impulse gab es durch die Kanzlei L..., die bezogen auf die ... GmbH eine neue Firmenstruktur erarbeitete. Dieses Konzept wurde sodann von der Kanzlei E... geprüft und nochmals weiterentwickelt. Ob die Klägerin darüber hinaus in einem zweiseitigen Konzept mit einer eigenständigen Leistung das Modell auf die ... GmbH übertrug, ist nicht weiter erheblich. Auch wenn die Klägerin bei der Erarbeitung des Konzeptes einen gewissen Beitrag geleistet haben sollte, ist ein solcher der A... AG - und darum geht es - nicht ansatzweise erkennbar. |
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| | Für eine Zahlung von 3,4 Mio. Euro gab es keine Grundlage. Dies war auch Herrn H..., der mit dem gesamten Vorgang bestens vertraut war, bekannt. |
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| | Diese Schlussfolgerungen beruhen auf der durchgeführten Zeugenvernehmung. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen bestehen nicht. Die Zeugen sind neutral. Ihre Aussagen sind nicht nur in sich widerspruchsfrei, sondern ergeben zusammen den folgenden in sich stimmigen Geschehensablauf: |
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| | Seit dem Jahr 2005 war die Idee einer Rekapitalisierung bei Banken als Mittel zur Auszahlung eines Teils des Gesellschaftsvermögens, wenn auch zu Beginn nicht unter diesem Begriff, bekannt (Aussage B..., Bl. 1149). Herr F..., Bankdirektor der L..., kam in Kontakt mit Herrn H... und hat ihn auf Möglichkeiten hingewiesen, bei Unternehmen, die gut verdienen und keine wesentlichen Schulden haben, über seine Bankfiliale ein Darlehen auszureichen, um Ausschüttungen zu ermöglichen (Aussage F..., Bl. 1153). Herr H... hat dabei durchaus den Eindruck hinterlassen, von einer solchen Maßnahme schon einmal gehört zu haben (Aussage F..., Bl. 1153). Diese Kenntnis mag Herr H... durch seinen Kontakt mit einem Professor für Steuerrecht aus der Schweiz, Herrn M..., späteres Verwaltungsratsmitglied der A... AG, gehabt haben (Gesprächsvermerk vom 01.11.2005, Anlage K 14, Anlagenband III). |
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| | Für die Bankfiliale, bei der Herr F... war, handelte es sich um die erste Rekapitalisierung; in der Zentrale war die Maßnahme allerdings bereits Praxis und als Standard bekannt (Aussage F..., Bl. 1154, 1155). Aufgrund der dort bereits vorhandenen Expertise wäre die Rekapitalisierung auch ohne die Mitwirkung von Herrn H... möglich gewesen (Aussage B..., Bl. 1149). |
|
| | Herr H... ist etwa im April 2006 auf den Zeugen B... von der L... mit der Idee einer Rekapitalisierung der ... GmbH zugegangen und hat ihm ein Papier für eine „Steuereffiziente Rekapitalisierung“ gezeigt, das dem in den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft (Bl. 637 ff., Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.10.2014) zumindest ähnlich ist (Zeuge B... Bl. 1152, Zeuge F... Bl. 1154). Dieses Papier wurde von der Bank als „Arbeitspapier“ angesehen (Aussage F..., Bl. 1153). Herr H... hat die Herkunft nicht erwähnt, aber den Eindruck hinterlassen, es stamme von der Klägerin (Aussage F..., Bl. 1153). |
|
| | Dieses Arbeitspapier war von einem Steuerberater namens HX SX am 27.03.2006 erstellt worden. Herr H... hat es sich am 11.04.2006 zu eigen gemacht und der L... präsentiert. Dieses Papier enthielt relativ viele bekannte Elemente (Aussage B..., Bl. 1151) und wurde später mit gewissen Abweichungen Grundlage der Rekapitalisierung (Aussage B... Bl. 1149, Aussage F... Bl. 1155). |
|
| | Zur Überprüfung des Modells hat die Bank die Kanzlei E... beauftragt. Grundlage ihrer Prüfung war allerdings nicht das Papier vom 11.04.2006 (Aussage F... Bl. 1157, 1158, Aussage H... Bl. 1160). Vielmehr hat die Kanzlei H... der Kanzlei E... mit Fax vom 18.09.2006 ein zweiseitiges Strukturpapier zur Verfügung gestellt, das eine künftige Strukturierung der Firma ... enthielt. Es wurde von StB F... (Kanzlei E...) geprüft und optimiert (Aussage F... Bl. 1156, Aussage H... Bl. 1159). Am Ende wurde die Rekapitalisierung im Wesentlichen auf der Basis dieser Weiterentwicklung umgesetzt (Aussage F..., Bl. 1157). Ein Strukturpapier, das von denselben Ausgangspunkten ausgeht, war bereits im August 2006 von der Kanzlei L... erstellt worden, das den Zeugen F... und H... auch bekannt war (Bl. 1156, 1160). |
|
| | Die Darstellung der Klägerin, die Banken seien begeistert gewesen, weil es sich um etwas Neues handelte, wurde von den Zeugen nicht bestätigt. Das Modell der Rekapitalisierung war dort bekannt. Die steuerlichen Auswirkungen, die durch das Arbeitspapier optimiert werden sollten, standen bei den Banken nicht im Zentrum des Interesses (Aussage F... Bl. 1155). Für die darauf spezialisierte Kanzlei E... handelte es sich bei dem Vorschlag von Herrn H... nicht um ein Standardmodell, andererseits enthielt es auch keine völlig neuen Gedanken; eine entsprechende Gestaltungsmöglichkeit war auch unter steuerlichen Aspekten durchaus bekannt. Ähnliche Vorschläge wurden bereits in Seminaren und Vorträgen vorgestellt (Aussage F... Bl. 1157, Aussage H... Bl. 1159). Die Gestaltungsmöglichkeiten waren jedenfalls in größeren Wirtschaftsprüferkanzleien bekannt, mussten allerdings auf das jeweilige Unternehmen angepasst werden (Aussage F... Bl. 1158). |
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| | Herr H... hat in den Gesprächen mit den Banken und den Steuerberatern niemals erwähnt, dass dieses Konzept von einer A... AG aus der Schweiz stammen soll (Aussage B..., Bl. 1149) und dass die Verwendung zusätzliche Kosten von 3,4 Mio. Euro mit sich brachte (Aussage B..., Bl. 1149). Der Name A... ist erst im Jahr 2010 durch den Rechtsanwalt der ... GmbH, Herrn Z..., erwähnt worden (Zeuge B... Bl. 1151, Zeuge F... Bl. 1155). Auch der Kanzlei E... war weder Firma A... AG bekannt noch die mit der Verwendung dieses Konzepts verbundenen Kosten (Aussage F... Bl. 1157, Aussage H... Bl. 1159). |
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| | Der Senat ist davon überzeugt, dass das der Rekapitalisierung zugrundeliegende Konzept nicht von der A... AG erarbeitet wurde. Die Klägerin hat es weder in diesem Prozess noch in anderen Gerichtsverfahren vorgelegt. Selbst der ... GmbH hat sie die Herausgabe des Konzeptes verweigert, obwohl diese nicht nur gegen die A... AG, sondern auch gegen die Klägerin selbst einen Anspruch darauf hat. Durch die Prüfung des Konzeptes ist dieses Teil der Handakten geworden, auf die der Mandant einen Herausgabeanspruch hat (§§ 675, 667 BGB i.V.m. § 50 BRAO). Die vorgelegte Bestätigung des Notars HXY über die Existenz eines Ringhefters (Anlage K 18, Anlagenband III) ist kein gleichwertiger Ersatz, da sie weder eine Prüfung des Inhalts noch der Urheberschaft des angeblichen Konzepts erlaubt. Im Übrigen hat noch nicht einmal Rechtsanwalt K..., der bei der Klägerin den Vorgang mitbearbeitet hatte, in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, den Namen der A... AG oder ihres Verwaltungsratsmitglieds M... gehört zu haben (Bl. 629 der Ermittlungsakten, vorgelegt von der Beklagten). Tatsächlich sei das umgesetzte Konzept auf Herrn SXY, L... und E... zurückgegangen (Bl. 621, 623). |
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| | Bei der Umsetzung der Rekapitalisierung war die Klägerin für die beteiligte Bank primärer Ansprechpartner für die ... GmbH; zu Herrn H... und seinen Mitarbeitern K... und Dr. K... gab es häufige Kontakte (Aussage B... Bl. 1151, Zeuge F... Bl. 1154). Herr H... war bei der Klägerin federführend tätig und hat die Interessen der ... GmbH wahrgenommen (Zeuge F... Bl. 1154, 1155). |
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| | Zunächst hat die Bank aufgrund der Unternehmensdaten ein Darlehensvolumen von 55 Mio. Euro zzgl. eines Betriebsmittelkredites von 10 Mio. Euro ermittelt. Herr H... ist dann auf die Bank zugegangen und hat eine Erhöhung des Darlehensvolumens um 30 Mio. Euro unter Hinweis darauf verlangt, dass Herr D... ein Darlehen in dieser Höhe wünsche (Aussage B... Bl. 1150, Aussage F... Bl. 1154). |
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| | Die A... AG wurde erst am 13.12.2006, einen Tag nach der Unterzeichnung des Darlehensvertrages gegründet (Anlage B 4, Anlagenband II; Anlage K21, Anlagenband III). Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die späteren Beteiligten schon vor der förmlichen Gründung Vorleistungen erbracht haben; immerhin wurde auch Herr H... als Rechtsanwalt beauftragt, obwohl es die A... AG noch gar nicht gab. In Anbetracht der übrigen Umstände - der Sohn von Herrn H... ist alleiniger Gesellschafter und führt das Unternehmen in seiner Studentenwohnung, die Zeugen haben von der Firma nie gehört - indiziert der zeitliche Zusammenhang von Darlehensabschluss und Gründung der Gesellschaft jedoch stark den Scheincharakter der Gesellschaft, die letztlich dazu diente, einen Teil des Rekapitalisierungsdarlehens abzuschöpfen. |
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| | Eine wissentliche Pflichtverletzung der Klägerin liegt auch in der anwaltlichen Empfehlung, den Rechnungsbetrag an die A... AG zu bezahlen. Die Klägerin hätte den Geschäftsführer der ... GmbH darüber aufklären müssen, dass die A... AG das Konzept zur Rekapitalisierung nicht geliefert hatte bzw. dieses der Prüfung durch die Steuerberater von E... gar nicht zugrunde gelegt wurde, dieses Konzept jedenfalls aber nicht erforderlich war, da es sich um ein in Fachkreisen bekanntes Modell gehandelt hat. |
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| | Der Senat ist davon überzeugt, dass Herr D... an Herrn H... Anfang Januar 2007 die Frage gerichtet hat, ob er die Rechnung der A... AG zu bezahlen habe und dass Herr H... daraufhin mit „ja“ geantwortet hat. |
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| | Diese Überzeugung gewinnt der Senat aufgrund der Angaben des Zeugen P..., den Herr D... im Zuge der Darlehensgewährung als Vermögensverwalter angestellt hat. Bei einem Termin Anfang Januar 2007, in dem die Anlagestrategie besprochen werden sollte, hat Herr D... nach den Angaben des Zeugen einen Zettel in die Luft gehalten und gefragt, ob er das bezahlen solle. Herr H... habe sich vorgebeugt, das Schreiben erkannt und mit „ja klar“ oder „ja freilich“ erwidert. Der Zeuge selbst habe zunächst nicht gewusst, worum es gehe. Als er am Schreibtisch Unterlagen zeigte, habe er das Schreiben entdeckt. Ihm sei der Begriff „Vermögensverwaltung“ und die Zahl von 3,4 Mio. Euro aufgefallen (Bl. 1162). |
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| | Die Angaben des Zeugen P... sind glaubhaft. Der Zeuge steht nicht im Verdacht, Angaben zugunsten der ... GmbH zu machen, weil er zu ihrem Lager zu rechnen wäre. Das Beschäftigungsverhältnis wurde schon nach wenigen Monaten von Seiten Herrn D... im Streit wieder gelöst. Es wäre vielmehr damit zu rechnen, dass der Zeuge, der für Herrn D... eine sichere Stellung bei einer Bank aufgegeben hat und der gegen seine Kündigung gerichtlich vorgegangen ist, einen inneren Vorbehalt gegen die Familie D... hat. |
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| | Für den Senat unerheblich ist die Frage, ob der Zeuge bei einer früheren Vernehmung angegeben hat, dass ein anderer Mitarbeiter in den Raum gekommen war, um eine Zahlungsanweisung entgegenzunehmen, und dass das Aussageverhalten insofern nicht konstant ist, weil der Zeuge den Mitarbeiter später namentlich benennen konnte und sich heute aber gar nicht mehr an einen solchen Vorgang erinnert (Bl. 1162). Unerheblich ist für den Senat auch, ob der Zeuge zutreffende Angaben dazu machen kann, welcher Gesprächsteilnehmer auf dem Sofa oder auf einem bestimmten Stuhl saß. All diese Wahrnehmungen gehörten nicht zu dem vom Zeugen selbst empfundenen Kerngeschehen. Es kann nicht erwartet werden, dass er nach acht Jahren zum Randgeschehen durchgehend gleiche Angaben macht. |
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| | Für eine wahrheitsgemäße Aussage spricht es, wenn - sinngemäß - alles aus dem Geschehensablauf in verschiedenen Vernehmungen gleich ausgesagt wird, was offensichtlich für den Zeugen subjektiv von zentraler Bedeutung war. Bei Zeugenaussagen, die auf bloßer Beobachtung beruhen, ist der zentrale Handlungskern, der bei wahren Aussagen gleich bleiben soll, eng aufzufassen. Ein konstantes Aussageverhalten in Nebenpunkten ist hingegen eher bedenklich. Es kann nicht angenommen werden, der Zeuge sei nicht glaubhaft, weil seine mehreren Aussagen hinsichtlich einiger Nebenumstände nicht gleich lauten oder sogar widersprüchlich sind (zum Ganzen: Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, Band 1, 2. Aufl., Rn. 290 bis 293). |
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| | Die Aussagen des Zeugen P... zum Kernbereich seiner Wahrnehmung sind konstant geblieben. Das Kerngeschehen war für den Zeugen die Rechnung über eine Summe von 3,4 Mio. Euro im Zusammenhang mit einer Vermögensverwaltung. Es ist nachvollziehbar, dass einem eigens angestellten Vermögensverwalter eine ganz erhebliche Rechnung einer anderen Vermögensverwaltung auffällt. |
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| | Hinzu kommt, dass der Geschehensablauf auch plausibel ist. Es ist nachvollziehbar, dass Herr D... von seinem Rechtsanwalt, der den Prozess der Rekapitalisierung für ihn betreut hat, wissen wollte, ob er die Rechnung der A... AG zu bezahlen hat. Die Rechnung war nämlich nur dann berechtigt, wenn das Konzept tatsächlich verwendet wurde, was sich daraus ergibt, dass das Honorar nur im Erfolgsfall anfallen sollte. Es lag nahe, dass sich Herr D... bei Herrn H..., zu dem nach den Angaben der gehörten Zeugen ein enges Vertrauensverhältnis bestand, darüber vergewissern wollte, ob die A... AG ihr Honorar verdient hat. Herr H... war hierfür als Rechtsanwalt und Vertrauensperson eine bevorzugte oder vielleicht sogar die einzige sichere Erkenntnisquelle. |
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| | Der Verstoß gegen diese vertraglichen Pflichten durch Herrn H..., dessen Verhalten sich die Klägerin gem. § 31 BGB zurechnen lassen muss, war auch wider besseres Wissen. |
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| | Herr H... wusste, dass er von Herrn D... in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt angesprochen wurde. Er hat als Rechtsanwalt und Vertrauensperson an der Besprechung mit dem Zeugen P..., in der es darum ging, wie der Darlehensbetrag angelegt werden sollte, teilgenommen. Ihm war auch bewusst, dass er nicht als Rechtsanwalt des Vertragspartners, der A... AG, gefragt wurde, ob die vertraglichen Leistungen erbracht wurden. Selbst unterstellt, Herr D... hätte gewusst, dass Herr H... auch die A... AG vertritt, war Herrn H... dennoch bewusst, dass er für die ... GmbH die Rekapitalisierungsmaßnahme insbesondere in den Gesprächen mit den Banken und den Steuerberatern begleitet hat und er gerade wegen dieses Mandats am besten einschätzen konnte, ob neben Vorarbeiten von anderen auch gerade ein Konzept der A... AG zur Umsetzung beigetragen hat, was ersichtlich eine Voraussetzung des Honoraranspruchs war. Es war ihm klar, dass er aufgrund dieser konkreten Mandatsbearbeitung die Frage beantworten sollte, ob die Rechnung berechtigt ist. |
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| | Die Pflichtverletzung war auch kausal. Nach der Überzeugung des Senates wurde die Rechnung erst nach der Empfehlung der Klägerin ausgeglichen. Wäre die Rechnung bereits bezahlt gewesen, hätte Herr D... nicht mehr danach fragen müssen, ob er sie auszugleichen hat. |
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| | Die Festsetzung des Streitwertes auf bis zu 2.400.000,00 Euro entspricht dem Zahlungsantrag Ziff. 1 (1.700.000,00 Euro) und dem Zahlungsantrag der Klageerweiterung (39.000,00 Euro) zzgl. einem Feststellungsinteresse aus dem darüber hinausgehenden Betrag bis zur Höhe der Deckungssumme des Versicherungsvertrages (2.557.000,00 Euro), das mit etwa 80 % der Differenz (818.000,00 Euro) bewertet wird (654.000,00 Euro). Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. |
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| | Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen. Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung abstrakt geklärt und wurden auf den Einzelfall angewendet. |
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