Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 30. Nov. 2004 - 3 Ausl 103/2004; 3 Ausl 103/04

bei uns veröffentlicht am30.11.2004

Tenor

Die Verfolgte, deren Auslieferung an die Tschechische Republik zur dortigen Strafverfolgung in Betracht kommt, ist

vorläufig in Auslieferungshaft

zu nehmen.

Gründe

 
I.
1. Durch Fahndungsausschreibung vom 26. Oktober 2004 ersucht Interpol Prag für die Justizbehörden der Tschechischen Republik um Festnahme der Verfolgten zum Zwecke der Sicherung ihrer späteren Auslieferung zur Strafverfolgung. Dem Ersuchen liegt der Haftbefehl des Bezirksgerichts Usti nad Labem vom 20. September 2004 ... zugrunde, der laut Fahndungsausschreibung folgenden Tatvorwurf zum Gegenstand hat:
Die Verfolgte soll im Jahre 1998 in der Tschechischen Republik in betrügerischer Absicht in insgesamt fünf Fällen Waren und Geräte ohne Bezahlung entgegen genommen und diese für sich verwertet haben ...
2. Die Verfolgte wurde am 23. November 2004 in B. festgestellt und aufgrund des Ersuchens vorläufig in Haft genommen. Das Amtsgericht H. erließ am 24. November 2004 eine Festhalteanordnung nach § 22 Abs. 3 Satz 2 IRG. Bei der richterlichen Anhörung gemäß § 22 Abs. 2 IRG hat die Verfolgte sich mit einer vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt und auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes nicht verzichtet.
II.
Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die Verfolgte gemäß §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, 15 IRG vorläufig in Auslieferungshaft zu nehmen, ist zu entsprechen.
1. Da die Tschechische Republik am 01. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten ist, bestimmt sich die Entscheidung über das Ersuchen nach dem Achten Teil (§§ 78 ff) des IRG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - Europäisches Haftbefehlsgesetz - vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1748). Der Zeitpunkt des Ersuchens bleibt dabei ebenso unerheblich wie der Zeitpunkt der ihm zugrunde liegenden Tat (OLG Stuttgart NJW 2004, 3437). Ein Ersuchen, das den Voraussetzungen der hiernach anwendbaren §§ 78, 16 Abs. 1 Nr. 1 IRG entspricht, liegt vor. Mit der Fahndungsausschreibung hat eine zuständige Stelle des ersuchenden Staates um die Anordnung von (vorläufiger) Auslieferungshaft ersucht. Dass als ersuchende Stelle lediglich Interpol Prag erkennbar wird, ändert hieran nichts (vgl. BGHSt 27, 383, 368).
2. Eine Auslieferung der Verfolgten erscheint nicht von vornherein unzulässig (§ 15 Abs. 2 IRG).
a) Auslieferungsfähigkeit ist gegeben (§§ 3, 81 Nr. 1 IRG). Die tschechischen Strafverfolgungsorgane werten die der Verfolgten zur Last gelegten Taten nachvollziehbar als Betrug, wofür § 250 des tschechischen Strafgesetzbuchs Freiheitsstrafe bis zu acht Jahren vorsieht. Die Prüfung der Strafbarkeit nach deutschem Recht entfällt bei diesem Tatvorwurf (§ 81 Nr. 4 IRG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses des Rats vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABlEG L 190 vom 28. Juli 2002).
b) Ob die Verfolgung der Taten nach deutschem Recht bereits verjährt wäre, braucht der Senat ebenfalls nicht zu überprüfen. Nach §§ 1 Abs. 4 Satz 1, 78 IRG findet auf Ersuchen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union das IRG Anwendung; soweit dieses im Achten Teil keine besonderen Regelungen enthält, gelten seine übrigen Bestimmungen. Eine nach deutschem Strafrecht eingetretene Verfolgungs- oder Vollstreckungsverjährung steht im Anwendungsbereich des IRG aber nach dessen § 9 Nr. 2 einer Auslieferung nur dann entgegen, wenn für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet ist (Vogel, in: Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, vor § 1 IRG Rn. 88; Vogler aaO. § 9 IRG Rn. 17; Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 9 IRG Rn. 19). Der Achte Teil des IRG enthält keine besonderen Vorschriften zur Verfolgungs- oder Vollstreckungsverjährung; für die Geltung des deutschen Strafrechts ergibt sich vorliegend kein Anhalt. Soweit § 1 Abs. 4 Satz 2 IRG die hilfsweise Heranziehung der vor Inkrafttreten des Europäischen Haftbefehlsgesetzes bereits geltenden multilateralen oder bilateralen Auslieferungsverträge vorschreibt, kann dies nicht die Folge haben, auf darin etwa enthaltene restriktivere Regelungen zur Verjährung nach deutschem Recht zurückzugreifen. Die in §§ 1 Abs. 4 Satz 1, 78 IRG zum Ausdruck kommende bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, das Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nunmehr dem IRG zu unterwerfen, verbietet bereits die Annahme einer durch die Heranziehung von Vertragsrecht zu schließenden Lücke. Das Ergebnis entspricht den Vorgaben in Art. 4 Nr. 4 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002, wonach die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls bei Verfolgungs- bzw. Vollstreckungsverjährung nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates ebenso nur im Falle konkurrierender Gerichtsbarkeit verweigert werden kann. Ob §§ 1 Abs. 4, 78, 79 Satz 1 IRG eine den Achten Teil ergänzende Anwendung der anderen Bestimmungen des IRG oder des Vertragsrechts überhaupt nur nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips zulassen (vgl. BT-Drucks. 15/1718, S. 14), kann deshalb offen bleiben.
c) Der Auslieferung der Verfolgten stünde es indes entgegen, wenn nach dem Recht der Tschechischen Republik Strafverfolgungsverjährung eingetreten wäre. Die Verfolgbarkeit der Tat bzw. die Vollstreckbarkeit des Erkenntnisses im ersuchenden Staat ist eine Grundvoraussetzung jeder Auslieferung (hierzu Vogel aaO. Rn. 76, 88). Dass weder Art. 8 des Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 noch § 83a IRG in der Fassung des Europäischen Haftbefehlsgesetzes eine Mitteilung des Zeitpunkts des Verjährungseintritts oder der hierfür maßgeblichen Umstände und Bestimmungen fordern, ändert deshalb nichts an der Verpflichtung, bestehenden Zweifeln nachzugehen und erforderlichenfalls dem ersuchenden Staat Gelegenheit zur Beibringung ergänzender Unterlagen zu geben (§ 30 Abs. 1 IRG). Dies muss schon deshalb gelten, weil zwischen Fahndungsersuchen und Antreffen des Verfolgten ein längerer Zeitraum liegen kann, in welchem die Verjährung meist nicht ruht. Anlass zur Klärung wird jedenfalls dann bestehen, wenn die sich nach deutschem Recht ergebende Frist bereits deutlich überschritten ist und mögliche Unterbrechungshandlungen nicht ersichtlich sind. Nach den von Interpol Prag mitgeteilten Tatzeiten und dem Datum des Haftbefehls ist dies vorliegend der Fall. Die abschließende Prüfung kann jedoch der Zulässigkeitsentscheidung vorbehalten bleiben. Im Rahmen der eingeschränkten Zulässigkeitsprognose nach § 15 Abs. 2 IRG genügt, dass die tschechischen Behörden aller Erfahrung nach ein Ersuchen um vorläufige Festnahme nicht mehr gestellt hätten, wenn bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten wäre.
10 
d) Nach den polizeilichen Feststellungen ist die Verfolgte tschechische Staatsangehörige und besitzt weder eine Aufenthaltsberechtigung noch eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland (§ 80 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 IRG). Gemäß ihren eigenen glaubhaften Angaben bei der richterlichen Vernehmung am 24. November 2004 unterhält sie aber seit etwa vier Jahren eine Lebensgemeinschaft mit einem T. K., mit dem sie seit 2002 in B. zusammenlebt. Im Hinblick auf § 80 Abs. 1, 3 Nr. 4 IRG wird deshalb noch die Staatsangehörigkeit des Genannten zu überprüfen sein. Sollte es sich um einen deutschen Staatsangehörigen handeln, wäre die tschechische Seite um eine Zusicherung zu ersuchen, dass der Verfolgten für den Fall der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe angeboten wird, sie auf Wunsch zur Vollstreckung in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuüberstellen (§ 80 Abs. 1 IRG). Ein fehlender Aufenthaltstitel der Verfolgten ändert hieran nichts. Die Gleichstellung eines ausländischen mit einem deutschen Staatsangehörigen knüpft, was § 80 Abs. 3 Nr. 4 IRG betrifft, lediglich an dessen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen an. Darauf, ob sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtmäßig ist, kommt es hier anders als bei § 80 Abs. 3 Nrn. 1 - 3 IRG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht an.
11 
3. Es besteht die Gefahr, die Verfolgte werde sich, käme sie auf freien Fuß, dem weiteren Auslieferungsverfahren und einer späteren Auslieferung entziehen (§§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG). ...

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 30. Nov. 2004 - 3 Ausl 103/2004; 3 Ausl 103/04 zitiert 13 §§.

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(1) Reichen die Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus, so entscheidet das Oberlandesgericht erst, wenn dem ersuchenden Staat Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen beizubringen. Für ihre Be

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Ist für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet, so ist die Auslieferung nicht zulässig, wenn 1. ein Gericht oder eine Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen den Verfolgten wegen der Tat ein Urteil oder eine Entscheidung mit ent

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 22 Verfahren nach vorläufiger Festnahme


(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen. (2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung

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(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung oder gegen seine vorläufige Festnahme erheben will. § 21 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Ergriffene nicht die Person ist, auf die sich das Ersuchen oder die Tatsachen im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 4 beziehen, so ordnet der Richter beim Amtsgericht seine Freilassung an. Andernfalls ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist. § 21 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 und 7 gilt entsprechend.

(1) Die Auslieferungshaft kann unter den Voraussetzungen des § 15 schon vor dem Eingang des Auslieferungsersuchens angeordnet werden, wenn

1.
eine zuständige Stelle des ersuchenden Staates darum ersucht oder
2.
ein Ausländer einer Tat, die zu seiner Auslieferung Anlaß geben kann, auf Grund bestimmter Tatsachen dringend verdächtig ist.

(2) Der Auslieferungshaftbefehl ist aufzuheben, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung oder der vorläufigen Festnahme insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist, ohne daß das Auslieferungsersuchen und die Auslieferungsunterlagen bei der in § 74 bezeichneten Behörde oder bei einer sonst zu ihrer Entgegennahme zuständigen Stelle eingegangen sind. Hat ein außereuropäischer Staat um Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft ersucht, so beträgt die Frist drei Monate.

(3) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens und der Auslieferungsunterlagen entscheidet das Oberlandesgericht unverzüglich über die Fortdauer der Haft.

(1) Soweit dieser Teil keine besonderen Regelungen enthält, finden die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes auf den Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anwendung.

(2) Dieser Teil geht den in § 1 Abs. 3 genannten völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit er abschließende Regelungen enthält.

(1) Die Auslieferungshaft kann unter den Voraussetzungen des § 15 schon vor dem Eingang des Auslieferungsersuchens angeordnet werden, wenn

1.
eine zuständige Stelle des ersuchenden Staates darum ersucht oder
2.
ein Ausländer einer Tat, die zu seiner Auslieferung Anlaß geben kann, auf Grund bestimmter Tatsachen dringend verdächtig ist.

(2) Der Auslieferungshaftbefehl ist aufzuheben, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung oder der vorläufigen Festnahme insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist, ohne daß das Auslieferungsersuchen und die Auslieferungsunterlagen bei der in § 74 bezeichneten Behörde oder bei einer sonst zu ihrer Entgegennahme zuständigen Stelle eingegangen sind. Hat ein außereuropäischer Staat um Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft ersucht, so beträgt die Frist drei Monate.

(3) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens und der Auslieferungsunterlagen entscheidet das Oberlandesgericht unverzüglich über die Fortdauer der Haft.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.

(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten richtet sich nach diesem Gesetz.

(2) Strafrechtliche Angelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verfahren wegen einer Tat, die nach deutschem Recht als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße oder die nach ausländischem Recht mit einer vergleichbaren Sanktion bedroht ist, sofern über deren Festsetzung ein auch für Strafsachen zuständiges Gericht entscheiden kann.

(3) Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes vor.

(4) Die Unterstützung für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit mit einem Mitgliedstaat der Europäischen Union richtet sich nach diesem Gesetz.

(5) Die Unterstützung für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit, die den Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit der Republik Island oder dem Königreich Norwegen betrifft, richtet sich nach diesem Gesetz.

Ist für die Tat auch die deutsche Gerichtsbarkeit begründet, so ist die Auslieferung nicht zulässig, wenn

1.
ein Gericht oder eine Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen den Verfolgten wegen der Tat ein Urteil oder eine Entscheidung mit entsprechender Rechtswirkung erlassen, die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (§ 204 der Strafprozeßordnung), einen Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage verworfen (§ 174 der Strafprozeßordnung), das Verfahren nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen eingestellt (§ 153a der Strafprozeßordnung) oder nach Jugendstrafrecht von der Verfolgung abgesehen oder das Verfahren eingestellt hat (§§ 45, 47 des Jugendgerichtsgesetzes) oder
2.
die Verfolgung oder Vollstreckung nach deutschem Recht verjährt oder auf Grund eines deutschen Straffreiheitsgesetzes ausgeschlossen ist.

(1) Der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten richtet sich nach diesem Gesetz.

(2) Strafrechtliche Angelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verfahren wegen einer Tat, die nach deutschem Recht als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße oder die nach ausländischem Recht mit einer vergleichbaren Sanktion bedroht ist, sofern über deren Festsetzung ein auch für Strafsachen zuständiges Gericht entscheiden kann.

(3) Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes vor.

(4) Die Unterstützung für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit mit einem Mitgliedstaat der Europäischen Union richtet sich nach diesem Gesetz.

(5) Die Unterstützung für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit, die den Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit der Republik Island oder dem Königreich Norwegen betrifft, richtet sich nach diesem Gesetz.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:

1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

(1) Reichen die Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus, so entscheidet das Oberlandesgericht erst, wenn dem ersuchenden Staat Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen beizubringen. Für ihre Beibringung kann eine Frist gesetzt werden.

(2) Das Oberlandesgericht kann den Verfolgten vernehmen. Es kann sonstige Beweise über die Zulässigkeit der Auslieferung erheben. Im Fall des § 10 Abs. 2 erstreckt sich die Beweiserhebung über die Zulässigkeit der Auslieferung auch darauf, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint. Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Oberlandesgericht, ohne durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.

(3) Das Oberlandesgericht kann eine mündliche Verhandlung durchführen.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn

1.
gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen, und
2.
die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 nicht vor, ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur zulässig, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegen und die Tat
2.
keinen maßgeblichen Bezug zum Inland aufweist und
3.
auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre, und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum Inland liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist. Bei der Abwägung sind insbesondere der Tatvorwurf, die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten einer effektiven Strafverfolgung und die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten unter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen. Liegt wegen der Tat, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, eine Entscheidung einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts vor, ein deutsches strafrechtliches Verfahren einzustellen oder nicht einzuleiten, so sind diese Entscheidung und ihre Gründe in die Abwägung mit einzubeziehen; Entsprechendes gilt, wenn ein Gericht das Hauptverfahren eröffnet oder einen Strafbefehl erlassen hat.

(3) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. § 41 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) (weggefallen)

(1) Die Auslieferungshaft kann unter den Voraussetzungen des § 15 schon vor dem Eingang des Auslieferungsersuchens angeordnet werden, wenn

1.
eine zuständige Stelle des ersuchenden Staates darum ersucht oder
2.
ein Ausländer einer Tat, die zu seiner Auslieferung Anlaß geben kann, auf Grund bestimmter Tatsachen dringend verdächtig ist.

(2) Der Auslieferungshaftbefehl ist aufzuheben, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung oder der vorläufigen Festnahme insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist, ohne daß das Auslieferungsersuchen und die Auslieferungsunterlagen bei der in § 74 bezeichneten Behörde oder bei einer sonst zu ihrer Entgegennahme zuständigen Stelle eingegangen sind. Hat ein außereuropäischer Staat um Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft ersucht, so beträgt die Frist drei Monate.

(3) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens und der Auslieferungsunterlagen entscheidet das Oberlandesgericht unverzüglich über die Fortdauer der Haft.