Verwaltungsgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2014 - 14 K 1017/10
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist der durch das Amtsgericht Potsdam (35 IN 950/11) bestellte Insolvenzverwalter über das Vermögen der ehemaligen Klägerin, der N. M. GmbH. Diese war eine seit den 1990er Jahren international tätige Spedition mit Sitz in O. O1. , die in ihrem Betrieb mehrere Speditionsfahrzeuge unterschiedlicher Euroklassen einsetzte.
3Mit dem Gesetz über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (ABMG) vom 12. April 2002 wurde im Gebiet der Beklagten erstmals eine Autobahn-Maut eingeführt. Die Mauterhebung wurde zum 1. Januar 2005 aufgenommen. Der Betrieb des Mautsystems wurde durch Konzessionsvertrag auf die Firma Toll Collect GmbH übertragen.
4Die Höhe der Mautsätze wurde durch entsprechende Rechtsverordnungen festgelegt. Dazu wurde 2002 erstmals ein Gutachten durch die Prognos AG und das Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung an der Universität Karlsruhe (TH) (IWW) erstellt (Wegekostengutachten 2002). Mit der Verordnung zur Festsetzung der Höhe der Autobahnmaut für schwere Nutzfahrzeuge (MautHV) vom 24. Juni 2003 setzte die Beklagte für die Benutzung der Autobahnen erstmals die Höhe der Mautgebühren fest. In den Folgejahren wurde die MautHV mehrfach geändert. Für die Jahre 2009 und 2010 galt die MautHV in der Fassung vom 20. November 2008; vom 1. Januar 2011 bis zum 18. Juli 2011 galt die MautHV in der Fassung vom 8. Dezember 2010; vom 19. Juli 2011 bis zum 26. Juli 2013 galt die Anlage 2 zu § 14 des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen (BFStrMG). Seit dem 27. Juli 2013 ergeben sich die Mautsätze aus der Anlage 1 zu § 3 Abs. 3 BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013. Für Altfälle regelt § 14 Abs. 1 bis 3 BFStrMG i.V.m. den Anlagen 1 bis 3 die Mautsätze für die oben genannten Zeiträume bis einschließlich 26. Juli 2013 rückwirkend neu, ohne dass die jeweiligen Höhen der Mautsätze im Einzelnen geändert wurden.
5Grundlage für die Festsetzung der Mauthöhe für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 war die „Aktualisierung der Wegekostenrechnung für die Bundesfernstraßen in Deutschland“ der ProgTrans AG aus Basel und des IWW vom 30. November 2007 (Wegekostengutachten 2007). Danach wurde im Kern die Grundstruktur des Wegekostengutachtens 2002 übernommen. Insbesondere wurden die Kapitalkosten, die neben den laufenden Kosten die Infrastrukturkosten ausmachen, auf Basis künftiger Reinvestitionszyklen (life cycle costing) bewertet. Weiter wurde die Betriebsfiktion eines privaten Unternehmens im öffentlichen Eigentum beibehalten. Im Rahmen der Abschreibungen und der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung wurde als Methode das synthetische Verfahren (ökonomische Abschreibung; Ausprägung der sog. Life Cycle Cost-Berechnung) zugrunde gelegt. Bei dieser Methode wird zunächst anhand der Wiederbeschaffungspreise der zu berücksichtigenden Bauelemente (Strecke, Tunnel, Brücke, Knoten, Ausstattung, Meistereien und Rastanlagen) das Bruttoanlagevermögen ermittelt. Um Wertminderungen und Abnutzungen berücksichtigen zu können, werden Tagesgebrauchtwerte der Bauelemente ermittelt, die zusammengefasst das Nettoanlagevermögen bilden, welches Basis der Abschreibungen und Eigenkapitalverzinsungen ist. Zur Berechnung der Tagesgebrauchtwerte wird zunächst das normierte Nettovermögen ermittelt. Dieses besteht aus dem Verhältnis zwischen Restleistungsabgabe und Gesamtleistungsabgabe bzw. Restlebensdauer und Gesamtlebensdauer. Schließlich werden die Tagesneuwerte mit dem normierten Nettovermögen des jeweiligen Bauelements zum Tagesgebrauchtwert multipliziert, so dass auch Preissteigerungen und technischer Fortschritt Berücksichtigung finden. Die Abschreibung der jeweiligen Rechnungsperiode besteht in der Differenz der ermittelten und prognostizierten Tagesgebrauchtwerte am Anfang und am Ende der jeweiligen Periode. Bei der Prognose der Tagesgebrauchtwerte für zukünftige Perioden wurde neben den bis dahin erfolgten Abschreibungen auch ein Baupreiskostenindex (im Rahmen der Ermittlung des Bruttoanlagevermögens) sowie die in dieser Periode erfolgten Reinvestitionskosten berücksichtigt. Durch die ökonomische Abschreibungsmethode soll jeder Nutzergeneration der entsprechende Ressourcenverzehr zugeordnet werden und trotz offener Abschreibungspläne die Summenbedingung erfüllt werden.
6Der Zinssatz für die Eigenkapitalverzinsung wurde als Nominalzins zu öffentlichen Kapitalmarktbedingungen festgelegt. Dabei ging man für das Jahr 2005 von einem Zinssatz in Höhe von 4% aus. Da mit steigenden Zinsen für die Zukunft gerechnet wurde, wurde dem Berechnungsmodell ein lineares Wachstum des Zinssatzes von 4 % auf 5,5 % im Jahr 2012 zugrunde gelegt.
7Unter dem 14. April 2008 und 22. September 2008 wurden durch die ProgTrans AG und die IWW Variantenrechnungen veröffentlicht. In der Ergebnisdokumentation „Varianten zur Berechnungsmethodik Grunderwerb und zum Zinssatz“ wurden die Auswirkungen auf die Mautsätze für den Fall von konstant bleibenden Zinssätzen (4,25 %; 4,5 %; 4,75 %) sowie bei Annahme der Kosten des Grunderwerbs auf Basis des Wegekostengutachtens 2002 berechnet. In der Ergebnisdokumentation „Varianten zur Mautspreizung bei Absenkung der Mautsätze in Kategorie C“ wurden die Auswirkungen einer Absenkung der Sätze in der Kategorie C um 1 Cent oder 2 Cent bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmeausfälle durch proportionale Anhebung der Mautsätze in den übrigen Kategorien berechnet.
8Die ursprüngliche Klägerin teilte mit Schreiben vom 14. April 2009 der Beklagten mit, dass sie erhebliche rechtliche Bedenken bzgl. der Mautpflicht habe und die Mautbeträge lediglich unter Vorbehalt zahle. Die Beklagte teilte am 3. Juli 2009 mit, dass eine Rückzahlung nur in Abhängigkeit vom Ausgang eines Musterverfahrens über die Rechtmäßigkeit der Mautentgelte in Betracht komme.
9Die ursprüngliche Klägerin hat am 22. Februar 2010 Klage erhoben und führt eines der genannten Musterverfahren. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter unter dem 14. November 2012 mitgeteilt, dass der Prozess fortgeführt werden solle.
10Zur Begründung wird vorgetragen, die Klage sei zulässig und begründet.
11Durch die Neufassung des BFStrMG im Jahr 2013 habe sich an der Rechtswidrigkeit der Mautsätze nichts geändert. Der Gesetzgeber habe diese nur von der Verordnungs- auf die Gesetzesebene „hochgehievt“, um verfassungsrechtlichen Einwänden des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) gegen die bisherige MautHV die unmittelbare prozessrechtliche Wirkung zu nehmen. Dies sei für das vorliegende Verfahren jedoch unerheblich, da sich der Kläger nicht auf verfassungsrechtliche Argumente stütze, sondern die Mautsätze für unionsrechtswidrig halte. Da die Mautsätze gegen Unionsrecht verstoßen würden, dürften die gesetzlichen Regelungen aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht angewendet werden, so dass es an einer Grundlage für die Höhe der Mautsätze fehle. Die Gesetzesbestimmungen könnten auch nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden.
12Die Mautsätze für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 18. Juli 2011 würden gegen die Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 (Wegekostenrichtlinie 1999) in der Fassung der Richtlinie 2006/38/EG vom 17. Mai 2006 (Wegekostenrichtlinie 2006) verstoßen. Die Wegekostenrichtlinie 2006 sehe rechtlich verbindliche Obergrenzen für die Erhebung von Mautsätzen vor. Dies betreffe vor allem die Bewertungsmethode des Anlagevermögens. Dieses sei anhand der historischen Herstellungskosten abzüglich bereits erfolgter Abschreibungen zu ermitteln. Die Wegekostenrichtlinie sei insoweit eng auszulegen, da sie die Dienstleistungsfreiheit der Transportunternehmer und die Warenverkehrsfreiheit der Auftraggeber beschränke und daher einer besonderen Rechtfertigung bedürfe. Deshalb müsse im Zweifel bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige gewählt werden, die zu geringeren finanziellen Belastungen für das Transportgewerbe führe. Die Heranziehung einer Bewertungsmethode auf Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten ergebe sich weiter aus einer Zusammenschau von Teilregelungen der Wegekostenrichtlinie 2006. So könnten vor allem der englischen und französischen Fassung des Art. 2 lit. a) aa) Wegekostenrichtlinie 2006 entnommen werden, dass für die Baukosten die jeweils konkrete Sachlage entscheidend sei. Aus dem Erwägungsgrund 9 Wegekostenrichtlinie 2006 ergebe sich, dass ein ggf. vorhandener Anteil, der aus Europäischen Gemeinschaftsmitteln finanziert worden sei, nicht über Mautgebühren wieder eingezogen werden dürfe. Eine solche Aufschlüsselung sei nur möglich, wenn man auf die Herstellungskosten abstelle. Auch im Anhang III Abschnitt 2.1 Wegekostenrichtlinie 2006 werde auf das tatsächlich bereits investierte Kapital abgestellt. Anhang III Wegekostenrichtlinie 2006 sei auch unmittelbar anwendbar, da das System zwar vor dem 10. Juni 2008 eingeführt worden sei, zwischenzeitlich aber eine wesentliche Änderung erfahren haben, Art. 7a Abs. 3 Unterabs. 3 Wegekostenrichtlinie 2006. Jedenfalls habe diese Regelung eine dahingehende Indizwirkung, da nicht erkennbar sei, dass der Richtliniengeber bzgl. der Berechnungsmethode zwischen alten und neuen Systemen habe unterscheiden wollen.
13Damit mache die Richtlinie mit dem Bezug auf Baukosten sowie auf Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrsweges klare Vorgaben, von denen die Mitgliedstaaten nicht abweichen dürften. Diesen Anforderungen würden die auf Basis des Wegekostengutachtens 2007 ermittelten Mautsätze nicht gerecht.
14Das Wegekostengutachten 2007 ermittle entgegen den Anforderungen der Wegekostenrichtlinie 2006 die Höhe der Abschreibungen und Eigenkapitalverzinsung auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten. Die Ermittlung des Anlagevermögens sei anhand eines fiktiven Brutto-Anlagevermögens erfolgt, welches die Tagesneuwerte berücksichtige. Dem Wegekostengutachten 2002 sei zu entnehmen, dass das Bruttovermögen einer Autobahnstrecke der Betrag sei, der im Jahr 2000 für eine vergleichbare, auf dem neuesten Stand der Technik gebaute Neustrecke hätte aufgewendet werden müssen. Dieser gehe gar über den Tagesneupreis hinaus, da auch Qualitätskomponenten der Wiederbeschaffung (Ansprüche der Verkehrssicherheit, Umweltverträglichkeit, Komfort) berücksichtigt worden seien. Damit seien Werte von Anlagenkomponenten berücksichtigt worden, die im Autobahnnetz tatsächlich gar nicht eingebaut worden seien. Dieser Fehler sei auch nicht durch die Ermittlung des Netto-Anlagenvermögens behoben worden, da auch dieses auf Basis der Tagesneuwerte (Brutto-Anlagevermögen) in Abhängigkeit zum jeweiligen normierten Nettovermögen berechnet worden sei. Diese Ermittlungsmethode liege auch dem Wegekostengutachten 2007 zu Grunde. Weiter sei die Berücksichtigung des Wiederbeschaffungszeitwertes bei der Bewertung der Grundstücke unabhängig davon rechtswidrig, da die einmal erworbenen Grundstücke nicht „wiederbeschafft“ werden müssten. Die tatsächlichen Erwerbskosten, die z.T. deutlich niedriger als die aktuellen Wertschätzungen liegen dürften, seien heranzuziehen. Zudem dürfe nicht aus „Opportunitätsgründen“ berücksichtigt werden, welcher Alternativnutzung die Grundstücke zugänglich gemacht werden könnten, so dass die Differenzierung nach dem „Urbanitätsmaß“ rechtswidrig sei. Dass die Festsetzung der Maut angeblich auf einer Variantenrechnung beruhe, die die Neubewertung der Grundstücke unberücksichtigt lasse, ändere an der Fehlerhaftigkeit der Kalkulation nichts. Außerdem fehle der konkrete Nachweis, dass die Mautsätze tatsächlich auf einer der behaupteten Variantenrechnungen beruhen würden. Weiter habe auch nicht der Wert für Rohbauland, sondern der Wert für Land für Verkehrszwecke herangezogen werden müssen. Dieser liege deutlich unter dem Preis für Rohbauland und sei zudem in den vergangenen Jahren gesunken und nicht wie die Rohbaulandpreise gestiegen.
15Die Bewertung des Bruttovermögens anhand von Wiederbeschaffungszeitwerten schlage auch auf die Tagesgebrauchtwerte durch, die die Beklagte im Rahmen der Abschreibungen herangezogen habe. Die gewählte Abschreibungsform der Beklagten halte die Summenformel gerade nicht ein. So sei die Beklagte bereits im Wegekostengutachten 2002 nicht von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Ausgangsbasis ausgegangen. Indem die Beklagte 2005 zudem eine Neubewertung vorgenommen habe, sei auch die Preissteigerung von 2000 bis 2005 zu Unrecht in die Abschreibungsbeträge einbezogen worden. Die Summenformel werde bei der ökonomischen Abschreibungsmethode jedoch gerade nur dann eingehalten, wenn in der ersten Nutzungsperiode von den tatsächlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Ausgangsbasis ausgegangen werde.
16Durch Heranziehung der Wiederbeschaffungszeitwerte werde teilweise nicht vorhandenes Kapital zinspflichtig gemacht. Bei der Eigenkapitalverzinsung dürfe der Anlagewert nicht auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten ermittelt werden; dies widerspreche dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff. Den Zweck, diejenigen Mittel zu erwirtschaften, die eine Wiederbeschaffung der Anlage ermöglichen, erfülle allein die kalkulatorische Abschreibung. Die Eigenkapitalverzinsung solle lediglich berücksichtigen, dass gebundenes Kapital nicht wertsteigernd eingesetzt werden könne. Offenkundig werde dies bei der Bewertung der Grundstücke, da diese mangels Wiederbeschaffungsfunktion nicht abgeschrieben werden dürften. Dann dürfe aber auch nicht über den Umweg einer Eigenkapitalverzinsung auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten eine solche Wiederbeschaffungsfunktion erzielt werden. Auch für die Berechnung in den Prognosejahren habe die Beklagte zu Unrecht eine Preisniveauanpassung bei den Grundstückswerten vorgenommen.
17Der gewählte Zinssatz sei bei Annahme eines öffentlichen Unternehmens im Rahmen der Betriebsfiktion fehlerhaft. Es müsse auf die Zinslasten abgestellt werden, die für Anleihen der öffentlichen Hand in den vergangenen Jahren zu verzeichnen waren. Zudem dürfe nicht der Nominalzinssatz zugrunde gelegt werden, wenn gleichzeitig eine Abschreibung auf Grundlage der Wiederbeschaffungszeitwerte erfolge, da dann ein doppelter Inflationsausgleich erfolge. Es dürfe lediglich ein Realzinssatz in Ansatz gebracht werden. Es fehle weiter ein Abzug von Zinserträgen, die die Beklagte erwirtschafte, wenn sie mit der ökonomischen Abschreibung eine „Ansparrate für Ersatzinvestitionen“ gebildet habe.
18Die Mautsätze ab dem 19. Juli 2011 würden gegen die Richtlinie 2011/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Nutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (Wegekostenrichtlinie 2011) verstoßen. Diese Wegekostenrichtlinie bestätige, dass die tatsächlich historischen Kosten maßgeblich seien. Damit sei eine Kalkulation, die auf Wiederbeschaffungszeitwerte abstelle, weiterhin ausgeschlossen. Nach Art. 2 lit. b Wegekostenrichtlinie 2011 enthalte die Mautgebühr eine Infrastrukturgebühr und/oder eine Gebühr für externe Kosten. Die Infrastrukturgebühr werde als Abgabe zur Anlastung der infrastrukturbezogenen Bau-, Instandhaltungs-, Betriebs- und Ausbaukosten definiert. Die Definition der Baukosten sei nicht geändert worden. Insoweit entspreche dies der Regelung des Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 2006.
19Nachdem infolge der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 4. August 2010 mit Schriftsatz vom 27. Januar 2011 die Klage dahingehend erweitert worden ist, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Zuvielzahlungen aufgrund von Rundungsmängeln zu erstatten, haben die Beteiligten das Verfahren in der mündlichen Verhandlung insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt, da die Beklagte eine entsprechende Erstattung zugesichert hatte.
20Im Nachgang zur gesetzlichen Änderung des BFStrMG hat der Kläger seinen bisherigen Klageantrag im Schriftsatz vom 17. Dezember 2013 um den Punkt 1.b.) ergänzt.
21Der Kläger beantragt nunmehr,
22- 23
1. festzustellen, dass die ursprüngliche Klägerin nicht verpflichtet ist, für die von ihr im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit für den Güterkraftverkehr bestimmten und eingesetzten Kraftfahrzeuge
a.) die in der MautHV vom 20. November 2008 festgelegten Mautsätze
25b.) die in den §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 3 i.V.m. Anlage 1 des BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013 festgelegten Mautsätze
26an die Beklagte zu entrichten,
27- 28
2. die Beklagte zur Rückzahlung der von der ursprünglichen Klägerin seit dem 1. Januar 2009 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vorliegende Klage entrichteten Mautzahlungen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Sie führt zur Begründung aus, die Klageanträge seien bereits teilweise unzulässig, jedenfalls aber insgesamt unbegründet.
32Der Klageantrag 1.a.) sei mangels Feststellungsinteresse bereits unzulässig, da der Kläger den Antrag im Eventualverhältnis zum Antrag 1.b.) gestellt habe. Für den Fall der Nichtanwendung der Mautsätze nach dem BFStrMG (Klageantrag 1.b.) bestehe aber kein Feststellungsinteresse, da sich die Feststellung auf ein vergangenes Rechtsverhältnis beziehe. Der Leistungsantrag 2.) sei nicht hinreichend bestimmt, da die Geldforderung nicht vollständig beziffert oder bestimmbar sei. Zudem fordere sie zukünftige Leistungen, wenn sie „Rückzahlung“ für Mautgebühren zwischen dem Entscheidungsdatum und der Rechtskraft der Entscheidung begehre, ohne dass die nach § 173 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. §§ 257 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) verlangten Voraussetzungen hierfür vorlägen. Auch der Zinsanspruch sei nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar.
33Die Klage sei auch unbegründet. Die Mautsätze würden weder gegen die Wegekostenrichtlinie 2006 noch gegen die Wegekostenrichtlinie 2011 verstoßen. So lege die Wegekostenrichtlinie 2006 keine „verbindliche Obergrenze“ fest, sondern lasse dem nationalen Gesetzgeber gerade einen weiten Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die Berechnung der Mautsätze. Dies decke sich auch mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH), der zu Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 1999 festgestellt habe, dass diese Regelung keine konkrete Berechungsmethode enthalte und den Mitgliedstaaten einen sehr weiten Spielraum belasse. Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 1999 sei nahezu identisch mit Art. 7 Abs. 9 Satz 2 Wegekostenrichtlinie 2006. Anderes ergebe sich auch nicht aus einer Zusammenschau anderer Regelungen der Wegekostenrichtlinie 2006. Hätte der Richtliniengeber bewusst eine bestimmte Bewertungsmethode vorgeben wollen, so hätte er dies ausdrücklich in die Regelungen aufgenommen und nicht lediglich durch Indizien angedeutet. Eine konkrete Vorgabe gelte nicht einmal für Mautsysteme, die nach dem 10. Juni 2008 eingeführt wurden (Anhang III Wegekostenrichtlinie 2006). Die Wegekostenrichtlinie 2006 sei auch nicht aufgrund der Grundfreiheiten eng auszulegen. So gelte die Dienstleistungsfreiheit schon nicht unmittelbar im Bereich des Verkehrs. Auch der Erwägungsgrund 9 Wegekostenrichtlinie 2006 spreche nicht gegen die gewählte Methode, da gerade nach dessen Satz 2 Halbsatz 2 kein Abzug erfolgen müsse. Somit werde durch die Wegekostenrichtlinie 2006 keine bestimmte Kalkulationsmethode festgelegt, die die Beklagte einhalten müsse.
34Im Rahmen des Wegekostengutachtens 2007 (Bewertung des Bruttoanlagevermögens) seien auch nicht die Wiederbeschaffungszeitwerte für die Zukunft herangezogen worden, sondern Basis der Kapitalverzinsung und der Abschreibungen sei das mittels Tagesgebrauchtwerte ermittelte gebundene Nettoanlagevermögen. Zugleich werde bei dieser Bewertungsmethode die Summenbedingung eingehalten, so dass gerade nicht nicht vorhandenes Kapital zinspflichtig gemacht werde. Gleichzeitig sei dadurch eine „Abschreibung unter Null“ ausgeschlossen. Es finde keine lineare Abschreibung auf Wiederbeschaffungsausgaben statt. Die von dem Kläger bevorzugte Bewertungsmethode stoße auf unüberwindbare tatsächliche Probleme. Die gewählte Bewertungsmethode widerspreche auch nicht der gewählten Betriebsfiktion eines öffentlichen/teilprivaten Unternehmens.
35Anders als der Kläger behauptet, seien weder die Neubewertung der Grundstücke noch ein Zinssatz von 5,5% in die Kalkulation eingeflossen, da bei der Festsetzung der Mauterhöhung zum 1. Januar 2009 eine Variantenrechnung durchgeführt worden sei, die die Grunderwerbsberechnung nach dem Wegekostengutachten 2002 und einen Zinssatz von 4,5% zugrunde lege. Es erfolge auch keine Abschreibung der Grundstücke, sondern lediglich eine Kapitalverzinsung mit einem Zinssatz unter Berücksichtigung der Inflationsrate. Die Veränderung der Tagesgebrauchtwerte der Grundstücke resultiere ausschließlich aus der Veränderung des Vermögensbestands als Saldo aus Zu- und Abgängen an Grundstücken.
36Die Wegekostenrichtlinie 2011 weise keine für das hiesige Verfahren erheblichen Änderungen zur Wegekostenrichtlinie 2006 auf. Auch sie enthalte keine „verbindliche Obergrenze“, sondern in Art. 7b Abs. 1 Satz 2 Wegekostenrichtlinie 2011 ein bloßes Orientierungsgebot. Bzgl. des zeitlichen Anwendungsbereichs sei zu beachten, dass die Wegekostenrichtlinie 2011 erst durch das BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013 umgesetzt worden sei und erst durch Ablauf der Umsetzungsfrist ab dem 16. Oktober 2013 greife.
37Selbst, wenn die klägerischen Bedenken gegen die den Mautsätzen zugrunde liegende Kapitalkostenermittlung zuträfen, liege kein Fall eines verdrängenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts vor, da die Richtlinienbestimmungen nicht unbedingt und hinreichend genau gefasst seien. So fehle es bereits an bezifferten Höchstsätzen für die Infrastrukturgebühr. Es werde auch keine bestimmte Kostenermittlungsmethode vorgegeben.
38Unabhängig davon sei nicht ersichtlich, dass die die von dem Kläger behauptete „Obergrenze“ überschritten werde, da nicht sicher sei, dass die angeblich vorgegebene alternative Kostenermittlungsmethode zu niedrigeren Mautsätzen führe.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe
41Nachdem die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache bzgl. des ursprünglichen Klageantrags zu 3.) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren insoweit gemäß § 92 Abs. 3 VwGO analog einzustellen.
42Die Klage hat im Übrigen keinen Erfolg.
43Der Klageantrag zu 1.a.) ist unzulässig, da die jeweiligen MautHV keine Grundlage mehr für die Mautsätze sein können. Insoweit fehlt dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Voraussetzungen für ein Feststellungsinteresse bei bereit abgeschlossenen Rechtsverhältnissen liegen nicht vor. Selbst wenn die Mautsätze in der Anlage 1 des BFStrMG rechtswidrig sein sollten, leben die Mautsätze der MautHV auch nicht wieder auf, da es bereits an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage des Gesetzgebers für die Geltung einer MautHV in der aktuellen Fassung des BFStrMG fehlt.
44Der zulässige Klageantrag zu 1.b.) ist unbegründet.
45Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die ursprüngliche Klägerin nicht verpflichtet ist, für die von ihr im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit für den Güterkraftverkehr bestimmten und eingesetzten Kraftfahrzeuge die in den §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 3 i.V.m. Anlage 1 des BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013 festgelegten Mautsätze zu entrichten.
46Denn die §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 3 i.V.m. Anlage 1 des BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013 stellen eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die in Streit stehenden Mautsätze dar, die sowohl den verfassungsrechtlichen (I.) als auch den in diesem Verfahren im Vordergrund stehenden europarechtlichen Anforderungen (II.) genügen. Die von dem Kläger im Einzelnen gerügten Kalkulations- und Methodenmängel (III.) liegen ebenfalls nicht vor. Schließlich greifen die in dem Verfahren „Obst“ (VG Köln: 25 K 6356/05; OVG NRW: 9 A 2054/07; BVerwG: 9 C 6.09 und 9 B 6.13) angeführten Kritikpunkte auf die Neuregelung der Mautsätze nicht durch (IV.)
47I.
48Verfassungsrechtlich ist zunächst festzuhalten, dass die §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 3 i.V.m. Anlage 1 des BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013 nicht gegen das grundgesetzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze verstoßen. Dieses Verbot, welches auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes beruht,
49vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 1 BvL 6/07 –, Rn. 41 m.w.N.; zitiert nach juris,
50wird nicht verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Normen mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig, es sei denn, dass das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn das Gesetz dazu dienen soll, eine unklare oder verworrene Rechtslage rückwirkend zu klären oder eine ungültige Norm durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzt werden soll.
51Vgl. grundlegend BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 – 2 BvL 6/59 –, Rn 59; zitiert nach juris.
52Eine unechte Rückwirkung liegt hingegen vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Dies ist der Fall, wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden (tatbestandliche Rückanknüpfung). Eine derartige Rückwirkung wird grundsätzlich als zulässig anerkannt, solange die Rückwirkung geeignet und erforderlich ist, den Gesetzeszweck zu erreichen und die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers nicht überwiegen.
53Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 1 BvL 6/07 –, Rn. 42 f., m.w.N.; zitiert nach juris.
54Gemessen an diesen Kriterien liegt kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.
55So auch OVG NRW im Erörterungstermin am 7. August 2013 – 9 A 2054/07 –, wonach „durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Mauthöheregelung [nicht] bestehen (...). Der Gesetzgeber dürfte vor dem Hintergrund der bereits seit dem Jahr 2003 geltenden Mauthöheverordnung unter Vertrauensschutzaspekten nicht gehindert gewesen sein, die Mauthöhe rückwirkend zu regeln.“
56Zwar liegt für die Zeiträume bis einschließlich 18. Juli 2011 ein Fall der echten Rückwirkung vor. Diese ist jedoch mangels Vertrauensschutzes der Betroffenen und berechtigten Absichten des Gesetzgebers ausnahmsweise zulässig. Mit der Neufassung des § 14 durch das Erste Gesetz zur Änderung des BFStrMG vom 23. Juli 2013, welches am 27. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ersetzte der Gesetzgeber die bisherigen Festsetzungen der Mautsätze in den jeweiligen MautHV für die Zeiträume zwischen dem 1. Juli 2003 bis einschließlich 18. Juli 2011. Durch die Neufassung des § 14 BFStrMG setzte der Gesetzgeber für bereits abgeschlossene Sachverhalte nunmehr auf gesetzlicher Grundlage die Höhe der Mautsätze fest. Er verabschiedete sich damit von der bisherigen Konstruktion, wonach die Mautsätze durch Rechtsverordnung (vgl. § 3 Abs. 2 ABMG) durch die Bundesregierung festgelegt wurden.
57Im Steuerrecht ist anerkannt, dass eine echte Rückwirkung vorliegt, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die geänderte Norm Auswirkungen auf bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume hat.
58Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 – 1 BvL 5/08 –, Rn. 42, und vom 10. Oktober 2012 – 1 BvL 6/07 –, Rn. 45; zitiert nach juris.
59Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BFStrMG ist die Maut spätestens bei Beginn der mautpflichtigen Benutzung zu entrichten. Gleiches ergab sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 ABMG, so dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes alle mautpflichtigen Sachverhalte, die von der Regelung des § 14 BFStrMG umfasst sind, seit mindestens zwei Jahren abgeschlossen waren.
60Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes stehen der nachträglichen Festsetzung der Mauthöhe durch eine gesetzliche Grundlage nicht entgegen. Die von den neuen Regelungen betroffenen Mautschuldner mussten bereits aufgrund der verordnungsrechtlichen Festlegung der Mautsätze von Anfang an mit deren Erhebung rechnen. Das gilt erst recht, wenn der Normgeber eine ältere Rechtsgrundlage, die sich möglicherweise als fehlerhaft erweist, nachträglich rückwirkend durch eine neue Rechtsgrundlage ersetzt und dabei die gleichen Gebührensätze veranschlagt, die bereits die Exekutive im Verordnungswege gewählt hatte.
61Vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Februar 2011 – 2 S 2251/10 –, Rn. 28 f.; zitiert nach juris.
62Der Gesetzgeber begründete die Neufassung des § 14 BFStrMG gerade mit dem Ziel einer klarstellenden gesetzlichen Bestätigung der in der Vergangenheit durch die MautHV festgesetzten Mautsätze. Struktur und Höhe der Mautsätze blieben unverändert. Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Maßnahme veranlasst, um durch eine rückwirkende gesetzliche Bestätigung der Mautsätze eine unklare Rechtslage zu beseitigen, die durch das Urteil des OVG NRW vom 25. Oktober 2012 entstanden sein soll.
63Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 17/13027) vom 14. Mai 2013 – BT-Drs. 17/13465 –.
64II.
65Die §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 3 i.V.m. Anlage 1 des BFStrMG in der Fassung vom 23. Juli 2013 verstoßen auch nicht gegen europarechtliche Vorschriften. Insbesondere verstößt die Beklagte nicht gegen die einschlägigen Wegekostenrichtlinien, wenn sie die Höhe der Mautsätze auf Grundlage des Wegekostengutachtens 2007 festgesetzt hat. Die ProgTrans AG und das IWW haben am 30. November 2007 die „Aktualisierung der Wegekostenrechnung für die Bundesfernstraßen in Deutschland“ vorgelegt. Unter dem 14. April und 22. September 2008 wurden Variantenrechnungen veröffentlicht, die die Auswirkungen von politisch angeregten Änderungsvorschlägen aufzeigen sollten. Im Rahmen ihres Gutachtens wählten die Gutachter die Betriebsfiktion eines privaten Unternehmens im öffentlichen Eigentum. Als Methodik für das Rechenwerk wurde das synthetische Verfahren herangezogen, welches anders als historische Verfahren – bspw. die Perpetual-Inventory-Methode (PIM) – nicht die ursprünglichen Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten als Basis heranzieht, sondern mittels Berechnung sogenannter Tagesgebrauchtwerte den Kapitalstock periodenbezogen ermittelt.
66Diese Kalkulationsmethode verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben aus den Wegekostenrichtlinien. Weder ist dem europäischen Primärrecht zu entnehmen, dass die Wegekostenrichtlinien dahingehend einschränkend auszulegen sind, dass nur eine bestimmte Kalkulationsmethode europarechtskonform ist, noch kann den Regelungen der Wegekostenrichtlinien selbst eine solche Regelungswirkung entnommen werden.
67Mit der Wegekostenrichtlinie 1999 wurde die Harmonisierung der Abgabesysteme und die Einführung gerechter Mechanismen für die Erhebung von Gebühren bezweckt. Mit der Wegekostenrichtlinie 2006, die am 10. Juni 2006 in Kraft getreten ist, wurde die Wegekostenrichtlinie 1999 geändert. Erwägungspunkt 5 Wegekostenrichtlinie 2006 ist zu entnehmen, dass u.a. eine Einzelbestimmung notwendig war, die Klarheit hinsichtlich der anrechenbaren Baukosten schafft. Erneut wurde die Wegekostenrichtlinie 1999 durch die Wegekostenrichtlinie 2011, die am 15. Oktober 2011 in Kraft getreten ist, geändert. In der Hauptsache ging es dem Richtliniengeber diesmal darum, Eckpunkte für die Berücksichtigung externer Kosten (Umweltkosten) in der Kalkulation festzulegen.
68Die Wegekostenrichtlinie 1999 wurde erlassen, nachdem der EuGH,
69vgl. Urteil vom 5. Juli 1995 – C-21/94 –,
70die Vorgängerrichtlinie 93/89/EWG wegen unzureichender Beteiligung des Parlaments für nichtig erklärt hatte, wobei die Wirkungen der Richtlinie bis zum Erlass der neuen Richtlinie aufrechterhalten wurden. Die Wegekostenrichtlinie 1999 – sowohl in der Fassung 2006 als auch in der Fassung 2011 – gibt den Mitgliedsstaaten weder ausdrücklich noch in Zusammenschau einzelner Artikel eine bestimmte Kalkulationsmethode vor.
71In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die nationalen Gerichte nationale Regelungen, die zur Durchführung einer Richtlinie erlassen wurden, nach ständiger Rechtsprechung des EuGH im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen haben.
72Vgl. EuGH, Urteil vom 12. Oktober 1993 – C-37/92 –, Rn. 7; zitiert nach juris.
73Die danach durchzuführende richtlinienkonforme Auslegung nationaler Vorschriften ist jedoch von der Frage zu unterscheiden, ob die Richtlinie selbst – wenn sie schon die Erhebung von Benutzungsgebühren und Mautsätzen erlaubt – aufgrund von Vorgaben aus den Grundfreiheiten einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass sie das Ziel hat, im Zweifel zu Gunsten der Transportunternehmen bzw. sonstiger Gebührenschuldner eine möglichst geringe Gebührenhöhe zu erreichen. Diese Frage ist zu verneinen.
74Eine solche Auslegung ergibt sich vor allem nicht aus der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Schon Art. 58 Abs. 1 AEUV stellt klar, dass für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs die Bestimmungen des Titels über den Verkehr nach Art. 90 ff. AEUV gelten. Insoweit entspricht es auch der Rechtsprechung des EuGH,
75vgl. Urteile vom 25. Januar 2011 – C-382/08 –, und vom 5. November 2002 – C-467/98 –, Rn. 123; EuGH, Schlussanträge vom 9. September 2003 – C-157/02 –, Rn. 121 m.w.N.; zitiert jeweils nach juris,
76Art. 56 AEUV in verkehrlichen Zusammenhängen nicht unmittelbar anzuwenden. Dem stehen auch nicht die Schlussanträge im Verfahren Rieser,
77vgl. EuGH, Schlussanträge vom 9. September 2003 – C-157/02 –, Rn. 123 ff.; zitiert nach juris,
78entgegen, da sich diese explizit auf den Zeitraum zwischen dem 20. Juli 1999 und dem 30. Juni 2000 beziehen.
79Vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 128; zitiert nach juris.
80In diesem Zeitraum bestand die Besonderheit, dass die Wirkungen der Vorgängerrichtlinie 93/89/EWG bereits am 20. Juli 1999 endeten und die Umsetzungsfrist der Wegekostenrichtlinie 1999 bis zum 1. Juli 2000 lief, so dass diese noch keine unmittelbare Wirkung erzielen konnte.
81Vielmehr ist die Dienstleistungsfreiheit entsprechend einer gemeinsamen Verkehrspolitik gemäß den Art. 90 ff. AEUV durch das Sekundärrecht zu verwirklichen. Art. 90 AEUV definiert eine gemeinsame Verkehrspolitik als Ziel. Art. 91 Abs. 1 AEUV gibt vor, welche Art von Regelungen zur Erreichung des Ziels einer gemeinsamen Verkehrspolitik erforderlich sind. Dabei war dem europäischen Normgeber bewusst, dass im Rahmen einer gemeinsamen Verkehrspolitik, die Schaffung der Dienstleistungsfreiheit eine zentrale Bedeutung hat.
82Vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. Mai 1985 – C-13/83 –, Rn. 64, mit dem der Rat verpflichtet wurde, die Dienstleistungsfreiheit im Verkehrsbereich zu verwirklichen; zitiert nach juris.
83In der Verordnung des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten (EWG Nr. 881/92) wurde die Dienstleistungsfreiheit im internationalen Güterkraftverkehr bspw. ausdrücklich eingeführt. Auch die Wegekostenrichtlinien sind in diesem Zusammenhang Teil der Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit, auch wenn dies aus Sicht des Richtliniengebers ein längerfristiger Prozess ist.
84Vgl. Erwägungsgrund 2 Wegekostenrichtlinie 1999: „Diese Ziele können nur stufenweise verwirklicht werden.“
85Der danach umfasste freie Dienstleistungsverkehr verlangt nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen ─ selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten ─, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Diesen Anforderungen wird die Wegekostenrichtlinie selbst gerecht, indem ein entsprechendes Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit ausdrücklich in Art. 7 Abs. 4 Wegekostenrichtlinie 2006 aufgenommen wurde. Danach dürfen die Maut- und Benutzungsgebühren weder mittelbar noch unmittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmens, des Landes oder Ortes der Niederlassung des Verkehrsunternehmens oder der Zulassung des Fahrzeugs oder des Ausgangs- oder Zielpunktes der Fahrt führen. Eine darüberhinausgehende Interpretation der Dienstleistungsfreiheit im Verkehrsbereich, wonach eine einschränkende Richtlinienauslegung angezeigt sei, um möglichst geringe Mautsätze im nationalen Regelungsgefüge zu erzielen, ist hingegen verfehlt. Die Liberalisierung des Transitverkehrs soll gerade nicht dazu führen, dass im Extremfall jede Art von Benutzungsgebühr oder Maut untersagt wird. Die Wegekostenrichtlinien bezwecken vielmehr im Spannungsverhältnis zwischen Dienstleistungsfreiheit und Umweltgesichtspunkten einen Ausgleich zu schaffen, indem die Höhe der zu erhebenden Gebühren durch die Infrastrukturkosten sowie externe Kosten begrenzt ist. Ein Missbrauch von marktbeherrschenden Stellungen einzelner Mitgliedstaaten mit starkem Transitverkehr sollte im Sinne der Dienstleistungsfreiheit unterbunden werden.
86Vgl. Boeing/Kotthaus/Maxian/Rusche in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, 52. Ergänzungslieferung (Januar 2014), Art. 91 AEUV Rn. 96.
87Auch dem allgemeinen Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV, welches ohne Zweifel auf dem Gebiet des Verkehrs Anwendung findet, ist keine dahingehende Auslegung der Richtlinie zu entnehmen. Art. 18 AEUV will ebenfalls jegliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit unterbinden. Insoweit genügt der Hinweis auf Art. 7 Abs. 4 Wegekostenrichtlinie 2006.
88Aber auch die Wegekostenrichtlinien sind ihrem Wortlaut nach und unter Berücksichtigung einer systematischen wie teleologischen Auslegung nicht dahingehend zu verstehen, dass eine konkrete Kalkulationsmethode durch den europäischen Sekundärrechtsgeber dem nationalen Gesetzgeber vorgegeben wurde. Mithin scheidet eine dahingehende richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Regelung aus, da diese bezüglich der gewählten Methodik schon nicht im Widerspruch zur Richtlinie steht.
89Den Wegekostenrichtlinien ist ausdrücklich keine Regelung hinsichtlich einer konkreten Kalkulationsmethode zu entnehmen. Für Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 1999, wonach sich die gewogenen durchschnittlichen Mautgebühren an den Kosten für den Bau, den Betrieb und den Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren müssen, entschied der EuGH bereits unter Bezugnahme auf die im Wesentlichen gleichlautende Vorgängerregelung in Art. 7 lit. h 93/89/EWG, dass dort zwar eine allgemeine Leitlinie für die Berechnung der Mautgebühren vorgegeben werde. Eine konkrete Berechnungsmethode enthalte die Regelung jedoch nicht und belasse den Mitgliedstaaten insoweit einen sehr weiten Spielraum.
90Vgl. EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 – C-157/02 –, Rn. 40 f.; zitiert nach juris.
91In diesem Rechtsstreit ging es zwar vordergründig um die Frage, ob sich ein Einzelner unmittelbar auf eine Richtlinienbestimmung beziehen darf, so dass die Antworten des Gerichts und auch des Generalanwalts in seinen Schlussanträgen,
92vgl. EuGH, Schlussanträge vom 9. September 2003 – C-157/02 –, Rn. 92 f.; zitiert nach juris,
93daraufhin abzielten, ob die Richtlinienbestimmung – Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 1999 – hinreichend bestimmt und unbedingt ist. Dennoch ist den Ausführungen deutlich zu entnehmen, dass die Vorschriften nicht den den Mitgliedstaaten verbleibenden Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Modalitäten der Kalkulation und der Berechnung der Mauthöhe in anderer Weise eingrenzen sollten. Der Kalkulations- und Berechnungsmodus für eine richtlinienkonforme Maut bleibe bei den Mitgliedstaaten. Auch die Neufassung des Art. 7 Abs. 9 durch die Wegekostenrichtlinie 2006 führt nicht dazu, dass der den Mitgliedstaaten zugestandene Spielraum derart eingeschränkt wird, dass nunmehr nur noch eine konkrete Berechnungsmethode für die Kalkulation offen bleibt. So ist Art. 7 Abs. 9 Satz 2 Wegekostenrichtlinie 2006 nahezu wortgleich zu Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 1999. Es erfolgte lediglich eine Anpassung der jeweiligen Begrifflichkeiten, ohne dass eine inhaltliche Neuausrichtung hiermit verbunden ist. Neu sind die Sätze 1 und 3, wonach die Mautgebühren auf dem Grundsatz der ausschließlichen Anlastung von Infrastrukturkosten beruhen und die gewogenen durchschnittlichen Mautgebühren auch eine Kapitalverzinsung oder Gewinnmarge zu Marktbedingungen umfassen können. Auch die neu eingeführten Definitionen in Art. 2 Wegekostenrichtlinie 2006 lassen keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Ermittlungsmethode zu. Dabei ging es dem Richtliniengeber – wie sich aus Erwägungspunkt 5 Wegekostenrichtlinie 2006 ergibt – allein darum, Klarheit hinsichtlich der anrechenbaren Baukosten zu schaffen. Im Klartext sollte festgelegt werden, welche Kostenpositionen dem Grunde nach überhaupt berücksichtigungsfähig sind. Wie die Kostenposition zu ermitteln ist, wurde gerade nicht festgelegt. Danach bleibt es bei einem Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wahl der Bewertungsmethoden der durch die Richtlinie determinierten einzelnen Kostenpositionen. Hiermit korrespondieren auch die in Anhang II Wegekostenrichtlinie 2006 festgesetzten Höchstsätze i.S.d. Art. 7 Abs. 7 Wegekostenrichtlinie 2006, die allein bezogen auf die genannten Euroklassen sowie der Achsanzahl bei einer Jahresgebühr nicht überschritten werden dürfen. Zum einen gilt Anhang II Wegekostenrichtlinie 2006 nur für die Benutzungsgebühren und nicht für Mautgebühren; zum anderen ist selbst durch die Angabe von Höchstgebühren weiter offen, wie die Mitgliedstaaten ihren Gebührensatz ermitteln. Es ist nach der Vorschrift nur ausgeschlossen, dass die Mitgliedstaaten einen höheren Satz festlegen, selbst wenn sie einen solchen durch eine ordnungsgemäße Kalkulation begründen könnten.
94Auch mit der Wegekostenrichtlinie 2011 wurde durch den Richtliniengeber keine konkrete Berechnungsmethode für die Mitgliedstaaten verbindlich vorgegeben. Die Regelungen in Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 2006 wurde nahezu wortgleich in Art. 7b Wegekostenrichtlinie 2011 übernommen. Es wurden lediglich die Begrifflichkeiten angepasst, um das Hauptregelungsziel der Richtlinie – die Berücksichtigungsfähigkeit externer Kosten – zu ermöglichen. Daher umfassen die Mautgebühren als Oberbegriff zukünftig neben den im vorliegenden Verfahren allein streitigen Infrastrukturgebühren auch Gebühren für externe Kosten.
95Anders als der Kläger meint, ergibt auch eine Gesamtschau von einzelnen Regelungen der Wegekostenrichtlinien nicht, dass für die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Kalkulation ausschließlich eine bestimmte Berechnungsmethode möglich ist.
96Dies gilt zunächst für Art. 2 lit. a) aa) Wegekostenrichtlinie 2006. Dort hat der Richtliniengeber die Wegekostenrichtlinie 1999 ergänzt, indem er einzelne Begrifflichkeiten definiert hat. Dem Erwägungsgrund 5 Wegekostenrichtlinie 2006 ist dabei zu entnehmen, dass Zweck dieser Definitionen war, Klarheit hinsichtlich der anrechenbaren Baukosten zu schaffen. Die berücksichtigungsfähigen Baukosten werden danach als „die mit dem Bau verbundenen Kosten, gegebenenfalls einschließlich der Finanzierungskosten, von neuen Infrastrukturen oder neuen Infrastrukturverbesserungen (...) oder Infrastrukturen oder Infrastrukturverbesserungen (...), die nicht mehr als 30 Jahre vor dem 10. Juni 2008 fertig gestellt wurden (...)“ definiert. Unter gewissen Umständen können auch Kosten für Infrastruktur oder Infrastrukturverbesserungen, die davor fertig gestellt wurden, als Baukosten berücksichtigt werden. Begrenzt werden die berücksichtigungsfähigen Baukosten der Höhe nach dadurch, dass „der Anteil der zu berücksichtigenden Baukosten den am 10. Juni 2008 (...) noch ausstehenden Anteil der laufenden Lebensdauerperiode der Infrastrukturbestandteile nicht überschreiten“ darf.
97Zwar werden nunmehr die fraglichen Kostenkategorien – jedenfalls für den Bereich der Baukosten – definiert, so dass der Spielraum der Mitgliedstaaten eingeschränkt wurde. Da jedoch weiter eine konkrete Berechnungsmethode fehlt, bleibt zumindest in diesem Punkt der Spielraum weiter bestehen. Es bleibt auch nach der Neufassung des Art. 2 Wegekostenrichtlinie 2006 dabei, dass danach zwar einzelne Kostenparameter aufgezeigt wurden. Wie diese jedoch im Einzelnen zu ermitteln sind, bleibt offen. Auch in der Neufassung der Wegekostenrichtlinie fehlen jegliche Anhaltspunkte, aus denen sich ergibt, wie nach Ansicht des Richtliniengebers das Anlagevermögen ermittelt werden soll, welche Art von Abschreibungen oder Höhe von Eigenkapitalzinssätzen zulässig sind. Lediglich die Berücksichtigung des Wertverlustes seit Herstellung ist vorgegeben.
98Dies dokumentiert auch ein direkter Vergleich mit Anhang IIIa Wegekostenrichtlinie 2011. Dort lässt sich praktisch nachvollziehen, welche Regelungsdichte der Richtliniengeber wählt, wenn er den Mitgliedstaaten konkrete Berechnungs- und Kalkulationsmethoden vorgeben will. In Anhang IIIa Wegekostenrichtlinie 2011 werden die Mindestanforderungen bei der Erhebung von Gebühren für externe Kosten aufgelistet. Dabei werden unter Ziffer 4.1 und 4.2. konkrete Berechnungsmethoden für die Kosten der verkehrsbedingten Luftverschmutzung und der verkehrsbedingten Lärmbelastung vorgegeben. Flankiert wird dies durch Anhang IIIb, der Höchstbeträge festlegt. Doch selbst im Anschluss an diese konkreten Vorgaben gibt der Richtliniengeber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die externen Kosten von seinen Vorgaben abweichend zu ermitteln, wenn wissenschaftlich nachgewiesene alternative Methoden angewendet werden, sofern die daraus resultierenden Beträge die Werte nach Anhang IIIb nicht überschreiten, vgl. Ziffer 4.2. Abs. 6 Anhang IIIa Wegekostenrichtlinie 2011.
99Im Vergleich hierzu wird auch bzgl. des Anhangs III Wegekostenrichtlinie 2006 klar, dass dieser – anders als der Kläger meint – keine konkrete Berechnungsmethode vorgibt. Dabei ist schon zu beachten, dass Anhang III nach Art. 7a Abs. 3 Wegekostenrichtlinie 2006 für das Mautsystem der Beklagten überhaupt nicht gilt. Danach gilt Anhang III nur für Mautsysteme, die nach dem 10. Juni 2008 eingeführt wurden. Für Mautsystem, die zum diesem Zeitpunkt bereits eingeführt waren, gilt Anhang III nicht, solange sie in Kraft bleiben und sofern sie nicht wesentlich geändert werden. Das hier streitige Mautsystem war bereits vor dem Stichtag eingeführt und erfuhr in der Folge auch keine wesentliche Änderung. Die klägerseits angeführte Erhöhung des Anlagevolumens im Rahmen des Wegekostengutachtens 2007 stellt sich lediglich als kalkulatorische Anpassung infolge neu bekanntgewordener Tatsachen dar. Hierin ist dem Grunde nach schon keine wesentliche Änderung zu sehen, da die Kalkulationsmethodik identisch geblieben ist. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem Erwägungsgrund 17 Wegekostenrichtlinie 2006, wonach eine wesentliche Änderung nicht vorliegt, wenn sie im ursprünglichen System vorgesehen ist. Modifizierungen der Mauthöhe infolge einer Aktualisierung der Kalkulation sind danach keine wesentlichen Änderungen, solange die eigentliche Kalkulationsmethode weiterhin Bestand hat. Letztendlich kann jedoch dahinstehen, ob Anhang III Wegekostenrichtlinie 2006 auf das Mautsystem der Beklagten unmittelbar anwendbar ist oder lediglich eine Indizwirkung haben könnte. Denn Anhang III Wegekostenrichtlinie kann kein Inhalt beigemessen werden, der eine konkrete Kalkulationsmethode vorschreibt. Dies zeigt schon die Überschrift des Anhangs, der mit „Eckpunkten für die Anrechnung der Kosten und die Berechnung der Mautgebühren“ überschrieben ist. Ziffer 2.1. gibt zunächst die einzelnen Kostenbestandteile der Infrastrukturkosten wieder. Dann folgen jedoch in zwei zentralen Punkten offene Formulierungen, die den Spielraum der Mitgliedstaaten offenbaren. So kann der nationale Normgeber entscheiden, ob die Anlastung der Baukosten auf die erwartete Lebensdauer der Infrastruktur oder auf eine andere Amortisationszeit gestützt wird. Die Art der Abschreibungen (linear, degressiv, progressiv) ist ebenfalls in die Entscheidungshoheit der Mitgliedstaaten gelegt worden. Das einzige Kriterium ist immer die transparente Darlegung der gewählten Optionen. Auch aus Ziffer 2.1. Spiegelstrich 4 des Anhangs III Wegekostenrichtlinie 2006 ergibt sich nicht, dass allein eine Kalkulationsmethode zulässig sein soll, die auf Basis tatsächlicher Herstellungskosten das Anlagenvermögen ermittelt. In diesem Spiegelstrich wird festgelegt, dass bei historischen Kosten die tatsächlich gezahlten Summen entscheidend sind. Bei zukünftigen Kosten ist eine angemessene Kostenschätzung in Anschlag zu bringen. Der Richtliniengeber führt in diesem Spiegelstrich eher Selbstverständlichkeiten aus. Ist für die Kalkulation auf historische Kosten abzustellen, so sind die gezahlten Beträge maßgebend. Es soll gerade nicht – anders als bei zukünftigen Kosten – geschätzt werden. Durch diesen Spiegelstrich sind jedoch weder unmittelbar noch mittelbar Kalkulationsmethoden ausgeschlossen worden, die gerade ohne die Heranziehung der historischen Kosten agieren. Gilt demnach schon für neu eingeführte Mautsysteme keine bestimmte Kalkulationsmethode, so ergibt sich erst Recht keine Indizwirkung für bestandsgeschützte Mautsysteme.
100Schließlich ist auch Erwägungsgrund 9 Wegekostenrichtlinie 2006 nicht geeignet, zu belegen, dass allein eine Kalkulationsmethode zulässig ist, die auf historischen Kosten basiert. Nach dessen Satz 2 sollte in den Fällen, in denen die Infrastrukturkosten durch den Gesamthaushalt der Europäischen Union mitfinanziert worden sind, der aus den Gemeinschaftsmitteln stammende Anteil nicht über Mautgebühren wieder einbezogen werden. Auf einen ersten Blick hin lässt sich dies wohl möglich dahingehend interpretieren, dass nur bei Berücksichtigung der historischen Kosten das Anlagevolumen um den tatsächlich geflossenen Anteil aus Gemeinschaftsmitteln reduziert werden kann. Zwingend ist dies aber nicht, da auch bei anderen Berechnungsmethoden der prozentuale Förderanteil berücksichtigt werden könnte. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass im 2. Halbsatz des Satzes 2 eine Ausnahme geregelt ist, wonach diese Bereinigung nicht zu erfolgen hat, wenn in Einzelbestimmungen der einschlägigen Gemeinschaftsrechtsakten vorgesehen ist, dass die künftigen Mauteinnahmen bei der Festsetzung des Finanzierungsanteils der Gemeinschaft berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist Art. 61 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, die die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds ersetzt hat, zu berücksichtigen. Gerade die Tatsache, dass der Richtliniengeber eine Ausnahme geregelt hat, lässt sich dafür anbringen, dass er gesehen hat, dass auch Berechnungsmethoden denkbar und zulässig sind, bei denen eine Berücksichtigung von Gemeinschaftsmitteln bereits im Rahmen der Gebührenkalkulation nicht oder nur erschwert möglich ist. Im Kern ist aber auch dieser Erwägungsgrund von seinem Sinn und Zweck her – unabhängig davon, dass es sich „nur“ um einen Erwägungsgrund handelt – nicht geeignet, mittelbare Rückschlüsse auf gewünschte Kalkulationsmethoden zuzulassen. Der Richtliniengeber wollte allein sicherstellen, dass der Mautschuldner nicht auch den durch Gemeinschaftsmitteln getragenen Anteil an den Infrastrukturkosten aufbringen muss. Ob dies nun dadurch erfolgt, dass das berücksichtigungsfähige Anlagevermögen reduziert wird oder die Mauteinnahmen bei zukünftigen Fördermitteln berücksichtigt (in Abzug gebracht) werden, ist eine Frage der gewählten Konstruktion; eine methodische Vorgabe für die Kalkulation ist darin jedenfalls nicht erkennbar.
101Liegt damit kein Verstoß der gesetzlich festgesetzten Mautsätze gegen europäisches Recht vor, kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage eines unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs nicht weiter an.
102III.
103Auch die einzelnen Kalkulations- und Methodenrügen des Klägers greifen nicht durch. Die Beklagte hat das Anlagevermögen in nicht zu beanstandender Weise ermittelt und auf dieser Basis eine rechtmäßige Eigenkapitalverzinsung sowie nicht zu beanstandende Abschreibungen vorgenommen.
104Das Wegekostengutachten 2007 hat die Methodik des Wegekostengutachtens 2002 übernommen und in einigen Punkten fortgeschrieben und konkretisiert. Das Wegekostengutachten 2002 markierte in der deutschen Verkehrspolitik einen Wendepunkt, da es eine Abkehr von der traditionellen Form der Wegekostenrechnung bedeutete. Seit der Wegekosten-Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages von 1969 basierte die Methodik der fortan bis 1991 vom Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) durchgeführten Wegekostenrechnung auf einem historischen Kostenermittlungsverfahren. Dieses Verfahren basierte auf einer jährlichen Abschreibung der Anschaffungsausgaben und verwendete planmäßige Abschreibungen zum Ausdruck des Werteverzehrs.
105Hiervon abweichend basiert die Kalkulationsmethode der Kapitalkosten, die neben den laufenden Kosten Bestandteil der Gesamtkostenrechnung sind, in den Wegekostengutachten 2002/2007 auf dem Prinzip eines synthetischen Verfahrens. Danach wird die Vermögensbewertung in einem ersten Schritt zwar durch Wiederbeschaffungszeitwerte im Basisjahr 2000 ermittelt und basiert nicht auf den ggf. mit Preisindizes weitergerechneten historischen Anschaffungskosten.
106Die auf dieser Basis angesetzten Kosten und die daraus resultierenden Mautsätze verstoßen nicht gegen das Gebot der Gebührengerechtigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG,
107vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2011 – 6 C 22.10 –, Rn. 65 ff. m.w.N.; zitiert nach juris,
108wird das Gebührenrecht durch den aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) folgenden Grundsatz der Gebührengleichheit bzw. Gebührengerechtigkeit beherrscht. Neben der danach erforderlichen Belastungsgleichheit muss vor allem der gewählte Maßstab den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügen. Danach steht dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die die Befugnis zur Typisierung und Pauschalierung sowie zur Verfolgung verhaltenslenkender Nebenzwecke einschließt. Der gewählte Maßstab muss sachgerecht und darf nicht willkürlich sein.
109Diesen Anforderungen ist die Beklagte im Rahmen der Festsetzung der Mautsätze gerecht geworden. Dies gilt insbesondere für die gewählte Ermittlungsmethode des Anlagevermögens, welches Basis der Abschreibungen und Eigenkapitalverzinsungen ist.
110Aus dem in Art. 3 Abs. 1 GG geregelten Gleichheitsgrundsatz kann nicht geschlossen werden, dass lediglich die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten Ausgangspunkt sein können, da dem Gesetzgeber insoweit ein weiter Entscheidungsspielraum offensteht, solange seine Entscheidung einen legitimen Zweck verfolgt.
111Vgl. BVerwG zur direkten Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert, Beschluss vom 25. März 1985 – 8 B 11.84 –, Rn. 11 m.w.N.; zitiert nach juris.
112Anders als der Kläger annimmt, basieren weder die Abschreibungen noch die Verzinsung auf einem Anlagevermögen, welches aus der Summe von Wiederbeschaffungszeitwerten der vorhandenen Infrastruktur besteht. In diesem Zusammenhang liegt ein Fehlverständnis des Klägers vor, so dass auch die klägerische Annahme, durch die Kalkulationsmethode im Wegekostengutachten würde nicht vorhandenes Kapital zinspflichtig gemacht, fehlgeht. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang auf den im kommunalen Abgabenrecht anzutreffenden Kostenbegriff. Die Hinweise auf Literaturmeinungen und Rechtsprechung zum kommunalen Gebührenrecht können für die vorliegende Gebührenrechnung jedoch nicht fruchtbar gemacht werden. Zwar finden sich dort Diskussionen, inwieweit Abschreibungen vom Wiederbeschaffungszeitwert oder nur von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zulässig sind.
113Vgl. insoweit allein Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabengesetz, Stand: März 2014; § 6 Rn. 141 ff.
114In einigen Bundesländer ist landesgesetzlich eine Abschreibung auf Grundlage der Anschaffungs- und Herstellungskosten vorgeschrieben; andere Bundesländer lassen diese Frage ungeregelt. Ein Vergleich zum kommunalen Abgabenrecht führt jedoch schon systembedingt nicht weiter. So ist von Gesetzes wegen (vgl. etwa § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW) im kommunalen Gebührenrecht von einer linearen (bezogen auf das Anlagegut gleichbleibenden) Abschreibung auszugehen. Der Eigenkapitalverzinsung muss das „aufgewandte Kapital“ zugrunde gelegt werden, wobei Beiträge und Zuschüsse Dritter bei der Verzinsung außer Betracht bleiben müssen. Grundsätzlich gilt, dass die Kosten nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähig sein müssen, vgl. z.B. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW. Entsprechende gesetzliche Regelungen finden sich im BFStrMG gerade nicht. Dort heißt es in § 3 Abs. 3 BFStrMG allein: „Die Höhe der Maut je Kilometer (Mautsatz) bestimmt sich nach der Anlage 1“. Darüber hinausgehende legislative Konkretisierungen der Kostenermittlung sucht man vergebens. Auch die europäischen Wegekostenrichtlinien sind wie dargelegt nicht genauer. In Art. 7 Abs. 9 Wegekostenrichtlinie 2006 ist festgehalten: „Die Mautgebühren beruhen auf dem Grundsatz der ausschließlichen Anlastung von Infrastrukturkosten. Die gewogenen durchschnittlichen Mautgebühren müssen sich ausdrücklich an den Baukosten und den Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren. Die gewogenen durchschnittlichen Mautgebühren können auch eine Kapitalverzinsung oder Gewinnmarge zu Marktbedingungen umfassen.“ Zusammengefasst geht es also nicht um die Frage, ob eine unmittelbare (lineare) Abschreibung auch auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten oder nur auf Basis der historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten erfolgen darf, sondern um die Frage, ob der Gesetzgeber die Mautsätze unter Heranziehung einer gutachterlichen Stellungnahme festsetzen darf, deren Berechnungsmodell außerhalb der aus dem kommunalen Abgabenrecht gewohnten Methoden liegt.
115Diese Frage ist zu bejahen. Der (allein) begriffsbezogene Bezugspunkt zwischen den Kalkulationen im kommunalen Gebührenrecht und der Methodik der Wegekostengutachten ist die Ermittlung des Bruttoanlagevermögens, in dem die Wiederbeschaffungszeitwerte typisierter Infrastrukturanlagenteile im Basisjahr ermittelt wurden. Von diesem Bruttoanlagevermögen wird jedoch weder unmittelbar abgeschrieben noch der kalkulatorische Zins ermittelt. Basis für die sich anschließenden Rechenoperationen bildet ein Nettoanlagevermögen, welches sich als ein bereinigtes Bruttoanlagevermögen darstellt, indem von diesem die Werte bereits in der Vergangenheit erfolgter Leistungsdauern bzw. Abnutzungen in Abzug gebracht werden. Die Berücksichtigung des Wiederbeschaffungszeitwerts im ersten Rechenschritt findet ihre sachliche Rechtfertigung in der Erwägung, dass die daran anknüpfende Abschreibung und Verzinsung nicht nur dem Zweck dienen, die durch Nutzung und Zeitablauf bedingte Entwertung der Anlage und Opportunitätskosten auszugleichen, sondern auch die Substanz der Anlage zu erhalten.
116Vgl. BVerwG, a.a.O.
117Auch die Berücksichtigung einer Qualitätskomponente im Rahmen des Bruttoanlagevermögens ist sachgerecht und durch den gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum gedeckt. Hinter der in den Wegekostengutachten sogenannten „Qualitätskomponente“ verbergen sich Mehrkosten, die in die Anlagenbewertung aufgenommen wurden. Bei der Ermittlung des Bruttoanlagevermögens wurden zunächst die Kosten berücksichtigt, die für die Planung und den Bau einer Anlage anfallen, welche in ihrer Art und Dimensionierung identisch mit der zu bewertenden Anlage ist. Zusätzlich wurden Kosten eingestellt, die aufgrund des zwischenzeitlichen technischen Fortschritts oder aktueller Ansprüche an die Verkehrssicherheit, Umweltverträglichkeit oder den Komfort bei einem Neubau anfallen würden. Eine solche Aufwertung des Bruttoanlagevermögens ließe sich jedoch nicht allein durch den Zweck der reproduktiven Substanzerhaltung rechtfertigen, da dieser allein auf die Möglichkeit abzielt, den bewerteten Anlagegegenstand in gleicher Form und Güte zum aktuellen Zeitwert zu erneuern, wenn dessen Funktionsleistung endet. Eine Vorabfinanzierung von Modifikationen bzw. technischen Fortschritts oder gar einer völlig andersartigen Anlage gehen über diesen Zweck hinaus. Im Einklang mit dem europäischen Richtliniengeber ist es dem Gesetzgeber jedoch nicht verwehrt, in einer angemessenen Weise die Ausbauperspektive bei der Gebührenfestsetzung mit einzubeziehen. Auch in diesem Zusammenhang wird der Unterschied zum kommunalen Abgabenrecht deutlich, da die Ersterrichtung einer Anlage durch den Aufgabenträger zunächst vorzufinanzieren ist und erst dann kalkulationswirksam wird, wenn die Anlage ihre Leistung aufnimmt. Von einem solchen engen Verständnis gehen die Wegekostenrichtlinien jedoch offensichtlich nicht aus. So sah bereits der Erwägungsgrund 17 Wegekostenrichtlinie 1999 vor, dass sich die gewogenen durchschnittlichen Mautgebühren an den Kosten für den Bau, den Betrieb und den Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren sollten. Insbesondere dem Aspekt des Ausbaus des Verkehrswegenetzes kommt eine in die Zukunft gerichtete Perspektive zu. Es geht gerade nicht nur darum, das investierte Kapital von den Gebührenschuldnern jedenfalls teilweise wieder einzunehmen, sondern die Leistungsfähigkeit der Verkehrswege soll ebenfalls für die Zukunft gesichert, erhalten und ausgebaut werden.
118Die Berücksichtigung der Qualitätskomponente ist auch angemessen, da sie die Anlagen, die noch gar nicht gebaut sind und genutzt werden können, gerade nicht in die Gebührenrechnung mit einbezieht. Somit ist das gebotene Äquivalenzprinzip zwischen Gebühr und Nutzung weiterhin gewahrt. Die kalkulatorische Bewertung der Bestands-Infrastruktur gemessen an heutigen Anforderungen ist jedoch angemessen, da nur so die Zukunftsfähigkeit und die europarechtlich vorgegebene Ausbauperspektive Niederschlag finden kann. Für die Kammer ist auch nicht ersichtlich, dass die Qualitätskomponente der Höhe nach derart dominant gegenüber den anderen Kostenpositionen ist, dass von einer willkürlichen Erhöhung der Mautsätze gesprochen werden kann.
119Die klägerseits aufgeworfene Frage, ob der Gesetzgeber auf Basis des Wegekostengutachtens 2007 auch die dort erfolgte Neubewertung des Bruttoanlagevermögens in Bezug auf die Grunderwerbskosten hätte berücksichtigen dürfen, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, da die damit verbundene Preissteigerung von 2000 bis 2005 keinen Niederschlag in der Gebührenhöhe gefunden hat. In Folge des Wegekostengutachtens 2007 erhielten die Gutachter nach Einwänden aus dem politischen Raum den Auftrag, mehrere Variantenrechnungen durchzuführen. Unter dem 14. April 2008 legten die Gutachter die Ergebnisdokumentation „Varianten zur Berechnungsmethodik Grunderwerb und zum Zinssatz“ vor. Darin wurden Berechnungen vorgenommen, die zum einen die Auswirkungen verschiedener konstanter Zinssätze (4,25 %; 4,5 % und 4,75 %) aufzeigen und zum anderen die Grunderwerbskosten einmal auf Basis des Wegekostengutachtens 2002 und einmal auf Basis des Wegekostengutachtens 2007 darstellen. Unter dem 22. September 2008 legten die Gutachter die weitere Ergebnisdokumentation „Varianten zur Mautspreizung bei Absenkung der Mautsätze in Kategorie C“ vor.
120Durch Vergleich der Variantenrechnungen mit den durch den Gesetzgeber zum 1. Januar 2009 festgesetzten Mautsätzen ist ersichtlich, dass Basis der Festsetzungen ein konstanter Zinssatz von 4,5%, Kosten des Grunderwerbs auf Basis des Wegekostengutachtens 2002 sowie eine Reduzierung in der Kategorie C um 2 Cent bei gleichzeitiger proportionaler Anhebung der Mautsätze in den übrigen Kategorien sind. Beispielhaft lässt sich dies an dem Mautsatz der Kategorie C (S 3 + PMK1, Achsklasse 1) nachvollziehen. Aus Tabelle 2.2. der Variantenrechnung von April 2008 lässt sich ein Mautsatz von 21 Cent/km entnehmen. Dieser Satz basiert auf einem Zinssatz von 4,5 % und den Grunderwerbskosten aus dem Wegekostengutachten 2002. Diese Höhe findet sich in Ausgangs-Tabelle 2.1-1 der Variantenrechnung aus September 2008. Diese Parallelität trifft auch auf alle anderen Mautsätze zu. Die Tabelle 2.3-1, die insoweit deckungsgleich mit den in Anlage 1 zu § 3 Abs. 3, 14 AbSatz 3 BFStrMG (19 Cent/km) festgelegten Mautsätzen ist, zeigt die errechneten Werte bei einer Reduktion der Mautsätze in Kategorie C um 2 Cent/km bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmeausfälle durch proportionale Anhebung der Mautsätze in den übrigen Kategorien.
121Schließlich ist auch die Berechnung der Grundstückswerte innerhalb des Bruttoanlagevermögens nicht fehlerhaft. Da Abschreibungen von Grundstückswerten nach der synthetischen Methode nicht stattfinden, weil weder die Nutzungsdauer während der zu betrachtenden Kalkulationsperiode abnimmt noch eine messbare Abnutzung der Grundstücke stattfindet (Wert des Nettovermögens bleibt bei 1), ist der grundstücksbezogene Bruttoanlagewert gleich dem entsprechenden Nettoanlagewert. Zugleich bedeutet dies, dass die Bewertung der Grundstücke allein Auswirkungen auf die Höhe der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung hat.
122Bei der Ermittlung des grundstücksbezogenen Anlagevermögens wurden unter Heranziehung real getätigter Grundstückskäufe in den 1990er Jahren Einheitssätze gebildet, die nach einzelnen Regionen und nach Umfang der Fahrstreifen differenziert sind. Diese Einheitskostensätze dienten als Multiplikator, indem die vorhandene Infrastruktur dem jeweiligen Einheitskostensatz zugeordnet wurde. Diese Ermittlungsmethode ist jedoch nicht willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG. In diesem Zusammenhang ist noch nicht einmal sicher, ob die von dem Kläger präferierte Kalkulationsmethode zu einem niedrigeren Grundstücksanlagewert kommen würde, da auch nach dieser Methode die ursprünglichen Anschaffungskosten im Rahmen der Eigenkapitalverzinsung mittels der Berücksichtigung eines Preisindex fortgeschrieben werden müssten. Jedenfalls kann der Beklagten nicht angelastet werden, dass sie alle berücksichtigungsfähigen Anlagenteile nach einer einheitlichen Methode bewertet. Die synthetische Methode verlangt die Bewertung jedes vorhandenen Anlagenteils anhand von belastbaren Annahmen, Statistiken und Gutachten. Bzgl. der Grundstücke ist selbstverständlich davon auszugehen, dass abhängig von Umfang und Lage unterschiedliche Grundstückswerte zu berücksichtigen sind. Die Gutachter im Wegekostengutachten 2002 haben dem Rechnung getragen, indem sie anhand von zum damaligen Zeitpunkt relativ aktuellen Verkaufswerten Einheitspreise für typisch anzutreffende Fallgruppen entwickelt haben. Bei der Basisberechnung im Wegekostengutachten 2002 wurden nicht abstrakte Baulandpreise etc. herangezogen, sondern anhand von Grundstückskäufen in den 1990er Jahren Einheitskostensätze gebildet, die für die vorhandene Infrastruktur nach differenzierten Untergruppen als Multiplikator dienten. Dieses Vorgehen berücksichtigt die Varianz der vorhandenen Grundstücke, ohne jedoch mit einem unangemessenen – vielleicht sogar unmöglichen – Verwaltungsaufwand für jeden einzelnen Autobahnkilometer einen Wert aus historischen Angaben heranzuziehen und fortzuschreiben. Augenscheinlich wird dies bei der Annahme, dass wohl auch Grundstücke zu bewerten sind, die bereits von Anbeginn im Eigentum des Bundes waren. Für diese gibt es keinen historischen Anschaffungspreis und dennoch sind sie Teil des Anlagevermögens.
123Dem Wegekostengutachten 2002 ist weiter zu entnehmen, dass bzgl. der grundstücksbezogenen Einheitswerte von einer jährlichen Preissteigerung von 0% ausgegangen wurde. Hiervon zu unterscheiden ist die Fortschreibung der Infrastrukturentwicklung in den jeweiligen Prognosejahren. Werden neue Autobahnen oder Bundesstraßen in den Prognosejahren gebaut, erhöht sich das Anlagevermögen auch bzgl. der nunmehr mit eingeschlossenen Grundstücke. Die in diesem Zusammenhang einzustellenden Grundstückswerte basieren jedoch ebenfalls auf den Einheitswerten aus dem Jahr 2000 und führen mangels Abschreibung zu der entsprechenden Erhöhung des grundstücksbezogenen Anlagevermögens.
124Die darüberhinausgehende Erhöhung des grundstücksbezogenen Anlagevermögens vom Wegekostengutachten 2002 zum Wegekostengutachten 2007 wurde durch die Beklagte jedenfalls unter Hinweis auf zwischenzeitlich erworbene Grundstücke logisch nachvollziehbar begründet, ohne dass der Kläger hiergegen stichhaltige Kritikpunkte vorgebracht hatte.
125Die auf Grundlage des ordnungsgemäß kalkulierten Anlagevermögens erfolgten Abschreibungen und Verzinsungen sind sowohl isoliert als auch kumuliert betrachtet rechtmäßig.
126Im Wege der synthetischen Abschreibung werden unter Berücksichtigung der Restleistungsfähigkeit / Restleistungsdauer die einzelnen Tagesgebrauchtwerte zu einem Nettoanlagevermögen an zwei Stichtagen aufeinanderfolgender Jahre summiert. Aus der danach zu berechnenden Differenz ergibt sich die gewollte periodengerechte Abschreibungssumme. Diese unterscheidet sich jedoch fundamental von einer Abschreibung auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten. Eine Abschreibung unmittelbar vom Wiederbeschaffungszeitwert führt nach Ablauf des Abschreibungszeitraums zu einem Wert, der oberhalb der ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten liegt, da die periodenbezogene Abschreibungssumme immer entsprechend der Preissteigerung mit ansteigt. Die sogenannte Summenbedingung wird in diesem Fall gerade nicht eingehalten.
127Dies zeigt die angeführte Beispielstabelle, welcher folgende Annahmen zu Grunde liegen: Anschaffungspreis = 100; gleichmäßige Abschreibung über 10 Jahre (jeweils 10%); Preissteigerung von 5% p.a.
128Periode |
Tagesneupreis |
Abschreibung |
1 |
100 |
10 |
2 |
105 |
10,5 |
3 |
110,25 |
11,03 |
4 |
115,76 |
11,58 |
5 |
121,55 |
12,16 |
6 |
127,63 |
12,76 |
7 |
134,01 |
13,40 |
8 |
140,71 |
14,07 |
9 |
147,75 |
14,78 |
10 |
155,13 |
15,51 |
Summe |
125,79 |
Unter dem Gesichtspunkt einer reproduktiven Substanzerhaltung wird im kommunalen Abgabenrecht (jedenfalls in NRW) eine derartige Abschreibungsmethode als zulässig anerkannt.
130Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, Rn. 29 ff.; zitiert nach juris.
131Bei der in den Wegekostengutachten vorgenommenen synthetischen Abschreibung wird die Summenbedingung jedoch eingehalten, obwohl ebenfalls der Wiederbeschaffungszeitwert Ausgangspunkt ist. Indem jedoch der auf dem Wiederbeschaffungszeitwert basierende Bruttoanlagebetrag prozentual um den bereits abgenutzten Werteverlust reduziert wird, entsteht der Nettoanlagebetrag zum Periodenanfang und -ende. Nur die danach entstehende Differenz ist die Abschreibungssumme. Bei einer im Abschreibungszeitraum unveränderten Preislage ergibt sich danach eine gleichbleibend hohe, periodenbezogene Abschreibungssumme. Dies zeigt die folgende Beispieltabelle:
132Periode |
Tagesneupreis |
Nettovermögen |
Gebrauchtwert |
Abschreibung |
1 |
100 |
1 |
100 |
10 |
2 |
100 |
0,9 |
90 |
10 |
3 |
100 |
0,8 |
80 |
10 |
4 |
100 |
0,7 |
70 |
10 |
5 |
100 |
0,6 |
60 |
10 |
6 |
100 |
0,5 |
50 |
10 |
7 |
100 |
0,4 |
40 |
10 |
8 |
100 |
0,3 |
30 |
10 |
9 |
100 |
0,2 |
20 |
10 |
10 |
100 |
0,1 |
10 |
10 |
11 |
100 |
0 |
0 |
0 |
Summe |
100 |
An diesem Ergebnis ändert auch die jährliche Berücksichtigung einer Preisentwicklung nichts. Die jeweilige Entwicklung führt lediglich zu einer internen Verschiebung der Belastung der jeweiligen Generation. Bei Preissteigerungen (z.B. 5 % p.a.) während des Abschreibungszeitraums kommt es zunächst zu niedrigeren Abschreibungssummen in den Anfangszeiträumen. Gegen Ende des Abschreibungszeitraums steigen die Summen hingegen. Unabhängig davon bleibt die Summenbedingung jedoch erfüllt. Die danach vorgenommene Abschreibungsmethodik erwirtschaftet demnach während der Abschreibungsphase lediglich die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, obwohl der Wiederbeschaffungszeitwert Ausgangspunkt der Überlegungen ist. Von daher ist auch eine zwischenzeitliche Neubewertung des betroffenen Anlagegutes unerheblich, solange die jeweilige Abnutzung / Restleistungsdauer (normiertes Nettovermögen) berücksichtigt wird. Eine Abschreibung „unter Null“ kommt nur in Betracht, wenn kalkulatorisch nicht nur eine Neubewertung stattfindet, sondern im Jahr der Neubewertung auch das normierte Nettovermögen zunächst wieder bei 100% liegt. Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Rechnung dem Wegekostengutachten zu Grunde liegt, bestehen jedoch nicht. Die Einhaltung der Summenbedingung der synthetischen Abschreibung bei Preissteigerungen zeigt die folgende Tabelle, wobei aus Vereinfachungsgründen das Zusammenwirken von Abschreibung und Eigenkapitalverzinsung (verbunden mit der jeweiligen Abzinsung) nicht dargestellt wird:
134Periode |
Tagesneupreis |
Nettovermögen |
Gebrauchtwert |
Abschreibung |
1 |
100 |
1 |
100 |
5,5 |
2 |
105 |
0,9 |
94,5 |
6,3 |
3 |
110,25 |
0,8 |
88,2 |
7,17 |
4 |
115,76 |
0,7 |
81,03 |
8,1 |
5 |
121,55 |
0,6 |
72,93 |
9,12 |
6 |
127,63 |
0,5 |
63,82 |
10,21 |
7 |
134,01 |
0,4 |
53,60 |
11,39 |
8 |
140,71 |
0,3 |
42,21 |
12,66 |
9 |
147,75 |
0,2 |
29,55 |
14,04 |
10 |
155,13 |
0,1 |
15,51 |
15,51 |
11 |
162,89 |
0 |
0 |
0 |
Summe |
100 |
Zusammengefasst lässt sich also feststellen, dass die in den Wegekostengutachten erfolgte Abschreibungsmethode zum einen die Summenbedingung einhält und damit exakt den gleichen Wert abschreibt wie eine unmittelbare (lineare) Abschreibung auf Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten. Zum anderen bedeutet die Berücksichtigung von Preissteigerungen während des Abschreibungszeitraums lediglich, dass die jeweilige Nutzergeneration abhängig von der Preisentwicklung mehr oder weniger an Abschreibungskosten zu tragen hat. Dieses Ergebnis hat der Gesetzgeber gewollt, da er eine generationengerechte Kostenverteilung erzielen wollte. Ein solcher Zweck ist hinreichend legitim, um den Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG gerecht zu werden.
136Diese Feststellungen ändern sich auch nicht, wenn nun zusätzlich von einer offenen Abschreibungsmethode ausgegangen wird, da dies nur zu (weiteren) Verschiebungen innerhalb des – irgendwann abgeschlossenen – Abschreibungszeitraums führt.
137Dienen die Abschreibungen demnach nicht dem Zweck einer reproduktiven Substanzerhaltung, ist eine Eigenkapitalverzinsung auf Basis eines Nominalzinssatzes nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unproblematisch. Denn nur dadurch ist gewährleistet, dass die Preisentwicklung Berücksichtigung findet. Zunächst ist festzuhalten, dass für die Verzinsung auf das Nettoanlagevermögen abgestellt wird. Daher führt auch der Verweis des Klägers auf das Urteil des OVG NRW,
138vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –,
139nicht weiter. Das OVG NRW befasste sich in seiner Entscheidung mit der Frage, auf welcher Basis (Anlagevermögen) abgeschrieben bzw. kalkulatorisch verzinst werden darf. Ausgangspunkt war jedoch auch hier wieder § 6 KAG NRW, der bzgl. der Kapitalverzinsung von „aufgewandtem“ Kapital spricht. Eine solche Formulierung findet sich jedoch wie gezeigt nicht in den hier einschlägigen Regelungswerken. Gerade die Kritik des OVG NRW an einer Eigenkapitalverzinsung auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten, die zu einer doppelten Berücksichtigung des Substanzerhaltungserfordernisses und damit zu einer verschleierten Gewinnerzielung führe, kann auf die Mautgebühren nicht übertragen werden. Diese gerügte Verdoppelung liegt bereits nicht vor, da im Wege der Abschreibungen keine Werte für eine Substanzerhaltung erwirtschaftet werden, die über den eigentlichen Anschaffungswert hinausgehen. Anders als die regelmäßig anzutreffenden Prinzipien der kalkulatorischen Kosten im kommunalen Gebührenrecht (Abschreibungen – Substanzerhaltung / Verzinsung – Opportunitätskosten) lässt die Wegekostenrichtlinie darüber hinaus auch ausdrücklich eine Gewinnerzielung zu. So wird in Art. 7 Abs. 9 Satz 3 Wegekostenrichtlinie 2006 die Kapitalverzinsung gerade in Zusammenhang mit einer Gewinnmarge gebracht.
140Schließlich bestehen auch keine Einwände, unter Berücksichtigung der gewählten Betriebsfiktion einen konstanten Zinssatz von 4,5% in die Berechnung einzubeziehen, da dieser dem damaligen Zinsniveau entsprach. Sowohl im Erstellungsjahr des Wegekostengutachtens 2007 als auch im Jahr der Variantenrechnungen (2008) lag der durchschnittliche Zinssatz p.a. für festverzinsliche Wertpapiere inländischer Emittenten laut Auskunft der Deutschen Bundesbank bei 4,3 %. Zu diesem Zeitpunkt war für die Gutachter auch nicht erkennbar, dass aufgrund der Finanzmarktkrisen die Zinssätze auf einen Wert bis 1,6 % (2013) sinken würden. In diesem Zusammenhang ist weiter entscheidend, dass es sich um einen Nominalzins und nicht Realzins handelt. Von daher ist es unerheblich, ob alternativ nicht eher die Durchschnittsrendite für Anleihen mit mittlerer Laufzeit (so Wegekostengutachten 2014) heranzuziehen ist oder ob gar eine historische Umlaufrendite Berücksichtigung finden müsste (50 Jahre: 6,8 %; 40 Jahre: 6,9 %; 30 Jahre: 6,5 %).
141Vgl. OVG NRW zum kommunalen Abgabenrecht, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, Rn. 83; zitiert nach juris.
142Der gewählte Zinssatz ist auch nicht deshalb zu reduzieren, weil bei der Beklagten ein zu hoher Wagniszuschlag berücksichtigt wurde. Zwar ist es richtig, dass die Beklagte dem Grunde nach einen geringeren Wagniszuschlag als private (regulierte) Unternehmen heranziehen darf. Es fehlt jedoch bereits jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Gutachter bei der Heranziehung des Zinssatzes überhaupt einen Wagniszuschlag angenommen haben, so dass dessen Höhe nicht in Streit stehen kann.
143Auch bei der rückwirkenden Festsetzung der Mautsätze im Jahr 2013 musste der Gesetzgeber die zwischenzeitlich deutlich gesunkenen Zinssätze nicht berücksichtigen. Anders als der kommunale Gebührensatzungsgeber, der bei einer rückwirkenden Neuberechnung von Gebührensätzen die tatsächliche Datengrundlage heranzuziehen hat,
144vgl. bspw. OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2010 – 17 A 2509/03 – Rn. 66; zitiert nach juris,
145trifft den Gesetzgeber im vorliegenden Verfahren eine derartige Pflicht nicht. So unterscheiden sich bereits die jeweiligen „Kalkulationssituationen“. Der kommunale Satzungsgeber muss für jeden Veranlagungszeitraum vorab kalkulieren und im Nachgang eine Abrechnung erstellen. Die dabei ggf. entstehenden Über- bzw. Unterdeckungen sind in den Folgejahren auszugleichen. Ist nun das Veranlagungsjahr bereits abgeschlossen, so bestehen keine prognosebedingten Unklarheiten mehr, so dass auf Grundlage der tatsächlichen Abrechnung die Gebührensätze festgesetzt werden müssen. Eine derartige Konstruktion ist im Rahmen der Mautsätze nach dem BFStrMG gerade nicht vorgesehen. So mangelt es an einer jährlichen – veranlagungszeitraumbezogenen – Kalkulation ebenso wie an entsprechenden Abrechnungen, deren Daten zu gleich Auswirkungen auf zukünftige Kalkulationen haben. Der Bundesgesetzgeber hat 2013 auch keine Neuberechnung der Mautsätze durchgeführt, weil bspw. die bisherige Berechnung als rechtswidrig verworfen wurde, sondern hat den geltenden Mautsätzen lediglich eine neue Grundlage gegeben.
146Hieran ändert auch der klägerische Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG „Zur Unvereinbarkeit der Regelleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“)“ nichts.
147Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09 – Rn. 141 ff.; zitiert nach juris,
148In dieser Entscheidung stellte das BVerfG fest, dass der dem Gesetzgeber grundsätzlich zustehende Gestaltungsspielraum einer zurückhaltenden Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung durch das BVerfG entspricht. Aus dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG) erwachse jedoch eine Pflicht zur Kontrolle bzgl. der Grundlagen und der Methode der Leistungsbemessung. Diese Ausführungen lassen sich schon nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen, da die Situation der ursprünglichen Klägerin als potentielle Mautsatzschuldner in Bezug auf die Grundrechtsbetroffenheit nicht mit der Situation derjenigen Menschen vergleichbar ist, die auf ein ausreichendes Existenzminimum angewiesen sind. Unabhängig davon verlangt das BVerfG in der genannten Entscheidung eine nachvollziehbare und in sich widerspruchsfreie Ermittlung der jeweiligen Sätze. Hieraus kann jedoch nicht der klägerische Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber 2013 gezwungen war, wenn er die Mautsätze von der Verordnungsebene auf Gesetzesebene „hochhievt“, gleichzeitig eine Neukalkulation bzgl. aller Positionen durchzuführen und dabei entstehende Abweichungen für bereits vergangene Zeiträume gegenüber den Schuldner auszugleichen oder nachzufordern. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die Beibehaltung der Mautsätze unter Hinweis auf das Wegekostengutachten 2007 eine transparente und in sich nicht widersprüchliche Grundlage für die Mautsätze beibehalten.
149IV.
150Auch wenn der Kläger zunächst und in der Hauptsache Einwendungen gegen den ersten Rechenschritt des Wegekostengutachtens (Kostenermittlung) erhoben hat, ist Gegenstand der rechtlichen Überprüfung der Kammer auch der zweite Rechenschritt des Wegekostengutachtens (Kostenallokation und Mautdifferenzierung), jedenfalls soweit dieser Gegenstand in dem Verfahren „Obst“ war (Verwaltungsgericht Köln 25 K 6356/05; OVG NRW 9 A 2054/07; BVerwG 9 C 6.09 und 9 B 6.13). Dies widerspricht auch nicht dem in § 86 Abs. 1 VwGO normierten Amtsermittlungsgrundsatz, der einer „ungefragten Fehlersuche“ entgegensteht,
151vgl. zur Überprüfung von Satzungen: BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 – 9 CN 1.01 –; OVG NRW, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 9 A 2054/07 – Rn. 72 f. m.w.N.; zitiert nach juris,
152da das vorliegende Verfahren unter Hinweis auf das Verfahren „Obst“ ausgesetzt war und sich der Kläger die dortige Argumentation mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 zu Eigen gemacht hat.
153Aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) ergeben sich Grenzen für die Auferlegung von nicht-steuerlichen Abgaben. Derartige Abgaben bedürfen einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Gebühr kommen dabei vor allem das Äquivalenz- sowie das Kostendeckungsprinzip zum Tragen.
154Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 – 2 BvR 413/88, 2 BvR 12 BvR 1300/93 –, Rn. 148 ff.; zitiert nach juris.
155Gebühren haben entsprechend des doppelgliedrigen materiellen Gebührenbegriffs die Funktion, einen Vorteil abzuschöpfen bzw. die entstehenden Kosten einer Inanspruchnahme auszugleichen, und müssen sich dadurch hinreichend deutlich von Steuern unterscheiden. Schließlich muss die Gebühr der Belastungsgleichheit der Pflichtigen Rechnung tragen, Art. 3 Abs. 1 GG.
156Diesen Anforderungen werden die in Streit stehenden Mautsätze auch bzgl. des zweiten Rechenschritts (Allokation und Mautdifferenzierung) gerecht.
157Die Kompetenz des Bundes zum Erlass entsprechender Mautgebühren ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG. Die Mautgebühr steht in einem strikten Verhältnis zur Benutzung der Autobahnen und benannter Bundesstraßen. Damit ist sie gegenleistungsabhängig und deutlich von einer anlassunabhängigen Steuer zu unterscheiden. Die Mautgebühren sind schließlich auch hinreichend sachlich gerechtfertigt. Das Bestreben des Bundesgesetzgebers, die Finanzierung der Autobahninfrastruktur nicht mehr ausschließlich aus dem steuerfinanzierten Allgemeinhaushalt sicherzustellen, deckt sich mit den europarechtlichen Vorgaben. Bereits die Einführung der Euro-Vignette war ein erster Schritt in diese Richtung. Auch die Pällmann-Kommission hob im Auftrag der Bundesregierung hervor, dass eine angemessene Heranziehung des Schwerlastverkehrs an der Finanzierung der Infrastruktur sinnvoll ist.
158Auch die konkrete Ausgestaltung der Mautsätze verstößt nicht gegen das Prinzip der Abgabengerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG.
159Vgl. auch OVG NRW, Protokoll zum Erörterungstermin am 7. August 2013 – 9 A 2054/07 – „Ebenso wenig stellen sich die Bildung der 2 Achsklassen und die Spreizung der Mautsätze zwischen den beiden Achsklassen als sachwidrig oder willkürlich dar.“
160Dies gilt insbesondere für die im Gesetz beibehaltene Achszahldifferenzierung. Anders als noch die Befugnis des Verordnungsgebers, welche zusätzlich durch die gesetzliche Regelung einer „sachgerechten“ Berücksichtigung der Achszahl eingeschränkt war, muss sich der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang nur an den Maßstäben des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen.
161Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. August 2010 – 9 C 6.09 –, Rn. 29; zitiert nach juris.
162Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln; dies gilt freilich „nicht unter allen Umständen“, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber in den Grenzen des Willkürverbots weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Ob er im einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, ist angesichts dessen nicht zu prüfen. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht und die Zahl der „Ausnahmen“ gering ist.
163Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 1995 – 8 N 3.93 –, Rn. 11 m.w.N.; zitiert nach juris.
164Weiter ist zu berücksichtigen, dass dem Normgeber bei der Bewältigung komplexer Sachverhalte, die mit der Einführung eines neuen Massenverfahrens bei noch ungenügender Datenbasis verbunden ist, ein angemessener Zeitraum zur Sammlung von Erfahrungen eingeräumt werden muss, innerhalb dessen er sich im gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen darf.
165Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 9 B 6.13 –, Rn. 5 m.w.N.; zitiert nach juris.
166Diesen im Vergleich zum Verordnungsgeber („sachgerechte Berücksichtigung“) weniger strengen Anforderungen ist der Gesetzgeber nachgekommen. So lässt sich der umfassenden Gesetzesbegründung zum aktuellen BFStrMG zunächst entnehmen, dass sich der Gesetzgeber der besonderen Situation bewusst war.
167Vgl. BT-Dr. 17/13465, S. 9 ff.
168Dort hat er unter Hinweis auf die angestrebte Kontinuität (vgl. Achszahl-Differenzierung bereits bei der Euro-Vignette), dem geringen Anteil der in der Fahrzeugklasse „bis 3 Achsen“ zusammengefassten Fahrzeuge und den überwiegenden Vorteilen der Verwaltungsvereinfachung gegenüber möglichen Ungerechtigkeiten durch Pauschalierungen und Typisierungen die Beibehaltung des bisherigen Systems begründet. Dabei war er sich der besonderen Situationen der LKW-Maut als Massenerscheinung bewusst. Um das Ziel der Gebührengerechtigkeit zu erreichen, sei eine einfache und nachvollziehbare Kontrolle notwendig. Hierfür müsse auf leicht festzustellende visuelle Unterscheidungsmerkmale zurückgegriffen werden. Der Gesetzgeber hat weiter aufgezeigt, dass er auch alternative Differenzierungskriterien in Erwägung gezogen hat, die jedoch unter dem Aspekt der Gebührengerechtigkeit und Kontrollmöglichkeit weniger effizient seien. Schließlich sei auch das Kriterium der Nichtdiskriminierung zu beachten. Gerade gebietsfremde Nutzer seien darauf angewiesen, dass das Mautsystem nutzerfreundlich sei. Dies werde durch eine überschaubare Anzahl von Tarifen erreicht.
169Diese Abwägungsentscheidung zwischen Abgabengerechtigkeit auf der einen Seite und Verwaltungspraktikabilität auf der anderen Seite ist nicht zu beanstanden. Die europäische Richtlinie lässt erkennen, dass typischerweise eine Unterscheidung nach Achszahlen (bis 3 Achsen, ab 4 Achsen) sachgerecht ist. Entsprechend hat sie die maximal zulässigen Gebührenhöhen in Anlage II Wegekostenrichtlinie 2006 differenziert. Bereits in den Verfahren zur MautHV hatten sowohl das OVG NRW als auch das BVerwG nur deshalb eine weitere Differenzierung der Mautsätze diskutiert, da der Gesetzgeber den Entscheidungsspielraum des Verordnungsgebers in § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG durch die Formulierung „sachgerecht“ deutlich eingeschränkt hat.
170Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. August 2010 – 9 C 6.09 –; OVG, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 9 A 2054/07 –.
171Auch die gutachterlichen Ausführungen im Wegekostengutachten 2007 zwingen nicht zu einer weiteren Differenzierung. Die vom OVG NRW zuletzt gerügte Zusammenfassung der LKW mit zwei und drei Achsen zu einer Achsklasse,
172vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 9 A 2054/07 –, Rn. 94 ff.; zitiert nach juris,
173ist hinzunehmen, da ihr Fahrleistungsanteil im Jahr 2005 etwa 5,9 % betrug und im Jahr 2006 weiter auf 5,4 % sank. Eine in diesem Rahmen weitere Unterteilung in zwei differenzierte Achsklassen ist aufgrund der geringen Zahl von betroffenen Fällen nicht im Sinne der Erzielung einer Abgabengerechtigkeit geboten.
174Vgl. mit ähnlicher Argumentation BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 9 B 6.13 –, Rn. 35; zitiert nach juris.
175Insgesamt ist bei der Spreizung der Mautsätze zu berücksichtigen, dass der Schwerpunkt eindeutig auf den Emissionsklassen liegt. Die Mauthöhe zwischen den Achsklassen steigt lediglich um ca. 1,5 Cent/km. Die deutlich größere Spannbreite existiert bei den Emissionsklassen mit 13,3 Cent/km zwischen der besten (A) und der schlechtesten Klasse (D).
176Ein Widerspruch zur Abgabengerechtigkeit kann auch nicht in der Tatsache gesehen werden, dass die Mautsätze auf den beiden Variantenrechnungen aus 2008 beruhen. Diese weichen zwar hinsichtlich der konkreten Zahlen vom Wegekostengutachten 2007 ab. Zum einen ist jedoch in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich bei dem Wegekostengutachten nicht um eine bindende Kalkulationsgrundlage vergleichbar zum kommunalen Abgabenrecht handelt. Zum anderen ist den Variantenberechnungen nicht zu entnehmen, dass die neu gerechneten Mautsätze nicht sachgemäß sind oder sich methodisch nicht mehr rechtfertigen lassen.
177Offensichtlich ist dies für die Beibehaltung der Grunderwerbskosten des Wegekostengutachtens 2002. Diese allgemeine Reduzierung des Anlagevermögens kommt im Rahmen der Allokation allen Gebührenpflichtigen zu Gute. Aber auch die Reduzierung der Mautsätze in der Kategorie C um 2 Cent bei proportionaler Anhebung der Mautsätze in den übrigen Kategorien ist im Rahmen einer Abgabengerechtigkeit i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG noch gerechtfertigt. Dabei ist der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen. Die Reduktion in der Kategorie C stellt faktisch eine Subventionierung der betroffenen Gebührenpflichtigen dar. In der Entscheidung darüber, wen der Staat durch finanzielle Mittel unterstützt, ist dieser weitgehend frei, solange die Grenze der Willkür nicht überschritten ist. In diesem Zusammenhang stehen dem Gesetzgeber umfangreiche sachbezogene Gesichtspunkte zur Verfügung.
178Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 – 2 BvR 413/88, 2 BvR 12 BvR 1300/93 –, Rn. 148 ff.; zitiert nach juris.
179Die befürchtete Entwertung der vorhandenen Fahrzeugflotte sowie eine damit verbundene Gefahr für Arbeitsplätze und die Existenz kleinerer und mittlerer Unternehmen stellen eine ausreichende Begründungsebene dar. Die gleichzeitige Mehrbelastung der sonstigen mautpflichtigen Fahrzeuge durch die proportionale Erhöhung ist ebenfalls noch vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt. Die minimale Erhöhung um jeweils 0,1 Cent/km (0,7 % - 0,3 %; abhängig von Achszahl und Emissionsklasse) verlässt noch nicht den Rahmen der Abgabengerechtigkeit. So ist bereits festzuhalten, dass die Differenzierung nach Emissionsklassen auf das Ziel einer Verhaltenssteuerung hin ausgerichtet ist, welches in Einklang mit den Regelungen der Wegekostenrichtlinie steht. Auch von verfassungs wegen ist eine begrenzte Verhaltenslenkung im Gebührenrecht nicht ausgeschlossen.
180Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. August 2010 – 9 C 6.09 –, Rn.17 m.w.N.; zitiert nach juris.
181Das Ausmaß der Differenzierung der Mautsätze nach Emissionsklassen hängt davon ab, wie nach Ansicht des Gesetzgebers die Be- bzw. Entlastung sein muss, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Insoweit besteht ein weiter Gestaltungsspielraum, so lange das Äquivalenzprinzip nicht verletzt wird. Dies wäre der Fall, wenn die Gebühr ihren Entgeltcharakter verliert, weil sie in einem groben Missverhältnis zum Wert der öffentlichen Leistung steht.
182Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. August 2010 – 9 C 6.09 –, Rn.38 m.w.N.; zitiert nach juris.
183Hiervon kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die Höchstgebühr nicht über den tatsächlichen Kosten liegt. Anhaltspunkte dafür, dass durch diese wirtschaftspolitisch motivierte Anpassung der Gebührenhöhe die „neu berechnete“ Höchstgebühr höher als die konkreten Nutzungskosten liegen, sind jedoch nicht ersichtlich. Dabei ist zu beachten, dass der durchschnittlich gewogene Mautsatz (16 Cent/km, bzw. ab 2007 17 Cent/km bzgl. Bundesautobahnen; 27 bis 30 Cent/km bzgl. Bundesstraßen) trotz der Verschiebungen unverändert bleibt und die Höchstgebühr, die die umweltschädlichsten LKW zahlen müssen, aufgrund der 100%-Spreizungs-Grenze nicht in einem groben Missverhältnis zu den tatsächlichen Kosten steht. Die 100%-Spreizung-Grenze stellt sicher, dass die „umweltpolitische“ Lenkungswirkung der Höhe nach begrenzt ist, da keine Mautgebühr mehr als 100% über der Gebühr liegen darf, die für gleichwertige Fahrzeuge erhoben wird, die die strengstens Emissionsnormen erfüllen. Die Grenze ist auch eingehalten worden. So beträgt die Maximalgebühr (Kategorie D) bei bis zu drei Achsen 27,4 Cent/km, wobei die niedrigste Gebühr (Kategorie A) bei 14,1 Cent/km liegt. Gleiches gilt für die Fahrzeugkombinationen mit vier oder mehr Achsen (15,5 Cent/km bis 28,8 Cent/km).
184Der Klageantrag zu 2.) ist jedenfalls unbegründet, da mangels Begründetheit des klägerischen Antrags zu 1b.) ein Rückzahlungsanspruch schon dem Grunde nach nicht in Betracht kommt.
185Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gesamtinteresses des Klägers umfasst die Feststellung eines Rückzahlungsanspruchs in Zusammenhang mit Rundungsmängeln eine zu vernachlässigende Wertstellung, da es allenfalls um Cent-Beträge pro abgerechnetem Mautvorgang geht, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
186Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
187Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen, §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2014 - 14 K 1017/10
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2014 - 14 K 1017/10 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Juli 2003 und bis zum Ablauf des 31. August 2007 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 2.
(2) Für Sachverhalte, die ab dem 1. September 2007 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 3.
(3) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2009 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 4.
(4) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2015 und bis zum Ablauf des 30. September 2015 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 5.
(5) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2015 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 6.
(6) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2019 und bis zum Ablauf des 27. Oktober 2020 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 7.
(7) Für Sachverhalte, die ab dem 28. Oktober 2020 und bis zum Ablauf des 30. September 2021 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 8.
(8) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2021 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 9.
(1) Die geschuldete Maut bestimmt sich nach der auf mautpflichtigen Straßen im Sinne des § 1 zurückgelegten Strecke des Fahrzeuges oder der Fahrzeugkombination und einem Mautsatz je Kilometer nach Maßgabe des Absatzes 3, der aus je einem Mautteilsatz für
- 1.
die Infrastrukturkosten, - 2.
die verursachten Luftverschmutzungskosten und - 3.
die verursachten Lärmbelastungskosten
(2) Die zurückgelegte Strecke wird für jeden benutzten Abschnitt des mautpflichtigen Streckennetzes (Mautabschnitt) gesondert ermittelt. Ein Abschnitt ist die Strecke zwischen zwei Knotenpunkten im Sinne des § 3a Absatz 1 oder einer Rechtsverordnung auf Grund des § 3a Absatz 2. Die Länge jedes Abschnittes bezieht sich auf den Schnittpunkt der verknüpften Straßenachsen oder in Ermangelung einer Straßenachse auf den Beginn oder das Ende der mautpflichtigen Strecke und ist kaufmännisch auf volle 100 Meter zu runden. Die so ermittelten Streckenlängen werden nachrichtlich im Internet unter www.mauttabelle.de veröffentlicht. Wird ein Mautabschnitt nicht vollständig befahren, so ist dieser gleichwohl mit seiner ermittelten Streckenlänge der Mauterhebung zu Grunde zu legen.
(3) Die Höhe des Mautsatzes wird als Summe der Mautteilsätze nach Maßgabe der Anlage 1 berechnet.
(4) Die Berechnung der Maut erfolgt durch Multiplikation der nach Absatz 2 zu Grunde zu legenden Länge des Mautabschnittes mit dem Mautsatz. Das Ergebnis ist auf einen vollen Cent-Betrag kaufmännisch zu runden. Soweit die zurückgelegte Strecke mehrere Mautabschnitte umfasst, ist die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 für jeden Mautabschnitt gesondert durchzuführen; hieraus wird die Summe der auf die insgesamt zurückgelegte Strecke entfallenden Maut gebildet.
(5) Die Mautteilsätze nach der Anlage 1 werden auf Grundlage eines Wegekostengutachtens des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur für eine jeweils fünfjährige Kalkulationsperiode bestimmt. Für die Kalkulationsperiode 2018 bis 2022 werden die auf das Jahr 2018 entfallenden Kosten, die nicht durch die in diesem Jahr erhobene Maut gedeckt sind, in den Mautteilsätzen der Jahre 2019 bis 2022 berücksichtigt.
(1) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Juli 2003 und bis zum Ablauf des 31. August 2007 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 2.
(2) Für Sachverhalte, die ab dem 1. September 2007 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 3.
(3) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2009 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 4.
(4) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2015 und bis zum Ablauf des 30. September 2015 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 5.
(5) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2015 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 6.
(6) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2019 und bis zum Ablauf des 27. Oktober 2020 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 7.
(7) Für Sachverhalte, die ab dem 28. Oktober 2020 und bis zum Ablauf des 30. September 2021 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 8.
(8) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2021 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 9.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
Tenor
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§ 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 3858) verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit er § 8 Nummer 5 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts auf Dividendenvorabausschüttungen für anwendbar erklärt, die von der ausschüttenden Gesellschaft vor dem 12. Dezember 2001 verbindlich beschlossen wurden und der mit weniger als 10% an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligten Körperschaft vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind.
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§ 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er § 8 Nummer 5 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts auf Dividendenvorabausschüttungen für anwendbar erklärt, die nach dem 11. Dezember 2001 zugeflossen sind.
Gründe
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A.
- 1
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 36 Abs. 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz - UntStFG -, BGBl I S. 3858), der mittlerweile nicht mehr im Gewerbesteuergesetz enthalten ist (im Folgenden: § 36 Abs. 4 GewStG a.F.), die Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes mit verfassungsrechtlich unzulässiger Rückwirkung bereits für den Erhebungszeitraum 2001 anordnet.
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I.
- 2
-
1. § 8 Nr. 5 GewStG steht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom früheren Anrechnungsverfahren zum sogenannten Halbeinkünfteverfahren (vgl. BVerfGE 125, 1 <2 ff.>; 127, 224 <227 ff.>). Auch das Gewerbesteuerrecht war davon mittelbar betroffen. Die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG bestimmt die Auswirkungen des für das neue Körperschaftsteuersystem wesentlichen § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf die Gewerbesteuer.
- 3
-
§ 8b KStG regelt die steuerliche Behandlung der Erträge von Körperschaften aus Beteiligungen an anderen Körperschaften (Bezüge und Veräußerungsgewinne) und der mit diesen Erträgen zusammenhängenden Aufwendungen und Gewinnminderungen. Nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG sind die Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich bei der Einkommensermittlung der empfangenden Gesellschaft "außer Ansatz" zu lassen. Hierdurch wird zur Vermeidung von wirtschaftlichen Doppelbelastungen die Steuerfreiheit von Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinnen sichergestellt, solange die Erträge im Bereich von Kapitalgesellschaften verbleiben.
- 4
-
Die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 GewStG haben den Zweck, Folgewirkungen zu korrigieren, die sich aus der in § 7 Satz 1 GewStG geregelten Übernahme der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung in das Gewerbesteuerrecht ergeben, die jedoch bei der Gewerbesteuer nach Auffassung des Gesetzgebers unerwünscht sind. Dadurch, dass § 7 Satz 1 GewStG für die Ermittlung des gewerblichen Gewinns als Grundlage des Gewerbeertrags auf die Ergebnisrechnung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) und dem Körperschaftsteuergesetz verweist, bleiben nach inzwischen klargestellter Rechtslage Gewinnanteile (Dividenden) und ähnliche Bezüge aus Kapitalanteilen auch bei der Gewerbesteuer zunächst außer Ansatz, soweit sie bei der Einkommensteuer nach § 3 Nr. 40 EStG oder bei der Körperschaftsteuer nach § 8b KStG steuerfrei sind (vgl. den Ende 2004 eingefügten § 7 Satz 4 GewStG).
- 5
-
Zur Zeit des körperschaftsteuerlichen Systemwechsels enthielt das Gewerbesteuerrecht mit den Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG bereits Regelungen darüber, inwieweit eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung von Gewinnanteilen vermieden werden sollte. Eine doppelte Gewerbebesteuerung wurde bei sogenannten Schachtelbeteiligungen von mindestens 10% durch entsprechende Kürzung des Gewinns und der Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) ausgeschlossen, nicht dagegen bei sogenannten Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10%.
- 6
-
Mit der durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz eingefügten Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG neutralisierte der Gesetzgeber für die Gewerbesteuer die in § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG eingeführten teilweisen oder vollständigen Steuerfreistellungen von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer. Zu diesem Zweck ordnete er in § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG an, dass die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG über § 7 Satz 1 GewStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und ähnlichen Bezüge aus Kapitalanteilen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet werden. Die Hinzurechnung erfolgt, soweit nicht die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG erfüllt sind, das heißt nur bei Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10% (seit 2008 weniger als 15%). Im Ergebnis wurde und wird eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung damit lediglich bei Schachtelbeteiligungen von mindestens 10% (seit 2008 mindestens 15%) vermieden. Bei Erträgen aus bloßen Streubesitzbeteiligungen blieb die gewerbesteuerliche Doppelbelastung entsprechend der bisherigen Rechtslage erhalten.
- 7
-
2. § 8 Nr. 5 GewStG wurde durch Art. 4 Nr. 3 UntStFG in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Art. 4 Nr. 5 UntStFG enthielt die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG zum zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung.
- 8
-
Die für das Vorlageverfahren maßgeblichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz lauten:
-
Gewerbeertrag
-
Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. ...
-
Hinzurechnungen
-
Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind:
-
…
-
Nr. 5 die nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes oder § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 3c des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes unberücksichtigt bleiben. 2 Dies gilt nicht für Gewinnausschüttungen, die unter § 3 Nr. 41 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes fallen.
-
…
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Kürzungen
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Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um
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…
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Nr. 2a die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2, einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 23, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind. 2 Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, so ist die Beteiligung an dem Vermögen, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Beteiligung an der Summe der Geschäftsguthaben, maßgebend;
-
…
-
Nr. 7 die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten und aus Beteiligungen an Gesellschaften bezieht, an deren Nennkapital sie mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt ist, wenn...
-
Zeitlicher Anwendungsbereich
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(1) Die vorstehende Fassung dieses Gesetzes ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.
-
…
-
(4) § 8 Nr. 5 ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden.
- 13
-
3. Das Gesetzgebungsverfahren zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz begann mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 14/6882), der dem Bundesrat am 17. August 2001 zugeleitet und am 10. September 2001 beim Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Er sah keine Regelung zu der Frage vor, wie nach § 8b KStG steuerfreie Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne gewerbesteuerlich behandelt werden sollten. Der Bundesrat griff diese bereits zuvor diskutierte Frage in einer Stellungnahme vom 27. September 2001 mit dem Vorschlag auf, die körperschaftsteuerfreien Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne in voller Höhe der Gewerbesteuer zu unterwerfen (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.).
- 14
-
Die Bundesregierung stimmte dem nicht zu (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages vom 7. November 2001 (BTDrucks 14/7343) enthielt dazu keinen Vorschlag ; die Forderung des Bundesrates nach einer "Gewerbesteuerpflicht der Gewinne von Kapitalgesellschaften aus (Streubesitz-)Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" wird lediglich im Bericht erwähnt (vgl. BTDrucks 14/7344, S. 2). Auf der Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses stimmte der Bundestag dem Entwurf des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes am 9. November 2001 zu (vgl. BRDrucks 893/01).
- 15
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Der Bundesrat rief daraufhin am 30. November 2001 den Vermittlungsausschuss an (vgl. BRDrucks 893/01 und BTDrucks 14/7742). Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 enthielt den Entwurf des § 8 Nr. 5 GewStG in der später Gesetz gewordenen Fassung und sah eine erstmalige Anwendung für den Erhebungszeitraum 2001 vor (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5; Rödder/Schumacher, DStR 2002, S. 105 <108 f.>). Der Bundestag stimmte am 14. Dezember 2001 der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu. Am 20. Dezember 2001 stimmte der Bundesrat zu (BRDrucks 1061/01).
- 16
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Am 24. Dezember 2001 wurde das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I S. 3858).
-
II.
- 17
-
1. Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine im Juli 2000 errichtete Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Streitjahr 2001 hielt die Klägerin eine Streubesitzbeteiligung von weniger als 10% des Stammkapitals einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gesellschafterversammlung dieser anderen Gesellschaft (im Folgenden: ausschüttende Gesellschaft) beschloss, nachdem zuvor ausweislich eines Protokolls vom 19. Oktober 2001 eine entsprechende Absicht bekundet worden war, am 15. Dezember 2001 eine Vorabausschüttung in Höhe von 3,75 Mio. DM. Hiervon entfiel auf die Klägerin ein Bruttobetrag von 257.953,56 DM, welcher ihr nach den Feststellungen des vorlegenden Finanzgerichts "spätestens am 19. Dezember 2001" durch Kontogutschrift zufloss. Nach Abzug anteiliger Betriebsausgaben ergibt sich ein der Höhe nach zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens unstreitiger Nettobetrag von 232.200 DM.
- 18
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2. Das Finanzamt erfasste im Gewerbesteuermessbetragsbescheid für das Jahr 2001 diesen Betrag als Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb. Ihr hiergegen gerichteter Einspruch blieb ohne Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin Klage, mit der sie im Kern geltend machte, sie habe als Gesellschafterin der ausschüttenden Gesellschaft eine wirtschaftliche Disposition in dem Vertrauen darauf getroffen, dass die erhaltene Dividende nicht der Gewerbesteuer unterfallen werde. Durch die Gesetzesänderung sei das Halten der Beteiligung wirtschaftlich uninteressant geworden. Die Klägerin habe sie deshalb mittlerweile veräußert. Nach eigenem Bekunden hätte die Klägerin die Veräußerung ihrer Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft noch vor der Ausschüttung vorgenommen, wenn die Gesetzesänderung früher bekannt geworden wäre.
-
III.
- 19
-
1. Das Finanzgericht Münster hatte das Klageverfahren durch Beschluss vom 2. März 2007 ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die zu § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes ergangene Anwendungsregelung des § 36 Abs. 4 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes mit Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen, unter den in dieser Vorschrift weiter genannten Voraussetzungen auch dann dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Körperschaft vor dem 20. Dezember 2001 gefasst und der auf die als Gesellschafterin beteiligte Körperschaft entfallende Betrag auch vor dem 20. Dezember 2001 ausgezahlt wurde sowie das im Zeitpunkt der Beschlussfassung und Auszahlung geltende Gesetz eine Hinzurechnung zum Gewinn nicht vorsah.
- 20
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2. Das vorlegende Gericht fasste am 1. September 2011 einen neuen Vorlagebeschluss, mit dem es an seiner Vorlagefrage festhält, die Begründung dafür aber mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rückwirkung im Steuerrecht neu formuliert. Das Finanzgericht ist weiterhin überzeugt von der Verfassungswidrigkeit des § 36 Abs. 4 GewStG in Verbindung mit § 8 Nr. 5 GewStG, jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20. Dezember 2001.
- 21
-
a) Im Zeitpunkt des Zuflusses der Gewinnausschüttung bei der Klägerin habe noch ein verfassungsrechtlich schützenswertes Vertrauen in die bestehende Rechtslage bestanden. Zwingende öffentliche Interessen an einer rückwirkenden Gesetzesänderung, die das Vertrauen der Steuerpflichtigen überwögen, lägen nicht vor. Da für die Entscheidung im Ausgangsverfahren nur erheblich sei, ob bereits vor der Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2001 realisierte Einkünfte dazu führten, das Vertrauen der Klägerin als grundsätzlich schützenswert anzusehen, beziehe sich die Vorlagefrage nur auf dieses Datum. Unerheblich sei für das Ausgangsverfahren, ob der Vertrauensschutz schon mit der Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2001 oder erst im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt am 24. Dezember 2001 entfallen sei. In jedem Fall sei der Sachverhalt durch den Ausschüttungsbeschluss vom 15. Dezember 2001, die Überweisung der Dividende am 17. Dezember 2001 und deren Zufluss spätestens am 19. Dezember 2001 vor dem 20. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen.
- 22
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b) Nach zumindest ganz herrschender Meinung seien in einfachrechtlicher Hinsicht die Befreiungen nach § 8b Abs. 1, 2 KStG auch im Bereich der Gewerbesteuer anwendbar. Die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG wirke sich auf den körperschaftsteuerlichen Gewinn und damit vorbehaltlich der Hinzurechnungen und Kürzungen gemäß §§ 8, 9 GewStG auch auf den Gewerbeertrag im Sinne des § 7 Satz 1 GewStG aus. Das Gericht teile insofern nicht die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen. Eine verfassungskonforme Auslegung dahin, dass § 8b Abs. 1 KStG sich nicht auf § 7 GewStG auswirke und § 8 Nr. 5 in Verbindung mit § 36 Abs. 4 GewStG deshalb nur eine Klarstellung bedeute, sei nicht möglich. Die Hinzurechnung durch den neu in das Gesetz eingefügten § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes wirke konstitutiv und nicht nur deklaratorisch.
- 23
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c) Bei der verfassungsrechtlichen Würdigung geht das vorlegende Gericht in seinem neuen Vorlagebeschluss nun von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1; 127, 31; 127, 61) aus. Danach könne ein im Zeitpunkt des Mittelzuflusses bereits schwebendes Gesetzgebungsverfahren die Gewährleistungsfunktionen des geltenden Rechts nicht von vornherein suspendieren. Diesen Grundsätzen folge das vorlegende Gericht. Insbesondere halte das Gericht es in der Regel nicht für zumutbar, dass Steuerpflichtige sich im Zeitpunkt der Verwirklichung eines Einkünfterealisierungstatbestandes auf das alte Recht "nicht mehr" und auf das neue Recht "noch nicht" verlassen dürften und sich deshalb nicht nur über den jeweiligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens informieren müssten, sondern darüber hinaus bei einem schwebenden Gesetzgebungsverfahren unter Umständen selbst bei den laufenden Geschäften über Monate hinaus nicht wüssten, welche Rechtslage letztlich gelten werde. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt einer zugeflossenen Gewinnausschüttung unterscheide sich in seinen relevanten Merkmalen nicht von dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall einer zugeflossenen Arbeitnehmerabfindung (BVerfGE 127, 31). Mit dem Zufluss sei der Einkünfteerzielungstatbestand bereits verwirklicht.
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Die neuen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts seien als Weiterentwicklung der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu verstehen, und zwar unter Abwägung der in den dortigen Verfahren vorgebrachten Argumente. Den Beschlüssen vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1 <22>; 127, 61 <80>) sei auch darin zu folgen, dass es nicht auf die konkrete Motivations- und Entscheidungslage der einzelnen Steuerpflichtigen bei der Disposition und ihrer Umsetzung ankomme, sondern für die Frage der Verfassungsmäßigkeit die generalisierende Sicht des Gesetzgebers maßgeblich sei. Der erhöhte Rechtfertigungsbedarf folge bereits aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts. Die Steuerpflichtigen dürften bei ihren Entscheidungen über Sparen, Konsum oder Investition der erzielten Einnahmen darauf vertrauen, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu ihren Lasten verändere und dadurch den Nettoertrag der Einkünfte erheblich mindere (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>).
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Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege im Streitfall des Ausgangsverfahrens eine verfassungswidrige unechte Rückwirkung vor, da der Sachverhalt (Einkünfteerzielungstatbestand) mit der dem Gewinnausschüttungsbeschluss nachfolgenden tatsächlichen Überweisung des entsprechenden Betrages am 17./19. Dezember 2001 bereits vor der Verkündung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes im Bundesgesetzblatt vom 24. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen sei.
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d) Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung sehe sich das vorlegende Gericht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Finanzgerichts Berlin vom 13./26. Februar 2004 (6 B 6314/03, EFG 2004, S. 1146). Auch im Schrifttum seien - wenngleich mit unterschiedlicher und teilweise aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überholter Begründung - Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Geltung des § 8 Nr. 5 GewStG geäußert worden. Der gegenteiligen Auffassung des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 1. Juni 2006 (15 K 5537/03, EFG 2007, S. 1345, Revisionsverfahren anhängig beim Bundesfinanzhof unter I R 14/07) folge das Gericht nicht.
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IV.
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Das Bundesministerium der Finanzen hat namens der Bundesregierung zu beiden Vorlagebeschlüssen Stellung genommen; der Präsident des Bundesfinanzhofs hat eine Stellungnahme des I. Senats des Bundesfinanzhofs zum ursprünglichen Vorlagebeschluss übersandt.
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1. a) Die Bundesregierung hielt die ursprüngliche Vorlage für unzulässig und jedenfalls unbegründet.
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aa) Das Finanzgericht habe sich nicht mit einer sich aufdrängenden verfassungskonformen Auslegung auseinandergesetzt. Es beziehe sich auf die herrschende Meinung, wonach die Änderung im Körperschaftsteuergesetz vor Inkrafttreten des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. auf die Gewerbesteuer durchgeschlagen habe. Auf der Basis der dem Finanzgericht bekannten Gegenmeinung, wonach sich die Änderung im Körperschaftsteuerrecht nicht auf das Gewerbesteuerrecht ausgewirkt habe, würde § 36 Abs. 4 GewStG a.F. keine rückwirkende Belastung, sondern lediglich eine - unter Rückwirkungsgesichtspunkten unproblematische - Klarstellung der geltenden Rechtslage bedeuten. Eine verfassungskonforme Auslegung auch von Vorschriften, die mit der vorgelegten in engem Sachzusammenhang stünden, sei insbesondere dann geboten, wenn offensichtlich mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kämen und mindestens eine von ihnen nicht in gleicher Weise den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts ausgesetzt sei.
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bb) Im Fall ihrer Zulässigkeit sei die Vorlage jedenfalls unbegründet. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens habe nicht auf die alte Gesetzeslage vertrauen können. § 36 Abs. 4 GewStG a.F. sei nach Auffassung der Bundesregierung im Ausgangsfall unbedenklich, weil es hier von vornherein an einem schutzwürdigen Vertrauen in die alte Rechtslage fehle. Der maßgebliche Beschluss über die Vor-abausschüttung sei erst nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages getroffen worden. Das maßgebliche Datum für den Vertrauensschutz sei der Tag des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages.
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Das Bundesverfassungsgericht habe dies mit seiner neueren Rechtsprechung (Hinweis auf BVerfGE 127, 31) bestätigt. Im Ausgangsverfahren sei die Ausschüttung erst einen Tag nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages beschlossen worden. Insofern unterscheide sich der vorgelegte Fall von dem Ausgangsfall zu BVerfGE 127, 31. Jedenfalls auf den Tag des Gesetzesbeschlusses hätte der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die neue Rechtsfolge rückwirkend anordnen dürfen. Zumindest insoweit müsste der in § 36 Abs. 4 GewStG a.F. zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille zur rückwirkenden Regelung respektiert werden. Es erscheine ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber, hätte er nicht über den Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses hinaus rückwirkend eingreifen können, nicht zumindest diesen Zeitpunkt als maßgeblich benannt hätte. Darüber hinaus bestehe zur Vermeidung von Ankündigungseffekten ein Interesse des Gesetzgebers an einer möglichst früh geltenden Regelung, um Vorverlegungen von Dividendenausschüttungen zu begegnen, da es sich hierbei um einen besonders einfach gestaltbaren Vorgang handele.
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b) Die Bundesregierung hat auch zum neuen Vorlagebeschluss Stellung genommen und dabei ihren bisherigen Standpunkt bekräftigt.
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Die zu § 8 Nr. 5 GewStG ergangene Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. sei kein Fall echter Rückwirkung. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens könne sich aus den bereits in der ursprünglichen Stellungnahme der Bundesregierung vorgetragenen Gründen entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.
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2. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat mitgeteilt, er habe sich mit der erstmaligen Anwendung von § 8 Nr. 5 GewStG in Verbindung mit § 36 Abs. 4 GewStG a.F. und einem dadurch möglicherweise bedingten Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bislang noch nicht auseinandersetzen müssen. Ein anhängiges Revisionsverfahren (Aktenzeichen I R 14/07) sei mit Blick auf das Vorlageverfahren zum Ruhen gebracht worden.
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Der Senat habe mehrheitlich Zweifel, dass dem vorlegenden Finanzgericht beizupflichten sei. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Beschränkung der steuerlichen Entlastung von Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen unter anderem insoweit gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoße, als die Entschädigung vor der Verkündung des neuen Rechts ausgezahlt worden sei (Hinweis auf BVerfGE 127, 31 <56 ff.>). Hier betreffe die in Rede stehende Ausschüttung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft nur deren (Minderheits-)Anteilseigner als Empfänger der Ausschüttung. Er habe den Zeitpunkt, in welchem die Ausschüttung beschlossen worden sei, nicht beeinflussen können. Im Unterschied zur Entschädigungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebe es deswegen auch keinen Anlass, sein Vertrauen im Zeitpunkt des Ausschüttungszuflusses als schützenswert zu erachten.
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B.
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Die Vorlagefrage bedarf der geringfügigen Präzisierung und Erweiterung. Die Frage, ob die zu § 8 Nr. 5 GewStG ergangene, die Regelung für ab dem 1. Januar 2001 anwendbar erklärende Vorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG insoweit vereinbar ist, als die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) bei Streubesitzbeteiligungen auch dann dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Körperschaft vor dem 20. Dezember 2001 gefasst und der auf die als Gesellschafterin beteiligte Körperschaft entfallende Betrag auch vor dem 20. Dezember 2001 ausgezahlt wurde, ist zum einen auf Vorabausschüttungsbeschlüsse zu beschränken und zum anderen auf den Zeitraum bis zur Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt vom 24. Dezember 2001 zu erweitern.
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Bei normalen Gewinnverwendungsbeschlüssen (Beschlüsse über offene Ausschüttungen von in bereits abgelaufenen Kalenderjahren entstandenen Gewinnen) fand der im Zuge des körperschaftsteuerlichen Systemwechsels neu gefasste § 8b Abs. 1 KStG im Jahr 2001 noch keine Anwendung (vgl. § 34 Abs. 7 Sätze 1 und 2 KStG sowie Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 28. April 2003 - IV A 2 - S 2750 a - 7/03 -, BStBl I S. 292, Rn. 60 ff.). Die Vorlagefrage wird daher auf Vorabausschüttungen beschränkt.
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Für die verfassungsrechtliche Beurteilung kommt es allenfalls darauf an, ob die Vorabausschüttung vor der Verkündung der Neuregelung am 24. Dezember 2001 erfolgt ist, statt, wie angefragt, vor dem 20. Dezember 2001, dem Tag der Zustimmung des Bundesrates zu dem Beschluss des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes durch den Bundestag.
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Schließlich ist die Vorlagefrage des Finanzgerichts mit Rücksicht auf die Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens (vgl. dazu BVerfGE 44, 322 <337 f.>; 62, 354 <364>; 78, 132 <143>) über den für das Ausgangsverfahren unmittelbar erheblichen Zeitraum hinaus darauf zu erstrecken, inwieweit es mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar ist, auch weiter zurückliegende Ausschüttungsvorgänge bis zum Beginn des Rückwirkungszeitraums am 1. Januar 2001 der neuen Gewinnanrechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG zu unterwerfen.
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C.
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Das rückwirkende Inkraftsetzen der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes ist verfassungsgemäß, soweit es den Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses für den neuen § 8 Nr. 5 GewStG vom 11. Dezember 2001 betrifft; soweit hingegen bis zu diesem Zeitpunkt beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen hiervon erfasst werden, ist die Anwendungsregel des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes unvereinbar.
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I.
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1. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfGE 101, 239 <262>). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde Einzelne in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>).
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2. Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <17>). Normen mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 101, 239 <263>). Erst mit der Verkündung, das heißt mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (vgl. BVerfGE 97, 67 <78 f.> m.w.N.), müssen von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfGE 63, 343 <353 f.>; 67, 1 <15>; 72, 200 <241 f.>; 97, 67 <78 f.>; 114, 258 <300>; 127, 1 <16 f.>).
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3. a) Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>), so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. BVerfGE 63, 343 <356>; 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 105, 17 <37 f.>; 127, 1 <17>). Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 122, 374 <394 f.>; stRspr).
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b) Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>). Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfGE 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; vgl. auch bereits BVerfGE 13, 261 <263 f., 272>; 13, 274 <277 f.>; 19, 187 <195>; 30, 272 <285>). Entsprechendes gilt für das Gewerbesteuerrecht im Hinblick auf den regelmäßig mit dem Kalenderjahr endenden Erhebungszeitraum (§§ 14, 18 GewStG).
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c) Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen über den Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass rückwirkende Regelungen innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums, die danach der unechten Rückwirkung zugeordnet werden, in vielerlei Hinsicht den Fällen echter Rückwirkung nahe stehen. Freilich ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 127, 1 <17>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76>). Die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde andernfalls den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 105, 17 <40>; 114, 258 <301>). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 63, 312 <331>; 67, 1 <15>; 71, 255 <272>; 76, 256 <349 f.>). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 125, 104 <135>).
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Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen der Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen (vgl. BVerfGE 30, 392 <404>; 50, 386 <395>; 67, 1 <15>; 75, 246 <280>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f.>; 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 116, 96 <132>; 122, 374 <394>; 123, 186 <257>). Soweit daher an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums angeknüpft wird, ist diese unechte Rückwirkung mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 127, 1 <17 f.>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76 f.>). Wenn der Gesetzgeber das Gewerbesteuerrecht während des laufenden Erhebungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens deshalb stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>; 127, 31 <48 f.>).
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II.
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Die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., nach der die Hinzurechnung von Dividenden und gleichgestellten Leistungen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 5 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden ist, führt zu einer unechten Rückwirkung (1). Sie ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie Vorabausschüttungen erfasst, die erst nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 beschlossen oder abgewickelt wurden (2), verstößt hingegen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie Vorabausschüttungen betrifft, die in dem Zeitraum bis einschließlich 11. Dezember 2001 beschlossen und abgewickelt wurden (3).
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1. Der durch das am 24. Dezember 2001 verkündete Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 neu eingefügte § 8 Nr. 5 GewStG bestimmt, dass dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die nach dem Einkommensteuerrecht oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile (Dividenden) und gleichgestellten Bezüge und Leistungen aus Streubesitzbeteiligungen (vgl. den Verweis auf § 9 Nr. 2a und 7 GewStG in § 8 Nr. 5 GewStG und zum Zusammenhang der Normen BFH, Beschluss vom 9. November 2011 - I B 62/11 -, BFH/NV 2012, S. 449) wieder hinzugerechnet werden. Damit hat der Gesetzgeber die Auswirkung des im Zuge des Systemwechsels im Körperschaftsteuerrecht (vgl. BVerfGE 125, 1 <2 ff.>) durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) neu gefassten und später mehrfach geänderten § 8b KStG auf die Gewinnermittlung im Gewerbesteuerrecht korrigiert. Die neue Vorschrift (vgl. zu der ursprünglichen Fassung BVerfGE 127, 224 <229>) sah bei Anteilen an inländischen Gesellschaften zunächst eine vollständige Freistellung für Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne von der Körperschaft-steuer vor. Nach der im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. Eilers/Wienands, GmbHR 2000, S. 957 <963>; Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 74; Gröning/Siegmund, DStR 2003, S. 617; Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 5, Rn. 1 [5. Aufl. 2002, 7. Aufl. 2009]; Prinz/Simon, DStR 2002, S. 149; Ritzer/Stangl, INF 2002, S. 131 <133 ff.>; Roser, in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 75 [Stand: Juli 2009]) stehenden Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts führte die Befreiungsvorschrift des § 8b KStG über die Verknüpfungsnorm in § 7 GewStG - vorbehaltlich einer im Gesetz zunächst nicht enthaltenen Hinzurechnung nach § 8 GewStG - im Vergleich zur früheren Rechtslage zu einer entsprechenden Verringerung des Gewerbeertrags.
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Für die vom Bundesministerium der Finanzen geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 7 Satz 1 GewStG im Sinne einer Nichtberücksichtigung des § 8b KStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist angesichts der eindeutigen, auch von den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 124) gestützten Rechtslage kein Raum. Unabhängig davon bietet das Mittel der verfassungskonformen Auslegung keine Handhabe dafür, ein vorlegendes Gericht zu einer bestimmten einfachrechtlichen Auslegung eines anderen, dem verfahrensgegenständlichen vorangegangenen Gesetzes nur deshalb anzuhalten, um so eine verfassungswidrige Rückwirkung der vorgelegten Norm zu vermeiden.
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Indem § 36 Abs. 4 GewStG a.F. die erstmalige Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG für den noch nicht abgeschlossenen Erhebungszeitraum 2001 und damit beginnend mit dem 1. Januar 2001 anordnete, änderte er die Vorschriften über die Ermittlung des zu versteuernden Gewerbeertrags im Sinne einer unechten Rückwirkung.
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2. Die Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie rückwirkend Vorabausschüttungen im Jahr 2001 erfasst, die erst nach dem Vermittlungsvorschlag vom 11. Dezember 2001 beschlossen oder abgewickelt wurden, selbst wenn sie dem Empfänger der Vorabausschüttung noch vor der Verkündung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes im Bundesgesetzblatt zugeflossen sind. Dies gilt erst recht für Beschlüsse über Vorabausschüttungen, die nach dem endgültigen Gesetzesbeschluss vom 14. Dezember 2001 gefasst wurden.
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a) Gewinnausschüttungen beruhen zwar nicht zwingend auf einer besonderen Vertrauensdisposition der Streubesitzbeteiligten (aa). Letztere können sich aber gleichwohl auf Vertrauensschutz berufen (bb).
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aa) Ausschüttungen oder - wie im Ausgangsfall - Vorabausschüttungen von Erträgen aus einer Beteiligung im Sinne des § 8 Nr. 5 GewStG, die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleiben, sind bei Streubesitzbeteiligungen, um die es hier allein geht (vgl. § 8 Nr. 5 in Verbindung mit § 9 Nr. 2a und 7 GewStG), typischerweise nicht Ausfluss einer Dispositionsentscheidung des Minderheitsgesellschafters, die besonderen Vertrauensschutz verdient. Der gewerbesteuerpflichtige Minderheitsgesellschafter trifft in diesen Fällen im Allgemeinen keine von ihm maßgeblich verantwortete Dispositionsentscheidung über die Gewinnausschüttung, die Vertrauensschutz begründen könnte. Sein Einfluss in der Gesellschafterversammlung dürfte allenfalls gering sein. Er wird die Entscheidung der Gesellschafterversammlung über das Ob und Wie einer Ausschüttung oder Vorabausschüttung daher regelmäßig lediglich hinnehmen. Zudem ist die Entscheidung über eine Gewinnausschüttung per se keine Maßnahme, die - wie etwa eine Investitionsentscheidung - im Vertrauen auf den längerfristigen Bestand einer Rechtslage erfolgt. Auch das der Vorlage zugrunde liegende Ausgangsverfahren bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die in Streit stehende Vorabausschüttung auf Maßnahmen der Klägerin zurückginge, die in besonderer Weise schutzwürdiges Vertrauen begründeten.
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bb) Berechtigtes Vertrauen für den die Ausschüttung entgegennehmenden Minderheitsgesellschafter besteht danach vorrangig im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>). Steuerpflichtige müssen grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die zum Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses eines steuerrelevanten Geschäftsvorgangs geltende Steuerrechtslage nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund rückwirkend geändert wird. Andernfalls wäre das Vertrauen in die Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit der Rechtsordnung als Garanten einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ernsthaft gefährdet (vgl. BVerfGE 109, 133 <180>; 126, 369 <393>; 127, 1 <16>). Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt zwar, sofern keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 127, 1 <17>). Das diesen Grundsatz rechtfertigende Anliegen, die notwendige Flexibilität der Rechtsordnung zu wahren, zielt indes auf künftige Rechtsänderungen und relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums.
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b) Die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag stellt das Vertrauen in den zukünftigen Bestand einer Rechtslage in Frage (aa), jedenfalls der endgültige Beschluss des Bundestages über das rückwirkende Gesetz zerstört es grundsätzlich (bb). Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses hat hier das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage beseitigt (cc).
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aa) Mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ werden geplante Gesetzesänderungen öffentlich. Ab diesem Zeitpunkt sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar. Deshalb können Steuerpflichtige regelmäßig nicht mehr darauf vertrauen, das gegenwärtig geltende Recht werde auch in Zukunft, insbesondere im Folgejahr, unverändert fortbestehen; es ist ihnen vielmehr grundsätzlich möglich, ihre wirtschaftlichen Dispositionen durch entsprechende Anpassungsklauseln auf mögliche zukünftige Änderungen einzustellen (vgl. BVerfGE 127, 31 <50>).
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bb) Jedenfalls ab dem endgültigen Beschluss des Deutschen Bundestages über einen Gesetzentwurf müssen die Betroffenen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen, weshalb es ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten ist, ihr Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber kann deshalb berechtigt sein, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Norm sogar im Sinne einer echten Rückwirkung auch auf den Zeitraum von dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken (vgl. BVerfGE 13, 261 <273>; 30, 272 <286 f.>; 72, 200 <260 ff.>; 95, 64 <86 f.>; 97, 67 <79>; 127, 31 <58>). Diese Zuordnung hat das Bundesverfassungsgericht als den "verhältnismäßig besten Ausgleich" zwischen den denkbaren Positionen - Abstellen auf die Einbringung des Gesetzentwurfs einerseits und die Verkündung der Neuregelung andererseits - bezeichnet (vgl. BVerfGE 72, 200 <261 f.>; 127, 31 <58>).
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cc) (1) Der durch die Bundesregierung in den Deutschen Bundestag eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (BTDrucks 14/6882) enthielt noch keine den späteren § 8 Nr. 5 GewStG und § 36 Abs. 4 GewStG a.F. entsprechenden Bestimmungen. Die Anregung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 27. September 2001 zu dem Gesetzentwurf, die Hinzurechnung von Bezügen und Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG und von Bezügen und Gewinnen nach § 8b KStG zum Gewerbeertrag ausdrücklich zu regeln (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.), wurde von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung mit dem Argument abgelehnt, dass die Umsetzung des Vorschlags die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz mit Gewerbesteuer bedeuten würde (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Zu diesem Zeitpunkt mussten potenziell Betroffene ihr Verhalten daher noch nicht auf eine solche Regelung einstellen.
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Erst nach Einleitung des Vermittlungsverfahrens und jedenfalls mit dessen Abschluss änderte sich dies. In der in der Bundestagsdrucksache 14/7780 vom 11. Dezember 2001 veröffentlichten Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses an den Bundestag zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz waren nunmehr Formulierungsvorschläge zu einem neuen § 8 Nr. 5 GewStG und zu § 36 Abs. 4 GewStG a.F. enthalten, die den später Gesetz gewordenen Regelungen entsprachen (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5). Hinsichtlich ihrer das Vertrauen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage beeinträchtigenden Wirkung entspricht die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses nicht nur derjenigen der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ, sondern geht sogar noch darüber hinaus. Die Annahme eines solchen Vermittlungsvorschlags durch den Bundestag ist regelmäßig erheblich wahrscheinlicher als die Verwirklichungschancen eines Gesetzentwurfs zu Beginn der parlamentarischen Beratungen, weil der Vermittlungsvorschlag am Ende des parlamentarischen Entscheidungsfindungsprozesses einschließlich der Kompromissbemühungen des Vermittlungsausschusses steht und deren Ergebnis markiert.
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Es kann daher hier offen bleiben, ob die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ stets der maßgebliche Zeitpunkt ist, ab dem sich die Betroffenen nicht mehr auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtslage berufen können (s.o. aa, vgl. auch BVerfGE 127, 31 <50>). Mit dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 ist die Zerstörung schutzwürdigen Vertrauens hier jedenfalls eingetreten. Dies folgt aus der besagten hohen Wahrscheinlichkeit der Annahme des Vermittlungsvorschlags auf der einen Seite und der geringen Schutzwürdigkeit des Minderheitsgesellschafters im Hinblick auf einen Gewinnausschüttungsbeschluss der Gesellschaft (s. dazu oben 2 a) auf der anderen Seite .
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(2) Schutzwürdiges Vertrauen in den künftigen Bestand der bisherigen Rechtslage besteht erst recht nicht mehr ab der Zustimmung des Bundestages zum Vermittlungsvorschlag des Vermittlungsausschusses (vgl. Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG) vom 14. Dezember 2001 (vgl. BRDrucks 1061/01). Dieser Zeitpunkt entspricht in jeder Hinsicht dem des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages über einen Gesetzentwurf, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - auch in den Fällen echter Rückwirkung - den zeitlichen Endpunkt eines schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der bisherigen Rechtslage bestimmt (s. vorstehend bb).
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(3) Der Wegfall schutzwürdigen Vertrauens bereits durch den Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 führt dazu, dass Vorabausschüttungsbeschlüsse, die nach dem 11. Dezember 2001 gefasst worden sind, keinen verfassungsrechtlichen Schutz vor der Hinzurechnung der Vorabausschüttung zum Gewerbeertrag nach dem später in das Gewerbesteuergesetz eingefügten § 8 Nr. 5 GewStG genießen. Da es insoweit schon an einem schutzwürdigen Vertrauen auf das Nichtbestehen einer solchen Hinzurechnungsvorschrift fehlt, kommt eine Abwägung, ob das Interesse der Allgemeinheit an dem rückwirkenden Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG bis zum 11. Dezember 2001 dem Vertrauen Einzelner auf die Fortgeltung der Rechtslage über diesen Zeitpunkt hinaus unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 127, 31 <47 f.> und oben I 3 c) vorgeht, nicht in Betracht.
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Das der Vorlage des Finanzgerichts zugrunde liegende Ausgangsverfahren betrifft einen solchen Fall; der Vorabausschüttungsbeschluss in jenem Verfahren datiert vom 15. Dezember 2001, liegt also zeitlich sowohl nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 als auch nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 14. Dezember 2001.
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c) Das rückwirkende Inkraftsetzen von § 8 Nr. 5 GewStG ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes auch insoweit vereinbar, als die Regelung Vorab-ausschüttungen erfasst, die zwar erst nach dem 11. Dezember 2001 beschlossen wurden, jedoch - wie im Ausgangsverfahren - dem Steuerpflichtigen noch vor der Verkündung der Neuregelung am 24. Dezember 2001 zugeflossen sind.
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Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings in seinem Beschluss vom 7. Juli 2010 zur sogenannten "Fünftel-Regelung" des § 34 Abs. 1 EStG (BVerfGE 127, 31<57 ff.>) die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Betroffenen in die Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts unabhängig von der Schutzwürdigkeit ihrer Dispositionen zum Zeitpunkt der zugrunde liegenden Vereinbarungen für den Fall bejaht, dass der Mittelzufluss vor Verkündung der Neuregelung erfolgt ist. Dabei ging es um Abfindungsvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmern. Bei den Entscheidungen über Sparen, Konsum oder Investition der erzielten Einnahmen durften die Arbeitnehmer nach dem Beschluss vom 7. Juli 2010 darauf vertrauen, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu ihren Lasten verändere und dadurch den Nettoertrag der erhaltenen Abfindungszahlung erheblich mindere. Die Vorhersehbarkeit einer möglichen zukünftigen Gesetzesänderung bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Entschädigungsvereinbarung und zum Zeitpunkt der Erfüllung des materiellen steuerbegründenden Tatbestands durch den Zufluss des Abfindungsbetrags stehe der Anerkennung grundrechtlich geschützten Vertrauens in geltendes Recht zum Zeitpunkt der Erfüllung nicht grundsätzlich entgegen (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>). Selbst wenn der Geldzufluss erst nach dem endgültigen Gesetzesbeschluss über die beabsichtigte Steuererhöhung erfolgt sei und die Betroffenen sich deshalb grundsätzlich schon auf die Neuregelung hätten einstellen können, bleibe in diesen Fällen des Mittelzuflusses vor Verkündung der Neuregelung das berechtigte Vertrauen der Steuerpflichtigen in die Gewährleistungsfunktion des Rechts, das nur durch überwiegende Gemeinwohlinteressen an einer rückwirkenden Neuregelung überwunden werden könne (vgl. BVerfGE 127, 31 <58 f.>).
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Die Grundsätze dieser Fallgruppe sind auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar. Dort ging es um zweiseitige Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, auf deren Gültigkeit und Werthaltigkeit der Arbeitnehmer unter Umständen existenziell angewiesen war. Mit der Zustimmung zu einer Abfindungsvereinbarung disponiert der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsvertrags und damit über Teile seiner wirtschaftlichen Existenz. Dabei handelt er in einer gewissen Zwangslage. Er verliert seine Rechte zwar nicht ohne seinen Willen, gibt sie aber doch unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck auf (vgl. BVerfGE 127, 31 <52, 60>). In dieser besonderen Situation verdient das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des verfügbaren Werts einer solchen Vereinbarung in weitergehendem Umfang Schutz, selbst wenn sie erst nach der Zustimmung des Bundestages zu einem Steuererhöhungsgesetz geschlossen wurde, sofern die Abfindung noch vor der Verkündung des Gesetzes ausgezahlt wurde (vgl. BVerfGE 127, 31 <58 f.>).
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Damit ist die Lage bei der Ausschüttung von Gewinnanteilen an Streubesitzbeteiligte in der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Art nicht vergleichbar. Eine Vertrauensschutz erfordernde Disposition über Teile seines Vermögens hat der Minderheitsgesellschafter hier nicht in einer dem Arbeitnehmer bei der Abfindungsvereinbarung vergleichbaren Weise getätigt. Als Streubesitzbeteiligter ist er im Fall einer Ausschüttung im Wesentlichen auf deren Entgegennahme beschränkt; schutzwürdiges Vertrauen investiert er dabei regelmäßig in allenfalls geringfügigem Umfang (s. dazu bereits oben 2 a aa). Nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zur rückwirkenden Einführung der Hinzurechnungsregelung vom 11. Dezember 2001, erst recht nach dem endgültigen Beschluss des Bundestages, im vorliegenden Fall nach der Zustimmung des Bundestages vom 14. Dezember 2001 zum Vermittlungsvorschlag, konnten sich die Begünstigten eines Vorabausschüttungsbeschlusses ohne Weiteres auf die sich konkret abzeichnende neue Rechtslage einstellen. Selbst bei Abwicklung dieses Beschlusses vor der Verkündung des Gesetzes am 24. Dezember 2001 ändert der dadurch erreichte "gesteigerte Grad an Abgeschlossenheit" (vgl. BVerfGE 127, 31 <59>) nichts am Fehlen schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der noch geltenden Steuerrechtslage für die Vorabausschüttung. Allein die Gewährleistungsfunktion des zum Zeitpunkt des Mittelzuflusses geltenden Rechts vermag das Fehlen schutzwürdigen Vertrauens wegen der bereits konkret absehbaren Neuregelung in solchen Fällen nicht zu kompensieren.
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Fehlt es für die Zeit nach dem 11. Dezember 2001 an schutzwürdigem Vertrauen in das Fortbestehen der Steuerrechtslage zur Übertragbarkeit der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG auf das Gewerbesteuerrecht, bedarf die Zulässigkeit der Rückwirkung keiner Abwägung mehr unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und insbesondere der Zumutbarkeit (s.o. I 3 c).
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3. § 36 Abs. 4 GewStG a.F. ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar und verstößt gegen Art. 20 Abs. 3 GG, soweit er die Anwendung des neuen § 8 Nr. 5 GewStG auf den Erhebungszeitraum 2001 auch mit Wirkung vor dem 12. Dezember 2001 erstreckt und dabei bis einschließlich 11. Dezember 2001 beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen erfasst.
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a) Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 zur Einfügung des § 8 Nr. 5 in das Gewerbesteuergesetz, erst recht aber der Beschluss des Deutschen Bundestages hierzu vom 14. Dezember 2001 haben zwar das Vertrauen in den zukünftigen Bestand der bisherigen Rechtslage zur gewerbesteuerlichen Freistellung von Erträgen im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG aus Streubesitzbeteiligungen zerstört. Berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Steuerrechtslage für den davor liegenden Zeitraum wird durch diese Vorgänge im Gesetzgebungsverfahren allerdings nicht beseitigt. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um zurückliegende Zeiten innerhalb des laufenden Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums handelt. Denn die Behandlung steuerlich relevanter Vorgänge als bis zum Ende des Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums noch nicht abgeschlossene Sachverhalte bedeutet lediglich, dass Gesetze, die während, insbesondere gegen Ende eines Veranlagungszeitraums mit Wirkung für den gesamten Zeitraum erlassen werden, nach den für ein Gesetz mit unechter Rückwirkung anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Daraus folgt aber nicht, dass vor dem Gesetzeserlass getätigte Dispositionen des Steuerschuldners deshalb keinen Vertrauensschutz genössen. Hier ist eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinzunehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>).
- 71
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Vertrauen erwächst in den von der Vorlage des Finanzgerichts angesprochenen Fällen der Vorabausschüttung nicht in erster Linie durch in besonderer Weise schützenswerte Dispositionen des gewerbesteuerpflichtigen, mit weniger als 10% beteiligten Minderheitsgesellschafters, sondern im Wesentlichen aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts (s.o. 2 a). Um Vertrauensschutz gegen rückwirkende Gesetzesänderungen auslösen zu können, bedarf ein Geschäftsvorgang eines erkenn- und belegbaren gesteigerten Grades der Abgeschlossenheit. Diese liegt nicht allein in dem Gesellschafterbeschluss über die Vorabausschüttung. Da er keinen besonderen Formbindungen unterliegt und deshalb weder hinsichtlich seines Inhalts noch hinsichtlich des Beschlusszeitpunktes ohne Weiteres objektiv gesichert ist, vermittelt er allein hier noch keine Rechtsbeständigkeit gegenüber einer Gesetzesänderung. Erst der in Umsetzung des Gesellschafterbeschlusses erfolgte Zufluss der Ausschüttung beim Empfänger verschafft dem Sachverhalt einen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit, der Schutz gegen eine rückwirkende Änderung der Rechtslage bietet (vgl. BVerfGE 127, 31 <59>). Die Anknüpfung an den Zufluss der Ausschüttung gewährleistet zudem eine einheitliche Handhabung solcher Rückwirkungsfälle unabhängig von der Geltung des Zu- und Abflussprinzips (vgl. § 4 Abs. 3, § 11 EStG), das heißt unabhängig von der Methode der Einkünfteermittlung und insbesondere auch unabhängig von einer etwaigen im Fall der Bilanzierung erfolgenden Aktivierung des Anspruchs auf die Vorabausschüttung schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung der ausschüttenden Gesellschaft.
- 72
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b) Besondere Gründe, welche die nachträgliche Belastung vor dem 12. Dezember 2001 beschlossener und ausgezahlter Vorabausschüttungen mit einer höheren Gewerbesteuer rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
- 73
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Die allgemeinen Ziele der Umgestaltung des Steuerrechts und der Erhöhung des Steueraufkommens rechtfertigen die rückwirkende Steuerbelastung nicht (vgl. BVerfGE 127, 1 <26>; 127, 31 <59>).
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Ein spürbarer Ankündigungs- oder Mitnahmeeffekt mit Blick auf die drohende Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer, der durch die Rückwirkung verhindert werden sollte, ist - zumal für die Zeit bis zum 11. Dezember 2001 - nicht erkennbar. Eine rein steuerlich motivierte Vorabausschüttung zu Gunsten einer mit weniger als 10% beteiligten Minderheitsgesellschafterin erscheint zudem generell eher ungewöhnlich. Es ist ferner nicht unüblich, dass Vorabausschüttungen kurz vor Jahresende beschlossen und durchgeführt werden. Auch das vorlegende Finanzgericht hat im konkreten Fall festgestellt, dass bei der Körperschaft, an der die Klägerin des Ausgangsverfahrens beteiligt war, in den Vorjahren regelmäßig Vorabausschüttungen erfolgt waren.
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Der im Jahr 2001 vollzogene Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht (vgl. dazu BVerfGE 125, 1 <2 ff.>) bietet ebenfalls keinen Rechtfertigungsgrund für das rückwirkende Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG. Insbesondere war die sich vor Einfügung des § 8 Nr. 5 GewStG ergebende Rechtslage nicht systemwidrig. Die unmittelbare Auswirkung der körperschaftsteuerlichen Freistellung von Beteiligungserträgen und Veräußerungsgewinnen nach § 8b KStG auf das Gewerbesteuerecht war und ist eine systemgerechte Folge aus der Übernahme der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlungsregelungen in das Gewerbesteuerrecht (§ 7 Satz 1 GewStG). Um dies zu ändern, bedurfte es einer ausdrücklichen Korrektur durch den Gesetzgeber, wie sie durch den neuen § 8 Nr. 5 GewStG für Erträge aus Streubesitzbeteiligungen dann auch erfolgt ist. Die zwischenzeitlich im Jahr 2001 geltende Rechtslage war damit keineswegs offensichtlich so ungerecht oder auch nur im Hinblick auf das Gewerbesteuerrecht so systemwidrig, dass eine rückwirkende Änderung durch den Gesetzgeber als unabweisbar hätte erscheinen müssen. Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung auf den Vorschlag des Bundesrates vom 27. September 2001, die Hinzurechnung von Bezügen und Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG und von Bezügen und Gewinnen nach § 8b KStG zum Gewerbeertrag ausdrücklich zu regeln (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.), ihre Ablehnung damit begründet, dass die Umsetzung des Vorschlags die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz mit Gewerbesteuer bedeuten würde (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Die neue Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG war daher keine überfällige Fehlerkorrektur, mit der Steuerpflichtige ohne Weiteres hätten rechnen müssen, sondern eine bewusst die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abweichend von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer gestaltende Entscheidung des Gesetzgebers.
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Liegen keine Gründe vor, welche die Rückwirkung der Regelung für bis einschließlich 11. Dezember 2001 erfolgte Vorabausschüttungen rechtfertigen könnten, erübrigt sich die Prüfung, ob eine darauf gestützte Rückwirkungsanordnung verhältnismäßig wäre. Eine Interessenabwägung kommt nicht in Betracht, wenn verfassungsrechtlich bereits kein für die Rückwirkung sprechendes öffentliches Interesse anzuerkennen ist.
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III.
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Soweit § 36 Abs. 4 GewStG a.F. den § 8 Nr. 5 GewStG auf Dividendenvorab-ausschüttungen an Minderheitsgesellschafter für anwendbar erklärt, die von der ausschüttenden Gesellschaft vor dem 12. Dezember 2001 verbindlich beschlossen wurden und der mit weniger als 10% beteiligten Körperschaft vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind, verstößt diese Anwendungsvorschrift gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig (§ 78 Satz 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG).
- 78
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Die Entscheidung über die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Vorschlags des Vermittlungsausschusses anstelle des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages (C II) ist mit 5:3 Stimmen ergangen.
(1) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Juli 2003 und bis zum Ablauf des 31. August 2007 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 2.
(2) Für Sachverhalte, die ab dem 1. September 2007 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 3.
(3) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2009 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 4.
(4) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2015 und bis zum Ablauf des 30. September 2015 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 5.
(5) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2015 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 6.
(6) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2019 und bis zum Ablauf des 27. Oktober 2020 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 7.
(7) Für Sachverhalte, die ab dem 28. Oktober 2020 und bis zum Ablauf des 30. September 2021 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 8.
(8) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2021 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 9.
Tenor
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§ 43 Absatz 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit danach § 40a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, rückwirkend bereits in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anzuwenden ist.
Gründe
- 1
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) insofern gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG verstößt, als darin die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle von dieser Vorschrift erfassten, noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen angeordnet worden ist. Dies hat zur Folge, dass Teilwertabschreibungen einer Körperschaft auf Anteile an Aktienfonds den steuerlichen Gewinn auch der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 nicht mehr mindern.
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A.
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I.
- 2
-
1. Das Recht der inländischen Investmentgesellschaften war bis zum 31. Dezember 2003 im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften geregelt. Die ursprüngliche Fassung dieses Gesetzes datiert vom 16. April 1957 (BGBl I S. 378). Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften enthielt die aufsichts- und steuerrechtlichen Vorschriften für inländische Kapitalanlagegesellschaften. Die entsprechenden Vorschriften für ausländische Kapitalanlagegesellschaften waren in dem ebenfalls zum Jahresende 2003 ausgelaufenen Auslandinvestment-Gesetz (AuslInvG) - ursprünglich in der Fassung vom 28. Juli 1969 (BGBl I S. 986) - enthalten.
- 3
-
Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und das Auslandinvestment-Gesetz wurden im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I S. 2676) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch das Investmentgesetz (InvG) für das Aufsichtsrecht und das Investmentsteuergesetz (InvStG) für das Steuerrecht abgelöst. Das Investmentgesetz wurde inzwischen durch das am 22. Juli 2013 in Kraft getretene Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt (BGBl I S. 1981), das Investmentsteuergesetz besteht fort.
- 4
-
Die Vorlage betrifft die Endphase der zeitlichen Anwendung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften. In dem Gesetzgebungsverfahren zum Investmentmodernisierungsgesetz setzte sich der Gesetzgeber unter anderem mit einem Auslegungsproblem zur ertragsteuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen auseinander (vgl. § 8 InvStG). Es ging um die Frage, ob der in § 8b Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung vorgesehene Ausschluss der Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 79; BGBl I 2000, S. 1433 <1453>, S. 1850 <1854> und BGBl I 2001, S. 3858 <3863>) auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung findet, obwohl § 40a KAGG auf diese Vorschrift nicht verwies. Der Gesetzgeber erstreckte die seiner Auffassung nach im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nur klarstellende Lösung, wonach § 8b Abs. 3 KStG auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finde, durch eine Änderung des auslaufenden Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften zugleich auf die Vergangenheit. Die dies anordnenden Regelungen des § 40a Abs. 1 Satz 2 und des § 43 Abs. 18 KAGG wurden in das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840), das auch Korb II-Gesetz genannt wird, aufgenommen. Die Gesetzgebungsverfahren zum Korb II-Gesetz und zum Investmentmodernisierungsgesetz wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2003 durchgeführt (vgl. zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung BRDrucks 560/03 vom 15. August 2003 und BRDrucks 609/03 vom 28. August 2003; vgl. BTDrucks 15/1518, 15/1553). Das Investmentmodernisierungsgesetz wurde am 19. Dezember 2003, das Korb II-Gesetz am 27. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt verkündet.
- 5
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2. Hintergrund der Einführung des § 40a Abs. 1 KAGG war der Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (später Teileinkünfteverfahren). Dieser Systemwechsel (vgl. dazu BVerfGE 125, 1; 127, 224) hatte zu Änderungen des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Auslandinvestment-Gesetzes geführt (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 132). An den durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) eingeführten, zunächst nur aus einem Satz bestehenden § 40a Abs. 1 KAGG a.F. wurde durch das Korb II-Gesetz vom 22. Dezember 2003 ein zweiter Satz (im nachfolgenden Text in Fettdruck wiedergegeben) angefügt, für den es in der vorherigen Fassung noch keine Entsprechung gegeben hatte.
- 6
-
§ 40a KAGG in der hier maßgeblichen Fassung des Korb II-Gesetzes lautet:
- 7
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§ 40a KAGG
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(1) 1Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören. 2Auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören.
-
(2) …
- 8
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Die zeitliche Anwendung des § 40a Abs. 1 KAGG wurde durch das Korb II-Gesetz in § 43 Abs. 18 KAGG wie folgt festgelegt:
- 9
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§ 43 KAGG
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(1) bis (17) …
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(18) § 40a Abs. 1 in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2840) ist für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.
- 10
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Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17) handelt es sich bei § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG um eine "redaktionelle Klarstellung, dass § 8b Abs. 3 KStG auch bei Investmentanteilen gilt, wenn Verluste aus der Veräußerung der Anteilscheine oder Teilwertminderungen auf Wertminderungen der in dem Wertpapier-Sondervermögen befindlichen Beteiligungen beruhen".
- 11
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Auf der Ebene der Finanzgerichte ist umstritten, ob die Vorschrift des § 40a Abs. 1 KAGG mit dem neuen Satz 2 im Vergleich zur vorherigen Gesetzesfassung ohne den Satz 2 - wie im Vorlagebeschluss vertreten - als konstitutive, die bisherige Rechtslage ändernde Regelung oder als deklaratorische, die bisherige Rechtslage lediglich klarstellende Regelung anzusehen ist (vgl. Finanzgericht München, Urteile vom 28. Februar 2008 - 7 K 917/07 -, EFG 2008, S. 991, - dazu BFHE 227, 73 - und vom 17. März 2009 - 6 K 3474/06 -, EFG 2009, S. 1053, das Revisionsverfahren ist anhängig unter dem Aktenzeichen I R 33/09, sowie Gerichtsbescheid vom 18. September 2012 - 7 K 2684/10 -, EFG 2013, S. 72, das Revisionsverfahren ist anhängig unter dem Aktenzeichen I R 74/12).
- 12
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Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung des einfachen Rechts in dieser Frage liegt noch nicht vor. Beim Bundesfinanzhof sind zwei Revisionsverfahren hierzu anhängig (I R 33/09 und I R 74/12). Beide beziehen sich auf das Jahr 2002, welches auch das Streitjahr in dem Ausgangsverfahren der hier zu behandelnden Vorlage ist. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu dem § 40a Abs. 1 KAGG a.F. betreffenden Auslegungsproblem ist noch nicht ergangen (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2013 zur Aussetzung des Revisionsverfahrens I R 74/12, BFH/NV 2013, S. 1452).
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3. Nach dem um den Satz 2 ergänzten § 40a Abs. 1 KAGG bleiben Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen einer Kapitalgesellschaft an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, bei der steuerlichen Gewinnermittlung unberücksichtigt. Im Gegensatz zur vorherigen Fassung enthält § 40a Abs. 1 KAGG neben der ausdrücklichen Verweisung auf § 8b Abs. 2 KStG durch den neuen Satz 2 nunmehr auch eine ausdrückliche Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG.
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§ 8b KStG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Körperschaftsteuergesetzes vom 15. Oktober 2002 (BGBl I S. 4144, nachfolgend als KStG a.F. bezeichnet) lautet auszugsweise:
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Beteiligungen an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen
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(1) …
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(2) 1Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18, aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Werts sowie Gewinne im Sinne des § 21 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes außer Ansatz. 2Das gilt nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. 3Veräußerung im vorstehenden Sinne ist auch die verdeckte Einlage.
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(3) Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.
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(4) bis (7) …
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§ 8 Abs. 3 KStG a.F. ("bei der Gewinnermittlung") ist mit § 8b Abs. 3 Satz 3 der aktuellen Fassung des KStG ("bei der Ermittlung des Einkommens") nahezu wortgleich. Bei dem steuerlichen Begriff des Teilwerts handelt es sich nach der Legaldefinition in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) um den Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (vgl. die Legaldefinition in § 10 Bewertungsgesetz). Sinkt der Teilwert im Vergleich zu den Anschaffungskosten, den Herstellungskosten oder zu dem Restbuchwert eines Wirtschaftsguts, kann eine Verpflichtung zur Teilwertabschreibung bestehen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG; vgl. zum Handelsrecht § 253 HGB). Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert mindern grundsätzlich das zu versteuernde Einkommen. In den Fällen des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG (§ 8b Abs. 3 KStG a.F.) gilt das jedoch ausnahmsweise nicht; hierunter fallende Gewinnminderungen bleiben steuerlich unberücksichtigt. Nach der Begründung zum Absatz 3 im Entwurf des Steuersenkungsgesetzes bleiben Veräußerungsverluste und Teilwertabschreibungen steuerlich unberücksichtigt, ebenso Wertaufholungen ("Konsequenz aus der Befreiung der Veräußerungsgewinne", vgl. BTDrucks 14/2683, S. 124; vgl. zu "Regelungssymmetrie" und steuersystematischer Korrektheit auch Gosch, in: Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 260 f.). Eine Ausnahme von der Steuerbefreiung sei vorgesehen, soweit sich Teilwertabschreibungen in früheren Jahren gewinnmindernd ausgewirkt hätten (vgl. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F., inzwischen Satz 4), insoweit sei eine Wertaufholung oder ein Veräußerungsgewinn zu versteuern.
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Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen (vgl. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG), können - wie im Ausgangsverfahren des Finanzgerichts - bei im Wert gefallenen Anteilen an Aktienfonds vorliegen. Die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. hat zur Folge, dass diesbezügliche Teilwertabschreibungen - zum Beispiel infolge von Kursstürzen an der Börse - bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einer Körperschaft nicht berücksichtigt werden.
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II.
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Das Ausgangsverfahren betrifft die Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums 2002 der dortigen Klägerin. Sie ist ein Kreditinstitut, das am 31. Dezember 2002 (Stichtag des Jahresabschlusses) in seinem Umlaufvermögen Anteile an zwei Investmentfonds hielt. Zum 31. Dezember 2002 waren die Börsenkurse der Anteilscheine an diesen Fonds unter die jeweiligen im Jahresabschluss des Vorjahres ausgewiesenen Buchwerte gesunken.
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Die klagende Bank nahm in ihrer am 14. Januar 2003 erstellten Handelsbilanz für das Jahr 2002 Abschreibungen auf die Fonds in Höhe von insgesamt 392.643,53 € vor. In seinem Lagebericht beschrieb der Vorstand den "stärksten Kurseinbruch in der Geschichte des DAX". Für den deutschen Aktienindex (DAX) sei das Jahr 2002 das dritte Verlustjahr in Folge gewesen. Nachdem der Index bereits in den Jahren 2000 und 2001 um 8% beziehungsweise 20% an Wert verloren habe, habe er im Jahr 2002 mit dem Verlust von 44% (DAX-Stand zum Jahresende 2002: 2.892,63 Punkte) die höchste Einbuße in seiner Geschichte verzeichnet.
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In der am 10. Juli 2003 erstellten Steuerbilanz für das Jahr 2002 führten die Abschreibungen auf die Fondsanteile, nachdem deren Kurswerte bis zur Erstellung der Steuerbilanz wieder gestiegen waren, zu einer Gewinnminderung in Höhe von 357.493,73 €. Die Klägerin wurde gemäß ihrer im August 2003 beim Finanzamt eingereichten Körperschaftsteuererklärung veranlagt. Die Körperschaftsteuer laut dem ursprünglichen Bescheid vom 22. Oktober 2003 betrug 95.509 €.
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Nach der Verabschiedung des Korb II-Gesetzes reichte die Klägerin Ende Februar 2004 beim Finanzamt eine geänderte Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 ein. Unter anderem erhöhte sie den bislang erklärten Gewinn um die für das Jahr 2002 vorgenommenen, als steuerwirksam behandelten Teilwertabschreibungen. Gleichzeitig kündigte die Klägerin einen Einspruch an, den sie sodann nach Erlass des Änderungsbescheids vom 27. April 2004 einlegte.
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Im Rahmen einer während des Einspruchsverfahrens durchgeführten Betriebsprüfung teilte der Prüfer unter Hinweis auf das Korb II-Gesetz die Auffassung der Finanzverwaltung, dass eine steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung gemäß § 8b Abs. 3 KStG a.F. ausgeschlossen und der Gewinn daher entsprechend zu erhöhen sei. Unter Berücksichtigung der sich erhöhenden Gewerbesteuer-Rückstellung ergab sich im Hinblick auf die im Streit stehende Teilwertabschreibung für 2002 eine Gewinnerhöhung um einen Betrag von 282.019,50 €, die in dieser Höhe dem Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid vom 13. April 2005 zugrunde gelegt wurde. Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer nunmehr auf 140.570 € fest und wies den Einspruch als unbegründet zurück.
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Mit der gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage macht die Klägerin im Ausgangsverfahren geltend, § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG wirke in Verbindung mit der Anwendungsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG in konstitutiver und verfassungsrechtlich unzulässiger Weise in abgeschlossene Veranlagungszeiträume zurück. Sie beantragt eine Herabsetzung des zu versteuernden Einkommens um den Betrag von 282.019,50 €.
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III.
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Das Finanzgericht hat das Ausgangsverfahren ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (veröffentlicht in EFG 2008, S. 983).
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Das vorlegende Gericht hält § 43 Abs. 18 KAGG wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, weil die neue Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG nicht lediglich klarstellend sei, sondern eine unzulässige echte Rückwirkung entfalte. § 8b Abs. 3 KStG sei weder unmittelbar auf Anteilscheine anwendbar gewesen, noch habe § 40a Abs. 1 KAGG a.F. die sinngemäße Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG angeordnet, noch folge der Ausschluss der Teilwertabschreibungen vom steuerrechtlichen Abzug bei der Gewinnermittlung aus § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 3c Abs. 1 EStG. Insbesondere der Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. mit der dort fehlenden Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG a.F. und eine systematische Auslegung der Vorschrift, wonach die steuerliche Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine nicht zu sinnwidrigen Ergebnissen führe, sprächen dafür, dass bis zur Neuregelung des § 40a Abs. 1 KAGG Teilwertabschreibungen bei Anteilscheinen gewinnmindernd berücksichtigungsfähig gewesen seien. Diese Möglichkeit werde rückwirkend versagt. Keine der Ausnahmefallgruppen, in denen eine echte Rückwirkung zulässig sein könne, sei einschlägig.
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IV.
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Zu dem Vorlagebeschluss haben Stellung genommen das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, die Bundessteuerberaterkammer, ein Zusammenschluss der Bundesverbände aus dem Bereich des Bankwesens, das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. sowie - im Auftrag der Klägerin des Ausgangsverfahrens - Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön.
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Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage für unzulässig und überdies für unbegründet. Das vorlegende Gericht setze sich nicht näher mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung auseinander. § 43 Abs. 18 KAGG erfülle nicht den Tatbestand einer echten Rückwirkung. Der Verweis in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf § 8b Abs. 3 KStG sei nur deklaratorisch. Bereits § 40a Abs. 1 KAGG a.F. habe die Anwendung des Abzugsverbots nach § 8b Abs. 3 KStG mit eingeschlossen. Das Bundesministerium der Finanzen verweist ferner auf die Urteile des Finanzgerichts München vom 28. Februar 2008 (EFG 2008, S. 991) und vom 17. März 2009 (EFG 2009, S. 1053).
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In den übrigen Stellungnahmen wird, soweit sie sich inhaltlich zu den aufgeworfenen Rechtsfragen äußern, die Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts Münster geteilt, dass § 43 Abs. 18 KAGG die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise anordne.
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Der Bundesfinanzhof hat inhaltlich nicht Stellung bezogen. Das Offenlassen der verfassungsrechtlichen Frage in seinem Urteil vom 28. Oktober 2009 - I R 27/08 - (BFHE 227, 73) hat er mit der in diesem Fall gemeinschaftsrechtlich bedingten Unanwendbarkeit der Vorschrift begründet.
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B.
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I.
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Die Vorlage ist zulässig.
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1. Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 105, 61 <67>; 133, 1 <10 f.>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>; 133, 1 <11>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts vom einfachen Recht maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 133, 1 <11>).
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2. Die Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. durch das vorlegende Gericht ist vertretbar. Sie lässt sich insbesondere auf den Wortlaut der Vorschrift stützen. Dass die gegenteilige Auslegung der Vorschrift ebenfalls vertretbar erscheint (vgl. die unter A I 2 zitierten Urteile des Finanzgerichts München aus den Jahren 2008 und 2009) und die maßgebliche Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Hierfür genügt es, dass die Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht offensichtlich unhaltbar ist. Es gehört nicht zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Antrags auf konkrete Normenkontrolle, die vorherige höchstrichterliche Klärung einer für die verfassungsrechtliche Beurteilung erheblichen Vorfrage des einfachen Rechts abzuwarten. Dagegen spricht schon die Befugnis von erst- oder zweitinstanzlichen Gerichten zum Antrag auf konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG.
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3. Das Finanzgericht hat sich im Vorlagebeschluss hinreichend mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen einfachrechtlichen Vorschriften befasst und diese verneint. Der Gesetzgeber habe mit der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG in der Fassung des Korb II-Gesetzes bewusst und eindeutig die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen festgelegt. Das vorlegende Gericht sieht insofern zu Recht keinen Spielraum bei der Auslegung des § 43 Abs. 18 KAGG.
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4. Das vorlegende Gericht war nicht verpflichtet, den Vorlagebeschluss vom 22. Februar 2008 im Hinblick auf mehrere zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 126, 369; 127, 1; 131, 20; 132, 302) zu ergänzen, die auch für die Vorlage relevante Aussagen zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Gesetze enthalten.
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Es besteht keine generelle verfassungsprozessuale Verpflichtung eines vorlegenden Gerichts, den Vorlagebeschluss im Hinblick auf erhebliche tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen, die sich erst nach der Vorlage ergeben, fortlaufend zu überwachen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu dem auch für die Vorlagefrage maßgeblichen Verfassungsrecht, die erst nach dem Vorlagebeschluss veröffentlicht werden. Das vorlegende Gericht ist allerdings berechtigt, das Bundesverfassungsgericht über neue, aus seiner Sicht für das Vorlageverfahren bedeutsame Erkenntnisse zu unterrichten. Es kann auch einen Ergänzungsbeschluss fassen, wenn es Mängel im ursprünglichen Vorlagebeschluss beseitigen will (vgl. z.B. BVerfGE 132, 302 <310>).
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5. Die auf Anteile an Aktienfonds zielende Vorlagefrage ist dem Wortlaut des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG entsprechend auf Anteile an Wertpapier-Sondervermögen und diesbezügliche Gewinnminderungen zu erstrecken. Die Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens (vgl. dazu BVerfGE 132, 302 <316> m.w.N.) spricht für diese Erweiterung der Vorlagefrage. Weitergehende verfassungsrechtliche Fragen werden dadurch nicht aufgeworfen.
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Entsprechendes gilt für den Veranlagungszeitraum 2001, auf den die Vorlagefrage zu erstrecken ist. Die nach der Vorlage für den im Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Veranlagungszeitraum 2002 erheblichen Verfassungsrechtsfragen stellen sich in gleicher Weise für das Jahr 2001. Eine Erstreckung der Vorlage auf den Veranlagungszeitraum 2003 kommt hingegen nicht in Betracht, weil die verfassungsrechtliche Beurteilung bezüglich dieses Veranlagungszeitraums (vgl. Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 21. Juli 2009 - 1 K 733/2007 -, EFG 2010, S. 163) schon im Hinblick auf die Einordnung der gesetzlichen Rückwirkung eigene Probleme und teilweise andere Fragen aufwirft.
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II.
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§ 43 Abs. 18 KAGG ist verfassungswidrig, soweit er für Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anordnet. Insoweit entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG schon in formaler Hinsicht echte Rückwirkung (1). Die rückwirkende Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG in § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG ist aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutive Änderung der bisherigen Rechtslage zu behandeln und damit auch materiell an den Grundsätzen einer echten Rückwirkung zu messen (2). Die Voraussetzungen einer nur ausnahmsweise zulässigen echten Rückwirkung liegen hier nicht vor (3).
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1. § 43 Abs. 18 KAGG hat § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 jedenfalls formal mit echter Rückwirkung in Kraft gesetzt.
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a) Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; jeweils m.w.N.), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BVerfGE 132, 302 <318> m.w.N.).
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Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 <145 f.>; 30, 367 <386>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <16 f.>).
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Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>; 132, 302 <319>). Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum jedenfalls in formaler Hinsicht der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 Abgabenordnung in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfGE 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; 132, 302 <319>; vgl. auch bereits BVerfGE 13, 261 <263 f., 272>; 13, 274 <277 f.>; 19, 187 <195>; 30, 272 <285>). Dasselbe gilt für Veranlagungen zur Körperschaftsteuer (vgl. § 30 Nr. 3 KStG).
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b) § 43 Abs. 18 KAGG, der durch das am 27. Dezember 2003 verkündete Korb II-Gesetz eingeführt wurde, entfaltet für die beiden Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 in formaler Hinsicht echte Rückwirkung (vgl. BVerfGE 126, 369 <391 f.>), soweit er noch nicht bestandskräftige Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume erfasst. Diese waren am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres und damit vor Verkündung des Korb II-Gesetzes abgelaufen, so dass die Neuregelung insoweit nachträglich einen abgeschlossenen Sachverhalt betrifft.
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2. Die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Verbots echt rückwirkender Gesetze beanspruchen hier auch in materiellrechtlicher Hinsicht Geltung, weil § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG, anders als in der Begründung des Regierungsentwurfs angenommen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegenüber der alten Rechtslage als konstitutive Änderung zu behandeln ist.
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a) Würde § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG rückwirkend lediglich das klarstellen, was ohnehin bereits Gesetz war, stellte sich die Frage nicht, ob die Vorschrift trotz formal echter Rückwirkung ausnahmsweise mit dem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze vereinbar ist. Das Vertrauen in das geltende Recht könnte dann von vornherein nicht berührt sein, weil das geltende Recht nachträglich keine materielle Änderung erfahren hätte.
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Ob eine rückwirkende Gesetzesänderung gegenüber dem alten Recht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hängt vom Inhalt des alten und des neuen Rechts ab, der - abgesehen von eindeutigen Gesetzesformulierungen - zumeist erst durch Auslegung ermittelt werden muss.
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Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG vertretene Auffassung, die Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17), ist für die Gerichte nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>).
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Zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen (vgl. BVerfGE 65, 196 <215>; 111, 54 <107>; 126, 369 <392>). Dies gilt auch bei der Frage, ob eine Norm konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat. Allerdings ist der Gesetzgeber ebenfalls befugt, den Inhalt einer von ihm gesetzten Norm zu ändern oder klarstellend zu präzisieren und dabei gegebenenfalls eine Rechtsprechung zu korrigieren, mit der er nicht einverstanden ist. Dabei hat er sich jedoch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu halten, zu der auch die aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grenzen für rückwirkende Rechtsetzung gehören. Der Gesetzgeber kann diese Bindung und die Prüfungskompetenz der Gerichte nicht durch die Behauptung unterlaufen, seine Norm habe klarstellenden Charakter (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>). Es besteht keine Befugnis des Gesetzgebers zur authentischen Interpretation gesetzlicher Vorschriften (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>; 131, 20 <37>).
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b) Die Auslegung des einfachen Rechts ist grundsätzlich Sache der Fachgerichte (aa); die Inhaltsbestimmung einer im Normenkontrollverfahren vorgelegten Norm obliegt allerdings regelmäßig dem Bundesverfassungsgericht (bb). Für die Klärung, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat, gelten jedoch Besonderheiten; eine solche Vorschrift ist aus verfassungsrechtlicher Sicht stets schon dann als konstitutiv anzusehen, wenn sie sich für oder gegen eine vertretbare Auslegung einer Norm entscheidet und damit ernstliche Auslegungszweifel im geltenden Recht beseitigt (cc).
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aa) Die Auslegung des einfachen Rechts, die Wahl der hierbei anzuwendenden Methoden sowie die Anwendung des Rechts auf den Einzelfall sind primär Aufgabe der dafür zuständigen Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit zu untersuchen (vgl. BVerfGE 128, 193 <209>), solange nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; stRspr). Im Übrigen ist die Anwendung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange sie sich innerhalb der Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegen. Setzt sich ihre Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu den zur Anwendung gebrachten Normen, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen sind (vgl. BVerfGE 49, 304 <320>; 69, 315 <372>; 71, 354 <362 f.>; 113, 88 <103>; 128, 193 <209>).
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bb) Soweit es für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle auf die Auslegung und das Verständnis des einfachen Rechts ankommt, erfolgt eine Vollprüfung des einfachen Rechts durch das Bundesverfassungsgericht selbst (vgl. BVerfGE 2, 181 <193>; 7, 45 <50>; 18, 70 <80>; 31, 113 <117>; 51, 304 <313>; 80, 244 <250>; 98, 145 <154>; 110, 412 <438>; stRspr). In diesem Fall ist es an die Auslegung des einfachen Rechts durch das vorlegende Gericht nicht gebunden. Es kann entscheidungserhebliche Vorfragen des einfachen Rechts selbst in vollem Umfang prüfen und darüber als Ausgangspunkt für die verfassungsrechtliche Prüfung entscheiden. Nur so kann verhindert werden, dass das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm auf der Grundlage einer womöglich einseitigen, aber noch vertretbaren Deutung veranlasst ist, die ansonsten nicht, auch in der übrigen Fachgerichtsbarkeit nicht, geteilt wird. Das Bundesverfassungsgericht ist freilich nicht gehindert, die im Vorlagebeschluss vertretene Auslegung des einfachen Rechts durch das Fachgericht zu übernehmen und wird dies regelmäßig tun, wenn keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.
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cc) (1) Unbeschadet der grundsätzlichen Befugnis des Bundesverfassungsgerichts zur Vollprüfung des einfachen Rechts im Normenkontrollverfahren genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutiv zu behandeln ist, die Feststellung, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, der mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (vgl. BVerfGE 131, 20 <37 f.>).
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(a) Der Wunsch des Gesetzgebers, eine Rechtslage rückwirkend klarzustellen, verdient grundsätzlich nur in den durch das Rückwirkungsverbot vorgegebenen Grenzen verfassungsrechtliche Anerkennung. Andernfalls könnte der Gesetzgeber auch jenseits dieser verfassungsrechtlichen Bindung einer Rechtslage unter Berufung auf ihre Klärungsbedürftigkeit ohne Weiteres die von ihm für richtig gehaltene Deutung geben, ohne dass von den dafür letztlich zuständigen Gerichten geklärt wäre, ob dies der tatsächlichen Rechtslage entsprochen hat. Damit würde der rechtsstaatlich gebotene Schutz des Vertrauens in die Stabilität des Rechts empfindlich geschwächt. Angesichts der allgemeinen Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit des Rechts könnte es dem Gesetzgeber regelmäßig gelingen, einen Klärungsbedarf zu begründen. Eine von Vertrauensschutzerfordernissen weitgehend freigestellte Befugnis zur rückwirkenden Klarstellung des geltenden Rechts eröffnete dem Gesetzgeber den weit reichenden Zugriff auf zeitlich abgeschlossene Rechtslagen, ließe im Nachhinein politischen Opportunitätserwägungen Raum, die das einfache Recht zum Zeitpunkt der später als korrekturbedürftig empfundenen Auslegung nicht prägten, und beeinträchtigte so das Vertrauen in die Stabilität des Rechts erheblich.
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Ein legislatives Zugriffsrecht auf die Vergangenheit folgt auch nicht ohne Weiteres aus dem Demokratieprinzip, sondern steht zu diesem in einem Spannungsverhältnis. Zwar begrenzt das Rückwirkungsverbot die legislativen Handlungsspielräume des Parlaments für die Vergangenheit. Die demokratische Verantwortung des Parlaments ist jedoch auf die Gegenwart und auf die Zukunft bezogen. Früher getroffene legislative Entscheidungen verfügen über eine eigenständige demokratische Legitimation. Der historische Legitimationskontext kann - jedenfalls soweit die Gesetzeswirkungen in der Vergangenheit liegen - nicht ohne Weiteres durch den rückwirkenden Zugriff des heutigen Gesetzgebers ausgeschaltet werden. Besonders augenfällig würde dies bei Gesetzen, welche Entscheidungen aus einer früheren Legislaturperiode, die unter anderen politischen Mehrheitsverhältnissen getroffen wurden, rückwirkend revidierten. Für die Vergangenheit beziehen diese Entscheidungen ihre demokratische Legitimation allein aus dem damaligen, nicht aus dem heutigen Entscheidungszusammenhang. Der demokratische Verfassungsstaat vermittelt eine Legitimation des Gesetzgebers in der Zeit. Auch vom Demokratieprinzip ausgehend muss der Zugriff des Gesetzgebers auf die Vergangenheit die Ausnahme bleiben.
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(b) Eine rückwirkende Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist in jedem Fall als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn der Gesetzgeber damit nachträglich einer höchstrichterlich geklärten Auslegung des Gesetzes den Boden zu entziehen sucht. Der Gesetzgeber hat es für die Vergangenheit grundsätzlich hinzunehmen, dass die Gerichte das damals geltende Gesetzesrecht in den verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung verbindlich auslegen. Entspricht diese Auslegung nicht oder nicht mehr dem politischen Willen des Gesetzgebers, kann er das Gesetz für die Zukunft ändern.
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Eine nachträgliche Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist aber grundsätzlich auch dann als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn die rückwirkende Regelung eine in der Fachgerichtsbarkeit kontroverse Auslegungsfrage entscheidet, die noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die klärende Regelung ist bereits dann konstitutiv, wenn sie eine - sei es auch unterinstanzliche - fachgerichtliche Auslegung durch nachträglichen Zugriff auf einen abgeschlossenen Sachverhalt ausschließen soll. Indem der Gesetzgeber mit einem in der maßgeblichen Aussage nunmehr regelmäßig eindeutigen Gesetz rückwirkend die insofern offenbar nicht eindeutige, in ihrer Anwendung jedenfalls uneinheitliche Rechtslage klären will, verleiht er dem rückwirkenden Gesetz konstitutive Wirkung.
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Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in diesen Fällen allein über die Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung, nicht über die verbindliche Auslegung des einfachen Rechts, das der Gesetzgeber rückwirkend ändern wollte. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die in diesen Fällen noch nicht höchstrichterlich entschiedene, aber umstrittene Auslegung des einfachen Rechts selbst vorzunehmen. Für die Feststellung einer konstitutiven rückwirkenden Gesetzesänderung genügt es, wenn das vorlegende Gericht vertretbar einen Standpunkt zur Auslegung des alten Rechts einnimmt, den der Gesetzgeber mit der rückwirkenden Neuregelung ausschließen will. Eine gefestigte oder gar höchstrichterlich bestätigte Rechtsprechungslinie verlangt dieser Rechtsstandpunkt nicht. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber ihn korrigieren und ausschließen will.
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Ob Bürger oder Behörde im Ausgangsrechtsstreit ihren Rechtsstandpunkt zur alten Rechtslage zu Recht eingenommen haben, ist in einem solchen Fall durch die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine konstitutiv rückwirkende Neuregelung vorliegt, nicht entschieden. Hält das Bundesverfassungsgericht - wie hier - die Rückwirkung für verfassungswidrig, ist es weiterhin der Fachgerichtsbarkeit aufgegeben, den Inhalt der alten Rechtslage durch Auslegung zu klären. Dies entspricht der Funktionsteilung zwischen Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten. Die weitere, insbesondere höchstrichterliche Auslegung durch die Fachgerichte kann dabei ergeben, dass die Norm gerade so zu verstehen ist, wie es der Gesetzgeber nachträglich festgestellt wissen wollte. Dies bleibt jedoch eine Frage der Auslegung geltenden Rechts, die nicht dem Gesetzgeber, sondern der Gerichtsbarkeit und dabei in erster Linie der Fachgerichtsbarkeit obliegt.
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(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die rückwirkende "Klarstellung" der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG als konstitutiv. Der Gesetzgeber hat bei der Anfügung des Satzes 2 an § 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG seine Absicht der Klarstellung zur Beseitigung des entstandenen Auslegungsproblems zum Ausdruck gebracht (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17). § 40a Abs. 1 KAGG konnte vor der Klärung durch den Gesetzgeber in jeweils vertretbarer Weise im Sinne der Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. wie auch im Sinne seiner Nichtanwendung ausgelegt werden. Dass bis zu der Verkündung des Korb II-Gesetzes im Bundesgesetzblatt noch keine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage ergangen war, rechtfertigt mit Blick auf den verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab keine andere Betrachtung. Denn auch hier hat der Gesetzgeber die nachträglich klarstellend gemeinte Norm vor dem Hintergrund der als unklar erkannten Rechtslage und damit in einer Situation der Ungewissheit rückwirkend in das Gesetz aufgenommen. Diese Ungewissheit wurde durch die später ergangenen divergierenden Entscheidungen der Finanzgerichte bestätigt (vgl. oben A I 2).
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Auch in diesen Konstellationen, in denen es auf die Frage ankommt, ob eine Neuregelung aus verfassungsrechtlicher Sicht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, bleibt es dem Bundesverfassungsgericht allerdings unbenommen, in eigener Zuständigkeit das einfache Recht als Grundlage seiner Entscheidung auszulegen, etwa weil der vom vorlegenden Gericht zum einfachen Recht vertretene Rechtsstandpunkt verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist. Verpflichtet dazu ist es in diesen Fällen freilich nicht. Die Vorlage gibt dem Bundesverfassungsgericht hier keine Veranlassung, eine eigenständige Auslegung des einfachen Rechts vorzunehmen, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die im Vorlagebeschluss zur Nichtanwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. vertretene Rechtsauffassung verfassungswidrig sein könnte.
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3. Die mit der konstitutiven Wirkung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG verbundene Belastung ist verfassungswidrig, soweit sie nach § 43 Abs. 18 KAGG hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 mit echter Rückwirkung versehen ist.
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Die im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen Gesetzen mit echter Rückwirkung grundsätzlich entgegen (a). Keine der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Verbot liegt hier vor (b). Auch ansonsten ist hier kein Grund für die Rechtfertigung der echten Rückwirkung erkennbar (c).
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a) Die Verfassungsmäßigkeit eines rückwirkenden Gesetzes ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl. BVerfGE 24, 220 <229>; 32, 111 <123>; 50, 177 <193>; 101, 239 <262>; 131, 20 <36 f.>). Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 132, 302 <317>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. BVerfGE 101, 239 <262>; 132, 302 <317>). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>; 132, 302 <317>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>; 132, 302 <317>). Ausgehend hiervon sind Gesetze mit echter Rückwirkung grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; stRspr).
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b) aa) Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen (vgl. BVerfGE 13, 261 <272 f.>; 18, 429 <439>; 30, 367 <387 f.>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>; 126, 369 <393 f.>; 131, 20 <39>; stRspr). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393>). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 50, 177 <193>). Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten, nicht abschließend definierten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. BVerfGE 72, 200 <258>; 97, 67 <80>). Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfGE 32, 111 <123>).
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Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 30, 367 <387>; 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>). Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 30, 367 <388>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393 f.>), oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden (vgl. BVerfGE 13, 215 <224>; 30, 367 <388>). Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 88, 384 <404>; 95, 64 <87>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>), wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 50, 177 <193 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>) oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (sogenannter Bagatellvorbehalt, vgl. BVerfGE 30, 367 <389>; 72, 200 <258>).
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bb) Von den in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen zulässigerweise echt rückwirkender Gesetze kommen hier nur diejenigen der Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage oder ihrer Systemwidrigkeit und Unbilligkeit in Betracht. Keine von beiden vermag die Rückwirkung des § 43 Abs. 18 KAGG auf die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 zu rechtfertigen.
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(1) (a) Allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm rechtfertigt nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken.
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Den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fall-gruppen zu den Ausnahmen vom Verbot echt rückwirkender Gesetze ist sämtlich gemeinsam, dass besondere Umstände ein grundsätzlich berechtigtes Vertrauen in die bestehende Rechtslage erst gar nicht entstehen lassen oder entstandenes Vertrauen wieder zerstören. Die schlichte Auslegungsoffenheit und Auslegungsbedürftigkeit einer Norm und die damit bestehende Unsicherheit über deren Inhalt ist keine solche Besonderheit, die dieses grundsätzlich berechtigte Vertrauen zerstören könnte. Andernfalls könnte sich insbesondere in den Anfangsjahren einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich nie ein schutzwürdiges Vertrauen gegen rückwirkende Änderungen entwickeln, solange sich keine gefestigte Rechtsprechung hierzu herausgebildet hat.
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Sähe man jede erkennbare Auslegungsproblematik als Entstehungshindernis für verfassungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen an, stünde es dem Gesetzgeber weitgehend frei, das geltende Recht immer schon dann rückwirkend zu ändern, wenn es ihm opportun erscheint, etwa weil die Rechtsprechung das geltende Recht in einer Weise auslegt, die nicht seinen Vorstellungen und Erwartungen entspricht. In diesem Fall kann der Gesetzgeber zwar stets die Initiative ergreifen und das geltende Recht für die Zukunft in seinem Sinne ändern, sofern er sich dabei an die Vorgaben des Grundgesetzes hält. Einen "Freibrief" für rückwirkende Gesetzesänderungen verschafft ihm eine schlicht auslegungsbedürftige und insofern unklare Rechtslage hingegen nicht. Eine so weitreichende Befugnis des Gesetzgebers zur Normsetzung mit echter Rückwirkung würde das durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen in die geltende Rechtslage weitgehend entwerten.
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Außerdem würde eine über besondere Ausnahmefälle hinausgreifende Befugnis des Gesetzgebers zur rückwirkenden Präzisierung von Normen, die sich als auslegungsbedürftig erweisen, die vom Grundgesetz der rechtsprechenden Gewalt vorbehaltene Befugnis zur verbindlichen Auslegung von Gesetzen unterlaufen (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>).
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Da sich Auslegungsfragen gerade bei neuen Normen häufig stellen, bestünde die Gefahr, dass auf diese Weise schließlich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der echten Rückwirkung in dem Sinne in sein Gegenteil verkehrt würde, dass auch sie nicht mehr grundsätzlich unzulässig bliebe, sondern - ebenso wie die unechte Rückwirkung - grundsätzlich zulässig wäre. Ein solches Ergebnis wäre mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nicht vereinbar.
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(b) Die eine echt rückwirkende gesetzliche Klärung rechtfertigende Unklarheit einer Rechtslage erfordert vielmehr zusätzliche qualifizierende Umstände, die das geltende Recht so verworren erscheinen lassen, dass es keine Grundlage für einen verfassungsrechtlich gesicherten Vertrauensschutz mehr bilden kann. Eine solche Verworrenheit liegt insbesondere dann vor, wenn auch unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Normzweck völlig unverständlich ist, welche Bedeutung die fragliche Norm haben soll.
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(c) § 40a Abs. 1 KAGG ließ vor der hier zu prüfenden Einfügung des Satzes 2 verschiedene Auslegungen zu. Das belegen die divergierenden finanzgerichtlichen Entscheidungen zur Auslegung dieser Vorschrift. Die höchstrichterlich nicht geklärte Auslegung im Hinblick auf die Anwendung des im ursprünglichen Wortlaut nicht erwähnten § 8b Abs. 3 KStG a.F. und die insoweit uneinheitliche Rechtsprechung auf der Ebene der Finanzgerichte begründen indes noch keine verworrene Rechtslage. Die Norm war hinsichtlich ihres Verständnisses nach Wortlaut und Regelungsgehalt nicht fragwürdig oder gar unverständlich, sondern klar formuliert. Ihre Auslegungsbedürftigkeit, insbesondere im Hinblick auf die systematische Verknüpfung mit § 8b KStG, hat zu divergierenden, für sich genommen aber jeweils vertretbaren Standpunkten geführt. Eine "Klarstellung" durch ein echt rückwirkendes Gesetz rechtfertigt dies nicht.
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(2) Das ursprüngliche einfache Recht war auch nicht in einer Weise systemwidrig und unbillig, dass dies die durch § 43 Abs. 18 KAGG angeordnete echte Rückwirkung rechtfertigen könnte.
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Weder die Auslegung des vorlegenden Finanzgerichts (keine Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) noch die gegenteilige Auslegung des ursprünglichen § 40a Abs. 1 KAGG (Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) sind von Verfassungs wegen zwingend geboten. Zwar mögen im vorliegenden Zusammenhang systematische und teleologische Aspekte bei der Interpretation des ursprünglichen § 40a Abs. 1 KAGG gute Gründe für ein von der reinen Wortlautauslegung abweichendes Auslegungsergebnis im Sinne der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. liefern (vgl. Gosch, in: Gosch, KStG, 1. Aufl. 2005, § 8b Rn. 52 und 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 49). Ungeachtet dessen führt auch die Sichtweise des vorlegenden Finanzgerichts nicht zu einem Ergebnis, das in einem Maße systemwidrig und unbillig ist, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestehen (vgl. BVerfGE 13, 215 <224>; 30, 367 <388>).
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Den Gesetzesmaterialien zum Korb II-Gesetz lassen sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber Kapitalanlagegesellschaften gegenüber Körperschaften, für die das Körperschaftsteuergesetz unmittelbar gilt, im Hinblick auf die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG privilegieren wollte. Andererseits war das Transparenzprinzip im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften nicht uneingeschränkt verwirklicht; es galt vielmehr nur gemäß der jeweiligen Anordnung des Gesetzgebers (sogenanntes eingeschränktes Transparenzprinzip, vgl. BFHE 130, 287 <289>; 168, 111 <113>; 193, 330 <333 f.>; 229, 351 <357 f.>; vgl. BTDrucks 15/1553, S. 120 zum Transparenzprinzip als Leitidee der Investmentbesteuerung; Engl, Erträge aus Investmentvermögen, 2009, S. 73 ff.; Lübbehüsen, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, 2003, Vor §§ 37n ff. KAGG Rn. 11 ff.; Teichert, Die Besteuerung in- und ausländischer Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz, 2009, S. 78 ff.).
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Vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Investmentsteuerrechts und des dieses prägenden eingeschränkten Transparenzprinzips führt die Auslegung durch das vorlegende Finanzgericht nicht zu einer so systemwidrigen und unbilligen Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaften, dass bereits ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Auslegung bestünden. Zwar erscheint systematisch fragwürdig, weshalb - abweichend vom "normalen" neuen Körperschaftsteuersystem - positive Wertentwicklungen nicht der Besteuerung unterliegen, negative Wertentwicklungen hingegen steuerliche Berücksichtigung finden sollten. Immerhin aber wurde durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. (inzwischen Satz 4) eine systemwidrige Begünstigung durch eine Steuerwirksamkeit von Gewinnminderungen und eine Steuerfreistellung der auf die nämlichen Beträge entfallenden Gewinne vermieden. Nach dieser Vorschrift gilt die Veräußerungsgewinnbefreiung nicht, "soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist". § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. war unzweifelhaft schon nach dem Wortlaut von der auf § 8b Abs. 2 KStG zielenden Verweisung in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. erfasst. Die Auslegung durch das vorlegende Finanzgericht führt daher nicht dazu, dass Kapitalanlagegesellschaften Gewinnminderungen von Anteilen an Wertpapier-Sondervermögen steuerwirksam berücksichtigen durften, auf die jeweiligen Anteile entfallende Gewinne aber nicht zu versteuern brauchten.
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Daher kann von einer systemwidrigen Abwälzung der Verluste der Kapitalanlagegesellschaften auf die Allgemeinheit nicht die Rede sein. Eine Ausgestaltung der Besteuerung von Kapitalanlagegesellschaften im Sinne der Auffassung des vorlegenden Gerichts bewegt sich im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und ist keinesfalls so unbillig oder systemwidrig, dass ernsthafte Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit bestünden.
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c) Sonstige Gründe, die jenseits der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fallgruppen hier ausnahmsweise eine gesetzliche Regelung mit echter Rückwirkung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 zum Fremdrentenrecht (BVerfGE 126, 369) und vom 2. Mai 2012 zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfGE 131, 20), in denen das Gericht jeweils rückwirkende Gesetzesänderungen als verfassungsgemäß beurteilt hat.
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In dem Beschluss zum Fremdrentenrecht sah das Gericht, unabhängig von der Frage, ob die in Streit stehende rückwirkende Gesetzesänderung konstitutiv wirkte, das Vertrauen in ein geändertes Verständnis der alten Rechtslage, das durch eine Rechtsprechungsänderung des Bundessozialgerichts in Abweichung von der bis dahin in Rechtspraxis und Rechtsprechung gefestigten Rechtsauffassung herbeigeführt worden war, als von vornherein nicht gerechtfertigt an (vgl. BVerfGE 126, 369 <393 ff.>). Mit dieser Sondersituation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
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Entsprechendes gilt für die Entscheidung zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz. Ihr lag ein Fall zugrunde, in dem das Bundesverwaltungsgericht eine gefestigte Rechtspraxis zur Berechnung des Mindestruhegehalts bei Zusammentreffen von beamtenrechtlicher Versorgung und gesetzlicher Rente änderte. Die Korrektur dieser Rechtsprechung durch den Gesetzgeber bewertete das Bundesverfassungsgericht zwar als konstitutive Gesetzesänderung mit zum Teil echter und zum Teil unechter Rückwirkung (vgl. BVerfGE 131, 20 <36 ff.>), stellte aber zugleich fest, dass sich ein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen in ein Verständnis der Rechtslage im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts unter den gegebenen Umständen nicht habe entwickeln können (vgl. BVerfGE 131, 20 <41 ff.>). Auch hier bezieht sich die Entscheidung mithin auf eine besondere Situation, der sich der Gesetzgeber angesichts einer kurzfristigen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der bis dahin gefestigten Rechtspraxis gegenüber sah. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
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d) Es besteht kein Anlass, für die Fälle, in denen der Gesetzgeber die geltende Rechtslage für die Vergangenheit klarstellen will, von dem im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Vertrauensschutz und dem darin wurzelnden Ausnahmecharakter zulässiger echter Rückwirkung abzuweichen. Eine solche Abweichung wäre es jedoch, wenn dem Wunsch des Gesetzgebers, den "wahren" Inhalt früher gesetzten Rechts nachträglich festzulegen und eine seinen Vorstellungen widersprechende Auslegung auch für die Vergangenheit zu korrigieren, Grenzen nur im Hinblick auf bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Einzelverfahren oder bei Rechtslagen gesetzt wären, die keinen ernsthaften Auslegungsspielraum lassen. Damit würde der in der ständigen Rechtsprechung entwickelte besondere Schutz gegen Gesetze mit echter Rückwirkung ebenso preisgegeben wie die Differenzierung zwischen grundsätzlich unzulässiger echter und grundsätzlich zulässiger unechter Rückwirkung.
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III.
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Soweit § 43 Abs. 18 KAGG zur Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den körperschaftsteuerlichen Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 führt, verstößt diese Anwendungsvorschrift gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig (§ 78 Satz 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG).
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IV.
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Die Entscheidung ist im Ergebnis mit 5:3 Stimmen, hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grundsätze mit 6:2 Stimmen ergangen.
Abw. Meinung
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Ich kann der Entscheidung nicht zustimmen. Entgegen ihrem ersten Anschein betrifft die Entscheidung nicht fachrechtliche Spezialprobleme, sondern grundsätzliche Fragen zur Reichweite der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers für unklare, offengebliebene Rechtsfragen der Vergangenheit - hier für steuerrechtliche Abschreibungsmöglichkeiten von Verlusten, die Finanzinstitute insbesondere in Folge der Anschläge des 11. September 2001 erlitten haben. Unter Berufung auf das Rückwirkungsverbot untersagt der Senat dem Gesetzgeber eine Klarstellung, dass diese Verluste nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen.
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Damit verändert er der Sache nach das Fundament der Rückwirkungsrechtsprechung. Der Senat entzieht ihr - nicht dem Selbstverständnis nach, doch in Ergebnis und Begründung - die im Vertrauensschutz liegenden Wurzeln und ersetzt sie durch abstrakte, in der Sache fehlgeleitete Vorstellungen der Gewaltenteilung. An die Stelle des Schutzes subjektiver Freiheit tritt die Absicherung eines objektiv-rechtlichen Reservats der Fachgerichtsbarkeit. Der Verlierer ist das Parlament: In Umwertung der bisherigen Rechtsprechung wird ihm die rückwirkende Klarstellung ungeklärter Rechtsfragen nun nicht erst bei einem entgegenstehenden Vertrauen der Bürger, sondern grundsätzlich abgeschnitten. Die Übernahme von politischer Verantwortung wird ihm so für Altfälle schon prinzipiell aus der Hand geschlagen. Hierin liegt eine gravierende Störung der Balance zwischen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.
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I.
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Der Senat hebt die angegriffene Vorschrift wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot auf, obwohl er selbst der Auffassung ist, dass die ursprüngliche Rechtslage dem Beschwerdeführer keinerlei Vertrauen vermittelt hat, das durch die Gesetzesänderung enttäuscht würde. Damit entzieht er dem Rückwirkungsverbot sein auf subjektive Freiheitssicherung ausgerichtetes Fundament.
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1. Gegenstand der in Frage stehenden Normen ist die Frage, ob Kapitalgesellschaften - in der Praxis insbesondere Banken - berechtigt sind, Wertverluste ihrer Anteile an Investmentfonds für die Jahre 2001 und 2002 steuerlich gewinnmindernd geltend zu machen, während das Gesetz Gewinne grundsätzlich steuerfrei stellt. Der Senat selbst ist der Auffassung, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu keiner Zeit ein berechtigtes Vertrauen dahin hatte, Teilwertabschreibungen für diese Zeit gewinnmindernd geltend machen zu können. Er hält die ursprüngliche Rechtslage diesbezüglich zu Recht für ungeklärt und erkennt an, dass sie sich sowohl subjektiv als auch bei verobjektivierter Betrachtung für die betroffenen Banken als offen darstellte. Dennoch ist er der Ansicht, dass der Gesetzgeber dies für die noch offenen Altfälle nicht rückwirkend klären durfte. Es sei Aufgabe der Fachgerichte, über diese Fälle zu entscheiden.
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Mit dieser Argumentation wird die Fundierung des Rückwirkungsverbots im Vertrauensschutz der Sache nach aufgegeben: Der Senat geht ausdrücklich davon aus, dass die Fachgerichte für die hier in Rede stehenden Fälle in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis kommen können, dass der alte § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auch unabhängig von der gesetzlichen Klarstellung in § 43 Abs. 18 KAGG sachgerecht so auszulegen ist, dass die von der Klägerin geltend gemachten Teilwertabschreibungen nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden können. Diese Frage dürfe rückwirkend aber nicht der Gesetzgeber klären; die Klärung sei allein den Fachgerichten vorbehalten. Dem Gesetzgeber wird so eine Regelung verboten, die die Gerichte durch Auslegung ohne weiteres herbeiführen dürfen. Obwohl die alte Rechtslage kein Vertrauen der Bürger begründete, in Blick auf insoweit vorhersehbare Rechtsfolgen Dispositionen zu treffen, soll der Gesetzgeber an einer Klärung dennoch durch das - aus dem Vertrauensschutz hergeleitete - Rückwirkungsverbot gehindert sein. Die Instrumente des Vertrauensschutzes werden ihm so für die Anordnung von Rechtsfolgen entgegengehalten, mit denen die Betroffenen auch nach dem alten Recht schon rechnen mussten und weiterhin rechnen müssen.
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2. Wenn hier überhaupt noch eine Brücke zu irgendeiner Form von Vertrauen auszumachen ist, so kann diese allenfalls in dem abstrakten Vertrauen auf die Gültigkeit einer inhaltsoffenen Norm gesucht werden - und damit auf eine Streit-entscheidung der politisch offen gebliebenen Frage durch die Fachgerichte. Geschützt wird durch die Entscheidung des Senats das Vertrauen in die Chance einer für die Betreffenden günstigen Rechtsprechung. Gerade dies aber zeigt, wie weit sich der Senat von dem ursprünglichen Anliegen der Rückwirkungsrechtsprechung entfernt. Das Rückwirkungsverbot sichert nicht mehr das Vertrauen in eine berechenbare Rechtsordnung, damit der Einzelne sein Verhalten im Blick auf vorhersehbare Rechtsfolgen selbstbestimmt ausrichten kann, sondern lediglich die Chance, dass die Rechtsprechung möglicherweise zu einer vorteilhafteren Klarstellung der ungeklärten Position führt als eine demokratisch-politische Entscheidung des Parlaments. Galt die Rückwirkungsrechtsprechung zunächst dem Schutz des Vertrauens zur Sicherung individueller Freiheitswahrnehmung, so gilt sie nun der Absicherung eines kompetentiellen Vorbehaltsbereichs der Rechtsprechung gegenüber dem Gesetzgeber. Aus dem Schutz subjektiver Freiheit wird die Durchsetzung objektiver Gewaltenteilungsvorstellungen und hierbei eines Reservats der Rechtsprechung.
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II.
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Das damit vom Senat zur Geltung gebrachte Verhältnis von Gesetzgebung und Rechtsprechung lässt sich aus der Ordnung des Grundgesetzes nicht herleiten. Es drängt den Gesetzgeber unberechtigt aus seiner Verantwortung.
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1. Durch die Ablösung des Rückwirkungsverbots von dem Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage wird es für die Fälle der echten Rückwirkung im Ergebnis zu einem apriorischen Prinzip der Gewaltenteilung verselbständigt, das seinen Sinn darin hat, die rückwirkende Einmischung des Gesetzgebers in offene, noch ungeklärte Rechtsfragen schon prinzipiell auszuschalten. Statt einer politischen Entscheidung durch das Parlament soll grundsätzlich nur noch eine entpolitisierte Entscheidung durch die Justiz möglich sein.
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a) Dies überzeugt schon vom Grundverständnis nicht. Ausgehend von dem aus dem Demokratieprinzip folgenden legislativen Zugriffsrecht des Parlaments kann sich der Gesetzgeber aller drängenden Fragen des Gemeinwesens annehmen. Zu entscheiden, was Recht sein soll, ist im demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, der hierfür gewählt wird und sich in einem politischen Prozess vor der Öffentlichkeit verantworten muss. Dies betrifft grundsätzlich auch die Entscheidung über Probleme, die in der Vergangenheit wurzeln, oder die Klärung von Streitfragen, die offengeblieben und lösungsbedürftig sind. Dass diese demokratische Verantwortung von vornherein auf die Zukunft beschränkt wäre, ist durch nichts begründet und lässt sich insbesondere auch der bisherigen Rechtsprechung nicht entnehmen. Insbesondere lassen sich hierfür nicht die Vorstellung eines je begrenzten historischen Legitimationskontextes und die eigene Dignität des je auf Zeit gewählten Gesetzgebers anführen. Denn auch mit solchen rückwirkenden Regelungen geht es um die Bewältigung von Problemen, die in der Vergangenheit gerade nicht inhaltlich sachhaltig bewältigt wurden und nun - offen und lösungsbedürftig - in die Gegenwart und Zukunft hineinwirken.
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In der Tat freilich ist der Gesetzgeber in seiner Gestaltungsbefugnis rechtsstaatlich begrenzt und diese rechtsstaatlichen Grenzen können bei Gesetzen, die in die Vergangenheit hineinwirken, schneller berührt sein als bei anderen. So kann der Gesetzgeber selbstverständlich nicht ohne weiteres nachträglich in bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Einzelverfahren eingreifen oder für abgeschlossene Zeiträume ein Verhalten neu bewerten und mit Sanktionen belegen, mit denen die Betreffenden nicht rechnen mussten. Insbesondere die Grundrechte und die aus ihnen folgende Freiheitsvermutung setzen hier vielfach Grenzen. Dies ist der zutreffende Kern der Rückwirkungsrechtsprechung. Solche Einschrän-kungen des Gesetzgebers müssen sich aber jeweils mit einem spezifischen Schutzbedürfnis der Betroffenen begründen lassen. Sie ergeben sich nicht schon generell aus einer abstrakten Grenze der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers. Es gibt keinen Grund, warum der Gesetzgeber umstrittene und unklare Rechtsfragen nicht auch für offene Altfälle regeln können soll, solange dadurch berechtigtes Vertrauen nicht enttäuscht wird. Dass der Gesetzgeber bei Gesetzen, die in die Vergangenheit wirken, die zutage getretenen Interessenkonflikte möglicherweise konkreter vor Augen hat als bei zukunftsgerichteten Gesetzen, macht eine Klärung durch den Gesetzgeber nicht unzulässig. Gesetzgebung beschränkt sich im modernen Staat grundsätzlich nicht auf die Vorgabe situationsblinder Regelungen für die Zukunft, sondern hat fast immer einen konkreten Interessenausgleich zu ihrem Gegenstand.
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b) Aus Gewaltenteilungsgesichtspunkten spricht vielmehr umgekehrt alles dafür, in ungeklärten Rechtslagen die rückwirkende Klarstellung offener und umstrittener Fragen auch durch den Gesetzgeber grundsätzlich für zulässig zu halten. Wenn sich in der Anwendungspraxis eines Gesetzes herausstellt, dass wichtige Fragen von allgemeiner Bedeutung offengeblieben oder Regelungen unklar oder missverständlich formuliert sind, gehört es zur Aufgabe der Volksvertretung, dass sie in politisch-demokratischer Verantwortung gesetzlich klarstellen kann, wie diese Fragen in den noch offenen Verfahren zu beantworten sind. Die Vorstellung, der Gesetzgeber habe nur einen Versuch frei, dürfe dann aber auf die im Laufe der Zeit aufkommenden Probleme bis zu einer Neuregelung pro futuro keinen klärenden Zugriff mehr nehmen, hat in den Legitimationsgrundlagen unserer Verfassungsordnung kein Fundament. Insbesondere lässt sich dies nicht mit Vorstellungen zeitlich segmentierter Legitimationszusammenhänge begründen. Denn der alte Gesetzgeber hatte hier die entsprechenden Fragen gerade nicht geklärt. Dies wird besonders deutlich, wenn der Gesetzgeber, wie vorliegend, nur das festschreiben will, was seiner Ansicht nach - mehr als nachvollziehbar (siehe unten IV.) - ohnehin auch mit der alten Regelung intendiert war.
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2. Die vom Senat geschaffene Abgrenzung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung ist auch funktional nicht einleuchtend.
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a) Angesichts der immer komplexer werdenden Anforderungen an die Gesetzgebung in einer hochdifferenzierten und sektoral wie international vielfältig vernetzten Welt kann nicht ernsthaft erwartet werden, dass alle Auswirkungen eines Gesetzgebungsvorhabens stets verlässlich von vornherein überschaut werden können. Normen können im Interessengeflecht der zahlreichen Anwender und Betroffenen Missverständnisse, Zweifelsfragen oder sinnwidrige Praktiken hervorrufen, die nicht vorhersehbar sind. Auch muss damit gerechnet werden, dass dabei dem Gesetzgeber Ungenauigkeiten oder Fehler unterlaufen. Gerade eine Gesetzesreform, wie sie den hier streitigen Normen zugrunde liegt, macht das besonders deutlich. Der Gesetzgeber hatte damals die Herkulesaufgabe auf sich genommen, das gesamte Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren umzustellen und damit die Besteuerung fast aller bedeutsamen Unternehmen - mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Konzernstrukturen ebenso wie auf internationale Zusammenhänge - auf grundlegend neue Füße zu stellen. Die hier in Frage stehenden Normen bildeten dabei nur einen ganz kleinen, untergeordneten Aspekt. Dass im Rahmen eines solchen Vorhabens nicht sofort alle Fragen eine klare, durchdachte und unmissverständliche Lösung erfahren, liegt auf der Hand - und davon mussten alle Betroffenen ausgehen.
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b) Nach Ansicht des Senats sind alle insoweit aufkommenden Probleme bis auf Widerruf für die Zukunft grundsätzlich allein durch die Gerichte zu klären. Zwar dürfe der Gesetzgeber aufkommende Unklarheiten pro futuro neu regeln, jedoch seien gesetzliche Unzuträglichkeiten und Streitfragen, die unter einer gegebenen Rechtslage entstehen, - bis auf extreme Ausnahmen (siehe unten IV. 3) - ausschließlich von den Gerichten zu bewältigen.
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Dies ist schon im Blick auf die den Gerichten im gewaltenteiligen Verfassungsstaat zugewiesene Aufgabe nicht überzeugend: Während diese angesichts unklarer Rechtslagen nach dem vom Gesetzgeber gemeinten Sinn zu suchen haben und sich, wenn es hieran fehlt, letztlich unter Umständen zu demokratisch nicht angeleiteten Setzungen eigener Gerechtigkeitsvorstellungen genötigt sehen, wird dem Gesetzgeber die Möglichkeit genommen, eine solche Klarstellung zur Entlastung der Gerichte vorzunehmen.
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Ein solcher Ansatz leuchtet auch hinsichtlich der praktischen Konsequenzen nicht ein. Während eine rückwirkende Klarstellung durch den Gesetzgeber mit einem Schlag unmittelbar alle offenen Streitfälle einheitlich für Zukunft und Vergangenheit lösen und Rechtssicherheit schaffen kann, müssen als Folge der Entscheidung des Senats stattdessen alle vor der Gesetzesänderung angefallenen Fälle vor Gericht durch die Instanzen prozessiert werden. Das kann Jahre dauern, die Gerichte mit vielen Verfahren belasten, für die Betroffenen hohe Kosten mit sich bringen und für lange Zeit Rechtszersplitterung und Verunsicherung zur Folge haben. Die vom Senat aus der Taufe gehobene Chance des Bürgers auf eine für ihn vorteilhafte Entscheidung durch die Rechtsprechung, ist damit nicht nur Chance, sondern auch erhebliche Bürde - nicht nur für die Allgemeinheit, sondern auch für die Betroffenen selbst.
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III.
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In der Entscheidung liegt damit zugleich eine tiefgreifende Wende der Rückwirkungsrechtsprechung und ein Bruch mit den diesbezüglichen bisherigen Wertungen.
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Allerdings knüpft der Senat an Obersätze an, die der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommen sind: Die grundsätzliche Unzulässigkeit der echten Rückwirkung entspricht ständiger - und in ihrem bisherigen Kontext auch zutreffender - Rechtsprechung. Wie die zahlreichen Zitatketten aus der Rechtsprechung zeigen, ist der Senat dabei von dem Anliegen getragen, diese lediglich stimmig weiterzuentwickeln. Dies gelingt jedoch überzeugend nicht. Denn er löst dabei die Obersätze von ihrer bisherigen Einbindung an die Grundsätze des Vertrauensschutzes ab und verselbständigt sie zu für sich stehenden abstrakten Regeln. Dies gibt ihnen eine neue Bedeutung, die wesentlich strenger ist und mit den Wertungen der bisherigen Entscheidungen des Gerichts bricht.
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1. a) Mit der Nichtigkeitserklärung von Gesetzen wegen Verstoßes gegen das Verbot echter Rückwirkung war das Bundesverfassungsgericht bisher zurückhaltend. In der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts finden sich hierfür nur zwei Fälle und diese liegen lange zurück (vgl. BVerfGE 18, 429; 30, 272). Die Dogmatik hat sich seither naturgemäß weiterentwickelt und die Begründungen würden heute vielleicht differenzierter ausfallen. Im entscheidenden Punkt besteht jedoch Klarheit: In beiden Fällen stellte das Gericht ausdrücklich auf eine konkret vertrauensbegründende Rechtslage ab.
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So begründete das Gericht in der ersten Entscheidung vom 31. März 1965 die Verfassungswidrigkeit der dort streitbefangenen Norm maßgeblich damit, dass die vom Gesetzgeber rückwirkend geänderte Rechtslage zwar zunächst von einigen Untergerichten verkannt, dann aber zugunsten der betroffenen Bürger vom Bundesgerichtshof höchstrichterlich geklärt war und diese Klärung sich zutreffend auf Grundsätze stützte, die "allgemeiner, in Rechtsprechung und Literatur einmütig vertretener Auffassung" entsprächen (vgl. BVerfGE 18, 429 <437>). Die Rechtslage sei nicht unklar, sondern "völlig klar" gewesen. Demgegenüber habe der Gesetzgeber versucht, die Rechtsprechung "gleichsam für die Vergangenheit ins Unrecht zu setzen" (a.a.O. S. 439). Auch vom Sachverhalt her ging es um eine Konstellation, die der Frage des Vertrauensschutzes wesentlich näher stand, nämlich um Regressforderungen des Staates für in der Vergangenheit über acht Jahre gezahlte Unterhaltsleistungen an ein Kind, von denen der unerwartet in Anspruch genommene Bürger bis dahin nichts wusste.
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In der zweiten Entscheidung vom 10. März 1971 ging es um einen nachträglich für vorangehende steuerliche Veranlagungszeiträume vom Gesetzgeber eingeführten Progressionsvorbehalt, für den bis dahin unstreitig keinerlei Rechtsgrundlage bestand und der dazu führte, dass rückwirkend die Steuern höher ausfielen als nach der ursprünglichen Rechtslage. Das Gericht stellte hier darauf ab, dass das Vertrauen der Betroffenen enttäuscht werde, weil der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen anknüpfe als "diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte" (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>). Die Rechtslage sei nicht unklar gewesen und die Betroffenen hätten mit einer solchen Regelung nicht rechnen müssen (BVerfGE 30, 272 <285 f.>).
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b) Erst recht stellte das Bundesverfassungsgericht auf die Enttäuschung eines durch die ursprüngliche Rechtslage spezifisch begründeten Vertrauens in den Fällen ab, in denen es Gesetze mit unechter Rückwirkung für verfassungswidrig befand. Da eine unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig ist und nur bei Vorliegen besonderer Vertrauenstatbestände zur Verfassungswidrigkeit führt, bedurfte es hier schon vom Ausgangspunkt her des Nachweises eines spezifischen Vertrauens (so zum Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Ausstellung eines Flüchtlingsausweises BVerfGE 59, 128 <164 ff.>; in die bisher erlaubte Widerrufbarkeit freiwillig gewährter Vorsorgeleistungen BVerfGE 74, 129 <155 ff.>; in die Fortdauer der Besteuerungsregelungen von Abfindungsvereinbarungen BVerfGE 127, 31 <49 ff.>). Nichts anderes gilt dabei für die insoweit besonders gelagerten, der echten Rückwirkung angenäherten Fälle, in denen für einen noch nicht abgelaufenen steuerlichen Veranlagungszeitraum rückwirkende Änderungen in Frage standen und für verfassungswidrig erklärt wurden (vgl. BVerfGE 72, 200; 127, 1; 127, 61; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, NJW 2013, S. 145 ff.). Dort mag man bei formaler Betrachtung zwar eine gewisse Relativierung des Vertrauenskriteriums sehen, da der Einzelne für den Veranlagungszeitraum einfachrechtlich mit einer rückwirkenden Änderung der Vorschriften stets rechnen müssen soll; tatsächlich verbindet die Rechtsprechung, indem sie dies teilweise für nicht hinnehmbar hält, die Rückwirkungslehre für diese Konstellation in spezifischer Weise mit dem eigenständigen Schutzaspekt der Rechtssicherheit. Auch dort aber bestand - ohne dass diese Entscheidungen hier in allen Aspekten zu würdigen wären - zunächst jedenfalls immer eine klare Rechtslage, die als solche geeignet war, Vertrauen für Dispositionen zu begründen und die durch den Gesetzgeber dann rückwirkend geändert wurde. Der Schutz konkreten Vertrauens ist auch hier der Kern der Rechtsprechung.
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Weitere Fälle, in denen das Bundesverfassungsgericht Gesetze wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot aufgehoben hat, finden sich nicht. Insbesondere gibt es keinen Fall, in dem die Klarstellung einer unsicheren Rechtslage, die kein Vertrauen begründen konnte, für verfassungswidrig erklärt wurde.
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2. Der Bruch mit den Wertungen der bisherigen Rechtsprechung wird um so deutlicher, wenn man umgekehrt die Fälle betrachtet, in denen das Bundesverfassungsgericht rückwirkende Gesetze zur Klärung offener Rechtsfragen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen hat. Es reicht dabei auf die Fälle einzugehen, in denen der Gesetzgeber in Reaktion auf unvorhergesehene Entwicklungen bei der Anwendung die bisherige Rechtslage lediglich bekräftigen wollte und die Klarstellung deshalb als "authentische Interpretation" verstand. Es zeigt sich dabei, dass der Senat mit der vorliegenden Entscheidung auch in der materiellen Bewertung wesentlich strengere Maßstäbe anlegt als die Rechtsprechung bisher.
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a) In der Tat allerdings hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden, dass eine eigene Befugnis des Gesetzgebers zur "authentischen Interpretation" nicht anzuerkennen ist. Die Auslegung unklarer Rechtsnormen sei grundsätzlich Sache der Gerichte (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>; 131, 20 <37 ff.>; ähnlich bereits BVerfGE 111, 54 <107>). Auch diese Aussage blieb aber bisher stets in den Kontext des Vertrauensschutzes eingebunden. Sie wendet sich lediglich dagegen, die Berufung auf eine "authentische Interpretation" als eigenständigen Titel zur Rechtfertigung rückwirkender Gesetze anzuerkennen. Mit ihr sollte auf die allgemeinen - und damit vertrauensschutzbezogenen - Rückwirkungsgrundsätze verwiesen werden. Ausdrücklich hielt der Senat deshalb fest: "Eine durch einen Interpretationskonflikt zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung ausgelöste Normsetzung ist nicht anders zu beurteilen als eine durch sonstige Gründe veranlasste rückwirkende Gesetzesänderung" (BVerfGE 126, 369 <392>).
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b) Dementsprechend wurde nach bisheriger Rechtsprechung in allen Fällen, in denen eine vertrauensbegründende Rechtslage nicht gegeben war, die rückwirkende Klärung offener Rechtsfragen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen.
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Dies gilt naturgemäß zunächst für den ersten hier zu nennenden Fall vom 23. Februar 1960, da das Gericht damals von einer lediglich "deklaratorischen Bedeutung" der gesetzlichen Klarstellung ausging (vgl. BVerfGE 10, 332 <340>). Man mag in jenem Fall nur eine geringe Parallele sehen, da der Senat hier anders als dort gerade nicht von einem lediglich deklaratorischen Gesetz ausgeht. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass auch damals die Rechtslage objektiv keinesfalls so klar war, wie die verfassungsgerichtliche Beurteilung des Gesetzes als "deklaratorisch" vermuten lässt: Die Frage, die der Gesetzgeber rückwirkend änderte, war damals vielmehr durchaus umstritten und noch das vorlegende Gericht war der Auffassung, dass das Gesetz die Rechtslage verändert habe. Nach den heute vom Senat zugrunde gelegten, differenzierteren Kriterien, wäre deshalb wohl äußerst zweifelhaft, ob damals tatsächlich von einer bloß deklaratorischen Rechtsänderung die Rede sein konnte. Dennoch erkannte man damals nicht auf eine verfassungsrechtlich verbürgte Chance, fachgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, sondern sah es als Befugnis des Gesetzgebers an, diese Frage selbst rückwirkend klarzustellen.
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Ebenso wurde eine rückwirkende Klärung in der Entscheidung zur Angestelltenversicherung vom 17. Januar 1979 als unbedenklich angesehen. Der Senat ließ dort ausdrücklich offen, ob die Gesetzesänderung deklaratorischen oder konstitutiven Charakter hatte. Es reichte ihm hier die Feststellung, dass "die ursprüngliche Norm … von vornherein Anlass zu zahlreichen Auslegungsproblemen gegeben" habe, "deren Lösung nicht allein aus dem Wortlaut, sondern nur in einer Zusammenschau von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, System und gesetzgeberischer Zielsetzung möglich war" (BVerfGE 50, 177 <194>). Der Bürger habe sich auf den durch die Norm erzeugten Rechtsschein deshalb nicht verlassen dürfen. Von den gesteigerten Anforderungen des Senats an eine besonders verworrene Rechtslage, die nur ausnahmsweise eine rückwirkende Klarstellung erlaube, ist hier nichts ersichtlich.
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Besonders deutlich wird die Bewertungsverschiebung der Senatsmehrheit schließlich in Kontrast zu den beiden jüngeren Entscheidungen zur authentischen Auslegung. Im Fremdrentenbeschluss vom 21. Juli 2010 nahm der Senat sogar eine rückwirkende gesetzliche Klarstellung hin, die sich zu Lasten der Betroffenen über eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung hinwegsetzte. Das Vertrauen der betroffenen Rentner, unter leichteren Bedingungen eine Rente zu erhalten, war dort jedenfalls wesentlich gehaltvoller unterlegt als vorliegend das Vertrauen der Banken, ihre Verluste steuerlich geltend machen zu können: Das dort streitige Gesetz nahm den Betroffenen ganz erhebliche Aussichten, ihre Ansprüche im Prozesswege durchzusetzen. Als es in Kraft trat, hatte das Bundessozialgericht gerade in ihrem Sinne entschieden. Dennoch reichte dies dem Senat nicht, um dem Gesetzgeber eine rückwirkende Klarstellung zu untersagen. Von einem Reservat der Rechtsprechung, unklare Rechtslagen selbst aufzulösen, war hier nicht die Rede. Vielmehr stellte der Senat konsequent auf die Frage des Vertrauensschutzes ab: Selbst eine höchstrichterliche Klärung reiche nicht in jedem Fall, ein Vertrauen in die entsprechende Rechtslage zu begründen (vgl. BVerfGE 126, 369 <394 ff.>).
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Nicht anders lag es bei der Entscheidung des Senats vom 2. Mai 2012 zur Beamtenversorgung. Auch dort setzte sich der Gesetzgeber über eine letztinstanzliche Auslegung eines Bundesgerichts - in concreto des Bundesverwaltungsgerichts - hinweg und führte damit für die Betroffenen rückwirkend eine ungünstigere Versorgungsregelung herbei. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte dies. Wiederum wurde als maßgebliches Kriterium das Vertrauen in die geltende Rechtslage zugrunde gelegt. Nur wenn die Rechtslage generell geeignet sei, ein Vertrauen zu begründen und darauf gegründete Entscheidungen - insbesondere Vermögensdispositionen - herbeizuführen, sei ein solches Vertrauen berechtigt (vgl. BVerfGE 131, 20 <41>). Selbst höchstrichterliche Entscheidungen würden ein solches Vertrauen nicht automatisch begründen. Es bedürfe insoweit vielmehr des Hinzutretens weiterer Umstände wie etwa einer langjährigen gefestigten Rechtsprechung. Die erhebliche Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Literatur und Praxis habe dazu geführt, dass Vertrauen in die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts nicht habe erwachsen können und der Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Klarstellung befugt sei (vgl. BVerfGE 131, 20 <41 ff.>).
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c) Vergleicht man all diese Fälle mit der vorliegenden Konstellation, in der die Rechtslage sogar noch höchstrichterlich ungeklärt, zwischen Literatur und Fachgerichtsbarkeit vielfältig umstritten und damit insgesamt in jeder Hinsicht als offen bezeichnet werden kann, wird offensichtlich, dass ein Vertrauensschutz im vorliegenden Verfahren nach den Kriterien der bisherigen Rechtsprechung nicht ansatzweise begründet ist. Auch vom Gegenstand her gibt es keinen Grund, warum das Vertrauen von Banken in die teilweise Abwälzbarkeit ihrer Verluste auf die Allgemeinheit weitergehend geschützt sein soll als das Vertrauen von Rentnern oder Beamten in eine für sie günstige Berechnung ihrer Bezüge. Der Senat vollzieht mit dieser Entscheidung vielmehr eine grundlegende Umwertung der bisherigen Maßstäbe.
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3. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein konsequentes Abstellen auf das Vertrauenskriterium den Grundsatz des Verbots echt rückwirkender Gesetze letztlich schon als solchen hinfällig werden ließe und damit seinerseits die Schutzstandards der Rechtsprechung preisgebe.
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Dass diese Schutzstandards jedenfalls bisher nicht in der nun vom Senat zugrunde gelegten Strenge praktiziert wurden und das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender Gesetze, auch mittels der von der Rechtsprechung zugleich entwickelten Ausnahmemöglichkeiten, letztlich zu einer maßgeblichen Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten führte, hat die Durchsicht der Rechtsprechung deutlich gemacht. Die Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung wurde in ihr weniger als kategoriale denn als heuristische Unterscheidung verstanden - was sich mit dieser Entscheidung ändert.
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Durch ein konsequentes Abstellen auf den Vertrauensschutz wird dem Gesetzgeber aber auch für die Zukunft kein Weg eröffnet, der es ihm erlaubte, angesichts der generellen Auslegungsbedürftigkeit des Rechts praktisch beliebig Klärungsbedarf geltend zu machen und damit gesetzliche Entscheidungen ohne weiteres nachträglich umzudrehen. Zwar ist Recht im Einzelfall meistens auslegungsbedürftig. Jedoch lässt sich aus solch abstrakter Aussage nicht herleiten, dass gesetzliche Grundentscheidungen und die zu ihrer Umsetzung getroffenen Be-stimmungen in aller Regel unbegrenzt auslegungsoffen sind. Man wird kaum davon ausgehen müssen, dass unsere Rechtsordnung schon grundsätzlich nicht in der Lage ist, konkretes Vertrauen in bestimmte Rechtsfolgen zu begründen oder Grundlagen zu schaffen, auf die sich Dispositionen stützen lassen. In allen Fällen jedoch, in denen die Rechtsordnung ein solches Vertrauen begründet - und hierüber zu entscheiden ist gegebenenfalls Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts - gilt der Grundsatz des Verbots echter Rückwirkung zu Recht. Schon die grundrechtlichen Freiheitsvermutungen führen insoweit dazu, dass das Rückwirkungsverbot nicht wirkungslos ist. Im Übrigen lässt sich auch aus dem Fallmaterial des Bundesverfassungsgerichts ersehen, dass der Erlass rückwirkender Gesetze keinesfalls in aller Regel oder auch nur einer Großzahl von Fällen als Klarstellung ungeklärter Auslegungsfragen gerechtfertigt werden könnte. Das Vertrauenskriterium erodiert nicht die bisherige Rechtsprechung, sondern ist vielmehr ihre maßgebliche Grundlage.
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IV.
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Die streitbefangenen Normen geben auch sachlich keinen Anlass, hier von einem Vertrauen der klagenden Banken in die steuerrechtliche Berücksichtigung ihrer Verluste auszugehen. Dass eine solche Berücksichtigung mit der alten Regelung des § 40a Abs. 1 KAGG nie intendiert war, ist bei sachgerechter Auslegung jedenfalls naheliegend. Ganz unzweifelhaft ist jedenfalls, dass die Kläger mit einer solchen Auslegung rechnen mussten und auf ein entgegenstehendes Verständnis keine Dispositionen stützen konnten.
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1. Ein Vertrauen lässt sich insoweit jedenfalls nicht einfach hin auf den Wortlaut stützen. Die Auslegung einer solchen Bestimmung bedarf einer verständigen Würdigung in ihrem Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung auch von Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck.
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Zwar verweist der Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. ausdrücklich nur auf § 8b Abs. 2 KStG a.F., der die steuerliche Nichtberücksichtigung der Gewinne anordnet, nicht aber auch auf dessen Abs. 3, der die Nichtberücksichtigung der Verluste regelt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass dieser Verweis möglicherweise doch weiter zu verstehen ist. Gerade in komplexen Materien wie dem Steuerrecht, in denen nicht jeder Fall vom Gesetzgeber vorgedacht werden kann, ist es Aufgabe der Fachgerichtsbarkeit, die Normen nicht in einer punktuell beziehungslosen Wortlautauslegung zu exekutieren, sondern sie aus ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Systematik und den gesetzgeberischen Leitideen heraus zu interpretieren, mit Sinn zu füllen und rechtsfortbildend weiter zu entwickeln. Die strengen Grenzen des Art. 103 Abs. 2 GG, die für den besonderen Bereich des Strafrechts im Zweifel alle Unklarheiten zugunsten des Bürgers durchschlagen lassen, gelten hier nicht. Die Rechtsprechung hat vielmehr den im Gesetz angelegten Ausgleich von privaten und öffentlichen Interessen in einer beiden Seiten gerecht werdenden Weise fort zudenken und ihm Gestalt zu geben. Insofern steht der Wortlaut einer Auslegung, die bei verständiger Würdigung aller Gesichtspunkte schon in der ursprünglichen Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG einen impliziten Verweis nicht nur auf § 8b Abs. 2 KStG a.F., sondern auch auf Abs. 3 KStG a.F. sieht, nicht entgegen. Eine solche Auslegung kommt auch nicht erst dann in Betracht, wenn sich anders unerträgliche Wertungswidersprüche auftun. Maßgeblich ist vielmehr, welches Verständnis sich nach Maßgabe der allgemeinen juristischen Auslegungsmethoden als das in der Sache überzeugendste und dem mutmaßlichen Willen des damaligen Gesetzgebers am nächsten kommende erweist.
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2. Hiervon ausgehend musste auch für die alte Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG damit gerechnet werden, dass diese in der Rechtspraxis so verstanden wird, wie der Gesetzgeber dies später klarstellend angeordnet hat. Eine solche Auslegung war auch damals zumindest naheliegend.
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a) Die Einfügung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. erfolgte im Gesamtzusammenhang mit der Umstellung des Körperschaftsteuerrechts vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren. Man wollte dabei auch die Investmentfonds möglichst systemgerecht in die neue Ordnung einbeziehen. Ausgehend von der Grundidee des § 8b KStG a.F. und in Verbindung mit dem für die Investmentfonds leitenden Transparenzprinzip liegt es insoweit nahe, dass hier Veräußerungsgewinne und -verluste ebenso wie Teilwertab- und -zuschreibungen möglichst systemgerecht, und das heißt gleichförmig und symmetrisch, in das Körperschaftsteuerrecht integriert werden sollten.
- 124
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Der Gesetzgeber hat in den Materialien keinerlei Erklärung erkennen lassen, warum hier unter Abweichung von der Grundkonzeption des § 8b KStG a.F. nur dessen Abs. 2 anwendbar sein soll. Die Erläuterungen weisen die Einführung der §§ 38 ff. KAGG lediglich als Konsequenz der Gesetzesreform aus (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 132) und erläutern die spätere Einfügung des § 40a KAGG a.F. nur in einzelnen technischen Aspekten (vgl. BTDrucks 14/3366, S. 126). Hiervon ausgehend spricht wenig dafür, dass mit der Regelung systemwidrig eine Abweichung vom Transparenzprinzip statuiert werden sollte. Zwar darf der Rückgriff auf das Transparenzprinzip in der Tat nicht genutzt werden, um mit systematischen Erwägungen anderweitige Entscheidungen des Gesetzgebers zu überspielen. Das Transparenzprinzip gilt nur insoweit, als der Gesetzgeber hierauf rekurriert (vgl. BFHE 130, 287 <289>; 229, 351 <357>; Schnitger/Schachinger, BB 2007, S. 801). Wenn aber der Gesetzgeber durch nichts zu erkennen gibt, dass ihn irgendwelche Sachgründe angeleitet haben, hier zu anderen Regeln zu greifen, spricht schon dies dafür, hierin eher ein Redaktionsversehen zu sehen als eine bewusste anderweitige Entscheidung.
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Ein Indiz für ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen lässt sich bei genetischer Auslegung im Übrigen auch daraus herleiten, dass § 8b Abs. 2 KStG a.F. nach dem ursprünglichen Stand des Gesetzentwurfs zunächst ausschließlich auf Gewinne im engeren Sinne Anwendung finden sollte, während § 8b Abs. 3 KStG a.F. sowohl Teilwertabschreibungen als auch Veräußerungsverluste erfasste. Ebenso spricht für die steuerrechtliche Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten die Spezialregelung des § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG a.F., wonach die Absätze 1 bis 6 nicht auf Anteile anzuwenden sind, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1 Abs. 12 des Kreditwesengesetzes a.F. dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Damit steht zugleich fest, dass bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten keine Differenzierung dahingehend erfolgt, dass Gewinnminderungen steuerwirksam bleiben, während Veräußerungsgewinne steuerfrei gestellt sind.
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b) Auch in der Sache ist wenig wahrscheinlich, dass der Gesetzgeber Gewinne aus Anteilen an Investmentfonds von Steuern freistellen wollte, hiermit verbundene Verluste aber steuermindernd anerkennen wollte. Ein Hinweis darauf, dass eine solche steuerliche Form der Privatisierung von Gewinnen bei gleichzeitiger Sozialisierung der Verluste gewollt war, ist nicht ersichtlich, und Sachgründe hierfür sind nicht erkennbar. Allerdings weist das vorlegende Gericht zu Recht darauf, dass für die im konkreten Fall in Frage stehenden Teilwertabschreibungen der Wertungswiderspruch durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. ein Stück weit abgemildert wird. Diese Vorschrift führt dazu, dass Gewinne und Verluste so miteinander verrechnet werden, dass jedenfalls eine doppelte Begünstigung verhindert wird, die dadurch entstehen könnte, dass in einem Jahr erzielte Gewinne steuerfrei bleiben, entsprechende Verluste im nächsten Jahr aber steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Dennoch ändert dies nichts an der bei wörtlicher Anwendung der Norm verbleibenden Asymmetrie, dass im Gesamtergebnis die bei Veräußerung erzielten Gewinne steuerfrei sind, während Verluste zu Lasten der Allgemeinheit steuerlich in Ansatz gebracht werden können. Der Verweis auf § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. führt zu einer Verrechnung nur bezogen auf den jeweiligen Anteil und hilft bei den nur einmalig anfallenden Veräußerungsgewinnen und -verlusten generell nicht. Die Diskrepanz zwischen der steuerlichen Relevanz von Verlusten und Gewinnen kommt hier voll zur Geltung, ohne dass hierfür irgendeine Rechtfertigung ersichtlich wäre. Als fernliegend erscheint es dabei, die Bedeutung des Verweises auf § 8b Abs. 2 KStG a.F. für Teilwertab- und -zuschreibungen anders zu interpretieren als für die Veräußerungsgewinne und -verluste.
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All diese Verkomplizierungen lösen sich auf, wenn man systematisch folgerichtig § 40a Abs. 1 KAGG a.F. von vornherein so versteht, dass er schon immer nicht nur auf Abs. 2, sondern auch auf Abs. 3 verwiesen hat - wie ja im Übrigen auch unstreitig ist, dass der gleichfalls nicht vom Wortlaut umfasste Abs. 4 anwendbar ist.
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c) Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, diese Frage abschließend zu klären. Dies wird - in Folge der Mehrheitsmeinung im Senat - nun Aufgabe der Fachgerichte sein. Angesichts der triftigen Argumente, die schon ursprünglich für die Auslegung sprachen, die der Gesetzgeber dann auch ausdrücklich bekräftigt hat, kann die rückwirkende Erstreckung dieser Regelung auf die offen gebliebenen Altfälle dann aber nicht als Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes beurteilt werden. Die klagenden Banken mussten von Anfang an damit rechnen, dass sie ihre Teilwertabschreibungen nicht steuermindernd geltend machen können. Das gilt umso mehr, als die hier in Frage stehenden Auslegungsfragen schon früh bekannt waren und in der Regel Unternehmen, insbesondere Banken mit kompetenten Rechtsabteilungen, betreffen, die solche Unklarheiten im Zweifel schneller erkennen als die Finanzbehörden selbst.
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3. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage nicht selbst auch für die Altfälle eine Regelung treffen darf, leuchtet nicht ein. Die Annahme eines prinzipiellen Reservats der Fachgerichtsbarkeit für die Lösung dieser Fälle überzeugt - wie dargelegt - schon grundsätzlich nicht. Wenig einleuchtend sind aber auch die vom Senat ergänzend herangezogenen Abgrenzungskriterien für die Anerkennung von Ausnahmen.
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a) Eine rückwirkende Regelung soll nach Ansicht des Senats deshalb ausscheiden, weil die alte Rechtslage zwar ungeklärt und offen, aber in einem normalen Sinne auslegungsfähig war. Verfassungsrechtlich zulässig sei eine rückwirkende Regelung nur, wenn die alte Regelung zu einer durchgreifend unverständlichen oder verworrenen Rechtslage geführt hätte. Dies sei erst dann der Fall, wenn völlig unverständlich sei, welche Bedeutung die fragliche Norm haben solle, oder die Norm völlig wirr sei. Der Gesetzgeber darf also das, was er als Redaktionsfehler ansieht, hier deshalb nicht selbst klären, weil dieser Fehler zu geringfügig war. Er hätte also gravierendere und größere Verwirrung stiftende Fehler begehen müssen - dann wäre er auch nach Ansicht des Senats zu einer rückwirkenden Regelung befugt. Überzeugend sind solche Grenzlinien nicht.
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b) Die für den Senat maßgebliche Abgrenzung zwischen einer ungeklärten Rechtslage, die ein rückwirkendes Gesetz noch nicht rechtfertigt, und unklarer und verworrener Rechtslage, die ein solches Gesetz rechtfertigen kann, ist eine Wertungsfrage, die für künftige Fälle Spielräume belässt. Es ist zu hoffen, dass hierüber der mit vorliegender Entscheidung vom Senat eingeschlagene Irrweg doch wieder eingefangen werden kann und sich diese Entscheidung dann im Rückblick nur als Einzelfall darstellt.
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Gerade aber wenn sie nur ein Einzelfall bleibt, muss die Entscheidung auf Widerspruch stoßen. Denn der vorliegende Fall gibt zu einem Abweichen von der Rechtsprechung besonders wenig Anlass: Es geht hier um das Vertrauen insbesondere von Banken in die steuerliche Absetzbarkeit von Verlusten in einem Geschäftsbereich, der insgesamt durch einen spekulativen Charakter geprägt ist. Praktisch dürfte es in den betroffenen Jahren vor allem auch um die Verluste in Folge der durch die Anschläge des 11. September 2001 ausgelösten Kursstürze gehen. Warum nun ausgerechnet in dieser Konstellation strengere Anforderungen an den Gesetzgeber gestellt werden als in den Fällen, in denen es um den Zugang zur Angestelltenversicherung, die Erlangung von Renten oder die Höhe der Beamtenversorgung ging, leuchtet nicht ein.
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V.
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Richtigerweise hätte § 43 Abs. 18 KAGG für verfassungsgemäß erklärt werden müssen. Dabei ist es wenig wichtig, ob man angesichts der ungeklärten Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. schon das Vorliegen einer änderungsfähigen Rechtslage und damit überhaupt einer Rückwirkung verneint, ob man von einer nur formellen Rückwirkung ausgeht, die durch die ungeklärte Rechtslage gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 126, 369 <393 ff.>), oder ob man hier eine Rückwirkung sieht, die jenseits der Alternativen von echter und unechter Rückwirkung oder deklaratorischer oder konstitutiver Rechtsänderung unmittelbar durch Verweis auf die offene Rechtsfrage zu lösen ist (vgl. BVerfGE 50, 177 <193 f.>; 131, 20 <40 ff.>). Maßgeblich ist allein, dass im Ergebnis auf die Frage abgestellt werden muss, in welchem Umfang die bisherige Rechtslage ein berechtigtes Vertrauen begründet hat. Und ein solches Vertrauen besteht im vorliegenden Fall schlicht nicht.
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Nur durch ein konsequentes Abstellen auf ein berechtigtes Vertrauen in die bestehende Rechtslage behält die Rückwirkungsrechtsprechung ihren Charakter als Schutz individueller Freiheit und Selbstbestimmung. Mit der vorliegenden Entscheidung verformt der Senat die Rückwirkungsrechtsprechung zu einem Instrument der Absicherung eines Reservats der Rechtsprechung. Der Gesetzgeber wird aus seiner Verantwortung gedrängt und der Bereich politisch-parlamentarischer Entscheidung ungerechtfertigt eingeengt. Dies entspricht dem Bild der Demokratie des Grundgesetzes nicht.
Tenor
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§ 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 3858) verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit er § 8 Nummer 5 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts auf Dividendenvorabausschüttungen für anwendbar erklärt, die von der ausschüttenden Gesellschaft vor dem 12. Dezember 2001 verbindlich beschlossen wurden und der mit weniger als 10% an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligten Körperschaft vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind.
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§ 36 Absatz 4 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er § 8 Nummer 5 des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts auf Dividendenvorabausschüttungen für anwendbar erklärt, die nach dem 11. Dezember 2001 zugeflossen sind.
Gründe
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A.
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 36 Abs. 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz - UntStFG -, BGBl I S. 3858), der mittlerweile nicht mehr im Gewerbesteuergesetz enthalten ist (im Folgenden: § 36 Abs. 4 GewStG a.F.), die Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes mit verfassungsrechtlich unzulässiger Rückwirkung bereits für den Erhebungszeitraum 2001 anordnet.
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I.
- 2
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1. § 8 Nr. 5 GewStG steht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom früheren Anrechnungsverfahren zum sogenannten Halbeinkünfteverfahren (vgl. BVerfGE 125, 1 <2 ff.>; 127, 224 <227 ff.>). Auch das Gewerbesteuerrecht war davon mittelbar betroffen. Die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG bestimmt die Auswirkungen des für das neue Körperschaftsteuersystem wesentlichen § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf die Gewerbesteuer.
- 3
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§ 8b KStG regelt die steuerliche Behandlung der Erträge von Körperschaften aus Beteiligungen an anderen Körperschaften (Bezüge und Veräußerungsgewinne) und der mit diesen Erträgen zusammenhängenden Aufwendungen und Gewinnminderungen. Nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG sind die Erträge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich bei der Einkommensermittlung der empfangenden Gesellschaft "außer Ansatz" zu lassen. Hierdurch wird zur Vermeidung von wirtschaftlichen Doppelbelastungen die Steuerfreiheit von Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinnen sichergestellt, solange die Erträge im Bereich von Kapitalgesellschaften verbleiben.
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Die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 GewStG haben den Zweck, Folgewirkungen zu korrigieren, die sich aus der in § 7 Satz 1 GewStG geregelten Übernahme der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung in das Gewerbesteuerrecht ergeben, die jedoch bei der Gewerbesteuer nach Auffassung des Gesetzgebers unerwünscht sind. Dadurch, dass § 7 Satz 1 GewStG für die Ermittlung des gewerblichen Gewinns als Grundlage des Gewerbeertrags auf die Ergebnisrechnung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) und dem Körperschaftsteuergesetz verweist, bleiben nach inzwischen klargestellter Rechtslage Gewinnanteile (Dividenden) und ähnliche Bezüge aus Kapitalanteilen auch bei der Gewerbesteuer zunächst außer Ansatz, soweit sie bei der Einkommensteuer nach § 3 Nr. 40 EStG oder bei der Körperschaftsteuer nach § 8b KStG steuerfrei sind (vgl. den Ende 2004 eingefügten § 7 Satz 4 GewStG).
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Zur Zeit des körperschaftsteuerlichen Systemwechsels enthielt das Gewerbesteuerrecht mit den Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG bereits Regelungen darüber, inwieweit eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung von Gewinnanteilen vermieden werden sollte. Eine doppelte Gewerbebesteuerung wurde bei sogenannten Schachtelbeteiligungen von mindestens 10% durch entsprechende Kürzung des Gewinns und der Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) ausgeschlossen, nicht dagegen bei sogenannten Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10%.
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Mit der durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz eingefügten Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG neutralisierte der Gesetzgeber für die Gewerbesteuer die in § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG eingeführten teilweisen oder vollständigen Steuerfreistellungen von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer. Zu diesem Zweck ordnete er in § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG an, dass die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG über § 7 Satz 1 GewStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und ähnlichen Bezüge aus Kapitalanteilen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet werden. Die Hinzurechnung erfolgt, soweit nicht die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG erfüllt sind, das heißt nur bei Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10% (seit 2008 weniger als 15%). Im Ergebnis wurde und wird eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung damit lediglich bei Schachtelbeteiligungen von mindestens 10% (seit 2008 mindestens 15%) vermieden. Bei Erträgen aus bloßen Streubesitzbeteiligungen blieb die gewerbesteuerliche Doppelbelastung entsprechend der bisherigen Rechtslage erhalten.
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2. § 8 Nr. 5 GewStG wurde durch Art. 4 Nr. 3 UntStFG in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Art. 4 Nr. 5 UntStFG enthielt die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG zum zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung.
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Die für das Vorlageverfahren maßgeblichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz lauten:
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Gewerbeertrag
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Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. ...
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Hinzurechnungen
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Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind:
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…
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Nr. 5 die nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes oder § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 3c des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes unberücksichtigt bleiben. 2 Dies gilt nicht für Gewinnausschüttungen, die unter § 3 Nr. 41 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes fallen.
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…
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Kürzungen
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Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um
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…
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Nr. 2a die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2, einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 23, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind. 2 Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, so ist die Beteiligung an dem Vermögen, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Beteiligung an der Summe der Geschäftsguthaben, maßgebend;
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…
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Nr. 7 die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten und aus Beteiligungen an Gesellschaften bezieht, an deren Nennkapital sie mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt ist, wenn...
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Zeitlicher Anwendungsbereich
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(1) Die vorstehende Fassung dieses Gesetzes ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden.
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…
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(4) § 8 Nr. 5 ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden.
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3. Das Gesetzgebungsverfahren zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz begann mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 14/6882), der dem Bundesrat am 17. August 2001 zugeleitet und am 10. September 2001 beim Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Er sah keine Regelung zu der Frage vor, wie nach § 8b KStG steuerfreie Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne gewerbesteuerlich behandelt werden sollten. Der Bundesrat griff diese bereits zuvor diskutierte Frage in einer Stellungnahme vom 27. September 2001 mit dem Vorschlag auf, die körperschaftsteuerfreien Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne in voller Höhe der Gewerbesteuer zu unterwerfen (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.).
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Die Bundesregierung stimmte dem nicht zu (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages vom 7. November 2001 (BTDrucks 14/7343) enthielt dazu keinen Vorschlag ; die Forderung des Bundesrates nach einer "Gewerbesteuerpflicht der Gewinne von Kapitalgesellschaften aus (Streubesitz-)Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" wird lediglich im Bericht erwähnt (vgl. BTDrucks 14/7344, S. 2). Auf der Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses stimmte der Bundestag dem Entwurf des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes am 9. November 2001 zu (vgl. BRDrucks 893/01).
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Der Bundesrat rief daraufhin am 30. November 2001 den Vermittlungsausschuss an (vgl. BRDrucks 893/01 und BTDrucks 14/7742). Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 enthielt den Entwurf des § 8 Nr. 5 GewStG in der später Gesetz gewordenen Fassung und sah eine erstmalige Anwendung für den Erhebungszeitraum 2001 vor (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5; Rödder/Schumacher, DStR 2002, S. 105 <108 f.>). Der Bundestag stimmte am 14. Dezember 2001 der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu. Am 20. Dezember 2001 stimmte der Bundesrat zu (BRDrucks 1061/01).
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Am 24. Dezember 2001 wurde das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I S. 3858).
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II.
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1. Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine im Juli 2000 errichtete Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Streitjahr 2001 hielt die Klägerin eine Streubesitzbeteiligung von weniger als 10% des Stammkapitals einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gesellschafterversammlung dieser anderen Gesellschaft (im Folgenden: ausschüttende Gesellschaft) beschloss, nachdem zuvor ausweislich eines Protokolls vom 19. Oktober 2001 eine entsprechende Absicht bekundet worden war, am 15. Dezember 2001 eine Vorabausschüttung in Höhe von 3,75 Mio. DM. Hiervon entfiel auf die Klägerin ein Bruttobetrag von 257.953,56 DM, welcher ihr nach den Feststellungen des vorlegenden Finanzgerichts "spätestens am 19. Dezember 2001" durch Kontogutschrift zufloss. Nach Abzug anteiliger Betriebsausgaben ergibt sich ein der Höhe nach zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens unstreitiger Nettobetrag von 232.200 DM.
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2. Das Finanzamt erfasste im Gewerbesteuermessbetragsbescheid für das Jahr 2001 diesen Betrag als Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb. Ihr hiergegen gerichteter Einspruch blieb ohne Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin Klage, mit der sie im Kern geltend machte, sie habe als Gesellschafterin der ausschüttenden Gesellschaft eine wirtschaftliche Disposition in dem Vertrauen darauf getroffen, dass die erhaltene Dividende nicht der Gewerbesteuer unterfallen werde. Durch die Gesetzesänderung sei das Halten der Beteiligung wirtschaftlich uninteressant geworden. Die Klägerin habe sie deshalb mittlerweile veräußert. Nach eigenem Bekunden hätte die Klägerin die Veräußerung ihrer Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft noch vor der Ausschüttung vorgenommen, wenn die Gesetzesänderung früher bekannt geworden wäre.
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III.
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1. Das Finanzgericht Münster hatte das Klageverfahren durch Beschluss vom 2. März 2007 ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die zu § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes ergangene Anwendungsregelung des § 36 Abs. 4 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes mit Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen, unter den in dieser Vorschrift weiter genannten Voraussetzungen auch dann dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Körperschaft vor dem 20. Dezember 2001 gefasst und der auf die als Gesellschafterin beteiligte Körperschaft entfallende Betrag auch vor dem 20. Dezember 2001 ausgezahlt wurde sowie das im Zeitpunkt der Beschlussfassung und Auszahlung geltende Gesetz eine Hinzurechnung zum Gewinn nicht vorsah.
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2. Das vorlegende Gericht fasste am 1. September 2011 einen neuen Vorlagebeschluss, mit dem es an seiner Vorlagefrage festhält, die Begründung dafür aber mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rückwirkung im Steuerrecht neu formuliert. Das Finanzgericht ist weiterhin überzeugt von der Verfassungswidrigkeit des § 36 Abs. 4 GewStG in Verbindung mit § 8 Nr. 5 GewStG, jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20. Dezember 2001.
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a) Im Zeitpunkt des Zuflusses der Gewinnausschüttung bei der Klägerin habe noch ein verfassungsrechtlich schützenswertes Vertrauen in die bestehende Rechtslage bestanden. Zwingende öffentliche Interessen an einer rückwirkenden Gesetzesänderung, die das Vertrauen der Steuerpflichtigen überwögen, lägen nicht vor. Da für die Entscheidung im Ausgangsverfahren nur erheblich sei, ob bereits vor der Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2001 realisierte Einkünfte dazu führten, das Vertrauen der Klägerin als grundsätzlich schützenswert anzusehen, beziehe sich die Vorlagefrage nur auf dieses Datum. Unerheblich sei für das Ausgangsverfahren, ob der Vertrauensschutz schon mit der Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2001 oder erst im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt am 24. Dezember 2001 entfallen sei. In jedem Fall sei der Sachverhalt durch den Ausschüttungsbeschluss vom 15. Dezember 2001, die Überweisung der Dividende am 17. Dezember 2001 und deren Zufluss spätestens am 19. Dezember 2001 vor dem 20. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen.
- 22
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b) Nach zumindest ganz herrschender Meinung seien in einfachrechtlicher Hinsicht die Befreiungen nach § 8b Abs. 1, 2 KStG auch im Bereich der Gewerbesteuer anwendbar. Die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG wirke sich auf den körperschaftsteuerlichen Gewinn und damit vorbehaltlich der Hinzurechnungen und Kürzungen gemäß §§ 8, 9 GewStG auch auf den Gewerbeertrag im Sinne des § 7 Satz 1 GewStG aus. Das Gericht teile insofern nicht die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen. Eine verfassungskonforme Auslegung dahin, dass § 8b Abs. 1 KStG sich nicht auf § 7 GewStG auswirke und § 8 Nr. 5 in Verbindung mit § 36 Abs. 4 GewStG deshalb nur eine Klarstellung bedeute, sei nicht möglich. Die Hinzurechnung durch den neu in das Gesetz eingefügten § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes wirke konstitutiv und nicht nur deklaratorisch.
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c) Bei der verfassungsrechtlichen Würdigung geht das vorlegende Gericht in seinem neuen Vorlagebeschluss nun von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1; 127, 31; 127, 61) aus. Danach könne ein im Zeitpunkt des Mittelzuflusses bereits schwebendes Gesetzgebungsverfahren die Gewährleistungsfunktionen des geltenden Rechts nicht von vornherein suspendieren. Diesen Grundsätzen folge das vorlegende Gericht. Insbesondere halte das Gericht es in der Regel nicht für zumutbar, dass Steuerpflichtige sich im Zeitpunkt der Verwirklichung eines Einkünfterealisierungstatbestandes auf das alte Recht "nicht mehr" und auf das neue Recht "noch nicht" verlassen dürften und sich deshalb nicht nur über den jeweiligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens informieren müssten, sondern darüber hinaus bei einem schwebenden Gesetzgebungsverfahren unter Umständen selbst bei den laufenden Geschäften über Monate hinaus nicht wüssten, welche Rechtslage letztlich gelten werde. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt einer zugeflossenen Gewinnausschüttung unterscheide sich in seinen relevanten Merkmalen nicht von dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall einer zugeflossenen Arbeitnehmerabfindung (BVerfGE 127, 31). Mit dem Zufluss sei der Einkünfteerzielungstatbestand bereits verwirklicht.
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Die neuen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts seien als Weiterentwicklung der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu verstehen, und zwar unter Abwägung der in den dortigen Verfahren vorgebrachten Argumente. Den Beschlüssen vom 7. Juli 2010 (BVerfGE 127, 1 <22>; 127, 61 <80>) sei auch darin zu folgen, dass es nicht auf die konkrete Motivations- und Entscheidungslage der einzelnen Steuerpflichtigen bei der Disposition und ihrer Umsetzung ankomme, sondern für die Frage der Verfassungsmäßigkeit die generalisierende Sicht des Gesetzgebers maßgeblich sei. Der erhöhte Rechtfertigungsbedarf folge bereits aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts. Die Steuerpflichtigen dürften bei ihren Entscheidungen über Sparen, Konsum oder Investition der erzielten Einnahmen darauf vertrauen, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu ihren Lasten verändere und dadurch den Nettoertrag der Einkünfte erheblich mindere (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>).
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Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege im Streitfall des Ausgangsverfahrens eine verfassungswidrige unechte Rückwirkung vor, da der Sachverhalt (Einkünfteerzielungstatbestand) mit der dem Gewinnausschüttungsbeschluss nachfolgenden tatsächlichen Überweisung des entsprechenden Betrages am 17./19. Dezember 2001 bereits vor der Verkündung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes im Bundesgesetzblatt vom 24. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen sei.
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d) Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung sehe sich das vorlegende Gericht in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Finanzgerichts Berlin vom 13./26. Februar 2004 (6 B 6314/03, EFG 2004, S. 1146). Auch im Schrifttum seien - wenngleich mit unterschiedlicher und teilweise aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überholter Begründung - Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Geltung des § 8 Nr. 5 GewStG geäußert worden. Der gegenteiligen Auffassung des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 1. Juni 2006 (15 K 5537/03, EFG 2007, S. 1345, Revisionsverfahren anhängig beim Bundesfinanzhof unter I R 14/07) folge das Gericht nicht.
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IV.
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Das Bundesministerium der Finanzen hat namens der Bundesregierung zu beiden Vorlagebeschlüssen Stellung genommen; der Präsident des Bundesfinanzhofs hat eine Stellungnahme des I. Senats des Bundesfinanzhofs zum ursprünglichen Vorlagebeschluss übersandt.
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1. a) Die Bundesregierung hielt die ursprüngliche Vorlage für unzulässig und jedenfalls unbegründet.
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aa) Das Finanzgericht habe sich nicht mit einer sich aufdrängenden verfassungskonformen Auslegung auseinandergesetzt. Es beziehe sich auf die herrschende Meinung, wonach die Änderung im Körperschaftsteuergesetz vor Inkrafttreten des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. auf die Gewerbesteuer durchgeschlagen habe. Auf der Basis der dem Finanzgericht bekannten Gegenmeinung, wonach sich die Änderung im Körperschaftsteuerrecht nicht auf das Gewerbesteuerrecht ausgewirkt habe, würde § 36 Abs. 4 GewStG a.F. keine rückwirkende Belastung, sondern lediglich eine - unter Rückwirkungsgesichtspunkten unproblematische - Klarstellung der geltenden Rechtslage bedeuten. Eine verfassungskonforme Auslegung auch von Vorschriften, die mit der vorgelegten in engem Sachzusammenhang stünden, sei insbesondere dann geboten, wenn offensichtlich mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kämen und mindestens eine von ihnen nicht in gleicher Weise den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts ausgesetzt sei.
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bb) Im Fall ihrer Zulässigkeit sei die Vorlage jedenfalls unbegründet. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens habe nicht auf die alte Gesetzeslage vertrauen können. § 36 Abs. 4 GewStG a.F. sei nach Auffassung der Bundesregierung im Ausgangsfall unbedenklich, weil es hier von vornherein an einem schutzwürdigen Vertrauen in die alte Rechtslage fehle. Der maßgebliche Beschluss über die Vor-abausschüttung sei erst nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages getroffen worden. Das maßgebliche Datum für den Vertrauensschutz sei der Tag des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages.
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Das Bundesverfassungsgericht habe dies mit seiner neueren Rechtsprechung (Hinweis auf BVerfGE 127, 31) bestätigt. Im Ausgangsverfahren sei die Ausschüttung erst einen Tag nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages beschlossen worden. Insofern unterscheide sich der vorgelegte Fall von dem Ausgangsfall zu BVerfGE 127, 31. Jedenfalls auf den Tag des Gesetzesbeschlusses hätte der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die neue Rechtsfolge rückwirkend anordnen dürfen. Zumindest insoweit müsste der in § 36 Abs. 4 GewStG a.F. zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille zur rückwirkenden Regelung respektiert werden. Es erscheine ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber, hätte er nicht über den Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses hinaus rückwirkend eingreifen können, nicht zumindest diesen Zeitpunkt als maßgeblich benannt hätte. Darüber hinaus bestehe zur Vermeidung von Ankündigungseffekten ein Interesse des Gesetzgebers an einer möglichst früh geltenden Regelung, um Vorverlegungen von Dividendenausschüttungen zu begegnen, da es sich hierbei um einen besonders einfach gestaltbaren Vorgang handele.
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b) Die Bundesregierung hat auch zum neuen Vorlagebeschluss Stellung genommen und dabei ihren bisherigen Standpunkt bekräftigt.
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Die zu § 8 Nr. 5 GewStG ergangene Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. sei kein Fall echter Rückwirkung. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens könne sich aus den bereits in der ursprünglichen Stellungnahme der Bundesregierung vorgetragenen Gründen entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.
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2. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat mitgeteilt, er habe sich mit der erstmaligen Anwendung von § 8 Nr. 5 GewStG in Verbindung mit § 36 Abs. 4 GewStG a.F. und einem dadurch möglicherweise bedingten Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bislang noch nicht auseinandersetzen müssen. Ein anhängiges Revisionsverfahren (Aktenzeichen I R 14/07) sei mit Blick auf das Vorlageverfahren zum Ruhen gebracht worden.
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Der Senat habe mehrheitlich Zweifel, dass dem vorlegenden Finanzgericht beizupflichten sei. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Beschränkung der steuerlichen Entlastung von Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen unter anderem insoweit gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoße, als die Entschädigung vor der Verkündung des neuen Rechts ausgezahlt worden sei (Hinweis auf BVerfGE 127, 31 <56 ff.>). Hier betreffe die in Rede stehende Ausschüttung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft nur deren (Minderheits-)Anteilseigner als Empfänger der Ausschüttung. Er habe den Zeitpunkt, in welchem die Ausschüttung beschlossen worden sei, nicht beeinflussen können. Im Unterschied zur Entschädigungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebe es deswegen auch keinen Anlass, sein Vertrauen im Zeitpunkt des Ausschüttungszuflusses als schützenswert zu erachten.
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B.
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Die Vorlagefrage bedarf der geringfügigen Präzisierung und Erweiterung. Die Frage, ob die zu § 8 Nr. 5 GewStG ergangene, die Regelung für ab dem 1. Januar 2001 anwendbar erklärende Vorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., jeweils in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG insoweit vereinbar ist, als die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) bei Streubesitzbeteiligungen auch dann dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Körperschaft vor dem 20. Dezember 2001 gefasst und der auf die als Gesellschafterin beteiligte Körperschaft entfallende Betrag auch vor dem 20. Dezember 2001 ausgezahlt wurde, ist zum einen auf Vorabausschüttungsbeschlüsse zu beschränken und zum anderen auf den Zeitraum bis zur Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt vom 24. Dezember 2001 zu erweitern.
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Bei normalen Gewinnverwendungsbeschlüssen (Beschlüsse über offene Ausschüttungen von in bereits abgelaufenen Kalenderjahren entstandenen Gewinnen) fand der im Zuge des körperschaftsteuerlichen Systemwechsels neu gefasste § 8b Abs. 1 KStG im Jahr 2001 noch keine Anwendung (vgl. § 34 Abs. 7 Sätze 1 und 2 KStG sowie Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 28. April 2003 - IV A 2 - S 2750 a - 7/03 -, BStBl I S. 292, Rn. 60 ff.). Die Vorlagefrage wird daher auf Vorabausschüttungen beschränkt.
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Für die verfassungsrechtliche Beurteilung kommt es allenfalls darauf an, ob die Vorabausschüttung vor der Verkündung der Neuregelung am 24. Dezember 2001 erfolgt ist, statt, wie angefragt, vor dem 20. Dezember 2001, dem Tag der Zustimmung des Bundesrates zu dem Beschluss des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes durch den Bundestag.
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Schließlich ist die Vorlagefrage des Finanzgerichts mit Rücksicht auf die Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens (vgl. dazu BVerfGE 44, 322 <337 f.>; 62, 354 <364>; 78, 132 <143>) über den für das Ausgangsverfahren unmittelbar erheblichen Zeitraum hinaus darauf zu erstrecken, inwieweit es mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar ist, auch weiter zurückliegende Ausschüttungsvorgänge bis zum Beginn des Rückwirkungszeitraums am 1. Januar 2001 der neuen Gewinnanrechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG zu unterwerfen.
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C.
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Das rückwirkende Inkraftsetzen der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes ist verfassungsgemäß, soweit es den Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses für den neuen § 8 Nr. 5 GewStG vom 11. Dezember 2001 betrifft; soweit hingegen bis zu diesem Zeitpunkt beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen hiervon erfasst werden, ist die Anwendungsregel des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes unvereinbar.
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I.
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1. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfGE 101, 239 <262>). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde Einzelne in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>).
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2. Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <17>). Normen mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 101, 239 <263>). Erst mit der Verkündung, das heißt mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (vgl. BVerfGE 97, 67 <78 f.> m.w.N.), müssen von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfGE 63, 343 <353 f.>; 67, 1 <15>; 72, 200 <241 f.>; 97, 67 <78 f.>; 114, 258 <300>; 127, 1 <16 f.>).
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3. a) Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>), so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. BVerfGE 63, 343 <356>; 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 105, 17 <37 f.>; 127, 1 <17>). Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 122, 374 <394 f.>; stRspr).
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b) Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>). Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfGE 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; vgl. auch bereits BVerfGE 13, 261 <263 f., 272>; 13, 274 <277 f.>; 19, 187 <195>; 30, 272 <285>). Entsprechendes gilt für das Gewerbesteuerrecht im Hinblick auf den regelmäßig mit dem Kalenderjahr endenden Erhebungszeitraum (§§ 14, 18 GewStG).
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c) Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen über den Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass rückwirkende Regelungen innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums, die danach der unechten Rückwirkung zugeordnet werden, in vielerlei Hinsicht den Fällen echter Rückwirkung nahe stehen. Freilich ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 127, 1 <17>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76>). Die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde andernfalls den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 105, 17 <40>; 114, 258 <301>). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 63, 312 <331>; 67, 1 <15>; 71, 255 <272>; 76, 256 <349 f.>). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 125, 104 <135>).
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Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen der Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen (vgl. BVerfGE 30, 392 <404>; 50, 386 <395>; 67, 1 <15>; 75, 246 <280>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f.>; 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 116, 96 <132>; 122, 374 <394>; 123, 186 <257>). Soweit daher an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums angeknüpft wird, ist diese unechte Rückwirkung mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 127, 1 <17 f.>; 127, 31 <47 f.>; 127, 61 <76 f.>). Wenn der Gesetzgeber das Gewerbesteuerrecht während des laufenden Erhebungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens deshalb stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>; 127, 31 <48 f.>).
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II.
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Die Regelung des § 36 Abs. 4 GewStG a.F., nach der die Hinzurechnung von Dividenden und gleichgestellten Leistungen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 5 GewStG erstmals für den Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden ist, führt zu einer unechten Rückwirkung (1). Sie ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie Vorabausschüttungen erfasst, die erst nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 beschlossen oder abgewickelt wurden (2), verstößt hingegen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie Vorabausschüttungen betrifft, die in dem Zeitraum bis einschließlich 11. Dezember 2001 beschlossen und abgewickelt wurden (3).
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1. Der durch das am 24. Dezember 2001 verkündete Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 neu eingefügte § 8 Nr. 5 GewStG bestimmt, dass dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die nach dem Einkommensteuerrecht oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile (Dividenden) und gleichgestellten Bezüge und Leistungen aus Streubesitzbeteiligungen (vgl. den Verweis auf § 9 Nr. 2a und 7 GewStG in § 8 Nr. 5 GewStG und zum Zusammenhang der Normen BFH, Beschluss vom 9. November 2011 - I B 62/11 -, BFH/NV 2012, S. 449) wieder hinzugerechnet werden. Damit hat der Gesetzgeber die Auswirkung des im Zuge des Systemwechsels im Körperschaftsteuerrecht (vgl. BVerfGE 125, 1 <2 ff.>) durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) neu gefassten und später mehrfach geänderten § 8b KStG auf die Gewinnermittlung im Gewerbesteuerrecht korrigiert. Die neue Vorschrift (vgl. zu der ursprünglichen Fassung BVerfGE 127, 224 <229>) sah bei Anteilen an inländischen Gesellschaften zunächst eine vollständige Freistellung für Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne von der Körperschaft-steuer vor. Nach der im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. Eilers/Wienands, GmbHR 2000, S. 957 <963>; Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 74; Gröning/Siegmund, DStR 2003, S. 617; Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 5, Rn. 1 [5. Aufl. 2002, 7. Aufl. 2009]; Prinz/Simon, DStR 2002, S. 149; Ritzer/Stangl, INF 2002, S. 131 <133 ff.>; Roser, in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 75 [Stand: Juli 2009]) stehenden Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts führte die Befreiungsvorschrift des § 8b KStG über die Verknüpfungsnorm in § 7 GewStG - vorbehaltlich einer im Gesetz zunächst nicht enthaltenen Hinzurechnung nach § 8 GewStG - im Vergleich zur früheren Rechtslage zu einer entsprechenden Verringerung des Gewerbeertrags.
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Für die vom Bundesministerium der Finanzen geforderte verfassungskonforme Auslegung des § 7 Satz 1 GewStG im Sinne einer Nichtberücksichtigung des § 8b KStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist angesichts der eindeutigen, auch von den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 124) gestützten Rechtslage kein Raum. Unabhängig davon bietet das Mittel der verfassungskonformen Auslegung keine Handhabe dafür, ein vorlegendes Gericht zu einer bestimmten einfachrechtlichen Auslegung eines anderen, dem verfahrensgegenständlichen vorangegangenen Gesetzes nur deshalb anzuhalten, um so eine verfassungswidrige Rückwirkung der vorgelegten Norm zu vermeiden.
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Indem § 36 Abs. 4 GewStG a.F. die erstmalige Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG für den noch nicht abgeschlossenen Erhebungszeitraum 2001 und damit beginnend mit dem 1. Januar 2001 anordnete, änderte er die Vorschriften über die Ermittlung des zu versteuernden Gewerbeertrags im Sinne einer unechten Rückwirkung.
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2. Die Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG a.F. verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie rückwirkend Vorabausschüttungen im Jahr 2001 erfasst, die erst nach dem Vermittlungsvorschlag vom 11. Dezember 2001 beschlossen oder abgewickelt wurden, selbst wenn sie dem Empfänger der Vorabausschüttung noch vor der Verkündung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes im Bundesgesetzblatt zugeflossen sind. Dies gilt erst recht für Beschlüsse über Vorabausschüttungen, die nach dem endgültigen Gesetzesbeschluss vom 14. Dezember 2001 gefasst wurden.
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a) Gewinnausschüttungen beruhen zwar nicht zwingend auf einer besonderen Vertrauensdisposition der Streubesitzbeteiligten (aa). Letztere können sich aber gleichwohl auf Vertrauensschutz berufen (bb).
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aa) Ausschüttungen oder - wie im Ausgangsfall - Vorabausschüttungen von Erträgen aus einer Beteiligung im Sinne des § 8 Nr. 5 GewStG, die nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleiben, sind bei Streubesitzbeteiligungen, um die es hier allein geht (vgl. § 8 Nr. 5 in Verbindung mit § 9 Nr. 2a und 7 GewStG), typischerweise nicht Ausfluss einer Dispositionsentscheidung des Minderheitsgesellschafters, die besonderen Vertrauensschutz verdient. Der gewerbesteuerpflichtige Minderheitsgesellschafter trifft in diesen Fällen im Allgemeinen keine von ihm maßgeblich verantwortete Dispositionsentscheidung über die Gewinnausschüttung, die Vertrauensschutz begründen könnte. Sein Einfluss in der Gesellschafterversammlung dürfte allenfalls gering sein. Er wird die Entscheidung der Gesellschafterversammlung über das Ob und Wie einer Ausschüttung oder Vorabausschüttung daher regelmäßig lediglich hinnehmen. Zudem ist die Entscheidung über eine Gewinnausschüttung per se keine Maßnahme, die - wie etwa eine Investitionsentscheidung - im Vertrauen auf den längerfristigen Bestand einer Rechtslage erfolgt. Auch das der Vorlage zugrunde liegende Ausgangsverfahren bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die in Streit stehende Vorabausschüttung auf Maßnahmen der Klägerin zurückginge, die in besonderer Weise schutzwürdiges Vertrauen begründeten.
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bb) Berechtigtes Vertrauen für den die Ausschüttung entgegennehmenden Minderheitsgesellschafter besteht danach vorrangig im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>). Steuerpflichtige müssen grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die zum Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses eines steuerrelevanten Geschäftsvorgangs geltende Steuerrechtslage nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund rückwirkend geändert wird. Andernfalls wäre das Vertrauen in die Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit der Rechtsordnung als Garanten einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ernsthaft gefährdet (vgl. BVerfGE 109, 133 <180>; 126, 369 <393>; 127, 1 <16>). Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt zwar, sofern keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 127, 1 <17>). Das diesen Grundsatz rechtfertigende Anliegen, die notwendige Flexibilität der Rechtsordnung zu wahren, zielt indes auf künftige Rechtsänderungen und relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung innerhalb eines Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums.
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b) Die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag stellt das Vertrauen in den zukünftigen Bestand einer Rechtslage in Frage (aa), jedenfalls der endgültige Beschluss des Bundestages über das rückwirkende Gesetz zerstört es grundsätzlich (bb). Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses hat hier das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage beseitigt (cc).
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aa) Mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ werden geplante Gesetzesänderungen öffentlich. Ab diesem Zeitpunkt sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar. Deshalb können Steuerpflichtige regelmäßig nicht mehr darauf vertrauen, das gegenwärtig geltende Recht werde auch in Zukunft, insbesondere im Folgejahr, unverändert fortbestehen; es ist ihnen vielmehr grundsätzlich möglich, ihre wirtschaftlichen Dispositionen durch entsprechende Anpassungsklauseln auf mögliche zukünftige Änderungen einzustellen (vgl. BVerfGE 127, 31 <50>).
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bb) Jedenfalls ab dem endgültigen Beschluss des Deutschen Bundestages über einen Gesetzentwurf müssen die Betroffenen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen, weshalb es ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten ist, ihr Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber kann deshalb berechtigt sein, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Norm sogar im Sinne einer echten Rückwirkung auch auf den Zeitraum von dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken (vgl. BVerfGE 13, 261 <273>; 30, 272 <286 f.>; 72, 200 <260 ff.>; 95, 64 <86 f.>; 97, 67 <79>; 127, 31 <58>). Diese Zuordnung hat das Bundesverfassungsgericht als den "verhältnismäßig besten Ausgleich" zwischen den denkbaren Positionen - Abstellen auf die Einbringung des Gesetzentwurfs einerseits und die Verkündung der Neuregelung andererseits - bezeichnet (vgl. BVerfGE 72, 200 <261 f.>; 127, 31 <58>).
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cc) (1) Der durch die Bundesregierung in den Deutschen Bundestag eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (BTDrucks 14/6882) enthielt noch keine den späteren § 8 Nr. 5 GewStG und § 36 Abs. 4 GewStG a.F. entsprechenden Bestimmungen. Die Anregung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 27. September 2001 zu dem Gesetzentwurf, die Hinzurechnung von Bezügen und Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG und von Bezügen und Gewinnen nach § 8b KStG zum Gewerbeertrag ausdrücklich zu regeln (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.), wurde von der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung mit dem Argument abgelehnt, dass die Umsetzung des Vorschlags die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz mit Gewerbesteuer bedeuten würde (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Zu diesem Zeitpunkt mussten potenziell Betroffene ihr Verhalten daher noch nicht auf eine solche Regelung einstellen.
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Erst nach Einleitung des Vermittlungsverfahrens und jedenfalls mit dessen Abschluss änderte sich dies. In der in der Bundestagsdrucksache 14/7780 vom 11. Dezember 2001 veröffentlichten Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses an den Bundestag zum Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz waren nunmehr Formulierungsvorschläge zu einem neuen § 8 Nr. 5 GewStG und zu § 36 Abs. 4 GewStG a.F. enthalten, die den später Gesetz gewordenen Regelungen entsprachen (vgl. BTDrucks 14/7780, S. 5). Hinsichtlich ihrer das Vertrauen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage beeinträchtigenden Wirkung entspricht die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses nicht nur derjenigen der Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ, sondern geht sogar noch darüber hinaus. Die Annahme eines solchen Vermittlungsvorschlags durch den Bundestag ist regelmäßig erheblich wahrscheinlicher als die Verwirklichungschancen eines Gesetzentwurfs zu Beginn der parlamentarischen Beratungen, weil der Vermittlungsvorschlag am Ende des parlamentarischen Entscheidungsfindungsprozesses einschließlich der Kompromissbemühungen des Vermittlungsausschusses steht und deren Ergebnis markiert.
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Es kann daher hier offen bleiben, ob die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag durch ein initiativberechtigtes Organ stets der maßgebliche Zeitpunkt ist, ab dem sich die Betroffenen nicht mehr auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtslage berufen können (s.o. aa, vgl. auch BVerfGE 127, 31 <50>). Mit dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 ist die Zerstörung schutzwürdigen Vertrauens hier jedenfalls eingetreten. Dies folgt aus der besagten hohen Wahrscheinlichkeit der Annahme des Vermittlungsvorschlags auf der einen Seite und der geringen Schutzwürdigkeit des Minderheitsgesellschafters im Hinblick auf einen Gewinnausschüttungsbeschluss der Gesellschaft (s. dazu oben 2 a) auf der anderen Seite .
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(2) Schutzwürdiges Vertrauen in den künftigen Bestand der bisherigen Rechtslage besteht erst recht nicht mehr ab der Zustimmung des Bundestages zum Vermittlungsvorschlag des Vermittlungsausschusses (vgl. Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG) vom 14. Dezember 2001 (vgl. BRDrucks 1061/01). Dieser Zeitpunkt entspricht in jeder Hinsicht dem des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages über einen Gesetzentwurf, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - auch in den Fällen echter Rückwirkung - den zeitlichen Endpunkt eines schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der bisherigen Rechtslage bestimmt (s. vorstehend bb).
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(3) Der Wegfall schutzwürdigen Vertrauens bereits durch den Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 führt dazu, dass Vorabausschüttungsbeschlüsse, die nach dem 11. Dezember 2001 gefasst worden sind, keinen verfassungsrechtlichen Schutz vor der Hinzurechnung der Vorabausschüttung zum Gewerbeertrag nach dem später in das Gewerbesteuergesetz eingefügten § 8 Nr. 5 GewStG genießen. Da es insoweit schon an einem schutzwürdigen Vertrauen auf das Nichtbestehen einer solchen Hinzurechnungsvorschrift fehlt, kommt eine Abwägung, ob das Interesse der Allgemeinheit an dem rückwirkenden Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG bis zum 11. Dezember 2001 dem Vertrauen Einzelner auf die Fortgeltung der Rechtslage über diesen Zeitpunkt hinaus unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 127, 31 <47 f.> und oben I 3 c) vorgeht, nicht in Betracht.
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Das der Vorlage des Finanzgerichts zugrunde liegende Ausgangsverfahren betrifft einen solchen Fall; der Vorabausschüttungsbeschluss in jenem Verfahren datiert vom 15. Dezember 2001, liegt also zeitlich sowohl nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 als auch nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 14. Dezember 2001.
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c) Das rückwirkende Inkraftsetzen von § 8 Nr. 5 GewStG ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes auch insoweit vereinbar, als die Regelung Vorab-ausschüttungen erfasst, die zwar erst nach dem 11. Dezember 2001 beschlossen wurden, jedoch - wie im Ausgangsverfahren - dem Steuerpflichtigen noch vor der Verkündung der Neuregelung am 24. Dezember 2001 zugeflossen sind.
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Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings in seinem Beschluss vom 7. Juli 2010 zur sogenannten "Fünftel-Regelung" des § 34 Abs. 1 EStG (BVerfGE 127, 31<57 ff.>) die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Betroffenen in die Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts unabhängig von der Schutzwürdigkeit ihrer Dispositionen zum Zeitpunkt der zugrunde liegenden Vereinbarungen für den Fall bejaht, dass der Mittelzufluss vor Verkündung der Neuregelung erfolgt ist. Dabei ging es um Abfindungsvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmern. Bei den Entscheidungen über Sparen, Konsum oder Investition der erzielten Einnahmen durften die Arbeitnehmer nach dem Beschluss vom 7. Juli 2010 darauf vertrauen, dass der Steuergesetzgeber nicht ohne sachlichen Grund von hinreichendem Gewicht die Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu ihren Lasten verändere und dadurch den Nettoertrag der erhaltenen Abfindungszahlung erheblich mindere. Die Vorhersehbarkeit einer möglichen zukünftigen Gesetzesänderung bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Entschädigungsvereinbarung und zum Zeitpunkt der Erfüllung des materiellen steuerbegründenden Tatbestands durch den Zufluss des Abfindungsbetrags stehe der Anerkennung grundrechtlich geschützten Vertrauens in geltendes Recht zum Zeitpunkt der Erfüllung nicht grundsätzlich entgegen (vgl. BVerfGE 127, 31 <57 f.>). Selbst wenn der Geldzufluss erst nach dem endgültigen Gesetzesbeschluss über die beabsichtigte Steuererhöhung erfolgt sei und die Betroffenen sich deshalb grundsätzlich schon auf die Neuregelung hätten einstellen können, bleibe in diesen Fällen des Mittelzuflusses vor Verkündung der Neuregelung das berechtigte Vertrauen der Steuerpflichtigen in die Gewährleistungsfunktion des Rechts, das nur durch überwiegende Gemeinwohlinteressen an einer rückwirkenden Neuregelung überwunden werden könne (vgl. BVerfGE 127, 31 <58 f.>).
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Die Grundsätze dieser Fallgruppe sind auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar. Dort ging es um zweiseitige Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, auf deren Gültigkeit und Werthaltigkeit der Arbeitnehmer unter Umständen existenziell angewiesen war. Mit der Zustimmung zu einer Abfindungsvereinbarung disponiert der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsvertrags und damit über Teile seiner wirtschaftlichen Existenz. Dabei handelt er in einer gewissen Zwangslage. Er verliert seine Rechte zwar nicht ohne seinen Willen, gibt sie aber doch unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck auf (vgl. BVerfGE 127, 31 <52, 60>). In dieser besonderen Situation verdient das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des verfügbaren Werts einer solchen Vereinbarung in weitergehendem Umfang Schutz, selbst wenn sie erst nach der Zustimmung des Bundestages zu einem Steuererhöhungsgesetz geschlossen wurde, sofern die Abfindung noch vor der Verkündung des Gesetzes ausgezahlt wurde (vgl. BVerfGE 127, 31 <58 f.>).
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Damit ist die Lage bei der Ausschüttung von Gewinnanteilen an Streubesitzbeteiligte in der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Art nicht vergleichbar. Eine Vertrauensschutz erfordernde Disposition über Teile seines Vermögens hat der Minderheitsgesellschafter hier nicht in einer dem Arbeitnehmer bei der Abfindungsvereinbarung vergleichbaren Weise getätigt. Als Streubesitzbeteiligter ist er im Fall einer Ausschüttung im Wesentlichen auf deren Entgegennahme beschränkt; schutzwürdiges Vertrauen investiert er dabei regelmäßig in allenfalls geringfügigem Umfang (s. dazu bereits oben 2 a aa). Nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zur rückwirkenden Einführung der Hinzurechnungsregelung vom 11. Dezember 2001, erst recht nach dem endgültigen Beschluss des Bundestages, im vorliegenden Fall nach der Zustimmung des Bundestages vom 14. Dezember 2001 zum Vermittlungsvorschlag, konnten sich die Begünstigten eines Vorabausschüttungsbeschlusses ohne Weiteres auf die sich konkret abzeichnende neue Rechtslage einstellen. Selbst bei Abwicklung dieses Beschlusses vor der Verkündung des Gesetzes am 24. Dezember 2001 ändert der dadurch erreichte "gesteigerte Grad an Abgeschlossenheit" (vgl. BVerfGE 127, 31 <59>) nichts am Fehlen schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der noch geltenden Steuerrechtslage für die Vorabausschüttung. Allein die Gewährleistungsfunktion des zum Zeitpunkt des Mittelzuflusses geltenden Rechts vermag das Fehlen schutzwürdigen Vertrauens wegen der bereits konkret absehbaren Neuregelung in solchen Fällen nicht zu kompensieren.
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Fehlt es für die Zeit nach dem 11. Dezember 2001 an schutzwürdigem Vertrauen in das Fortbestehen der Steuerrechtslage zur Übertragbarkeit der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG auf das Gewerbesteuerrecht, bedarf die Zulässigkeit der Rückwirkung keiner Abwägung mehr unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und insbesondere der Zumutbarkeit (s.o. I 3 c).
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3. § 36 Abs. 4 GewStG a.F. ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar und verstößt gegen Art. 20 Abs. 3 GG, soweit er die Anwendung des neuen § 8 Nr. 5 GewStG auf den Erhebungszeitraum 2001 auch mit Wirkung vor dem 12. Dezember 2001 erstreckt und dabei bis einschließlich 11. Dezember 2001 beschlossene und zugeflossene Vorabausschüttungen erfasst.
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a) Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom 11. Dezember 2001 zur Einfügung des § 8 Nr. 5 in das Gewerbesteuergesetz, erst recht aber der Beschluss des Deutschen Bundestages hierzu vom 14. Dezember 2001 haben zwar das Vertrauen in den zukünftigen Bestand der bisherigen Rechtslage zur gewerbesteuerlichen Freistellung von Erträgen im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG aus Streubesitzbeteiligungen zerstört. Berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Steuerrechtslage für den davor liegenden Zeitraum wird durch diese Vorgänge im Gesetzgebungsverfahren allerdings nicht beseitigt. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um zurückliegende Zeiten innerhalb des laufenden Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums handelt. Denn die Behandlung steuerlich relevanter Vorgänge als bis zum Ende des Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums noch nicht abgeschlossene Sachverhalte bedeutet lediglich, dass Gesetze, die während, insbesondere gegen Ende eines Veranlagungszeitraums mit Wirkung für den gesamten Zeitraum erlassen werden, nach den für ein Gesetz mit unechter Rückwirkung anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Daraus folgt aber nicht, dass vor dem Gesetzeserlass getätigte Dispositionen des Steuerschuldners deshalb keinen Vertrauensschutz genössen. Hier ist eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinzunehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 127, 1 <20>).
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Vertrauen erwächst in den von der Vorlage des Finanzgerichts angesprochenen Fällen der Vorabausschüttung nicht in erster Linie durch in besonderer Weise schützenswerte Dispositionen des gewerbesteuerpflichtigen, mit weniger als 10% beteiligten Minderheitsgesellschafters, sondern im Wesentlichen aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts (s.o. 2 a). Um Vertrauensschutz gegen rückwirkende Gesetzesänderungen auslösen zu können, bedarf ein Geschäftsvorgang eines erkenn- und belegbaren gesteigerten Grades der Abgeschlossenheit. Diese liegt nicht allein in dem Gesellschafterbeschluss über die Vorabausschüttung. Da er keinen besonderen Formbindungen unterliegt und deshalb weder hinsichtlich seines Inhalts noch hinsichtlich des Beschlusszeitpunktes ohne Weiteres objektiv gesichert ist, vermittelt er allein hier noch keine Rechtsbeständigkeit gegenüber einer Gesetzesänderung. Erst der in Umsetzung des Gesellschafterbeschlusses erfolgte Zufluss der Ausschüttung beim Empfänger verschafft dem Sachverhalt einen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit, der Schutz gegen eine rückwirkende Änderung der Rechtslage bietet (vgl. BVerfGE 127, 31 <59>). Die Anknüpfung an den Zufluss der Ausschüttung gewährleistet zudem eine einheitliche Handhabung solcher Rückwirkungsfälle unabhängig von der Geltung des Zu- und Abflussprinzips (vgl. § 4 Abs. 3, § 11 EStG), das heißt unabhängig von der Methode der Einkünfteermittlung und insbesondere auch unabhängig von einer etwaigen im Fall der Bilanzierung erfolgenden Aktivierung des Anspruchs auf die Vorabausschüttung schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung der ausschüttenden Gesellschaft.
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b) Besondere Gründe, welche die nachträgliche Belastung vor dem 12. Dezember 2001 beschlossener und ausgezahlter Vorabausschüttungen mit einer höheren Gewerbesteuer rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
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Die allgemeinen Ziele der Umgestaltung des Steuerrechts und der Erhöhung des Steueraufkommens rechtfertigen die rückwirkende Steuerbelastung nicht (vgl. BVerfGE 127, 1 <26>; 127, 31 <59>).
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Ein spürbarer Ankündigungs- oder Mitnahmeeffekt mit Blick auf die drohende Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer, der durch die Rückwirkung verhindert werden sollte, ist - zumal für die Zeit bis zum 11. Dezember 2001 - nicht erkennbar. Eine rein steuerlich motivierte Vorabausschüttung zu Gunsten einer mit weniger als 10% beteiligten Minderheitsgesellschafterin erscheint zudem generell eher ungewöhnlich. Es ist ferner nicht unüblich, dass Vorabausschüttungen kurz vor Jahresende beschlossen und durchgeführt werden. Auch das vorlegende Finanzgericht hat im konkreten Fall festgestellt, dass bei der Körperschaft, an der die Klägerin des Ausgangsverfahrens beteiligt war, in den Vorjahren regelmäßig Vorabausschüttungen erfolgt waren.
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Der im Jahr 2001 vollzogene Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht (vgl. dazu BVerfGE 125, 1 <2 ff.>) bietet ebenfalls keinen Rechtfertigungsgrund für das rückwirkende Inkraftsetzen des § 8 Nr. 5 GewStG. Insbesondere war die sich vor Einfügung des § 8 Nr. 5 GewStG ergebende Rechtslage nicht systemwidrig. Die unmittelbare Auswirkung der körperschaftsteuerlichen Freistellung von Beteiligungserträgen und Veräußerungsgewinnen nach § 8b KStG auf das Gewerbesteuerecht war und ist eine systemgerechte Folge aus der Übernahme der einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlungsregelungen in das Gewerbesteuerrecht (§ 7 Satz 1 GewStG). Um dies zu ändern, bedurfte es einer ausdrücklichen Korrektur durch den Gesetzgeber, wie sie durch den neuen § 8 Nr. 5 GewStG für Erträge aus Streubesitzbeteiligungen dann auch erfolgt ist. Die zwischenzeitlich im Jahr 2001 geltende Rechtslage war damit keineswegs offensichtlich so ungerecht oder auch nur im Hinblick auf das Gewerbesteuerrecht so systemwidrig, dass eine rückwirkende Änderung durch den Gesetzgeber als unabweisbar hätte erscheinen müssen. Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung auf den Vorschlag des Bundesrates vom 27. September 2001, die Hinzurechnung von Bezügen und Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG und von Bezügen und Gewinnen nach § 8b KStG zum Gewerbeertrag ausdrücklich zu regeln (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 4 f.), ihre Ablehnung damit begründet, dass die Umsetzung des Vorschlags die Wiedereinführung der mit dem Steuersenkungsgesetz gerade abgeschafften Doppelbelastung von Streubesitz mit Gewerbesteuer bedeuten würde (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 8). Die neue Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG war daher keine überfällige Fehlerkorrektur, mit der Steuerpflichtige ohne Weiteres hätten rechnen müssen, sondern eine bewusst die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abweichend von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer gestaltende Entscheidung des Gesetzgebers.
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Liegen keine Gründe vor, welche die Rückwirkung der Regelung für bis einschließlich 11. Dezember 2001 erfolgte Vorabausschüttungen rechtfertigen könnten, erübrigt sich die Prüfung, ob eine darauf gestützte Rückwirkungsanordnung verhältnismäßig wäre. Eine Interessenabwägung kommt nicht in Betracht, wenn verfassungsrechtlich bereits kein für die Rückwirkung sprechendes öffentliches Interesse anzuerkennen ist.
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III.
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Soweit § 36 Abs. 4 GewStG a.F. den § 8 Nr. 5 GewStG auf Dividendenvorab-ausschüttungen an Minderheitsgesellschafter für anwendbar erklärt, die von der ausschüttenden Gesellschaft vor dem 12. Dezember 2001 verbindlich beschlossen wurden und der mit weniger als 10% beteiligten Körperschaft vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sind, verstößt diese Anwendungsvorschrift gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig (§ 78 Satz 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG).
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Die Entscheidung über die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Vorschlags des Vermittlungsausschusses anstelle des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages (C II) ist mit 5:3 Stimmen ergangen.
(1) Der Mautschuldner hat die Maut in der sich aus § 3, auch in Verbindung mit § 14, ergebenden Höhe spätestens bei Beginn der mautpflichtigen Benutzung oder im Fall einer Stundung zu dem festgesetzten Zeitpunkt an das Bundesamt für Logistik und Mobilität zu entrichten. Die Maut wird für ein bestimmtes Fahrzeug mit dem ihm zugeteilten Kennzeichen entrichtet.
(2) § 13 Absatz 3 und die §§ 16 bis 19 und 21 des Bundesgebührengesetzes sind, soweit sich aus diesem Gesetz oder aus den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht etwas anderes ergibt, mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass abweichend von § 16 Absatz 1 des Bundesgebührengesetzes ein Säumniszuschlag erhoben werden kann,
- 1.
der 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz des rückständigen Betrages jährlich beträgt und - 2.
der mit Ablauf des fünften Tages nach dem Tag der Fälligkeit der Maut zu entrichten ist.
(3) Das Bundesamt für Logistik und Mobilität kann einem Privaten die Errichtung und den Betrieb eines Systems zur Erhebung der Maut übertragen oder diesen beauftragen, an der Erhebung der Maut mitzuwirken (Betreiber). Die Übertragung oder die Beauftragung ist vom Bundesamt für Logistik und Mobilität im Bundesanzeiger bekannt zu geben. Zum Zweck des Betriebs des Mauterhebungssystems darf der Betreiber nachfolgende Daten verarbeiten:
- 1.
Höhe der entrichteten Maut, - 2.
Strecke, für die die Maut entrichtet wurde, - 3.
Ort und Zeit der Mautentrichtung, - 4.
bei Entrichtung der Maut vor der Benutzung mautpflichtiger Straßen im Sinne des § 1: der für die Durchführung der Fahrt zulässige Zeitraum sowie die Belegnummer, - 5.
Kennzeichen des Fahrzeugs oder der Fahrzeugkombination, - 6.
für die Mauthöhe maßgebliche Merkmale des Fahrzeugs oder der Fahrzeugkombination, - 7.
Identifikationsnummer - a)
des Betreibers oder - b)
des Anbieters nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 des Mautsystemgesetzes vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1980),
- 8.
Identifikationsnummer des zum Zweck der Mauterhebung im Fahrzeug befindlichen Fahrzeuggeräts, - 9.
Vertragsnummer des Nutzers und einer Fahrt zugeordnete Kostenstelle, - 10.
Positionsdaten des zum Zweck der Mauterhebung im Fahrzeug befindlichen Fahrzeuggeräts.
(3a) Erfolgt die Berechnung der Maut für die Nutzer von Anbietern nach § 10 Absatz 1 und § 11 Absatz 1 des Mautsystemgesetzes, einschließlich des Erkennungsprozesses zur Unterscheidung mautpflichtiger von nicht mautpflichtigen Streckenabschnitten und der Ermittlung der abschnittsbezogenen Erhebungsdaten und der Erstellung der Mautbuchungsnachweise, durch das Bundesamt für Logistik und Mobilität, muss ein Anbieter dem Bundesamt für Logistik und Mobilität zu diesem Zweck die in Absatz 3 Satz 3 Nummer 5, 6 und 7 Buchstabe b sowie Nummer 8 bis 10 genannten Daten übermitteln. Das Bundesamt für Logistik und Mobilität darf die in Absatz 3 Satz 3 Nummer 5, 6 und 7 Buchstabe b sowie Nummer 8 bis 10 genannten Daten zu dem in Satz 1 genannten Zweck erheben, speichern und verwenden. Nach Abschluss des Erkennungsprozesses übermittelt das Bundesamt für Logistik und Mobilität den Anbietern nach § 10 Absatz 1 und § 11 Absatz 1 des Mautsystemgesetzes die Mautbuchungsnachweise. Die Berechnung der Maut für die Nutzer von Anbietern nach § 10 Absatz 1 und § 11 Absatz 1 des Mautsystemgesetzes erfolgt ab dem 1. Januar 2026 ausschließlich durch das Bundesamt für Logistik und Mobilität. Das Bundesamt für Logistik und Mobilität kann den Betreiber mit der Berechnung der Maut beauftragen. Die Beauftragung ist vom Bundesamt für Logistik und Mobilität im Bundesanzeiger bekannt zu geben. § 4 Absatz 3 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.
(3b) Abweichend von Absatz 3 Satz 4 und 5 darf im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2025 das Bundesamt für Logistik und Mobilität bei Vorliegen eines Verdachts eines Verstoßes gegen die Kabotageregelungen gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72) in der jeweils geltenden Fassung die in Absatz 3 Satz 3 Nummer 5 und 10 genannten Daten zum ersten befahrenen Mautabschnitt nach der Einfahrt in das Bundesgebiet und zum letzten befahrenen Mautabschnitt vor der Ausfahrt aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Ermittlung des Ortes und der Zeit des Grenzübertritts von in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum zugelassenen Fahrzeugen für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 19 Absatz 2a und Absatz 4 Nummer 2 des Güterkraftverkehrsgesetzes verarbeiten.
(4) Der Mautschuldner hat bei der Mauterhebung mitzuwirken. Er hat die technischen Einrichtungen zur Mautentrichtung ordnungsgemäß zu nutzen und die für die Maut maßgeblichen Tatsachen anzugeben. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten der Nutzung der technischen Einrichtungen zu regeln und die nach Satz 2 maßgeblichen Tatsachen festzulegen sowie das Verfahren der Angabe dieser Tatsachen zu regeln.
(5) Eine Maut oder, im Fall des Absatzes 6 Satz 1, ein der Maut entsprechender Betrag wird auf Verlangen ganz oder teilweise erstattet, wenn die Fahrt, für die sie entrichtet wurde, nicht oder nicht vollständig durchgeführt wird (Erstattung der Maut). Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Verfahren der Erstattung der Maut zu regeln. Die Bearbeitungsgebühr für ein Erstattungsverlangen beträgt höchstens 20 Euro.
(6) Verpflichtet sich der Betreiber oder ein Anbieter, der einen Vertrag nach § 4d Absatz 1 oder § 4f Absatz 1 mit dem Bundesamt für Logistik und Mobilität abgeschlossen hat, gegenüber dem Bundesamt für Logistik und Mobilität zur unbedingten Zahlung eines Betrages in Höhe der entstandenen Maut des Mautschuldners, so ist der Mautschuldner insoweit von der Verpflichtung zur Entrichtung der Maut an das Bundesamt für Logistik und Mobilität befreit, als der Mautschuldner
- 1.
nachweist, dass zwischen ihm und dem Betreiber oder dem jeweiligen Anbieter ein Rechtsverhältnis besteht, auf Grund dessen der Mautschuldner für jede mautpflichtige Benutzung einer mautpflichtigen Straße im Sinne des § 1 ein Entgelt in Höhe der zu entrichtenden Maut an den Betreiber oder den jeweiligen Anbieter zahlen muss oder gezahlt hat, und - 2.
sicherstellt, dass seine Verpflichtungen aus dem Rechtsverhältnis erfüllt werden.
(1) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Juli 2003 und bis zum Ablauf des 31. August 2007 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 2.
(2) Für Sachverhalte, die ab dem 1. September 2007 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 3.
(3) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2009 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 4.
(4) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2015 und bis zum Ablauf des 30. September 2015 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 5.
(5) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2015 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 6.
(6) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2019 und bis zum Ablauf des 27. Oktober 2020 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 7.
(7) Für Sachverhalte, die ab dem 28. Oktober 2020 und bis zum Ablauf des 30. September 2021 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 8.
(8) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2021 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 9.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Juli 2010 - 4 K 419/09 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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(1) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Juli 2003 und bis zum Ablauf des 31. August 2007 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 2.
(2) Für Sachverhalte, die ab dem 1. September 2007 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 3.
(3) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2009 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 4.
(4) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2015 und bis zum Ablauf des 30. September 2015 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 5.
(5) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2015 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 6.
(6) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Januar 2019 und bis zum Ablauf des 27. Oktober 2020 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 7.
(7) Für Sachverhalte, die ab dem 28. Oktober 2020 und bis zum Ablauf des 30. September 2021 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 8.
(8) Für Sachverhalte, die ab dem 1. Oktober 2021 und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 entstanden sind, bestimmt sich der Mautsatz abweichend von § 3 Absatz 3 nach der Anlage 9.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die geschuldete Maut bestimmt sich nach der auf mautpflichtigen Straßen im Sinne des § 1 zurückgelegten Strecke des Fahrzeuges oder der Fahrzeugkombination und einem Mautsatz je Kilometer nach Maßgabe des Absatzes 3, der aus je einem Mautteilsatz für
- 1.
die Infrastrukturkosten, - 2.
die verursachten Luftverschmutzungskosten und - 3.
die verursachten Lärmbelastungskosten
(2) Die zurückgelegte Strecke wird für jeden benutzten Abschnitt des mautpflichtigen Streckennetzes (Mautabschnitt) gesondert ermittelt. Ein Abschnitt ist die Strecke zwischen zwei Knotenpunkten im Sinne des § 3a Absatz 1 oder einer Rechtsverordnung auf Grund des § 3a Absatz 2. Die Länge jedes Abschnittes bezieht sich auf den Schnittpunkt der verknüpften Straßenachsen oder in Ermangelung einer Straßenachse auf den Beginn oder das Ende der mautpflichtigen Strecke und ist kaufmännisch auf volle 100 Meter zu runden. Die so ermittelten Streckenlängen werden nachrichtlich im Internet unter www.mauttabelle.de veröffentlicht. Wird ein Mautabschnitt nicht vollständig befahren, so ist dieser gleichwohl mit seiner ermittelten Streckenlänge der Mauterhebung zu Grunde zu legen.
(3) Die Höhe des Mautsatzes wird als Summe der Mautteilsätze nach Maßgabe der Anlage 1 berechnet.
(4) Die Berechnung der Maut erfolgt durch Multiplikation der nach Absatz 2 zu Grunde zu legenden Länge des Mautabschnittes mit dem Mautsatz. Das Ergebnis ist auf einen vollen Cent-Betrag kaufmännisch zu runden. Soweit die zurückgelegte Strecke mehrere Mautabschnitte umfasst, ist die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 für jeden Mautabschnitt gesondert durchzuführen; hieraus wird die Summe der auf die insgesamt zurückgelegte Strecke entfallenden Maut gebildet.
(5) Die Mautteilsätze nach der Anlage 1 werden auf Grundlage eines Wegekostengutachtens des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur für eine jeweils fünfjährige Kalkulationsperiode bestimmt. Für die Kalkulationsperiode 2018 bis 2022 werden die auf das Jahr 2018 entfallenden Kosten, die nicht durch die in diesem Jahr erhobene Maut gedeckt sind, in den Mautteilsätzen der Jahre 2019 bis 2022 berücksichtigt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
- 1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung; - 2.
das Personenstandswesen; - 3.
das Vereinsrecht; - 4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer; - 5.
(weggefallen) - 6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen; - 7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht); - 8.
(weggefallen) - 9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung; - 10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft; - 11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte; - 12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung; - 13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung; - 14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt; - 15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft; - 16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung; - 17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz; - 18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht; - 19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte; - 19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze; - 20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz; - 21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen; - 22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen; - 23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen; - 24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm); - 25.
die Staatshaftung; - 26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen; - 27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung; - 28.
das Jagdwesen; - 29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege; - 30.
die Bodenverteilung; - 31.
die Raumordnung; - 32.
den Wasserhaushalt; - 33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.
(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.