Arbeitslohn: Pflicht zur Lohnzahlung besteht auch bei Krankheitsanfälligkeit

bei uns veröffentlicht am26.02.2013
Zusammenfassung des Autors
Arbeitnehmer, die eine neue Stelle antreten, müssen keine körperliche Verfassung mitbringen, die jeglichen künftigen Arbeitsausfall ausschließt.
So sah es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall eines Angestellten. Dieser hatte seine ehemalige Arbeitgeberin verklagt, weil sie seine Zahlungsansprüche aus einem beendeten Dienstverhältnis nicht beglichen hatte. Streitpunkt war, dass sich der Arbeitnehmer innerhalb kurzer Zeit zweimal arbeitsunfähig gemeldet hatte. Daraufhin nahm die Arbeitgeberin die ihr nach dem Kündigungsschutzgesetz eingeräumte Möglichkeit wahr, dem Arbeitnehmer während der gesetzlichen Wartezeit zu kündigen. Sie begründete ihre Entscheidung mit Zweifeln an der zufriedenstellenden Erfüllung der berufstypischen Aufgaben.

Da der Arbeitnehmer seine Arbeit an sich jedoch ordentlich erledigt hatte, entschied das LAG Köln zu seinen Gunsten. Das Gericht war der Ansicht, dass ein Arbeitnehmer zwar objektiv für die von ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit geeignet sein müsse. Dennoch schließe die grundsätzliche Eignung nicht aus, dass ein Angestellter unter Umständen eine höhere Krankheitsanfälligkeit als andere Beschäftigte entwickeln könne. Das sei jedoch für sich genommen noch kein Grund, Lohnzahlungen auszusetzen (LAG Köln, 7 Sa 847/11).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LAG Köln Urteil vom 23.02.2012 (Az: 7 Sa 847/11)

Ein körperlicher Zustand, der jegliche krankheitsbedingte Ausfallzeiten ausschließt, gehört nicht zu den verkehrswesentlichen Eigenschaften eines Arbeitnehmers.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.07.2011 in Sachen 8 Ca 8594/10 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Parteien streiten um restliche Zahlungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Zahlungsklage in vollem Umfang stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Köln in Sachen 8 Ca 8594/10 vom 21.07.2011 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 05.08.2011 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 08.08.2011 Berufung eingelegt und diese am 28.09.2011 begründet.

Die Beklagte wiederholt wörtlich Teile ihres erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 15.11.2010, in denen es darum ging, dass der Kläger im Rahmen einer Unterhaltung mit dem Zeugen H G W nach Ausspruch der Kündigung im Nachhinein die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten als „Versuch“ bezeichnet und dies dahin erläutert habe, dass er schon gewusst habe, den körperlichen Belastungen nicht gewachsen zu sein und dass ihm sein Arzt vorher schon abgeraten gehabt habe, wieder als Dachdecker zu arbeiten.

Die Beklagte führt aus, sie könne bei dieser Sachlage nicht nachvollziehen, wie das Arbeitsgericht zu dem Schluss gekommen sei, der Kläger habe nicht über seine Arbeitsfähigkeit getäuscht.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, die Klage unter Aufhebung des am 05.08.2011 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 21.07.2011 abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagten beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte wendet gegen das Vorbringen der Beklagten ein, dass die zitierte Passage erstinstanzlich sehr wohl streitig gewesen sei und das Arbeitsgericht sich, insbesondere ab Seite 5 des Urteils, ausführlich mit den Darlegungen der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 15.11.2010 auseinandergesetzt habe.


Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.07.2011 ist gemäß § 64 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) ArbGG statthaft. Die Berufung wurde auch gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt. Auch der als Berufungsbegründung dienende Schriftsatz vom 23.09.2011 ist innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Frist beim Berufungsgericht eingegangen.

Allerdings erfordert eine zulässige Berufung ebenfalls, dass sie sich inhaltlich vollständig mit den tragenden Begründungen des erstinstanzlichen Urteils auseinandersetzt. In dieser Hinsicht kann die Berufung der Beklagten allenfalls unter Hintanstellung erheblicher Bedenken als gerade noch den Mindestanforderungen entsprechend angesehen werden. Dies gilt allerdings nicht, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung tariflichen Urlaubsgeldes und einer dem Kläger zugesagten Fahrtkostenbeteiligung verurteilt hat. Hiermit hat sich die Beklagte mit keinem Wort auseinandergesetzt. Insoweit ist die Berufung daher schon unzulässig.

Die Berufung der Beklagten ist in der Sache in vollem Umfang unbegründet.

Das Arbeitsgericht Köln hat in seinem Urteil vom 21.07.2011 den Zahlungsrechtsstreit zutreffend entschieden und seine Entscheidung ausführlich und überzeugend begründet. Den Ausführungen des Arbeitsgerichts ist grundsätzlich nichts hinzuzufügen.

Die Einlassung der Beklagten in der Berufungsinstanz gibt dem Berufungsgericht jedoch Anlass zu folgenden Ergänzungen:

Das Arbeitsgericht hat sich in seinen Entscheidungsgründen, insbesondere auf Seite 6, ausdrücklich und inhaltlich zutreffend mit der Behauptung der Beklagten auseinandergesetzt, der Kläger habe die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses bei ihr im Nachhinein als „Versuch“ bezeichnet. Das Arbeitsgericht hat hieraus den korrekten Schluss gezogen, dass der Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages subjektiv der Auffassung war, die Tätigkeit antreten zu können und hierfür nach seiner körperlichen Konstitution geeignet zu sein.

Das Arbeitsgericht hat sodann auf die harten Fakten des vorliegenden Falles Bezug genommen und richtigerweise ausgeführt, dass sich diese subjektive Prognose im weiteren Verlauf der Vertragslaufzeit sogar objektiv bestätigt hat:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien dauerte insgesamt vom 14.06. bis zum 31.07.2010. In dieser Zeit lagen, stellt man auf die im Arbeitsvertrag der Parteien als Regelfall vorgesehene 5-Tage-Woche ab, insgesamt 35 Arbeitstage. Hiervon hat der Kläger lediglich an elf Arbeitstagen unter Berufung auf Arbeitsunfähigkeit gefehlt. Neun dieser Arbeitsunfähigkeitstage lagen nach Ausspruch der arbeitgeberseitigen Kündigung vom 14.07.2010. An einem weiteren Arbeitstag hatte der Kläger Urlaub zur Arbeitssuche. Ansonsten, also zu etwa 2/3 seiner Sollarbeitszeit, hat der Kläger seine Arbeitsleistung verrichtet. Dies geschah in einer Weise, dass die Beklagte ihn ausweislich ihres erstinstanzlichen Sachvortrages „wegen seiner Fertigkeiten gerne hätte weiterbeschäftigen wollen“. Keineswegs hat die Beklagte etwa behauptet, sie habe den Kläger auch an den Tagen, an denen er seiner Arbeit nachgegangen sei, wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht mit dem vollständigen Spektrum von Aufgaben betrauen können, die sein Arbeitsplatz mit sich brachte.

Der Kläger hat während des vorliegenden Rechtsstreits stets behauptet, die im Rahmen des vorliegenden Arbeitsverhältnisses aufgetretenen Arbeitsunfähigkeitszeiten seien auf Unfallereignisse zurückzuführen. Zu keinem Zeitpunkt war es daher unstreitig, dass die krankheitsbedingten Fehltage des Klägers darauf zurückzuführen seien, dass der Kläger für den Beruf des Dachdeckers von vornherein objektiv gesundheitlich ungeeignet war. Die Beklagte hat hierfür auch keinen geeigneten Beweis angetreten. Steht aber schon die objektive Tatsache nicht fest, dass der Kläger tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen eine Tätigkeit als Dachdecker oder Dachdeckerhelfer nicht ausüben kann, so kann die Beklagte aus einer solchen Behauptung auch nicht mit Aussicht auf Erfolg Rechte für sich herleiten.

Bezeichnenderweise hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausgeführt, er arbeite mittlerweile wieder seit mehreren Monaten unbeanstandet bei einem anderen Unternehmen im Dachdeckerberuf.

Zur Vermeidung von Missverständnissen hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass „ein körperlicher Zustand, der jegliche Ausfallzeiten ausschließt, nicht zu den verkehrswesentlichen Eigenschaften von Arbeitnehmern“ gehört. Auch ein Arbeitnehmer, der nach seiner körperlichen Konstitution grundsätzlich für die Arbeit in einem bestimmten Berufsumfeld geeignet ist, kann unter Umständen eine höhere Krankheitsanfälligkeit entwickeln als andere Arbeitnehmer. Die Beklagte hat aus dem Umstand, dass der Kläger sich am 14.07.2010 innerhalb relativ kurzer Zeit bereits zum zweiten Mal arbeitsunfähig gemeldet hatte, die Befürchtung entwickelt, dass es sich bei dem Kläger um einen solchen Arbeitnehmer mit einer überdurchschnittlich hohen Krankheitsanfälligkeit handeln könnte. Sie hat für sich daraus den Schluss gezogen, das Arbeitsverhältnis während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG durch arbeitgeberseitige Kündigung zu beenden. Die Beklagte hat damit von der ihr gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, ein neubegründetes Arbeitsverhältnis, bei dem die Befürchtung besteht, dass es nicht zu beiderseitiger Zufriedenheit verlaufen könnte, frühzeitig wieder zu beenden. Einen Grund dafür, sich ihren gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen aus einem solchen Arbeitsverhältnis zu entziehen, vermag die Beklagte jedoch erst- wie zweitinstanzlich in keiner Weise stichhaltig zu belegen.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.


Gesetze

Gesetze

4 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Referenzen

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.