Arbeitsrecht: Produktivitätssteigerung: Der Umgang mit „low performern“

bei uns veröffentlicht am30.12.2008
Zusammenfassung des Autors

BSP Rechtsanwälte - Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

In jedem Betrieb gibt es Mitarbeiter, die ständig weniger oder schlechter arbeiten als ihre Kollegen – sei es aufgrund fehlender Motivation, verminderter Leistungsfähigkeit oder weil sie für die Arbeit objektiv ungeeignet sind. Diese „low performer“ sind nicht nur ein erheblicher Kostenfaktor für Ihr Unternehmen, sondern haben zudem negativen Einfluss auf das Arbeits- und Betriebsklima.

Der folgende Beitrag liefert Ihnen das Rüstzeug, um „low performer“ zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. 

Was ist ein „low performer“?

Um zu ermitteln, ob einer Ihrer Arbeitnehmer eine schwache Arbeitsleistung erbringt, auf die Sie reagieren können, müssen Sie zunächst feststellen, welche Arbeiten er überhaupt erbringen muss. Dann ist zu prüfen, ob der Mitarbeiter seine Arbeit schlecht macht und arbeitsrechtliche Schritte gegen ihn ergriffen werden können.

  • Welche Aufgaben muss der Arbeitnehmer erfüllen?
    Welche Tätigkeiten ein Mitarbeiter zu erfüllen hat, ergibt sich zunächst aus dem Arbeitsvertrag. Die darin enthaltene Tätigkeitsbeschreibung umschreibt den Aufgabenbereich aber in der Regel nur grob. Als Arbeitgeber haben Sie das Recht, die Leistungspflicht näher auszugestalten.

 

  • Wichtig: Ihr Direktions- oder Weisungsrecht dürfen Sie nur in den Grenzen des Arbeitsvertrags ausüben. Der Spielraum ist dabei umso geringer, je konkreter die Aufgaben des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag definiert sind. Enthält der Arbeitsvertrag also eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung, können Sie die Aufgaben Ihres Mitarbeiters nicht einseitig ändern. Ist die Tätigkeit hingegen nur allgemein bezeichnet (zum Beispiel Maschinenführer), können Sie dem Arbeitnehmer jede Aufgabe zuweisen, die dem angegebenen Berufsbild entspricht.

 

  • Wie muss der Arbeitnehmer seine Aufgaben erfüllen?
    Wie ein Mitarbeiter seine Aufgaben erfüllen muss, richtet sich allein nach dem persönlichen Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. So will es die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Der Mitarbeiter muss die Leistung erbringen, die er „bei angemessener Anspannung seiner geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung seiner Gesundheit zu leisten imstande ist“. Kurz gesagt: Der Arbeitnehmer muss „tun was er soll, und zwar so gut wie er kann“.

    Beachten Sie: Nicht jeder Mitarbeiter, dessen Leistung hinter dem Durchschnitt zurückbleibt, ist also gleich ein „low performer“. Denn in jeder Gruppe gibt es eine Person, die das „Schlusslicht“ bildet. Sanktionen kommen vor diesem Hintergrund nur in Betracht, wenn ein Mitarbeiter eben nicht „tut, was er kann“, sondern einfach faul oder nicht ausreichend motiviert ist, oder aber seine Fähigkeiten für seine Aufgaben nicht ausreichen.

Haben Sie einen leistungsschwachen Mitarbeiter, müssen Sie daher zunächst einmal die Ursache seines Leistungsdefizits ermitteln. Hierzu sollten Sie mit dem Mitarbeiter sprechen. Nur so können Sie Sanktionen angemessen vorbereiten und sich vor unangenehmen Überraschungen in einem späteren Gerichtsverfahren schützen. Denn Leistungsschwächen können ihre Ursache auch in betrieblichen Umständen haben, die Sie als Arbeitgeber vorrangig beseitigen müssen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich die Anforderungen an eine bestimmte Tätigkeit aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklungen verändert haben. Sie müssen Ihrem Mitarbeiter dann zum Beispiel Fortbildungsmöglichkeiten anbieten, um sich mit der neuen Technik vertraut zu machen.

Umsetzung von Sanktionen gegen „low performer“

Hilft auch ein Mitarbeitergespräch nicht, um die Leistungsschwäche abzustellen, kommt die Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs oder die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.

Änderung des Aufgabenbereichs

Kommt ein Arbeitnehmer mit seinem Aufgabengebiet nicht zu Recht, müssen Sie zunächst prüfen, ob Sie ihn mit anderen, einfacheren Tätigkeiten betrauen oder ihn sogar auf einem ganz anderen Arbeitsplatz einsetzen können. Die einseitige Zuweisung anderer Aufgaben ist – wie oben dargelegt – nur im Rahmen des Arbeitsvertrags und in den Grenzen des Direktionsrechts möglich. Darüber hinausgehende Veränderungen können Sie nur einvernehmlich oder im Wege einer Änderungskündigung herbeiführen.

Wichtig: Eine Änderungskündigung ist eine echte Kündigung des ursprünglichen Arbeitsvertrags, verbunden mit dem Angebot an den Mitarbeiter, einen Arbeitsvertrag zu geänderten Bedingungen abzuschließen. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ab, ist das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Die Änderungskündigung unterliegt grundsätzlich den gleichen Voraussetzungen wie die „normale“ Beendigungskündigung.

Beachten Sie: Verfügt Ihr Betrieb über einen Betriebsrat, muss dieser der Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs zustimmen, wenn diese voraussichtlich länger als einen Monat dauert oder mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden ist, unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist.

Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses

Ist die Zuweisung anderer Aufgaben nicht möglich oder erfolglos geblieben, können Sie das Arbeitsverhältnis kündigen.

Beachten Sie: Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf nur erfolgen, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen. Sie müssen daher vor Ausspruch einer Kündigung prüfen, ob ein anderer Arbeitsplatz frei ist, den der Arbeitnehmer wahrnehmen könnte und müssen dem Mitarbeiter dann diese Tätigkeit zuweisen – entweder einseitig oder im Wege der Änderungskündigung.

Hat Ihr Betrieb in der Regel zehn oder mehr Arbeitnehmer, müssen Sie das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) beachten. Danach ist eine Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Im Geltungsbereich des KSchG unterscheidet man drei Fälle:

  • die verhaltensbedingte Kündigung,
  • die personenbedingte Kündigung,
  • die betriebsbedingte Kündigung.

Abhängig von der Ursache der schlechten Arbeitsleistung kommt bei „low performern“ eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen oder eine personenbedingte Kündigung in Betracht:

  • Verhaltensbedingte Kündigung
    Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Da Ihr Mitarbeiter aber nur so gut arbeiten muss, „wie er kann“, wird es für Sie im Einzelfall schwierig, eine schuldhafte Verletzung der Leistungspflicht im Kündigungsschutzverfahren darzulegen und zu beweisen. Als Arbeitgeber kennen Sie im Zweifel nur rein objektive Gesichtspunkte wie die tatsächliche Arbeitsleistung und die durchschnittliche Leistung anderer Arbeitnehmer. Wie sollen Sie aber wissen, was Ihr Mitarbeiter subjektiv zu leisten vermag?

Das BAG hilft Ihnen mit einer „abgestuften Darlegungs- und Beweislast“. Das heißt: Im Prozess genügt es zunächst, wenn Sie objektive Tatsachen vortragen, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistung des Mitarbeiters deutlich hinter der seiner Kollegen zurückbleibt. Dies ist etwa der Fall, wenn er die Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb über einen längeren Zeitraum um mehr als ein Drittel unterschreitet.

Unser Tipp: Dokumentieren Sie die Leistungen des Mitarbeiters und vergleichbarer Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum sehr genau, möglichst über mehrere Monate! Es ist dann Aufgabe des Mitarbeiters darzulegen, dass er trotz dieser objektiv unterdurchschnittlichen Arbeitsleistung seine persönliche Leistungsfähigkeit ausgeschöpft hat. 

Wichtig: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn Sie den Mitarbeiter zuvor erfolglos abgemahnt haben, dieser also trotz entsprechender Warnung sein Fehlverhalten nicht abstellt!

  • Personenbedingte Kündigung

Eine erhebliche Leistungsminderung kann auch eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Dies setzt aber voraus, dass das arbeitsvertragliche „Austauschverhältnis“ so schwer und dauerhaft gestört ist, dass es für Sie unzumutbar ist, am Arbeitsvertrag festzuhalten. Diese Art der Kündigung kommt zum Beispiel in Frage, wenn die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters durch eine Krankheit schwer beeinträchtigt ist. Die Anforderungen der Rechtsprechung sind hier indes regelmäßig sehr hoch.

Wichtig: Auch wenn an sich ein Kündigungsgrund – verhaltens- oder personenbedingt – gegeben ist, wägt die Rechtsprechung die Interessen des Arbeitnehmers an der Fortsetzung und Ihr Interesse an der Beendigung der Vertragsbeziehung gegeneinander ab. Hier spielen zum Beispiel das Alter des Arbeitnehmers, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, aber auch betriebliche Interessen eine Rolle. Überwiegen die Interessen des Arbeitnehmers, ist die Kündigung trotz Vorliegen eines Kündigungsgrunds unwirksam.

Beachten Sie: Besteht in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, müssen Sie diesen vor Ausspruch jeder Kündigung anhören! Der Betriebsrat hat dann eine Woche Zeit, zu der beabsichtigten Kündigung Stellung zu nehmen. Diese hat aber keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung. Spricht sich der Betriebsrat gegen die Kündigung aus, können Sie das Arbeitsverhältnis trotzdem kündigen. Allerdings hat der Arbeitnehmer dann einen Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum Abschluss seines Kündigungsschutzverfahrens.

Checkliste für den praktischen Umgang

Wenn man bedenkt, welch hohe Anforderungen die Rechtsprechung an die Trennung von „low performern“ stellt, ist die sorgfältige Vorbereitung dieser Maßnahmen ein Muss. Bevor Sie – übereilt – eine Kündigung aussprechen, sollten Sie daher an Folgendes denken:

  • Bevor Sie zu Sanktionen greifen: Suchen Sie das Gespräch mit dem Mitarbeiter.
  • Ermitteln Sie gemeinsam mit dem Mitarbeiter die Ursachen für die Leistungsschwäche.
  • Dokumentieren Sie die festgestellten Leistungsschwächen und deren Ursache schriftlich.
  • Versuchen Sie, den Mitarbeiter mit anderen, einfacheren Aufgaben zu betrauen.
  • Mahnen Sie den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer (verhaltensbedingten) Kündigung ab.
  • Binden Sie den Betriebsrat rechtzeitig ein.
  • Holen Sie Rechtsrat bei dem Anwalt Ihres Vertrauens ein: Kein Fall ist wie der andere und ein pauschales Vorgehen könnte böse enden.

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