Kapitalanlagebetrug - § 264 a StGB

Kapitalanlagebetrug - § 264 a StGB

20.01.2012
beiRechtsanwalt Dirk Streifler - Partner
Die Einfügung des Kapitalanlagebetrugs im Strafgesetzbuch wurde damit begründet, dass sich ein sogenannter „grauer Kapitalmarkt“ neben dem konventionellen gebildet habe, der zahlreiche Missstände aufweise, denen mit den bis dahin vorhanden rechtlichen Mittel nicht mehr hinreichend entgegengetreten werden konnte. Der eigentliche Grund für die Einführung des § 264a StGB bestand in der Beseitigung von Beweisschwierigkeiten, die bei dem Nachweis der Voraussetzungen des allgemeinen Betrugstatbestandes nicht selten auftreten. Insbesondere die Feststellung des Schadens bereitete häufig besondere Schwierigkeiten, weil die Ermittlungen des Wertes der Kapitalanlage im Zeitpunkt der täuschungsbedingten Vermögensverfügung oft erst Jahre nach dem Erwerb im Strafprozess erfolgen müsse. Ob § 264a StGB tatsächlich in der Lage ist, die behaupteten Beweisprobleme zu vermeiden, bleibt allerdings zweifelhaft. Da die unrichtigen Angaben vorteilhaft bzw. die verschwiegenen Tatsachen nachteilig sein müssen, enthebt die Vorschrift den Richter keineswegs der Prüfung des Wertes der Kapitalanlage zum Zeitpunkt der Tat und der Täter kann sich gegen den Vorwurf des Kapitalanlagebetrugs mit der Behauptung verteidigen, er habe die Angaben für richtig gehalten.

Strittig ist das Vorliegen des §264a StGB, wenn die mit Bereicherungsabsicht vorgenommene Täuschungshandlung „erfolgreich“ ist, d.h. zu einem irrtumsbedingten Vermögensschaden des Anlegers führt. Aufgrund der geringeren Strafdrohung des Kapitalanlagebetruges gegenüber dem Betrug im Sinne von § 263 StGB scheidet ein Vorrang des § 264a StGB aus, denn die täuschungsbedingte Schädigung eines Kapitalanlegers ist sicher kein privilegierter Fall des Betrugs. Eine tatbestandliche Exklusivität oder Gesetzeskonkurrenz mit der Folge, dass § 263 StGB verdrängt würde, wird deshalb nicht vertreten.

Die Vorschrift des § 263a StGB hat nach herrschender Meinung eine doppelte Schutzfunktion. Sie schützt sowohl das Vermögen des Anlegers als auch das Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (OLG Köln vom 13. 4. 1999 - 2 Ws 97-98/99). Nach zutreffender Ansicht bezweckt § 264a StGB jedoch allein den Schutz des Individualrechtsguts Vermögen des Anlegers. § 264a StGB bewirkt somit unmittelbar – nur – den Schutz des Vermögens der potenziellen Anleger. Indem der Tatbestand sie vor betrügerischen Machenschaften schützt, stärkt und bewahrt er mittelbar das Vertrauen in den Kapitalmarkt.

Überwiegend werden diejenigen, die als Schutzgut des § 264a StGB auch das Vertrauen in den Kapitalmarkt betrachten, bei Vorliegen beider Tatbestände konsequenterweise Tateinheit (§ 52 StGB) mit § 263 StGB annehmen (BGH vom 20.09.2000 - 3 StR 88/00). Da § 264a StGB wie bereits oben erwähnt wurde, nach zutreffender Auffassung jedoch nur dem Schutz des Vermögens der Anleger dient, tritt der Tatbestand als abstraktes Gefährdungsdelikt im Wege der Nachrangigkeit jedenfalls hinter dem vollendeten Betrug zurück. Ferner liegt ein versuchter Betrug im Sinne von § 263 StGB vor, wenn der Täter den Anleger durch unrichtige vorteilhafte Angaben oder Verschweigen nachteiliger Tatsachen zu einer vermögensschädigenden Kapitalanlage veranlasst bzw. bewegen will. 

Die Verfolgung von Kapitalanlagebetrugsfällen nach § 263 StGB beruht vermutlich auch darauf, dass sie zumeist als Serienstraftat begangen werden, die durch ein Urteil erledigt wird. Diese Verurteilung wird dann in der Regel aus § 263 StGB erfolgen, weil schon der Grundtatbestand einen höheren Strafrahmen aufweist als § 264a StGB und zudem häufig ein besonders schwerer Fall des Betrugs nach § 263 Abs.3 S.2 Nr.1 StGB (gewerbs- oder bandenmäßige Begehung) oder nach § 263 Abs.3 S.2 Nr.2 StGB (Herbeiführung eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes oder Verursachung der Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten für eine große Zahl von Menschen) vorliegen wird.

Größere Bedeutung erlangt §264a StGB dagegen in der Rechtsprechung der Zivilgerichte. Der Kapitalanlagebetrug stellt nämlich ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (OLG Saarbrücken vom 15. 12. 2005 - 8 U 330/04). Um einen deliktischen Schadensersatzanspruch zu begründen, genügt es, dass durch die unvollständige oder beschönigende Information des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, selbst darüber zu befinden, ob er in ein Projekt investieren will, das bestimmte Risiken enthält (BGH, Urteil vom 29. 5. 2000 - II ZR 280/98).


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