Amtsgericht München Endurteil, 24. Aug. 2016 - 481 C 28359/15 WEG

bei uns veröffentlicht am24.08.2016

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26.10.2015 zu TOP 4

„Die Jahresabrechnung 2014 schließt mit einem Überschuss von 68.361,62 €. Die vorliegende Jahresabrechnung und die verschickten Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2014 mit einem Gesamtvolumen von € 658.866,76 wird genehmigt. Das Guthaben und Nachzahlungen werden zum 01.11.2015 soll gestellt.“

wird für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 12.044,30 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 26.10.2015 geltend.

Die Kläger und die Beklagten bilden zusammen eine WEG gem. Rubrum. Der Beigeladene ist deren Verwalter. Die wesentlichen Rechtsbeziehungen der Parteien sind in der Teilungserklärung vom 27.01.1966 geregelt (Anlage K 1). Mit Schreiben vom 07.10.2015 hat die Verwaltung zur Eigentümerversammlung am 26.10.2015 eingeladen (Anlage K 2). Beigefügt war in der Anlage die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung (Anlage K 3). In der Gesamtabrechnung fehlt die Angabe des Anfangs- und Endbestands eines Sparkontos der WEG.

Die Eigentümer fassten auf der Eigentümerversammlung vom 26.10.2015 unter anderem den im Tenor genannten Beschluss (Protokoll Anlage K 4). Dieser hat folgenden Wortlaut:

„Die Jahresabrechnung 2014 schließt mit einem Überschuss von 68.361,62 €. Die vorliegende Jahresabrechnung und die verschickten Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2014 mit einem Gesamtvolumen von € 658.866,76 wird genehmigt. Das Guthaben und Nachzahlungen werden zum 01.11.2015 soll gestellt.“

Dieser Beschluss wurde mit der Klage angefochten.

Der Kläger hat unter anderem vorgetragen:

Die rechnerische Schlüssigkeit der Jahresgesamtabrechnung für das Jahr 2014 sei nicht gegeben. Daher seien der Beschluss über die Gesamtabrechnung und die darauf basierende Einzelabrechnung für ungültig zu erklären.

Der Kläger beantragte zuletzt wie im Klageschriftsatz vom 26.11.2015 (Bl. 1/3) und im Ergebnis wie tenoriert.

Die Beklagten zu 2-6 haben den Klageanspruch anerkannt.

Die Beklagten zu 1 beantragten Klageabweisung.

Sie haben unter anderem vorgetragen:

Die Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG sei vorliegend nicht gewahrt. Die Klagezustellung sei nicht demnächst im Sinne von § 167 ZPO bewirkt worden, weil sich die Klagepartei eine Verzögerung von 14 Tagen zurechnen lassen müsse. Die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses sei dem Klägervertreter am 08.12.2015 zugegangen. Der Kläger hätte allerspätestens am 28.12.2015 dafür Sorge tragen müssen, dass der Kostenvorschuss zu diesem Zeitpunkt auf das Konto der Landesjustizkasse eingegangen ist. Dies sei hier nicht der Fall.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf das schriftliche Parteivorbringen, den gerichtlichen Hinweis in der terminsvorbereitenden Verfügung vom 23.03.2016 (Bl. 35/36) und das Protokoll vom 03.08.2016, sowie auf die Zahlungsanzeige der Landesjustizkasse Bamberg vom 30.12.2015 Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht München ist gemäß § 23 Nr. 2 c GVG und § 43 Nr. 4 WEG örtlich und sachlich ausschließlich zuständig.

II.

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die materiellen Ausschlussfristen des § 46 Abs. 1 WEG sind eingehalten. Die Zustellung wurde demnächst im Sinne des § 167 ZPO bewirkt. Laut Zahlungsanzeige der Landesjustizkasse vom 30.12.2015 ging der Gerichtskostenvorschuss am 28.12.2015 ein - also dem Tag, den auch die Beklagten zu 1 nach eigener Darstellung als ausreichend im Sinne des § 167 ZPO erachten. Unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage ist dies im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen ab Anforderung oder nur geringfügig darüber anerkennt (BGH v. 30.03.2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643), gerade noch ausreichend.

2. Zu Recht hat der Kläger ausgeführt, dass schon die rechnerische Schlüssigkeit der Jahresabrechnung für das Jahr 2014/2015 fehlschlage. Der Saldo der Einnahmen und Ausgaben muss mit dem Saldo der Bankkonten übereinstimmen (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 2. Auflage 2012, § 28, Rn. 32 m. w. N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es fehlt bereits an der Angabe der Anfangs- und Endbestände aller Konten der WEG, so dass ein Abgleich der Salden nicht durchgeführt werden kann. Unstreitig fehlt in der vorgelegten Abrechnung die Angabe der Kontenstände des Sparkontos der WEG. Fehlt die Angabe von Kontoständen, so kann die Jahresabrechnung schon deshalb einer rechnerischen Schlüssigkeitsprüfung nicht unterzogen werden (vgl. statt aller Jennißen, in: Jennißen, WEG, 4. Auflage 2015, § 28, Rn. 125 m. w. N.). Fehlt die Angabe aller Kontoanfangs- und Endbestände, so wird die Abrechnung ihrer Funktion, den Wohnungseigentümern die Kontrolle des Verwalters zu ermöglichen, nicht gerecht.

3. In diesem Fall ist nach ständiger Rechtsprechung jeweils der gesamte Genehmigungsbeschluss betreffend die Jahresabrechnung und die daraus abgeleiteten Einzelabrechnungen - hier: Beschluss zu TOP 4 - für ungültig zu erklären (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 13. Auflage 2015, § 28, Rdnr. 130, 135; Jennißen, a. a. O.). Nachträgliche Erläuterungen sind unbehelflich. Die weiteren in der Klageschrift angesprochenen Punkte sind deshalb nicht entscheidungserheblich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Ob sich die Beklagten bei ihrem Verwalter schadlos halten können und wollen, mögen sie anhand des Verwaltervertrages selber entscheiden. Die Nichtanwendung von § 49 Abs. 2 WEG sperrt insoweit einen Regress nicht (BGH, Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 164/09, WuM 2010, 643).

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 709 ZPO.

V.

Der Streitwert wurde gem. § 49 a Abs. 1 GKG entsprechend den Angaben der Kläger festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht München I, Prielmayerstraße 7, 80335 München einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Amtsgericht München, Pacellistraße 5, 80333 München einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Urteilsbesprechung zu Amtsgericht München Endurteil, 24. Aug. 2016 - 481 C 28359/15 WEG

Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht München Endurteil, 24. Aug. 2016 - 481 C 28359/15 WEG

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur
Amtsgericht München Endurteil, 24. Aug. 2016 - 481 C 28359/15 WEG zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 167 Rückwirkung der Zustellung


Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 43 Zuständigkeit


(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 46 Veräußerung ohne erforderliche Zustimmung


Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grun

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 49 Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse


(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebü

Referenzen - Urteile

Amtsgericht München Endurteil, 24. Aug. 2016 - 481 C 28359/15 WEG zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Amtsgericht München Endurteil, 24. Aug. 2016 - 481 C 28359/15 WEG zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2010 - V ZB 164/09

bei uns veröffentlicht am 18.08.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 164/09 vom 18. August 2010 in der Wohnungseigentumssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WEG § 49 Abs. 2; ZPO § 99 Abs. 1 Eine Kostenentscheidung ist nicht deshalb isoliert anfechtbar, weil d

Referenzen

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Werden Rechtsverhältnisse, mit denen ein Rechtserfolg bezweckt wird, der den durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen entspricht, in solche Rechtsformen umgewandelt, so ist als Geschäftswert für die Berechnung der hierdurch veranlassten Gebühren der Gerichte und Notare im Fall des Wohnungseigentums ein Fünfundzwanzigstel des Einheitswerts des Grundstückes, im Falle des Dauerwohnrechtes ein Fünfundzwanzigstel des Wertes des Rechts anzunehmen.

(2) Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Überleitung bestehender, auf Landesrecht beruhender Rechtsverhältnisse in die durch dieses Gesetz geschaffenen Rechtsformen getroffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 164/09
vom
18. August 2010
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Kostenentscheidung ist nicht deshalb isoliert anfechtbar, weil das Gericht
davon abgesehen hat, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG
ganz oder teilweise dem Verwalter aufzuerlegen; das gilt auch dann, wenn die
Anwendung der Vorschrift geprüft und deren Voraussetzungen verneint worden
sind.
BGH, Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 164/09 - LG Braunschweig
AG Northeim
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 15. September 2009 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger haben vier auf einer Eigentümerversammlung vom 30. August 2008 gefasste Beschlüsse angefochten.
2
Das Amtsgericht hat drei der Beschlüsse für ungültig erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Ausgehend von einem Streitwert von insgesamt 4.000 € für die drei für ungültig erklärten Beschlüsse und weiteren 4.000 € für den vierten Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte den Klägern und im Übrigen - unter Hinweis auf § 49 Abs. 2 WEG - dem beigeladenen Verwalter auferlegt.
3
Die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Kläger, mit der sie erreichen wollen, dass der Verwalter in Anwendung von § 49 Abs. 2 WEG die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, ist von dem Landgericht als unzulässig verworfen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter.

II.

4
Das Beschwerdegericht hält die sofortige Beschwerde für unzulässig, weil die Kostenentscheidung eines Urteils grundsätzlich nicht isoliert angefochten werden könne. Eine Ausnahme komme zwar in Betracht, wenn einem Dritten Kosten auferlegt würden. Bei den Klägern handele es sich jedoch um Parteien des Rechtsstreits; als solche hätten sie gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einlegen können. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde könne auch nicht damit begründet werden, dass den Klägern ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter aberkannt worden sei. Einen solchen Anspruch habe das Amtsgericht nur im Zusammenhang mit den für ungültig erklärten Beschlüssen geprüft. Die Kostentragungspflicht der Kläger sei dagegen mit der teilweisen Abweisung der Klage begründet und damit auf § 91 Abs. 1 ZPO gestützt worden.

III.

5
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht nimmt im Ergebnis zu Recht an, dass die sofortige Beschwerde unzulässig ist, weil die Kostenentscheidung eines Urteils grundsätzlich, und so auch hier, nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden kann (§ 99 Abs. 1 ZPO).
6
Allerdings käme ausnahmsweise eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung in Betracht, wenn diese eine eigenständige, von der Entscheidung in der Hauptsache unabhängige Beschwer enthielte. In einem solchen Fall wären die Kläger, anders als das Beschwerdegericht meint, nicht gehalten gewesen , das gesamte Urteil mit der Berufung anzufechten; vielmehr hätte es ihnen freigestanden, die Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen und sich mit der sofortigen Beschwerde allein gegen die Kostenentscheidung zu wenden.
7
Die angefochtene Kostenentscheidung begründet jedoch keine eigenständige Beschwer der Kläger. Dabei kann offen bleiben, ob sie hinsichtlich des abgewiesenen Teils der Klage darauf beruht, dass das Amtsgericht die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 WEG geprüft und verneint hat, oder - wie das Beschwerdegericht meint - darauf, dass die Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht gezogen worden ist. Sieht das Gericht in einer Wohnungseigentumssache davon ab, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG ganz oder teilweise dem Verwalter aufzuerlegen, entsteht der Partei, die diese Kosten nach den prozessualen Vorschriften (§§ 91 ff. ZPO) zu tragen hat, nämlich weder in dem einen noch in dem anderen Fall ein darüber hinaus reichender Nachteil. Insbesondere wird ihr ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter nicht aberkannt.
8
Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG eröffnet dem Gericht aus prozessökonomischen Gründen die Möglichkeit, dem Verwalter Verfahrenskosten aufzuerlegen , wenn die §§ 91 ff. ZPO hierfür keine Handhabe bieten, die Tätigkeit des Gerichts aber durch den Verwalter veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft. Sie erlaubt damit, den materiell-rechtlichen Schadensersatz- anspruch des unterlegenen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten bei der Verwaltung im Rahmen der Kostenentscheidung durchzusetzen (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 41). Ob das Gericht hiervon Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 49 Rn. 19); eine Verpflichtung, dem Verwalter immer dann die Kosten aufzuerlegen, wenn die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 WEG erfüllt sind, besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht.
9
Die Möglichkeit, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Verwalter in die prozessuale Kostenentscheidung einzubeziehen, führt nicht dazu, dass dieser Anspruch dem Wohnungseigentümer endgültig aberkannt wird, wenn das Gericht von der Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG absieht, weil es dessen Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet. Die gegenteilige Auffassung (LG Berlin, ZMR 2009, 393, 395; Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 49 Rn. 29; Jennißen/Suilmann, WEG, 2. Aufl., § 49 Rn. 38; Timme/Elzer, WEG, § 49 Rn. 61; Bergerhoff in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl., Rn. 278; Niedenführ, ZWE 2009, 69, 73) verkennt , dass die Entscheidung, dem Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 WEG Kosten aufzuerlegen oder hiervon abzusehen, nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist.
10
In materielle Rechtskraft erwachsen kann nur die Entscheidung des Gerichts über einen prozessualen Anspruch (§ 322 Abs. 1 ZPO, vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586). Dieser bestimmt sich nach der von dem Kläger erstrebten Rechtsfolge und aus dem Lebenssachverhalt , aus dem er diese herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5 m.w.N.). Bei einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Wohnungseigentumsverwalter ist die Übernahme bzw. die Erstattung von Verfahrenskosten durch den Verwalter die erstrebte Rechtsfolge; den maßgeblichen Lebenssachverhalt bildet die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung. Der prozessuale Anspruch umfasst auch Verschuldensformen unterhalb der Schwelle des groben Verschuldens. Denn die erstrebte Rechtsfolge tritt sowohl bei (leicht) fahrlässigem als auch bei vorsätzlichem Handeln des Verwalters ein (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 276 Abs. 1 BGB); eine Haftungsmilderung wird durch die allein aus Gründen der Prozessökonomie eingeführte Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG nicht bewirkt (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 41; ebenso Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 49 Rn. 22; a.A. LG Berlin, ZMR 2009, 393, 395; Jennißen/Suilmann, WEG, 2. Aufl., § 49 Rn. 31; Drasdo, Festschrift Bub, 2007, S. 59, 67).
11
Im Rahmen des § 49 Abs. 2 WEG kann das Gericht jedoch nur über einen Ausschnitt dieses prozessualen Anspruchs befinden, nämlich über eine auf grobem Verschulden beruhende Pflichtverletzung. Hält es die Voraussetzungen der Vorschrift für nicht gegeben, ist die damit verbundene Aussage, es fehle an einer solchen Pflichtverletzung des Verwalters, zwangsläufig auf einen Teilaspekt des prozessualen Anspruchs beschränkt und damit nicht der Rechtskraft fähig. Das gilt auch dann, wenn das Gericht bereits eine (objektive) Pflichtverletzung des Verwalters verneint. Denn die Rechtskraft umfasst nicht die Anwendbarkeit eines Rechtsbegriffs (wie Pflichtverletzung oder grobes Verschulden ) auf den festgestellten Sachverhalt, sondern nur die Entscheidung über den prozessualen Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1951 - III ZR 188/50, LM § 322 ZPO Nr. 2; Urteil vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586).
12
Es stellt keinen Widerspruch dar, dass die Entscheidung über die Anwendung oder Nichtanwendung von § 49 Abs. 2 WEG einerseits nicht in materielle Rechtskraft erwächst, eine Partei andererseits Kosten, die dem Verwalter nach dieser Vorschrift auferlegt worden sind, nicht ein zweites Mal auf der Grundlage ihres materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend machen kann. Die Partei ist hieran nämlich nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft gehindert, sondern deshalb, weil entweder ihr Schaden infolge der Entscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG und der Übernahme der Kosten durch den Verwalter entfallen ist, oder weil es - im Hinblick auf die Möglichkeit der Kostenfestsetzung gegen den Verwalter und der Vollstreckung daraus - jedenfalls an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage fehlt.

IV.

13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Northeim, Entscheidung vom 27.08.2009 - 3 C 803/08 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 15.09.2009 - 6 T 710/09 -

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.