Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2016 - 22 ZB 16.1884

bei uns veröffentlicht am10.11.2016
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 4 K 16.357, 24.08.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung „aller dem Anwendungsbereich des § 35 GewO“ unterliegenden Gewerbe durch Bescheid des Landratsamtes N. Land vom 3. Februar 2016. Sie hatte am 2. Juni 2004 die selbstständige gewerbliche Tätigkeit „Groß- und Einzelhandel“ mit näher bezeichneten Artikeln angemeldet. Das Landratsamt stützte die Einschätzung der Klägerin als gewerberechtlich unzuverlässig (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GewO) insbesondere darauf, dass sie ihren steuerrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten nicht ordnungsgemäß nachkomme. Ein weiteres Indiz für die Unzuverlässigkeit ergebe sich aus der Tatsache, dass die Klägerin zweimal wegen Betrugs, in einem Fall zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr, verurteilt worden sei und diese Straftaten jeweils in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit begangen habe. Mit Urteil des Amtsgerichts H. vom 12. August 2013 wurde die Klägerin wegen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt. In einem weiteren Urteil dieses Gerichts vom 10. Juni 2015 wurde die Klägerin des Betrugs in 16 Fällen für schuldig befunden und eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Den abgeurteilten Fällen lag nach den strafgerichtlichen Feststellungen jeweils zugrunde, dass die Klägerin auf ihrer Internetplattform vorgetäuscht hat, willens und in der Lage zu sein, bestimmte Gegenstände zu liefern. Nach entsprechenden Bestellungen und Zahlungseingängen lieferte die Klägerin die bestellten Waren jedoch entsprechend ihrer vorgefassten Absicht nicht aus.

Mit Urteil vom 24. August 2016 wies das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 3. Februar 2016 ab.

Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung der Klägerin (vgl. zur deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.

1. Die Klägerin hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt, soweit sie in der Antragsbegründung vom 2. November 2016 ausführt, in den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den von ihr begangenen Betrugsdelikten werde in unzutreffender Weise auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg (U. v. 13.3.2014 - Au 5 K 13.1298) Bezug genommen. Der vom Verwaltungsgericht Augsburg in dieser Entscheidung beurteilte Sachverhalt habe sehr viel gewichtigere Straftaten betroffen, die zudem über einen deutlich längeren Zeitraum hinweg verübt worden seien. Im Falle der Klägerin handele es sich „lediglich“ um 20 Betrugstaten im Zeitraum vom 12. August 2013 bis 10. Juni 2015. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung zudem zu Unrecht das geringe Verschulden der Klägerin bei der Tatbegehung und ihr stetiges Bemühen um eine ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung (z. B. durch die Rückerstattung von Zahlungen, Bemühung um anderweitige Warenbeschaffung) unberücksichtigt gelassen. Diese Rügen stellen die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils nicht in Frage.

Im angefochtenen Urteil wird auf die vorgenannte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg bereits nicht zur Beurteilung der Frage Bezug genommen, ob die von der Klägerin begangenen Betrugstaten für eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit sprechen. Vielmehr wird diese Entscheidung lediglich im Zusammenhang mit der Überlegung erwähnt, dass die Strafaussetzung zur Bewährung die gewerberechtliche Unzuverlässigkeitsprognose nicht entkräften kann (UA S. 9 unten).

Vor allem jedoch beruht eine solche Prognose stets auf einer Beurteilung der Umstände des Einzelfalls. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - BVerwGE 152, 39 Rn. 14) ist hierbei maßgeblich, ob der betreffende Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Ein schematischer Vergleich mit der Unzuverlässigkeitsprognose in anderen Fällen, wie ihn die Klägerin nahelegt, ist bereits aus diesem Grund nicht möglich.

Die Beurteilung der Klägerin als gewerberechtlich unzuverlässig hat das Verwaltungsgericht (UA S. 9) im Hinblick auf die begangenen Betrugstaten als gerechtfertigt angesehen, weil durch diese eine Gesinnung zum Ausdruck komme, die mit der ordnungsgemäßen Ausübung eines Gewerbes nicht in Einklang zu bringen sei, zumal diese Straftaten in unmittelbarer Ausführung des von der Klägerin angemeldeten Gewerbes begangen worden seien. Entscheidend seien in diesem Zusammenhang die hohe Anzahl der Geschädigten sowie die Tatsache, dass die Klägerin auch nach der ersten strafrechtlichen Verurteilung an ihrem Fehlverhalten festgehalten habe. Die Klägerin hat nicht in Zweifel gezogen, dass das Landratsamt und das Verwaltungsgericht berechtigt waren, die strafgerichtlichen Feststellungen bei ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, weshalb dies ausnahmsweise unzulässig gewesen wäre, etwa wegen Vorliegens eines Wiederaufnahmegrunds (§ 359 StPO) für das strafgerichtliche Verfahren (vgl. BayVGH, 5.3.2014 - 22 ZB 12.2174 - Rn. 28 m. w. N.). Weiter hat die Klägerin nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht mit seiner Bewertung der Sachverhalte, die den strafgerichtlichen Verurteilungen zugrunde lagen, die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) überschritten hätte (vgl. dazu BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11 m. w. N. u. B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 - Rn. 21). Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des Beweisergebnisses rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (BayVGH a. a. O. und B. v. 20.5.2015 - 22 ZB 14.2827 - juris, Rn. 19, m. w. N.). Dass die Beweiswürdigung objektiv willkürlich gewesen wäre, gegen die Denkgesetze verstoßen oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet hätte (vgl. BayVGH. B. v. 14.3.2013, a. a. O.), zeigt die Klägerin nicht auf.

Im Übrigen sind die Darlegungen der Klägerin auch tatsächlich unzutreffend. Dem Strafurteil des Amtsgerichts H. vom 12. August 2013 lagen vier Betrugstaten im Zeitraum vom 30. Juni 2012 bis 1. März 2013 zugrunde, dem Strafurteil desselben Gerichts vom 10. Juni 2015 insgesamt 16 Betrugstaten, deren Begehung in die Zeit vom 8. September 2013 bis 26. Februar 2015 fiel. Auch ist gerade im Hinblick auf die Fortsetzung der Tatbegehung nach der erstmaligen Verurteilung nicht nachvollziehbar, woraus sich ein Bemühen der Klägerin um eine ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung ergeben würde. Sie war selbst nach dieser ersten Verurteilung offensichtlich entweder nicht in der Lage oder nicht willens, ihre bisherige Geschäftspraxis zu beenden. Bloße „Bemühungen“ der Klägerin um eine ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung wären zudem gegebenenfalls für die Zuverlässigkeitsprognose unerheblich, solange nicht auch durch nachvollziehbare Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass dadurch die bisher aufgetretenen Pflichtverletzungen künftig unterbleiben.

Weiter ergeben sich keine Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit die Klägerin vorträgt, zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass die verzögerte Steuerzahlung auf wirtschaftlichen Schwierigkeiten beruht habe, welche die Klägerin nach Erlass der strittigen Gewerbeuntersagung in den Griff bekommen habe; über einen längeren Zeitraum hinweg seien die Steuerrückstände zurückgeführt und ausstehende Steuererklärungen abgegeben worden.

Da der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. U. v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - GewArch 2015, 366/367; B. v. 14.5.1997 - 1 B 93/97 - GewArch 1997, 478) und des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. B. v. 3.12.2015 - 22 ZB 15.2431 - Rn. 5) die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung ist, kommt es auf Änderungen des Sachverhalts, die erst später eintreten, nicht an. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass bereits vor Bescheidserlass aufgrund eines entsprechenden Sanierungskonzepts absehbar war, dass sie die Steuerrückstände voraussichtlich in einem überschaubaren Zeitraum zurückführen konnte (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - GewArch 2015, 366; BayVGH, U. v. 14.8.2014 - 22 B 14.880 - juris Rn. 19), z. B. mithilfe einer Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt. Für solche Darlegungen hätte gerade auch deshalb Anlass bestanden, weil der Gesamtbetrag der Steuerschulden in dem überschaubaren Zeitraum von der ersten Meldung des Finanzamts an das Landratsamt (Stand 12.3.2015: 8.608,00 Euro) bis kurz vor Bescheidserlass (Stand 2.2.2016: 13.625,50 Euro) relativ betrachtet nicht unerheblich angestiegen ist. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin im Zusammenhang mit „wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ daran gehindert gewesen wäre, Steuererklärungen fristgerecht abzugeben. Nachträglich eingetretene, ihr günstige Umstände kann die Klägerin gegebenenfalls mit einem Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung (§ 35 Abs. 6 GewO) geltend machen.

Mit welchen Rechtsgrundsätzen, die dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen wären, die angefochtene Entscheidung nicht vereinbar wäre, wurde nicht dargelegt.

2. Inwieweit der Rechtssache, wie von der Klägerin behauptet, grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zukommen sollte, geht aus den Ausführungen in ihrer Antragsbegründung nicht ansatzweise hervor.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG, Nrn. 54.2.1, 54.2.2 des Streitwertkatalogs 2013.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2016 - 22 ZB 16.1884

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung bei nachfolgender Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

2

Mit Bescheid vom 17. September 2010, zugestellt am 21. September 2010, untersagte das Landratsamt Rottal-Inn dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1 500 € die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes "Handel und Montage von Bauelementen", die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist die gewerbliche Tätigkeit einzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO, weil er angesichts aufgelaufener Rückstände von Steuern von ca. 5 000 € und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge von ca. 845 € wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete.

3

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - auf Antrag eines Sozialversicherungsträgers die vorläufige Insolvenzverwaltung zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen an; außerdem bestellte es einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Das Insolvenzverfahren wurde vom Insolvenzgericht am 11. November 2010 eröffnet.

4

Dem Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Untersagungsverfügung vom 17. September 2010 erhobenen Klage gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Februar 2011 statt.

5

Mit Urteil vom 22. November 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 17. September 2010 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. Januar 2014 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers hindere eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Gewerbeuntersagung nicht, weil der Prozess nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung seien zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides mit dessen Zugang am 21. September 2010 erfüllt. Auch die Ermessenserwägungen der Behörde hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung hielten der gerichtlichen Prüfung stand. Es sei ohne Einfluss auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung, dass über das Vermögen des Klägers mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. September 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet worden sei, nachdem der Bescheid am 21. September 2010 bereits wirksam, wenn auch noch nicht bestandskräftig geworden und ferner die im Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen gewesen sei, bis zu der die gewerbliche Betätigung habe eingestellt werden müssen, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen gehabt habe. Die von § 12 GewO ausgehende Sperrwirkung für die Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO komme daher vorliegend nicht zum Tragen.

6

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, seit der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Insolvenzgerichts und der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehe § 12 GewO der Gewerbeuntersagung entgegen und mache damit den angefochtenen Bescheid, an dem der Beklagte festhalte, rechtswidrig.

7

Er beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2014 zu ändern und den Bescheid des Landratsamtes Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt die Gründe des Berufungsurteils.

10

Der Beteiligte stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

12

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht das gerichtliche Verfahren im Hinblick auf das eröffnete Insolvenzverfahren nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO ausgesetzt. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass der Streitgegenstand "die Insolvenzmasse betrifft". Dies ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Gewerbeuntersagung knüpft an in der Person des Klägers liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm als Person die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Sie betrifft das berufliche Betätigungsrecht des Gewerbetreibenden. Dieses personenbezogene Recht gehört nicht zur Insolvenzmasse. Denn sie umfasst gemäß § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) allein das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörende und das während des Verfahrens erlangte Vermögen (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53). Das personenbezogene Recht zur Gewerbeausübung, das aus § 1 Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202) zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) folgt, zählt dazu nicht. Dementsprechend unterliegt es auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters.

13

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der vom Beklagten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO verfügten Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GewO) lagen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 vor.

14

a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 5. August 1965 - 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <4>).

15

Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass seit Inkrafttreten der Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO am 1. Mai 1974 eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits besteht. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.>; Beschlüsse vom 15. Februar 1995 - 1 B 19.95 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 58 = GewArch 1995, 200 und vom 9. April 1997 - 1 B 81.97 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 67).

16

In diesem Sinne war der Kläger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 und damit zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Gewerbeuntersagungsverfahren unzuverlässig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die durchgreifende Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, hatte der Kläger damals Steuerrückstände von 5 013 € und schuldete zudem der AOK seit über einem Jahr Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Ferner hatte er am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a.F. abgegeben, wobei sich dem zugehörigen Protokoll weitere Schulden des Klägers von mehr als 12 000 DM entnehmen ließen. Die Verletzung seiner Pflichten zur Zahlung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beruhte angesichts seiner Vermögensverhältnisse maßgeblich auf fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht auf einer in der Person begründeten Unzuverlässigkeit. Gegenüber dem Beklagten hatte er sich selbst als mittellos bezeichnet. Irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden hatte der Kläger nicht entwickelt.

17

b) Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorlagen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass insoweit Tatsachen vorliegen müssen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die "Ausweichtätigkeit" dartun ("gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit"). Diese sind bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Außerdem muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>; Beschluss vom 11. September 1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116).

18

Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessenserwägungen der Behörde nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO rechtsfehlerfrei sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.

19

c) An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Erlasses des angefochtenen Bescheides (hier: 21. September 2010) für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung ändert sich auch nichts dadurch, dass die dem Kläger im angefochtenen Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste. Bis zum Ablauf der von der Gewerbeuntersagungsbehörde gesetzten Frist darf der Gewerbetreibende zwar noch gewerblich tätig sein, um Abwicklungsarbeiten vorzunehmen und die Einstellung des Geschäftsbetriebs vorzubereiten. Die Auslauffrist hebt die Wirksamkeit der bereits ergangenen Untersagungsverfügung aber nicht auf, sondern ist deren fester Bestandteil.

20

3. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht nachträglich nach § 12 Satz 1 GewO rechtswidrig geworden.

21

Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung war ohne Bedeutung, dass nach dem Wirksamwerden des angefochtenen Untersagungsbescheides am 21. September 2010 über das Vermögen des Klägers durch Beschluss des Amtsgerichts Landshut - Insolvenzgericht - vom 23. September 2010 zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und die Anordnung getroffen wurde, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Gleiches gilt für den Umstand, dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat.

22

Nach § 12 Satz 1 GewO sind u.a. Vorschriften zur Untersagung des Gewerbes bei einer auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruhenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO die aus § 35 Abs. 6 GewO folgende Vorverlegung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts "Untersagung der Gewerbeausübung" maßgeblichen Zeitpunkts auf die letzte Verwaltungsentscheidung unberührt lässt. Ein Insolvenzverfahren, das - wie hier - erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnet wurde, ist daher ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Gewerbes wegen einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.

23

Der Wortlaut ist insoweit zwar nicht zwingend. § 12 Satz 1 GewO verbietet für die Dauer des Insolvenzverfahrens nicht die Maßnahme der Untersagung eines Gewerbes selbst, sondern die Anwendung entsprechender Vorschriften. Mit Blick auf die nicht nur von den Behörden, sondern auch von den Gerichten vorzunehmende Subsumtion kann von einer Anwendung der Untersagungsvorschriften auch im gerichtlichen Verfahren gesprochen werden. Daher schließt nicht bereits der Wortsinn die Annahme aus, dass auch ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren nachträglich die im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Gewerbeuntersagung auslöst (vgl. Hahn, GewArch 2000, 361, <365 f.>). Allerdings liegt eine solche Auslegung schon deshalb nicht nahe, weil die gerichtliche Subsumtion in die im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu leistende Kontrolle der Rechtsanwendung durch die Behörden eingebunden ist. Entscheidend gegen die Annahme eines erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens entstehenden Anwendungsverbots spricht jedoch die im Gesetz angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren. Nach dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO sind nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eintretende Änderungen der Verhältnisse allein im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedergestattung zu prüfen und zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 12 Satz 1 GewO lässt die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 6 GewO und die grundsätzliche systematische Trennung unberührt. Sie erfasst § 35 Abs. 6 GewO schon deshalb nicht, weil es sich dabei um keine Vorschrift handelt, "welche die Untersagung eines Gewerbes... ermöglicht". Eine Berücksichtigung nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eingetretener neuer Umstände würde die in § 35 Abs. 1 und 6 GewO normierte Systematik von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren durchbrechen.

24

Sinn und Zweck des § 12 Satz 1 GewO stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, einen Konflikt mit den Zielen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden und insbesondere die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens nicht durch eine Gewerbeuntersagung zu vereiteln (vgl. dazu vor allem die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 12 Satz 1 GewO, BT-Drs. 12/3803, S. 103 f.). Ohne die Regelung in § 12 Satz 1 GewO könnte zum Beispiel einem Beschluss der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO, das Unternehmen vorläufig fortzuführen, durch eine Untersagungsverfügung und ihre Vollziehung die Grundlage entzogen werden. Ebenso könnten ohne die von § 12 Satz 1 GewO ausgelöste Sperrwirkung die Aufstellung und Durchführung eines Insolvenzplanes nach §§ 217 ff. InsO gefährdet oder gar verhindert werden. Um diese Folgen auszuschließen, ordnet die Vorschrift an, dass die Untersagungsbehörde ab Beginn der in § 12 Satz 1 GewO abschließend bestimmten Zeiträume § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr anwenden darf, soweit die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht. Auch im Hinblick auf die Interessen am Schutz des Geschäftsverkehrs vor den Gefahren, die von einem insolventen und deshalb gewerberechtlich unzuverlässigen Gewerbetreibenden ausgehen, erschien dies, wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der Regelung ausweist, dem Gesetzgeber vertretbar. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter kompensiert das Gefährdungspotential, das von der weiteren Ausübung des Gewerbes des insolventen Gemeinschuldners ausgeht. Neue Vertragspartner des Gewerbetreibenden können aufgrund der Vorschriften des Insolvenzrechts über die Einsetzung eines Insolvenzverwalters und dessen die Direktionsrechte des insolventen Gewerbetreibenden ersetzenden Befugnisse, den Vorrang der Masseverbindlichkeiten und die Aufsicht des Insolvenzgerichts geschützt werden. Vorläufige Anordnungen des Insolvenzgerichts nach § 21 InsO dienen dem gleichen Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen Schutzwirkungen für den Geschäftsverkehr.

25

Das an die Behörden gerichtete Verbot des Erlasses von Untersagungsverfügungen wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden während eines parallel zum Gewerbeuntersagungsverfahren laufenden Insolvenzverfahrens dient dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offenzuhalten. Dieses Ziel erfordert nicht darüber hinaus, dass ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren unter Durchbrechung der Trennung von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren die nachträgliche Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Untersagung auslöst. Allerdings hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO kein Verbot der Vollstreckung von Gewerbeuntersagungen wegen wirtschaftlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden normiert, um die insolvenzrechtlichen Ziele zu sichern, wie dies zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur vertreten wird. Dagegen spricht schon der klare Wortlaut der Vorschrift. Denn die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften etwa zur Anordnung oder Festsetzung von Zwangsgeld "ermöglichen" nicht im Sinne von § 12 Satz 1 GewO die Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, sondern den Vollzug einer bereits ergangenen Gewerbeuntersagung. Außerdem betrifft die Frage der Unzuverlässigkeit wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes "Untersagung", die von der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zur Vollstreckung des Grundverwaltungsaktes strikt zu trennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 C 30.03 - BVerwGE 122, 293 <296 f.>). Zudem würde ein Vollstreckungsverbot eine ungerechtfertigte Privilegierung derjenigen Gewerbetreibenden bewirken, die eine vor Beginn der in § 12 Satz 1 GewO bezeichneten Zeiträume ergangene sofort vollziehbare oder bestandskräftig gewordene Untersagungsverfügung missachten. Die Frage, ob und inwieweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die insolvenzgerichtliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO bei Ausübung des vollstreckungsrechtlichen Ermessens Berücksichtigung finden kann, betrifft allein die Auslegung und Anwendung des landesrechtlichen Vollstreckungsrechts.

26

Dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, dem Gewerbetreibenden die mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens eröffnete Chance zu einem Neuanfang zu sichern, kann jedoch auch unter Wahrung der im Gesetz angelegten Trennung von Gewerbeuntersagungs- und Wiedergestattungsverfahren Rechnung getragen werden. Zwar ist § 12 GewO nach seinem Wortlaut nicht auf das Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO anwendbar. Soweit die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf dessen ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht, kann jedoch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren die Grundlage für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung bieten. Das setzt die Prognose voraus, dass der Gewerbetreibende künftig wirtschaftlich hinreichend leistungsfähig sein wird, um das Gewerbe ordnungsgemäß ausüben zu können. Allerdings rechtfertigen allein die oben genannten insolvenzrechtlichen Sicherungen eine solche Prognose nicht. Wie ausgeführt, bewirken diese Sicherungen, solange und soweit sie greifen, dass kein Bedürfnis im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewO besteht, den Geschäftsverkehr von einer Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit des insolventen Gewerbetreibenden zu schützen (vgl. BT-Drs. 12/3803 S. 103). Für die Prognose einer auf den Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezogenen dauerhaften Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist darüber hinaus erforderlich, dass begründete Aussicht auf eine Sanierung seiner Vermögensverhältnisse infolge der im Insolvenzverfahren durchzuführenden Maßnahmen besteht. Für diesen Fall werden in der Regel die Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung wegen künftig geordneter Vermögensverhältnisse und zwischenzeitlich fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs vorliegen. Umgekehrt wird eine Wiedergestattung im Regelfalle nicht in Betracht kommen, wenn die Sanierungschancen negativ zu bewerten sind. Ist der Sanierungserfolg - insbesondere zu Beginn des Insolvenzverfahrens - noch offen, fehlt zwar zunächst die Grundlage für die Feststellung, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben. Insoweit kann dem in § 12 GewO zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse, eine Sanierung des insolventen Gewerbes im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht durch eine fortdauernde Untersagung der Gewerbeausübung von vornherein zu vereiteln, dadurch Rechnung getragen werden, dass die nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO vorausgesetzte Gewähr dauerhafter Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden - hier nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - durch geeignete Nebenbestimmungen gesichert wird, die den weiteren Bestand der Wiedergestattung vom Ergebnis des Insolvenzverfahrens abhängig machen (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG). Zur raschen vorläufigen Klärung der Befugnis zur Fortführung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO steht dem Gewerbetreibenden die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO zur Verfügung.

27

Das Wiedergestattungsverfahren ist auch nicht deshalb ungeeignet, die Chance für eine Sanierung des insolventen Gewerbes durch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren zu erhalten, weil im Regelfall für die Wiedergestattung eine Wartefrist von einem Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung einzuhalten ist (§ 35 Abs. 6 Satz 2 GewO). Denn für den Fall, dass Aussicht auf eine Sanierung der Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden im Wege insolvenzrechtlicher Maßnahmen besteht oder ein Sanierungserfolg jedenfalls möglich erscheint, wird vom Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne des § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auszugehen sein, weil es dann nicht mehr aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist, den Betroffenen trotz fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs länger von der Ausübung des Gewerbes fernzuhalten und dadurch den Sanierungserfolg zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1959 - 1 C 101.54 - DVBl. 1959, 775 <776> und Beschluss vom 23. November 1990 - 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand Oktober 2014, Bd. I, § 35 Rn. 177.

28

4. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die vom Berufungsgericht bejahte Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid.

29

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 12.2174 und 22 ZB 12.2175 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Kläger tragen die Kosten jeweils ihres Antragsverfahrens.

IV.

Die Streitwerte der Antragsverfahren werden auf jeweils 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin zu 1), die damals als „K...-Fleisch u. Kühlhaus GmbH“ firmierte, meldete am 21. März 2002 rückwirkend zum 1. Januar 2002 bei der Stadt Illertissen (Lkr. Neu-Ulm) das Gewerbe „Großhandel mit Fleisch, Kühlhausbetrieb“ an. Am 30. Mai 2007 beschloss ihre Gesellschafterversammlung, die Firma der Klägerin zu 1) in „K... Fleisch GmbH“ zu ändern und den „Fleisch-Import-Export“ als Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit zu bestimmen. Am 21. Dezember 2007 änderte die Klägerin zu 1) ihren Gesellschaftsvertrag dahingehend, dass ihre Firma nunmehr „O... GmbH“ laute und sich ihr Sitz in Chemnitz befinde. Am 5. Juni 2008 beschloss die Gesellschafterversammlung die Verlegung des Sitzes der Klägerin zu 1) nach Achstetten (Lkr. Biberach). Eine am 8. September 2008 abgehaltene Gesellschafterversammlung beschloss die Änderung der Firma der Klägerin zu 1) in die derzeit geführte Bezeichnung, die Verlegung des Sitzes nach Kirchdorf an der Iller (Lkr. Biberach) sowie eine Änderung des Gegenstandes der gewerblichen Betätigung in „Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmittel[n] aller Art und Güte für die Lebensmittel-, Petfood- und Pharmakaindustrie“.

Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin zu 1) war bis zum Wirksamwerden des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2010 (Az. 1 StR 400/10) der Kläger zu 2). Durch diesen Beschluss verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Klägers zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 12. März 2010 (Az. 1 KLs 114 Js 19823/05), in dem gegen ihn wegen Betruges in 15 Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt worden war, als unbegründet. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Kläger zu 2) unter der Firma der Klägerin zu 1) nicht zum menschlichen Verzehr bestimmtes Material der Kategorie 3 im Sinn von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 (ABl L 273 vom 10.10.2002, S. 1) erworben (nachfolgend „K-3-Material“ genannt). Zur Steigerung des Gewinns beim Verkauf habe er diese Ware in der EDV unter Verschleierung ihrer Herkunft und ihres Status wie die im üblichen Geschäftsbetrieb angelieferten Fleischprodukte für die Lebensmittelindustrie verbucht, sie dem Lebensmittelkühlhaus zugeführt, das er unter der Firma der Klägerin zu 1) betrieben habe, und sie zwischen dem 7. September 2004 und dem 23. November 2004 in mindestens 15 Fällen als Lebensmittel mit deutlich gesteigerter Gewinnmarge an Abnehmer aus der Lebensmittelindustrie verkauft. Dabei habe er seine Kunden über die tatsächliche Beschaffenheit der Ware getäuscht und einen Schaden in Höhe von 235.827,29 € verursacht.

Nachdem das Landratsamt Biberach mit Schreiben vom 9. Mai 2011 gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG BW der Weiterführung der vom Landratsamt Neu-Ulm gegen beide Kläger betriebenen Verwaltungsverfahren nach § 35 GewO durch die letztgenannte Behörde zugestimmt hatte, untersagte das Landratsamt Neu-Ulm durch Bescheid vom 17. Mai 2011 der Klägerin zu 1) die selbstständige Ausübung des Gewerbes „Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmittel[n] aller Art und Güte für die Lebensmittel-, Petfood- und Pharmakaindustrie“ sowie die Ausübung jeder weiteren gewerblichen Tätigkeit. Gleichzeitig wurde ihr unter Zwangsgeldandrohung aufgegeben, ihren Geschäftsbetrieb innerhalb von drei Monaten nach der Bestandskraft des Bescheids einzustellen. Durch weiteren Bescheid vom 17. Mai 2011 untersagte die gleiche Behörde dem Kläger zu 2) die selbstständige Ausübung des Gewerbes „Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmittel[n] aller Art und Güte für die Lebensmittel-, Petfood- und Pharmakaindustrie“, jeder weiteren gewerblichen Tätigkeit sowie einer Betätigung als mit der Leitung eines Gewerbetriebs beauftragte Person oder als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen der Kläger zu 1) und 2) wies das Verwaltungsgericht Augsburg durch Urteile vom 4. Juni 2012 als unbegründet ab.

Die Kläger beantragen, gegen diese Entscheidungen die Berufung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Zulassungsanträge abzulehnen.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung, deren Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung auf § 93 Satz 1 VwGO beruht, bleiben ohne Erfolg.

Gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO kann einem solchen Rechtsschutzbegehren nur entsprochen werden, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO „dargelegt“ ist und vorliegt. Dem auch in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verankerten Darlegungserfordernis sind die Kläger nur hinsichtlich des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nachgekommen.

Sie haben in den Abschnitten I und II der Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 22. Oktober 2012 eine Mehrzahl von Gesichtspunkten vorgetragen, derentwegen sie die angefochtenen Urteile in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht für unzutreffend erachten. Diesem Vorbringen schließt sich in den Abschnitten III der Antragsbegründungen jeweils die Aussage an: „Die Berufung ist daher gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 und/oder und/oder Nr. 3 und/oder Nr. 4 und/oder Nr. 5 VwGO vorliegen.“ Ergänzend nehmen die Kläger in Abschnitt IV der Antragsbegründungen auf ihr gesamtes Vorbringen im ersten Rechtszug, insbesondere in den Klageschriften vom 20. Juni 2011 einschließlich der dortigen Beweisantritte, Bezug.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es dahinstehen, ob die Begründungen der Anträ-ge auf Zulassung der Berufung den gesetzlichen Anforderungen deshalb nicht genügen, weil das Vorbringen in den Abschnitten I und II der Schriftsätze vom 22. Oktober 2012 nicht auf bestimmte Zulassungsgründe im Sinn von § 124 Abs. 2 VwGO bezogen ist, diese Zuordnung vielmehr - wie vor allem das vorstehende Zitat aus den Abschnitten III der Antragsbegründungen zeigt - dem Gericht überlassen bleibt, oder ob von diesem Erfordernis dann abgesehen werden darf, wenn sich ein bestimmtes Vorbringen seinem Inhalt nach eindeutig einem der in § 124 Abs. 2 VwGO aufgeführten Tatbestände zuordnen lässt (in diesem Sinn z. B. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 187 f. m. w. N.). Denn auch auf der Grundlage der letztgenannten Auffassung genügen die Ausführungen in den Abschnitten I und II der Antragsbegründungen nicht den Anforderungen, die an eine formgerechte Darlegung der Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 VwGO zu stellen sind. Nicht aufgezeigt haben die Kläger namentlich, dass die vorliegenden Streitsachen Problemstellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwerfen, deren zutreffende Erfassung bzw. Entscheidung mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten einhergeht; vor allem fehlt jeder Vortrag dazu, worin solche besonderen Schwierigkeiten bestehen sollen (vgl. zu diesem Erfordernis einer formgültigen Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 53). Insbesondere kommt an keiner Stelle der Begründungen der Zulassungsanträge zum Ausdruck, dass die zutreffende Beantwortung bestimmter entscheidungserheblicher Fragen unter tatsächlichem oder rechtlichem Blickwinkel ungewiss ist und sich die richtige Lösung nur nach einem aufwändigen Prozess der Wahrheitsfindung gewinnen lässt. Was den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anbetrifft, so haben die Kläger keine konkrete rechtliche oder tatsächliche Fragestellung formuliert, die sich in den vorliegenden Verfahren in entscheidungserheblicher Weise stellt und deren obergerichtliche Klärung im Interesse der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts geboten ist. Desgleichen haben sie nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem Rechtssatz abweicht, den eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO aufgeführten Gerichte einer von ihm erlassenen Entscheidung zugrunde gelegt hat. Schließlich ist auch nicht ausgeführt, inwiefern die Voraussetzungen eines geltend gemachten Verfahrensfehlers vorliegen sollen.

Die Kläger machen - gleichsam im Stil einer Berufungsbegründung - vielmehr die sachliche Verfehltheit der angefochtenen Entscheidungen geltend. Solches Vorbringen kann unter den besonderen Gegebenheiten der vorliegenden Streitsachen als formell beachtliche Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Urteile im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO anerkannt werden, da die Kläger in konkreter Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts substantiiert vorgetragen haben, warum den von der Vorinstanz vertretenen tatsächlichen und rechtlichen Annahmen aus ihrer Sicht nicht zu folgen ist (vgl. zur weitgehenden Deckungsgleichheit der an eine Berufungsbegründung und an die Darlegung „ernstlicher Zweifel“ im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu stellenden Anforderungen BVerwG, U. v. 4.10.1999 - 6 C 31.98 - DVBl 2000, 562/563).

1. Aus den Darlegungen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht das Landratsamt Neu-Ulm zu Recht als gemäß § 35 Abs. 7 Satz 1 GewO i. V. m. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG für den Erlass des gegen die Klägerin zu 1) gerichteten Bescheids vom 17. Mai 2011 örtlich zuständig angesehen hat.

Soweit die Klägerin zu 1) erstmals im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 1. Februar 2013 behauptet hat, Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG sei unanwendbar, da § 35 Abs. 7 GewO eine abschließende bundesrechtliche Regelung der örtlichen Zuständigkeit enthalte, kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen unberücksichtigt bleiben muss, da es dem Verwaltungsgerichtshof erst nach dem Ablauf der Antragsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) zugegangen ist und es sich nicht als Verdeutlichung und Vertiefung fristgerechten Vorbringens darstellt (in der Antragsbegründung vom 22.10.2012 wurde die grundsätzliche Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nicht thematisiert). Ihr diesbezügliches Vorbringen ist jedenfalls in der Sache nicht geeignet, einen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.

Eine Gegenüberstellung der Regelungsgehalte des § 35 Abs. 7 GewO und des Art. 3 BayVwVfG ergibt, dass die erstgenannte Bestimmung - vergleichbar mit Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG - lediglich die primären, „im Regelfall“ geltenden Anknüpfungspunkte festlegt, nach denen sich die örtliche Behördenzuständigkeit bestimmt. § 35 Abs. 7 GewO als die speziellere Norm verdrängt deshalb innerhalb seines Anwendungsbereichs jedenfalls Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG. Nicht geregelt wird durch § 35 Abs. 7 GewO demgegenüber, welche Behörde in Sonderfällen, namentlich dann zu einem Tätigwerden berufen ist, wenn sich aus § 35 Abs. 7 GewO die örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden ergibt, sich die zuständigkeitsbegründenden Umstände während eines Verwaltungsverfahrens ändern, oder zur Unterbindung einer gewerblichen Betätigung dringliche Maßnahmen getroffen werden müssen, die nach § 35 Abs. 7 GewO zuständige Behörde hierzu aber nicht rasch genug in der Lage ist. Eben diese Lücken schließen die Absätze 2 bis 4 des Art. 3 BayVwVfG.

Von der Einschlägigkeit des § 3 Abs. 3 VwVfG (bzw. der damit korrespondierenden Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder) in Fällen, in denen der Betroffene im Anschluss an die Einleitung eines Verfahrens nach § 35 GewO seine gewerbliche Niederlassung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde verlegt, gehen deshalb sowohl die Rechtsprechung (OVG NRW, U. v. 21.9.1978 - XIII A 1614/77 - GewArch 1979, 165/166) als auch das Schrifttum (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand Juni 2006, § 35 Rn. 187) aus. Das vom Beklagten angezogene Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. März 1999 (Az. 3 S 69/97) bejaht die Anwendbarkeit des § 3 VwVfG in Verwaltungsverfahren nach § 35 GewO zwar in erster Linie mit Blickrichtung auf § 3 Abs. 2 Satz 1 VwVfG; für § 3 Abs. 3 VwVfG kann der Sache nach jedoch nichts anderes gelten.

Die Kläger leiten aus der in Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG vorgenommenen Gegenüberstellung der „bisher“ (nicht aber der „ehedem“ oder „früher“) zuständigen Behörde einer- und der „nunmehr“ zuständigen Behörde andererseits her, eine Zustimmungserklärung nach dieser Vorschrift könne die Behörde, die nach den primären Anknüpfungskriterien für die örtliche Zuständigkeit - d. h. entweder nach Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG oder nach Maßgabe vergleichbarer Vorschriften im einschlägigen Fachgesetz - aktuell zur Entscheidung berufen wäre (hier: das Landratsamt Biberach), nur gegenüber derjenigen Behörde (hier: die Stadt Chemnitz) abgeben, die bis zu dem Zeitpunkt örtlich zuständig war, in dem der Umstand eingetreten ist, der den Zuständigkeitswechsel auf die nach den primären Regeln aktuell „grundsätzlich“ zuständige Behörde herbeigeführt hat. Dieser Schluss entspricht indes jedenfalls dann weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG, wenn die Stelle, die nach den primären Bestimmungen als letzte vor der nunmehr örtlich zur Entscheidung berufenen Behörde zuständig gewesen wäre, das Verwaltungsverfahren, innerhalb dessen sich die Zuständigkeitsfrage stellt, nicht betrieben hat. Wenn nämlich Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG der bisher zuständigen Behörde die Befugnis zuerkennt, unter der Voraussetzung der Zustimmung der nunmehr zuständigen Stelle das Verwaltungsverfahren „fortzuführen“, so kommt bereits unmittelbar im Wortlaut der Norm zum Ausdruck, dass Empfänger einer Zustimmungserklärung nach dieser Vorschrift nur eine Behörde sein soll, die das Verwaltungsverfahren bisher „geführt“ hat.

Dies aber ist bei der Stadt Chemnitz nicht der Fall. Das Landratsamt Neu-Ulm hat die dortige Stadtverwaltung mit Kurzmitteilung vom 26. März 2008 lediglich gebeten, auf eine Gewerbeanmeldung durch die Klägerin zu 1) hinzuwirken. Demgegenüber wurden weder die Akten der Gewerbeuntersagungsverfahren an die Stadt Chemnitz abgegeben, noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Stadt Chemnitz eine die Kläger betreffende, nach außen hin hervortretende, auf eine Gewerbeuntersagung abzielende Tätigkeit im Sinn von § 9 VwVfG entfaltet hat.

Der Sinn und Zweck des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG gebieten es ebenfalls, in Fällen, in denen im Laufe ein und desselben Verwaltungsverfahrens mehrere Behörden nacheinander örtlich zuständig geworden sind, von denen einzelne jedoch dieses Verwaltungsverfahren nicht betrieben haben, allein diejenigen Behörden als zur Entgegennahme der Zustimmungserklärung zuständig anzusehen, die eine Tätigkeit im Sinn von Art. 9 BayVwVfG entfaltet haben und damit für eine „Fortführung“ des Verfahrens in Betracht kommen, um Verzögerungen in der Sachbearbeitung zu vermeiden, die dann eintreten können, wenn eine mit der Sache bisher nicht vertraute Behörde die Bearbeitung der Angelegenheit übernehmen müsste (so ausdrücklich die Begründung zu § 3 Abs. 3 VwVfG BTDrs. 7/910, S. 37).

Die Konstellation, dass im Laufe ein und desselben Verwaltungsverfahrens mehrere Behörden nacheinander örtlich zuständig werden, ohne dass alle von ihnen das Verfahren tatsächlich betrieben haben, hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht bedacht; ausweislich des von ihm verwendeten Begriffspaars der „bisher“ und der „nunmehr“ zuständigen Behörde stand ihm offenbar nur die Fallgestaltung eines einmaligen Zuständigkeitswechsels vor Augen. Das Verwaltungsgericht hat diese Regelungslücke zutreffend durch eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG im Wege teleologischer Extension auch auf den hier inmitten stehenden Sachverhalt geschlossen.

Aus dem Vorbringen in den Antragsbegründungen ergibt sich nicht, dass die mit Zustimmung des Landratsamts Biberach getroffene Entscheidung des Landratsamts Neu-Ulm, das Gewerbeuntersagungsverfahren nach der Verlegung der gewerblichen Niederlassung der Klägerin zu 1) in den Zuständigkeitsbereich anderer Kreisverwaltungsbehörden weiterzuführen, entgegen Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nicht unter Wahrung der Interessen der Klägerin zu 1) getroffen wurde. Sie sieht eine Benachteiligung ausschließlich darin, dass ihr durch die Fortdauer der Zuständigkeit des Landratsamts Neu-Ulm die in Baden-Württemberg bestehende Möglichkeit genommen worden sei, gegen den Untersagungsbescheid Widerspruch einzulegen. Nachteile bei der Rechtsverfolgung, die sich an das Verwaltungsverfahren anschließen, haben im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG jedoch außer Betracht zu bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 22.2.1985 - 8 C 25.84 - BVerwGE 71, 63/71 zu § 3 Abs. 3 VwVfG). Zu den nach dieser Vorschrift berücksichtigungsfähigen Interessen gehören vielmehr nur solche, die „Erleichterungen oder Erschwernisse im Rahmen des anhängigen Verfahrens“ ggf. einschließlich von Behördenkontakten zum Gegenstand haben, die nach Verfahrensabschluss notwendig werden (Hoffmann in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 3 Rn. 71).

Soweit die Klägerin zu 1) schließlich in Abrede stellt, dass die Fortführung des Untersagungsverfahrens durch das Landratsamt Neu-Ulm im Sinn von Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG „der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens“ gedient habe, ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung, von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, im behördlichen Ermessen steht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 3 Rn. 50), das hier in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt wurde. Hieran bestehen auch im Licht der Antragsbegründungen keine Zweifel. Das Landratsamt Neu-Ulm war mit den Vorgängen, die Anlass zu den gegen die Kläger ergriffenen Maßnahmen gegeben haben, seit der von ihm am 12. Oktober 2005 mündlich verfügten Schließung des Betriebs der Klägerin zu 1) umfassend vertraut. Auch wenn das Landratsamt Neu-Ulm mit dem Erlass von Untersagungsverfügungen zugewartet hat, bis das gegen den Kläger zu 2) anhängige Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen war, lässt es allein schon diese umfangreiche Vorbefassung mit der Materie als ermessensgerecht erscheinen, den Abschluss der Angelegenheit nicht dem erst im Laufe des Jahres 2008 zuständig gewordenen Landratsamt Biberach zu überantworten.

2. Aus den Antragsbegründungen ergeben sich ferner keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Landratsamt Neu-Ulm sei gemäß § 35 Abs. 7 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG auch für den Erlass des den Kläger zu 2) betreffenden Bescheids vom 17. Mai 2011 örtlich zuständig gewesen.

Die darin ausgesprochenen Untersagungsverfügungen sind auf § 35 Abs. 7a GewO gestützt. Satz 3 dieser Vorschrift erklärt u. a. § 35 Abs. 7 GewO für „entsprechend“ anwendbar. Diese Verweisung stellt damit eine Ausprägung der limitierten Akzessorietät dar, die zwischen einem gegen den Gewerbetreibenden selbst gerichteten Untersagungsverfahren und einem Verwaltungsverfahren besteht, durch das gemäß § 35 Abs. 7a GewO sichergestellt werden soll, dass Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder andere leitende Funktionsträger von (insbesondere als juristische Person verfassten) Gewerbetreibenden ein auf § 35 Abs. 1 GewO gestütztes Verbot nicht dadurch unterlaufen, dass die natürlichen Personen, die das unzuverlässige Wirtschaftssubjekt bisher geleitet haben, sich nunmehr selbst gewerblich betätigen oder sie ihr gemeinwohlunverträgliches Verhalten als Vertretungsberechtigte oder leitende Funktionsträger eines anderen Gewerbetreibenden fortsetzen.

Wegen der Zuständigkeitsakzessorietät hatte die Prolongation der örtlichen Zuständigkeit des Landratsamts Neu-Ulm für das gegen die Klägerin zu 1) gerichtete Untersagungsverfahren, die durch die Zustimmungserklärung des Landratsamts Biberach bewirkt wurde, zur Folge, dass die erstgenannte Behörde auch für das auf § 35 Abs. 7a GewO gestützte Vorgehen gegen den Kläger zu 2) örtlich zuständig blieb. Folgt die Zuständigkeit zum Erlass der ihn betreffenden Untersagungsverfügung aber aus § 35 Abs. 7 Satz 1 GewO i. V. m. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG, so bedurfte es keiner zusätzlichen Zustimmung der Stadt Kempten (Allgäu) nach der letztgenannten Vorschrift, wie sie der Kläger zu 2) ausweislich der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung deshalb für geboten erachtet, weil er sich bei Erlass des ihm gegenüber ergangenen Bescheids vom 17. Mai 2011 in der Justizvollzugsanstalt Kempten aufhielt.

3. Die Unzuverlässigkeit beider Kläger hat das Verwaltungsgericht zutreffend aus der Tatsache hergeleitet, dass der Kläger zu 2) in seiner Eigenschaft als damaliger Geschäftsführer der Klägerin zu 1) in großem Umfang und unter Aufbietung erheblichen kriminellen Willens (vgl. dazu Abschnitt VI.2 des Strafurteils vom 12.3.2010) eine Mehrzahl von Betrugsstraftaten in der Absicht begangen hat, sich hierdurch eine Einnahmequelle von nicht unerheblicher Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Dieses Verhalten des Klägers zu 2) muss sich die Klägerin zu 1) zurechnen lassen, da der Kläger zu 2) im Tatzeitraum ihr alleiniger Geschäftsführer war und er nach den Feststellungen des Landgerichts Memmingen, wie sie insbesondere in Abschnitt IV.3.2 der Gründe des Strafurteils vom 12. März 2010 dokumentiert wurden, ihren Geschäftsbetrieb zudem - wenn auch unter Mithilfe weiterer Personen - tatsächlich geleitet hat. Hierauf, nicht aber auf sein Ausscheiden aus diesen Funktionen vor dem Erlass der Untersagungsbescheide kommt es entgegen der Auffassung an, die in den (überdies erst nach dem Ablauf der Antragsbegründungsfristen eingegangenen) Schriftsätzen der Bevollmächtigten der Klägerin zu 1) vom 1. Februar 2013 und des Bevollmächtigten des Klägers zu 2) vom 31. Januar 2013 vertreten wird.

Mit der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung steht allerdings für Verfahren nach § 35 Abs. 1 und § 35 Abs. 7a GewO nicht mit bindender Wirkung fest, dass der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Taten tatsächlich begangen hat. Denn § 35 Abs. 3 GewO schreibt eine Bindung an die dort bezeichneten Inhalte von Strafurteilen und die in § 35 Abs. 3 Satz 3 GewO aufgeführten Entscheidungen nur mit der Maßgabe vor, dass die Verwaltungsbehörde hiervon nicht zum Nachteil des Gewerbetreibenden abweichen darf. Dieser Grundsatz gilt wegen der in § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO enthaltenen Verweisung auch in Verfahren, die auf eine Entscheidung nach § 35 Abs. 7a GewO abzielen.

Aus den Antragsbegründungen ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht diese rechtliche Gegebenheit verkannt hat. Die Kläger machen insoweit lediglich - überdies ohne jede Glaubhaftmachung - geltend, das Verwaltungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung geäußert, es sei gemäß § 35 Abs. 3 GewO an die Entscheidung des Strafgerichts gebunden. Die nach § 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO für eine Zulassung der Berufung erforderlichen „ernstlichen Zweifel“ müssen sich indes auf das Ergebnis des Verfahrens (d. h. das instanzbeendende Urteil) beziehen. Dieses enthält jedoch keinen Hinweis darauf, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Feststellung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit der Kläger an die Entscheidungen des Landgerichts Memmingen vom 12. März 2010 und des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2010 gebunden gesehen. Vielmehr wurde in der Randnummer 136 des gegen die Klägerin zu 1) und in der Randnummer 135 des gegen den Kläger zu 2) ergangenen Urteils vom 4. Juni 2012 jeweils ausdrücklich festgehalten, nicht das Strafurteil selbst, sondern das Verhalten, das zu der Verurteilung geführt hat, stelle die Tatsache dar, durch die im Sinn von § 35 Abs. 1 GewO der Unzuverlässigkeitsvorwurf dargetan werde.

Dessen ungeachtet ist der Umstand, dass der Kläger zu 2) wegen einer Mehrzahl von Betrugshandlungen rechtskräftig verurteilt wurde, die er im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) begangen hat, für die erlassenen Untersagungsbescheide und die sich hieran anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht ohne Belang. Denn Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte dürfen ihren Entscheidungen Feststellungen, die die Strafgerichte unanfechtbar getroffen haben, regelmäßig ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen (OVG RhPf, U. v. 9.5.1989 - 6 A 124/88 - NJW 1990, 1553/1554; vgl. auch BVerwG, B. v. 28.9.1981 - 7 B 188.81 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur anzuerkennen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die nach § 359 Nr. 5 StPO die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens begründen würden (BVerwG, B. v. 28.9.1981 - 7 B 188.81 - a. a. O.; OVG RhPf, U. v. 9.5.1989 - 6 A 124/88 - a. a. O.). Aus den Antragsbegründungen ergeben sich derartige Anhaltspunkte indes nicht.

Soweit die Kläger die Richtigkeit des Strafurteils vom 12. März 2010 in Frage stellen, bezogen auf einen Teilaspekt des am 7. und 8. September 2004 getätigten Verkaufsvorgangs, wozu das Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, auf das das Landgericht die Verurteilung des Klägers zu 2) u. a. gestützt hat, als Zeitpunkt des „Verwiegungsausgangs“ dieser Palette den 7. September 2004, 11:52:26 Uhr, angibt, und der vollständig beladene, zur Abfahrt bereite Lastkraftwagen, der u. a. diese Palette abtransportiert habe, am 7. September 2004 um 11:52 Uhr verwogen worden sei, ist ihnen nicht zu folgen. Die Kläger machen geltend, nach der Auslagerung eines Artikels auf die Rampe erfolge bei einem Export in ein Nicht-EU-Land jedoch zunächst die Begutachtung der gesamten zur Versendung anstehenden Partie durch den zuständigen Veterinär. Im Anschluss daran würden alle Paletten auf den Lastkraftwagen verladen und die Frachtpapiere dem Frachtführer ausgehändigt, der das Fahrzeug sodann auf die Waage fahre. Diese Vorgänge ließen sich nicht unter einer halben Stunde erledigen. Träfen die Ausführungen des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu, wäre hierfür weniger als eine Minute benötigt worden; das sei technisch unmöglich. Das Gutachten des Landesamtes sei deshalb objektiv falsch. Da das Urteil des Landgerichts auf diesem Gutachten beruhe, sei es ebenfalls unzutreffend.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus diesen Ausführungen deshalb nicht, weil die Behauptung der Kläger, zwischen dem „Verwiegungsausgang“ der das Kühlhaus verlassenden Ware und der Verwiegung des für den Abtransport bestimmten Lastkraftwagens müsse mindestens eine halbe Stunde liegen, nicht nur in keiner Weise belegt, sondern auch unabhängig hiervon nicht plausibel ist. Die vom Landgericht einvernommenen, im Tatzeitraum mit dem Betrieb der Klägerin zu 1) befassten Veterinäre haben übereinstimmend bekundet, sie hätten bei Exporten in nicht der Europäischen Union angehörende Länder (die u. a. die Palette mit dem Artikelcode 2515778 umfassende Lieferung erfolgte nach den unbestrittenen Feststellungen des Landgerichts nach Kaliningrad) lediglich anhand der vom Unternehmer vorgefertigten Dokumente eine „Nämlichkeitskontrolle“ durchgeführt, bei der nur geprüft worden sei, ob die ausgestellten Papiere zu der bereitgestellten Ware passten, d. h. es sich auf der Grundlage einer Sichtkontrolle um das angegebene Produkt gehandelt habe und die genannte Menge stimmig gewesen sei. Nach dieser Kontrolle seien die von der Klägerin zu 1) vorgefertigten Papiere gezeichnet und gesiegelt worden (vgl. Abschnitt IV.9.5.2 des Urteils vom 12.3.2010). Diese nur formale Prüfung erfordert weder größeren Zeitaufwand, noch muss sie - entgegen der Darstellung in den Antragsbegründungen - sachnotwendig zwischen einer ggf. stattfindenden Ausgangsverwiegung und der Verwiegung des dem Abtransport dienenden Lastkraftwagens stattfinden.

4. Die Unzuverlässigkeit beider Kläger ist bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - nämlich bis zum Erlass bzw. bis zur Bekanntgabe der Bescheide vom 17. Mai 2011 (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.) - ungeachtet der Tatsache nicht entfallen, dass bis dahin seit der letzten, durch das Strafurteil vom 12. März 2010 geahndeten Betrugshandlung etwa sechseinhalb Jahre verstrichen waren.

Entgegen der in den angefochtenen Entscheidungen vertretenen Auffassung kann dieses Ergebnis allerdings nicht aus einer analogen Anwendung der u. a. in § 33c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2, § 33d Abs. 3 Satz 2, § 33i Abs. 2 Nr. 1, § 34b Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 und § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 GewO (heutiger Fassung) getroffenen Regelungen hergeleitet werden. Nach diesen (und vergleichbaren) Bestimmungen gelten Personen, die u. a. wegen Betruges verurteilt wurden und sich um bestimmte gewerberechtliche Erlaubnisse bewerben, innerhalb eines Zeitraums von drei bzw. fünf Jahren ab der Rechtskraft der Verurteilung als unzuverlässig. Der Übertragung dieser normativen Wertung auf die in § 35 GewO geregelte Untersagung erlaubnisfreier Gewerbe steht zum einen das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz, zum anderen die nicht durchgängig zu bejahende Vergleichbarkeit der Sachverhalte entgegen.

Die in § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO und in § 52 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BZRG enthaltenen Bestimmungen zeigen, dass sich der Gesetzgeber des Problems, wie lange Umständen Aussagekraft zukommt, aus denen die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit einer Person folgt, sehr wohl bewusst war, und dass er diesbezügliche partielle Regelungen getroffen hat. Wenn er gleichwohl und ungeachtet der Tatsache, dass er den Katalog der erlaubnisbedürftigen Gewerbe, für die die drei- bzw. fünfjährige Regelvermutung der fortdauernden Unzuverlässigkeit eingreift, in jüngerer Zeit wiederholt erweitert hat (vgl. § 34d - dort insbesondere § 34d Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 - GewO; § 34e - dort insbesondere § 34e Abs. 2 mit Rückverweisung auf 34d Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 - GewO; § 34f - dort insbesondere § 34f Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 - GewO), von der Aufnahme einer vergleichbaren Regelung in § 35 GewO absah, so kann das nur so verstanden werden, dass dies mit Vorbedacht geschah. Eine planmäßige Regelungslücke aber darf seitens des Rechtsanwenders nicht durch die Heranziehung einer als solcher nicht anwendbaren Norm geschlossen werden. Gegen einen Rückgriff auf die für mehrere erlaubnisbedürftige Gewerbe bestehenden Vorschriften, denen zufolge innerhalb bestimmter Zeiträume nach der Rechtskraft einer Verurteilung wegen bestimmter Delikte im Regelfall von der fortbestehenden Unzuverlässigkeit des Betroffenen auszugehen ist, im Rahmen des § 35 GewO spricht zudem, dass die vom Verwaltungsgericht angeführten und die vorstehend ergänzend erwähnten Fristenregelungen sich jeweils auf vergleichsweise scharf konturierte gewerbliche Betätigungen beziehen. Bei ihnen lässt sich im Wege normativer Wertung festlegen, innerhalb welcher Zeitspanne einer begangenen Straftat typischerweise (d. h. unter dem Vorbehalt einer zugunsten bzw. zulasten des Betroffenen abweichenden Einzelfallbetrachtung) Aussagekraft für das anzustellende Zuverlässigkeitsurteil zukommt. Die Bandbreite der von § 35 GewO erfassten erlaubnisfreien Gewerbe ist indes so groß, dass sich diese Frage nicht durch einen Rekurs auf die bei bestimmten erlaubnisbedürftigen Gewerben - sei es auch nur in der Gestalt einer widerlegbaren „Regelvermutung“ - geltenden Drei- bzw. Fünfjahresfristen beantworten lässt. Das gilt umso mehr, als sich auf der Grundlage eines solchen rechtlichen Ansatzes nicht sicher entscheiden ließe, ob einem Gewerbetreibenden, der mit Fleisch und mit bei der Schlachtung von Tieren anfallenden Nebenprodukten gehandelt hat, die rechtskräftige Verurteilung wegen Betruges vorbehaltlich eines atypischen Sonderfalles drei oder fünf Jahre lang als Unzuverlässigkeitsgrund entgegengehalten werden darf. Hinzu kommt, dass der Verlust der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nach dem Vorgesagten grundsätzlich aus einem einschlägigen Fehlverhalten, nicht aber aus einer deswegen verhängten Sanktion resultiert; die Entscheidung, die „Regelfrist“ für den Fortbestand der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit dessen ungeachtet erst mit der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Ahndung des Fehlverhaltens beginnen zu lassen, stellt eine positivrechtliche „Setzung“ dar, die dem hierzu allein legitimierten Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss.

Die Beantwortung der Frage, ob länger zurückliegende Straftaten einem Gewerbetreibenden im Rahmen eines Untersagungsverfahrens nach § 35 GewO noch entgegengehalten werden dürfen, hat deshalb auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller einschlägigen Umstände zu erfolgen, in die namentlich die Art und die Umstände der Delikte sowie die Entwicklung der Persönlichkeit des Betroffenen einzubeziehen sind (so mit Blickrichtung auf die gleichgelagerte Problemstellung im Rahmen des § 35 Abs. 6 GewO NdsOVG, B. v. 29.1.2008 - 7 PA 190/07 - NVwZ-RR 2008, 464; vgl. ferner zur gebotenen Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles und zur fehlenden Maßgeblichkeit fester Zeiträume BVerwG, B. v. 9.7.1993 - 1 B 105.93 - NVwZ-RR 1994, 19 mit Blickrichtung auf die im Rahmen der Vermutungsregelung des § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO anzustellende Prüfung).

Eine solche Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Klägers zu 2) hat ausweislich der Ausführungen eingangs der Randnummer 139 des im Verfahren Au 5 K 11.862 erlassenen und der Randnummer 138 des in der Sache Au 5 K 11.864 ergangenen Urteils auch das Verwaltungsgericht vorgenommen. Ungeachtet des nach dem Vorgesagten nicht zulässigen Rückgriffs auf die u. a. in § 33c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2, § 33d Abs. 3 Satz 2, § 33i Abs. 2 Nr. 1, § 34b Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 und § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 GewO normierten Fristen ist es zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass beide Kläger im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nach wie vor als unzuverlässig anzusehen waren.

In der Vielzahl und der Schwere der vom Kläger zu 2) begangenen Betrugsstraftaten und in dem von ihm hierbei an den Tag gelegten erheblichen kriminellen Willen (LG Memmingen, U. v. 12.3.2010 - Az. 1 KLs 114 Js 19823/05 - UA S. 86) manifestiert sich eine ausgeprägte Bereitschaft, die Gebote der Rechtsordnung zu verletzen und Dritte um des eigenen Vermögensvorteils willen zu schädigen. Dieses Fehlverhalten betrifft seine Rechtstreue und seine Redlichkeit im geschäftlichen Verkehr und damit den Kernbereich der Voraussetzungen, die jeder Gewerbetreibende, aber auch jeder Vertretungsberechtigte und jeder (faktische) Betriebsleiter eines Gewerbetreibenden erfüllen muss, um als zuverlässig gelten zu können. Angesichts des Gewichts der Umstände, die zum Verlust der Zuverlässigkeit des Klägers zu 2) geführt haben, bedürfte es aussagekräftiger, zweifelsfrei erwiesener und über eine lange Zeit hinweg vorliegender Tatsachen, um den erforderlichen tiefgreifenden Einstellungs- und Verhaltenswandel und damit eine Wiedererlangung der Zuverlässigkeit durch ihn bejahen zu können.

Beim Kläger zu 2) fehlen nicht nur derartige, ihm günstige Aspekte; er hat sich im Gegenteil auch nach den Betrugshandlungen, die den Gegenstand des Strafurteils vom 12. März 2010 bildeten, weiteres Fehlverhalten von nicht geringem Gewicht zuschulden kommen lassen.

Ausweislich der Feststellungen in Abschnitt V.9.5.4 des letztgenannten Urteils, denen die Kläger nicht widersprochen haben, hat der Kläger zu 2) zwischen einer am 20. Dezember 2005 durchgeführten Durchsuchung des Kühlhauses der Klägerin zu 1) und einer erneuten Betriebskontrolle am 2. Februar 2006 dort eingelagertes Fleisch umetikettiert, um so den wahrheitswidrigen Eindruck hervorzurufen, diese Ware stamme ebenfalls von der dänischen Fa. B..., von der er das nicht zum menschlichen Verzehr bestimmte, von ihm später zur Verwendung in der Lebensmittelindustrie weiterverkaufte K-3-Material erworben hat. Hierbei handelte er zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs in der Absicht, bei den mit der Aufklärung seiner Straftaten befassten staatlichen Stellen den Irrtum hervorzurufen, er habe von der Fa. B... nicht nur K-3-Material, sondern auch zum menschlichen Verzehr bestimmtes Fleisch bezogen; unter dieser Voraussetzung wäre der Nachweis der Falschdeklarierung des von ihm tatsächlich aufgekauften K-3-Materials zumindest erschwert worden. Die Neigung des Klägers zu Täuschungshandlungen endete mithin nicht in dem Zeitpunkt, von dem an die Behörden auf sein Tun aufmerksam geworden waren und sie gegen ihn Ermittlungen aufgenommen hatten.

Dass der Kläger zu 2) die gegen ihn seit dem Jahr 2005 ergriffenen strafprozessualen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen nicht zum Anlass genommen hat, um zumindest von da an gewissenhaft auf die Einhaltung der Rechtsordnung Bedacht zu nehmen, beweist der Umstand, dass gegen ihn am 5. April 2006 zwei rechtskräftig gewordene, auf Geldbußen in Höhe von zusammen 25.000 € lautende Bußgeldbescheide erlassen wurden, durch die u. a. geahndet wurde, dass er als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) bis mindestens 28. März 2006 41.017 kg Tiernahrung als K-3-Material angenommen und im Kühlhaus der Klägerin zu 1) eingelagert hatte, obwohl die Klägerin zu 1) nicht über die zu diesem Zweck erforderliche Zulassung als „K-3-Betrieb“ verfügte, und dass in diesem Kühlhaus am 12. Oktober 2006 weiteres nicht zum menschlichen Genuss geeignetes Material im Umfang von 309 kg gelagert war. U. a. auch auf diese Sachverhalte hat das Landratsamt ausweislich der Bescheide vom 17. Mai 2011 den Unzuverlässigkeitsvorwurf gestützt; die Kläger sind der Richtigkeit der diesbezüglichen Vorhalte nicht entgegengetreten.

Dass der Kläger zu 2) nach den im Urteil vom 12. März 2010 geahndeten Betrugshandlungen weiterhin nicht davon Abstand nahm, die Rechtsordnung auch in strafbarer Weise zu verletzen, belegt ferner der Umstand, dass er am 19. Juni 2007 unter Verstoß gegen ein Fahrverbot ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat (vgl. u. a. Seite 9 oben des Urteils vom 12.3.2010). Die insoweit begangene Straftat weist zwar keinen unmittelbaren gewerberechtlichen Bezug auf. Sie bestätigt jedoch die fortbestehende Bereitschaft des Klägers zu 2), vorsätzlich Verboten zuwiderzuhandeln und Straftaten zu begehen, und steht deshalb ebenfalls der Annahme eines durchgreifenden Einstellungs- und Verhaltenswandels entgegen, wie er Voraussetzung für die Wiedererlangung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit wäre.

Dass auch die Klägerin zu 1) im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nach wie vor unzuverlässig war, obwohl der Kläger zu 2) seine Rechtsstellung als ihr Geschäftsführer gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Buchst. e GmbHG bereits mit dem Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils vom 12. März 2010 verloren hatte, folgt zum einen aus der Tatsache, dass er auch am 17. Mai 2011 noch 80% der Geschäftsanteile der Klägerin zu 1) innehatte; die Übertragung des gesamten Stammkapitals auf die Ehefrau des Klägers zu 2) erfolgte ausweislich der am 23. Oktober 2012 beim Amtsgericht Ulm - Registergericht - eingereichten Gesellschafterliste erst im Lauf des Jahres 2012. Im entscheidungserheblichen Zeitpunkt war der unzuverlässige Kläger zu 2) mithin noch in der Lage, als Mehrheitsgesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin zu 1) auszuüben.

Die am 13. Januar 2011 erfolgte Eintragung der Bestellung der Ehefrau des Klägers zu 2) als Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) in das Handelsregister ließ die fortdauernde Unzuverlässigkeit der Klägerin zu 1) ferner deshalb unberührt, weil auch die Ehefrau des Klägers zu 2) nicht die Gewähr für eine allzeit rechtskonforme Geschäftsführung bot. Denn sie hat es unter Verstoß gegen die Pflicht, die den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 39 Abs. 1 GmbHG trifft, über lange Zeit hinweg unterlassen, das Ausscheiden ihres Ehemannes aus der Geschäftsführerfunktion zum Handelsregister anzumelden; er war dort noch bis zum 30. Oktober 2012 als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) eingetragen.

5. Schließlich stand das bereits vor dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erfolgte Ausscheiden des Klägers zu 2) aus dem Amt eines Geschäftsführers der Klägerin zu 1) dem Erlass des ihn betreffenden Bescheids vom 17. Mai 2011 nicht entgegen. Denn die gemäß § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO entsprechend anwendbare Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO bewirkt, dass eine Untersagung nach § 35 Abs. 7a GewO auch dann noch ausgesprochen werden kann, wenn der Vertretungsberechtigte oder der sonst für einen Gewerbetreibenden in leitender Stellung Tätige vor dem Abschluss des Verfahrens aus dieser Funktion ausscheidet, sofern er diese Position im Zeitpunkt der Einleitung des Verwaltungsverfahrens nach § 35 Abs. 7a GewO noch innehatte (vgl. eingehend dazu Heß in Friauf, GewO, Stand Mai 2012 bzw. Mai 2013, § 35 Rn. 624a). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier erfüllt, da - wie bereits dargestellt - auch das den Kläger zu 2) betreffende Verfahren spätestens im Laufe des Jahres 2006 eingeleitet worden war.

6. Wenn das Landratsamt mit dem Erlass von Untersagungsverfügungen gegen die Kläger bis zum Jahr 2011 zugewartet hat, so können sie hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten.

Soweit der gegen die Klägerin zu 1) ergangene Ausspruch seine Rechtsgrundlage in § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO findet, steht eine gebundene Entscheidung inmitten. Da die Klägerin zu 1) nach dem Vorgesagten auch im Mai 2011 noch unzuverlässig war, musste ihr diese Betätigung deshalb zwingend untersagt werden. Entgegen der Begründung der Anträge auf Zulassung der Berufung hängt die Beantwortung der Frage, ob ein solcher Ausspruch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist, wie § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO das außerdem voraussetzt, nicht von der Dauer des Verwaltungsverfahrens und davon ab, ob die Behörde rechts- und ermessensfehlerfrei von einem früheren Einschreiten abgesehen hat. Ausschlaggebend ist vielmehr allein, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt objektiv Gesichtspunkte vorliegen, die eine Unterbindung des betroffenen Gewerbes im Interesse des Gemeinwohls gebieten. Von einem unzuverlässigen Gewerbetreibenden, der einen Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmitteln aller Art und Güte betreibt, die u. a. zur Verwendung in der Lebensmittelindustrie bestimmt sind, können zum einen dann Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Verbrauchern ausgehen, wenn er verdorbene oder sonst nicht einwandfreie Ware in den Verkehr bringt; zum anderen gibt er Grund zu der Besorgnis, durch ihn könnten die berechtigen Erwartungen der Konsumenten beeinträchtigt werden, nicht über die Herkunft und die Beschaffenheit von Lebensmitteln getäuscht zu werden, wenn sich die Fehlvorstellung nicht auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit derartiger Wirtschaftsgüter bezieht.

Soweit die am 17. Mai 2011 erlassenen Bescheide Ermessensentscheidungen beinhalten, haben die Kläger keine Gesichtspunkte vorgebracht, die diese Verwaltungsakte als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen. Die seit dem Bekanntwerden der Verfehlungen des Klägers zu 2) bis zum Bescheidserlass verstrichene lange Zeitspanne kann nach den Gegebenheiten des konkreten Falles nicht als Ermessensfehlgebrauch angesehen werden. Angesichts der schwierigen Beweislage (das Landgericht benötigte zur Durchführung der Hauptverhandlung elf Sitzungstage) erschien ein solches Zuwarten namentlich deshalb vertretbar, um es zu vermeiden, dass eine Untersagungsverfügung in inhaltlichen Widerspruch zu einer später ergehenden, den gleichen Sachverhalt betreffenden strafgerichtlichen Entscheidung geraten könnte.

7. Den auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützten Entscheidungen sind die Kläger in den Begründungen der Anträge nur insoweit entgegengetreten, als sie in Abrede stellen, die Absicht der Klägerin zu 1), sich auf jeden Fall irgendwie weiter zu betätigen, werde schon dadurch belegt, dass bereits am 13. Januar 2011 die im Betrieb bis dahin nach außen hin nicht in Erscheinung getretene Ehefrau des Klägers zu 2) als weitere alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin in das Handelsregister eingetragen worden sei. Diesem Einwand kommt von vornherein nur für das Verfahren der Klägerin zu 1) Bedeutung zu, da sich das Verwaltungsgericht zur Rechtfertigung der gegenüber dem Kläger zu 2) ergangenen, auf § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO ergangene Verfügung nicht auf diesen Gesichtspunkt gestützt hat.

Aus diesem Einwand ergeben sich aber auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des im Verfahren der Klägerin zu 1) erlassenen Urteils. Ein rechtstreuer Gewerbetreibender stellt seine Betätigung unverzüglich ein, nachdem er die gewerbliche Zuverlässigkeit verloren hat. Aus dem Umstand, dass die Klägerin zu 1) trotz eingetretener Unzuverlässigkeit stattdessen eine neue Geschäftsführerin bestellt hat, hat das Verwaltungsgericht deshalb zu Recht auf die Absicht geschlossen, den Geschäftsbetrieb fortzusetzen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in den Abschnitten 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene beabsichtigt die Errichtung einer Windkraftanlage des Typs Enercon E-101 mit einer Nabenhöhe von 135,40 m und einem Rotordurchmesser von 101 m und einer Normleistung von 3,0 MW auf dem Grundstück Fl.Nr. 274 der Gemarkung Puch. Der Anlagenstandort liegt ca. 1,8 km nordwestlich der im Eigentum der Klägerin stehenden katholischen Filialkirche St. Sebastian in Puch. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde hierfür erteilt (Bescheid vom 21.1.2014); das Landesamt für Denkmalpflege hatte zuvor am 24. Juni 2013 erklärt, es lägen keine erheblichen Betroffenheiten vor, so dass die Errichtung der strittigen Anlage hinnehmbar sei. Die Klägerin erhob dagegen Anfechtungsklage; sie machte die Verletzung von denkmalbezogenen subjektiven Rechten geltend; die Kirche drohe, ihre landschaftsprägende Bedeutung, ihre Funktion als dominierende Landmarke zu verlieren. Das Landesamt für Denkmalpflege teilte diese Auffassung und bejahte mit Schreiben vom 15. Juli 2014 eine erhebliche Betroffenheit der Kirche. Das Bayerische Verwaltungsgericht München gab nach der Einnahme eines Augenscheins im Beisein des Landesamts für Denkmalpflege der Klage statt (Urteil vom 7.10.2014); der Blick auf die Kirche beim Zugang von Osten und Südosten werde massiv gestört; das Landratsamt habe das Versagungsermessen nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG nicht ausgeübt.

Die Beigeladene hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Beigeladenen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten.

1. Aus dem Vorbringen der Beigeladenen ergebe sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Die Beigeladene macht geltend, der Tenor des angefochtenen Urteils sei nicht eindeutig, weil das Landratsamt unter dem gleichen Datum und unter dem gleichen Aktenzeichen zugunsten der Beigeladenen zwei weitere Windkraftanlagen genehmigt habe. Der Einwand ist nicht zutreffend, weil sich aus den Urteilsgründen klar ergibt, welcher Genehmigungsbescheid für welche Windkraftanlage gemeint ist. Zur Auslegung der Urteilsformel dürfen auch die Entscheidungsgründe herangezogen werden (vgl. z. B. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 117 Rn. 4 m. w. N.).

b) Die Beigeladene macht geltend, die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin durch den Kirchenverwaltungsvorstand sei nicht nachgewiesen. Dies ist nicht zutreffend. Die Klägerin hat einen Beschluss ihrer Kirchenverwaltung vom 26. Februar 2014 über die Erhebung der verfahrensgegenständlichen Anfechtungsklage vorgelegt. Gegen dessen Wirksamkeit sind keine durchgreifenden Bedenken vorgetragen worden. Die Zulassung von Frau E. K. „als Gast“ an der nichtöffentlichen Sitzung der Kirchenverwaltung lässt sich nach Art. 16 Abs. 4 KiStiftO (Ordnung für kirchliche Stiftungen in den bayerischen [Erz-]Diözesen in der Fassung vom 1.1.2012) rechtfertigen; die Angabe ihrer Funktion „Pfarrgemeinderatsvertreterin“ bestätigt dies. Richtig ist hingegen, dass die Niederschrift nach Art. 21 Abs. 2 KiStiftO nicht nur vom Vorstand und der Protokollführerin, sondern von allen Kirchenverwaltungsmitgliedern hätte unterzeichnet werden müssen. Dass allein aus einzelnen fehlenden Unterschriften unter der Niederschrift die (unheilbare) Unwirksamkeit aller von dem Gremium gefassten Beschlüsse gefolgert werden müsste, wird von der Beigeladenen selbst nicht behauptet, so dass dem im Zulassungsverfahren nicht weiter nachzugehen ist. Soweit die Beigeladene eine stiftungsrechtliche Genehmigung der Klageerhebung durch den Kardinal vermisst, so ergibt sich aus Art. 44 Abs. 2 Nr. 8 KiStiftO lediglich ein Erfordernis der Genehmigung durch die kirchliche Stiftungsaufsichtsbehörde, d. h. durch das Erzbischöfliche Ordinariat (Art. 42 Abs. 2 KiStiftO). Diese Genehmigung wurde ausweislich Bl. 76 der VG-Akte durch den Generalvikar erteilt. Richtig ist, dass Art. 44 Abs. 2 Nr. 8 KiStiftO unter Umständen so verstanden werden könnte, dass die Fortsetzung eines Prozesses in einem weiteren Rechtszug einer eigenen Beschlussfassung und Genehmigung bedarf. Darum geht es hier aber nicht; zu beurteilen sind hier allein Zulässigkeit und Begründetheit des Zulassungsantrags der Beigeladenen.

c) Die Beigeladene macht geltend, das Verwaltungsgericht habe das Erfordernis einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSchG) nicht geprüft. Dies trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt: „Das Gericht hat deshalb am Bestehen der Nähe im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSchG der streitgegenständlichen Windkraftanlage zur Kirche St. Sebastian in nur 1,8 km Entfernung keinen Zweifel“. Die Beigeladene legt nicht dar, was an dieser Aussage falsch sein sollte.

d) Die Beigeladene macht geltend, das Verwaltungsgericht habe nicht geprüft, ob das strittige Vorhaben überhaupt zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des Baudenkmals führen würde. Das Urteil gehe nicht darauf ein, worin das Wesen, das überlieferte Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung der Kirche St. Sebastian überhaupt bestünden (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG). Das Wesen, das überlieferte Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung eines konkreten Baudenkmals müsse von dessen geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher, wissenschaftlicher oder volkstümlicher Bedeutung (Art. 1 Abs. 1 DSchG) her bestimmt werden. Daran fehle es hier. Die Kirche St. Sebastian habe allenfalls religiöse Bedeutung.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, die Bedeutung der Kirche St. Sebastian liege in der Verehrung des Grabes der Seligen Edigna, in ihrer topographisch herausgehobenen Lage an einer markanten Geländekante, in ihrer die Landschaft prägenden Bedeutung (S. 12 des Urteils) und in der Blickbeziehung vom Osten und Südosten her (S. 13 des Urteils).

Diese Aussagen werden durch das Vorbringen der Beigeladenen nicht erschüttert.

Der Beigeladenen ist zunächst zwar darin zu folgen, dass die ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG) wohl kaum einmal durch den Anblick einer 1,8 km entfernten Windkraftanlage beeinträchtigt sein kann. Vorliegend geht es aber nicht um die ungestörte Religionsausübung, sondern um Denkmal- und Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG). Die vom Verwaltungsgericht ausgeführte Bedeutung der Kirche St. Sebastian ist nicht nur religiöser, sondern auch geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher und volkstümlicher Art. Die Kirche hat als Grabstätte der Seligen Edigna jedenfalls auch geschichtliche Bedeutung und als Hauptverehrungsstätte dieser Frau auch volkstümliche Bedeutung, wenngleich beschränkt auf die nähere Umgebung. Die herausgehobene topographische Lage hat städtebauliche Bedeutung. Die Blickbeziehung von Bruck nach Puch ist jedenfalls auch von künstlerischer und städtebaulicher Bedeutung.

Die Beigeladene macht allerdings geltend, dass Kirchen wie St. Sebastian in Bayern keineswegs selten seien. Sie greift damit ein Prüfkriterium aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf, wonach es wesentlich auf den Denkmalwert eines Baudenkmals ankommt, wenn die Frage der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung beantwortet werden muss (U. v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741 - Rn. 26 ff.). Bei einem Baudenkmal von herausragender Bedeutung kann eher eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen werden und können eher gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Das Verwaltungsgericht und das Landesamt für Denkmalpflege machen dazu keine ausdrücklichen Aussagen; es könnte insofern in der Tat der Eindruck entstehen, dass der Kirchenbau als solcher keine herausragende Bedeutung hat. Dass es künstlerisch wertvolle Bestandteile gibt, zeigen aber immerhin die Ausführungen des von der Klägerin eingeschalteten Gutachters vom 15. Juli 2014 (Bl. 188a der VG-Akte, S. 7 f.). Als etwas Besonderes werden vom Verwaltungsgericht und vom Landesamt für Denkmalpflege jedenfalls die herausgehobene topographische Lage und die historische Blickbeziehung von Bruck nach Puch gesehen (Schreiben des Landesamts vom 15.7.2014; Urteil S. 12). Die Beigeladene stellt diese Erkenntnis nicht substantiiert in Frage.

e) Die Beigeladene macht geltend, dass die Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des Baudenkmals im vorliegenden Fall jedenfalls keine erhebliche sei, so dass die Grundvoraussetzung für ein Abwehrrecht des Denkmaleigentümers nicht erfüllt sei. Ob der Umstand, dass die Windkraftanlage aus einer bestimmten Blickrichtung hinter der Kirche zu sehen sei, überhaupt eine Beeinträchtigung darstelle, habe das Verwaltungsgericht nicht geprüft. Jedenfalls sei diese Beeinträchtigung nicht erheblich, so dass keine gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprächen.

Daran ist Folgendes richtig: Nicht jedes Aufragen einer Windkraftanlage hinter einem Zwiebelturm stellt eine erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals dar und müsste aus gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes und aus Gründen des Schutzes des Denkmaleigentümers unterbleiben. Ob der Maßstab der Erheblichkeit überschritten ist, ist jeweils an Hand des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. auch BayVGH, U. v. 24.1.2013 - 2 BV 11.631 - BayVBl 2013, 471/472). Hinzutretende Anlagen müssen sich an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat, und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert (BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - Rn. 32). Es braucht sich dabei nicht um einen extremen Ausnahmefall zu handeln.

Das Verwaltungsgericht hat dazu aber ausgeführt, dass das Wesen, das überlieferte Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung in Gestalt der historischen Blickbeziehung Bruck - Puch besonders gestört werde. Die besondere Blickbeziehung von Osten bzw. Südosten werde erheblich beeinträchtigt. Die Windkraftanlage verdränge gleichsam die Kirche und lasse in schwerwiegender Weise die gebotene Achtung gegenüber den in dieser Kirche verkörperten Werten vermissen.

Das Verwaltungsgericht konnte sich hier in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 15. Juli 2014 und seine eigenen Eindrücke beim gerichtlichen Augenschein vom 7. Oktober 2014 stützen. Das Verwaltungsgericht hatte angesichts der nachträglichen „Kehrtwende“ des Landesamts für Denkmalpflege in der Beurteilung des vorliegenden Falls - das Landesamt hatte die strittige Windkraftanlage ursprünglich „hingenommen“ - zwar allen Grund, die verschiedenen Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege nachvollziehend zu überprüfen (vgl. BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - Rn. 23). Genau dies geschah aber durch die Einnahme eines Augenscheins unter Beteiligung des Landesamts für Denkmalpflege. Das Verwaltungsgericht durfte sich auf die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 15. Juli 2014 stützen und sich diese aufgrund des gerichtlichen Augenscheins vom 7. Oktober 2014 nachvollziehend zu Eigen machen, ohne eine - nicht bestehende - rechtliche Bindung anzunehmen; dies entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 25.6.2013 - 22 BV 11.701 - Rn. 21 und U. v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741 - Rn. 27).

Die optischen Wirkungen der bereits errichteten Windkraftanlage in Mammendorf können hier nicht den Ausschlag geben, weil diese Windkraftanlage von der Kirche St. Sebastian nach den insofern von der Beigeladenen nicht beanstandeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts „viel weiter entfernt“ ist. Das Landesamt für Denkmalpflege hat in seiner vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Stellungnahme vom 15. Juli 2014 zwar nicht den Begriff der „landschaftprägenden Eigenschaft“ verwendet, aber doch ausgeführt, dass von Bruck her die eiszeitliche Flussterrasse mit der krönenden Kirche besonders in Erscheinung trete. Die strittige Windkraftanlage werde daher von der fußläufigen Verbindung (von Osten her) neben dem Kirchturm und konkurrierend zu diesem markant in Erscheinung treten. Die strittige Windkraftanlage wirke sich so überaus störend auf die historische Blickbeziehung von Bruck nach Puch aus. Gerade auch die rotierenden Flügel befänden sich in krassem Gegensatz zur statischen Ruhe eines Kirchturms. Durch die Bewegung des Windrads nehme der Betrachter eine Beeinträchtigung noch viel stärker wahr, als es bei einer Beeinträchtigung z. B. durch einen Hochspannungsmast der Fall sei.

Dass das Verwaltungsgericht bei der nachvollziehenden Überprüfung dieser Aussagen im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins vom 7. Oktober 2014 die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) überschritten hätte (vgl. dazu BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11 m. w. N. und B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 - Rn. 21), legt die Beigeladene nicht dar. Die Beigeladene geht zwar von der Möglichkeit einer anderen Beweiswürdigung aus. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des Beweisergebnisses rechtfertigt die Zulassung der Berufung aber nicht (BayVGH a. a. O.). Dass die Beweiswürdigung objektiv willkürlich gewesen wäre, gegen die Denkgesetze verstoßen hätte oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet hätte (vgl. BayVGH a. a. O.), zeigt die Beigeladene nicht auf.

Dass die Untere Denkmalschutzbehörde, nämlich das Landratsamt (Art. 11 Abs. 1 DSchG), anderer Auffassung ist als das Landesamt für Denkmalpflege, spielt mangels vergleichbarer fachlicher Kompetenz keine entscheidende Rolle. Das Landesamt für Denkmalpflege ist „die“ staatliche Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege (Art. 12 Abs. 1 DSchG). Dass die von der Beigeladenen beklagte „Kehrtwende“ des Landesamts für Denkmalpflege - das Landesamt hatte die strittige Windkraftanlage ursprünglich „hingenommen“ - sachliche Gründe hat, wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht ernstlich in Zweifel gezogen. Die erst nachträgliche Berücksichtigung der historischen Blickbeziehung Bruck - Puch kann eine solche „Kehrtwende“ rechtfertigen. Die Vermutung, das Landesamt für Denkmalpflege habe sich „vor den Karren“ der Klägerin spannen lassen, findet keine Stütze in tatsächlichen Anhaltspunkten. Derartige „Kehrtwenden“ im Zuge einer hausinternen Diskussion im Landesamt für Denkmalpflege sind dem Verwaltungsgerichtshof auch aus anderen Verfahren bekannt, ohne dass es Anhaltspunkte für den Einfluss irgendeiner „Lobby“ gegeben hätte (vgl. U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 -Rn. 6 a. E.). Dass eine solche „Kehrtwende“ Unternehmer und Behörden in - in der Regel vermeidbare - Schwierigkeiten bringt, steht auf einem anderen Blatt. Wie diese künftig vermieden werden können, kann nicht im Rahmen des hier zu entscheidenden Rechtsstreits geklärt werden und liegt in der Verantwortung der beteiligten Behörden. Das Vertrauen des Genehmigungsempfängers in den Fortbestand der ihm erteilten Genehmigung ist zwar schutzwürdig und wird dadurch geschützt, dass bei Drittanfechtungsklagen für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheids abzustellen ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1991 - 7 B 102.90 - NVwZ-RR 1991, 2360; BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - BayVBl 2014, 502/505 Rn. 47). Im vorliegenden Fall liegt aber keine nachträgliche Änderung der Sachlage vor, auf die sich die Klägerin im Anfechtungsprozess nicht mehr berufen könnte. Es ist lediglich die zuständige Fachbehörde während des Anfechtungsprozesses zu neuen Einsichten und Bewertungen derselben Sachlage gelangt.

Soweit die Beigeladene bestreitet, dass es hier einen historischen Pilgerweg gebe, trifft zu, dass sich das Vorhandensein eines solchen aus dem Akteninhalt und der Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege nicht eindeutig ableiten lässt, am ehesten noch aus dem von der Klägerin eingeholten Gutachten (Bl. 188a der VG-Akte, S. 9). Entscheidungserheblich ist dieser Umstand aber nicht. Die Beigeladene spricht zwar möglicherweise auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs an, der zufolge von wesentlicher Bedeutung ist, ob ein Baudenkmal bewusst in eine bestimmte Landschaft hinein komponiert wurde, ob seine Umgebung so gestaltet wurde, dass sie sich auf das Baudenkmal bezieht, um die mit ihm verfolgte künstlerische Absicht zu verdeutlichen und zu verstärken (BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - Rn. 40). Es kommt insofern darauf an, ob ein Gebäude bei seiner erstmaligen Errichtung oder bei einer denkmalschutzrechtlich relevanten Umgestaltung so konzipiert wurde, dass es auf das Vorhandensein bestimmter Sichtachsen angelegt wurde (BayVGH, U. v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - Rn. 41). Es kann also sein, dass es nach dem zugrunde liegenden architektonischen Konzept gerade auf eine bestimmte Blickbeziehung zu einer Kirche bzw. einem Kirchturm besonders ankommt, z. B. von einem ganz bestimmten Zugangsweg aus. Es mag also der Kirchenbau so konzipiert worden sein, dass der Blick der Gläubigen beim Zugang zur Kirche auf den Kirchenbau als Verkörperung ihres Glaubens fällt und eben nicht auf eine Windkraftanlage. Das Verwaltungsgericht und das Landesamt für Denkmalpflege machen dazu zwar keine ausdrücklichen Aussagen, gehen aber in einem allgemeineren Sinn von einer derartigen Konzeption bei Annäherung von Osten und Südosten zur Kirche St. Sebastian aus, insbesondere bei fußläufiger Annäherung aus diesem Bereich. Sie stellen also gerade nicht auf einen ganz bestimmten Zugangsweg ab, sondern auf eine typische Annäherungsrichtung aus dem Tal nach Westen zur Anhöhe hin. Dies entspricht auch der historisch gewachsenen volkstümlichen, religiösen (Wallfahrten) und touristischen Zugangsrichtung zum Baudenkmal hin. Die Beigeladene liefert keine Anhaltspunkte dafür, warum diese Sichtweise im vorliegenden Fall falsch sein sollte.

Die Beigeladene macht weiter geltend, dass es auch deshalb keine erhebliche Beeinträchtigung der Kirche St. Sebastian geben könne, weil es bereits optische Beeinträchtigungen durch einen großen Baumarkt mit seinem großen Parkplatz gebe. Dies vermag schon deshalb keine ernstlichen Zweifel zu begründen, weil etwaige Vorbelastungen die Gründe des Denkmalschutzes nicht zu entwerten vermögen, solange es überhaupt noch etwas zu schützen gibt.

Die Beigeladene macht ferner geltend, dass es auch deshalb keine erhebliche Beeinträchtigung der Kirche St. Sebastian geben könne, weil die strittige Windkraftanlage ohnehin nur eine Lebensdauer von 30 Jahren habe und dann zurückgebaut werden müsse. Die Beigeladene legt nicht dar, inwiefern ein Zeitraum von 30 Jahren für die durch den Denkmalschutz geschützte Allgemeinheit und für den vor erheblichen Beeinträchtigungen zu schützenden Denkmaleigentümer nur geringfügig sein sollte. Abgesehen davon lässt sie außer Acht, dass an einem bereits bestehenden Windkraftanlagenstandort sich nach dem Ende der Lebensdauer einer bestehenden Anlage auch ein sog. Repowering aufdrängen könnte. Die Windenergienutzung ist vom Gesetzgeber nicht als nur vorübergehende Art der Energiegewinnung konzipiert.

Die Beigeladene macht schließlich geltend, die besondere Bedeutung der Windenergienutzung allgemein stehe jedenfalls der Annahme einer eigentumsrechtlich bedeutsamen erheblichen Beeinträchtigung entgegen. Diese Argumentation ohne konkreten Bezug zur strittigen Anlage entzieht der denkmalschutzrechtlichen Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht die Grundlage. Die Belange der Windenergienutzung können sich gegenüber den Belangen des Denkmal- und Eigentumsschutzes nicht generell, sondern nur im konkreten Einzelfall durchsetzen, wie sich bereits aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 Nr. 5 BauGB ergibt. Die Windenergienutzung muss im konkreten Fall durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder überwiegende private Interessen gerechtfertigt sein (BVerwG, U. v. 21.4.2009 - 4 C 3/08 - BVerwGE 133, 347/353 Rn. 14). Dazu trägt die Beigeladene nichts vor; die Klägerin weist insofern auf eine eher unterdurchschnittliche Windhöffigkeit hin. Abgesehen davon dürften solche Gesichtspunkte nicht bei der Beurteilung der erheblichen Betroffenheit bzw. des Gewichts der Gründe des Denkmalschutzes, sondern bei der Ausübung des Versagungsermessens nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG zu berücksichtigen sein.

2. Das Vorbringen der Beigeladenen lässt auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hervortreten. Wie ausgeführt, können diese weder mit unterschiedlichen Auffassungen von Landesamt für Denkmalpflege und Unterer Denkmalschutzbehörde noch mit der Tatsache einer „Kehrtwende“ des Landesamts für Denkmalpflege als solcher begründet werden.

3. Die Beigeladene hält nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache für gegeben im Hinblick auf die Frage, ob die erhebliche Beeinträchtigung eines Baudenkmals dem Eigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG zugemutet werden könne, wenn er in der Vergangenheit keine denkmalbedingten, über den normalen Bauunterhalt hinausgehenden Investitionen getätigt habe, die durch die Beeinträchtigung entwertet werden könnten. Diese Frage sei entscheidungserheblich, weil die Klägerin in der Vergangenheit solche Investitionen nicht getätigt habe. Sie sei klärungsbedürftig und von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung.

Die genannte Frage ist nicht in einem etwaigen Berufungsverfahren klärungsbedürftig, weil sie durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt ist. Die Klägerin wird durch Art. 4 DSchG in die Pflicht genommen, das Baudenkmal zu erhalten, zu pflegen und Schäden am Baudenkmal zu beseitigen, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat (S. 10). Diese Inpflichtnahme hat dem Bundesverwaltungsgericht als Begründung für einen Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG genügt (BVerwG, U. v. 21.4.2009 - 4 C 3/08 - BVerwGE 133, 347/353 Rn. 14; ebenso BayVGH, U. v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631 - BayVBl 2013, 471/472; HessVGH U. v. 9.3.2010 - 3 A 160/10 - Rn. 64). Zusätzlichen Klärungsbedarf hat die Beigeladene nicht aufgezeigt, auch nicht, dass die Klägerin ihrer Pflicht aus Art. 4 DSchG nicht ausreichend nachgekommen wäre.

4. Die Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) der Beigeladenen hat ebenfalls keinen Erfolg.

a) Entgegen den Darlegungen der Beigeladenen hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil keinen Rechtssatz aufgestellt, beim Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung eines Baudenkmals komme es auf weitere Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG nicht mehr an. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht als maßgeblichen Rechtsfehler der angefochtenen Genehmigung das Fehlen einer Ermessensentscheidung in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht gerügt; eine solche sei Voraussetzung, um den Genehmigungsanspruch der Beigeladenen nach § 6 Abs. 1 BImSchG bejahen zu können (S. 14). Das angefochtene Urteil mag insofern nicht ganz klar sein, es ist aber doch hinreichend deutlich davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall ein Versagungsermessen besteht und nicht durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG auf Null reduziert ist, und es hat das Fehlen einer Ermessensentscheidung über das Versagen der Genehmigung als Aufhebungsgrund angesehen. Die Frage, wie die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit Hilfe einer derartigen Ermessensentscheidung gegenüber der Klägerin als Eigentümerin des Baudenkmals hätte gerechtfertigt werden können, hat das Verwaltungsgericht nicht beantwortet, weil es sie nicht mehr als entscheidungserheblich angesehen hat. Die Beigeladene legt nicht dar, warum dies falsch sein sollte. Das Landratsamt ist durch das angefochtene Urteil nicht gehindert, eine derartige, den rechtlichen Anforderungen an eine fehlerfreie Ermessensausübung genügende Ermessensentscheidung noch zu treffen und dann erneut über die Genehmigung des strittigen Vorhabens zu entscheiden.

b) Entgegen den Darlegungen der Beigeladenen hat zudem der Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 25. Juni 2013 - 22 B 11.701 - Rn. 46 keinen Rechtssatz aufgestellt, dass bei der denkmalschutzrechtlichen Entscheidung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG eine optisch bedrängende Wirkung einer Windkraftanlage gemäß den in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben zur optisch bedrängenden Wirkung einer Windkraftanlage auf Anwohner zu prüfen sei. Die Erkenntnis, dass das denkmalschutzrechtliche Verbot, ein Baudenkmal gleichsam zu erdrücken, zu verdrängen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Baudenkmal verkörperten Werten vermissen zu lassen (a. a. O. Rn. 32), sich von dem aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme abgeleiteten Verbot optisch bedrängender Wirkung unterscheidet, hat auch dem genannten Urteil zugrunde gelegen. Insofern besteht auch kein Klärungsbedürfnis wegen grundsätzlicher Bedeutung.

5. Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) sind nicht hinreichend dargelegt.

Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO), wonach das Verwaltungsgericht beim gerichtlichen Augenschein den Standpunkt der W...-Brücke über die B 471 hätte einnehmen müssen, entbehrt der hinreichenden Darlegung, weil nicht aufgezeigt wird, weshalb sich dies dem Verwaltungsgericht trotz des Fehlens diesbezüglicher Beweisanträge oder Beweisanregungen der anwaltlich vertretenden Beigeladenen hätte aufdrängen müssen.

Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO), wonach das Verwaltungsgericht hätte ermitteln müssen, ob der sog. Herrenweg ein historischer Pilgerweg sei, entbehrt ebenfalls der hinreichenden Darlegung. Die Beigeladene zeigt nicht auf, dass es hierauf nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts überhaupt angekommen wäre, ferner, dass sich eine solche Beweisaufnahme dem Verwaltungsgericht ungeachtet des Fehlens diesbezüglicher Beweisanträge oder Beweisanregungen der anwaltlich vertretenen Beigeladenen hätte aufdrängen müssen. Abgesehen davon legt die Beigeladene nicht dar, dass die begehrte Beweisaufnahme mutmaßlich zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, sondern lässt dies offen.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Die für die vorliegende Anfechtungsklage maßgebliche Bedeutung der Sache für die Klägerin ist vermögensrechtlicher, nicht ideeller Natur, mögen auch ideelle Motive im Hintergrund stehen. Das geltend gemachte Abwehrrecht ist das Eigentumsrecht.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung bei nachfolgender Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

2

Mit Bescheid vom 17. September 2010, zugestellt am 21. September 2010, untersagte das Landratsamt Rottal-Inn dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1 500 € die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes "Handel und Montage von Bauelementen", die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist die gewerbliche Tätigkeit einzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO, weil er angesichts aufgelaufener Rückstände von Steuern von ca. 5 000 € und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge von ca. 845 € wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete.

3

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - auf Antrag eines Sozialversicherungsträgers die vorläufige Insolvenzverwaltung zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen an; außerdem bestellte es einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Das Insolvenzverfahren wurde vom Insolvenzgericht am 11. November 2010 eröffnet.

4

Dem Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Untersagungsverfügung vom 17. September 2010 erhobenen Klage gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Februar 2011 statt.

5

Mit Urteil vom 22. November 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 17. September 2010 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. Januar 2014 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers hindere eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Gewerbeuntersagung nicht, weil der Prozess nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung seien zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides mit dessen Zugang am 21. September 2010 erfüllt. Auch die Ermessenserwägungen der Behörde hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung hielten der gerichtlichen Prüfung stand. Es sei ohne Einfluss auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung, dass über das Vermögen des Klägers mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. September 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet worden sei, nachdem der Bescheid am 21. September 2010 bereits wirksam, wenn auch noch nicht bestandskräftig geworden und ferner die im Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen gewesen sei, bis zu der die gewerbliche Betätigung habe eingestellt werden müssen, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen gehabt habe. Die von § 12 GewO ausgehende Sperrwirkung für die Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO komme daher vorliegend nicht zum Tragen.

6

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, seit der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Insolvenzgerichts und der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehe § 12 GewO der Gewerbeuntersagung entgegen und mache damit den angefochtenen Bescheid, an dem der Beklagte festhalte, rechtswidrig.

7

Er beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2014 zu ändern und den Bescheid des Landratsamtes Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt die Gründe des Berufungsurteils.

10

Der Beteiligte stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

12

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht das gerichtliche Verfahren im Hinblick auf das eröffnete Insolvenzverfahren nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO ausgesetzt. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass der Streitgegenstand "die Insolvenzmasse betrifft". Dies ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Gewerbeuntersagung knüpft an in der Person des Klägers liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm als Person die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Sie betrifft das berufliche Betätigungsrecht des Gewerbetreibenden. Dieses personenbezogene Recht gehört nicht zur Insolvenzmasse. Denn sie umfasst gemäß § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) allein das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörende und das während des Verfahrens erlangte Vermögen (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53). Das personenbezogene Recht zur Gewerbeausübung, das aus § 1 Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202) zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) folgt, zählt dazu nicht. Dementsprechend unterliegt es auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters.

13

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der vom Beklagten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO verfügten Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GewO) lagen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 vor.

14

a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 5. August 1965 - 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <4>).

15

Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass seit Inkrafttreten der Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO am 1. Mai 1974 eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits besteht. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.>; Beschlüsse vom 15. Februar 1995 - 1 B 19.95 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 58 = GewArch 1995, 200 und vom 9. April 1997 - 1 B 81.97 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 67).

16

In diesem Sinne war der Kläger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 und damit zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Gewerbeuntersagungsverfahren unzuverlässig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die durchgreifende Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, hatte der Kläger damals Steuerrückstände von 5 013 € und schuldete zudem der AOK seit über einem Jahr Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Ferner hatte er am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a.F. abgegeben, wobei sich dem zugehörigen Protokoll weitere Schulden des Klägers von mehr als 12 000 DM entnehmen ließen. Die Verletzung seiner Pflichten zur Zahlung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beruhte angesichts seiner Vermögensverhältnisse maßgeblich auf fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht auf einer in der Person begründeten Unzuverlässigkeit. Gegenüber dem Beklagten hatte er sich selbst als mittellos bezeichnet. Irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden hatte der Kläger nicht entwickelt.

17

b) Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorlagen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass insoweit Tatsachen vorliegen müssen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die "Ausweichtätigkeit" dartun ("gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit"). Diese sind bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Außerdem muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>; Beschluss vom 11. September 1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116).

18

Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessenserwägungen der Behörde nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO rechtsfehlerfrei sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.

19

c) An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Erlasses des angefochtenen Bescheides (hier: 21. September 2010) für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung ändert sich auch nichts dadurch, dass die dem Kläger im angefochtenen Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste. Bis zum Ablauf der von der Gewerbeuntersagungsbehörde gesetzten Frist darf der Gewerbetreibende zwar noch gewerblich tätig sein, um Abwicklungsarbeiten vorzunehmen und die Einstellung des Geschäftsbetriebs vorzubereiten. Die Auslauffrist hebt die Wirksamkeit der bereits ergangenen Untersagungsverfügung aber nicht auf, sondern ist deren fester Bestandteil.

20

3. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht nachträglich nach § 12 Satz 1 GewO rechtswidrig geworden.

21

Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung war ohne Bedeutung, dass nach dem Wirksamwerden des angefochtenen Untersagungsbescheides am 21. September 2010 über das Vermögen des Klägers durch Beschluss des Amtsgerichts Landshut - Insolvenzgericht - vom 23. September 2010 zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und die Anordnung getroffen wurde, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Gleiches gilt für den Umstand, dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat.

22

Nach § 12 Satz 1 GewO sind u.a. Vorschriften zur Untersagung des Gewerbes bei einer auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruhenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO die aus § 35 Abs. 6 GewO folgende Vorverlegung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts "Untersagung der Gewerbeausübung" maßgeblichen Zeitpunkts auf die letzte Verwaltungsentscheidung unberührt lässt. Ein Insolvenzverfahren, das - wie hier - erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnet wurde, ist daher ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Gewerbes wegen einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.

23

Der Wortlaut ist insoweit zwar nicht zwingend. § 12 Satz 1 GewO verbietet für die Dauer des Insolvenzverfahrens nicht die Maßnahme der Untersagung eines Gewerbes selbst, sondern die Anwendung entsprechender Vorschriften. Mit Blick auf die nicht nur von den Behörden, sondern auch von den Gerichten vorzunehmende Subsumtion kann von einer Anwendung der Untersagungsvorschriften auch im gerichtlichen Verfahren gesprochen werden. Daher schließt nicht bereits der Wortsinn die Annahme aus, dass auch ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren nachträglich die im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Gewerbeuntersagung auslöst (vgl. Hahn, GewArch 2000, 361, <365 f.>). Allerdings liegt eine solche Auslegung schon deshalb nicht nahe, weil die gerichtliche Subsumtion in die im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu leistende Kontrolle der Rechtsanwendung durch die Behörden eingebunden ist. Entscheidend gegen die Annahme eines erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens entstehenden Anwendungsverbots spricht jedoch die im Gesetz angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren. Nach dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO sind nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eintretende Änderungen der Verhältnisse allein im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedergestattung zu prüfen und zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 12 Satz 1 GewO lässt die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 6 GewO und die grundsätzliche systematische Trennung unberührt. Sie erfasst § 35 Abs. 6 GewO schon deshalb nicht, weil es sich dabei um keine Vorschrift handelt, "welche die Untersagung eines Gewerbes... ermöglicht". Eine Berücksichtigung nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eingetretener neuer Umstände würde die in § 35 Abs. 1 und 6 GewO normierte Systematik von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren durchbrechen.

24

Sinn und Zweck des § 12 Satz 1 GewO stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, einen Konflikt mit den Zielen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden und insbesondere die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens nicht durch eine Gewerbeuntersagung zu vereiteln (vgl. dazu vor allem die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 12 Satz 1 GewO, BT-Drs. 12/3803, S. 103 f.). Ohne die Regelung in § 12 Satz 1 GewO könnte zum Beispiel einem Beschluss der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO, das Unternehmen vorläufig fortzuführen, durch eine Untersagungsverfügung und ihre Vollziehung die Grundlage entzogen werden. Ebenso könnten ohne die von § 12 Satz 1 GewO ausgelöste Sperrwirkung die Aufstellung und Durchführung eines Insolvenzplanes nach §§ 217 ff. InsO gefährdet oder gar verhindert werden. Um diese Folgen auszuschließen, ordnet die Vorschrift an, dass die Untersagungsbehörde ab Beginn der in § 12 Satz 1 GewO abschließend bestimmten Zeiträume § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr anwenden darf, soweit die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht. Auch im Hinblick auf die Interessen am Schutz des Geschäftsverkehrs vor den Gefahren, die von einem insolventen und deshalb gewerberechtlich unzuverlässigen Gewerbetreibenden ausgehen, erschien dies, wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der Regelung ausweist, dem Gesetzgeber vertretbar. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter kompensiert das Gefährdungspotential, das von der weiteren Ausübung des Gewerbes des insolventen Gemeinschuldners ausgeht. Neue Vertragspartner des Gewerbetreibenden können aufgrund der Vorschriften des Insolvenzrechts über die Einsetzung eines Insolvenzverwalters und dessen die Direktionsrechte des insolventen Gewerbetreibenden ersetzenden Befugnisse, den Vorrang der Masseverbindlichkeiten und die Aufsicht des Insolvenzgerichts geschützt werden. Vorläufige Anordnungen des Insolvenzgerichts nach § 21 InsO dienen dem gleichen Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen Schutzwirkungen für den Geschäftsverkehr.

25

Das an die Behörden gerichtete Verbot des Erlasses von Untersagungsverfügungen wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden während eines parallel zum Gewerbeuntersagungsverfahren laufenden Insolvenzverfahrens dient dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offenzuhalten. Dieses Ziel erfordert nicht darüber hinaus, dass ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren unter Durchbrechung der Trennung von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren die nachträgliche Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Untersagung auslöst. Allerdings hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO kein Verbot der Vollstreckung von Gewerbeuntersagungen wegen wirtschaftlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden normiert, um die insolvenzrechtlichen Ziele zu sichern, wie dies zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur vertreten wird. Dagegen spricht schon der klare Wortlaut der Vorschrift. Denn die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften etwa zur Anordnung oder Festsetzung von Zwangsgeld "ermöglichen" nicht im Sinne von § 12 Satz 1 GewO die Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, sondern den Vollzug einer bereits ergangenen Gewerbeuntersagung. Außerdem betrifft die Frage der Unzuverlässigkeit wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes "Untersagung", die von der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zur Vollstreckung des Grundverwaltungsaktes strikt zu trennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 C 30.03 - BVerwGE 122, 293 <296 f.>). Zudem würde ein Vollstreckungsverbot eine ungerechtfertigte Privilegierung derjenigen Gewerbetreibenden bewirken, die eine vor Beginn der in § 12 Satz 1 GewO bezeichneten Zeiträume ergangene sofort vollziehbare oder bestandskräftig gewordene Untersagungsverfügung missachten. Die Frage, ob und inwieweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die insolvenzgerichtliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO bei Ausübung des vollstreckungsrechtlichen Ermessens Berücksichtigung finden kann, betrifft allein die Auslegung und Anwendung des landesrechtlichen Vollstreckungsrechts.

26

Dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, dem Gewerbetreibenden die mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens eröffnete Chance zu einem Neuanfang zu sichern, kann jedoch auch unter Wahrung der im Gesetz angelegten Trennung von Gewerbeuntersagungs- und Wiedergestattungsverfahren Rechnung getragen werden. Zwar ist § 12 GewO nach seinem Wortlaut nicht auf das Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO anwendbar. Soweit die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf dessen ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht, kann jedoch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren die Grundlage für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung bieten. Das setzt die Prognose voraus, dass der Gewerbetreibende künftig wirtschaftlich hinreichend leistungsfähig sein wird, um das Gewerbe ordnungsgemäß ausüben zu können. Allerdings rechtfertigen allein die oben genannten insolvenzrechtlichen Sicherungen eine solche Prognose nicht. Wie ausgeführt, bewirken diese Sicherungen, solange und soweit sie greifen, dass kein Bedürfnis im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewO besteht, den Geschäftsverkehr von einer Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit des insolventen Gewerbetreibenden zu schützen (vgl. BT-Drs. 12/3803 S. 103). Für die Prognose einer auf den Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezogenen dauerhaften Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist darüber hinaus erforderlich, dass begründete Aussicht auf eine Sanierung seiner Vermögensverhältnisse infolge der im Insolvenzverfahren durchzuführenden Maßnahmen besteht. Für diesen Fall werden in der Regel die Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung wegen künftig geordneter Vermögensverhältnisse und zwischenzeitlich fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs vorliegen. Umgekehrt wird eine Wiedergestattung im Regelfalle nicht in Betracht kommen, wenn die Sanierungschancen negativ zu bewerten sind. Ist der Sanierungserfolg - insbesondere zu Beginn des Insolvenzverfahrens - noch offen, fehlt zwar zunächst die Grundlage für die Feststellung, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben. Insoweit kann dem in § 12 GewO zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse, eine Sanierung des insolventen Gewerbes im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht durch eine fortdauernde Untersagung der Gewerbeausübung von vornherein zu vereiteln, dadurch Rechnung getragen werden, dass die nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO vorausgesetzte Gewähr dauerhafter Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden - hier nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - durch geeignete Nebenbestimmungen gesichert wird, die den weiteren Bestand der Wiedergestattung vom Ergebnis des Insolvenzverfahrens abhängig machen (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG). Zur raschen vorläufigen Klärung der Befugnis zur Fortführung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO steht dem Gewerbetreibenden die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO zur Verfügung.

27

Das Wiedergestattungsverfahren ist auch nicht deshalb ungeeignet, die Chance für eine Sanierung des insolventen Gewerbes durch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren zu erhalten, weil im Regelfall für die Wiedergestattung eine Wartefrist von einem Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung einzuhalten ist (§ 35 Abs. 6 Satz 2 GewO). Denn für den Fall, dass Aussicht auf eine Sanierung der Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden im Wege insolvenzrechtlicher Maßnahmen besteht oder ein Sanierungserfolg jedenfalls möglich erscheint, wird vom Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne des § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auszugehen sein, weil es dann nicht mehr aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist, den Betroffenen trotz fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs länger von der Ausübung des Gewerbes fernzuhalten und dadurch den Sanierungserfolg zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1959 - 1 C 101.54 - DVBl. 1959, 775 <776> und Beschluss vom 23. November 1990 - 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand Oktober 2014, Bd. I, § 35 Rn. 177.

28

4. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die vom Berufungsgericht bejahte Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid.

29

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 19. Januar 2015 untersagte das Landratsamt Donau-Ries dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Küchenan- und -verkauf“ sowie aller (weiteren) Gewerbe. Gleichzeitig gab es dem Kläger unter Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung auf, das von ihm derzeit ausgeübte Gewerbe einzustellen und es abzumelden. Zur Begründung verwies das Landratsamt u. a. darauf, dass der Kläger bis Mitte Oktober 2014 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt einen Steuerrückstand in Höhe von 45.255,26 € hatte auflaufen lassen, er gegenüber seiner Wohnsitzgemeinde Abgaben (einschließlich Nebenleistungen) im Umfang von 22.716,93 € nicht entrichtet hatte und er 4714,12 € an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen (unter Einschluss von Säumniszuschlägen) sowie 503,86 € an Beiträgen zur Industrie- und Handelskammer schuldete.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 24. September 2015 als unbegründet ab.

Zur Begründung seines Antrags, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen, macht der Kläger geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Zudem weise die Rechtssache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf; auch komme ihr grundsätzliche Bedeutung zu.

II.

Über den Antrag auf Zulassung der Berufung konnte ohne Anhörung des Beklagten entschieden werden, da in der Antragsbegründungsschrift vom 30. November 2015 entgegen dem sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Darlegungsgebot nicht aufgezeigt wurde, dass die Voraussetzungen der vom Kläger in Anspruch genommenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 VwGO vorliegen.

1. Der Kläger versucht, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zum einen daraus herzuleiten, dass - wenn man auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstelle - „eine klare Besserungstendenz“ vorhanden sei. Bereits das Verwaltungsgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung nach gefestigter Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - NVwZ 2015, 1544/1545), deren Richtigkeit die Begründung des Zulassungsantrags nicht angreift, ausschließlich davon abhängt, dass bei Erlass der letzten dem Beschreiten des Rechtswegs vorausgehenden Behördenentscheidung Tatsachen vorlagen, die einen solchen Ausspruch rechtfertigen. Später eingetretene Entwicklungen sind vor diesem Hintergrund entscheidungsunerheblich. Auf den Umstand, dass in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung eine beim Kläger zu beobachtende „klare Besserungstendenz“ nur behauptet, nicht aber - wie das nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO erforderlich wäre - „dargelegt“ (d. h. unter Angabe konkreter Tatsachen nachvollziehbar aufgezeigt) wurde, ist deshalb nur ergänzend hinzuweisen.

Ebenfalls nicht dargetan werden ernstliche Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO durch das sinngemäße Vorbringen, die aufgelaufenen Rückstände resultierten aus „Problemen mit dem Steuerberater“. Denn die Frage, ob eine Person unzuverlässig im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, beantwortet sich nach rein objektiven Gesichtspunkten; ein etwaiges Verschulden des Gewerbetreibenden bzw. das Fehlen eines solchen Verschuldens sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich ebenso unerheblich wie Verschuldensgesichtspunkte, die sich ggf. aus der Tätigkeit eines Dritten (hier: eines Steuerberaters) ergeben, dessen sich der Gewerbetreibende zur Erfüllung seiner Pflichten bedient hat. Ebenfalls nur ergänzend ist deshalb anzumerken, dass der Wechsel des Steuerberaters, den der Kläger nach eigenem Bekunden (vgl. seine E-Mail an das Landratsamt vom 12.10.2014) mehrere Monate vor dem Erlass des Untersagungsbescheids vorgenommen hat, nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu keiner durchgreifenden Besserung seiner wirtschaftlichen Situation geführt, insbesondere nicht bewirkt hat, dass er nunmehr über ein tragfähiges Sanierungskonzept verfügt, das eine zeitnahe Tilgung seiner nach wie vor erheblichen Schulden erwarten lässt (vgl. die Ausführungen in den Randnummern 43 bis 45 des angefochtenen Urteils). Entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung wirft der Rechtsfall unter diesem Gesichtspunkt deshalb auch keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

Sollte der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 24. September 2015 daraus herleiten wollen, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 19. Januar 2015 auch insoweit unbeanstandet gelassen hat, als ihm darin ein „Berufsverbot für alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit Küchenmontage“ erteilt worden sei, obgleich die letztgenannte Betätigung in keinem Zusammenhang mit dem Gewerbe stehe, aus dessen Ausübung die aufgelaufenen Verbindlichkeiten resultierten, so würden damit die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gleichfalls nicht dargetan. Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass dem Kläger in der Nummer II des Tenors des Ausgangsbescheids nicht nur eine selbstständige Betätigung als Küchenmonteur, sondern jedwede Gewerbeausübung untersagt wurde. Dieser Ausspruch ist deshalb rechtens, weil steuerliche Erklärungs- und Zahlungspflichten im Rahmen jeder gewerblichen Betätigung zu erfüllen sind und die Verletzung dieser Pflichten - worauf bereits das Verwaltungsgericht in der Randnummer 50 des angefochtenen Urteils zutreffend hingewiesen hat - deshalb einen umfassenden Unzuverlässigkeitsvorwurf rechtfertigen kann.

2. Die Behauptung, die Untersagungsverfügung vom 19. Januar 2015 - insbesondere der in der Nummer II des Bescheidstenors enthaltene Ausspruch - laufe dem Zweck des § 35 Abs. 1 GewO deshalb zuwider, weil gerade durch das Verbot einer künftigen gewerblichen Betätigung des Klägers Einnahmeinteressen der öffentlichen Hand gefährdet und gegen den Kläger gerichtete Forderungen uneinbringlich werden würden, zeigt keine rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Die Untersagung einer weiteren Gewerbeausübung durch den Kläger verhindert vielmehr, dass eine solche Betätigung mit zusätzlichen Vermögensschäden oder Vermögensgefährdungen Dritter einhergeht, wie sie mangels ausreichender Einkünfte und angesichts fehlender, als Haftungssubstrat geeigneter Vermögenswerte des Klägers andernfalls konkret zu befürchten sind (vgl. die unwidersprochen gebliebenen Feststellungen unter der Randnummer 40 des angefochtenen Urteils über erfolglos verlaufene Vollstreckungsversuche in das bewegliche Vermögen des Klägers, die Aussichtslosigkeit einer Vollstreckung in sein unbewegliches Vermögen und die Abgabe einer Vermögensauskunft durch ihn im Oktober 2013). Was seine Verpflichtung zur Rückführung der aufgelaufenen Verbindlichkeiten anbetrifft, so hat der Kläger nicht dargelegt, warum er als unselbstständig Beschäftigter hierzu nicht in der Lage ist.

3. Die beachtliche Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass der Rechtsbehelfsführer eine konkrete tatsächliche oder rechtliche Frage bezeichnet und er aufzeigt, dass sie sich im jeweiligen Verfahren in entscheidungserheblicher Weise stellt, sie ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Beantwortung durch das Berufungsgericht bedarf und dieser Antwort Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukäme (vgl. zu diesen Erfordernissen z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).

Es kann dahinstehen, ob die in der Antragsbegründung enthaltene Wendung, dass „darauf abzustellen sein wird, wenn wie vorliegend, danach alle Verbindlichkeiten zurückbezahlt sind, ob dann eine weitere Maßnahme aus formellen Aspekten zulässig ist und damit die Untersagung eines jeglichen vergleichbaren Gewerbes zulässig ist“, als beachtliche Formulierung einer Fragestellung anerkannt werden kann, die bei Erfüllung der weiteren vorgenannten Kriterien die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu rechtfertigen vermöchte. Bedenken bestehen insoweit im Hinblick darauf, dass die vorstehende Wendung eine im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht vorliegende tatsächliche Gegebenheit (Tilgung aller Schulden) unterstellt und sie mit der Behauptung, dem Kläger seien nur „vergleichbare Gewerbe“ untersagt worden, den Regelungsgehalt des streitgegenständlichen Bescheids in unzutreffender Weise wiedergibt. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache scheidet jedenfalls deshalb aus, weil in der Antragsbegründung weder die Klärungsfähigkeit noch die Klärungsbedürftigkeit noch die einzelfallübergreifende Bedeutung der Fragestellung dargelegt wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nummern 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen erweiterte Gewerbeuntersagungen gegen die Klägerin zu 1 als Unternehmergesellschaft und den Kläger zu 2 als ihren früheren Geschäftsführer.

Der Kläger zu 2 war bis zum 22. März 2012 Geschäftsführer einer im Werkzeug- und Formenbau tätigen GmbH, gegen welche das Landratsamt E.-... wegen erheblicher Steuer- und Beitragsrückstände ein Gewerbeuntersagungsverfahren einleitete und dieses wegen zwischenzeitlicher Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH aussetzte. Der Kläger zu 2 meldete deren Gewerbe zum 22. März 2012 ab und zum gleichen Tag am selben Betriebsort die Klägerin zu 1 als Unternehmergesellschaft (UG) ebenfalls im Werkzeug- und Formenbau mit sich als Geschäftsführer neu an.

Am 5. März 2012 leitete das Landratsamt ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die Kläger ein und ermittelte Steuer- und Beitragszahlungsrückstände der Klägerin zu 1. Diese betrugen zum 21. Juni 2013 bei der ... 21.228,29 Euro, beim Finanzamt E. 14.066,08 Euro und bei der ... 1.043,64 Euro. Zudem war ein Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beim Amtsgericht E. eingetragen (Aktenvermerk vom 21.6.2013, Behördenakte Bl. 89). Daraufhin untersagte das Landratsamt mit Bescheid vom 24. Juni 2013, der Klägerbevollmächtigten zugestellt am 2. Juli 2013, der Klägerin zu 1 das ausgeübte und jedes stehende Gewerbe und dem Kläger zu 2 die Ausübung jedes stehenden Gewerbes und jegliche Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person.

Am 28. Juni 2013 wurde der Kläger als Geschäftsführer der Klägerin abberufen und Frau L. zur Geschäftsführerin bestellt. Diese Änderung wurde am 2. August 2014 ins Handelsregister eingetragen.

Die von den Klägern erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. November 2013 ab.

Die Kläger haben die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und beantragen,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. November 2013 und den Bescheid des Landratsamts E.-... vom 24. Juni 2013 aufzuheben.

Zur Begründung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Gewerbeuntersagung sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten, insbesondere in ihrem Grundrecht auf Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG. In die Gewerbeuntersagung sei nicht einbezogen worden, dass diese nicht nur die Kläger sondern auch die bei der Klägerin zu 1 Beschäftigten durch Arbeitsplatzverlust massiv beeinträchtigen würde. Die Rückstände im Zeitpunkt der Behördenentscheidung beim Finanzamt und bei den Sozialkassen von ca. 36.000 Euro rechtfertigten nicht die Annahme, dass dies auch in Zukunft und für jegliche Art der Gewerbeausübung im gesamten Bundesgebiet der Fall sein werde. Es liege gerade keine ausweglose wirtschaftliche Krise der Klägerin zu 1 vor, denn die Angestellten erhielten regelmäßig Lohn und Gehalt und die Klägerin zu 1 habe eine Vielzahl von Aufträgen zu erfüllen. Zudem sei ihre Neugründung als Unternehmergesellschaft mit dem Insolvenzverwalter der zuvor betriebenen GmbH abgesprochen gewesen, um die Aufträge und die Arbeitsplätze zu erhalten. Auch sei der Kläger zu 2 nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin. Die Absicht des Klägers, in Zukunft weder ein eigenes Unternehmen zu gründen oder ein solches als Geschäftsführer leiten zu wollen, sei bei der Abwägung missachtet worden. Die Gewerbeuntersagung sei insgesamt unverhältnismäßig.

Der Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Zur Begründung verweist er auf sein Vorbringen im Zulassungsverfahren, wonach sich die Zahlungsrückstände der Klägerin auch unter der neuen Geschäftsführung erhöht hätten und die Altschulden nicht getilgt worden seien. Der Kläger zu 2 sei als Geschäftsführer für die Schulden der Klägerin zu 1 verantwortlich gewesen; seine kurzfristige Abberufung stehe der Untersagung nicht entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

I. Der Verwaltungsgerichtshof konnte trotz Ausbleibens der Kläger und ihrer Bevollmächtigten in deren Abwesenheit verhandeln, weil sie bei der Ladung darauf hingewiesen worden waren (§ 102 Abs. 2 VwGO) und kein Grund für eine Terminsverlegung bestand.

Eine Terminsverlegung von Amts wegen war nicht geboten, weil kein erheblicher Grund hierfür vorlag (§ 173 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO). Zwar hatte die Klägerbevollmächtigte das Mandat niedergelegt. Die Mandatsniederlegung war jedoch gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof unwirksam, solange kein anderer Bevollmächtigter seine Mandatierung angezeigt hatte (vgl. § 173 VwGO i. V. m. § 87 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO). Dementsprechend hatte die Klägerbevollmächtigte, wie sie dem Verwaltungsgerichtshof auf telefonische Nachfrage am Verhandlungstag mitteilte (vgl. Aktenvermerk vom 14.8.2014), den Klägern angeboten, sie im Termin vor dem Verwaltungsgerichtshof am 14. August 2014 zu vertreten, sollten sie keinen anderen vertretungsbereiten Bevollmächtigten gefunden und ihr dies spätestens am 13. August 2014 mitgeteilt haben (vgl. § 87 Abs. 2 ZPO); eine solche Mitteilung der Kläger sei ihr jedoch nicht zugegangen. Dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2014 weder persönlich anwesend noch anwaltlich vertreten waren, ist daher von ihnen zu verantworten und stellt keinen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO dar.

II. Die Berufung der Kläger ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht ihre Anfechtungsklagen zu Recht abgewiesen hat, da der angefochtene Bescheid vom 24. Juni 2013 nicht rechtswidrig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, weil die erweiterte Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 zu Recht auf deren gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 7a Satz 1 und 3 GewO gestützt werden konnte, verhältnismäßig ist und auch im Übrigen an keinen rechtlichen Mängeln leidet.

1. Die erweiterte Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin zu 1 ist gerechtfertigt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zutreffend hat der Beklagte die Prognose der Unzuverlässigkeit der Klägerin zu 1 nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO auf die andauernde Missachtung ihrer steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten durch ihren damaligen Geschäftsführer, den Kläger zu 2, gestützt, dessen Verhalten sie sich nach § 5a, § 6 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zurechnen lassen muss. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffende Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts (dort Entscheidungsgründe A und B) Bezug genommen und ergänzend zum Berufungsvorbringen ausgeführt:

a) Die Klägerin zu 1 war im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses aufgrund ihrer mangelnden finanziellen Leistungsfähigkeit gewerberechtlich unzuverlässig.

Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2; std. Rspr.). Dies ist bei der Klägerin zu 1 der Fall, weil sie zum für die Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115; BayVGH, B. v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 15; BayVGH, B. v. 30.4.2012 - 22 C 12.372 -Rn. 16, std. Rspr.) am 2. Juli 2013 Lohn- und Umsatzsteuer zum Stand 21. Juni 2013 von 14.066,08 Euro schuldete, ohne dass eine Zahlungsvereinbarung bestand. Zudem schuldete sie der B... ... 21.228,29 Euro und der ... 1.043,64 Euro (Aktenvermerk vom 21.6.2013, Behördenakte Bl. 89).

Der durch Gesellschafterbeschluss erfolgte Wechsel in der Geschäftsführung zwischen Erstellung und Zustellung des angefochtenen Bescheids - und damit vor dem für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verwaltungsentscheidung am 2. Juli 2013 (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.; BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 52.78 - GewArch 1982, 233/234; BVerwG, B. v. 29.7.1993 - 1 C 3.92 - GewArch 1995, 115) - ändert an dieser Prognose nichts. Denn die wirtschaftlich schlechte Lage der Klägerin zu 1 war die Folge einer längeren Entwicklung. Anhaltspunkte dafür, dass sich ihre finanzielle Leistungsunfähigkeit in absehbarer Zeit allein in Folge des Wechsels der Geschäftsführung beheben lassen würde, bestanden mangels eines Sanierungskonzepts nicht.

b) Ohne dass es noch darauf ankommt, belegt auch der Anstieg der Verbindlichkeiten der Klägerin zu 1 nach Bescheidserlass und auch nach dem Wechsel in der Geschäftsführung die Richtigkeit der dem Bescheid zugrunde gelegten Prognose.

Zum 16./17. September 2013 betrugen ihre Rückstände beim Finanzamt 14,351,81 Euro, bei der B. ... trotz Teilpfändungen 28.492,19 Euro und bei der ... 2.024,62 Euro (Aktenvermerk vom 16./17.9.2013, Behördenakte Bl. 147). Zum 14. November 2013 betrugen sie beim Finanzamt gar 25.475,54 Euro, bei der B. ... 27.986,69 Euro und bei der ... 1.018,44 Euro (Aktenvermerk vom 14.11.2013, VG-Akte Bl. 52). Zum 23. Juni 2014 betrugen ihre Rückstände beim Finanzamt 27.178,27 Euro (darunter 7.500 Euro Lohnsteuer), bei der B. ... noch 15.926,73 Euro und bei der ... 2.094,76 Euro, wobei mangels Beitragsnachweisen Schätzungen der Beiträge für März bis Mai 2014 erfolgten (Aktenvermerk vom 23.6.2014, VGH-Akte Bl. 73).

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Gewerbeuntersagung auch nicht unverhältnismäßig.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verstoßen kann (BVerwG, B. v. 9.3.1994 - 1 B 33.94 - GewArch 1995, 114; BVerwG, B. v. 1.2.1994 - 1 B 211.93 - GewArch 1995, 114). Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls sind nach Aktenlage nicht gegeben. Die von der Klägerin zu 1 behaupteten Gefahren eines Arbeitsplatzverlustes ihrer Beschäftigten rechtfertigen nicht, von einer Gewerbeuntersagung wegen fortgesetzter Pflichtverletzung abzusehen.

Soweit die Klägerin zu 1 meint, das Interesse ihrer Beschäftigten am Erhalt ihrer Arbeitsplätze sei nicht mit dem angemessenen Gewicht in der Entscheidung über die Gewerbeuntersagung berücksichtigt worden, ihnen drohe mit dem Arbeitsplatzverlust auch der Verlust ihres ihnen von der Klägerin bisher regelmäßig gezahlten Gehalts, ist dem nicht zu folgen. Zum Einen sind die Belange Drittbetroffener wie der Beschäftigten für die im bipolaren Verhältnis zwischen Gewerbetreibenden und Gewerbebehörde ergehende Gewerbeuntersagung und die dafür ausschlaggebenden Belange nachrangig (vgl. Dietz, GewArch 2014, 225/232 m. w. N.). Zum Anderen entspricht es nicht der Fürsorge für ihre Beschäftigten, diesen zwar den Netto-Lohn auszuzahlen, aber die Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, die der Erfüllung der Lohnsteuerpflicht der Arbeitnehmer und ihrer sozialen Absicherung dienen, schuldig zu bleiben. Die Veruntreuung hierfür nach § 39b EStG bestimmter Mittel kann strafbar sein (vgl. § 266a StGB). Auf diese Weise hat sich die Klägerin zu 1 außerdem einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber mit ihr konkurrierenden Betrieben verschafft, die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für ihre Mitarbeiter pünktlich entrichten.

d) Angesichts der Höhe der aufgelaufenen Steuer- und Beitragsschulden und der lang andauernden gewerbeübergreifenden Pflichtverletzungen der Klägerin zu 1 ist auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BayVGH, B. v. 1.6.2012 - 22 B 09.2785 - Rn. 14) müssen zum Erlass einer erweiterten Gewerbeuntersagung zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen erstens Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ dartun („gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“). Eine solche ist - wie hier - bei beharrlichen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichtverletzungen ohne konkrete Aussicht auf Besserung unzweifelhaft gegeben. Zweitens muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist deshalb unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 17/79 - BVerwGE 65, 9/11; BVerwG, B. v. 11.9.1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116; BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 22 ZB 11.2845 - Rn. 33; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 14). Für solche besonderen Umstände fehlen vorliegend alle Anhaltspunkte, denn die Klägerin zu 1 hat an ihrer Gewerbeausübung festgehalten, als sich ihre Überschuldung und wirtschaftliche Unzuverlässigkeit wenige Monate nach Aufnahme ihres Geschäftsbetriebs abzeichnete. Dass sie ihr Gewerbe sogar noch nach Bescheidserlass fortgesetzt hat, obwohl auch der Wechsel in ihrer Geschäftsführung nicht die erhoffte Wende gebracht hatte, bestätigt im Nachhinein die Richtigkeit der dem Bescheid zugrunde gelegten Prognose.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung bedarf selbst bei vergleichsweise niedrigen Steuerschulden, zu denen der aufgelaufene Steuerrückstand von 14.066,08 Euro im Zeitpunkt des Bescheidserlasses angesichts der Liquiditätsprobleme der Klägerin zu 1 nicht zählt, sowie von Beitragsrückständen bei der B. ... von 21.228,29 Euro und bei der ... von 1.043,64 Euro (Aktenvermerk vom 21.6.2013, Behördenakte Bl. 89), keiner besonderen Rechtfertigung im Verhältnis zur Untersagung des ausgeübten Gewerbes (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2013 - 22 B 13.448 - Rn. 7). Für die erweiterte Gewerbeuntersagung ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang steht (vgl. BVerwG, B. v. 12.1.1993 - 1 B 1/93 - GewArch 1993, 155 m. w. N.; BayVGH, U. v. 1.6.2011 - 22 B 09.2785 - Rn. 15). Daran ist auch vorliegend festzuhalten, denn eine Gewerbetätigkeit, die nur unter laufenden Pflichtverletzungen gegenüber Finanzamt und Sozialkassen stattfindet, genießt mit Blick auf die von ihr geschädigten Gemeinwohlgüter der finanziellen Funktionsfähigkeit der öffentlichen Kassen und der sozialen Sicherung der Beschäftigten einerseits sowie der Fairness des Wettbewerbs andererseits nur einen geminderten Schutz durch die Berufsfreiheit, so dass das öffentliche Interesse an der Untersagung hier die privaten Belange des Gewerbetreibenden weit überwiegt.

2. Ebenso ist die erweiterte Gewerbeuntersagung gegenüber dem Kläger zu 2 als früherem Geschäftsführer der Klägerin zu 1 gerechtfertigt, weil die aktenkundigen Tatsachen auch bei ihm die Annahme rechtfertigen, dass er die für eine gewerbliche Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zutreffend hat der Beklagte die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers zu 2 nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 7a Satz 1 und Satz 3 GewO auf die andauernde Missachtung der steuerlichen und sozialrechtlichen Zahlungspflichten der Klägerin zu 1 gestützt, für deren Erfüllung er nach § 5a, § 6 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verantwortlich war.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit ebenfalls auf die zutreffende Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts (dort Entscheidungsgründe C I, III V und D) Bezug genommen und ergänzend zum Berufungsvorbringen ausgeführt: Auch beim Kläger zu 2 ist die erweiterte Gewerbeuntersagung ebenfalls unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung zulässig, weil er an der Gewerbeausübung durch die Klägerin zu 1 festgehalten hat, als sich auch deren Überschuldung und wirtschaftliche Unzuverlässigkeit bereits wenige Monate nach Aufnahme ihres Geschäftsbetriebs abzeichneten. Dass die Gründung der Klägerin zu 1 mit dem Insolvenzverwalter der GmbH abgestimmt war, ändert nichts an der gesellschafts- und gewerberechtlichen Verantwortlichkeit des Klägers zu 2 für die anschließende Gewerbeausübung durch die Klägerin zu 1. Die bloße Absichtsbekundung, nicht anderweitig tätig zu werden, reicht angesichts der bisherigen leitenden Tätigkeit des Klägers zu 2 in zwei verschiedenen Firmen nicht für die Annahme, dass seine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge ausscheidet.

Ebenso ist in seinem Fall auch die Untersagung der Tätigkeit als Vertretungsberechtigter gerechtfertigt, da er bei jetzt zwei Unternehmen gezeigt hat, dass er den Aufgaben des Geschäftsführers persönlich und fachlich nicht gewachsen ist.

Die erweiterte Gewerbeuntersagung verletzt den Kläger zu 1 nicht in seiner von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit, weil sie im vorliegenden Fall zum Schutz des überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Kassen durch pünktliche Entrichtung von Steuer- und Beitragszahlungen sowie zum Schutz der Wirtschaft vor unlauteren Wettbewerbsverzerrungen durch dauerhafte Nichtentrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gerechtfertigt ist.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 ff. ZPO i. V. m. § 167 Abs. 2 VwGO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.