Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2017 - 1 B 16.2510

published on 11/04/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2017 - 1 B 16.2510
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Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der einen landwirtschaftlichen Betrieb betreibt, wendet sich gegen eine Baueinstellungsanordnung für ein ca. fünf Kilometer von seiner Hofstelle entferntes und im Rohbau in Betonbauweise errichtetes landwirtschaftliches Betriebsgebäude am S.-berg.

Das Landratsamt stellte telefonisch am 22. April 2015 die Bauarbeiten ein und bestätigte dies mit Bescheid vom selben Tag. Aufgrund formeller Mängel hob das Landratsamt den Bescheid vom 22. April 2015 auf, sodass sich das dagegen gerichtete Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht erledigte und mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Juni 2015 eingestellt wurde. Mit Bescheid vom 19. Juni 2015 bestätigte das Landratsamt erneut die mündliche Baueinstellung vom 22. April 2015. Nach den Ausführungen des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten diene das Vorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers, jedoch entspreche die Bauausführung nicht den ortsüblichen Erwartungen an ein landwirtschaftliches Nebengebäude.

Die gegen die Baueinstellungsanordnung gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer Ortseinsicht abgewiesen. Die Baueinstellungsanordnung sei rechtmäßig, da das landwirtschaftliche Betriebsgebäude einer Baugenehmigung bedürfe. Das Gebäude könne nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO verfahrensfrei errichtet werden, da es in seiner konkreten Ausgestaltung nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers im Sinn von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB diene. Ausschlaggebend hierfür sei in erster Linie der gewählte Standort unter Aufschüttung des Geländes und die Betonbauweise des Gebäudes. Ein vernünftiger Landwirt würde ein landwirtschaftliches Gebäude nicht weithin sichtbar auf eine Hangkuppe, die von der vorbei führenden Straße und der Hügellandschaft des S.-bergs aus gut einsehbar sei, setzen sowie das Gebäude auch nicht vollständig in Betonweise errichten. Das nicht privilegierte Vorhaben sei auch nicht genehmigungsfähig, da es öffentliche Belange beeinträchtige.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung begehrt der Kläger unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Aufhebung der Baueinstellungsanordnung. Das Gebäude befinde sich nicht an einer exponierten Stelle, sondern am Fuß einer ansteigenden Wiesenfläche und werde an drei Seiten von Wald umschlossen. Der Standort des Gebäudes sei - ohne dies zu dokumentieren - bei einer Ortsbegehung abgesprochen worden. Obwohl die Baukosten für die Privilegierung und die Wahl des Standorts keine Rolle spielen dürften, habe er einen äußerst günstigen Preis für die Ausführung erzielen können. Die Herstellung des Gebäudes in Holzausführung sei dagegen nicht günstiger und berücksichtige auch nicht, dass die Bauweise aufgrund der Höhenlage und Schneelast gewählt wurde und das Gebäude nach Fertigstellung vollständig mit Holz verschalt werden solle. Bis zur Fertigstellung des Rohbaus habe es trotz Besichtigungen und Nachfragen durch das Landratsamt keine Beanstandungen gegeben. Es sei daher rechtsmissbräuchlich, wenn nunmehr - obwohl er aufgrund der Genehmigungsfreiheit seines Vorhabens dazu nicht verpflichtet gewesen sei - damit argumentiert werde, dass die Lage des Gebäudes nicht genau festgelegt worden sei.

Der Kläger beantragt zuletzt‚

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. September 2015 den Bescheid des Landratsamts vom 19. Juni 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt‚

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zu Recht die dienende Funktion des Gebäudes für die klägerische Landwirtschaft verneint. Die Gestaltung und Ausstattung des Vorhabens lasse die gebotene Rücksichtnahme auf seine (Außenbereichs-)Umgebung vermissen. U.a. seien die durchgängig in Beton ausgeführten Bauteile und die Höhenentwicklung des Gebäudes privilegierungsschädlich. Der behauptete Zweck des Vorhabens, die Ermöglichung der vorübergehenden Unterbringung des Viehs bei schlechter Witterung, finde in der tatsächlich erfolgten Ausführung keinen Anhalt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Wegen der beim Ortstermin am 6. April 2017 getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift mit der beigefügten Fotodokumentation verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Baueinstellung des bis auf das Dach fertiggestellten Gebäudes des Klägers gerichtete Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid des Landratsamts vom 19. Juni 2015 rechtmäßig ist. Das Gebäude steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Es dient in seiner objektiven Ausgestaltung nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers.

Rechtsgrundlage für die Baueinstellungsanordnung ist Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet werden. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, weil das Vorhaben nicht dem landwirtschaftlichen (privilegierten) Betrieb des Klägers im Sinn von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient. Denn es ist weder „nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt“ und damit nicht genehmigungsfrei nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO noch ist es als Stall geeignet.

Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „Dienens“ ist der Grundgedanke des § 35 BauGB, dass der Außenbereich grundsätzlich nicht bebaut werden soll, zu beachten; durch ihn wird die Privilegierung eingeschränkt. Es reicht daher nicht aus, dass das Vorhaben nach den Vorstellungen des Landwirts für seinen Betrieb lediglich förderlich ist. Andererseits kann nicht verlangt werden, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 - 4 C 11.89 - BauR 1991, 579). Dabei ist darauf abzustellen, ob ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde, wobei hinzukommen muss, dass das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 a.a.O.). Zwar ist das Verwaltungsgericht insoweit über diese Rechtsprechung hinausgegangen, weil es zusätzlich die Frage aufwirft, ob ein vernünftiger Landwirt das Vorhaben auch an demselben konkreten Standort errichten würde. Denn die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB hängt regelmäßig nicht von ihrem Standort ab (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 a.a.O.; U.v. 20.6.2013 - 4 C 2.12 - BVerwGE 147, 37). Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Die eigentliche Zweckbestimmung besteht darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können. Danach ist die Frage des Standortes keine Frage des „Dienens“. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des „Dienens“ kann der beabsichtigte Standort nur ein (bestätigendes oder abweisendes) Indiz im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung sein. Ist das Vorhaben dem Betrieb funktional zugeordnet und auch äußerlich durch den betrieblichen Verwendungszweck geprägt, so entfällt die Privilegierung nicht deshalb, weil es an dem vom Bauherrn gewünschten Standort - etwa wegen seiner exponierten Lage - den Außenbereich in besonderem Maße beeinträchtigt. Die Frage des Standorts ist somit Gegenstand der „Abwägung“ eines grundsätzlich privilegierten Vorhabens mit den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten öffentlichen Belangen im Einzelfall (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 a.a.O.; BayVGH, U.v. 26.9.2011 - 1 B 11.550 - BayVBl 2013, 87).

Das Gebäude ist nicht nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt. Die Behauptung einer derartigen Zweckbestimmung durch den Kläger rechtfertigt nur dann die Privilegierung, wenn sie ihre Entsprechung in dem objektiv entsprechend der Ausgestaltung vorhandenen Nutzungspotential des Gebäudes findet. Käme es allein auf die subjektiven Vorstellungen des Bauherrn an, würde dies dem Zweck der Vorschrift widersprechen, die lediglich Viehunterstände wegen ihres im Verhältnis zu Stallgebäuden weitaus geringeren Konfliktpotentials vom präventiven Bauverbot freistellen will (vgl. OVG RhPf, B.v. 25.2.2004 - 8 B 10256.04 - BauR 2004, 1284). Ein von dieser Bestimmung erfasstes verfahrensfreies Gebäude darf deshalb nicht objektiv zur dauernden Unterbringung von Tieren geeignet sein (vgl. Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO Stand August 2016, Art. 57 Rn. 121). Im vorliegenden Fall verlässt der Kläger mit dem für die Wände verwendeten Material und der Wandhöhe von fünf Metern die Art und Weise, in der üblicherweise Schutzunterstände ausgeführt werden und errichtet vielmehr ein Gebäude, das jedem beliebigen Zweck zugeführt werden kann. Darüber hinaus sind die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht geeignet, die besondere Zweckbestimmung des Gebäudes zu begründen. Danach sollen in den zwei geteilten Räumen des Gebäudes in den Sommermonaten unterschiedliche Gruppen von Rindern gehalten werden. Bei längerer Schlechtwetterphase sollen die Tiere ausschließlich in dem Gebäude und auf der betonierten Fläche davor gehalten werden. Das insoweit benötigte zusätzliche Futter soll außerhalb des Gebäudes im Bereich des Dachüberstandes auf der betonierten Fläche gelagert werden. Nach dieser Betriebsbeschreibung ist daher - in etwa vergleichbar mit einer Almwirtschaft - eine zeitweise Stallhaltung geplant. Die Einwendung des Klägers, die Tiere würden nur während der Sommermonate, also vorübergehend, untergestellt, ansonsten könnten sie sich auf der Weide bewegen, vermag daran nichts zu ändern.

Das Vorhaben ist auch nicht als Stall geeignet. Nach Auffassung des Senats ist die Errichtung einer massiven Betonplatte sowie von Betonwänden zwar unschädlich für einen Stall. Ein Stallgebäude erfordert jedoch keine Ausführung mit fünf Meter hohen Wänden und mit kleinen Fenstern sowie eine Aufteilung in zwei Räume mit einer Trennwand ebenfalls aus Beton, die einer variablen Stallnutzung entgegenstehen. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Vertreter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erfüllt das Gebäude in der jetzigen Ausgestaltung nicht die an einen Stall gestellten Anforderungen im Hinblick auf die Belichtung und die Belüftung sowie das Mist- und Güllemanagement. Dass die Betonwände auch nach den eigenen Ausführungen des Klägers nicht nur der Bewältigung der zu erwartenden Schneelast, sondern im Wesentlichen der Entmistung des Gebäudes dienen, da er die im Laufe der Saison entstehende dichte Schicht aus Stroh und Mist mit einem Radlader entfernen müsse und dies nur gelinge, wenn - wie hier - der Raum an drei Seiten von Wänden umgeben sei, ändert nichts daran, dass das bis auf das Dach fertiggestellte Gebäude als Stall nicht geeignet ist. Fehlt es aber an einer funktionalen Beziehung zu dem landwirtschaftlichen Betrieb, so kommt es auf die Frage, ob die üblichen hygienischen Anforderungen für die Tierhaltung sich auf Ställe oder auch auf die vorübergehende Tierhaltung in Unterständen beziehen, nicht entscheidungserheblich an.

Rechtliche Mängel der Ermessensauübung und -begründung sowie der Zwangsgeldandrohung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, weil sein Rechtmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Annotations

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.