Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2016 - 10 BV 13.1005

bei uns veröffentlicht am12.12.2016
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RO 5 K 11.855, 28.02.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin (vormals: ...) - ein Unternehmen im Bereich der online-Lotterie mit Sitz in London - vermittelt seit 1999 die Teilnahme am Lottospiel der staatlichen Lottogesellschaften der Länder über das Internet. Gemäß dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2008) beantragte sie mit Antrag vom 29. November 2007 für das Jahr 2008 eine Internet-Vermittlungserlaubnis, deren Erteilung mit Bescheid des Beklagten vom 4. April 2008 abgelehnt wurde; mit der daraufhin erhobenen und im Parallelverfahren abgewiesenen Klage (vgl. VG Regensburg, U.v. 28.2.2013 - RO 5 K 12.1196 - und BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1006 -) verfolgt die Klägerin noch die Feststellung der Erlaubnisfreiheit der beabsichtigten Vermittlungstätigkeit.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte am 19. September 2008 einen weiteren, im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Antrag, ihr nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 eine Erlaubnis zur Lotterievermittlung ab dem 1. Januar 2009 (vornehmlich) im Internet zu erteilen. Die Vermittlungstätigkeit besteht im Wesentlichen darin, Lottospielscheine gebührenfrei im Internet entgegenzunehmen, um sie im Auftrag der Lottospieler bei den staatlichen Lottogesellschaften, mit denen die Klägerin entsprechende Verträge geschlossen hat, gegen Provision einzureichen und die Gewinne der Lottospieler in deren Namen geltend zu machen.

Mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 2. März 2009 wurde der Antrag wegen der fehlenden Vereinbarkeit der Vertriebswege mit dem Glücksspielstaatsvertrag, insbesondere im Hinblick auf § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 abgelehnt. Außerdem fehle zum beantragten Vertrieb über das Telefon, per SMS und Brief jegliche Vorlage von Konzepten und Nachweisen insbesondere zur Sicherstellung des Ausschlusses minderjähriger Spieler. Nicht zulässig sei außerdem die Auszahlung der Gewinne an die Spieler ohne Einschaltung eines Treuhänders.

Hiergegen erhob die Klägerin am 1. April 2009 Klage zum Verwaltungsrecht Regensburg mit den Anträgen, den Bescheid des Beklagten vom 2. März 2009 aufzuheben, hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids zu verpflichten, ihr die beantragte Erlaubnis zu erteilen. Zuletzt beantragte sie vor dem Verwaltungsgericht, für den Zeitraum vom 19. September 2008 bis 30. Juni 2012 die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 2. März 2009 festzustellen (1.a / 2.a), hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, der Klägerin die beantragte Erlaubnis zur Lotterievermittlung zu erteilen (1.b / 2.b), weiter hilfsweise, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, den Antrag der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (1.c / 2.c); zur „aktuellen Situation“ beantragte die Klägerin, den angefochtenen Bescheid aufzuheben (3.a), hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids zur Erteilung der beantragten Erlaubnis (3.b), weiter hilfsweise, den Beklagten zur Neubescheidung des Antrags nach Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (3.c). Für die vergangenen Zeiträume werde von den ursprünglich gestellten Anfechtungs- und Verpflichtungsanträgen auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Das Feststellungsinteresse folge aus dem Rehabilitierungsinteresse, einem beabsichtigten Amtshaftungsprozess und der Schwere des Grundrechtseingriffs. Mit den Anträgen zur „aktuellen Situation“ verfolge die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren nach der ab 1. Juli 2012 geltenden Gesetzeslage im Hinblick auf eine „ungebündelte“ Erlaubnis nur für Bayern weiter, ohne dass ein neuerliches Antragsverfahren durchlaufen werden müsse. Im Übrigen seien die Regelungen des § 4 GlüStV auch in seiner geänderten Fassung weder unionsnoch grundrechtskonform, weshalb die Klägerin für ihre Vermittlungstätigkeit in Bayern nach wie vor keiner Erlaubnis bedürfe.

Mit Urteil vom 28. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klagen ab - im Hinblick auf die Haupt- und Hilfsanträge nach 1.a bis c und 2.a bis c als unbegründet, im Hinblick auf die Anträge nach 3.a bis c als unzulässig - und ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu. Die wegen des Vorliegens eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage sei unbegründet, weil die Vermittlung von Glücksspielen im Internet dem insbesondere unionsrechtskonformen Erlaubnisvorbehalt zumindest bis zum 30. Juni 2012 unterlegen habe, jedoch nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht nimmt insoweit Bezug auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Verbotsvorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 habe mit höherrangigem Recht in Einklang gestanden, wie sowohl das Bundesverwaltungsgericht in seinerEntscheidung vom 1. Juni 2011 (8 C 5.10) als auch der Bundesgerichtshof (U.v. 28.9.2011 - I ZR 30/10) festgestellt hätten. Das Bundesverfassungsgericht habe diese Auffassung nicht beanstandet (Nichtannahmebeschluss v. 30.9.2013 - 1 BvR 3196/11). Das Internetverbot sei kohärent abgefasst, nicht „monopolakzessorisch“ und zur Verfolgung legitimer Interessen des Gemeinwohls geeignet. So sei das Anbieten von Glücksspielen über das Internet wegen der Anonymität und Isolation der Spieler und der besonders leichten Zugänglichkeit mit einem erheblichen Suchtpotenzial verbunden. Unerheblich sei, dass im Glücksspieländerungsstaatsvertrag Lockerungen des Internetverbots vorgenommen worden seien. Im „Verlängerungszeitraum“ zwischen 1. Januar und 30. Juni 2012 habe die ursprüngliche Rechtslage nach Art. 10 Abs. 2 AGGlüStV im Wesentlichen als Landesgesetz fortgegolten. Es habe im Hinblick auf das Ausführungsgesetz auch keine Pflicht zur Notifizierung bei der EG-Kommission bestanden. Die Klageanträge 3.a bis c seien unzulässig, weil die neue Rechtslage ab 1. Juli 2012 zu einer wesentlichen Veränderung des Klagegrundes und damit zu einer unzulässigen, weil nicht sachdienlichen Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO geführt habe. Die streitentscheidenden Normen besäßen einen vollkommen anderen Charakter; so gebe es nun ein „gebündeltes“ Erlaubnisverfahren nach § 19 Abs. 2 GlüStV, weshalb sich die Regierung der Oberpfalz nicht mehr für zuständig halte, sowie Erlaubnisvorbehalte für den Internetvertrieb und für bestimmte Werbemaßnahmen.

Die Klägerin begründet ihre Berufung im Hinblick auf die vom Beklagten entgegen dem Verwaltungsgericht bestrittene Zulässigkeit der auf den Zeitraum bis 30. Juni 2012 bezogenen Anträge mit der besonderen Intensität des Grundrechtseingriffs; nach der Rechtsprechung des Senats müsse bei der in Rede stehenden Verletzung von EU-Grundfreiheiten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse schon im Hinblick auf das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes angenommen werden. Dies gelte sowohl für die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheids vom 2. März 2009 als auch für die hilfsweise begehrte Feststellung zur Verpflichtung der Erteilung der beantragten Erlaubnis zur Lotterievermittlung. Es komme jedoch auch ein berechtigtes Interesse wegen eines möglichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht, der jedenfalls nicht deshalb ausscheide, weil der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Carmen Media das Internetverbot von Glücksspielen nicht beanstandet habe, denn diese Entscheidung befasse sich mit der Unionsrechtswidrigkeit des bayerischen Sportwettenmonopols. Auf die Unionsrechtswidrigkeit des absoluten Internetverbots für die Vermittlung von Lotto habe die Kommission bereits vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags hingewiesen und dementsprechend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. In dem maßgeblichen Schreiben vom 31. Januar 2008 sei ausgeführt, dass die Teilnahme an nationalen Lotterien - auch bei Erwerb der Lottoscheine auf elektronischem Wege - kein ernsthaftes Risiko für eine Spielsucht im Hinblick auf die in der Regel nur zweimal wöchentlich stattfindenden Ziehungen darstelle. Das berechtigte Interesse ließe sich nur im Falle eines - hier nicht gegebenen - offensichtlichen Ausschlusses von Staatshaftungsansprüchen nach summarischer Prüfung verneinen; ausreichend sei eine Plausibilitätskontrolle des Vortrags der Klägerin. Die Hauptanträge (1.a / 2.a) seien begründet. So hätten verschiedene Verwaltungsgerichte (Berlin, Chemnitz, Halle) zwischen dem Internetverbot für Lotto (unionsrechtswidrig) und dem Internetverbot für Sportwetten (unionsrechtskonform) unterschieden und festgestellt, dass die Klägerin im jeweiligen Bundesland in der bis 31. Dezember 2008 von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland zugelassenen Lotterieprodukten auch ohne Erlaubnis tätig sein dürfe. Der Erlaubnisvorbehalt stelle keinen verhältnismäßigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit dar, da er schon nicht kohärent und systematisch zur Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels beitrage. So habe der Senat schon in seinem Urteil vom 26. Juni 2012 ausführlich nachgewiesen, dass die Werbewirklichkeit von Lotto nichts mit Suchtbekämpfung zu tun habe und sämtliche Landeslottogesellschaften in Verfolgung fiskalischer Zwecke systematisch gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verstießen. Das Erstgericht habe die Eingriffsintensität des mit § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 verbundenen repressiven Verbots mit Dispensvorbehalt verkannt; der hiermit verbundene Eingriff sei wesentlich einschneidender als ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Damit sei die Vermittlung von Lotterien gerade nicht als grundsätzlich zulässig anzusehen. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die gesetzlich bestimmten Ziele verfolgt würden. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass es für die Einhaltung des unionsrechtlichen Kohärenzgebots nicht erforderlich sei, dass für alle Glücksspiele dieselbe Erlaubnisregelung gelten müsse. Sinn und Zweck dieses Gebots sei vielmehr, die gerichtliche Überprüfung der „Wahrhaftigkeit“ des vom Mitgliedstaat angegebenen Ziels der Beschränkung der Grundfreiheit zu erleichtern. Bereits eine widersprechende Handlung mache das Vorgehen des Mitgliedstaats, mit dem er die unternehmerische Freiheit im Binnenmarkt beschränke, unglaubwürdig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts gelte das Kohärenzgebot nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern auch für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein. Das Verhalten der Bundesländer widerspreche dem Ziel der Angebotseindämmung bei Lotto eklatant, wie das Werbeverhalten der staatlichen Landeslotterieveranstalter zeige. Aufsichtsbehörden schritten nicht ein, sodass von einem strukturellen Vollzugsdefizit zu sprechen sei. Es sei nur folgerichtig, dass die 16 staatlichen Lotterieveranstalter die Forderung vertreten würden, sie von der Kontrolle durch die Wettbewerbskammern der ordentlichen Gerichtsbarkeit freizustellen und ausschließlich der Glücksspielaufsicht zu unterstellen. Ergänzend werde zur Begründung der Inkohärenz auf die Maßgaben des EuGH-Urteils in der Rechtssache Stoß Bezug genommen; danach reiche für die Annahme einer Inkohärenz aus, dass andere Arten von Glücksspielen durch private Veranstalter, die über eine Erlaubnis verfügten, betrieben werden dürften, und auf Angebotsausweitung ausgerichtete Werbung staatlicher Veranstalter festzustellen sei. Des Weiteren verstoße der Erlaubnisvorbehalt gegen das Übermaßverbot, denn der Internetvertriebs Weg mache für den Lottovertrieb lediglich 6% (Stand: 2007) aus, sodass ein entsprechendes Verbot nicht zu einer Angebotseindämmung oder gar Verringerung der bei Lotto sowieso nicht gegebenen Spielsucht führen könne. Im Übrigen verhindere auch die vom Verwaltungsgericht angeführte „soziale Kontrolle durch persönliche Anwesenheit der Spieler“ bei Abgabe der Lottoscheine - in Ermangelung von Höchsteinsatzgrenzen und anonym ohne Personalienfeststellung - nicht, dass Spielsüchtige an mehreren Annahmestellen hintereinander und unkontrolliert dem Spiel nachgingen. Das Verwaltungsgericht habe sich über die Entscheidung von ca. einem Drittel der bundesdeutschen Bevölkerung, die regelmäßig Lotto spielten, schlicht hinweggesetzt, in dem es Passagen aus Entscheidungen zu Sportwetten auf „Lotto“ umgeschrieben habe. Der Gesetzgeber selbst habe in § 22 Abs. 2 GlüStV entschieden, das spielsüchtige, für andere Glücksspiele gesperrte Spieler jedenfalls an Lotterien, die nicht häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet würden, teilnehmen dürften. Die Erlaubnisregelung widerspräche auch deshalb unionsrechtlichen Anforderungen, weil sie für ein grenzüberschreitend tätiges europäisches Unternehmen weder objektiv vorhersehbar gewesen sei noch effektiver gerichtlicher Rechtsschutz angesichts des Erfordernisses erlangt werden könne, in allen 16 Bundesländern eine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten erlangen und dafür gegebenenfalls auch 16 Gerichtsverfahren durchlaufen zu müssen. Sollte man gleichwohl von der Anwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts ausgehen, wäre der Beklagte jedenfalls zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen, sodass die insoweit nunmehr hilfsweise beantragte Feststellung zu treffen sei. Die Erlaubnisfähigkeit ergebe sich aus der unionsrechtlichen Inkohärenz des Internet-Vermittlungsverbots, das zudem gegen das Übermaßverbot sowie gegen deutsches Verfassungsrecht verstoße. Der EuGH habe mit seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011 (Zeturf) die Bedeutung der Kohärenzanforderungen für internetbezogene Beschränkungen verdeutlicht und dabei dem Vertriebskanal Internet gerade im Hinblick auf die Tätigkeit grenzüberschreitender Unternehmen im Binnenmarkt eine herausragende Bedeutung zuerkannt. Die Nutzung des Internets müsse zu einer Verstärkung der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren führen; eine solche „Gefahrenverstärkung“ liege aber im Fall der Teilnahme an staatlich veranstalteten Lotterien nicht vor. Außerdem habe das Verwaltungsgericht seine Kohärenzprüfung zu Unrecht nur auf den Bereich Internet beschränkt. Es habe im Übrigen trotz Feststellung eines strukturellen Vollzugsdefizits bei der Pferdewetten-Vermittlung im Internet diesen Bereich als unbedeutend bezeichnet, obwohl er große wirtschaftliche Bedeutung habe und im Vergleich zu Lotto eine erheblich höhere Spielsuchtrelevanz bestehe. Es bestünden weitere (sechs) kohärenzschädliche Widersprüche, mit denen sich das Verwaltungsgericht trotz entsprechenden Sachvortrags nicht befasst habe. Der Beklagte sei vom Verwaltungsgericht nicht aufgefordert worden, konkrete Nachweise und Untersuchungen zur Frage der Lotto-Spielsucht vorzulegen; die Geeignetheit des mitgliedstaatlichen Internetverbots, dem Problem der Spielsucht abhelfen zu können, sei demnach jedenfalls ungeklärt. Schließlich müsse zumindest hilfsweise ein Anspruch auf erneute Bescheidung durch den Beklagten festgestellt werden. Die Klage sei auch für den Übergangszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 begründet, weil die internetbezogenen Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Dezember 2007 (AGGlüStV) nicht entsprechend der Richtlinie 98/34/EG notifiziert worden und daher unanwendbar gewesen seien. Zudem habe in dem entsprechenden Zeitraum im Bundesland Schleswig-Holstein keine Fassung des Glücksspielstaatsvertrags gegolten, sodass dieser Umstand zu einer zusätzlichen Inkohärenz geführt habe, weil die Lottovermittlung über das Internet in diesem Bundesland nicht mehr erlaubnis-, sondern lediglich anzeigepflichtig gewesen sei. Damit habe der Mitgliedstaat Deutschland das Internetverbot nicht überall als kohärentes Ziel verfolgt, jedenfalls nicht in Schleswig-Holstein. Die den Bundesländern zukommende, auf ihr Hoheitsgebiet beschränkte Gesetzgebungskompetenz könne aus Sicht des Unionsrechts den Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht rechtfertigen. Für den gegenwartsbezogenen, den Zeitraum ab 1. Juli 2012 betreffenden Teil der Klage liege keine Klageänderung vor, weil die entsprechenden Klageanträge bereits in der Klageschrift vom 31. März 2009 gestellt worden seien; auch der Klagegrund sei der gleiche, ohne dass hieran eine Veränderung der materiell-rechtlichen Gesetzeslage etwas ändere. Weiterhin werde die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 2. März 2009 im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin als unabhängige Vermittlerin staatlicher Lotterieprodukte im Internet begehrt. An diesem Lebenssachverhalt habe sich nichts durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags verändert; dies gelte auch für die hilfsweise begehrte Verpflichtung zur Erteilung der Erlaubnis bzw. zur erneuten Bescheidung, die weiterhin auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt werde, wobei nunmehr nach Art. 2 AGGlüStV eine Internet-Vermittlungserlaubnis unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden könne. Die Klägerin stütze ihren Anspruch nicht auf einfaches Gesetzesrecht, sondern habe ihn von Anfang an im Hinblick auf Art. 56, 57 AEUV sowie Art. 12 Abs. 1 GG für begründet erachtet. Jedenfalls sei für die (hilfsweise gestellten) Verpflichtungs- und Bescheidungsanträge kein erneutes behördliches Erlaubnisverfahren wegen der zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen erforderlich geworden. Wie etwa bei einem Bauantrag, nach dessen Stellung sich die Vorschriften der Bauordnung geändert hätten, müsse auch im vorliegenden Fall nach den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Vorschriften entschieden werden. Die Klage sei auch begründet, weil angesichts der bereits zur alten Rechtslage dargestellten Beurteilungen die Regelungen für die Internetvermittlung von Lotto nach wie vor unionsrechtswidrig seien und daher die Tätigkeit als erlaubnisfrei behandelt werden müsse. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf erneute Verbescheidung, weil die damalige Begründung, eine Lotterievermittlung im Internet sei nicht erlaubnisfähig, nicht mehr zutreffe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg - RO 5 K 11.855 -

1. für die Zeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2011

a) festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2009 bereits bei seinem Erlass bis zum 31.12.2011 rechtswidrig war,

b) hilfsweise zu 1.a) festzustellen, dass der Beklagte bereits nach der vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, der Klägerin die mit Schreiben vom 19.9.2008 beantragte Erlaubnis zur Lotterievermittlung zu erteilen,

c) hilfsweise zu 1.b) festzustellen, dass der Beklagte bereits nach der vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, den Antrag der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und

und

2. für die Zeit vom 1.1.2012 bis 30.6.2012

a) festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2009 im Zeitraum vom 1.1.2012 bis 30.6.2012 rechtswidrig war,

b) hilfsweise zu 2.a) festzustellen, dass der Beklagte nach der vom 1.1.2012 bis 30.6.2012 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, der Klägerin die mit Schreiben vom 19.9.2008 beantragte Erlaubnis zur Lotterievermittlung zu erteilen,

c) hilfsweise zu 2.b) festzustellen, dass der Beklagte nach der vom 1.1.2012 bis 30.6.2012 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, den Antrag der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

und

3. für die aktuelle Situation

a) den Bescheid des Beklagten vom 2.3.2009 aufzuheben,

b) hilfsweise zu 3.a), den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, der Klägerin die unter dem 19.9.2008 beantragte Erlaubnis für den Freistaat Bayern zu erteilen,

c) hilfsweise zu 3.b), den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, den Antrag der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Fortsetzungsfeststellungsklagen für die Zeiträume bis zum 30. Juni 2012 (Klageanträge 1. und 2.) seien entgegen der Ansicht des Erstgerichts bereits unzulässig. Eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 2. März 2009 für bestimmte Zeiträume in der Vergangenheit komme schon deswegen nicht in Betracht, weil die Ablehnung einer Erlaubnis keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstelle. Maßgeblich sei vielmehr, ob zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung der beantragten Erlaubnis bestehe. Darüber hinaus komme nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog eine Feststellung nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses in Betracht, woran es hier fehle. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit einer Reihe von Urteilen vom 16. Mai 2013 entschieden, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte nur bei Eingriffsakten zu bejahen sei, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig einer gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren nicht zugeführt werden könnten; hierzu zählten glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen als Dauerverwaltungsakte gerade nicht. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht auch der vorangegangenen Rechtsprechung des Senats zu dieser Problematik entgegengetreten; die Frage der Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Senats auf Ablehnungsbescheide könne damit dahinstehen. Auch die weiteren Fallgruppen, in denen ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anerkannt sei, lägen nicht vor. Insbesondere fehle es an einer Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Staatshaftungsprozess, denn derartige Ansprüche bestünden selbst bei einem unterstellten Verstoß des Bescheids gegen Unionsrecht offensichtlich nicht, weil der Verstoß nicht hinreichend qualifiziert sei und den Amtswaltern keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung vorgeworfen werden könne. Im Übrigen hätte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt unter der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages 2008 einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis gehabt. Der Erlaubnisvorbehalt stehe, wie mehrfach höchstrichterlich geklärt, im Einklang mit Unionsrecht. Gleiches gelte für das Internetverbot. Die landesrechtliche Anordnung über die Fortgeltung des Glücksspielstaatsvertrags 2008 sei schon im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 Richtlinie 98/34/EG nicht notifizierungpflichtig gewesen; außerdem sei die Fortgeltung des notifizierten Staatsvertrages über den 31. Dezember 2011 hinaus bereits in § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 angelegt gewesen. Soweit die Klägerin auf zeitweise divergierende Regelungen des Glücksspielrechts in Schleswig-Holstein verweise, habe dies keine Auswirkungen auf den vorliegenden Fall. Hinsichtlich des Klageantrags 3. habe das Erstgericht zu Recht eine unzulässige, da nicht sachdienliche Klageänderung angenommen. Seit dem 1. Juli 2012 sei nämlich das Land Niedersachsen für das nach § 19 Abs. 2 GlüStV ländereinheitliche Verfahren für die Erteilung der von der Klägerin begehrten Erlaubnis zuständig; der Beklagten sei daher nicht mehr passivlegitimiert.

Die Klägerin regte am 21. Oktober 2015 an, den Teil des Verfahrens, der sich auf den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beziehe, ebenso wie denjenigen im Parallelverfahren 10 BV 13.1006 abzutrennen und solange ruhen zu lassen, bis über die seit 2014 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg anhängige Verpflichtungsklage entschieden sei, mit der sie ihren nach § 19 Abs. 2 GlüStV beim Land Niedersachsen gestellten Antrag auf eine „gebündelte Vermittlungserlaubnis für ganz Deutschland“ verfolgt. Gleichwohl sei die Aufrechterhaltung der vorliegenden Verpflichtungsklage für den Fall geboten, sollte die Klägerin keine gebündelte Erlaubnis erhalten. Für die vergangenheitsbezogenen Anträge (1., 2.) bestehe im Hinblick auf den tiefgreifenden Eingriff in Grundfreiheiten auch angesichts der durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschärften Anforderungen nach wie vor ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da bisher unbeantwortete Fragen noch nicht geklärt seien und der Senat ausdrücklich offen gelassen habe, ob dieser Rechtsprechung zu folgen sei. Angezeigt erscheine jedenfalls eine Neubefassung entweder des Europäischen Gerichtshofs oder jedenfalls des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage der Voraussetzungen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten, hier insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 5. Dezember 2016, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Fortsetzungsfeststellungsklage in ihren Haupt- und Hilfsanträgen (Nr. 1., 2.), mit denen die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis mit Bescheid vom 2. März 2009 und hilfsweise das Bestehen entsprechender Ansprüche für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2012 begehrt, im Ergebnis zu Recht abgewiesen; die Klage ist aber bereits unzulässig (I.). Den Klageantrag auf isolierte Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2009 (3. a) sowie die für die „aktuelle Situation“ hierzu hilfsweise gestellten Anträge (3. b, c) auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, jedenfalls auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, hat das Verwaltungsgericht zu Recht als unzulässig angesehen und daher abgewiesen (II.).

I.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zwar statthaft (1.), jedoch mangels Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig (2.).

Der neben einer isolierten Anfechtungsklage (hilfsweise) geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung verschiedener staatlicher Lotterien vom 1. Januar 2009 an (im Folgenden: Klagebegehren 1), der mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 2. März 2009 versagt wurde, hat seinen Ausgangspunkt im Antrag vom 19. September 2008. Mit Schriftsatz vom 30. August 2012 hat die Klägerin dann sowohl die isolierte Anfechtungsklage wie auch die - im Hinblick auf das vorrangig verfolgte Ziel der Feststellung der Genehmigungsfreiheit ihrer Betätigung - hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage wegen „Teilerledigungen und normativer Änderungen nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages und den Änderung des Bayerischen Ausführungsgesetzes“ für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (Anträge 1.a bis c, 2.a bis c) umgestellt. Die Klägerin besitzt jedoch im für die Beurteilung der Zulässigkeit ihrer umgestellten Klage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht das von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (in entsprechender Anwendung) geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung. Dies gilt für den gesamten streitbefangenen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012.

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft; die Klägerin konnte ihren ursprünglichen Anfechtungs- und (hilfsweise erhobenen) Verpflichtungsantrag entsprechend umstellen (1.1), nachdem sich beide Klagebegehren durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags am 1. Juli 2012 erledigt hatten (1.2).

1.1 Der Übergang von einer (hier: isolierten) Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist der dem Wortlaut von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Regelfall, so dass die Statthaftigkeit der Klageanträge 1.a und 2.a ohne weiteres zu bejahen ist. Aber auch im Falle einer erledigten Verpflichtungsklage (Anträge 1.b und 2.b) ist die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO im Hinblick auf den Eingriffscharakter der rechtswidrigen Versagung des Verwaltungsakts möglich (BVerwG, U.v. 4.12.2014 - 4 C 33.13 - NVwZ 2015, 986/987 = juris Rn. 21;; U.v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 16; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 304, 305; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 109). Aus der analogen Anwendbarkeit des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage folgt weiter, dass diese Anwendung auch auf das gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO für den Fall mangelnder Spruchreife nur auf Bescheidung gerichtete Verpflichtungsbegehren möglich sein muss (BVerwG, U.v. 25.7.1985 - 3 C 25.84 - juris Rn. 39). Damit sind auch die Fortsetzungsfeststellungsanträge 1.c und 2.c statthaft, mit denen (hilfsweise) geltend gemacht wird, dass der Beklagte wenigstens zur erneuten Verbescheidung des Antrags auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis verpflichtet war.

Allerdings ist im Hinblick auf die Hilfsanträge (1.b, c/ 2.b, c) für die Zulässigkeit der Klageumstellung zu fordern, dass die Identität des Streitgegenstandes der Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Streitgegenstand der erledigten Verpflichtungsklage gewahrt bleibt (BVerwG, U.v. 4.12.2014, a.a.O.; U. v. 28.8.1987 - 4 C 31.86 - juris Rn. 9, 10). Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen, weil die Klägerin durch ihren nach Erledigung gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag den ursprünglichen Streitgegenstand weder ausgewechselt noch erweitert hat; den Streitgegenstand bildet vielmehr nach wie vor das auch mit dem ursprünglichen Verpflichtungssowie dem Verbescheidungbegehren verbundene Feststellungsbegehren, die beantragte Erlaubnis sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung zu erteilen gewesen, zumindest habe ein Verbescheidungsanspruch nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO bestanden (vgl. zum Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage BVerwG, U.v. 4.12.2014, a.a.O., juris Rn. 18).

1.2 Das durch den Erlaubnisantrag der Klägerin vom 19. September 2008, ihr „für die Zeit ab dem 1. Januar 2009“ eine Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung verschiedener Lotterien ungeachtet des Vertriebswegs gemäß § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 zu erteilen, und durch den Versagungsbescheid vom 2. März 2009 konkretisierte, auf seine isolierte Aufhebung bzw. auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtete Klagebegehren hat sich infolge der Rechtsänderung zum 1. Juli 2012 insgesamt erledigt. Auch die Klägerin geht in ihrem Schriftsatz vom 30. August 2012 (S. 17, 18, 1.b, 2., 4.) von einer zeitlich definierten „Teilerledigung“ des gesamten, sich auf den Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 bezogenen Klagebegehrens aus.

Eine Anfechtungsklage erledigt sich im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, wenn die Regelungswirkung des belastenden Verwaltungsakts wegfällt, etwa weil der Regelungsgegenstand selbst entfallen ist oder der Verwaltungsakt keinen Fortgeltungsanspruch aus anderen Gründen erhebt (Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 102 bis 106; Schmidt in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 76 ff.). Für ein Verpflichtungsbegehren gilt bei der analogen Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, dass sich ausschließlich das auf den Erlass eines (begünstigenden) Verwaltungsakts gerichtete Klagebegehren in Form des behaupteten Verpflichtungsanspruchs erledigt, denn die anhängig gemachte Verpflichtungsklage zielt nicht auf die Abwehr eines (belastenden) Verwaltungsakts (Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 303, 306 bis 308; vgl. für eine isolierte Anfechtungsklage eines Versagungsbescheids BVerwG, U.v. 24.1.1992 - 7 C 24.91 - juris Rn. 8, 9). Auch dann, wenn das Interesse am begehrten Verwaltungsakt wegen veränderter tatsächlicher oder rechtlicher Umstände objektiv erloschen ist, wird Erledigung angenommen (s. Beispiele in Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 113 Rn. 100, 101). Die Verdrängung der für den bisherigen Streitgegenstand maßgeblichen Rechtsgrundlage durch eine in ihren Tatbestandsmerkmalen abweichende Rechtsgrundlage führt dazu, dass „mit der Aufrechterhaltung des Verpflichtungsantrags sachlich ein neues Verfahren beginnt und alles, was bisher erörtert wurde, die unmittelbare Erheblichkeit verloren hat“ (so zur Änderung der Rechtslage zum Nachteil des eine Baugenehmigung begehrenden Klägers: BVerwG, U.v. 24.10.1980 - 4 C 3.78 - juris Rn. 25).

Gemessen daran hat sich hier das Klagebegehren erledigt, weil die Klägerin seit 1. Juli 2012 für ihre über das Internet beabsichtigte Vermittlungstätigkeit einer - bisher im Übrigen nicht beantragten - Befreiung vom Verbot der Internetvermittlung bedarf (1.2.1), für die Erteilung der daneben nach wie vor erforderlichen (vertriebswegunabhängigen) Vermittlungserlaubnis nunmehr ein neues „gebündeltes“ Erlaubnisverfahren vorgesehen ist (1.2.2) und auch eine nach dem bis 30. Juni 2012 geltenden Recht erteilte Vermittlungserlaubnis längstens bis Ende des Jahres 2012 Gültigkeit gehabt hätte (1.2.3).

1.2.1 Maßgeblich für den Eintritt der Erledigung des Klagebegehrens 1 ist im vorliegenden Fall, dass sich die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung im Internet zum 1. Juli 2012 so wesentlich geändert haben, dass von keiner Übereinstimmung mehr mit der dem Klagebegehren bis zu diesem Zeitpunkt zu Grunde liegenden Rechtslage ausgegangen werden kann, vielmehr sachlich zwei neue Verfahren beginnen oder zu eröffnen sind; dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach der aktuellen Rechtslage bedarf es gemäß nach § 4 Abs. 5 GlüStV erstmals einer von der zuständigen Landesbehörde zu erteilenden Befreiung vom Verbot der Vermittlung von Glücksspielen im Internet. Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist - anders als nach dem bis 30. Juni 2012 geltenden absoluten Internet-Verbot - eine kontrollierte Zulassung des Vertriebsweges Internet grundsätzlich möglich (vgl. dazu im Einzelnen: Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 80 ff.), nachdem der Beklagte von der Länderöffnungsklausel in § 4 Abs. 5 GlüStV Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV). Es handelt sich hierbei um ein eigenständiges, vom Beklagten durchzuführendes Erlaubnisverfahren, das die Klägerin bisher nicht beantragt hat und dessen Beantragung auch nicht vom ursprünglichen Erlaubnisantrag vom 9. September 2008 mit umfasst ist. § 4 Abs. 5 GlüStV enthält eine Reihe neuer Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen von einer Sicherstellung der Erreichung der Ziele des geänderten Glücksspielstaatsvertrags ausgegangen werden kann und daher eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden darf. Auch die in § 5 GlüStV 2008 festgelegten Grenzen zulässiger Werbung wurden nicht in den neuen § 5 GlüStV übernommen; nach § 5 Abs. 1 GlüStV ist Werbung an den Zielen des geänderten Staatsvertrages auszurichten, wobei die Aufklärungspflichten durch § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV konkretisiert werden. Weiter besteht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV die Möglichkeit, ausnahmsweise auch die zuvor nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verbotene Werbung im Fernsehen oder Internet zuzulassen (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 47). Damit liegt ein vollkommen anderer materiell-rechtlicher Rahmen und ein grundlegender Wechsel der Entscheidungsgrundlagen für die von der Klägerin beabsichtigte gewerbliche Spielvermittlung vor. Dies geht auch aus den Gründen des Ablehnungsbescheids vom 2. März 2009 hervor, die sich zur Begründung der Versagung der Erlaubnis auf das damalige Internet- und Werbeverbot beziehen, also gerade Bestimmungen, die ihre unmittelbare Entscheidungserheblichkeit infolge der Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrags verloren haben.

Damit ist es im Ergebnis für den Eintritt der Erledigung ohne Belang, dass die (allgemeine) Erlaubnispflicht der gewerblichen Spielvermittlung durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht aufgehoben wurde, sondern im Grundsatz fortbesteht (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45 bis 47; OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - juris; VG Bremen, U.v. 17.7.2014 - 5 K 4084/08 - juris, jeweils für eine Feststellungsklage) und die Klägerin nach wie vor (hilfsweise) eine Vermittlungserlaubnis für den Freistaat Bayern unter Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (§ 4 Abs. 1, 2 GlüStV) anstrebt.

1.2.2 Weiterhin sieht der neue § 19 Abs. 2 GlüStV für die nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV erforderliche (vertriebswegunabhängige) Vermittlungserlaubnis nunmehr vor, dass den gewerblichen Spielvermittlern, die - wie die Klägerin - in allen oder mehreren Bundesländern tätig werden, die für die einzelnen Bundesländer zu erteilenden Erlaubnisse gebündelt von der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde in Niedersachsen erteilt werden (vgl. zum sog. vereinfachten Erlaubnisverfahren: Schmitt in Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 19 Rn. 34 bis 36). Dementsprechend ist für die Erteilung von Vermittlungserlaubnissen in Fällen der vorliegenden Art - ungeachtet der fortbestehenden Glücksspielhoheit der Länder - ab dem 1. Juli 2012 das Land Niedersachsen zuständig, bei dem jedoch weiterhin für jedes Bundesland, in dem öffentliche Glücksspiele vermittelt werden sollen, eine Erlaubnis zu beantragen ist.

Als Konsequenz hieraus hat die Klägerin bereits am 25. Januar 2013 bei der Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen die Erteilung der erforderlichen Vermittlungserlaubnisse nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV (auch für Bayern) beantragt und diesen Anspruch im Rahmen einer Anfang 2014 beim Verwaltungsgericht Hamburg (4 K 376/14) erhobenen Untätigkeitsklage rechtshängig gemacht. Um auszuschließen, die Vermittlungserlaubnis für Bayern letztlich zweifach zu erhalten, hat die Klägerin das Ruhen der Klage angeregt, die nur im Falle der rechtskräftigen Abweisung der Klage zum Verwaltungsgericht Hamburg fortgeführt werden solle. Ein derartiges doppelgleisiges Vorgehen sieht jedoch der Glücksspielstaatsvertrag nicht vor; vielmehr soll durch die Bündelung bei der Aufsichtsbehörde eines Bundeslandes das Erlaubnisverfahren vereinfacht und konzentriert werden. Mit diesem Ziel wäre es unvereinbar, einem Vermittler von Glücksspielen, der in mehreren oder allen Bundesländern tätig werden will, beide Wege parallel zu eröffnen. Zu Recht sieht sich der Beklagte daher im Hinblick auf die neue Bestimmung nicht in der Lage, der Klägerin, die bundesweit Lotterien vermitteln will, außerhalb des vereinfachten Erlaubnisverfahrens nach § 19 Abs. 2 GlüStV eine nur auf Bayern beschränkte Vermittlungserlaubnis zu erteilen.

1.2.3 Für eine Erledigung des an die Ablehnung des Erlaubnisantrag vom 19. September 2008 anknüpfenden Klagebegehrens zum Zeitpunkt des Rechtswechsels sprechen aber nicht nur die vom Gesetzgeber vorgenommenen grundlegenden Änderungen materieller und formeller Art. Die gesetzgeberische Bedeutung dieser Änderungen kommt insbesondere in der Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 1, 2 GlüStV zum Ausdruck. Danach galten vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlererlaubnisse mit bestimmten Maßgaben längstens bis zum 31. Dezember 2012 fort, neue Erlaubnisse nach § 4 Abs. 1 GlüStV waren spätestens zum 1. Januar 2013 einzuholen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Demnach hätte auch eine der Klägerin vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlungserlaubnis keine über den 31. Dezember 2012 hinausgehenden Rechtswirkungen gehabt; vielmehr hätte auch in dieser Situation ein erneutes Erlaubnisverfahren nach der ab 1. Juli 2012 geltenden Rechtslage durchgeführt werden müssen. Damit unvereinbar wäre es aber, wollte man zwar einen Erlaubnisinhaber zur Einholung einer neuen Erlaubnis zum 1. Januar 2013 verpflichten, nicht jedoch einen Bewerber, dessen Antrag vor dem Rechtswechsel abgelehnt worden war.

Im Ergebnis schließen die dargestellten Änderungen der für die Beurteilung der Erlaubnispflicht erheblichen Vorschriften aus, von einer im Wesentlichen unveränderten Rechtslage und damit von einem nicht erledigten (materiellen) Klageanspruch auszugehen. Deshalb kommt auch dem Umstand, dass der ursprüngliche Klageantrag in der Klageschrift vom 31. März 2009 (hilfsweise) auf die Erteilung der Erlaubnis ohne nähere zeitliche Bestimmung gerichtet war, keine Bedeutung zu; entscheidend ist, dass der den Streitgegenstand bildende materielle Erlaubnisanspruch mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags völlig neu zu beurteilen ist und daher die Identität des Streitgegenstands nicht mehr gegeben ist.

2. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - wie schon im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils - liegt das erforderliche berechtigte Interesse (2.1) nicht vor, das Voraussetzung für eine zulässige prozessuale Umstellung des Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsbegehrens auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag wäre. Der Senat verneint ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin aus der von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppe eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs (hier: in Art. 2 Abs. 1 GG) und teilt nicht die Auffassung des Erstgerichts, ein besonderes Feststellungsinteresse sei jedenfalls aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG anzuerkennen, damit „wenigstens eine Hauptsacheentscheidung ergehen kann“ (2.2). Auch die weitere hier in Betracht kommende und von der Klägerin thematisierte, von der Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe für ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse - die Vorgreiflichkeit im Hinblick auf die nachfolgende Geltendmachung von Staats- und Amtshaftungsansprüchen (2.3) - liegt nicht vor.

2.1 Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht für den Fall einer Erledigung des angegriffenen Verwaltungsakts auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger an dieser Feststellung ein berechtigtes Interesse hat. Ist das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage also in besonderer Weise schutzwürdig, besteht das Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung auch nach Fortfall der Beschwer und damit der Möglichkeit, die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage weiterzuverfolgen, fort. Rechtsschutz wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (nur noch) dann gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat; die gerichtliche Entscheidung muss geeignet sein, die Position der Klägerin in einem der genannten Bereiche zu verbessern (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 24.10.2006 - 6 B 61.06 - juris Rn. 3). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht damit in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 40.12 - NVwZ 2013, 1482 = juris Rn. 28). Auch im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG wird nicht nach diesen beiden Kriterien unterschieden. Art. 19 Abs. 4 GG gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der regelmäßig betroffenen allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und auch für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern (vgl. BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 20.06.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 28).

Ein besonderes Rechtsschutzinteresse wird insbesondere anerkannt, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch den an sich beendeten Eingriff zu beseitigen oder wenn es sich um den Fall eines tiefgreifenden, nach seiner Eigenart jedoch kurzfristig erledigten Grundrechtseingriffs handelt. Hierunter fallen vornehmlich solche, die schon das Grundgesetz wie etwa in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 unter Richtervorbehalt gestellt hat (z.B. BVerfG, B.v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. - BVerwGE 96, 27, 40 = juris Rn. 49: Wohnungsdurchsuchung; B.v. 26.6.1997 - 2 BvR 126/91 -, EuGRZ 1997, 374 = juris Rn. 13,14: Polizeigewahrsam; B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. - juris: Abschiebungshaft; B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - juris: Versammlungsverbot). Bei Grundrechtseingriffen von derartigem Gewicht hat das Bundesverfassungsgericht ein durch Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes Rechtsschutzinteresse anerkannt, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung in der nach der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann, und er daher andernfalls rechtsschutzlos gestellt wäre (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O., juris Rn. 11).

2.2 Ein berechtigtes Feststellungsinteresse läßt sich hier jedoch nicht unter Berufung auf einen tiefgreifenden Eingriff in die Berufsfreiheit - hier geschützt durch das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG - oder die unionsrechtlich nach Art. 56 AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit (2.2.1) begründen. Allein die Geltendmachung einer gravierenden Verletzung der Dienstleistungsfreiheit begründet nicht für sich gesehen bereits ein Feststellungsinteresse. Der Auffassung der Klägerin, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, folgt der Senat nicht (a.A. noch im Hinblick auf eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung: BayVGH, U.v. 24.4.2012 - 10 BV 11.2770 - juris Rn. 41 f.). Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen der sich aus ihrer Eigenart ergebenden kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, etwa im Sinne eines ausschließlich wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten zu bejahenden Fortsetzungsfeststellungsinteresses, ist auch nicht aus Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot herzuleiten (2.2.2).

2.2.1 Mit der auf die entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis- bzw. Verbotstatbestände gestützten Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von verschiedenen Lotterien über das Internet nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 wird zwar in gewichtiger Weise in das Grundrecht der Klägerin auf Berufsfreiheit eingegriffen, denn damit ist ihr die Vermittlung von Lotterien in Bayern unmöglich. Gleichwohl besteht kein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil sich die Versagung der Erlaubnis nicht als Hoheitsakt darstellt, dessen Wirkung nach seinem typischen Verfahrensablauf auf eine so geringe Zeitspanne beschränkt ist, dass eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangt werden kann. Die Zulässigkeit dieser Einschränkung des Feststellungsinteresses in der hier maßgeblichen Fallgruppe haben das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - juris) sowie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O.) bestätigt.

Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28. Februar 2013 bezieht sich zur Begründung des Vorliegens eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs durch die Ablehnung der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis auf das Urteil des Senats vom 24. April 2012 (10 BV 11.2770 - juris Rn. 44 ff.) zu einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung, das jedoch mit dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 aufgehoben wurde. Der Senat hat im Urteil vom 4. Februar 2014 (10 BV 10.2913 - juris Rn. 48; ebenso: B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 17) noch offen gelassen, ob er dieser Rechtsprechung folge. Inzwischen sind eine Reihe von Oberverwaltungsgerichten der die Fallgruppe des tiefgreifenden Grundrechtseingriffs konkretisierenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - auch im Rahmen erledigter Verpflichtungssowie Feststellungsklagen aus dem Bereich des Glücksspielrechts - gefolgt (OVG Saarland, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 86, 98; SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris; VGH BW, U.v. 20.5.2015 - 6 S 494/15 - juris Rn. 55; OVG BB, U.v. 30.6.2016 - OVG 1 B 2.14 - juris Rn. 105 f.; VG Bremen, U.v. 17.7.2014 - 5 K 4084/08 - juris Rn. 51 f.). Auch im Hinblick auf dazu ergangene neuere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (s. zuletzt B.v. 6.7.2016, a.a.O.) hält der Senat die Auffassung, ein berechtigtes Interesse ergebe sich (generell) aus der Art des Grundrechtseingriffs in Verbindung mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (vgl. auch Lindner, NVwZ 2014, 180; Thiele, DVBl 2015, 954) nicht weiter aufrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat im genannten Beschluss vom 6. Juli 2016 (1 BvR 1705/15 - juris Rn. 11 m.w. Nachweisen) bestätigt, dass das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) auch in Fällen gewichtiger, aber überholter Grundrechtseingriffe (nur) gebietet, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung dann zu eröffnen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt „nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher…der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen konnte“; der eingreifende Hoheitsakt muss sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass wirksamer Rechtsschutz wegen seiner besonderen Eigenart praktisch nicht erlangt werden kann. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Interesses aber nicht „deutlich verschärft“ (so Lindner, NVwZ 2014,180), sondern lediglich die entsprechende Auslegung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erneut verfassungsrechtlich gebilligt. Aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG folgt demnach nicht, dass bei jedem erledigten tiefgreifenden Eingriff in Grundrechte zwangsläufig ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse angenommen werden müsste.

Das angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 (a.a.O.) befasst sich zwar mit dem berechtigten Interesse eines Klägers im Falle der Erledigung eines belastenden Verwaltungsakts, also in der Situation der Anfechtungsklage. Gegenstand der entsprechenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts waren glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV, die auf langfristige Geltung angelegte Verwaltungsakte mit Dauerwirkung darstellen (BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 8 C 2.10 - juris Rn. 19 m.w.N.) und sich nicht typischerweise kurzfristig erledigen, auch wenn sie für bereits zurückliegende Zeiträume in der Regel keine Rechtswirkungen mehr entfalten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 40.12 - juris Rn. 31). Diese Rechtsprechung kann jedoch auf die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO), mit der ein Anspruch auf eine (hier: glücksspielrechtliche) Erlaubnis und damit eine Erweiterung des eigenen Rechtskreises durchgesetzt werden soll, übertragen werden. Wenn schon für einen glücksspielrechtlichen Eingriffsakt (Untersagungsverfügung) trotz Bejahung eines tiefgreifenden Eingriffs in die grundgesetzliche Berufsausübungsfreiheit das besondere Feststellungsinteresse wegen Fehlens der erforderlichen Erledigungstypik grundsätzlich nicht besteht, muss dies erst recht in der vorliegenden Konstellation einer Verpflichtungsklage gelten, die sich mehr als drei Jahre nach ihrer Erhebung im Hinblick auf die zum 1. Juli 2012 wirksam gewordene Änderung des Glücksspielstaatsvertrags erledigt hat.

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass gegen die Versagung der Erlaubnis im hierfür verfügbaren Zeitraum kein wirksamer Rechtsschutz zu erlangen war (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O., Rn. 14). Die Klägerin hatte am 1. April 2009 beim Verwaltungsgericht eine gegen den Ablehnungsbescheid gerichtete isolierte Anfechtungsklage sowie (hilfsweise) Klage auf Erteilung der beantragten Erlaubnis erhoben. An der grundsätzlichen Möglichkeit eines wirksamen Rechtsschutzes bestehen daher keine Zweifel. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es tatsächlich erst nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 und damit nach Erledigung des auf der Basis des Glücksspielstaatsvertrags 2008 geltend gemachten Erlaubnisanspruchs zu einer gerichtlichen Sachentscheidung (Urteil vom 28.2.2013) über die Klage gekommen ist. Die Verfahrensdauer ist hier verschiedenen, im Hinblick auf die Frage der Rechtsschutzgewährung aber nicht maßgeblichen Umständen geschuldet; die tatsächliche Dauer des Verfahrens ändert nichts daran, dass sich das Begehren auf Verpflichtung zur Erteilung einer Erlaubnis nicht wegen seiner Eigenart innerhalb so kurzer Zeit erledigt, dass eine gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen ist. Anders mag es sich möglicherweise bei einer kurzfristig beantragten und nur über einen kurzen Zeitraum wirksamen Erlaubnis verhalten, etwa für eine nur an einem bestimmten Tag beabsichtigte wirtschaftliche Betätigung. Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Im Ergebnis erweist sich, dass im vorliegenden Fall zur Sicherung der Effektivität des Rechtsschutzes die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht geboten ist, denn im Hinblick auf die reale Möglichkeit, die beantragte Erlaubnis unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids bis zur Erledigung des Klagebegehrens gerichtlich zu erstreiten, bestand gerade keine Rechtsschutzlücke.

2.2.2 Zu keinem anderen Ergebnis führt der Verweis der Klägerin auf die Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinn von Art. 47 GRCh (vgl. allgemein Jarass, GRCh, 3. Aufl. 2016, Art. 47 Rn. 3, 6, 13 ff.), soweit es um die geltend gemachte Verletzung der Dienstleistungsfreiheit im Sinn von Art. 56 AEUV geht. Art. 47 GRCh konkretisiert den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes in Form eines einklagbaren Rechts (vgl. EuGH, U.v. 13.6.2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris Rn. 35), überlässt es jedoch dem jeweiligen Mitgliedstaat, das Rechtsschutzinteresse im Rahmen einer Ausgestaltung des jeweiligen Prozessrechts zu normieren und hindert damit den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes, einer näheren Bestimmung durch die Rechtsprechung zugängliches Interesse der Klägerin vorzusehen. Art. 47 GRCh kann daher keine Verpflichtung entnommen werden, das Tatbestandsmerkmal des berechtigten Interesses in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen als nach den vorstehenden Ausführungen (vgl. 2.2.2) geboten (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 47). Die rechtlichen Grenzen des mitgliedstaatlichen Ermessens - das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot - werden dadurch, dass in Fällen der vorliegenden Art der Übergang auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage versagt wird, nicht verletzt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., Rn. 34 bis 41). Insbesondere ist das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes nicht dadurch verletzt, dass eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Rechtsschutzbegehrens unabhängig von einem näher definierten Nutzen für die Klägerin allein wegen eines abstrakten Klärungsinteresses nicht ermöglicht wird.

2.3 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess.

Ein derartiges Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (stRspr BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., Rn. 42; U.v. 14.1.1980 - 7 C 92.79 - juris Rn. 12; BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 51). In diesem Fall bedarf es keiner nachträglichen Klärung einer öffentlich-rechtlichen Streitfrage, weil der Kläger daraus im Hinblick auf die Erfolglosigkeit eines Zivilverfahrens keinen Nutzen ziehen könnte. Ohne dass es für diese Feststellung einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte, stehen der Klägerin - selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Versagung der Erlaubnis für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 - keine Staatshaftungsansprüche zu, weil weder die Voraussetzungen der verschuldensabhängigen Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB (2.3.1) noch die des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (vgl. zu Ableitung und Voraussetzungen EuGH, U.v. 19.11.1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - EuGRZ 92,60 = juris Rn. 28 ff.; 2.3.2) vorliegen. Zu Gunsten der Klägerin unterstellt der Senat dabei, dass sie tatsächlich mit hinreichender Sicherheit einen entsprechenden Prozess anstrebt und diese Behauptung nicht nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellt hat.

2.3.1 Das Feststellungsinteresse der Klägerin besteht in der vorliegenden Situation nicht, weil es schon an dem für eine erfolgreiche Amtshaftungsklage erforderlichen Verschulden eines Amtswalters des Beklagten fehlt, dem keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Diese Aussage hat auch dann Gültigkeit, wenn man von der Rechtswidrigkeit des zur Begründung des Ablehnungsbescheids herangezogenen Verbots der Vermittlung von Lotterien über das Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 ausgehen wollte. Einem Amtswalter ist nämlich auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., juris Rn. 45; Decker in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand 1.1.2017, § 113 Rn. 87.3). Dies gilt sogar dann, wenn das Verwaltungshandeln nur in der ersten Instanz als rechtmäßig beurteilt wurde und dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte (BVerwG, U.v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9; U.v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris). Der sog. Kollegialgerichtsregel liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten keine bessere Rechtseinsicht als von einem mit mehreren Richtern besetzten Gericht erwartet und verlangt werden kann (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Versagung der Erlaubnis in seinem Urteil vom 28. Februar 2013 (UA, S. 12, 20) mit ausführlicher Begründung in der Sache für rechtmäßig gehalten, weil die für die Vermittlung von Lotterien erforderliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 wegen des mit Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht in Einklang stehenden Internetverbots (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008) nicht habe erteilt werden können. Zur Begründung hat es sich u.a. auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 1.6.2011 - 8 C 5.10 - juris) und des Bundesgerichtshofs (B.v. 28.9.2011 - I ZR 30/10 - juris) berufen. Auch der Senat hat das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 für rechtmäßig gehalten (vgl. etwa B.v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1290 - juris Rn. 17 m.w.N.). Dass zum Zeitpunkt des Erlasses des ablehnenden Bescheids vom 2. März 2009 noch keine Rechtsprechung zu dem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Internetverbot vorlag, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Jedenfalls ist die handelnde Behörde des Beklagten von der später durch ein Kollegialgericht bestätigten Rechtsauffassung ausgegangen, § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 entspreche sowohl Verfassungsals auch Unionsrecht.

Schließlich liegt auch keine Situation vor, in der die kollegialgerichtliche Billigung des Verwaltungshandelns als rechtmäßig ausnahmsweise ein Verschulden nicht ausschließt (vgl. hierzu Decker in Beck'scher Online-Kommentar, a.a.O., § 113 Rn. 87.3). Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn das Verwaltungsgericht von einem falschen Sachverhalt ausgegangen wäre, eine Rechtsvorschrift offensichtlich falsch ausgelegt hätte oder die Billigung auf der Beantwortung einer Rechtsfrage beruhen würde, die für die Behörde keine Rolle gespielt hat (OVG Saarl, B.v. 19.11.2007 - 1 A 397/07 - juris). Hierfür ist nichts ersichtlich.

2.3.2 Ein Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich auch nicht mit Blick auf die unionsrechtliche Staatshaftung. Sie greift hier nicht ein, weil ein etwaiger Verstoß des Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 sowie des Internetverbots gegen das Unionsrecht schon nicht hinreichend qualifiziert ist.

Die unionsrechtliche Staatshaftung setzt eine erhebliche und zugleich offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus; maßgeblich dafür sind insbesondere das Maß an Genauigkeit der verletzten Vorschrift und die Frage, ob Vorsatz hinsichtlich des Rechtsbruchs oder der Schadenszufügung vorlag, sowie schließlich die Frage, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, U.v. 5. 3. 1996 - Rs. C-46 und 48/93 - juris; U.v. 19.6.2014 - C-501/12 u.a. - juris Rn. 102 zum qualifizierten Verstoß bei einer Ermessensentscheidung). Unter Anlegung dieser Kriterien kann von einer erheblichen und offenkundigen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV, der hier einzig in Betracht kommenden unionsrechtlichen Bestimmung, durch die Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht die Rede sein. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 (C- 46/08-Carmen Media, juris Ls. 4., Rn. 91 ff.) hin, in der festgestellt wird, dass eine nationale Regelung, mit der die Vermittlung von Glücksspielen im Internet aus Gründen der Bekämpfung der Spielsucht und des Jugendschutzes untersagt wird, grundsätzlich zur Verfolgung dieser legitimen Ziele als geeignet zu betrachten ist und damit der Dienstleistungsfreiheit entspricht. Angesichts dessen ist zumindest eine offenkundige Verletzung von Art. 56 AEUV auszuschließen.

3. Aus dem Fehlen des Fortsetzungsfeststellungsinteresse für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2012 ergibt sich, dass insoweit keine zulässige Klage (mehr) vorliegt. Die von der Klägerin problematisierten und für den streitbefangenen Zeitraum zur Entscheidung gestellten materiell-rechtlichen Fragen des Glücksspielrechts, insbesondere im Zusammenhang mit dem Erlaubnisvorbehalt und dem absoluten Internetverbot vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit, bedürfen daher keiner Entscheidung.

II.

Den für die „aktuelle Situation“ gestellten Anfechtungsantrag (3.a) mit dem Ziel einer isolierten Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2009 sowie die hierzu hilfsweise gestellten Verpflichtungsanträge (3.b/c) auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis bzw. Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat das Verwaltungsgericht zu Recht als unzulässig angesehen und die Klage insoweit mit Prozessurteil abgewiesen. Unabhängig davon, ob der Ablehnungsbescheid durch Zeitablauf oder auf sonstige Weise (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) erledigt ist und die isolierte Anfechtungsklage deshalb bereits unstatthaft wäre, besteht für sie jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis (1.). Die beiden mit Schriftsatz vom 30. August 2012 „zur aktuellen Situation“ hilfsweise gestellten Anträge, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2009 zur Erteilung der am 19. September 2008 beantragten Erlaubnis für den Freistaat Bayern bzw. (weiter hilfsweise) zur Neubescheidung dieses Antrags nach Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, stellen eine gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren unzulässige Klageänderung dar (2.).

1. Die Klägerin besitzt im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung - wie bereits auch bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils - kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis (vgl. zum Begriff: Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 335) für die isolierte Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 2. März 2009. Hintergrund dieses am 1. April 2009 gestellten Klageantrags ist nach der Erläuterung des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, dass die Klägerin von Anfang an, wie auch die Anträge im Parallelverfahren 10 BV 13.1006 zeigen, primär die gerichtliche Feststellung der Erlaubnisfreiheit der von ihr betriebenen Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen im Internet verfolge; lediglich hilfsweise hierzu strebe sie die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis - nunmehr nach dem ab 1. Juli 2012 geltenden Rechtszustand - an. Nachdem ihr so definiertes Rechtsschutzziel jedoch wegen des Erlasses zweier Bescheide auch im Wege zweier Klageverfahren hätte verfolgt werden müssen, die spätere (vorliegende) Klage jedoch nicht ausschließlich hilfsweise habe erhoben werden können, sei der Weg einer isolierten Anfechtung als Hauptantrag gewählt worden.

Auch diese besondere verfahrensrechtliche Gestaltung ändert jedoch nichts daran, dass der Klägerin das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Anfechtungsklage fehlt (vgl. zur Frage, ob eine isolierte Anfechtungsklage nicht bereits als unstatthaft anzusehen ist: Sodan in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 42 Rn. 338 bis 346; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 42 Rn. 30), denn es ist nicht ersichtlich, welchen rechtlichen Vorteil sie heute noch von einer Aufhebung des die Erlaubnis versagenden Bescheids hätte. Zwar ist es grundsätzlich möglich, die isolierte Anfechtungsklage mit einer Verpflichtungsklage zu kombinieren, wenn die Erlaubnispflicht einer Betätigung im Streit steht und die Behörde die von ihr für erforderlich gehaltene Erlaubnis abgelehnt hat (Schmidt in Eyermann, VwGO, a.a.O., § 113 Rn. 34). Die Besonderheit des vorliegenden Falls besteht jedoch darin, dass sich der Regelungsgehalt des mit dem Hauptantrag isoliert angefochtenen Ablehnungsbescheids in der Beurteilung der rechtlichen Verhältnisse erschöpft, die bis 30. Juni 2012 Bestand hatten, ohne dass daraus zulasten der Klägerin Folgerungen im Hinblick das ab 1. Juli 2012 gültige glücksspielrechtliche Regime gezogen werden könnten. Ob angesichts dessen der Bescheid vom 2. März 2009 durch Zeitablauf oder auf sonstige Weise erledigt ist (vgl. Art. 43 Absatz 2 BayVwVG), mag dahinstehen; es liegt jedenfalls keine der Ausnahmen vor, in denen die Zulässigkeit einer isolierten Anfechtungsklage gegen den eine Erlaubnis ablehnenden Bescheid bejaht werden müsste (vgl. die Darstellung bei Sodan in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 42 Rn. 342, 343). Der Ablehnungsbescheid entfaltet im Hinblick auf die für die Zukunft begehrte glücksspielrechtliche Vermittlungserlaubnis zu Lasten der Klägerin keine Rechtswirkungen und enthält auch keine fortwirkenden, für das Begehren der Klägerin nachteiligen Feststellungen. Sie muss insbesondere nicht den Eintritt der Bestandskraft des Bescheids vom 2. März 2009 abwenden, um zu verhindern, dass der Beklagte ihn einem neuen Erlaubnisantrag entgegenhalten kann (vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rn. 344), weil für dessen Beurteilung die dem Bescheid zugrunde gelegte Rechtslage ohne Bedeutung ist. Schon aus diesem Grund würde eine Kassation des Ablehnungsbescheids der Klägerin auch nicht die Feststellung der Erlaubnisfreiheit der Vermittlungstätigkeit im Internet seit dem 1. Juli 2012 verschaffen; diese Frage bildet im Übrigen ohnehin den Streitgegenstand im Parallelverfahren (10 BV 13.1006), in dem die entsprechende Klage mit Prozessurteil abgewiesen wurde.

2. Auch die nach Abweisung des Hauptantrags (3.a) zur Entscheidung stehenden Hilfsanträge (3.b/c) bleiben ohne Erfolg. Nach der Erledigung des Verpflichtungsbegehrens infolge der zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Rechtsänderung (vgl. I. 1.2) ist der aufrechterhaltene Verpflichtungsantrag, der auf dem am 19. September 2008 bei der Beklagten gestellten Antrag basiert, als Änderung des ursprünglichen Streitgegenstands anzusehen (2.1), der keine nach § 91 VwGO zulässige Klageänderung darstellt (2.2).

2.1 Das (hilfsweise) verfolgte Begehren, eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1, 2 GlüStV des derzeit gültigen Glücksspielstaatsvertrags für die „aktuelle Situation“ zu erhalten, stellt sich als Klageänderung dar. Eine Klageänderung ist die Veränderung des Streitgegenstandes durch Disposition des Klägers; der Streitgegenstand wird dabei bestimmt durch Klageanspruch und Klagegrund, also durch den geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch und den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt (stRspr, BVerwG, U.v. 24.10.2013 - 7 C 13.2 - juris Rn. 28 f.; Schmid in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91 Rn. 5 bis 15). Wird der Klageanspruch, der Klagegrund oder beides verändert, handelt es sich demzufolge um eine Klageänderung. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ist eine Erweiterung des Klageantrags nur dann nicht als Klageänderung anzusehen, wenn der Klagegrund unverändert bleibt. Auch wenn neu zur Entscheidung gestellte tatsächliche Umstände geltend gemacht werden, zu denen mangels Entscheidungserheblichkeit für den ursprünglichen Klageantrag noch keine Feststellungen getroffen wurden, liegt eine Antragserweiterung im Sinne einer Klageänderung vor.

Im vorliegenden Fall ist der neue Klageantrag keine bloße Modifizierung des ursprünglichen Klagegrunds, vielmehr ein „aliud“ (Wolf in Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.10.2016, § 91 Rn. 9 bis 11). Denn dieser hat sich durch die zum 1. Juli 2012 wirksam gewordene Neuregelung des Glücksspielrechts in grundlegender und nicht nur unerheblicher Weise geändert (BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4. 04 - juris Rn. 22 zur Festlegung von Flugrouten). Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass die Klägerin nunmehr neben der von ihr ursprünglich beantragten allgemeinen Vermittlungserlaubnis nun auch noch einer (rechtlich eigenständigen) Befreiung vom Verbot der Internetvermittlung nach § 4 Abs. 5 GlüStV (vgl. Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 Rn. 80 ff.) bedarf, für deren Erteilung der Beklagte zuständig ist, die jedoch bislang nicht unter Vorlage der entsprechenden Nachweise beantragt wurde und schon daher nicht vom ursprünglichen Streitgegenstand mitumfasst wird. Ohne die entsprechende Befreiung aber kann die Klägerin ihr Rechtsschutzziel, Lotterien im Internet zu vermitteln, nicht erreichen. Letztlich rechtfertigen die gleichen Gründe, die zur Erledigung des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens zum 30. Juni 2012 geführt haben, auch die Annahme einer Klageänderung; es kann daher ergänzend auf die Ausführungen unter 1.2.1 bis 1.2.3 Bezug genommen werden.

Am Vorliegen einer Klageänderung vermag auch der vom Kläger angeführte Zulassungsbeschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 29.10.2014 - 4 L 98/13 - nicht veröff.) nichts zu ändern, in dem ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des eine Klageänderung bejahenden erstinstanzlichen Urteils damit begründet wurden, die Rechtslage habe sich im Hinblick auf den dortigen Antrag der Feststellung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisfreiheit „nicht grundlegend geändert“, denn den Rechtsgrund des Antrags bildeten nach wie vor die der Klägerin zustehende Dienstleistungs- und Berufsfreiheit. Wollte man eine Klageänderung schon dann verneinen, wenn für die Erteilung einer beantragten Erlaubnis die gleichen verfassungs- oder unionsrechtliche Vorschriften zu Grunde liegen, wäre bei gleichzeitiger grundlegender Umstellung der einfachrechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen - wie im vorliegenden Fall - praktisch niemals eine Änderung des Klagegrundes anzunehmen. Die Frage nach einer grundlegenden Änderung der Rechtssituation ist immer einzelfallbezogen zu beantworten und nicht allein danach, ob die geltend gemachten verfassungs- und unionsrechtlichen Rechte identisch geblieben sind. Glücksspielrechtliche Erlaubnisse werden nicht auf verfassungs- oder unionsrechtliche Vorschriften, sondern auf einfachrechtliche Vorschriften gestützt erteilt oder versagt (vgl. a. OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - nicht veröff.).

2.2 Die Klageänderung ist nicht zulässig (§ 91 Abs. 1 VwGO), weil weder der Beklagte eingewilligt hat noch die Änderung sachdienlich ist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 263 ZPO).

Der Beklagte hat sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich gegen eine Klageänderung gewandt. Der Senat hält sie - mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (UA, S. 9, 28) - auch nicht für sachdienlich (vgl. zum Begriff: BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 32, 33; VG Bremen,U.v. 17.7.2014 - 5 K 4084/08 - juris Rn. 66 f.). Denn es wird hier zum einen eine wesentlich veränderte Rechtslage (vgl. I. 1.2) zum Prüfungsmaßstab gemacht, über die zu entscheiden der Beklagte bisher schon deshalb keinen Anlass hatte, weil es u.a. an einem entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Befreiung vom Internetverbot fehlt; hinsichtlich der allgemeinen Vermittlungserlaubnis ist der - von der Klägerin zusätzlich eingeschlagene - Weg über die Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen geboten. Aus diesen Gründen kann auch nicht die Rede davon sein, dass die Klageänderung bei im Wesentlichen identischen Streitstoff der endgültigen Streitbeilegung dient (BVerwG, U.v. 18.8.2005 - 4 C 1304 - juris Rn. 22 m.w.N.; BayVGH,U.v. 3.2.2015 -

10 BV 13.421 - a.a.O.) und sie aus diesem Grund sachdienlich wäre.

3. Nachdem die Klage auch mit ihren für die „aktuelle Situation“ zur Entscheidung gestellten Anträge unzulässig ist, erübrigt sich eine Entscheidung der Frage, in welchem Verhältnis die im vorliegenden Klageverfahren verfolgten Ansprüche zu denjenigen im Klageverfahren 10 BV 13.1006 stehen. Auch auf die weiteren materiellen Ausführungen der Klägerin im Hinblick auf das behauptete Bestehen eines Erlaubnisanspruchs muss wegen der Unzulässigkeit seiner prozessualen Geltendmachung nicht mehr eingegangen werden.

4. Nach alldem war die Berufung mit der auf § 154 Abs. 2 VwGO beruhenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2016 - 10 BV 13.1005

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Si-cherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin (vormals: ...) - ein Unternehmen im Bereich der online-Lotterie mit Sitz in London - vermittelt seit 1999 die Teilnahme am Lottospiel der staatlichen Lottogesellschaften der Länder über das Internet. Die Vermittlungstätigkeit besteht im Wesentlichen darin, Lottospielscheine gebührenfrei im Internet entgegenzunehmen, um sie im Auftrag der Lottospieler bei den staatlichen Lottogesellschaften, mit denen die Klägerin entsprechende Verträge geschlossen hat, gegen Provision einzureichen und die Gewinne der Lottospieler in deren Namen geltend zu machen. Sie beantragte am 29. November 2007 „in Erwartung des Inkrafttretens des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland zum 1. Januar 2008“ (GlüStV 2008) eine Erlaubnis für die gewerbliche Spielvermittlung im Internet gemäß § 24 Abs. 6 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 7 AGGlüStV. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. April 2008 „für das Jahr 2008“ insbesondere mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 6 Nr. 1 bis 5 GlüStV 2008 seien in wesentlichen Punkten nicht erfüllt, insbesondere der Jugendschutz nicht sichergestellt.

Am 21. April 2008 erhob die Rechtsvorgängerin der Klägerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4. April 2008 und zugleich Klage auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit, aufgeteilt in sieben Unteranträge. Das Verfahren der Anfechtungsklage wurde nach beiderseitigen Erledigungserklärungen eingestellt. Mit Schriftsatz vom 30. August 2012 stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin „aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Teilerledigungen und der normativen Änderungen nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags“ ihren Feststellungsauf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 um; für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beantragte sie entsprechend der zunächst erhobenen Anträge festzustellen, dass sie für den Freistaat Bayern berechtigt ist, in der von ihr bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte am 19. September 2008 einen weiteren, in einem Parallelverfahren rechtshängig gemachten Antrag, ihr (hilfsweise) nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 eine Erlaubnis zur Lotterievermittlung ab dem 1. Januar 2009 (vornehmlich) im Internet zu erteilen; diese zuletzt u.a. für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 verfolgte Verpflichtungsklage blieb erfolglos (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 -; VG Regensburg, U.v. 28.2.2013 - RO 5 K 11.855 -).

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 28. Februar 2013 (RO 5 K 12.1196) ab, die Fortsetzungsfeststellungsanträge als unbegründet, die in die Zukunft gerichteten Feststellungsanträge als unzulässig, und ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu. Mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren zur Feststellung der Erlaubnisfreiheit für den Zeitraum der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages 2008 (1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012) habe die Klägerin eine zulässige Klageänderung vorgenommen; insoweit sei ab 1. Juli 2012 durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags Erledigung durch Änderung der Rechtslage eingetreten. Die ursprüngliche Feststellungsklage sei - wie bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage - auf Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses umgewandelt worden. Die ab 1. Juli 2012 geltende neue Zuständigkeitsbestimmung des § 19 Abs. 2 GlüStV wirke sich nur für die Beurteilung der Rechtslage ab diesem Zeitpunkt aus. Bei einem Behördenwechsel während eines anhängigen Verfahrens sei anerkannt, dass von einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den früheren Beklagten umgestellt werden könne. Werde nach Erledigung des ursprünglich geltend gemachten Feststellungsanspruchs nur noch ein früherer Anspruch geltend gemacht, würden für das berechtigte Interesse dieselben Voraussetzungen wie für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gelten. Hier bestehe ein berechtigtes Interesse aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, damit bei Erledigung wenigstens eine Entscheidung in der Hauptsache ergehen könne; das berechtigte Interesse folge außerdem nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem hier vorliegenden tiefgreifenden Grundrechtseingriff in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Klägerin, auch wenn zu dieser Frage ein Revisionsverfahren vor dem Bundeswartungsgericht anhängig sei. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 sei unbegründet, weil die Klägerin jedenfalls seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2008 dem Erlaubnisvorbehalt unterliege, der im Hinblick auf die Verfolgung der legitimen Ziele des Glücksspielstaatsvertrags weder gegen Unionsrecht noch gegen nationales Recht verstoße. Es sei nicht ersichtlich, dass der Erlaubnisvorbehalt über das hinausgehe, was zur Verhinderung der Glücksspielsucht, zur Begrenzung des Glücksspielangebots und zur Gewährleistung des Jugendsowie Spielerschutzes erforderlich sei. Die Kriterien, von deren Erfüllung die Erteilung der Erlaubnis abhänge, seien weder unbekannt noch diskriminierend. Unbedenklich sei auch, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis vorsehe, sondern ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt enthalte. Es habe keine Verpflichtung bestanden, Zahlenlotto oder Lotterien als weniger Suchtgefahren aufweisende Glücksspielarten vom Erlaubnisvorbehalt auszunehmen. Das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs nicht monopolakzessorische Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 lasse im Übrigen die von der Klägerin beabsichtigte Vermittlungstätigkeit über diesen Vertriebs Weg nicht zu. Das Internetverbot entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Für seine Eignung zur Gewährleistung des Spielerschutzes sei von besonderer Bedeutung, dass die fehlende soziale Kontrolle eines Spielers im Internet die Gefahr von Spielsucht erhöhe. Im Übrigen obliege es den einzelnen Mitgliedstaaten zu beurteilen, ob spezifische Gefahren im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs im Glücksspielbereich erforderten; die ab 1. Juli 2012 eingeführten Lockerungen dieses Verbots vor dem Hintergrund einer Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse bedeuteten nicht, dass das zuvor ausnahmslos geltende Verbot unverhältnismäßig gewesen sei. Unbegründet seien auch die weiteren Feststellungsanträge hinsichtlich der sich aus § 9 Abs. 4 GlüStV 2008 ergebenden Beschränkungen sowie hinsichtlich der Beschränkungen und Verbote von Werbung für öffentliches Glücksspiel aus § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV 2008. Das für den gegenwartsbezogenen Zeitraum ab 1. Juli 2012 erhobene Feststellungsbegehren sei unzulässig, weil die neue Rechtslage ab 1. Juli 2012 zu einer grundlegenden Veränderung des Klagegrundes und damit zu einer unzulässigen, weil nicht sachdienlichen Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO geführt habe. Der Prozessstoff werde infolge grundlegender Änderung der streitentscheidenden Normen ab dem 1. Juli 2012 wesentlich erweitert. Auch gebe es nun ein „gebündeltes“ Erlaubnisverfahren nach § 19 Abs. 2 GlüStV, weshalb sich die Regierung der Oberpfalz für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht mehr als zuständig ansehe. Ferner gebe es nun Erlaubnisvorbehalte für den Internetvertrieb und für bestimmte Werbemaßnahmen.

Die Klägerin begründet ihre Berufung im Hinblick auf die vom Beklagten bestrittene Zulässigkeit der auf den Zeitraum bis 30. Juni 2012 bezogenen Anträge mit der besonderen Intensität des Grundrechtseingriffs; nach der Rechtsprechung des Senats müsse bei der in Rede stehenden Verletzung von EU-Grundfreiheiten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse an der begehrten Feststellung der Erlaubnisfreiheit der Internet-Vermittlung schon im Hinblick auf das Erfordernis effektiven Rechtschutzes angenommen werden. Es komme jedoch auch ein berechtigtes Interesse wegen eines möglichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht, der jedenfalls nicht deshalb ausscheide, weil der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Carmen Media das Internetverbot von Glücksspielen nicht beanstandet habe, denn diese Entscheidung befasse sich mit der Unionsrechtswidrigkeit des bayerischen Sportwettenmonopols. Auf die Unionsrechtswidrigkeit des absoluten Internetverbots für die Vermittlung von Lotto habe die Kommission bereits vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags hingewiesen und dementsprechend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. In dem maßgeblichen Schreiben vom 31. Januar 2008 sei ausgeführt, dass die Teilnahme an nationalen Lotterien - auch bei Erwerb der Lottoscheine auf elektronischem Wege - kein ernsthaftes Risiko für eine Spielsucht im Hinblick auf die in der Regel nur zweimal wöchentlich stattfindenden Ziehungen darstelle. Das berechtigte Interesse ließe sich nur im Falle eines - hier nicht gegebenen - offensichtlichen Ausschlusses von Staatshaftungsansprüchen nach summarischer Prüfung verneinen; ausreichend sei eine Plausibilitätskontrolle des Vortrags der Klägerin. Die Anträge seien begründet. So hätten verschiedene Verwaltungsgerichte (Berlin, Chemnitz, Halle) zwischen dem Internetverbot für Lotto (unionsrechtswidrig) und dem Internetverbot für Sportwetten (unionsrechtskonform) unterschieden und festgestellt, dass die Klägerin im jeweiligen Bundesland in der bis 31. Dezember 2008 von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland zugelassenen Lotterieprodukten auch ohne Erlaubnis tätig sein dürfe. Der Erlaubnisvorbehalt stelle keinen verhältnismäßigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit dar, da er schon nicht kohärent und systematisch zur Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels beitrage. So habe der Senat schon in seinem Urteil vom 26. Juni 2012 (10 BV 11.2770) ausführlich nachgewiesen, dass die Werbewirklichkeit von Lotto nichts mit Suchtbekämpfung zu tun habe und sämtliche Landeslottogesellschaften in Verfolgung fiskalischer Zwecke systematisch gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verstießen. Das Erstgericht habe die Eingriffsintensität des mit § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 verbundenen repressiven Verbots mit Dispensvorbehalt verkannt; der hiermit verbundene Eingriff sei wesentlich einschneidender als ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Damit sei die Vermittlung von Lotterien gerade nicht als grundsätzlich zulässig anzusehen. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die gesetzlich bestimmten Ziele verfolgt würden. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass es für die Einhaltung des unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht erforderlich sei, dass für alle Glücksspiele dieselbe Erlaubnisregelung gelten müsse. Sinn und Zweck dieses Gebots sei vielmehr, die gerichtliche Überprüfung der „Wahrhaftigkeit“ des vom Mitgliedstaat angegebenen Ziels der Beschränkung der Grundfreiheit zu erleichtern. Bereits eine widersprechende Handlung mache das Vorgehen des Mitgliedstaats, mit dem er die unternehmerische Freiheit im Binnenmarkt beschränke, unglaubwürdig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts gelte das Kohärenzgebot nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern auch für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein. Das Verhalten der Bundesländer widerspreche dem Ziel der Angebotseindämmung bei Lotto eklatant, wie das Werbeverhalten der staatlichen Landeslotterieveranstalter zeige. Aufsichtsbehörden schritten nicht ein, sodass von einem strukturellen Vollzugsdefizit zu sprechen sei. Es sei nur folgerichtig, dass die 16 staatlichen Lotterieveranstalter die Forderung vertreten würden, sie von der Kontrolle durch die Wettbewerbskammern der ordentlichen Gerichtsbarkeit freizustellen und ausschließlich der Glücksspielaufsicht zu unterstellen. Ergänzend werde zur Begründung der Inkohärenz auf die Maßgaben des EuGH-Urteils in der Rechtssache Stoß Bezug genommen; danach reiche für die Annahme einer Inkohärenz aus, dass andere Arten von Glücksspielen durch private Veranstalter, die über eine Erlaubnis verfügten, betrieben werden dürften, und auf Angebotsausweitung ausgerichtete Werbung staatlicher Veranstalter festzustellen sei. Des Weiteren verstoße der Erlaubnisvorbehalt gegen das Übermaßverbot, denn der Internetvertriebs Weg mache für den Lottovertrieb lediglich 6% (Stand: 2007) aus, sodass ein entsprechendes Verbot nicht zu einer Angebotseindämmung oder gar Verringerung der bei Lotto sowieso nicht gegebenen Spielsucht führen könne. Im Übrigen verhindere auch die vom Verwaltungsgericht angeführte „soziale Kontrolle durch persönliche Anwesenheit der Spieler“ bei Abgabe der Lottoscheine - in Ermangelung von Höchsteinsatzgrenzen und anonym ohne Personalienfeststellung - nicht, dass Spielsüchtige an mehreren Annahmestellen hintereinander und unkontrolliert dem Spiel nachgingen. Das Verwaltungsgericht habe sich über die Entscheidung von ca. einem Drittel der bundesdeutschen Bevölkerung, die regelmäßig Lotto spielten, schlicht hinweggesetzt, in dem es Passagen aus Entscheidungen zu Sportwetten auf „Lotto“ umgeschrieben habe. Der Gesetzgeber selbst habe in § 22 Abs. 2 GlüStV 2008 entschieden, dass spielsüchtige, für andere Glücksspiele gesperrte Spieler jedenfalls an Lotterien, die nicht häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet würden, teilnehmen dürften. Die Erlaubnisregelung widerspreche auch deshalb unionsrechtlichen Anforderungen, weil sie für ein grenzüberschreitend tätiges europäisches Unternehmen weder objektiv vorhersehbar gewesen sei noch effektiver gerichtlicher Rechtsschutz angesichts des Erfordernisses erlangt werden könne, in allen 16 Bundesländern eine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten erlangen und dafür gegebenenfalls auch 16 Gerichtsverfahren durchlaufen zu müssen. Das Internet-Vermittlungsverbots verstoße gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Der EuGH habe mit seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011 (Zeturf) die Bedeutung der Kohärenzanforderungen für internetbezogene Beschränkungen verdeutlicht und dabei dem Vertriebskanal Internet gerade im Hinblick auf die Tätigkeit grenzüberschreitender Unternehmen im Binnenmarkt eine herausragende Bedeutung zuerkannt. Die Nutzung des Internets müsse zu einer Verstärkung der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren führen; eine solche „Gefahrenverstärkung“ liege aber im Fall der Teilnahme an staatlich veranstalteten Lotterien nicht vor. Außerdem habe das Verwaltungsgericht seine Kohärenzprüfung zu Unrecht nur auf den Bereich Internet beschränkt. Außerdem habe es trotz Feststellung eines strukturellen Vollzugsdefizits bei der Pferdewetten-Vermittlung im Internet diesen Bereich als unbedeutend bezeichnet, obwohl er große wirtschaftliche Bedeutung habe und im Vergleich zu Lotto eine erheblich höhere Spielsuchtrelevanz bestehe. Es bestünden weitere (sechs) kohärenzschädliche Widersprüche, mit denen sich das Verwaltungsgericht trotz entsprechenden Sachvortrags nicht befasst habe. Der Beklagte sei vom Verwaltungsgericht nicht aufgefordert worden, konkrete Nachweise und Untersuchungen zur Frage der Lotto-Spielsucht vorzulegen. Ob das mitgliedstaatliche Internetverbot dem Problem der Spielsucht abhelfen könne, sei demnach weiter ungeklärt. Die Klage sei auch für den Übergangszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 begründet, weil die internetbezogenen Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Dezember 2007 (AGGlüStV) nicht entsprechend der Richtlinie 98/34/EG notifiziert worden und daher unanwendbar gewesen seien. Zudem habe in dem entsprechenden Zeitraum im Bundesland Schleswig-Holstein keine Fassung des Glücksspielstaatsvertrags gegolten, sodass dieser Umstand zu einer zusätzlichen Inkohärenz geführt habe, weil die Lottovermittlung über Internet in diesem Bundesland nicht mehr erlaubnis-, sondern lediglich anzeigepflichtig gewesen sei. Damit habe der Mitgliedstaat Deutschland das Internetverbot nicht überall als kohärentes Ziel verfolgt, jedenfalls nicht in Schleswig-Holstein. Die den Bundesländern zukommende, auf ihr Hoheitsgebiet beschränkte Gesetzgebungskompetenz könne aus Sicht des Unionsrechts den Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht rechtfertigen.

Für den gegenwartsbezogenen, den Zeitraum ab 1. Juli 2012 betreffenden Teil der Klage liege nicht die vom Verwaltungsgericht angenommene Klageänderung vor, weil die entsprechenden Klageanträge bereits in der Klageschrift vom 21. April 2008 gestellt und unverändert beibehalten worden seien. Auch der Klagegrund sei der gleiche, ohne dass hieran eine Veränderung der materiell-rechtlichen Gesetzeslage infolge Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags etwas geändert habe. Die Klägerin stütze ihren Anspruch nicht auf einfaches Gesetzesrecht, sondern habe ihn von Anfang an im Hinblick auf Art. 56, 57 AEUV sowie Art. 12 Abs. 1 GG für begründet erachtet. Wie etwa bei einem Bauantrag, nach dessen Stellung sich die Vorschriften der Bauordnung geändert hätten, müsse auch über die vorliegenden Feststellungsanträge nach den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Vorschriften entschieden werden. Die Klage sei auch begründet, weil insoweit die bereits zur alten Rechtslage dargelegten Ausführungen gelten würden, die nach wie vor die Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen über die Erlaubnispflicht der Internetvermittlung von Lotterien bewiesen, sodass die Tätigkeit auch aktuell als erlaubnisfrei behandelt werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Februar 2013

1. für die Vergangenheit

festzustellen, dass die Klägerin mit Bezug auf den Freistaat Bayern vom 1.1.2008 bis 30.6.2012 berechtigt war, in der von ihr zuvor ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein, insbesondere festzustellen,

a) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, auch ohne eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 2 AGGlüStV a.F. in Deutschland zugelassene Lotterien und Glücksspiele (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Klassenlotterien) zu vermitteln,

b) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 im Internet zu vermitteln,

c) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüstV a.F. auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Freistaats Bayern Lotterien bayerischer Veranstalter und auch für Personen mit Aufenthalt im Freistaat Bayern an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass sie entgegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 für ihre Tätigkeit auch im Internet werben durfte,

e) und dass sie entgegen § 5 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern durfte.

und

2. für die Gegenwart

festzustellen, dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, in der von ihr bis zum Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein, insbesondere festzustellen,

a) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, auch ohne eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV. i.V.m. Art. 2 AGGlüStV in Deutschland zugelassene Lotterien (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks) zu vermitteln,

b) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV auch ohne gesonderte Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV im Internet zu vermitteln,

c) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 GlüStV i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüStV auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Freistaates Bayern Lotterien bayerischer Veranstalter und auch für Personen mit Aufenthalt im Freistaat Bayern an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass sie entgegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV für ihre Tätigkeit auch ohne gesonderte Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV im Internet werben darf,

e) dass sie mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen und ermuntern darf.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Erwiderung führt er aus, der auf die nachträgliche Feststellung eines Rechtsverhältnisses abzielenden Klage für den Zeitraum vor dem 1. Juli 2012 fehle das erforderliche berechtigte Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit einer Reihe von Urteilen vom 16. Mai 2013 (8 C 14.12 u.a.), entschieden, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte nur bei Eingriffsakten zu bejahen sei, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig einer gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren nicht zugeführt werden können. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht auch der vorangegangenen Rechtsprechung des Senats zu dieser Problematik, auf die sich das angefochtene Urteil beziehe, entgegengetreten. Diese Rechtsprechung sei auf die vorliegende Konstellation einer vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage übertragbar, so dass es darauf ankomme, ob aus der Eigenart des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses folge, dass eine allein auf die Gegenwart bezogene Feststellungsklage von vornherein nicht zum Erfolg führen könne und deshalb die Feststellung für die Vergangenheit beantragt werden müsse. Dies sei hier nicht der Fall, da bei einer über mehrere Jahre hinweg geltenden Rechtslage typischerweise eine gerichtliche Klärung rechtzeitig zu erreichen sei und auch im vorliegenden Fall habe erreicht werden können, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14. Oktober 2008 (1 BvR 928/08, juris) über eine Verfassungsbeschwerde der Klägerin entschieden habe. Es liege auch keine der weiteren Fallgruppen vor, in denen ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anerkannt sei. Insbesondere fehle es an einer Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Staatshaftungsprozess, denn derartige Ansprüche bestünden selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen Unionsrecht offensichtlich nicht, weil der Verstoß nicht hinreichend qualifiziert sei und den Amtswaltern keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung vorgeworfen werden könne. Aus der vorliegenden, umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs sowohl zum Erlaubnisvorbehalt als auch zum Internetverbot folge, dass der Gesetzgeber zu keinem Zeitpunkt seine Rechtsetzungsbefugnisse überschritten habe, soweit er die Vermittlung von Lotterien unter Erlaubnisvorbehalt gestellt und sie im Internet verboten habe. Aber auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejahen wollte, sei die Feststellungsklage für die Vergangenheit unbegründet, weil die Klägerin für ihre Tätigkeit stets der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurft und im Übrigen das damals uneingeschränkt geltende Internetverbot unabhängig vom Erlaubnisvorbehalt gegolten habe. Es werde auf die vorliegende Rechtsprechung Bezug genommen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die begehrte Feststellung der Erlaubnisfreiheit ab 1. Juli 2012 eine Klageänderung im Sinn von § 91 Abs. 1 VwGO angenommen, weil der Eintritt einer neuen Rechtslage zu einem anderen tatsächlichen Lebenssachverhalt und damit einem neuen Streitgegenstand geführt habe. Zwar sei mit Änderungen der Rechtslage im Regelfall keine Klageänderung verbunden, allerdings sei im Rahmen einer Feststellungsklage das anzuwendende Recht bereits für die Begrenzung des Streitgegenstands relevant; daher könne anders als im Bereich der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage der Gegenstand der Feststellungsklage nicht von den das Rechtsverhältnis konstituierenden Rechtsvorschriften getrennt werden, wenn die Änderung so grundlegender Natur sei, dass das Rechtsverhältnis nunmehr ein anderes sei (BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4.04 - juris). Dies sei hier vor allem angesichts der nun eröffneten Befreiungsmöglichkeiten nach § 4 Abs. 5 GlüStV der Fall. Die Vermittlung von Lotterieprodukten im Internet sei nunmehr in bewusster Abkehr von der früheren Rechtslage nach Erteilung einer Befreiung möglich. Im Übrigen würden nun glücksspielrechtliche Vermittlungserlaubnisse nach § 19 Abs. 2 GlüStV zentral vom Land Niedersachsen erteilt. Die sieben weiteren Unteranträge seien, wolle man hierin eigenständige Anträge sehen, wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig; die hier thematisierten Voraussetzungen müssten im Erlaubnisverfahren geprüft und gegebenenfalls durch Verpflichtungsklage verfolgt werden.

Die Klägerin regte an, den sich auf den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beziehenden Teil des Verfahrens ebenso wie denjenigen im Parallelverfahren (10 BV 13.1005) abzutrennen und so lange ruhen zu lassen, bis über die seit 2014 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg anhängige Verpflichtungsklage entschieden sei, mit der sie ihren nach § 19 Abs. 2 GlüStV beim Land Niedersachsen gestellten, inzwischen abgelehnten Antrag auf eine „gebündelte Vermittlungserlaubnis für ganz Deutschland“ verfolge. Für die vergangenheitsbezogenen Anträge bestehe im Hinblick auf den tiefgreifenden Eingriff in Grundfreiheiten auch angesichts der durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschärften Anforderungen nach wie vor ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da bisher unbeantwortete Fragen noch nicht geklärt seien und der Senat ausdrücklich offen gelassen habe, ob dieser Rechtsprechung zu folgen sei. Angezeigt erscheine jedenfalls eine Neubefassung entweder des Europäischen Gerichtshofs oder jedenfalls des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage der Voraussetzungen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses.

Der Senat hat mit Urteil vom 12. Dezember 2017 die Berufung im Parallelverfahren (10 BV 13.1005) zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten, hier insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 5. Dezember 2016, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet

Die Feststellungsklage mit ihren verschiedenen Anträgen (1.a bis e) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 wurde vom Verwaltungsgericht (im Ergebnis) ebenso zu Recht abgewiesen (I.) wie die Feststellungsklage (Klageanträge 2.a bis e) für den Zeitraum der ab 1. Juli 2012 eingetretenen neuen Rechtslage (II.).

Die Klägerin hat ihre in fünf Anträge untergliederte Feststellungsklage bereits am 20. August 2012 derart umgestellt, dass sie mit ihr nicht nur eine auf die gegenwärtige Rechtslage bezogene Feststellung (hierzu: II.), sondern zugleich auch die Feststellung eines vergangenen, bis 30. Juni 2012 bestehenden Rechtsverhältnisses (hierzu: I.) begehrt. Jede der beiden Feststellungsklagen umfasst fünf voneinander grundsätzlich unabhängige Anträge, die hier gemäß § 44 VwGO „in einer Klage“ zusammengefasst verfolgt werden. Im Kern bezieht sich das Feststellungsbegehren auf die Erlaubnisfreiheit der von der Klägerin schon vor 2008 ausgeübten Tätigkeit der Vermittlung von in Deutschland zugelassenen Lotterien im Internet und die Werbung hierfür auch im Internet. Einer getrennten Prüfung und Beurteilung der fünf verschiedenen Anträge bedarf es weder für den („vergangenheitsbezogenen“) Zeitraum bis 30. Juni 2012 noch für den („gegenwartsbezogenen“) Zeitraum ab 1. Juli 2012, denn die zur Unzulässigkeit der Klagen führenden Erwägungen haben für alle fünf Feststellungsanträge jeweils gleichermaßen Gültigkeit. Der Klägerin geht es also nicht (mehr) nur um die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Betätigung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern zusätzlich um eine entsprechende Feststellung des bis 30. Juni 2012 bestehenden Rechtsverhältnisses.

I.

Soweit sich die Klage auf das Jahr 2008 bezieht, fehlt es bereits am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin (1.). Ungeachtet dessen ist die auf das Jahr 2008 und den weiteren Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2012 bezogene Klage auf Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) eines vergangenen Rechtsverhältnis zwar grundsätzlich statthaft (2.); die Klägerin besitzt jedoch im für die Beurteilung der Zulässigkeit ihrer umgestellten Klage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht das in Anlehnung an § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses (3.).

1. Soweit sich die begehrte Feststellung auf das Jahr 2008 bezieht, hat die Klägerin schon kein Rechtsschutzbedürfnis, das allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung für sämtliche Klagearten ist (vgl. hierzu Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorb § 40 Rn. 30). Denn sie hat ihre Vermittlungstätigkeit im Internet über das ganze Jahr 2008 hinweg ungeachtet des Umstandes, dass die von ihr auf der Grundlage der Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008 am 29. November 2007 beantragte, auf ein Jahr befristete Erlaubnis versagt worden war, fortgeführt, ohne dass die Glücksspielaufsicht hiergegen etwa mit einer Untersagungsverfügung vorgegangen wäre. Die Klägerin hat die Internetvermittlung in Bayern, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, erst zum 1. Januar 2009 eingestellt. In dieser Situation, in der sie sich tatsächlich noch in unverändertem Umfang wirtschaftlich betätigt hat, besteht kein Bedürfnis an der Klärung der von ihr (auch) für das Jahr 2008 aufgeworfenen und grundsätzlich feststellungsfähigen Rechtsfragen. Diesem Umstand hat die Klägerin im Übrigen bereits Rechnung getragen, indem sie den Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht einer Erledigung zugeführt hat, soweit es um den - zunächst ebenfalls streitgegenständlichen - Bescheid des Beklagten vom 4. April 2008 ging, mit dem die Erlaubnis zur Internetvermittlung nach der genannten Übergangsvorschrift abgelehnt worden war. Ungeachtet des insoweit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses gelten die folgenden Ausführungen (I. 2.) auch für die auf das Jahr 2008 begehrte Feststellung.

2. Die am 21. April 2008 erhobene und später umgestellte, auf den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 bezogene Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Sie ist statthaft, denn ihr liegt ein konkretes feststellungsfähiges, auf die Vergangenheit bezogenes Rechtsverhältnis zu Grunde (2.1). Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage steht nicht entgegen (2.2).

2.1 Es besteht ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Es liegt hier ein bestimmter Sachverhalt - die näher umrissene wirtschaftliche Betätigung der Klägerin - vor, aus dem sich aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen bestimmte rechtliche Beziehungen zwischen der Klägerin als Normadressatin und dem Beklagten als Normanwender ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 13.06 - juris Rn. 21; U.v.. 30.11.2011 - 6 C 20.10 - juris Rn. 12). Dieser Streit betrifft die sich aus bestimmten Normen des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags 2008 ergebenden Rechtsbeziehungen. Während der Beklagte die Notwendigkeit einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Vermittlungstätigkeit der Klägerin behauptet, geht diese aus verschiedenen Gründen von einer fortdauernden, wie bis zum Inkrafttreten des Staatsvertrags unstreitig bestehenden Erlaubnisfreiheit aus. Damit haben sich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, weil die Anwendung bestimmter Normen des öffentlichen Rechts auf einen überschaubaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19.94 - juris).

Die Klägerin konnte auch ihre ursprünglichen, auf Feststellung eines aktuellen Rechtsverhältnisses gerichteten Anträge auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses umstellen, nachdem sich infolge des Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags am 1. Juli die bisher maßgebliche Rechtslage wesentlich verändert hatte. Mit einer Feststellungsklage kann nämlich auch ein vergangenes Rechtsverhältnis zur Klärung gestellt werden (Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 305, 319). Dies gilt insbesondere, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung wegen des zwischenzeitlichen Übergangs auf ein neues Rechtssystem das ursprünglich für das (strittige) Rechtsverhältnis maßgebliche Rechtssystem bedeutungslos geworden ist. Ist jedoch - wie hier - das ursprüngliche Rechtsverhältnisses wegen einer grundlegenden Änderung der Rechtslage nach Erhebung der Feststellungsklage beendet (vgl. hierzu: II.1), kann diese Klage unter Beachtung der zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Grundsätze fortgeführt werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris Rn. 15 ff.; BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33). Damit bleibt einem Kläger grundsätzlich die Möglichkeit erhalten zu verhindern, dass der mit der Klage unter entsprechendem Aufwand bereits erreichte Stand nutzlos wird. Die Sachlage ist mit dem Übergang von einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage vergleichbar (OVG BB, U.v. 30.6.2016 - OVG 1 B 2. 14 - juris Rn. 52; eine Analogiemöglichkeit verneinend: Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 319, der für das Feststellungsinteresse gleichwohl auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zurückgreift; ähnlich: Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 25).

Mit der vorgenommenen Umstellung ist keine Klageänderung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO) verbunden. Denn mit der ursprünglich erhobenen Feststellungsklage wurde nicht die Feststellung der Erlaubnisfreiheit auch für den Fall künftiger, inhaltlich nicht vorhersehbarer Rechtsänderungen begehrt; vielmehr bildeten die seinerzeit gültigen Rechtsnormen des Glücksspielstaatsvertrags 2008 die konkrete Grundlage des zwischen den Beteiligten festzustellenden Rechtsverhältnisses (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 44). Bezieht die Klägerin also ihren Feststellungsantrag ausdrücklich auf die zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (hier: infolge des Außerkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrags 2008) nicht mehr geltende Rechtslage, verfolgt sie damit nur ihren ursprünglich gestellten Klageantrag - ohne Klageänderung - fort.

2.2 Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Denn die Klägerin konnte ihre Rechtsbehauptung, weiterhin ohne Erlaubnis im Internet Lotterien vermitteln zu dürfen, nicht in gleicher Weise effektiv im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgen, ohne damit von ihrem eigentlichen Rechtsschutzziel abzugehen. Gerade mit Blick auf die von der Klägerin bestrittene Wirksamkeit des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Erlaubnisvorbehalts (§ 4 Abs. 1 GlüStV 2008) vermittelt die erhobene Feststellungsklage gegenüber einer auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis gerichteten Verpflichtungsklage einen weitergehenden und damit effektiveren Rechtsschutz und ist daher nicht subsidiär (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 29). Deshalb spielt auch keine Rolle, dass die Klägerin am 19. September 2008 bei der Beklagten einen Antrag, ihr für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 eine Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung verschiedener Lotterien (ungeachtet des Vertriebswegs) gemäß § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 zu erteilen, gestellt hat, der mit Bescheid vom 2. März 2009 abgelehnt wurde und den sie im parallel geführten Rechtsstreit (10 BV 13.1005) hilfsweise weiterverfolgt hat. Die Klägerin hat auch im dortigen Verfahren keine Zweifel daran gelassen, dass sie als vorrangiges Rechtsschutzziel nach wie vor die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Betätigung verfolgt, und nur hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit dieses Begehrens eine Erlaubnis anstrebt.

3. Die demnach in prozessual statthafter Weise im Laufe des Klageverfahrens umgestellte Feststellungsklage ist jedoch in Anlehnung an die von der Rechtsprechung zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Grundsätze unzulässig.

Bezieht die Klägerin ihre Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses, hängt deren Zulässigkeit nicht - wie im Fall einer unmittelbaren Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO - davon ab, ob sich das ursprüngliche Klagebegehren tatsächlich mit Ablauf des 30. Juni 2012 erledigt hat (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45; hierzu: II. 1.), so dass diese Frage hier keiner weiteren Erörterung bedarf. Die Klägerin besitzt jedenfalls (wie bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts) kein berechtigtes Interesse an der Feststellung für das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis; es liegt keine der Fallgruppen vor, in denen ein berechtigtes Interesse an der Fortführung der Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses nach Maßgabe der bis 30. Juni 2012 geltenden Normen anzuerkennen ist.

Während für eine Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse erforderlich, aber auch ausreichend ist, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein kann und für das lediglich entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 20), sind bei vergangenen Rechtsverhältnissen strengere Anforderungen zu stellen (BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33; Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 43 Rn. 25: das seinerzeitige Rechtsverhältnis muss über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußern). Die Rechtsprechung geht in diesen Fällen in Anlehnung an die Voraussetzungen bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO davon aus, dass entweder die Gefahr der Wiederholung, ein Rehabilitierungsinteresse, ein schwerwiegender Grundrechtseingriff (3.1) oder die Präjudizwirkung für einen angestrebten Staatshaftungsprozess (3.2) vorliegen muss (BayVGH, U.v. 4.2.2014, a.a.O., Rn. 33, 43 ff.). Im Fall der Klägerin kommen nur die beiden letztgenannten Gruppen in Betracht, auf die sie sich auch bezieht. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, also der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.; BVerwG, B.v. 30.4.1999 - 1 B 36.99 - juris Rn. 5).

3.1 Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein berechtigtes Feststellungs-interesse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten begründen.

3.1.1 Ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme (übertragen auf die vorliegende Situation: an der Feststellung der Erlaubnisfreiheit nach den seinerzeitigen Vorschriften) kommt nicht nur dann in Betracht, wenn eine nachwirkende Diskriminierung besteht, sondern auch dann, wenn die Art des Eingriffs, insbesondere in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordert, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. BVerwG, B.v. 3.2.1999 - 1 PKH 2.99 - juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann (stRspr, BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 14; B.v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. - juris Rn. 49). Ein solcher Eingriff kann sowohl in der Maßnahme selbst als auch in der Art des durch die erledigte Maßnahme bewirkten Eingriffs liegen.

3.1.2 An diesen Grundsätzen gemessen kann hier dahinstehen, ob allein die Weigerung des Beklagten, die geltend gemachte Erlaubnisfreiheit der Vermittlungstätigkeit der Klägerin (für den Zeitraum bis 30. Juni 2012) anzuerkennen, mit einem „Eingriff“ in ihre Berufsausübungsfreiheit (hier: in Gestalt der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG) sowie in ihre unionsrechtlichen garantierte Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV verbunden ist, und ob ein darin liegender Rechtseingriff schwerwiegender Natur ist (verneint für ein vergleichbares Feststellungsbegehren: BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 43 ff.). Offenbleiben kann weiter, ob sich die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren nicht im Kern gegen einen legislativen Eingriff wendet, den sie in der Einführung eines Genehmigungsvorbehalts für ihre Vermittlungstätigkeit und des Internetverbots (vgl. Art. 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2008) durch den zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag begründet sieht, oder ob sie eine feststellende Entscheidung über „exekutives Unrecht“ erreichen will, das sich aus ihrer Sicht daraus ergibt, dass der Beklagte die zitierten Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags 2008 angewendet hat, obwohl sie nach Auffassung er Klägerin gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten (hier: Art. 56 AEUV) verstoßen und daher unanwendbar sind.

Denn selbst bei unterstellter Annahme eines tiefgreifenden Rechtseingriffs im dargelegten Sinn ist hier ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu verneinen, weil keine Situation besteht, in der die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren wegen der sich aus seiner Eigenart ergebenden kurzfristigen Erledigung ohne wirksamen Rechtsschutz geblieben wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 40.12 - juris Rn. 27 ff.; BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 14). Im vorliegenden Fall besteht kein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil sich die verweigerte Anerkennung der Erlaubnisfreiheit nicht als Hoheitsakt darstellt, dessen Wirkung nach seinem typischen Verfahrensablauf auf eine so geringe Zeitspanne beschränkt ist, dass eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangt werden kann. Die Zulässigkeit dieser Einschränkung des Feststellungsinteresses in der hier maßgeblichen Fallgruppe haben das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - juris) sowie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O.) bestätigt. Zur weiteren Begründung kann auf die ausführliche Darstellung der hier maßgeblichen Problematik im zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 12. Dezember 2016 im Parallelverfahren (10 BV 13.1005 - UA, 2.2.1) in entsprechender Weise Bezug genommen werden.

Auch im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass im Hinblick auf das ursprüngliche Feststellungsbegehren kein wirksamer Rechtsschutz im hierfür verfügbaren Zeitraum zu erlangen war (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O., Rn. 14). Die Klägerin hatte am 21. April 2008 beim Verwaltungsgericht Regensburg Feststellungsklage erhoben, weshalb an der grundsätzlichen Möglichkeit wirksamen Rechtsschutzes keine Zweifel bestehen können. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es tatsächlich erst nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 und damit nicht mehr unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags 2008 zu einer gerichtlichen Sachentscheidung (Urteil vom 28.2.2013) über die Feststellungsklage gekommen ist. Die Verfahrensdauer ist hier verschiedenen, im Hinblick auf die Frage einer wirksamen Rechtsschutzgewährung aber nicht entscheidenden Umständen geschuldet; die tatsächliche Dauer des Verfahrens ändert nichts daran, dass sich das Feststellungsbegehren nicht wegen seiner Eigenart innerhalb so kurzer Zeit erledigt hat, dass eine gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen war. Im Ergebnis erweist sich, dass im vorliegenden Fall zur Sicherung der Effektivität des Rechtsschutzes die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht geboten ist, denn im Hinblick auf die reale Möglichkeit, die beantragte Feststellung gerichtlich zu erstreiten, bestand keine Rechtsschutzlücke.

Nichts anderes ergibt sich aus unionsrechtlicher Sicht. Auch aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRCh folgt keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu Gunsten der Klägerin weiter auszulegen.

3.2 Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses ergibt sich auch nicht aus der Präjudizwirkung für einen von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Zwar kann sich ein solches Interesse wohl auch dann ergeben, wenn mit einer Feststellungsklage zunächst das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden sollte (dazu 3.2.1); die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs liegen jedoch nicht vor (dazu 3.2.2).

3.2.1 Ein Feststellungsinteresse unter Hinweis auf die konkrete Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, kann grundsätzlich im Rahmen einer auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichteten Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO bestehen. Vor Erhebung einer Schadensersatzklage bei den ordentlichen Gerichten muss ein Kläger, gegen den ein belastender Verwaltungsakt ergangen ist, zunächst im Wege des Primärrechtsschutzes versuchen, die Belastung durch Anfechtungs- oder Versagungsgegenklage bei den Verwaltungsgerichten zu beseitigen. Erst dann kann er im Wege des sekundären Rechtsschutzes Ersatzansprüche bei den ordentlichen Gerichten mit Aussicht auf Erfolg einklagen. Erledigt sich der belastende Verwaltungsakt während des Verwaltungsprozesses, sieht die Rechtsprechung ein schutzwürdiges Interesse des Klägers darin, dass ihm die Früchte des bisherigen notwendigen Prozessierens erhalten bleiben, und gibt ihm deshalb das Recht, feststellen zu lassen, ob der von ihm angefochtene Hoheitsakt rechtmäßig war oder nicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.3.1993 - 3 C 90.90 - juris Rn. 37).

Bei einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO könnte dies deshalb anders sein, weil hier nicht zunächst ein rechtswidriger Verwaltungsakt aufgehoben werden muss, vielmehr ein Kläger seinen Amtshaftungsanspruch unmittelbar vor dem Zivilgericht verfolgen könnte, welches dann über die öffentlich-rechtlichen Vorfragen mitzuentscheiden hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt ein berechtigtes Feststellungsinteresse jedenfalls in den Fällen, in denen sich ein Verwaltungsakt - entsprechend auf den vorliegenden Fall übertragen: das Feststellungsbegehren zur seinerzeitigen Rechtslage - bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.1997 - 8 C 23.96 - juris Rn. 21). So liegt der Fall hier aber nicht.

Das Rechtsverhältnis, das die Klägerin mit ihrer bereits im Jahr 2008 erhobenen Feststellungsklage geklärt haben wollte, erstreckte sich bis zum 30. Juni 2012 und endete zu diesem Zeitpunkt. Es lagen besondere Umstände vor, die auch bei einer derartigen Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse wegen der beabsichtigten Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Staat begründen könnten. Denn der Klägerin ging es mit der Feststellungsklage (zunächst) um den primären Rechtsschutz, weil sie die Fortführung des Vermittlungsgewerbes ohne Erlaubnis erreichen wollte. Ob hier aus diesem Grund ein besonderes Feststellungsinteresse besteht, ihr die Früchte des bisherigen Prozessierens zu erhalten, kann aber offen bleiben. Denn ein Präjudizinteresse der Klägerin besteht jedenfalls aus anderen Gründen nicht (vgl. 3.2.2).

3.2.2 Ein Feststellungsinteresse wegen der Präjudizialität für Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche besteht nur dann, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint (z.B. BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 51 ff.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 136). Von einer offenbaren Aussichtslosigkeit ist nur dann auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 29.90 - juris Rn. 14).

Im vorliegenden Fall ist von der offensichtlichen Aussichtslosigkeit eines nachfolgenden Schadensersatz- oder Entschädigungsprozesses auszugehen. Soweit die Klägerin die Feststellung von „legislativem Unrecht“ begehrt, würde ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (offensichtlich) bereits daran scheitern, dass sich die Beschränkungen der Tätigkeit der Klägerin unmittelbar aus dem Gesetz (§ 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2008) ergeben, hoheitliches Handeln im Bereich der Gesetzgebung aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z.B. BGH, U.v. 24.10.1996 - III ZR 127/91 - juris Rn. 9) im Regelfall keine Ansprüche aus Amtshaftung begründet, da den Amtsträgern insoweit keine drittbezogenen Amtspflichten obliegen, sondern diese in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen dienen (OVG Saarl, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 113). Gesetze und Verordnungen enthalten generell-abstrakte Regelungen, sodass der Gesetzgeber insoweit ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahrnimmt. Soweit die Klägerin die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Vermittlungstätigkeit für die Vergangenheit vor dem Hintergrund der Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs wegen rechtswidriger Verwaltungstätigkeit verfolgt, scheidet ein solcher Anspruch schon nach der sog. Kollegialgerichtsregel (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27) aus.

Auch die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs liegen offensichtlich nicht vor, weil ein etwaiger Verstoß des Erlaubnisvorbehalts (§ 4 Abs. 1 GlüStV 2008) und seiner Anwendung durch die Behörden gegen Unionsrecht schon nicht hinreichend qualifiziert ist. Zur weiteren Begründung der vorstehenden Ausführungen kann der Senat auf seine Ausführungen im Parallelverfahren (U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - UA, 2.3) zur gleichgerichteten Problematik im Hinblick auf die dort begehrte Feststellung, die Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter dem bis 30. Juni 2012 geltenden Rechtszustand sei rechtswidrig gewesen, Bezug nehmen. Dort heißt es u.a.:

„2.3.1 Das Feststellungsinteresse der Klägerin besteht in der vorliegenden Situation nicht, weil es schon an dem für eine erfolgreiche Amtshaftungsklage erforderlichen Verschulden eines Amtswalters des Beklagten fehlt, dem keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Diese Aussage hat auch dann Gültigkeit, wenn man von der Rechtswidrigkeit des zur Begründung des Ablehnungsbescheids herangezogenen Verbots der Vermittlung von Lotterien über das Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 ausgehen wollte. Einem Amtswalter ist nämlich auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., juris Rn. 45; Decker in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand 1.1.2017, § 113 Rn. 87.3). Dies gilt sogar dann, wenn das Verwaltungshandeln nur in der ersten Instanz als rechtmäßig beurteilt wurde und dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte (BVerwG, U.v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9; U.v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris). Der sog. Kollegialgerichtsregel liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten keine bessere Rechtseinsicht als von einem mit mehreren Richtern besetzten Gericht erwartet und verlangt werden kann (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Versagung der Erlaubnis in seinem Urteil vom 28. Februar 2013 (UA, S. 12, 20) mit ausführlicher Begründung in der Sache für rechtmäßig gehalten, weil die für die Vermittlung von Lotterien erforderliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 wegen des mit Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht in Einklang stehenden Internetverbots (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008) nicht habe erteilt werden können. Zur Begründung hat es sich u.a. auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 1.6.2011 - 8 C 5.10 - juris) und des Bundesgerichtshofs (B.v. 28.9.2011 - I ZR 30/10 - juris) berufen. Auch der Senat hat das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 für rechtmäßig gehalten (vgl. etwa B.v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1290 - juris Rn. 17 m.w.N.). Dass zum Zeitpunkt des Erlasses des ablehnenden Bescheids vom 2. März 2009 noch keine Rechtsprechung zu dem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Internetverbot vorlag, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Jedenfalls ist die handelnde Behörde des Beklagten von der später durch ein Kollegialgericht bestätigten Rechtsauffassung ausgegangen, § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 entspreche sowohl Verfassungsals auch Unionsrecht.“

Damit ist ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 nicht erkennbar.

II.

Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie sich auf die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge (2.a bis e) bezieht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Recht mit Prozessurteil abgewiesen. Die Klageanträge sind unzulässig, weil sich das Feststellungsbegehren, das sich nach der zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Rechtsänderung richtet, als Änderung des ursprünglichen Streitgegenstands darstellt (1.), die als Klageänderung nicht die Voraussetzungen des § 91 VwGO erfüllt (2.).

1. Das auf die aktuelle, seit dem 1. Juli 2012 geltende Rechtslage bezogene Feststellungsbegehren stellt gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren eine Klageänderung in Form einer Klageerweiterung dar, weil die Klägerin ihr Feststellungsbegehren nun auf zwei verschiedene Zeiträume bezieht. Eine Klageänderung wird definiert als Veränderung des Streitgegenstandes durch Disposition des Klägers; der Streitgegenstand wird bestimmt durch Klageanspruch und Klagegrund, also durch den geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch und den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt (stRspr, BVerwG, U.v. 24.10.2013 - 7 C 13.12 - juris Rn. 28 f.; Schmid in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91 Rn. 5 bis 15). Wird der Klageanspruch, der Klagegrund oder beides verändert, handelt es sich demzufolge um eine Klageänderung. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ist eine Erweiterung des Klageantrags nur dann nicht als Klageänderung anzusehen, wenn der Klagegrund unverändert bleibt. Auch wenn neu zur Entscheidung gestellte tatsächliche Umstände geltend gemacht werden, zu denen mangels Entscheidungserheblichkeit für den ursprünglichen Klageantrag noch keine Feststellungen getroffen wurden, liegt eine Antragserweiterung im Sinne einer Klageänderung vor.

Im Fall einer Feststellungsklage ist der Streitgegenstand die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses, welches durch die sich aufgrund von bestimmten Normen des öffentlichen Rechts ergebende rechtliche Beziehung zwischen den beteiligten Personen gekennzeichnet ist. Im Unterschied zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, die auf die Abwehr eines belastenden Verwaltungsakts oder die Einräumung einer bestimmten Begünstigung gerichtet sind, ist für den Streitgegenstand einer Feststellungsklage das nach dem Begehren des Klägers konkret anzuwendende Recht maßgeblich, das der Klärung der strittigen Rechte und Pflichten zu Grunde zu legen ist. Dabei führt der Umstand, dass sich das im Zeitpunkt der Klageerhebung „gegenwärtige“ Rechtsverhältnis im Laufe des Verfahrens in ein (grundsätzlich ebenso feststellungsfähiges) vergangenes Rechtsverhältnis wandelt, für sich allein betrachtet noch nicht zu einer Klageänderung. Verliert jedoch das für die begehrte Feststellung maßgebliche Recht seine Gültigkeit und tritt an seine Stelle grundlegend neues Recht, erledigen sich das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis und das darauf bezogene Feststellungsbegehren; seine Umstellung auf die neue Rechtssituation bedeutet eine Änderung des Klagegegenstands (zu einer nicht unerheblichen, aber nicht grundlegenden Änderung des Streitgegenstandes einer Feststellungsklage während des Klageverfahrens: BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4. 04 - juris Rn. 22; vgl. a. BVerwG, U.v. 26.11.2003 - 9 C 6. 02 - juris Rn. 25, 26, jeweils zur geänderten Festlegung von Anflugverfahren durch Rechtsverordnung).

So liegt der Fall hier. Der Klagegrund der (erweiterten) Feststellungsklage hat sich durch die zum 1. Juli 2012 wirksam gewordene Neuregelung des Glücksspielrechts in grundlegender Weise geändert. Die Neuregelung hat das ursprünglich zum Gegenstand der Feststellungsklage erhobene seinerzeitige Rechtsverhältnis beendet bzw. erledigt (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013, a.a.O., Rn. 44, 45; OVG Saarl, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 56). Sie hat den ursprünglichen Klagegrund nicht lediglich modifiziert, sondern ihn vielmehr im Sinne eines „aliud“ verändert (Wolf in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.10.2016, § 91 Rn. 9 bis 11). Dies ergibt sich aus Folgendem:

Zwar gilt für die ab 1. Juli 2012 geltend gemachte Erlaubnisfreiheit, dass die (allgemeine) Erlaubnispflicht der gewerblichen Spielvermittlung durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht aufgehoben wurde, sondern im Grundsatz über den 30. Juni 2012 hinaus fortbesteht (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45 bis 47; OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - juris); dementsprechend strebt die Klägerin nach wie vor (nur hilfsweise) eine Vermittlungserlaubnis für den Freistaat Bayern unter Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (§ 4 Abs. 1, 2 GlüStV) an (vgl. Parallelverfahren 10 BV 13.1005).

Gleichwohl ist das ursprünglich zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis beendet. Dies folgt bereits aus dem ab 1. Juli 2012 geltenden neuen § 19 Abs. 2 GlüStV, der für die nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV erforderliche (vertriebswegunabhängige) Vermittlungserlaubnis vorsieht, dass gewerblichen Spielvermittlern, die - wie die Klägerin - in allen oder mehreren Bundesländern tätig werden, die für die einzelnen Bundesländer zu erteilenden Erlaubnisse gebündelt von der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde in Niedersachsen erteilt werden (vgl. zum sog. vereinfachten Erlaubnisverfahren: Schmitt in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 19 Rn. 34 bis 36). Dementsprechend ist für die Erteilung von Vermittlungserlaubnissen - ungeachtet der fortbestehenden Glücksspielhoheit der Länder - ab dem 1. Juli 2012 das Land Niedersachsen zuständig, bei dem weiterhin für jedes Bundesland, in dem öffentliche Glücksspiele vermittelt werden sollen, eine Erlaubnis zu beantragen ist. Hieraus folgt, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten aktuell kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zur Frage der geltend gemachten Erlaubnisfreiheit mehr besteht, weil diese Frage ausschließlich im Verhältnis zum Land Niedersachsen geklärt werden kann. Als Konsequenz aus § 19 Abs. 2 GlüStV hat die Klägerin im Übrigen bereits am 25. Januar 2013 bei der Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen die Erteilung der Vermittlungserlaubnisse nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV (auch für Bayern) beantragt und diesen Anspruch im Rahmen einer bereits Anfang 2014 beim Verwaltungsgericht Hamburg (4 K 376/14) erhobenen Untätigkeitsklage rechtshängig gemacht.

Weiterhin haben sich die für die Beurteilung der gewerblichen Spielvermittlung maßgeblichen rechtlichen Bedingungen mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 in wesentlichen Punkten geändert. So darf nun insbesondere nach § 4 Abs. 5 GlüStV erstmals im Wege einer von der zuständigen Landesbehörde zu erteilenden Befreiung vom Verbot der Vermittlung von Glücksspielen im Internet dispensiert werden, um die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags wirksamer zu erreichen. Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist in Bayern - anders als nach dem bis 30. Juni 2012 geltenden absoluten Internet-Verbot - eine kontrollierte Zulassung des Vertriebsweges Internet grundsätzlich möglich (vgl. dazu im Einzelnen: Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 80 ff.), nachdem der Beklagte von der Länderöffnungsklausel in § 4 Abs. 5 GlüStV Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV). Damit wird ein eigenständiges, vom Beklagten durchzuführendes Erlaubnisverfahren eröffnet. § 4 Abs. 5 GlüStV enthält eine Reihe neuer Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen von einer Sicherstellung der Erreichung der Ziele des geänderten Glücksspielstaatsvertrags ausgegangen werden kann und daher eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden darf. Auch die in § 5 GlüStV 2008 festgelegten Grenzen zulässiger Werbung wurden nicht in den neuen § 5 GlüStV übernommen; nach § 5 Abs. 1 GlüStV ist Werbung an den Zielen des geänderten Staatsvertrages auszurichten, wobei die Aufklärungspflichten durch § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV konkretisiert werden. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV besteht zudem die Möglichkeit, ausnahmsweise auch die zuvor nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verbotene Werbung im Fernsehen oder Internet zuzulassen (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 47). All dies führte zu einem völlig veränderten materiell-rechtlichen Rahmen für die hier inmitten stehende gewerbliche Spielvermittlung, der es ausschließt, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage und damit einem im Wesentlichen unveränderten Rechtsverhältnis auszugehen.

Die grundlegende gesetzgeberische Bedeutung dieser Änderungen kommt auch in der Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 1, 2 GlüStV zum Ausdruck. Danach galten vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlererlaubnisse mit bestimmten Maßgaben längstens bis zum 31. Dezember 2012 fort, neue Erlaubnisse nach § 4 Abs. 1 GlüStV waren spätestens zum 1. Januar 2013 einzuholen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Dies zeigt, dass nach der Neuregelung selbst eine vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlungserlaubnis keine über den 31. Dezember 2012 hinausgehenden Rechtswirkung zukommen konnte, sondern ein erneutes Erlaubnisverfahren vor dem Hintergrund der ab 1. Juli 2012 geltenden Rechtslage durchgeführt werden musste. Das zeigt die grundlegende Natur der erfolgten Rechtsänderungen und der damit einhergehenden Änderung des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten auf.

Schließlich benötigt die Klägerin nach der aktuellen Rechtslage zur Erreichung ihres Rechtsschutzziels, Lotterien im Internet vermitteln zu dürfen, neben der (hilfsweise beantragten) allgemeinen Vermittlungserlaubnis ab 1. Juli 2012 erstmals eine (rechtlich eigenständige) Befreiung vom Verbot der Internetvermittlung nach § 4 Abs. 5 GlüStV (vgl. Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 Rn. 80 ff.). Für ihre Erteilung ist der Beklagte zuständig. Die Klägerin hat diese - bisher auch nicht hilfsweise beim Beklagten beantragte - Befreiung bzw. die Feststellung, dass die Befreiung nicht erforderlich sei, schon nicht zum Streitgegenstand des Feststellungsbegehrens gemacht.

Am Vorliegen einer Klageänderung vermag schließlich auch der vom Kläger angeführte Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 29.10.2014 - 4 L 98/13 - nicht veröff.) in einem Zulassungsverfahren nichts zu ändern, in dem ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des eine Klageänderung bejahenden erstinstanzlichen Urteils damit begründet wurden, die Rechtslage habe sich im Hinblick auf den dortigen Antrag der Feststellung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisfreiheit „nicht grundlegend geändert“, weil den Rechtsgrund des Antrags nach wie vor die der Klägerin zustehende Dienstleistungs- und Berufsfreiheit bildeten. Wollte man jedoch eine Klageänderung schon dann verneinen, wenn bei der Erteilung einer beantragten Erlaubnis die gleichen verfassungs- oder unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen sind, wäre bei gleichzeitiger grundlegender Umstellung der einfachrechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen - wie im vorliegenden Fall - praktisch niemals eine Änderung des Klagegrundes anzunehmen. Die Frage nach einer grundlegenden Änderung der Rechtssituation ist immer einzelfallbezogen zu beantworten und nicht danach, ob die geltend gemachten verfassungs- und unionsrechtlichen Rechte identisch geblieben sind. Die hier inmitten stehende Frage nach der Erlaubnisfreiheit einer glücksspielrechtlichen Betätigung wird nicht unmittelbar auf der Grundlage verfassungs- oder unionsrechtlicher Vorschriften beantwortet, sondern primär nach einfachrechtlichen Vorschriften (vgl. a. OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - nicht veröff.).

Liegt demnach eine wesentliche Änderung des gesamten glücksspielrechtlichen Regimes vor, muss auch die für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses (hier: Erlaubnisfreiheit) maßgebliche Frage, ob die (bestrittene) Erlaubnispflicht gegen den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang verstößt, einer völlig neuen Prüfung unterzogen werden.

2. Die Klageänderung ist nicht zulässig (§ 91 Abs. 1 VwGO), weil weder der Be-klagte eingewilligt hat noch die Änderung sachdienlich ist.

Der Beklagte hat sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich gegen eine Klageänderung gewandt. Der Senat hält sie - mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (UA, S. 12, 13) - auch nicht für sachdienlich (vgl. zum Begriff: BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 32, 33; VG Bremen,U.v. 17.7.2014 - 5 K 4084/08 - juris Rn. 66 f.). Denn es wird hier zum einen eine wesentlich veränderte Rechtslage (vgl. II. 1.) zum Prüfungsmaßstab gemacht, über die zu entscheiden der Beklagte bisher schon deshalb keinen Anlass hatte, weil hinsichtlich der allgemeinen Vermittlungserlaubnis nunmehr der - von der Klägerin bereits eingeschlagene - Weg über die Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen geboten ist und die Zuständigeit des Beklagten nur noch für die Befreiung vom Internetverbot gegeben ist. Aus diesen Gründen kann nicht die Rede davon sein, dass die Änderung des Feststellungsbegehrens bei im Wesentlichen identischem Streitstoff zur endgültigen Streitbeilegung beitragen könnte (BVerwG, U.v. 18.8.2005 - 4 C 1304 - juris Rn. 22 m.w.N.; BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - a.a.O.) und aus diesem Grund sachdienlich wäre.

3. Nachdem die Klage auch mit ihren „für die Gegenwart“ zur Entscheidung gestellten Feststellungsanträgen unzulässig ist, erübrigt sich eine Eingehen auf die Frage, in welchem Verhältnis die hier gestellten Klageanträge zu den im Klageverfahren 10 BV 13.1005 gestellten stehen. Auf die weiteren materiellen Ausführungen der Klägerin im Hinblick auf das behauptete Bestehen der Feststellungsansprüche muss schließlich wegen ihrer unzulässigen prozessualen Geltendmachung nicht mehr eingegangen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die auf das Gebiet des Freistaats Bayern bezogene Untersagung des Veranstaltens von und der Werbung für öffentliches Glücksspiel über das Internet.

2

1. Der von den Bundesländern am 30. Januar 2007 geschlossene und vom Freistaat Bayern zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzte Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV a.F.) regelte unter anderem ein staatliches Monopol für das Veranstalten von Sportwetten. Daneben enthielt § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. ein für alle Arten von Glücksspiel geltendes Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet. Nach § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. war Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet, im Fernsehen und über Telekommunikationsanlagen verboten. In dem am 15. Dezember 2011 von den Bundesländern geschlossenen und von Bayern am 1. Juli 2012 in Kraft gesetzten Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag wurden § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV im Wesentlichen unverändert übernommen.

3

2. Der Beschwerdeführer veranstaltete über das Internet Sportwetten und machte dafür auch im Internet Werbung. Er verfügt über eine Gewerbeerlaubnis des Kreises L. vom 11. April 1990 zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten nach dem Gewerbegesetz der ehemaligen DDR, die er im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde nicht vorgelegt hat.

4

Mit Bescheid vom 27. März 2009 untersagte die Regierung von Mittelfranken dem Beschwerdeführer, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV a.F. über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld festgesetzt, außerdem wurden dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens sowie eine Gebühr für den Bescheid auferlegt. Als Rechtsgrundlage für die Untersagung wurden die Vorschriften über die Glücksspielaufsicht in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a.F. herangezogen, das Verbot der Glücksspielveranstaltung über das Internet wurde auf § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. gestützt. Mit weiterem Bescheid vom 6. April 2009 untersagte die Regierung von Mittelfranken dem Beschwerdeführer außerdem, im Internet für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV a.F. zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar ist. Das Verbot könne inhaltlich auf § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. gestützt werden.

5

Die hiergegen erhobenen Anfechtungsklagen wies das Verwaltungsgericht zurück. Die von der Regierung herangezogenen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags seien für die ausgesprochenen Verbote einschlägig und ihrerseits mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar. Ihrer Anwendung stehe auch nicht die Gewerbeerlaubnis nach dem Recht der DDR entgegen, da mit dieser nur der Zugang zur Tätigkeit als Sportwettveranstalter auf dem Gebiet der damaligen DDR geregelt worden sei. Die Bescheide hielten sich in der Verbandskompetenz der Regierung von Mittelfranken und seien hinreichend bestimmt. Ihre Erfüllung sei dem Beschwerdeführer weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich.

6

Das Bundesverwaltungsgericht wies die hiergegen erhobene Revision zurück. Die Internetverbote in § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. richteten sich gegen alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele, nicht nur gegen die Träger des staatlichen Glücksspielmonopols. Die Bescheide seien nicht wegen einer objektiven Unmöglichkeit der dem Beschwerdeführer auferlegten Pflichten nichtig. Sofern die Bescheide nur bundesweit erfüllbar seien, sei dies dem Beschwerdeführer auch nicht unzumutbar, da die Verbote der § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. ohnehin bundesweit gälten. Die Behörde habe auch die Grenzen des Ermessens eingehalten. Schließlich seien die Internetverbote auch mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar. Sie verstießen nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, da sie zur Bekämpfung der Wettsucht und zu einem effektiven Jugendschutz geeignet, erforderlich und verhältnismäßig seien. Die Verbote stünden außerdem mit europäischem Unionsrecht in Einklang. Sie verfolgten unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele in systematischer und kohärenter Weise. Die Verbote seien widerspruchsfrei und es stehe außer Zweifel, dass sie auf die Verwirklichung der verfolgten Ziele ausgerichtet seien und nicht in Wahrheit fiskalischen Interessen der Länder dienten. Die Erreichbarkeit der Ziele werde auch nicht durch Regelungen und deren tatsächliche Handhabung in anderen Bereichen des Glücksspiels konterkariert. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei insofern nicht geboten. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht auf die ihm erteilte Gewerbeerlaubnis nach dem Gewerberecht der ehemaligen DDR berufen. Diese sei räumlich nach Wirksamwerden des Beitritts zur Bundesrepublik auf das Beitrittsgebiet beschränkt. Art. 19 des Einigungsvertrags (EV) führe nicht zu einer Erstreckung ihres Geltungsbereichs auf das gesamte Bundesgebiet. Darin liege der Unterschied zu statusbegründenden Verwaltungsakten, die schon ihrer Natur nach bundesweite Geltung beanspruchten. Im Übrigen regle die Gewerbeerlaubnis nur die Zulassung des Gewerbes, nicht aber die Art und Weise seiner Ausübung.

7

Die gegen das Urteil erhobene Anhörungsrüge wies das Bundesverwaltungsgericht zurück.

8

3. Der Beschwerdeführer macht Verstöße gegen seine Grundrechte aus Art. 3, 12, 14 und 19 Abs. 4 GG, teilweise in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG, sowie gegen seine grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend.

9

a) Die Anwendung der Internetverbote gemäß § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. auf privat veranstaltete Sportwetten verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Bestimmtheitsgebot, als Gebot des Vertrauensschutzes und als Verbot unzulässiger Rechtsfortbildung. Das Bestimmtheitsgebot sei verletzt, weil private Sportwettanbieter nicht davon hätten ausgehen können, dass die Internetverbote im Glücksspielstaatsvertrag auch auf sie Anwendung finden sollten. Der Glücksspielstaatsvertrag sei von den Ländern in Reaktion auf das Sportwetturteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 115, 276) geschlossen worden, um das staatliche Sportwettmonopol in einer Weise auszugestalten, die den darin liegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit der privaten Wettanbieter rechtfertigen könne. Die Vorschriften beträfen deshalb nur die im Rahmen des Monopols tätigen Wettanbieter und -vermittler. Sie könnten jedoch nicht zu Lasten privater Anbieter interpretiert werden.

10

Ein Verstoß gegen das Vertrauensschutzprinzip liege darin, dass der Glücksspielstaatsvertrag keine Übergangsregelung für die Betätigung der privaten Wettanbieter enthalte. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die insofern grundrechtlich notwendige Abwägung mit dem Vertrauensschutz des Beschwerdeführers und anderer Betroffener vorgenommen habe.

11

Die Auslegung überschreite auch die Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung. Das klar erkennbare Regelungsziel schließe eine Anwendung der gesetzlichen Vorgaben auf private Wettanbieter aus. Das Bundesverwaltungsgericht begebe sich so aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz. Daran ändere der vermeintlich klare Wortlaut der Regelungen nichts, da auch klare Wortlaute immer auslegungsfähig und auslegungsbedürftig seien.

12

Gleichzeitig liege insofern eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, da das Gericht die Stellungnahme des Beschwerdeführers zu drei Urteilen des gleichen Senats vom 24. November 2010 (BVerwGE 138, 201; Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, S. 549; Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 15.09 -, juris), in denen die Unanwendbarkeit der Internetverbote auf private Wettanbieter bestätigt worden sei, nicht berücksichtigt habe, sowie eine Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz, da dem Beschwerdeführer der Zugang zu einem fachgerichtlichen Rechtsbehelf versperrt worden sei.

13

b) Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Bestimmtheitsgebot liege in der Anwendung der Internetverbote auf Inhaber gewerberechtlicher Sportwetterlaubnisse. Die Anordnung der bundesweiten Fortgeltung von Verwaltungsakten der Behörden der DDR in Art. 19 EV mache eine Prüfung der gerichtlichen Auslegung am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 GG erforderlich, der dem Beschwerdeführer insofern Bestandsschutz vermittle. Für den Beschwerdeführer sei nicht erkennbar gewesen, dass der Glücksspielstaatsvertrag Regelungen treffe, die ihm seine geschützte Rechtsstellung entzögen oder diese modifizierten.

14

Ein verfassungswidriger Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG liege auch deshalb vor, weil keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Gesetzgeber die erforderliche Abwägung unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes vorgenommen habe, und da keine Übergangsregelung für private Wettanbieter vorgesehen sei.

15

Ebenso verstoße die Anwendung der Internetverbote auf Inhaber von Sportwetterlaubnissen der ehemaligen DDR gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 31 und 70 ff. GG. Die konkrete Auslegung der Internetverbote betreffe denselben Regelungsgegenstand wie die bundesgesetzliche Regelung in Art. 19 EV, was wegen des Vorrangs des Bundesrechts verfassungswidrig sei. Auch insofern macht der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG geltend, da das Bundesverwaltungsgericht seinen diesbezüglichen Revisionsvortrag nicht zur Kenntnis genommen und erwogen habe.

16

c) In der Verkürzung des räumlichen Geltungsbereichs der Gewerbeerlaubnis auf das Beitrittsgebiet sieht der Beschwerdeführer zunächst eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter. Der Senat hätte den Fall gemäß § 11 Abs. 2 VwGO dem Großen Senat vorlegen müssen, da er in dieser Rechtsfrage von dem Grundsatzurteil des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 1997 (BVerwGE 105, 255) abgewichen sei. Dies habe er willkürlich unterlassen. Insofern liege auch eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip vor, da sich das Gericht über die gesetzgeberische Entscheidung der Fortgeltung von Verwaltungsakten der DDR im gesamten Bundesgebiet hinwegsetze. Gleichzeitig sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot gegeben, da die Auslegung des Gerichts in unvertretbarer Weise sportwettrechtlich die Teilung Deutschlands fortschreibe und damit die Ziele des Einigungsvertrags konterkariere. Hierin liege darüber hinaus ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

17

d) Die territorial auf Bayern beschränkte Verpflichtung zur Unterlassung von Internetvertrieb und -werbung verstoße ebenfalls gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, da von einem Bürger etwas verlangt werde, wozu er nicht in der Lage sei, und dieser dann den Beweis antreten müsse, dass es keine Umsetzungsmöglichkeit gebe. Dies verstoße auch gegen das bundesstaatliche Gebietskonzept. Zudem sei es willkürlich gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, ein territorial auf Bayern begrenztes Internetverbot, das mangels Erfüllbarkeit rechtswidrig sei, mit der Begründung aufrechtzuerhalten, dass der Adressat ein territorial unbeschränktes Internetverbot erfüllen könne.

18

e) Darüber hinaus macht der Beschwerdeführer weitere Verletzungen seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.

19

f) Zuletzt macht der Beschwerdeführer geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe in mehrfacher Hinsicht sein Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, indem es bei unionsrechtlichen Fragen von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV abgesehen habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe durch die Anwendung der Internetverbote auf private Wettanbieter willkürlich die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Rechtsklarheit mitgliedstaatlicher Regelungen missachtet, obwohl der Beschwerdeführer eine entsprechende Vorlagefrage formuliert habe.

II.

20

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, da die im vorliegenden Fall maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt sind. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt, denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist zum größten Teil unzulässig; im Übrigen verletzen die angegriffenen Entscheidungen und Bescheide den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten.

21

1. Der Beschwerdeführer ist durch die angegriffenen Bescheide und gerichtlichen Entscheidungen nicht in seiner Berufsfreiheit verletzt.

22

a) Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG unmittelbar durch die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. wird vom Beschwerdeführer in seiner Verfassungsbeschwerde nicht geltend gemacht. Insofern wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass die Verbote der Veranstaltung von und der Werbung für Glücksspiel im Internet mit der Berufsfreiheit vereinbar sind (BVerfGK 14, 328). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah darin keinen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EGMR, Urteil vom 27. November 2012 - 21252/09 -, EuGRZ 2013, 274).

23

b) Die Auslegung und Anwendung von § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. in den angegriffenen Entscheidungen ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

24

Der Beschwerdeführer kann keinen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in seiner Ausprägung als Bestimmtheitsgebot, als Vertrauensschutzgebot und als Verbot unzulässiger richterlicher Rechtsfortbildung durch die Anwendung der genannten Vorschriften auf private Sportwettanbieter geltend machen. Auch die Rüge einer Verletzung in Art. 12 Abs. 1 GG durch die Anordnung und Durchsetzung der territorial auf Bayern beschränkten Verpflichtung zur Unterlassung von Internetvertrieb und Internetwerbung bleibt ohne Erfolg.

25

aa) Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten Bestimmtheitsgebot ist unzulässig, da das Vorbringen des Beschwerdeführers einen solchen Verstoß unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen kann. Das Gebot soll sicherstellen, dass der betroffene Bürger sich anhand des Gesetzes auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können (vgl. BVerfGE 110, 33 <52 ff.>; 113, 348 <375 ff.>). Der Beschwerdeführer trägt jedoch nicht vor, dass die betreffenden Normen der § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. für sich genommen diesen Anforderungen nicht genügten, sondern rügt, dass die Auslegung der Normen durch das Bundesverwaltungsgericht als Internetverbote auch für private Wettanbieter für ihn und andere Normadressaten nicht vorhersehbar gewesen sei. Damit macht er bei verständiger Würdigung seines Vorbringens nicht einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot geltend, sondern vielmehr einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger Rechtsfortbildung.

26

bb) Die Rüge einer Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes wegen des Fehlens einer Übergangsregelung für private Wettanbieter ist ebenso unzulässig, da sie nicht den Begründungserfordernissen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in eigenen Rechten kommt nur in Betracht, wenn die angegriffenen Bescheide auf dem Fehlen einer Übergangsregelung beruhen. Der Beschwerdeführer legt aber nicht dar, inwieweit er im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Bescheide überhaupt noch Vertrauensschutz genoss (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 -, juris, Rn. 59).

27

cc) Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts überschreitet auch nicht die aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger Rechtsfortbildung. Ein Gericht greift dann unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein, wenn eine Interpretation den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt wird (vgl. BVerfGE 128, 193 <209 ff.> m.w.N.). Eine Rechtsfortbildung liegt hier bereits deshalb nicht vor, weil die Auslegung von § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. als Verbote des Veranstaltens von und der Werbung für Glücksspiele im Internet vom Wortlaut der Vorschriften eindeutig erfasst ist.

28

Die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts überschreitet aber auch ansonsten nicht die Grenzen vertretbarer Auslegung. Eine Beschränkung der Geltung dieser Verbote auf Wettanbieter im Bereich des staatlichen Glücksspielmonopols ergibt sich weder aus der Systematik des Glücksspielstaatsvertrags noch aus Sinn und Zweck der Regelung. § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. befinden sich im Ersten Abschnitt des Glücksspielstaatsvertrags, der allgemeine, für alle Formen des Glücksspiels geltende Vorschriften enthält, und nicht im Zweiten Abschnitt über die staatlichen Aufgaben im Glücksspielbereich. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschriften steht der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen.

29

Eine effektive Verfolgung der in § 1 GlüStV a.F. formulierten Ziele erfordert, dass auch private Anbieter den für die Ausübung des Glücksspielgewerbes gesetzten Grenzen unterworfen sind. Im Gegenteil würden sich die Länder mit der Herausnahme der privaten Glücksspielveranstalter aus den Anforderungen an Vertrieb von und Werbung für Glücksspiel der Gefahr des unions- und verfassungsrechtlichen Vorwurfs einer inkohärenten Verfolgung der in § 1 GlüStV a.F. formulierten Ziele aussetzen.

30

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrags. Soweit die Länder sich entschlossen, die Aufhebung der Gewerbeerlaubnisse nach dem Recht der ehemaligen DDR aus dem Staatsvertrag herauszunehmen, diente dies dem Zweck, das Risiko einer darauf begründeten Anfechtung des Staatsvertrags durch die Erlaubnisinhaber zu vermeiden.

31

dd) Die Rüge einer Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot durch die gerichtliche Anordnung der territorial auf Bayern beschränkten Unterlassungsverpflichtung ist unsubstantiiert und damit nicht zulässig erhoben. Der Beschwerdeführer setzt sich insofern nicht mit den hierfür relevanten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Möglichkeit und Zumutbarkeit der Befolgung der territorial beschränkten Unterlassungspflichten auseinander.

32

ee) Auch die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem bundesstaatlichen Gebietskonzept durch die gerichtliche Erwägung, dass die nominell auf Bayern beschränkten Unterlassungsanordnungen jedenfalls bundesweit befolgt werden könnten, genügt nicht den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwieweit ihn der behauptete Eingriff in die Zuständigkeiten anderer Bundesländer durch eine faktisch bundesweite Unterlassungsanordnung in seinen Rechten verletzt.

33

2. Der Beschwerdeführer kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung in seiner Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen berufen. Die Rüge, die Anwendung von § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. auf den Beschwerdeführer als Inhaber einer gewerberechtlichen Sportwetterlaubnis der ehemaligen DDR verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Bestimmtheitsgebot und mit den Regeln über die Gesetzgebungszuständigkeiten in Art. 70 ff. und 31 GG, ist mangels einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig. Wird geltend gemacht, dass durch die Anwendung einer gesetzlichen Vorschrift in das geschützte Eigentum in Form einer bestandskräftigen Gewerbeerlaubnis eingegriffen wird, muss im Rahmen einer substantiierten Begründung auch eine Kopie der betreffenden Erlaubnis vorgelegt werden. Denn nur so wird dem Bundesverfassungsgericht ermöglicht zu prüfen, wie weit die bestehende Rechtsposition des Beschwerdeführers aufgrund der Erlaubnis reicht. Der Beschwerdeführer hat jedoch weder eine Kopie der Erlaubnis vorgelegt noch deren Inhalt vollständig dargestellt. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass ihm lediglich eine örtlich gebundene Erlaubnis zur Eröffnung eines Wettbüros erteilt worden war.

34

3. Keine der auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützten Rügen des Beschwerdeführers hat Aussicht auf Erfolg. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet dem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 60, 175 <210, 211 f.>; 64, 135 <143>; 65, 227 <234>; 86, 133 <144>). Die Gerichte sind jedoch nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen auseinanderzusetzen. Um einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festzustellen, müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen wurde (BVerfGE 65, 293<295>; 70, 288 <293>; 86, 133 <146>). Die Gerichte sind insbesondere nicht verpflichtet, der Rechtsansicht einer Partei beziehungsweise eines Beteiligten zu folgen (BVerfGE 64, 1 <12>; 87, 1 <33>). Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind die Rügen einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG zum überwiegenden Teil mangels einer substantiierten Begründung bereits unzulässig. Im Übrigen liegt jedenfalls keine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG vor.

35

a) Die Handhabung des Hinweises des Beschwerdeführers auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwGE 138, 201; Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, S. 549; Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 15.09 -, juris) begründet keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in dem angegriffenen Urteil in der Sache mit der der Rüge zugrunde liegenden Rechtsfrage ausführlich auseinandergesetzt. Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt dem Beschwerdeführer keinen darüber hinausgehenden Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit von ihm zitierten Entscheidungen ausdrücklich befasst und sich zu einer von ihm behaupteten Inkonsistenz seiner Rechtsprechung verhält. Die Zurückweisung dieser Rüge durch das Bundesverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss über die Anhörungsrüge verletzt den Beschwerdeführer auch nicht wie von ihm behauptet in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, da ihm nicht der Zugang zu einem fachgerichtlichen Rechtsbehelf versperrt wurde.

36

b) Auch die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, mit den Internetverboten würden keine fiskalischen Zwecke verfolgt, und die vom Beschwerdeführer behauptete fehlende Berücksichtigung seines entgegenstehenden Vortrags verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG begründet keinen Schutz dagegen, dass ein Gericht Parteivorbringen aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfGE 70, 288 <294>; 82, 209 <235>; 84, 34 <58>).

37

Der Beschwerdeführer greift mit dieser Rüge - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss über die Anhörungsrüge zutreffend ausführt - letztlich einen aus seiner Sicht bestehenden Aufklärungsmangel an, weil das Gericht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage entschieden habe. Gemäß § 137 Abs. 2 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht sind. Das angegriffene Revisionsurteil kann nur dann auf dem gerügten Gehörsverstoß beruhen, wenn neuer Tatsachenvortrag berücksichtigt werden durfte, wenn also zulässige Revisionsrügen vorgebracht wurden. Eine entsprechende Revisionsrüge ist in der Revisionsbegründung jedoch nicht enthalten. Soweit sie dem späteren Schriftsatz vom 5. Mai 2011 zu entnehmen wäre, wäre sie aber jedenfalls nach Ablauf der zweimonatigen Frist zur Revisionsbegründung (§ 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO) eingelegt und damit unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 5/99 -, juris, Rn. 42). Das Bundesverwaltungsgericht hat den entsprechenden Vortrag deshalb zu Recht unberücksichtigt gelassen.

38

c) Die weiteren Rügen eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG genügen bereits nicht den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG, da der Beschwerdeführer sich insofern nicht mit den entsprechenden Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auseinandersetzt.

39

4. Die vom Beschwerdeführer gerügte unterlassene Vorlage der Rechtsfrage betreffend die Auslegung von Art. 19 EV an den Großen Senat des Bundesverwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter. Das Bundesverwaltungsgericht handelte insofern nicht willkürlich (vgl. BVerfGE 13, 132 <143>; 19, 38 <42 f.>; 101, 331 <359 f.>). Vielmehr setzte es sich in dem angegriffenen Urteil ausdrücklich mit dem Urteil des 7. Senats vom 15. Oktober 1997 (BVerwGE 105, 255) auseinander und führte in vertretbarer Weise aus, dass dieses einen statusbegründenden Verwaltungsakt betraf und die dortigen Ausführungen zur Geltungserstreckung auf das gesamte Bundesgebiet nicht auf den ihm vorliegenden Fall einer Gewerbeerlaubnis übertragen werden konnten. Insofern konnte sich der Senat auch auf die Begründung im Urteil des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2006 (BVerwGE 126, 149 <162 ff.>) berufen.

40

5. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen wegen Verstößen gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter durch Nichtvorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV sind unsubstantiiert und genügen damit nicht den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Eine mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbare unhaltbare Auslegung und Anwendung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist in den Fallgruppen der grundsätzlichen Verkennung der Vorlagepflicht, des bewussten Abweichens von der Rechtsprechung des Gerichtshofs ohne Vorlagebereitschaft und der unvertretbaren Überschreitung des Beurteilungsrahmens in Fällen der Unvollständigkeit der Rechtsprechung des Gerichtshofs gegeben (vgl. BVerfGE 126, 286 <316 f.>; 129, 78 <106 f.>).

41

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist hinsichtlich keiner seiner Rügen geeignet, das Vorliegen der Voraussetzungen einer dieser Fallgruppen zu belegen. Insbesondere trägt der Beschwerdeführer bei keiner der Rügen eine Unvollständigkeit der Rechtsprechung vor, hinsichtlich derer das Bundesverwaltungsgericht sich hätte kundig machen müssen. Vielmehr behauptet er nur, das Urteil sei mit der bestehenden Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht vereinbar.

42

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

43

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Si-cherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin (vormals: ...) - ein Unternehmen im Bereich der online-Lotterie mit Sitz in London - vermittelt seit 1999 die Teilnahme am Lottospiel der staatlichen Lottogesellschaften der Länder über das Internet. Die Vermittlungstätigkeit besteht im Wesentlichen darin, Lottospielscheine gebührenfrei im Internet entgegenzunehmen, um sie im Auftrag der Lottospieler bei den staatlichen Lottogesellschaften, mit denen die Klägerin entsprechende Verträge geschlossen hat, gegen Provision einzureichen und die Gewinne der Lottospieler in deren Namen geltend zu machen. Sie beantragte am 29. November 2007 „in Erwartung des Inkrafttretens des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland zum 1. Januar 2008“ (GlüStV 2008) eine Erlaubnis für die gewerbliche Spielvermittlung im Internet gemäß § 24 Abs. 6 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 7 AGGlüStV. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. April 2008 „für das Jahr 2008“ insbesondere mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 6 Nr. 1 bis 5 GlüStV 2008 seien in wesentlichen Punkten nicht erfüllt, insbesondere der Jugendschutz nicht sichergestellt.

Am 21. April 2008 erhob die Rechtsvorgängerin der Klägerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4. April 2008 und zugleich Klage auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit, aufgeteilt in sieben Unteranträge. Das Verfahren der Anfechtungsklage wurde nach beiderseitigen Erledigungserklärungen eingestellt. Mit Schriftsatz vom 30. August 2012 stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin „aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Teilerledigungen und der normativen Änderungen nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags“ ihren Feststellungsauf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 um; für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beantragte sie entsprechend der zunächst erhobenen Anträge festzustellen, dass sie für den Freistaat Bayern berechtigt ist, in der von ihr bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte am 19. September 2008 einen weiteren, in einem Parallelverfahren rechtshängig gemachten Antrag, ihr (hilfsweise) nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 eine Erlaubnis zur Lotterievermittlung ab dem 1. Januar 2009 (vornehmlich) im Internet zu erteilen; diese zuletzt u.a. für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 verfolgte Verpflichtungsklage blieb erfolglos (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 -; VG Regensburg, U.v. 28.2.2013 - RO 5 K 11.855 -).

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 28. Februar 2013 (RO 5 K 12.1196) ab, die Fortsetzungsfeststellungsanträge als unbegründet, die in die Zukunft gerichteten Feststellungsanträge als unzulässig, und ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu. Mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren zur Feststellung der Erlaubnisfreiheit für den Zeitraum der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages 2008 (1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012) habe die Klägerin eine zulässige Klageänderung vorgenommen; insoweit sei ab 1. Juli 2012 durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags Erledigung durch Änderung der Rechtslage eingetreten. Die ursprüngliche Feststellungsklage sei - wie bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage - auf Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses umgewandelt worden. Die ab 1. Juli 2012 geltende neue Zuständigkeitsbestimmung des § 19 Abs. 2 GlüStV wirke sich nur für die Beurteilung der Rechtslage ab diesem Zeitpunkt aus. Bei einem Behördenwechsel während eines anhängigen Verfahrens sei anerkannt, dass von einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den früheren Beklagten umgestellt werden könne. Werde nach Erledigung des ursprünglich geltend gemachten Feststellungsanspruchs nur noch ein früherer Anspruch geltend gemacht, würden für das berechtigte Interesse dieselben Voraussetzungen wie für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gelten. Hier bestehe ein berechtigtes Interesse aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, damit bei Erledigung wenigstens eine Entscheidung in der Hauptsache ergehen könne; das berechtigte Interesse folge außerdem nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem hier vorliegenden tiefgreifenden Grundrechtseingriff in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Klägerin, auch wenn zu dieser Frage ein Revisionsverfahren vor dem Bundeswartungsgericht anhängig sei. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 sei unbegründet, weil die Klägerin jedenfalls seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2008 dem Erlaubnisvorbehalt unterliege, der im Hinblick auf die Verfolgung der legitimen Ziele des Glücksspielstaatsvertrags weder gegen Unionsrecht noch gegen nationales Recht verstoße. Es sei nicht ersichtlich, dass der Erlaubnisvorbehalt über das hinausgehe, was zur Verhinderung der Glücksspielsucht, zur Begrenzung des Glücksspielangebots und zur Gewährleistung des Jugendsowie Spielerschutzes erforderlich sei. Die Kriterien, von deren Erfüllung die Erteilung der Erlaubnis abhänge, seien weder unbekannt noch diskriminierend. Unbedenklich sei auch, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis vorsehe, sondern ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt enthalte. Es habe keine Verpflichtung bestanden, Zahlenlotto oder Lotterien als weniger Suchtgefahren aufweisende Glücksspielarten vom Erlaubnisvorbehalt auszunehmen. Das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs nicht monopolakzessorische Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 lasse im Übrigen die von der Klägerin beabsichtigte Vermittlungstätigkeit über diesen Vertriebs Weg nicht zu. Das Internetverbot entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Für seine Eignung zur Gewährleistung des Spielerschutzes sei von besonderer Bedeutung, dass die fehlende soziale Kontrolle eines Spielers im Internet die Gefahr von Spielsucht erhöhe. Im Übrigen obliege es den einzelnen Mitgliedstaaten zu beurteilen, ob spezifische Gefahren im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs im Glücksspielbereich erforderten; die ab 1. Juli 2012 eingeführten Lockerungen dieses Verbots vor dem Hintergrund einer Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse bedeuteten nicht, dass das zuvor ausnahmslos geltende Verbot unverhältnismäßig gewesen sei. Unbegründet seien auch die weiteren Feststellungsanträge hinsichtlich der sich aus § 9 Abs. 4 GlüStV 2008 ergebenden Beschränkungen sowie hinsichtlich der Beschränkungen und Verbote von Werbung für öffentliches Glücksspiel aus § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV 2008. Das für den gegenwartsbezogenen Zeitraum ab 1. Juli 2012 erhobene Feststellungsbegehren sei unzulässig, weil die neue Rechtslage ab 1. Juli 2012 zu einer grundlegenden Veränderung des Klagegrundes und damit zu einer unzulässigen, weil nicht sachdienlichen Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO geführt habe. Der Prozessstoff werde infolge grundlegender Änderung der streitentscheidenden Normen ab dem 1. Juli 2012 wesentlich erweitert. Auch gebe es nun ein „gebündeltes“ Erlaubnisverfahren nach § 19 Abs. 2 GlüStV, weshalb sich die Regierung der Oberpfalz für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht mehr als zuständig ansehe. Ferner gebe es nun Erlaubnisvorbehalte für den Internetvertrieb und für bestimmte Werbemaßnahmen.

Die Klägerin begründet ihre Berufung im Hinblick auf die vom Beklagten bestrittene Zulässigkeit der auf den Zeitraum bis 30. Juni 2012 bezogenen Anträge mit der besonderen Intensität des Grundrechtseingriffs; nach der Rechtsprechung des Senats müsse bei der in Rede stehenden Verletzung von EU-Grundfreiheiten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse an der begehrten Feststellung der Erlaubnisfreiheit der Internet-Vermittlung schon im Hinblick auf das Erfordernis effektiven Rechtschutzes angenommen werden. Es komme jedoch auch ein berechtigtes Interesse wegen eines möglichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht, der jedenfalls nicht deshalb ausscheide, weil der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Carmen Media das Internetverbot von Glücksspielen nicht beanstandet habe, denn diese Entscheidung befasse sich mit der Unionsrechtswidrigkeit des bayerischen Sportwettenmonopols. Auf die Unionsrechtswidrigkeit des absoluten Internetverbots für die Vermittlung von Lotto habe die Kommission bereits vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags hingewiesen und dementsprechend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. In dem maßgeblichen Schreiben vom 31. Januar 2008 sei ausgeführt, dass die Teilnahme an nationalen Lotterien - auch bei Erwerb der Lottoscheine auf elektronischem Wege - kein ernsthaftes Risiko für eine Spielsucht im Hinblick auf die in der Regel nur zweimal wöchentlich stattfindenden Ziehungen darstelle. Das berechtigte Interesse ließe sich nur im Falle eines - hier nicht gegebenen - offensichtlichen Ausschlusses von Staatshaftungsansprüchen nach summarischer Prüfung verneinen; ausreichend sei eine Plausibilitätskontrolle des Vortrags der Klägerin. Die Anträge seien begründet. So hätten verschiedene Verwaltungsgerichte (Berlin, Chemnitz, Halle) zwischen dem Internetverbot für Lotto (unionsrechtswidrig) und dem Internetverbot für Sportwetten (unionsrechtskonform) unterschieden und festgestellt, dass die Klägerin im jeweiligen Bundesland in der bis 31. Dezember 2008 von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland zugelassenen Lotterieprodukten auch ohne Erlaubnis tätig sein dürfe. Der Erlaubnisvorbehalt stelle keinen verhältnismäßigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit dar, da er schon nicht kohärent und systematisch zur Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels beitrage. So habe der Senat schon in seinem Urteil vom 26. Juni 2012 (10 BV 11.2770) ausführlich nachgewiesen, dass die Werbewirklichkeit von Lotto nichts mit Suchtbekämpfung zu tun habe und sämtliche Landeslottogesellschaften in Verfolgung fiskalischer Zwecke systematisch gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verstießen. Das Erstgericht habe die Eingriffsintensität des mit § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 verbundenen repressiven Verbots mit Dispensvorbehalt verkannt; der hiermit verbundene Eingriff sei wesentlich einschneidender als ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Damit sei die Vermittlung von Lotterien gerade nicht als grundsätzlich zulässig anzusehen. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die gesetzlich bestimmten Ziele verfolgt würden. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass es für die Einhaltung des unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht erforderlich sei, dass für alle Glücksspiele dieselbe Erlaubnisregelung gelten müsse. Sinn und Zweck dieses Gebots sei vielmehr, die gerichtliche Überprüfung der „Wahrhaftigkeit“ des vom Mitgliedstaat angegebenen Ziels der Beschränkung der Grundfreiheit zu erleichtern. Bereits eine widersprechende Handlung mache das Vorgehen des Mitgliedstaats, mit dem er die unternehmerische Freiheit im Binnenmarkt beschränke, unglaubwürdig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts gelte das Kohärenzgebot nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern auch für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein. Das Verhalten der Bundesländer widerspreche dem Ziel der Angebotseindämmung bei Lotto eklatant, wie das Werbeverhalten der staatlichen Landeslotterieveranstalter zeige. Aufsichtsbehörden schritten nicht ein, sodass von einem strukturellen Vollzugsdefizit zu sprechen sei. Es sei nur folgerichtig, dass die 16 staatlichen Lotterieveranstalter die Forderung vertreten würden, sie von der Kontrolle durch die Wettbewerbskammern der ordentlichen Gerichtsbarkeit freizustellen und ausschließlich der Glücksspielaufsicht zu unterstellen. Ergänzend werde zur Begründung der Inkohärenz auf die Maßgaben des EuGH-Urteils in der Rechtssache Stoß Bezug genommen; danach reiche für die Annahme einer Inkohärenz aus, dass andere Arten von Glücksspielen durch private Veranstalter, die über eine Erlaubnis verfügten, betrieben werden dürften, und auf Angebotsausweitung ausgerichtete Werbung staatlicher Veranstalter festzustellen sei. Des Weiteren verstoße der Erlaubnisvorbehalt gegen das Übermaßverbot, denn der Internetvertriebs Weg mache für den Lottovertrieb lediglich 6% (Stand: 2007) aus, sodass ein entsprechendes Verbot nicht zu einer Angebotseindämmung oder gar Verringerung der bei Lotto sowieso nicht gegebenen Spielsucht führen könne. Im Übrigen verhindere auch die vom Verwaltungsgericht angeführte „soziale Kontrolle durch persönliche Anwesenheit der Spieler“ bei Abgabe der Lottoscheine - in Ermangelung von Höchsteinsatzgrenzen und anonym ohne Personalienfeststellung - nicht, dass Spielsüchtige an mehreren Annahmestellen hintereinander und unkontrolliert dem Spiel nachgingen. Das Verwaltungsgericht habe sich über die Entscheidung von ca. einem Drittel der bundesdeutschen Bevölkerung, die regelmäßig Lotto spielten, schlicht hinweggesetzt, in dem es Passagen aus Entscheidungen zu Sportwetten auf „Lotto“ umgeschrieben habe. Der Gesetzgeber selbst habe in § 22 Abs. 2 GlüStV 2008 entschieden, dass spielsüchtige, für andere Glücksspiele gesperrte Spieler jedenfalls an Lotterien, die nicht häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet würden, teilnehmen dürften. Die Erlaubnisregelung widerspreche auch deshalb unionsrechtlichen Anforderungen, weil sie für ein grenzüberschreitend tätiges europäisches Unternehmen weder objektiv vorhersehbar gewesen sei noch effektiver gerichtlicher Rechtsschutz angesichts des Erfordernisses erlangt werden könne, in allen 16 Bundesländern eine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten erlangen und dafür gegebenenfalls auch 16 Gerichtsverfahren durchlaufen zu müssen. Das Internet-Vermittlungsverbots verstoße gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Der EuGH habe mit seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011 (Zeturf) die Bedeutung der Kohärenzanforderungen für internetbezogene Beschränkungen verdeutlicht und dabei dem Vertriebskanal Internet gerade im Hinblick auf die Tätigkeit grenzüberschreitender Unternehmen im Binnenmarkt eine herausragende Bedeutung zuerkannt. Die Nutzung des Internets müsse zu einer Verstärkung der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren führen; eine solche „Gefahrenverstärkung“ liege aber im Fall der Teilnahme an staatlich veranstalteten Lotterien nicht vor. Außerdem habe das Verwaltungsgericht seine Kohärenzprüfung zu Unrecht nur auf den Bereich Internet beschränkt. Außerdem habe es trotz Feststellung eines strukturellen Vollzugsdefizits bei der Pferdewetten-Vermittlung im Internet diesen Bereich als unbedeutend bezeichnet, obwohl er große wirtschaftliche Bedeutung habe und im Vergleich zu Lotto eine erheblich höhere Spielsuchtrelevanz bestehe. Es bestünden weitere (sechs) kohärenzschädliche Widersprüche, mit denen sich das Verwaltungsgericht trotz entsprechenden Sachvortrags nicht befasst habe. Der Beklagte sei vom Verwaltungsgericht nicht aufgefordert worden, konkrete Nachweise und Untersuchungen zur Frage der Lotto-Spielsucht vorzulegen. Ob das mitgliedstaatliche Internetverbot dem Problem der Spielsucht abhelfen könne, sei demnach weiter ungeklärt. Die Klage sei auch für den Übergangszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 begründet, weil die internetbezogenen Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Dezember 2007 (AGGlüStV) nicht entsprechend der Richtlinie 98/34/EG notifiziert worden und daher unanwendbar gewesen seien. Zudem habe in dem entsprechenden Zeitraum im Bundesland Schleswig-Holstein keine Fassung des Glücksspielstaatsvertrags gegolten, sodass dieser Umstand zu einer zusätzlichen Inkohärenz geführt habe, weil die Lottovermittlung über Internet in diesem Bundesland nicht mehr erlaubnis-, sondern lediglich anzeigepflichtig gewesen sei. Damit habe der Mitgliedstaat Deutschland das Internetverbot nicht überall als kohärentes Ziel verfolgt, jedenfalls nicht in Schleswig-Holstein. Die den Bundesländern zukommende, auf ihr Hoheitsgebiet beschränkte Gesetzgebungskompetenz könne aus Sicht des Unionsrechts den Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht rechtfertigen.

Für den gegenwartsbezogenen, den Zeitraum ab 1. Juli 2012 betreffenden Teil der Klage liege nicht die vom Verwaltungsgericht angenommene Klageänderung vor, weil die entsprechenden Klageanträge bereits in der Klageschrift vom 21. April 2008 gestellt und unverändert beibehalten worden seien. Auch der Klagegrund sei der gleiche, ohne dass hieran eine Veränderung der materiell-rechtlichen Gesetzeslage infolge Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags etwas geändert habe. Die Klägerin stütze ihren Anspruch nicht auf einfaches Gesetzesrecht, sondern habe ihn von Anfang an im Hinblick auf Art. 56, 57 AEUV sowie Art. 12 Abs. 1 GG für begründet erachtet. Wie etwa bei einem Bauantrag, nach dessen Stellung sich die Vorschriften der Bauordnung geändert hätten, müsse auch über die vorliegenden Feststellungsanträge nach den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Vorschriften entschieden werden. Die Klage sei auch begründet, weil insoweit die bereits zur alten Rechtslage dargelegten Ausführungen gelten würden, die nach wie vor die Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen über die Erlaubnispflicht der Internetvermittlung von Lotterien bewiesen, sodass die Tätigkeit auch aktuell als erlaubnisfrei behandelt werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Februar 2013

1. für die Vergangenheit

festzustellen, dass die Klägerin mit Bezug auf den Freistaat Bayern vom 1.1.2008 bis 30.6.2012 berechtigt war, in der von ihr zuvor ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein, insbesondere festzustellen,

a) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, auch ohne eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 2 AGGlüStV a.F. in Deutschland zugelassene Lotterien und Glücksspiele (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Klassenlotterien) zu vermitteln,

b) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 im Internet zu vermitteln,

c) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüstV a.F. auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Freistaats Bayern Lotterien bayerischer Veranstalter und auch für Personen mit Aufenthalt im Freistaat Bayern an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass sie entgegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 für ihre Tätigkeit auch im Internet werben durfte,

e) und dass sie entgegen § 5 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern durfte.

und

2. für die Gegenwart

festzustellen, dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, in der von ihr bis zum Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein, insbesondere festzustellen,

a) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, auch ohne eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV. i.V.m. Art. 2 AGGlüStV in Deutschland zugelassene Lotterien (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks) zu vermitteln,

b) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV auch ohne gesonderte Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV im Internet zu vermitteln,

c) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 GlüStV i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüStV auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Freistaates Bayern Lotterien bayerischer Veranstalter und auch für Personen mit Aufenthalt im Freistaat Bayern an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass sie entgegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV für ihre Tätigkeit auch ohne gesonderte Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV im Internet werben darf,

e) dass sie mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen und ermuntern darf.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Erwiderung führt er aus, der auf die nachträgliche Feststellung eines Rechtsverhältnisses abzielenden Klage für den Zeitraum vor dem 1. Juli 2012 fehle das erforderliche berechtigte Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit einer Reihe von Urteilen vom 16. Mai 2013 (8 C 14.12 u.a.), entschieden, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte nur bei Eingriffsakten zu bejahen sei, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig einer gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren nicht zugeführt werden können. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht auch der vorangegangenen Rechtsprechung des Senats zu dieser Problematik, auf die sich das angefochtene Urteil beziehe, entgegengetreten. Diese Rechtsprechung sei auf die vorliegende Konstellation einer vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage übertragbar, so dass es darauf ankomme, ob aus der Eigenart des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses folge, dass eine allein auf die Gegenwart bezogene Feststellungsklage von vornherein nicht zum Erfolg führen könne und deshalb die Feststellung für die Vergangenheit beantragt werden müsse. Dies sei hier nicht der Fall, da bei einer über mehrere Jahre hinweg geltenden Rechtslage typischerweise eine gerichtliche Klärung rechtzeitig zu erreichen sei und auch im vorliegenden Fall habe erreicht werden können, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14. Oktober 2008 (1 BvR 928/08, juris) über eine Verfassungsbeschwerde der Klägerin entschieden habe. Es liege auch keine der weiteren Fallgruppen vor, in denen ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anerkannt sei. Insbesondere fehle es an einer Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Staatshaftungsprozess, denn derartige Ansprüche bestünden selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen Unionsrecht offensichtlich nicht, weil der Verstoß nicht hinreichend qualifiziert sei und den Amtswaltern keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung vorgeworfen werden könne. Aus der vorliegenden, umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs sowohl zum Erlaubnisvorbehalt als auch zum Internetverbot folge, dass der Gesetzgeber zu keinem Zeitpunkt seine Rechtsetzungsbefugnisse überschritten habe, soweit er die Vermittlung von Lotterien unter Erlaubnisvorbehalt gestellt und sie im Internet verboten habe. Aber auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejahen wollte, sei die Feststellungsklage für die Vergangenheit unbegründet, weil die Klägerin für ihre Tätigkeit stets der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurft und im Übrigen das damals uneingeschränkt geltende Internetverbot unabhängig vom Erlaubnisvorbehalt gegolten habe. Es werde auf die vorliegende Rechtsprechung Bezug genommen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die begehrte Feststellung der Erlaubnisfreiheit ab 1. Juli 2012 eine Klageänderung im Sinn von § 91 Abs. 1 VwGO angenommen, weil der Eintritt einer neuen Rechtslage zu einem anderen tatsächlichen Lebenssachverhalt und damit einem neuen Streitgegenstand geführt habe. Zwar sei mit Änderungen der Rechtslage im Regelfall keine Klageänderung verbunden, allerdings sei im Rahmen einer Feststellungsklage das anzuwendende Recht bereits für die Begrenzung des Streitgegenstands relevant; daher könne anders als im Bereich der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage der Gegenstand der Feststellungsklage nicht von den das Rechtsverhältnis konstituierenden Rechtsvorschriften getrennt werden, wenn die Änderung so grundlegender Natur sei, dass das Rechtsverhältnis nunmehr ein anderes sei (BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4.04 - juris). Dies sei hier vor allem angesichts der nun eröffneten Befreiungsmöglichkeiten nach § 4 Abs. 5 GlüStV der Fall. Die Vermittlung von Lotterieprodukten im Internet sei nunmehr in bewusster Abkehr von der früheren Rechtslage nach Erteilung einer Befreiung möglich. Im Übrigen würden nun glücksspielrechtliche Vermittlungserlaubnisse nach § 19 Abs. 2 GlüStV zentral vom Land Niedersachsen erteilt. Die sieben weiteren Unteranträge seien, wolle man hierin eigenständige Anträge sehen, wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig; die hier thematisierten Voraussetzungen müssten im Erlaubnisverfahren geprüft und gegebenenfalls durch Verpflichtungsklage verfolgt werden.

Die Klägerin regte an, den sich auf den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beziehenden Teil des Verfahrens ebenso wie denjenigen im Parallelverfahren (10 BV 13.1005) abzutrennen und so lange ruhen zu lassen, bis über die seit 2014 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg anhängige Verpflichtungsklage entschieden sei, mit der sie ihren nach § 19 Abs. 2 GlüStV beim Land Niedersachsen gestellten, inzwischen abgelehnten Antrag auf eine „gebündelte Vermittlungserlaubnis für ganz Deutschland“ verfolge. Für die vergangenheitsbezogenen Anträge bestehe im Hinblick auf den tiefgreifenden Eingriff in Grundfreiheiten auch angesichts der durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschärften Anforderungen nach wie vor ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da bisher unbeantwortete Fragen noch nicht geklärt seien und der Senat ausdrücklich offen gelassen habe, ob dieser Rechtsprechung zu folgen sei. Angezeigt erscheine jedenfalls eine Neubefassung entweder des Europäischen Gerichtshofs oder jedenfalls des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage der Voraussetzungen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses.

Der Senat hat mit Urteil vom 12. Dezember 2017 die Berufung im Parallelverfahren (10 BV 13.1005) zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten, hier insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 5. Dezember 2016, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet

Die Feststellungsklage mit ihren verschiedenen Anträgen (1.a bis e) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 wurde vom Verwaltungsgericht (im Ergebnis) ebenso zu Recht abgewiesen (I.) wie die Feststellungsklage (Klageanträge 2.a bis e) für den Zeitraum der ab 1. Juli 2012 eingetretenen neuen Rechtslage (II.).

Die Klägerin hat ihre in fünf Anträge untergliederte Feststellungsklage bereits am 20. August 2012 derart umgestellt, dass sie mit ihr nicht nur eine auf die gegenwärtige Rechtslage bezogene Feststellung (hierzu: II.), sondern zugleich auch die Feststellung eines vergangenen, bis 30. Juni 2012 bestehenden Rechtsverhältnisses (hierzu: I.) begehrt. Jede der beiden Feststellungsklagen umfasst fünf voneinander grundsätzlich unabhängige Anträge, die hier gemäß § 44 VwGO „in einer Klage“ zusammengefasst verfolgt werden. Im Kern bezieht sich das Feststellungsbegehren auf die Erlaubnisfreiheit der von der Klägerin schon vor 2008 ausgeübten Tätigkeit der Vermittlung von in Deutschland zugelassenen Lotterien im Internet und die Werbung hierfür auch im Internet. Einer getrennten Prüfung und Beurteilung der fünf verschiedenen Anträge bedarf es weder für den („vergangenheitsbezogenen“) Zeitraum bis 30. Juni 2012 noch für den („gegenwartsbezogenen“) Zeitraum ab 1. Juli 2012, denn die zur Unzulässigkeit der Klagen führenden Erwägungen haben für alle fünf Feststellungsanträge jeweils gleichermaßen Gültigkeit. Der Klägerin geht es also nicht (mehr) nur um die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Betätigung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern zusätzlich um eine entsprechende Feststellung des bis 30. Juni 2012 bestehenden Rechtsverhältnisses.

I.

Soweit sich die Klage auf das Jahr 2008 bezieht, fehlt es bereits am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin (1.). Ungeachtet dessen ist die auf das Jahr 2008 und den weiteren Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2012 bezogene Klage auf Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) eines vergangenen Rechtsverhältnis zwar grundsätzlich statthaft (2.); die Klägerin besitzt jedoch im für die Beurteilung der Zulässigkeit ihrer umgestellten Klage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht das in Anlehnung an § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses (3.).

1. Soweit sich die begehrte Feststellung auf das Jahr 2008 bezieht, hat die Klägerin schon kein Rechtsschutzbedürfnis, das allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung für sämtliche Klagearten ist (vgl. hierzu Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorb § 40 Rn. 30). Denn sie hat ihre Vermittlungstätigkeit im Internet über das ganze Jahr 2008 hinweg ungeachtet des Umstandes, dass die von ihr auf der Grundlage der Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008 am 29. November 2007 beantragte, auf ein Jahr befristete Erlaubnis versagt worden war, fortgeführt, ohne dass die Glücksspielaufsicht hiergegen etwa mit einer Untersagungsverfügung vorgegangen wäre. Die Klägerin hat die Internetvermittlung in Bayern, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, erst zum 1. Januar 2009 eingestellt. In dieser Situation, in der sie sich tatsächlich noch in unverändertem Umfang wirtschaftlich betätigt hat, besteht kein Bedürfnis an der Klärung der von ihr (auch) für das Jahr 2008 aufgeworfenen und grundsätzlich feststellungsfähigen Rechtsfragen. Diesem Umstand hat die Klägerin im Übrigen bereits Rechnung getragen, indem sie den Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht einer Erledigung zugeführt hat, soweit es um den - zunächst ebenfalls streitgegenständlichen - Bescheid des Beklagten vom 4. April 2008 ging, mit dem die Erlaubnis zur Internetvermittlung nach der genannten Übergangsvorschrift abgelehnt worden war. Ungeachtet des insoweit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses gelten die folgenden Ausführungen (I. 2.) auch für die auf das Jahr 2008 begehrte Feststellung.

2. Die am 21. April 2008 erhobene und später umgestellte, auf den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 bezogene Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Sie ist statthaft, denn ihr liegt ein konkretes feststellungsfähiges, auf die Vergangenheit bezogenes Rechtsverhältnis zu Grunde (2.1). Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage steht nicht entgegen (2.2).

2.1 Es besteht ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Es liegt hier ein bestimmter Sachverhalt - die näher umrissene wirtschaftliche Betätigung der Klägerin - vor, aus dem sich aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen bestimmte rechtliche Beziehungen zwischen der Klägerin als Normadressatin und dem Beklagten als Normanwender ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 13.06 - juris Rn. 21; U.v.. 30.11.2011 - 6 C 20.10 - juris Rn. 12). Dieser Streit betrifft die sich aus bestimmten Normen des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags 2008 ergebenden Rechtsbeziehungen. Während der Beklagte die Notwendigkeit einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Vermittlungstätigkeit der Klägerin behauptet, geht diese aus verschiedenen Gründen von einer fortdauernden, wie bis zum Inkrafttreten des Staatsvertrags unstreitig bestehenden Erlaubnisfreiheit aus. Damit haben sich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, weil die Anwendung bestimmter Normen des öffentlichen Rechts auf einen überschaubaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19.94 - juris).

Die Klägerin konnte auch ihre ursprünglichen, auf Feststellung eines aktuellen Rechtsverhältnisses gerichteten Anträge auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses umstellen, nachdem sich infolge des Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags am 1. Juli die bisher maßgebliche Rechtslage wesentlich verändert hatte. Mit einer Feststellungsklage kann nämlich auch ein vergangenes Rechtsverhältnis zur Klärung gestellt werden (Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 305, 319). Dies gilt insbesondere, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung wegen des zwischenzeitlichen Übergangs auf ein neues Rechtssystem das ursprünglich für das (strittige) Rechtsverhältnis maßgebliche Rechtssystem bedeutungslos geworden ist. Ist jedoch - wie hier - das ursprüngliche Rechtsverhältnisses wegen einer grundlegenden Änderung der Rechtslage nach Erhebung der Feststellungsklage beendet (vgl. hierzu: II.1), kann diese Klage unter Beachtung der zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Grundsätze fortgeführt werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris Rn. 15 ff.; BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33). Damit bleibt einem Kläger grundsätzlich die Möglichkeit erhalten zu verhindern, dass der mit der Klage unter entsprechendem Aufwand bereits erreichte Stand nutzlos wird. Die Sachlage ist mit dem Übergang von einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage vergleichbar (OVG BB, U.v. 30.6.2016 - OVG 1 B 2. 14 - juris Rn. 52; eine Analogiemöglichkeit verneinend: Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 319, der für das Feststellungsinteresse gleichwohl auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zurückgreift; ähnlich: Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 25).

Mit der vorgenommenen Umstellung ist keine Klageänderung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO) verbunden. Denn mit der ursprünglich erhobenen Feststellungsklage wurde nicht die Feststellung der Erlaubnisfreiheit auch für den Fall künftiger, inhaltlich nicht vorhersehbarer Rechtsänderungen begehrt; vielmehr bildeten die seinerzeit gültigen Rechtsnormen des Glücksspielstaatsvertrags 2008 die konkrete Grundlage des zwischen den Beteiligten festzustellenden Rechtsverhältnisses (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 44). Bezieht die Klägerin also ihren Feststellungsantrag ausdrücklich auf die zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (hier: infolge des Außerkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrags 2008) nicht mehr geltende Rechtslage, verfolgt sie damit nur ihren ursprünglich gestellten Klageantrag - ohne Klageänderung - fort.

2.2 Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Denn die Klägerin konnte ihre Rechtsbehauptung, weiterhin ohne Erlaubnis im Internet Lotterien vermitteln zu dürfen, nicht in gleicher Weise effektiv im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgen, ohne damit von ihrem eigentlichen Rechtsschutzziel abzugehen. Gerade mit Blick auf die von der Klägerin bestrittene Wirksamkeit des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Erlaubnisvorbehalts (§ 4 Abs. 1 GlüStV 2008) vermittelt die erhobene Feststellungsklage gegenüber einer auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis gerichteten Verpflichtungsklage einen weitergehenden und damit effektiveren Rechtsschutz und ist daher nicht subsidiär (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 29). Deshalb spielt auch keine Rolle, dass die Klägerin am 19. September 2008 bei der Beklagten einen Antrag, ihr für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 eine Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung verschiedener Lotterien (ungeachtet des Vertriebswegs) gemäß § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 zu erteilen, gestellt hat, der mit Bescheid vom 2. März 2009 abgelehnt wurde und den sie im parallel geführten Rechtsstreit (10 BV 13.1005) hilfsweise weiterverfolgt hat. Die Klägerin hat auch im dortigen Verfahren keine Zweifel daran gelassen, dass sie als vorrangiges Rechtsschutzziel nach wie vor die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Betätigung verfolgt, und nur hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit dieses Begehrens eine Erlaubnis anstrebt.

3. Die demnach in prozessual statthafter Weise im Laufe des Klageverfahrens umgestellte Feststellungsklage ist jedoch in Anlehnung an die von der Rechtsprechung zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Grundsätze unzulässig.

Bezieht die Klägerin ihre Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses, hängt deren Zulässigkeit nicht - wie im Fall einer unmittelbaren Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO - davon ab, ob sich das ursprüngliche Klagebegehren tatsächlich mit Ablauf des 30. Juni 2012 erledigt hat (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45; hierzu: II. 1.), so dass diese Frage hier keiner weiteren Erörterung bedarf. Die Klägerin besitzt jedenfalls (wie bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts) kein berechtigtes Interesse an der Feststellung für das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis; es liegt keine der Fallgruppen vor, in denen ein berechtigtes Interesse an der Fortführung der Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses nach Maßgabe der bis 30. Juni 2012 geltenden Normen anzuerkennen ist.

Während für eine Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse erforderlich, aber auch ausreichend ist, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein kann und für das lediglich entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 20), sind bei vergangenen Rechtsverhältnissen strengere Anforderungen zu stellen (BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33; Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 43 Rn. 25: das seinerzeitige Rechtsverhältnis muss über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußern). Die Rechtsprechung geht in diesen Fällen in Anlehnung an die Voraussetzungen bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO davon aus, dass entweder die Gefahr der Wiederholung, ein Rehabilitierungsinteresse, ein schwerwiegender Grundrechtseingriff (3.1) oder die Präjudizwirkung für einen angestrebten Staatshaftungsprozess (3.2) vorliegen muss (BayVGH, U.v. 4.2.2014, a.a.O., Rn. 33, 43 ff.). Im Fall der Klägerin kommen nur die beiden letztgenannten Gruppen in Betracht, auf die sie sich auch bezieht. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, also der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.; BVerwG, B.v. 30.4.1999 - 1 B 36.99 - juris Rn. 5).

3.1 Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein berechtigtes Feststellungs-interesse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten begründen.

3.1.1 Ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme (übertragen auf die vorliegende Situation: an der Feststellung der Erlaubnisfreiheit nach den seinerzeitigen Vorschriften) kommt nicht nur dann in Betracht, wenn eine nachwirkende Diskriminierung besteht, sondern auch dann, wenn die Art des Eingriffs, insbesondere in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordert, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. BVerwG, B.v. 3.2.1999 - 1 PKH 2.99 - juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann (stRspr, BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 14; B.v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. - juris Rn. 49). Ein solcher Eingriff kann sowohl in der Maßnahme selbst als auch in der Art des durch die erledigte Maßnahme bewirkten Eingriffs liegen.

3.1.2 An diesen Grundsätzen gemessen kann hier dahinstehen, ob allein die Weigerung des Beklagten, die geltend gemachte Erlaubnisfreiheit der Vermittlungstätigkeit der Klägerin (für den Zeitraum bis 30. Juni 2012) anzuerkennen, mit einem „Eingriff“ in ihre Berufsausübungsfreiheit (hier: in Gestalt der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG) sowie in ihre unionsrechtlichen garantierte Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV verbunden ist, und ob ein darin liegender Rechtseingriff schwerwiegender Natur ist (verneint für ein vergleichbares Feststellungsbegehren: BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 43 ff.). Offenbleiben kann weiter, ob sich die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren nicht im Kern gegen einen legislativen Eingriff wendet, den sie in der Einführung eines Genehmigungsvorbehalts für ihre Vermittlungstätigkeit und des Internetverbots (vgl. Art. 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2008) durch den zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag begründet sieht, oder ob sie eine feststellende Entscheidung über „exekutives Unrecht“ erreichen will, das sich aus ihrer Sicht daraus ergibt, dass der Beklagte die zitierten Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags 2008 angewendet hat, obwohl sie nach Auffassung er Klägerin gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten (hier: Art. 56 AEUV) verstoßen und daher unanwendbar sind.

Denn selbst bei unterstellter Annahme eines tiefgreifenden Rechtseingriffs im dargelegten Sinn ist hier ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu verneinen, weil keine Situation besteht, in der die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren wegen der sich aus seiner Eigenart ergebenden kurzfristigen Erledigung ohne wirksamen Rechtsschutz geblieben wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 40.12 - juris Rn. 27 ff.; BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 14). Im vorliegenden Fall besteht kein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil sich die verweigerte Anerkennung der Erlaubnisfreiheit nicht als Hoheitsakt darstellt, dessen Wirkung nach seinem typischen Verfahrensablauf auf eine so geringe Zeitspanne beschränkt ist, dass eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangt werden kann. Die Zulässigkeit dieser Einschränkung des Feststellungsinteresses in der hier maßgeblichen Fallgruppe haben das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - juris) sowie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O.) bestätigt. Zur weiteren Begründung kann auf die ausführliche Darstellung der hier maßgeblichen Problematik im zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 12. Dezember 2016 im Parallelverfahren (10 BV 13.1005 - UA, 2.2.1) in entsprechender Weise Bezug genommen werden.

Auch im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass im Hinblick auf das ursprüngliche Feststellungsbegehren kein wirksamer Rechtsschutz im hierfür verfügbaren Zeitraum zu erlangen war (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O., Rn. 14). Die Klägerin hatte am 21. April 2008 beim Verwaltungsgericht Regensburg Feststellungsklage erhoben, weshalb an der grundsätzlichen Möglichkeit wirksamen Rechtsschutzes keine Zweifel bestehen können. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es tatsächlich erst nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 und damit nicht mehr unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags 2008 zu einer gerichtlichen Sachentscheidung (Urteil vom 28.2.2013) über die Feststellungsklage gekommen ist. Die Verfahrensdauer ist hier verschiedenen, im Hinblick auf die Frage einer wirksamen Rechtsschutzgewährung aber nicht entscheidenden Umständen geschuldet; die tatsächliche Dauer des Verfahrens ändert nichts daran, dass sich das Feststellungsbegehren nicht wegen seiner Eigenart innerhalb so kurzer Zeit erledigt hat, dass eine gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen war. Im Ergebnis erweist sich, dass im vorliegenden Fall zur Sicherung der Effektivität des Rechtsschutzes die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht geboten ist, denn im Hinblick auf die reale Möglichkeit, die beantragte Feststellung gerichtlich zu erstreiten, bestand keine Rechtsschutzlücke.

Nichts anderes ergibt sich aus unionsrechtlicher Sicht. Auch aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRCh folgt keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu Gunsten der Klägerin weiter auszulegen.

3.2 Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses ergibt sich auch nicht aus der Präjudizwirkung für einen von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Zwar kann sich ein solches Interesse wohl auch dann ergeben, wenn mit einer Feststellungsklage zunächst das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden sollte (dazu 3.2.1); die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs liegen jedoch nicht vor (dazu 3.2.2).

3.2.1 Ein Feststellungsinteresse unter Hinweis auf die konkrete Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, kann grundsätzlich im Rahmen einer auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichteten Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO bestehen. Vor Erhebung einer Schadensersatzklage bei den ordentlichen Gerichten muss ein Kläger, gegen den ein belastender Verwaltungsakt ergangen ist, zunächst im Wege des Primärrechtsschutzes versuchen, die Belastung durch Anfechtungs- oder Versagungsgegenklage bei den Verwaltungsgerichten zu beseitigen. Erst dann kann er im Wege des sekundären Rechtsschutzes Ersatzansprüche bei den ordentlichen Gerichten mit Aussicht auf Erfolg einklagen. Erledigt sich der belastende Verwaltungsakt während des Verwaltungsprozesses, sieht die Rechtsprechung ein schutzwürdiges Interesse des Klägers darin, dass ihm die Früchte des bisherigen notwendigen Prozessierens erhalten bleiben, und gibt ihm deshalb das Recht, feststellen zu lassen, ob der von ihm angefochtene Hoheitsakt rechtmäßig war oder nicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.3.1993 - 3 C 90.90 - juris Rn. 37).

Bei einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO könnte dies deshalb anders sein, weil hier nicht zunächst ein rechtswidriger Verwaltungsakt aufgehoben werden muss, vielmehr ein Kläger seinen Amtshaftungsanspruch unmittelbar vor dem Zivilgericht verfolgen könnte, welches dann über die öffentlich-rechtlichen Vorfragen mitzuentscheiden hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt ein berechtigtes Feststellungsinteresse jedenfalls in den Fällen, in denen sich ein Verwaltungsakt - entsprechend auf den vorliegenden Fall übertragen: das Feststellungsbegehren zur seinerzeitigen Rechtslage - bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.1997 - 8 C 23.96 - juris Rn. 21). So liegt der Fall hier aber nicht.

Das Rechtsverhältnis, das die Klägerin mit ihrer bereits im Jahr 2008 erhobenen Feststellungsklage geklärt haben wollte, erstreckte sich bis zum 30. Juni 2012 und endete zu diesem Zeitpunkt. Es lagen besondere Umstände vor, die auch bei einer derartigen Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse wegen der beabsichtigten Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Staat begründen könnten. Denn der Klägerin ging es mit der Feststellungsklage (zunächst) um den primären Rechtsschutz, weil sie die Fortführung des Vermittlungsgewerbes ohne Erlaubnis erreichen wollte. Ob hier aus diesem Grund ein besonderes Feststellungsinteresse besteht, ihr die Früchte des bisherigen Prozessierens zu erhalten, kann aber offen bleiben. Denn ein Präjudizinteresse der Klägerin besteht jedenfalls aus anderen Gründen nicht (vgl. 3.2.2).

3.2.2 Ein Feststellungsinteresse wegen der Präjudizialität für Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche besteht nur dann, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint (z.B. BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 51 ff.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 136). Von einer offenbaren Aussichtslosigkeit ist nur dann auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 29.90 - juris Rn. 14).

Im vorliegenden Fall ist von der offensichtlichen Aussichtslosigkeit eines nachfolgenden Schadensersatz- oder Entschädigungsprozesses auszugehen. Soweit die Klägerin die Feststellung von „legislativem Unrecht“ begehrt, würde ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (offensichtlich) bereits daran scheitern, dass sich die Beschränkungen der Tätigkeit der Klägerin unmittelbar aus dem Gesetz (§ 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2008) ergeben, hoheitliches Handeln im Bereich der Gesetzgebung aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z.B. BGH, U.v. 24.10.1996 - III ZR 127/91 - juris Rn. 9) im Regelfall keine Ansprüche aus Amtshaftung begründet, da den Amtsträgern insoweit keine drittbezogenen Amtspflichten obliegen, sondern diese in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen dienen (OVG Saarl, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 113). Gesetze und Verordnungen enthalten generell-abstrakte Regelungen, sodass der Gesetzgeber insoweit ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahrnimmt. Soweit die Klägerin die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Vermittlungstätigkeit für die Vergangenheit vor dem Hintergrund der Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs wegen rechtswidriger Verwaltungstätigkeit verfolgt, scheidet ein solcher Anspruch schon nach der sog. Kollegialgerichtsregel (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27) aus.

Auch die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs liegen offensichtlich nicht vor, weil ein etwaiger Verstoß des Erlaubnisvorbehalts (§ 4 Abs. 1 GlüStV 2008) und seiner Anwendung durch die Behörden gegen Unionsrecht schon nicht hinreichend qualifiziert ist. Zur weiteren Begründung der vorstehenden Ausführungen kann der Senat auf seine Ausführungen im Parallelverfahren (U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - UA, 2.3) zur gleichgerichteten Problematik im Hinblick auf die dort begehrte Feststellung, die Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter dem bis 30. Juni 2012 geltenden Rechtszustand sei rechtswidrig gewesen, Bezug nehmen. Dort heißt es u.a.:

„2.3.1 Das Feststellungsinteresse der Klägerin besteht in der vorliegenden Situation nicht, weil es schon an dem für eine erfolgreiche Amtshaftungsklage erforderlichen Verschulden eines Amtswalters des Beklagten fehlt, dem keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Diese Aussage hat auch dann Gültigkeit, wenn man von der Rechtswidrigkeit des zur Begründung des Ablehnungsbescheids herangezogenen Verbots der Vermittlung von Lotterien über das Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 ausgehen wollte. Einem Amtswalter ist nämlich auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., juris Rn. 45; Decker in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand 1.1.2017, § 113 Rn. 87.3). Dies gilt sogar dann, wenn das Verwaltungshandeln nur in der ersten Instanz als rechtmäßig beurteilt wurde und dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte (BVerwG, U.v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9; U.v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris). Der sog. Kollegialgerichtsregel liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten keine bessere Rechtseinsicht als von einem mit mehreren Richtern besetzten Gericht erwartet und verlangt werden kann (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Versagung der Erlaubnis in seinem Urteil vom 28. Februar 2013 (UA, S. 12, 20) mit ausführlicher Begründung in der Sache für rechtmäßig gehalten, weil die für die Vermittlung von Lotterien erforderliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 wegen des mit Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht in Einklang stehenden Internetverbots (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008) nicht habe erteilt werden können. Zur Begründung hat es sich u.a. auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 1.6.2011 - 8 C 5.10 - juris) und des Bundesgerichtshofs (B.v. 28.9.2011 - I ZR 30/10 - juris) berufen. Auch der Senat hat das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 für rechtmäßig gehalten (vgl. etwa B.v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1290 - juris Rn. 17 m.w.N.). Dass zum Zeitpunkt des Erlasses des ablehnenden Bescheids vom 2. März 2009 noch keine Rechtsprechung zu dem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Internetverbot vorlag, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Jedenfalls ist die handelnde Behörde des Beklagten von der später durch ein Kollegialgericht bestätigten Rechtsauffassung ausgegangen, § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 entspreche sowohl Verfassungsals auch Unionsrecht.“

Damit ist ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 nicht erkennbar.

II.

Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie sich auf die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge (2.a bis e) bezieht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Recht mit Prozessurteil abgewiesen. Die Klageanträge sind unzulässig, weil sich das Feststellungsbegehren, das sich nach der zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Rechtsänderung richtet, als Änderung des ursprünglichen Streitgegenstands darstellt (1.), die als Klageänderung nicht die Voraussetzungen des § 91 VwGO erfüllt (2.).

1. Das auf die aktuelle, seit dem 1. Juli 2012 geltende Rechtslage bezogene Feststellungsbegehren stellt gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren eine Klageänderung in Form einer Klageerweiterung dar, weil die Klägerin ihr Feststellungsbegehren nun auf zwei verschiedene Zeiträume bezieht. Eine Klageänderung wird definiert als Veränderung des Streitgegenstandes durch Disposition des Klägers; der Streitgegenstand wird bestimmt durch Klageanspruch und Klagegrund, also durch den geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch und den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt (stRspr, BVerwG, U.v. 24.10.2013 - 7 C 13.12 - juris Rn. 28 f.; Schmid in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91 Rn. 5 bis 15). Wird der Klageanspruch, der Klagegrund oder beides verändert, handelt es sich demzufolge um eine Klageänderung. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ist eine Erweiterung des Klageantrags nur dann nicht als Klageänderung anzusehen, wenn der Klagegrund unverändert bleibt. Auch wenn neu zur Entscheidung gestellte tatsächliche Umstände geltend gemacht werden, zu denen mangels Entscheidungserheblichkeit für den ursprünglichen Klageantrag noch keine Feststellungen getroffen wurden, liegt eine Antragserweiterung im Sinne einer Klageänderung vor.

Im Fall einer Feststellungsklage ist der Streitgegenstand die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses, welches durch die sich aufgrund von bestimmten Normen des öffentlichen Rechts ergebende rechtliche Beziehung zwischen den beteiligten Personen gekennzeichnet ist. Im Unterschied zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, die auf die Abwehr eines belastenden Verwaltungsakts oder die Einräumung einer bestimmten Begünstigung gerichtet sind, ist für den Streitgegenstand einer Feststellungsklage das nach dem Begehren des Klägers konkret anzuwendende Recht maßgeblich, das der Klärung der strittigen Rechte und Pflichten zu Grunde zu legen ist. Dabei führt der Umstand, dass sich das im Zeitpunkt der Klageerhebung „gegenwärtige“ Rechtsverhältnis im Laufe des Verfahrens in ein (grundsätzlich ebenso feststellungsfähiges) vergangenes Rechtsverhältnis wandelt, für sich allein betrachtet noch nicht zu einer Klageänderung. Verliert jedoch das für die begehrte Feststellung maßgebliche Recht seine Gültigkeit und tritt an seine Stelle grundlegend neues Recht, erledigen sich das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis und das darauf bezogene Feststellungsbegehren; seine Umstellung auf die neue Rechtssituation bedeutet eine Änderung des Klagegegenstands (zu einer nicht unerheblichen, aber nicht grundlegenden Änderung des Streitgegenstandes einer Feststellungsklage während des Klageverfahrens: BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4. 04 - juris Rn. 22; vgl. a. BVerwG, U.v. 26.11.2003 - 9 C 6. 02 - juris Rn. 25, 26, jeweils zur geänderten Festlegung von Anflugverfahren durch Rechtsverordnung).

So liegt der Fall hier. Der Klagegrund der (erweiterten) Feststellungsklage hat sich durch die zum 1. Juli 2012 wirksam gewordene Neuregelung des Glücksspielrechts in grundlegender Weise geändert. Die Neuregelung hat das ursprünglich zum Gegenstand der Feststellungsklage erhobene seinerzeitige Rechtsverhältnis beendet bzw. erledigt (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013, a.a.O., Rn. 44, 45; OVG Saarl, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 56). Sie hat den ursprünglichen Klagegrund nicht lediglich modifiziert, sondern ihn vielmehr im Sinne eines „aliud“ verändert (Wolf in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.10.2016, § 91 Rn. 9 bis 11). Dies ergibt sich aus Folgendem:

Zwar gilt für die ab 1. Juli 2012 geltend gemachte Erlaubnisfreiheit, dass die (allgemeine) Erlaubnispflicht der gewerblichen Spielvermittlung durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht aufgehoben wurde, sondern im Grundsatz über den 30. Juni 2012 hinaus fortbesteht (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45 bis 47; OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - juris); dementsprechend strebt die Klägerin nach wie vor (nur hilfsweise) eine Vermittlungserlaubnis für den Freistaat Bayern unter Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (§ 4 Abs. 1, 2 GlüStV) an (vgl. Parallelverfahren 10 BV 13.1005).

Gleichwohl ist das ursprünglich zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis beendet. Dies folgt bereits aus dem ab 1. Juli 2012 geltenden neuen § 19 Abs. 2 GlüStV, der für die nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV erforderliche (vertriebswegunabhängige) Vermittlungserlaubnis vorsieht, dass gewerblichen Spielvermittlern, die - wie die Klägerin - in allen oder mehreren Bundesländern tätig werden, die für die einzelnen Bundesländer zu erteilenden Erlaubnisse gebündelt von der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde in Niedersachsen erteilt werden (vgl. zum sog. vereinfachten Erlaubnisverfahren: Schmitt in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 19 Rn. 34 bis 36). Dementsprechend ist für die Erteilung von Vermittlungserlaubnissen - ungeachtet der fortbestehenden Glücksspielhoheit der Länder - ab dem 1. Juli 2012 das Land Niedersachsen zuständig, bei dem weiterhin für jedes Bundesland, in dem öffentliche Glücksspiele vermittelt werden sollen, eine Erlaubnis zu beantragen ist. Hieraus folgt, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten aktuell kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zur Frage der geltend gemachten Erlaubnisfreiheit mehr besteht, weil diese Frage ausschließlich im Verhältnis zum Land Niedersachsen geklärt werden kann. Als Konsequenz aus § 19 Abs. 2 GlüStV hat die Klägerin im Übrigen bereits am 25. Januar 2013 bei der Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen die Erteilung der Vermittlungserlaubnisse nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV (auch für Bayern) beantragt und diesen Anspruch im Rahmen einer bereits Anfang 2014 beim Verwaltungsgericht Hamburg (4 K 376/14) erhobenen Untätigkeitsklage rechtshängig gemacht.

Weiterhin haben sich die für die Beurteilung der gewerblichen Spielvermittlung maßgeblichen rechtlichen Bedingungen mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 in wesentlichen Punkten geändert. So darf nun insbesondere nach § 4 Abs. 5 GlüStV erstmals im Wege einer von der zuständigen Landesbehörde zu erteilenden Befreiung vom Verbot der Vermittlung von Glücksspielen im Internet dispensiert werden, um die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags wirksamer zu erreichen. Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist in Bayern - anders als nach dem bis 30. Juni 2012 geltenden absoluten Internet-Verbot - eine kontrollierte Zulassung des Vertriebsweges Internet grundsätzlich möglich (vgl. dazu im Einzelnen: Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 80 ff.), nachdem der Beklagte von der Länderöffnungsklausel in § 4 Abs. 5 GlüStV Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV). Damit wird ein eigenständiges, vom Beklagten durchzuführendes Erlaubnisverfahren eröffnet. § 4 Abs. 5 GlüStV enthält eine Reihe neuer Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen von einer Sicherstellung der Erreichung der Ziele des geänderten Glücksspielstaatsvertrags ausgegangen werden kann und daher eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden darf. Auch die in § 5 GlüStV 2008 festgelegten Grenzen zulässiger Werbung wurden nicht in den neuen § 5 GlüStV übernommen; nach § 5 Abs. 1 GlüStV ist Werbung an den Zielen des geänderten Staatsvertrages auszurichten, wobei die Aufklärungspflichten durch § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV konkretisiert werden. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV besteht zudem die Möglichkeit, ausnahmsweise auch die zuvor nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verbotene Werbung im Fernsehen oder Internet zuzulassen (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 47). All dies führte zu einem völlig veränderten materiell-rechtlichen Rahmen für die hier inmitten stehende gewerbliche Spielvermittlung, der es ausschließt, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage und damit einem im Wesentlichen unveränderten Rechtsverhältnis auszugehen.

Die grundlegende gesetzgeberische Bedeutung dieser Änderungen kommt auch in der Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 1, 2 GlüStV zum Ausdruck. Danach galten vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlererlaubnisse mit bestimmten Maßgaben längstens bis zum 31. Dezember 2012 fort, neue Erlaubnisse nach § 4 Abs. 1 GlüStV waren spätestens zum 1. Januar 2013 einzuholen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Dies zeigt, dass nach der Neuregelung selbst eine vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlungserlaubnis keine über den 31. Dezember 2012 hinausgehenden Rechtswirkung zukommen konnte, sondern ein erneutes Erlaubnisverfahren vor dem Hintergrund der ab 1. Juli 2012 geltenden Rechtslage durchgeführt werden musste. Das zeigt die grundlegende Natur der erfolgten Rechtsänderungen und der damit einhergehenden Änderung des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten auf.

Schließlich benötigt die Klägerin nach der aktuellen Rechtslage zur Erreichung ihres Rechtsschutzziels, Lotterien im Internet vermitteln zu dürfen, neben der (hilfsweise beantragten) allgemeinen Vermittlungserlaubnis ab 1. Juli 2012 erstmals eine (rechtlich eigenständige) Befreiung vom Verbot der Internetvermittlung nach § 4 Abs. 5 GlüStV (vgl. Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 Rn. 80 ff.). Für ihre Erteilung ist der Beklagte zuständig. Die Klägerin hat diese - bisher auch nicht hilfsweise beim Beklagten beantragte - Befreiung bzw. die Feststellung, dass die Befreiung nicht erforderlich sei, schon nicht zum Streitgegenstand des Feststellungsbegehrens gemacht.

Am Vorliegen einer Klageänderung vermag schließlich auch der vom Kläger angeführte Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 29.10.2014 - 4 L 98/13 - nicht veröff.) in einem Zulassungsverfahren nichts zu ändern, in dem ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des eine Klageänderung bejahenden erstinstanzlichen Urteils damit begründet wurden, die Rechtslage habe sich im Hinblick auf den dortigen Antrag der Feststellung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisfreiheit „nicht grundlegend geändert“, weil den Rechtsgrund des Antrags nach wie vor die der Klägerin zustehende Dienstleistungs- und Berufsfreiheit bildeten. Wollte man jedoch eine Klageänderung schon dann verneinen, wenn bei der Erteilung einer beantragten Erlaubnis die gleichen verfassungs- oder unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen sind, wäre bei gleichzeitiger grundlegender Umstellung der einfachrechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen - wie im vorliegenden Fall - praktisch niemals eine Änderung des Klagegrundes anzunehmen. Die Frage nach einer grundlegenden Änderung der Rechtssituation ist immer einzelfallbezogen zu beantworten und nicht danach, ob die geltend gemachten verfassungs- und unionsrechtlichen Rechte identisch geblieben sind. Die hier inmitten stehende Frage nach der Erlaubnisfreiheit einer glücksspielrechtlichen Betätigung wird nicht unmittelbar auf der Grundlage verfassungs- oder unionsrechtlicher Vorschriften beantwortet, sondern primär nach einfachrechtlichen Vorschriften (vgl. a. OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - nicht veröff.).

Liegt demnach eine wesentliche Änderung des gesamten glücksspielrechtlichen Regimes vor, muss auch die für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses (hier: Erlaubnisfreiheit) maßgebliche Frage, ob die (bestrittene) Erlaubnispflicht gegen den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang verstößt, einer völlig neuen Prüfung unterzogen werden.

2. Die Klageänderung ist nicht zulässig (§ 91 Abs. 1 VwGO), weil weder der Be-klagte eingewilligt hat noch die Änderung sachdienlich ist.

Der Beklagte hat sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich gegen eine Klageänderung gewandt. Der Senat hält sie - mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (UA, S. 12, 13) - auch nicht für sachdienlich (vgl. zum Begriff: BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 32, 33; VG Bremen,U.v. 17.7.2014 - 5 K 4084/08 - juris Rn. 66 f.). Denn es wird hier zum einen eine wesentlich veränderte Rechtslage (vgl. II. 1.) zum Prüfungsmaßstab gemacht, über die zu entscheiden der Beklagte bisher schon deshalb keinen Anlass hatte, weil hinsichtlich der allgemeinen Vermittlungserlaubnis nunmehr der - von der Klägerin bereits eingeschlagene - Weg über die Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen geboten ist und die Zuständigeit des Beklagten nur noch für die Befreiung vom Internetverbot gegeben ist. Aus diesen Gründen kann nicht die Rede davon sein, dass die Änderung des Feststellungsbegehrens bei im Wesentlichen identischem Streitstoff zur endgültigen Streitbeilegung beitragen könnte (BVerwG, U.v. 18.8.2005 - 4 C 1304 - juris Rn. 22 m.w.N.; BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - a.a.O.) und aus diesem Grund sachdienlich wäre.

3. Nachdem die Klage auch mit ihren „für die Gegenwart“ zur Entscheidung gestellten Feststellungsanträgen unzulässig ist, erübrigt sich eine Eingehen auf die Frage, in welchem Verhältnis die hier gestellten Klageanträge zu den im Klageverfahren 10 BV 13.1005 gestellten stehen. Auf die weiteren materiellen Ausführungen der Klägerin im Hinblick auf das behauptete Bestehen der Feststellungsansprüche muss schließlich wegen ihrer unzulässigen prozessualen Geltendmachung nicht mehr eingegangen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

1. Die Beschwerdeführerin benötigte eine Spenderniere und wurde deshalb im Transplantationszentrum des Klinikums der im Ausgangsverfahren beklagten Universität (im Folgenden: Beklagte) auf der Warteliste geführt. Nach einem Untersuchungs- und Besprechungstermin bei der Beklagten, bei dem auch der Ehemann der Beschwerdeführerin zugegen war, wandte sich der Ehemann wegen der Umstände des Gesprächs an die Beklagte, von der er jedoch keine aus seiner Sicht zufriedenstellende Antwort erhielt. Schließlich schickte er dem chirurgischen Leiter für Nierentransplantationen eine E-Mail, die mit dem Satz schloss: "Ich nehme an, dass ich mich mit der Beantwortung meiner Fragen nicht an die Klinikleitung bzw. die KV oder Ähnliches wenden muss." Daraufhin erklärte der chirurgische Leiter mit an den Ehemann gerichtetem Schreiben vom 8. August 2012, eine vertrauensvolle Behandlung der Beschwerdeführerin sei bei der Beklagten nicht mehr möglich. Aus diesem Grunde werde die Beschwerdeführerin ab sofort bei Eurotransplant als "nicht transplantabel" gemeldet. Mitte Dezember 2012 war die Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht transplantationsfähig. Am 18. Dezember 2013 erhielt sie schließlich durch ein anderes Transplantationszentrum eine neue Niere.

2

Am 5. März 2013 hatte die Beschwerdeführerin Klage auf Feststellung erhoben, dass die Meldung als "nicht transplantabel" rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht wies die Klage als unzulässig ab. Die Meldung als "nicht transplantabel" sei ein Verwaltungsakt, der sich bereits vor Klagerhebung erledigt habe. Die Beschwerdeführerin verfüge nicht über das erforderliche Interesse an der begehrten nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit.

3

Ein hiergegen gerichteter Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg.

4

2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 sowie aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).

6

1. Hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG genügt das Beschwerdevorbringen schon nicht den Begründungsanforderungen aus §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin erschöpfen sich darin, auf den hohen Stellenwert des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit hinzuweisen, was für sich genommen, zur Darlegung einer Grundrechtsverletzung unzureichend ist (für den Anspruch auf Krankenversorgung gegenüber einer Krankenkasse in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 10. November 2015 - 1 BvR 2056/12 -, NJW 2016, S. 1505 <1506>, Rn. 12).

7

2. Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG geltend macht, hat die Verfassungsbeschwerde jedenfalls in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

8

a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 107, 395 <401 ff.>). Die in dieser Norm verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gewährleistet. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>).

9

Die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens ist allerdings vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses bei der Verfolgung eines subjektiven Rechts abhängig. Damit der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht unzumutbar beschränkt wird, dürfen aber an ein solches Rechtsschutzbedürfnis keine aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 110, 77 <85>; stRspr).

10

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern grundsätzlich auch bei Rechtsverletzungen, die in der Vergangenheit erfolgt sind, allerdings unter dem Vorbehalt eines darauf bezogenen Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es grundsätzlich vereinbar, wenn die Fachgerichte ein Rechtsschutzinteresse nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (BVerfGE 110, 77 <85>; vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 104, 220 <232 f.>).

11

Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet darüber hinaus, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (BVerfGE 110, 77 <86>; vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 96, 27 <40>; 104, 220 <233 f.>; stRspr).

12

b) Demnach sind die angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Fachgerichte die Klage der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgewiesen haben, es mangele an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

13

Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der Meldung als "nicht transplantabel" durch den chirurgischen Leiter für Nierentransplantationen am Transplantationszentrum der Beklagten um eine hoheitliche Maßnahme, insbesondere - wie von den Fachgerichten und auch der Beschwerdeführerin selbst angenommen - um einen wirksamen, also der Beschwerdeführerin bekanntgegebenen Verwaltungsakt handelte. Auch bei Annahme eines staatlichen Eingriffs, der angesichts des betroffenen Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) als gewichtig anzusehen sein dürfte (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1999 - 1 BvR 2181/98 u.a. -, NJW 1999, S. 3399 <3401>; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Januar 2013 - 1 BvR 274/12 -, NJW 2013, S. 1727), ist Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vorliegend nicht verletzt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gebietet das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz hier nicht eine gerichtliche Prüfung der angegriffenen Maßnahme trotz Fortfalls des ursprünglichen Rechtsschutzziels.

14

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin allein dagegen, dass die Fachgerichte in ihrem Fall ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs verneint haben; sie hätten die Anforderungen an das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses deutlich überspannt. Die angewandten Maßstäbe stimmen jedoch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überein (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <86>; hierauf bezugnehmend auch BVerwGE 146, 303 <311 f. Rn. 32>). Jedenfalls der vorliegende Fall gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Es ist nicht erkennbar, dass gegen die angegriffene Maßnahme im hierfür verfügbaren Zeitraum kein wirksamer Rechtsschutz zu erlangen war. Insbesondere liegt kein Fall eines Hoheitsaktes vor, der sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher die Beschwerdeführerin als Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen konnte.

15

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Meldung als "nicht transplantabel" habe sich deshalb kurzfristig erledigt, weil ab diesem Zeitpunkt mit jeder der täglich mehrfach getroffenen Nierenzuteilungsentscheidungen ihre Zuteilungschancen endgültig vereitelt worden seien, greift dieser Einwand zu kurz. Entscheidend ist hier, dass die mit der Meldung als "nicht transplantabel" verbundene Belastung der Beschwerdeführerin auf eine Dauer angelegt war, die sich nach dem typischen Verfahrensverlauf nicht auf eine Zeitspanne beschränkte, in welcher eine gerichtliche Entscheidung für die Beschwerdeführerin praktisch nicht zu erlangen war. Die vorgenommene Meldung war nicht etwa auf eine - möglicherweise kurzfristig sich wieder ändernde - Verschlechterung des Gesundheitszustands der Beschwerdeführerin gestützt, sondern darauf, dass eine vertrauensvolle Behandlung am Transplantationszentrum der Beklagten nicht mehr möglich sei. Jedenfalls in einem solchen Fall besteht die Meldung als "nicht transplantabel" typischerweise fort, so dass der Betroffene die Maßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann.

16

Allerdings werden einem Betroffenen in der Zeit, in der er als "nicht transplantabel" gemeldet ist, in der Regel Chancen auf Zuteilung eines Organs entgehen. Dies lässt die gegenwärtige, sich gleichsam täglich neu aktualisierende Wirksamkeit der Meldung als "nicht transplantabel" und damit auch ihre Überprüfbarkeit in einem gerichtlichen Verfahren indes unberührt. Hinsichtlich der Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kommt es entscheidend darauf an, ob im Hauptsacheverfahren das ursprüngliche Rechtsschutzziel - hier: die Meldung als "transplantabel" - noch erreicht werden kann, oder ob sich letzteres typischerweise so kurzfristig erledigt, dass eine gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum zu erlangen ist (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>). In einem Fall wie dem vorliegenden ist bei Klagerhebung gegen die Meldung als "nicht transplantabel" trotz zwischenzeitlich erfolgter Organzuteilungen eine Statusänderung weiterhin möglich. Dass dieser Rechtsschutz regelmäßig nur auf die Zukunft gerichtet sein kann, liegt in der Natur der Sache. Ein besonderes Interesse an der Überprüfung der angegriffenen Maßnahme auch für die Vergangenheit folgt allein hieraus aber nicht.

17

Der Gefahr, dass eine Entscheidung in der Hauptsache aus gesundheitlichen Gründen für den Betroffenen zu spät käme, lässt sich mit dem Instrument des einstweiligen Rechtsschutzes begegnen. Auch dies ist Ausdruck der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Garantie effektiven Rechtsschutzes. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist hinreichend geklärt, welche Anforderungen sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den vorläufigen Rechtsschutz ergeben. Danach sind die Gerichte in solchen Verfahren gehalten, bei Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen - wie etwa § 123 VwGO - der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf eine tatsächliche und rechtlich wirksame Kontrolle verpflichtet die Gerichte, bei ihrer Entscheidungsfindung diejenigen Folgen zu erwägen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Bürger verbunden sind. Je schwerer die sich daraus ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>; 94, 166 <216>). Für den hier betroffenen Bereich der Zuteilung von Organen kann die Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.>), es gebieten, einem an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidenden Betroffenen einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren, auch wenn hiermit gegebenenfalls eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist. Im Falle der Beschwerdeführerin hätte dies bedeuten können, dass ihr Status auf der Warteliste vorläufig von "nicht transplantabel" in "transplantabel" hätte geändert werden müssen.

18

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, es sei völlig unklar, vor welchem Gericht um - gegebenenfalls auch einstweiligen - Rechtsschutz nachzusuchen sei, ist die Rechtslage nicht abschließend geklärt (vgl. hierzu etwa Gutmann, in: Schroth/König/Gutmann/Oduncu, TPG, 1. Auflage 2005, § 10 Rn. 14; Lang, in: Höfling, TPG, 2. Aufl. 2013, Einführung, S. 85 ff.; Clement, Der Rechtsschutz der potentiellen Organempfänger nach dem Transplantationsgesetz, 2007, S. 165 f.; LG Essen, Urteil vom 21. November 2007 - 1 O 312/07 -, juris, Rn. 17). Das Bundesverfassungsgericht hat aber bereits entschieden, dass es dem Gebot einer Gewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes, wie Art. 19 Abs. 4 GG und das Rechtsstaatsprinzip sie enthalten, zuwiderläuft, solche Schwierigkeiten auf dem Rücken des Rechtsuchenden auszutragen (vgl. BVerfGE 57, 9 <21 f.>). Diesen Schwierigkeiten ist indes von Verfassungs wegen dadurch Rechnung getragen, dass der Rechtsweg durch verbindliche Verweisung an das zuständige Gericht einer Klärung zugeführt wird (vgl. insbesondere § 17a GVG). Die Fachgerichte müssen in dringenden Fällen binnen kürzester Zeit Eilrechtsschutz gewähren und diesen auch bei unklarer Rechtsweglage durch Verweisung sicherstellen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. August 2014 - 1 BvR 2271/14 -, juris, Rn. 5). Warum dies hier nicht möglich gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich.

19

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

20

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 die von ihr bis dahin legal ausgeübte Tätigkeit als gewerbliche Lotterievermittlerin im Internet weiterhin erlaubnisfrei zulässig war.

Seit dem Jahr 1999 betrieb die Klägerin – zunächst in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft - die gewerbliche Vermittlung von Spielaufträgen an inländische staatliche Lotterien insbesondere des Deutschen Lotto- und Totoblocks, der Norddeutschen Klassenlotterie, der Süddeutschen Klassenlotterie und der ARD-Fernsehlotterie. Die Vermittlung erfolgte ausschließlich über das Internet, wobei die Internetseiten der Klägerin auch Werbung für ihr Angebot beinhalteten.

Nach Erlass des Glücksspielstaatsvertrages vom 1.1.2008 und Ablauf der ihr Geschäftsfeld betreffenden Übergangsregeln am 31.12.2008 stellte die Klägerin zum Jahreswechsel 2008/2009 ihre Tätigkeit der Internetvermittlung von staatlichen Lotterien ein. Das bisherige Geschäftsfeld der Lotterievermittlung wurde zu diesem Zeitpunkt an die T. Ltd. mit Sitz in Großbritannien veräußert, die ein Tochterunternehmen der M. Ltd. ist, welche ihrerseits wiederum ein Tochterunternehmen der Klägerin ist. Seit April 2009 betreibt die M. Ltd. auf Grundlage der Ziehungen des Deutschen Lotto- und Totoblocks eine sog. „Zweitlotterie“, für die ihrerseits die T. Ltd. Spielaufträge vermittelt. Bis zur Klärung der Rechtslage verlegte die Klägerin selbst ihren Geschäftsbereich auf die Veranstaltung sog. skill based games, also entgeltlicher Wissens- und Geschicklichkeitsspiele im Internet. Die Klägerin beabsichtigt, ihre frühere Vermittlungstätigkeit wieder aufzunehmen.

Am 2.1.2009 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass sie als Vermittlerin von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche bzw. von Rubbellosen erlaubnisfrei im Internet tätig sein dürfe.

Des ungeachtet beantragte die Klägerin darüber hinaus mit Schreiben vom 24.2.2009 bei dem seinerzeit zuständigen Ministerium für Inneres und Sport eine Erlaubnis zur gewerblichen Vermittlung der Lotterien 6 aus 49 mit Zusatzlotterien, Spiel 77, Super 6, Glücksspirale, ARD-Fernsehlotterie, der Norddeutschen Klassenlotterie und der Süddeutschen Klassenlotterie an die Lotteriegesellschaften der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, A-Stadt, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und des Saarlandes. Als Vertriebsweg wurde in erster Linie die Internetvermittlung genannt. Zusätzlich wurde die Erlaubnis des Vertriebs über das Telefon, über SMS oder auch im Wege der sog. Inbound-Telefonie beantragt.

Dieser Antrag wurde vom Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom 22.4.2010 unter Hinweis auf die entgegenstehenden Vorschriften des ab 1.1.2008 geltenden Glücksspielstaatsvertrags abgelehnt.

Mit Eingang vom 26.5.2010 hat die Klägerin auch hiergegen Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des entsprechenden Bescheides und hilfsweise zumindest die Erteilung der beantragten Genehmigung begehrt hat. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 30.9.2011 beide Klagen verbunden.

Zur Begründung ihrer Klagebegehren hat die Klägerin geltend gemacht, dass die gewerbliche Spielvermittlung von staatlichen Lotterieprodukten über das Internet nach dem früheren Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 1.7.2004 bundesweit erlaubnisfrei zulässig gewesen sei. Die Vorschriften des am 1.1.2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags (im Folgenden: GlüStV a.F.), die ihre ehemals erlaubnisfreie Betätigung verböten, seien zumindest bezogen auf Lotterieprodukte mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche verfassungs- und europarechtswidrig. Für ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, wie es der Glücksspielstaatsvertrag vorsehe, fehle es bereits an der notwendigen Gesetzgebungskompetenz der Länder. Der Verkauf von Lotterielosen, um den es hier letztlich gehe, sei bundesrechtlich abschließend in der Gewerbeordnung geregelt und unterwerfe diese Geschäftstätigkeit lediglich einer Anzeigepflicht. Die Regelung über den Erlaubnisvorbehalt verstoße zudem gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot, da für die Erteilung einer Erlaubnis lediglich auf die allgemeine Zwecksetzung des Staatsvertrags in § 1 GlüStV a.F. verwiesen werde, es jedoch an konkreten Vorgaben dafür fehle, unter welchen Voraussetzungen eine Erlaubnis zu erteilen sei. Der durch den GlüStV a.F. festgelegte Erlaubnisvorbehalt sei mit höherrangigem Bundesrecht auch insofern nicht vereinbar, als er gegen das für das Gewerberecht allgemein geltende Verbot der Rückwirkung einer nachträglich eingeführten Genehmigungspflicht verstoße.

Die Regelungen, die den bisherigen Gewerbebetrieb der Klägerin unterbänden, beinhalteten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das in dem staatsvertraglichen Erlaubnisvorbehalt liegende repressive Verbot stelle eine objektive Berufswahlbeschränkung dar. Gleiches gelte für das Verbot der Vermittlung von Glücksspielen über das Internet. Auch das Verbot der bundesländerübergreifenden Vermittlung von Glücksspielverträgen sowie das Werbeverbot im Internet stellten intensive Eingriffe in die Berufsfreiheit dar. Keines der in § 1 GlüStV a.F. genannten Ziele könne diese Eingriffe rechtfertigen. Dies gelte insbesondere für das Ziel der Spielsuchtprävention. Staatliche Lotterien mit bis zu zwei Ziehungen/Veranstaltungen in der Woche hätten 55 Jahre lang keine Suchtprobleme ausgelöst. Es gebe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Existenz einer Lottosucht. Die bisher vorliegenden Untersuchungen belegten vielmehr die Harmlosigkeit des Spiels. Hochrechnungen zufolge hätten nur etwa 500 bis 1500 Personen deutschlandweit ein Hauptproblem mit dem Lottospiel. Für das Saarland heiße dies, dass allenfalls 6 bis 19 Personen pathologische Lottospieler seien. Selbst wenn man eine Suchtgefahr annehmen wollte, sei diese jedenfalls nicht so gravierend, dass sie zu Lasten der Klägerin das Verbot ihres zuvor legalen Berufs rechtfertige. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass es vorliegend lediglich um die Vermittlung des Lottospiels gehe. Die Ausgestaltung eines Spiels, die durch den Veranstalter bestimmt werde, habe weit größere Auswirkungen auf die Gefahren des Spiels als dessen Vermittlung. Die Lottovermittlung im Internet berge anders als bei anderen Online-Spielen auch keine internettypischen Suchtgefahren. Schließlich sei es möglich, bei der Internetvermittlung hinreichende Maßnahmen zum Jugend- und Spielerschutz zu installieren. Auch sei das Verbot der Werbung im Internet für die nachweislich ungefährlichen Lotterieprodukte der staatlichen Lottogesellschaften unangemessen. Es sei nicht ersichtlich, warum der Internetwerbung größere Gefahren beigemessen würden als z.B. der Radiowerbung, die weiterhin zulässig sei. Zudem seien die inhaltlichen Werbebeschränkungen unverhältnismäßig, weil zur Sicherung des Fortbestands eines Unternehmens, das legale Glücksspielmöglichkeiten anbieten wolle, anreizende Werbemaßnahmen unabdingbar seien. Das Verbot einer bundeslandübergreifenden Vermittlung von Glücksspielverträgen sei schon im Ansatz nicht geeignet, die vom Glücksspielstaatsvertrag selbst gesetzten Ziele zu erreichen. In welcher Hinsicht das Spiel bei einer Lottogesellschaft eines anderen Landes die Ziele des § 1 GlüStV gefährden könne, sei angesichts der Tatsache, dass die Lotteriegesellschaften aller Länder auf diese Ziele verpflichtet seien und ihr Angebot einheitlich und koordiniert ausgestalteten, nicht zu erkennen. Die Vervielfältigung der Erlaubnispflichten, die mit dem Verbot einhergehe, sei unverhältnismäßig.

Aus all diesen Gründen verletzten die Vorschriften des am 1.1.2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages auch die Grundrechte der Klägerin aus Art. 14 , 5 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG. Zudem sei der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil der GlüStV a.F. nicht hinreichend zwischen den Lotterien mit nicht mehr als zwei Ausspielungen wöchentlich und sonstigen Glücksspielen unterscheide. Ferner liege eine sachwidrige Ungleichbehandlung von Annahmestellen und gewerblichen Spielvermittlern vor. Spielsuchtschutz werde im Bereich dieser Spiele nicht konsequent verfolgt.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 – hierzu sei unrichtig und entfalte keine Bindungswirkung.

Die von der Klägerin beanstandeten Regelungen verstießen nicht nur gegen Verfassungs-, sondern auch gegen Europarecht, insbesondere die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit, auf die die Klägerin sich berufen könne, da ihr Angebot der Vermittlung von Lottospielen aus Deutschland auch von Kunden aus dem Ausland wahrgenommen werden könne und die Klägerin einige tausend Kunden in anderen EU-Staaten habe. Der Verstoß gegen Europarecht führe zur Unanwendbarkeit der entgegenstehenden nationalen Regelungen. Die die Klägerin betreffenden Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit seien schon deshalb europarechtswidrig, weil es - soweit ihr Tätigkeitsbereich betroffen sei - keine spürbare Suchtgefahr gebe und die entsprechenden Regelungen auch sonst unter dem Aspekt des Jugend- bzw. Spielerschutzes weder erforderlich noch geeignet noch verhältnismäßig in engerem Sinne seien. Des Weiteren seien die Regeln des Glücksspielstaatsvertrages nicht hinreichend kohärent im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die entsprechenden Regelungen seien bereits bei isolierter Betrachtung in sich nicht kohärent. So sei es widersprüchlich, wenn der Gesetzgeber einerseits „Lotto“ gemäß § 22 Abs. 2 GlüStV a.F. vom Sperrsystem für Spielsüchtige wegen vergleichsweiser Harmlosigkeit ausgenommen, andererseits aber den Internetvertrieb eben dieser Lotterie vollständig verboten habe mit dem Argument, dass diese Lotterie gefährlich sei. Auch in tatsächlicher Hinsicht und im Verwaltungsvollzug bestünden Inkohärenzen. Insbesondere widerspreche die anreizende Werbung der staatlichen Lottoveranstalter - auch von Saartoto - den vermeintlichen Zielen des GlüStV a.F.. Hinzu komme, dass im Bereich der Automatenspiele in Spielhallen und Gaststätten eine expansive Politik betrieben werde. Darüber hinaus sei ihr Geschäftsmodell in Schleswig-Holstein ab dem 1.1.2012 nochmals erlaubnisfrei zulässig gewesen und dürfe sie nach ihrem Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Halle in Sachsen-Anhalt derzeit wieder erlaubnisfrei Lotterieprodukte vermitteln. Die in Hessen eröffnete Möglichkeit einer Lotterieteilnahme per e-Brief und der in Niedersachsen über xotto erfolgende internetgestützte Vertrieb offenbarten weitere Inkohärenzen.

Die Vorschriften des AG GlüStV-Saar in der Fassung vom 21.11.2007 seien zudem wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Notifizierung unanwendbar.

Nicht zuletzt sei das europarechtliche Kartellrecht verletzt.

Infolge der Unionsrechts- bzw. Verfassungswidrigkeit der Regelungen des GlüStV a.F. sei die gewerbliche Vermittlung von staatlich kontrolliert veranstalteten und zugelassenen Lotterien auch nach dem 1.1.2008 ein erlaubnisfreies Gewerbe gewesen. Zumindest habe der Klägerin aber ein Anspruch auf die beantragte Vermittlungserlaubnis zugestanden.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides des Landesverwaltungsamtes vom 22.4.2010, Az.: SG 1.5-21/2009-E, festzustellen, dass die Klägerin im Saarland in der bislang von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche (z.B. Lotto 6 aus 49 mit Zusatzlotterien und Sonderauslosungen, SKL, NKL, Glücksspirale und ARD-Fernsehlotterie) bzw. Rubbellosen im Internet tätig sein darf, insbesondere festzustellen,

a) dass die Klägerin mit Bezug auf das Saarland berechtigt ist, auch ohne eine Erlaubnis des Beklagten gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. §§ 16, 17, 20 Abs. 1 Nr. 16 AG GlüStV-Saar in Deutschland zugelassene Lotterien (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Klassenlotterien) mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche und Rubbellose zu vermitteln,

b) dass die Klägerin hierbei mit Bezug auf das Saarland berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV im Internet zu vermitteln,

c) dass die Klägerin hierbei mit Bezug auf das Saarland berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4, § 3 Abs. 4 GlüStV i.V.m. § 16 Abs. 1 und 2, §§ 5-9 AG GlüStV-Saar auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Saarlandes und auch für Personen mit Aufenthalt im Saarland an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 3 GlüStV für ihre Tätigkeit auch im Internet werben darf,

e) dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 u. 2 GlüStV, § 20 Abs. 1 Nr. 4 AG GlüStV-Saar mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern darf,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.4.2010 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Vermittlungserlaubnis zu erteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, dass die Regeln des am 1.1.2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages a.F. weder verfassungs- noch europarechtlich zu beanstanden seien. Insoweit sei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere in seinem Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 - zu verweisen. Darüber hinaus habe das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – eindeutige Standards für die Neukonzeption des Glücksspielrechts in Deutschland vorgegeben und dabei insbesondere den Internetvertriebsweg als bedenklich erachtet, u. a. weil sich dort der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz nicht effektiv verwirklichen lasse. Ein großer Teil der besonderen Gefahren des Internetglücksspiels betreffe auch die von der Klägerin vermittelten Lotterieprodukte bzw. Rubbellose. Entgegen der Darstellung der Klägerin gebe es auch beim Lottospiel ein Suchtrisiko, welches bei einem Vertrieb über das Internet infolge der wesentlich größeren Verfügbarkeit und Griffnähe, des dort gebräuchlichen bargeldlosen Zahlungsverkehrs, der Anonymität, des Abbaus von Hemmschwellen, gesteigerter Vermarktungsmöglichkeiten und nicht zuletzt durch die bei der Klägerin organisierte Bildung von Spielgemeinschaften erheblich gesteigert werde. Die von der Klägerin angegriffenen Regelungen des GlüStV a.F. seien auch kartellrechtlich unproblematisch. Da die von der Klägerin angegriffenen Vorschriften des GlüStV a.F. weder gegen Verfassungs- noch gegen Europarecht verstießen, sei die Feststellungsklage unbegründet.

Auch habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der von ihr hilfsweise begehrten Erlaubnis, weil die von ihr beabsichtigte Tätigkeit gegen das Verbot des Vertriebs von Lotterien via Internet verstoße. Im Übrigen habe die Klägerin weder die für die Erteilung einer Erlaubnis erforderliche Erklärung zur Wahrung der Regionalisierung abgegeben noch genüge der vorgelegte Treuhändervertrag den gesetzlichen Anforderungen.

Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.1.2012 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es:

Die Klage sei sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet. Die von der Klägerin beabsichtigte gewerbliche Spielvermittlung sei gemäß § 16 Abs. 2 AG GlüStV-Saar in der Fassung vom 21.11.2007 (im Folgenden: AG GlüStV-Saar a.F.) und § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV a.F. erlaubnispflichtig, aber nicht erlaubnisfähig. Denn die von der Klägerin geplante Vermittlung im Internet verstoße gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F.. Die Werbung im Internet verstoße gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. und die geplante inhaltliche Ausgestaltung der Werbung gegen § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GlüStV a.F.. Ferner könne das Saarland der Klägerin keine Erlaubnis für die Vermittlung von im Saarland ansässigen Spielern in andere Bundesländer erteilen und sei die Erteilung einer Genehmigung unter Außerachtlassung des § 3 Abs. 4 GlüStV a.F. nicht vorgesehen. Die genannten Vorschriften verstießen bezogen auf das klägerische Geschäftsmodell weder gegen höherrangiges Verfassungs- noch gegen Europarecht. Der Gesetzgeber sei grundsätzlich berechtigt gewesen, den Internetvertrieb aller Glücksspiele auszuschließen. Die Regelung des § 1 Abs. 2 GewO bzw. der ihr zu Grunde liegende Rechtsgedanke, wonach die Einführung einer Erlaubnispflicht zuvor erlaubnisfreie „Altgewerbe“ nicht erfassen könne, finde keine Anwendung. Im Übrigen habe der Gesetzgeber mit § 25 Abs. 6 GlüStV a.F. eine hinreichende Übergangsvorschrift geschaffen und damit der Klägerin Gelegenheit gegeben, sich auf die veränderten Vorgaben einzustellen und ihr Geschäftsmodell den neuen Gegebenheiten anzupassen, was diese auch getan habe, indem sie ihr Angebot auf erlaubnisfreie sog. skillgames umgestellt habe. Das umfassende Internetvertriebsverbot habe auch vor dem Hintergrund der klägerischen Argumente zu der im Vergleich zu Sportwetten und anderen Spielen geringeren Suchtgefährlichkeit der von der Klägerin vertriebenen Spiele Bestand. Unschwer ergebe sich dies für den von der Klägerin geplanten Vertrieb von Rubbellosen aus deren Ereignisfrequenz. Der Gesetzgeber sei auch nicht gehalten gewesen, die von der Klägerin bisher vermittelten Lotterien aus dem grundsätzlich gerechtfertigten Internetverbot auszunehmen. Nachdem somit ein Internetvermittlungsangebot der Klägerin unzulässig sei, sei nicht erkennbar, welches Interesse an den weiteren von ihr begehrten Feststellungen bestehe. Im Übrigen seien auch der Erlaubnisvorbehalt gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., das Werbeverbot im Internet gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV a.F., die inhaltlichen Begrenzungen von Werbung gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV a.F. und das Regionalitätsprinzip, das sich in §§ 9 Abs. 2, 3 Abs. 4 GlüStV niederschlage, gerechtfertigt. Schließlich bleibe auch der Hilfsantrag der Klägerin ohne Erfolg. Ihr stehe kein Anspruch auf die begehrte Genehmigung zu. Das von der Klägerin vorgestellte Konzept der Vermittlung der genannten Lotterieprodukte sei nicht genehmigungsfähig.

Gegen das ihr am 24.2.2012 zugestellte Urteil, in dem die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen wurde, hat die Klägerin am 23.3.2012 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 24.5.2012 begründet.

Nach Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – im Folgenden: GlüStV n. F.) mit Wirkung zum 1.7.2012 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.9.2012 ihre Anträge umgestellt und zwischen der Rechtslage unter Geltung des GlüStV a.F. und der ab 1.7.2012 geltenden neuen Rechtslage differenziert, woraufhin im Hinblick auf die von der Klägerin formulierten, die Rechtslage ab 1.7.2012 betreffenden Anträge das Land Niedersachsen als weiterer Beklagter in das Verfahren einbezogen wurde. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Neufassung der Klageanträge keine Klageänderung bedeute. Selbst wenn man eine solche annehme, sei diese als sachdienlich zu erachten.

Nachdem alle Beteiligten den Rechtstreit hinsichtlich der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28.9.2012 neu formulierten, die Rechtslage ab dem 1.7.2012 betreffenden Anträge übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wurde dieser Verfahrensteil abgetrennt und unter der Geschäftsnummer 3 A 460/13 eingestellt.

Die anhängig gebliebene, sich auf die Rechtslage in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 beziehende Klage sieht die Klägerin weiterhin (allein) gegen das Saarland gerichtet. Denn das entsprechende Feststellungsinteresse richte sich gegen den, der auch für Amtspflichtverletzungen und Unionsrechtsverstöße in Anspruch genommen werden könne.

Sie, die Klägerin, besitze nach wie vor ein Feststellungsinteresse bezüglich des Zeitraums vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012. Ein solches sei im Hinblick auf ihr Rehabilitationsinteresse, das schon durch die geltend gemachte Verletzung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit indiziert werde und auch mit Blick auf künftige Zuverlässigkeitsprüfungen bedeutsam sei, sowie die Verfolgung ihr zustehender Folgenbeseitigungs- und Staatshaftungsansprüche weiterhin anzunehmen. Darüber hinaus begründe die Schwere des Eingriffs in Grundfreiheiten und Grundrechte ein eigenständiges Feststellungsinteresse. Angesichts der Befristung des in Rede stehenden Gesetzes sei zudem mit Blick auf das Gebots der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ein fortbestehendes Feststellungsinteresse zu bejahen.

In der Sache macht die Klägerin weiterhin geltend, die von ihr beanstandeten Vorschriften des GlüStV a.F. sowie des AG GlüStV-Saar a.F. hätten gegen Unionsrecht verstoßen und seien bereits von daher unanwendbar gewesen. Die Unionsrechtswidrigkeit der Vorschriften habe sich bereits aus dem Umstand ergeben, dass § 1 Abs. 6 des Saarländischen Gesetzes über die Zustimmung zum GlüStV a.F. entgegen der Richtlinie 98/34/EG nicht notifiziert worden sei. Zudem sei das Internetvermittlungsverbot für Lotto kein „kohärenter und systematischer“ Beitrag zu dem mit diesem Verbot vorgeblich verfolgten Ziel der Suchtbekämpfung gewesen. Bereits mit Blick auf die von den Landeslotteriegesellschaften betriebene intensive Werbung für Lotto habe von einer glaubhaften Spielsuchteindämmung keine Rede sein können. Ungeachtet dessen habe das Verwaltungsgericht bei der Kohärenzprüfung jedenfalls nicht den richtigen Maßstab angewandt. Nach der Rechtsprechung des EuGH gehe es nicht darum, ob – worauf das Verwaltungsgericht abgestellt habe - die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele durch andere Regelungen und deren tatsächliche Handhabung konterkariert werde. Entscheidend sei vielmehr, ob das anderweitige Verhalten des Mitgliedstaats der Verfolgung des geltend gemachten Ziels widerspreche. Dabei dürfe sich die Kohärenzprüfung nicht nur – wie vom Verwaltungsgericht vorgenommen – auf den Internetbereich beschränken. Eine auf den Internetbereich beschränkte Prüfung wäre nur zulässig gewesen, wenn der Vertrieb über das Internet mit größeren Gefahren als derjenige über traditionelle Vertriebskanäle einhergegangen wäre. Eine „Gefahrenverstärkung“ durch den Internetvertrieb der Teilnahme an Lotto habe aber bereits deshalb nicht angenommen werden können, weil - wie sich aus § 22 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a.F. ergebe - die Teilnahme an den staatlich veranstalteten und zugelassenen Lotterien wie Lotto nicht gefährlich sei. Zudem habe das Werbeverhalten der staatlichen Lottoveranstalter dem Ziel und dem Schutzniveau des Internetvermittlungsverbots für Lotto, das zu einem Berufsverbot für die Klägerin geführt habe, widersprochen. Ein weiterer Beleg für die Inkohärenz der Glücksspielpolitik in Deutschland sei der Start der Megalotterie „Eurojackpot“ im März 2012 gewesen. Selbst im Bereich des Internet sei die Glücksspielpolitik der Bundesrepublik Deutschland nicht kohärent und systematisch gewesen. So habe für Pferdewetten kein Internetverbot bestanden. Ein Mitgliedstaat könne aber nicht die für die Spielsucht bedeutungslose Internet-Lottovermittlung aus Gründen der Spielsuchtbekämpfung verbieten, wenn er zugleich Internet-Pferdewettangebote bestehen lasse, obwohl diese im Vergleich zu Lotto eine erheblich höhere Suchtrelevanz aufwiesen. Auch die Lotto betreffenden Internetangebote in Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt hätten – ebenso wie weitere, im Einzelnen bezeichnete Widersprüche - zu einer Inkohärenz geführt. Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Kohärenzkriterium sei die Unanwendbarkeit des Internetverbots gewesen. Das Internetvermittlungsverbot bei Lotto, das sich im Falle der Klägerin als Berufsverbot dargestellt habe, habe im Übrigen auch gegen das Übermaßverbot verstoßen. Denn selbst wenn man ein Lotto-Suchtproblem unterstelle, habe das Internetverbot keine spürbare Eindämmung einer Lottosucht bewirken können, da bis zum Inkrafttreten des Verbots Ende 2007 Lotto nur zu ca. 6 % über das Internet vertrieben worden sei.

Auch der Erlaubnisvorbehalt sei unionsrechtswidrig gewesen. Das Verwaltungsgericht habe die Unverhältnismäßigkeit und „Inkohärenz“ des § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. nicht einmal geprüft und bereits deshalb verkannt. Dessen ungeachtet seien auch die unionsrechtlichen Transparenzanforderungen an einen Erlaubnisvorbehalt nicht erfüllt gewesen. Nicht zuletzt seien das Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung sowie die Werbevorschriften ebenfalls unionsrechtswidrig gewesen.

Habe aber infolge Unionsrechtswidrigkeit in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 kein wirksamer Erlaubnisvorbehalt bestanden, sei auch der angefochtene Versagungsbescheid, von dem der Rechtsschein ausgegangen sei, die Klägerin hätte einer Erlaubnis bedurft und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, rechtswidrig gewesen. Zur weiteren Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre erstinstanzlichen Ausführungen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 22.4.2010 - SG 1.5-21/2009-E – seit seinem Erlass rechtswidrig war und die Klägerin in der Zeit vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 im Saarland in der bislang von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche (z.B. Lotto 6 aus 49 mit Zusatzlotterien und Sonderauslosungen, SKL, NKL, Glücksspirale und ARD-Fernsehlotterie) bzw. Rubbellosen im Internet tätig sein durfte, insbesondere festzustellen,

a) dass die Klägerin mit Bezug auf das Saarland berechtigt war, auch ohne eine Erlaubnis des Beklagten gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. i.V.m. §§ 16, 17, 20 Abs. 1 Nr. 16 AG GlüStV-Saar a.F. in Deutschland zugelassene Lotterien (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Klassenlotterien) mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche und Rubbellose zu vermitteln,

b) dass die Klägerin hierbei mit Bezug auf das Saarland berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. im Internet zu vermitteln,

c) dass die Klägerin hierbei mit Bezug auf das Saarland berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4, § 3 Abs. 4 GlüStV a.F. i.V.m. § 16 Abs. 1 und 2, §§ 5-9 AG GlüStV-Saar a.F. auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Saarlandes und auch für Personen mit Aufenthalt im Saarland an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. für ihre Tätigkeit auch im Internet werben durfte und

e) dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV a.F., § 20 Abs. 1 Nr. 4 AG GlüStV-Saar a.F. mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern durfte,

hilfsweise festzustellen, das der Beklagte bereits nach der vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, der Klägerin die mit Schreiben vom 19.9.2008 beantragte Erlaubnis zur Lotterievermittlung zu erteilen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte bereits nach der vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, den Antrag der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass auf Seiten des Beklagten eine Funktionsnachfolge und demzufolge ein umfassender gesetzlicher Parteiwechsel stattgefunden habe, da nach der Neuregelung in § 19 Abs. 2 GlüStV n.F. die von der Klägerin begehrte Erlaubnis zur Lotterievermittlung wegen der angestrebten länderübergreifenden Tätigkeit der Klägerin nicht mehr vom Landesverwaltungsamt des Saarlandes erteilt werden könne, für deren Erteilung vielmehr nun die Glücksspielaufsichtsbehörde von Niedersachsen zuständig sei. Er selbst sei von daher nicht mehr passivlegitimiert.

Höchst vorsorglich macht er im Übrigen geltend, dass die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28.9.2012 vorgenommene Umstellung der Klageanträge eine nicht sachdienliche Klageänderung darstelle. Des Weiteren fehle für die Feststellungsanträge das notwendige Feststellungsinteresse, was die Unzulässigkeit der Klage zur Folge habe. Hinsichtlich der Begründetheit der Klage verweist er ergänzend auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Gerichtsakten (10 Bände) und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen (3 Ordner) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Beklagter des vorliegenden Verfahrens ist (allein) das Saarland, vertreten durch das Landesverwaltungsamt.

Die Beteiligtenstellung des Saarlandes als Beklagter folgt bereits daraus, dass die Klägerin die Klage gegen das Saarland gerichtet hat und ungeachtet der durch § 19 Abs. 2 GlüStV n.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 AG GlüStV-Saar n.F. bewirkten Funktionsnachfolge mit Schriftsatz vom 17.12.2012 klargestellt hat, am Saarland als Beklagtem festzuhalten.

Ein gesetzlicher Parteiwechsel kraft Funktionsnachfolge hat hinsichtlich der verbliebenen, ausschließlich den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betreffenden Feststellungsanträge nicht stattgefunden. Zwar ist mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages gemäß § 19 Abs. 2 GlüStV n.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 AG GlüStV-Saar n.F. in Fallkonstellationen wie der vorliegenden, in denen ein gewerblicher Spielvermittler in mehreren oder allen Bundesländern tätig werden möchte, die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen zuständige Behörde für die Erteilung entsprechender Erlaubnisse geworden. Ungeachtet dessen richtet sich die vorliegende Klage, die allein den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betrifft, weiter gegen das Saarland, dessen Landesverwaltungsamt im fraglichen Zeitraum unstreitig für die Entscheidung über die streitgegenständlichen Fragen zuständig war.

Mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages haben sich die ursprünglich von der Klägerin gestellten, die Rechtslage unter Geltung des GlüStV a.F. betreffenden Feststellungsanträge erledigt. Da es sich insoweit um einen vor Eintritt der Funktionsnachfolge abgeschlossenen Sachverhalt handelt, besteht kein Anlass, für diesen Zeitraum einen gesetzlichen Parteiwechsel anzunehmen. Anders als bei der Rechtsnachfolge gehen mit der Funktionsnachfolge etwaige Amtshaftungsverpflichtungen, die vor dem Eintritt der Funktionsnachfolge begründet wurden, nicht auf den neuen Funktionsträger über, so dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung gegenüber dem bisherigen Beklagten bestehen kann. Will in einem solchen Fall ein Kläger – wie vorliegend – etwa unter Berufung auf ein Rehabilitationsinteresse oder die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen hinsichtlich vor dem Zuständigkeitswechsel liegender Zeiträume auf Fortsetzungsfeststellungsanträge übergehen, ist der Rechtsstreit insoweit gegen den bisherigen Beklagten fortzusetzen. Demnach richtet sich die nur den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betreffende Klage weiterhin allein gegen das Saarland.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet, denn die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen unzulässig.

Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.9.2012 die von ihr ursprünglich verfolgten Anträge gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO in zulässiger Weise auf vergangenheitsgerichtete – die Rechtslage vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betreffende - Feststellungsanträge umgestellt

in diesem Sinne auch VG Regensburg, Urteile vom 28.2.2013 - RO 5 K 12.1196 - sowie - RO 5 K 11.855 -, juris.

Denn ohne Änderung des Klagegrundes hat die Klägerin insoweit wegen einer später eingetretenen Veränderung - nämlich des Inkrafttretens des Glücksspieländerungsstaatsvertrages, der eine Feststellung für die Gegenwart unter Zugrundelegung des GlüStV a.F. ausschließt - ihren Antrag auf die Vergangenheit ausgerichtet. Insoweit ist die Sachlage mit dem Übergang von einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage vergleichbar

vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 91 Rn. 11.

Die Klage ist gleichwohl unzulässig. Denn der Klage fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

§ 43 Abs. 1 VwGO macht die Zulässigkeit der Feststellungsklage davon abhängig, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses besitzt. Hiervon wird im Grundsatz jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, erfasst

BVerwG, Urteil vom 28.10.1970 - VI C 55.58 -, juris Rn. 38; Beschluss vom 30.7.1990 – 7 B 71/90 -, NVwZ 1991, 470 (471); OVG Münster, Beschluss vom 23.1.2003 – 13 A 4859/00 -; Urteil vom 14.3.2011 – 19 A 306/06 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 18.Aufl. 2012, § 43 Rn. 23 m.w.N..

Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Es kommt danach auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an. Soweit die Feststellung für die Vergangenheit begehrt wird, bestimmt sich die Beurteilung der Frage, ob ein solches schutzwürdiges Interesse besteht, im Ausgangspunkt nach denselben Kriterien, die für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelt worden sind

BVerwG, Urteil vom 29.4.1997 – 1 C 2/95 -, juris; VGH München, Urteil vom 27.3.2012 - 22 BV 11.2175 -, juris; Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 VwGO Rn. 25,

wenn auch die Privilegierungswirkung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht generell auf § 43 Abs. 1 VwGO übertragen werden kann und daher im Einzelfall die Anforderungen an das Feststellungsinteresse über diejenigen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses hinausgehen können

hierzu BVerwG, Urteile vom 8.12.1995 – 8 C 37/93 - sowie vom 29.4.1997 – 1 C 2/95 -, juris.

Ein Feststellungsinteresse für ein in der Vergangenheit liegendes Rechtsverhältnis kann sich aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Präjudizwirkung für einen Staatshaftungsprozess sowie aus der aus Art. 19 Abs. 4 GG resultierenden Rechtsweggarantie ergeben. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art zu verbessern

vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.2013 – 8 C 38.12 -.

Ausgehend davon ist vorliegend ein Feststellungsinteresse zu verneinen.

Das ursprüngliche Begehren der Klägerin, nämlich eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen, um im Falle eines Klageerfolgs die von ihr ehemals betriebene Lotterievermittlung wieder aufzunehmen, vermag ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Klageanträge nicht mehr zu begründen. Denn die Frage, ob die Klägerin die Lotterievermittlung im Internet ohne Erlaubnis wieder aufzunehmen berechtigt ist, bestimmt sich allein nach der gegenwärtigen Rechtslage und damit seit Inkrafttreten des GlüStV n.F. allein nach den darin enthaltenen Regelungen, was auch die Klägerin nicht infrage stellt.

Dem Argument der Klägerin, per se ein berechtigtes Interesse an der Feststellung zu haben, ob ihr als erfolgreichstem Unternehmen der Internetlottovermittlung ihre ehemals legale Tätigkeit durch den GlüStV a.F. und das entsprechende saarländische Ausführungsgesetz zum 1.1.2008 mit einem Umsetzungszeitraum von weniger als 14 Tagen untersagt werden durfte, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Die von der Klägerin begehrte „vergangenheitsbezogene“ Feststellung als solche vermag nichts mehr daran zu ändern, dass - den entsprechenden Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt - ihre ehemalige Tätigkeit inzwischen eingestellt wurde und die staatlichen Lottogesellschaften durch eine frühzeitige Wiederaufnahme des Internetvertriebs unmittelbar nach Inkrafttreten des GlüStV n.F. mittlerweile möglicherweise einen Marktvorteil erlangt haben. Dies lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Die beantragte Feststellung ist entgegen der Auffassung der Klägerin insoweit auch nicht vorgreiflich für einen Folgenbeseitigungsanspruch. Aus der begehrten „vergangenheitsbezogenen“ Feststellung kann die Klägerin keinen Anspruch auf Folgenbeseitigung in Gestalt einer Erlaubniserteilung herleiten. Vielmehr ist die Frage, ob die Klägerin aktuell einen Anspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Vermittlungserlaubnis hat, allein nach der derzeitigen Rechtslage zu beantworten. Selbst wenn der Klägerin die Vermittlung von Lotterien unter Geltung des GlüStV a.F. zu Unrecht untersagt worden wäre und dies gegenüber dem Saarland als Beklagten verbindlich festgestellt würde, hätte dies in dem derzeit bei der zuständigen niedersächsischen Glücksspielbehörde betriebenen gebündelten Verwaltungsverfahren auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis keine Ermessensreduzierung auf Null zur Folge. Vielmehr ist die Ermessensausübung im dortigen Verfahren allein an den Vorgaben der Neuregelung zu orientieren. Im Übrigen könnte ein gegenüber dem Saarland ergangenes Urteil weder Bindungswirkung gegenüber der nun zur Entscheidung zuständigen niedersächsischen Glücksspielaufsichtsbehörde noch gegenüber dem in den Entscheidungsprozess eingebundenen Glücksspielkollegium entfalten.

Die von der Klägerin begehrte „vergangenheitsbezogene“ Feststellung könnte mit Blick auf den geltend gemachten zwischenzeitlichen Marktvorteil der staatlichen Lottogesellschaften für die Klägerin nur dann von Vorteil sein, wenn diese hieraus Schadensersatzansprüche herleiten könnte, was jedoch, wie im Folgenden noch weiter ausgeführt wird, nicht der Fall ist.

Auch aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr lässt sich kein berechtigtes Feststellungsinteresse begründen. Für eine Gefahr der Wiederholung einer hoheitlichen Maßnahme ist entscheidend, dass die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein müssen

vgl. BVerwG, Urteile vom 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, juris, und vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 -, juris Rn. 13, - 8 C 40/12 -, juris Rn. 21, sowie - 8 C 41/12 -, juris Rn. 21.

Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Lotterievermittlung im Internet maßgebliche Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des GlüStV n.F. und dessen landesrechtlicher Umsetzung im Saarland zum 1.7.2012 gemäß dem Gesetz über die Zustimmung zum GlüStV n.F. vom 20.6.2012 (Amtsbl. I Seite 156) grundlegend geändert. Während unter Geltung des GlüStV a.F. die Internetvermittlung von Lotterien generell und für jeden Marktteilnehmer – ohne Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten oder Ausnahmegenehmigungen – verboten war (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.), hat der GlüStV n.F. eine ganz wesentliche Änderung bewirkt. Nunmehr ist die Vermittlung von Lotterieprodukten im Internet nicht mehr generell und ausnahmslos für jedermann verboten. Vielmehr ordnet der Staatsvertrag in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. an, dass eine Lotterievermittlung im Internet nach Erteilung einer entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis zulässig ist. Der Gesetzgeber hat sich damit bewusst von dem für die frühere Rechtslage prägenden absoluten Verbot abgewendet und einen Erlaubnisvorbehalt geschaffen. Auch sonst wurden die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV n.F. in wesentlichen Punkten neu geregelt. Zudem wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV a.F. deutlich zurückgenommen

vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 - und Beschluss vom 17.10.2012 - 9 B 47.12 -, jeweils juris.

Unabhängig von der Frage, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen die Vermittlungstätigkeit im Internet nunmehr erlaubnisfähig ist, hat sich die Rechtslage im Kern geändert. Der früheren Rechtslage nach dem GlüStV a.F. kommt insoweit keine Relevanz mehr zu.

Auch aus der Befristung der neuen Regelung lässt sich keine Wiederholungsgefahr herleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der gegenwärtige Staatsvertrag noch mindestens bis zum 30.6.2021 fort gilt. Ob der Gesetzgeber auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erfahrungen die derzeitige Regelung fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist völlig ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist derzeit jedenfalls nicht abzusehen. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer solchen Rückkehr reicht jedoch für die Annahme einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr nicht aus

vgl. hierzu auch VG A-Stadt, Urteil vom 28.8.2013 - 4 K 6/09 -.

Ferner vermag sich die Klägerin auch nicht auf ein Rehabilitierungsinteresse zu berufen. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern

vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 - m.w.N., juris.

Im Bereich des Glücksspielwesens ist in diesem Zusammenhang in Betracht zu ziehen, dass der Gesetzgeber unerlaubtes Glücksspiel mit § 284 StGB unter Strafe gestellt hat und sich hieraus auch gegenüber juristischen Personen, die den Straftatbestand selbst nicht erfüllen können, eine stigmatisierende Wirkung ergeben kann. Dieser Gesichtspunkt vermag ein Rehabilitierungsinteresse der Klägerin aber schon deshalb nicht zu begründen, weil diese nach ihrem eigenen, von dem Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage zum 1.1.2009 keine Lotterien im Internet mehr vermittelte, folglich ein - und sei es nur objektiver - Verstoß gegen § 284 StGB überhaupt nicht im Raum steht. Soweit die Klägerin demgegenüber geltend macht, dass im Saarland ihre Tätigkeit bereits seit dem 1.1.2008 verboten gewesen sei, vermag sie damit nicht durchzudringen. Zunächst behauptet die Klägerin unzutreffend, dass die im Saarland geltende Rechtslage eine Übergangserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 6 GlüStV a.F. nicht vorgesehen habe, da das AG GlüStV-Saar a.F. keine entsprechende Regelung beinhaltet habe. Gemäß Art. 1 des Saarländischen Gesetzes zur Umsetzung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 21.11.2007 wurde der Staatsvertrag als solcher mit Wirkung zum 1.1.2008 im Saarland geltendes Recht und damit auch die Vorschrift des § 25 Abs. 6 GlüStV a.F. betreffend die hier in Rede stehende Übergangserlaubnis. Allein schon auf dieser Grundlage war damit im Saarland die Erteilung einer entsprechenden Übergangserlaubnis möglich. Einer darüber hinausgehenden gesonderten Vorschrift im AG GlüStV-Saar a.F. bedurfte es hierzu nicht. Auch wenn die Klägerin des ungeachtet im Saarland - gleich aus welchen Gründen - keine entsprechende Übergangserlaubnis erhalten hat, hat der Beklagte gegenüber der Klägerin aber zu keinem Zeitpunkt den Vorwurf erhoben, dass ihre auch im Saarland im Jahr 2008 zunächst fortgesetzte Vermittlungstätigkeit objektiv den Straftatbestand des § 284 StGB erfüllt habe und ist – nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - gegen die im Jahr 2008 fortgeführte Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht eingeschritten worden. Von einem strafbaren Verhalten der Klägerin bzw. ihrer Mitarbeiter war - soweit ersichtlich - seitens des Beklagten nie die Rede. Auch sonst hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt einen Vorwurf gegenüber der Klägerin erhoben, aus dem nunmehr ein Rehabilitierungsinteresse folgen könnte. Soweit ersichtlich sind weder der Klägerin noch ihren Organen oder Mitarbeitern Verstöße - erst recht keine schuldhaften - gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen vorgeworfen worden. Ein Rehabilitierungsinteresse folgt bei dieser Sachlage auch nicht aus dem Gesichtspunkt laufender Erlaubnisverfahren. Auch insoweit hat der Beklagte bisher zu keinem Zeitpunkt Anlass zu der Sorge gegeben, er halte die Klägerin für unzuverlässig. Hinsichtlich der niedersächsischen Glücksspielaufsichtsbehörde oder des Glücksspielkollegiums fehlt es hierfür ebenfalls an jeglichen Anhaltspunkten. Einer positiven Erklärung der nach dem GlüStV n. F. nunmehr für die Erlaubniserteilung zuständigen Stellen, dass aus den früheren Aktivitäten der Klägerin keine negativen Schlüsse gezogen würden, bedarf es insoweit nicht. Die von der Klägerin geäußerten dahingehenden Befürchtungen sind reine Spekulation, die ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen vermag.

Soweit die Klägerin im Übrigen ein Rehabilitationsinteresse allein schon daraus herleiten will, dass ihr ein ehemals erlaubnisfrei zulässiges und erfolgreich betriebenes Gewerbe verboten worden sei, während die staatlichen Lottogesellschaften die Regelungen des GlüStV systematisch missachtet hätten, ist nicht nachvollziehbar, worin die Klägerin konkret die für ein Rehabilitationsinteresse erforderliche Diskriminierung sieht. Dem in die Zukunft wirkenden Verbot einer ehemals erlaubten Tätigkeit als solchem ist noch kein diskriminierender Charakter im Sinne einer Ehrverletzung beizumessen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Feststellungsinteresse auch nicht schon daraus, dass ein erheblicher Eingriff in ihr Grundrecht der Berufsfreiheit bzw. die ihr unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit im Raum steht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

Urteile vom 16.5.2013 – 8 C 38/12, 8 C 40/12 und 8 C 41/12 -, juris,

ist nicht bei jedem erledigten, tiefgreifenden Eingriff in Grundrechte oder in unionsrechtliche Grundfreiheiten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in den vorgenannten Entscheidungen weiter ausgeführt, dass nach dem Wegfall der mit einem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt werde, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme habe. Dies gelte unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen gewesen seien. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG differenziere ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebiete selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in Grundrechte und Grundfreiheiten nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich sei, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern. Erschöpfe sich das Anliegen eines Klägers in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungsakts, sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG nur zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon sei nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigten, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Diese Auslegung, die das Bundesverwaltungsgericht für erledigte Untersagungsverfügungen im Bereich der Sportwetten vertreten hat und der der Senat folgt, ist auf das Feststellungsinteresse hinsichtlich vergangener Rechtsverhältnisse ohne Weiteres zu übertragen. Insoweit gilt ebenfalls, dass das berechtigte Interesse über das bloße Interesse an der Klärung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses hinausgehen muss und dies unabhängig von der Intensität des vergangenen Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren. Während es für die Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit darauf ankommt, ob sich die kurzfristige Erledigung aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt, ist für die Feststellungsklage maßgeblich, ob aus der Eigenart des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses folgt, dass eine allein auf die Gegenwart bezogene Feststellungsklage von vornherein nicht zum Erfolg führen könnte und deshalb der Kläger darauf angewiesen ist, eine Feststellung für die Vergangenheit zu beantragen.

Die von der Klägerin demgegenüber angeführten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs München in seinem Urteil vom 24.4.2012 – 10 BV 11.2770 – vermögen die vorgenannte Auslegung schon im Hinblick darauf, dass die entsprechende Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16.5.2013 – 8 C 38/12 – gerade aufgehoben wurde, nicht in Frage zu stellen.

Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Anforderungen effektiven Rechtsschutzes im Verwaltungsprozess bietet keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes es in jedem Falle eines gewichtigen Grundrechtseingriffs gebiete, trotz Erledigung eine nachträgliche gerichtliche Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit des Eingriffs zu gewährleisten. Ähnlich wie das Bundesverwaltungsgericht bejaht das Bundesverfassungsgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen, in denen sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/13 -, BVerfGE 110, 77 (86), vom 8.11.2006 - 2 BvR 578/02 -, BVerfGE 117, 71 (122 ff.), und vom 15.7.2010 - 2 BvR 1023/08 -, juris.

Soweit das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus zur Bejahung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresse in einzelnen Fällen allein auf die Schwere des Grundrechtseingriffs abgestellt hat, betrifft dies Fallgestaltungen, in denen eine erhebliche Verletzung der Menschenwürde des Betroffenen bzw. freiheitsentziehende Maßnahmen in Rede standen

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 5.12.2011 - 2 BvR 527/99 - und vom 15.7.2010 - 2 BvR 1023/08 -, juris.

Dass in allen Fällen im Raum stehender Grundrechtseingriffe auch nach Erledigung noch die Möglichkeit einer rechtlichen Klärung gegeben sein müsse, geht aus diesen Entscheidungen jedoch nicht hervor.

Ausgehend hiervon ergibt sich im vorliegenden Fall ein Feststellungsinteresse nicht aus dem Aspekt eines Eingriffs in die Grundrechte und Grundfreiheiten der Klägerin. Zwar ist insoweit nicht zu verkennen, dass durch das Internetvermittlungsverbot und die weiteren von der Klägerin angegriffenen Vorschriften in erheblicher Weise in deren Berufsfreiheit eingegriffen wird. Auch ist die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin durch die gesetzgeberischen Maßnahmen erheblich berührt. Der damit verbundene Eingriff hat sich jedoch nicht typischerweise kurzfristig erledigt, ohne dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, hiergegen Rechtsschutz zu erlangen. Die gesetzlichen Vorschriften galten von vornherein für mehrere Jahre und liefen erst am 30.6.2012 aus. Soweit die Klägerin geltend macht, es könne dem Gesetzgeber nicht freistehen, effektiven Rechtsschutz durch befristete Regelungen zu vereiteln, ist eine solche Vereitelung des Rechtsschutzes nicht zu erkennen. Bei einer über mehrere Jahre hinweg geltenden Rechtslage ist eine gerichtliche Klärung durchaus rechtzeitig zu erreichen. Im Übrigen hat die Klägerin selbst konkret Rechtsschutz erlangen können. Denn das Bundesverfassungsgericht hat über ihre Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 14.10.2008 -1 BvR 928/08 - entschieden und die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Klägerin war es darüber hinaus möglich, Rechtsschutz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu suchen. Die dortige Beschwerde hat der Gerichtshof mit Entscheidung vom 27.11.2012 - 21252/09 - zurückgewiesen. Des Weiteren hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren vor Außerkrafttreten der streitgegenständlichen Regelungen jedenfalls eine erstinstanzliche Entscheidung in der Sache erlangen können.

Der hier in Rede stehende Grundrechtseingriff gehört auch nicht der Fallgruppe an, in der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trotz Fehlens einer typischerweise kurzfristigen Erledigung gleichwohl ein Rechtsschutzbedürfnis in Betracht kommt, so bei Freiheitsentziehungen oder Verletzungen der Menschenwürde. Die Eingriffe in Grundrechtspositionen der Klägerin waren demgegenüber allein wirtschaftlicher Art.

Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 der Grundrechte-Charta (GRC) ergibt sich ebenfalls keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Feststellungsinteresses weiter auszulegen. Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes

vgl. dazu EuGH, Urteil vom 22.12.2010 - Rs. C-279/09, DEB -, EuZW 2011,137 (Rn. 29) und Beschluss vom 13.6.2012 - Rs. C-156/12, GREP -, juris (Rn. 35).

Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der vorstehend dargelegten Kriterien zu konkretisieren. Insoweit folgt der Senat uneingeschränkt der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. BVerwG, Urteile vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 -, juris Rn. 26 ff., - 8 C 40/12 -, juris Rn. 36 ff. und - 8 C 41/12 -, juris Rn. 37 ff.,

auf dessen Ausführungen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Ein Feststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus einer Präjudizwirkung der beantragten Feststellungen für einen angestrebten Staatshaftungsprozess.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das berechtigte Interesse an einer alsbaldigen Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses dann mit dem Hinweis auf die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, begründet werden, wenn der Kläger mit einer Feststellungs- oder allgemeinen Leistungsklage zunächst primären Rechtsschutz begehrt hat, sich dieses Begehren aber nach der Klageerhebung erledigt und der Kläger sich nunmehr nur noch auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht

vgl. BVerwG, Urteile vom 11.3.1993 - 3 C 90/90 -, NJW 1994, 2430, und vom 8.12.1995 - 8 C 37/93 -, NJW 1997,71 (73); Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 43 Rn. 23.

Voraussetzung für ein derartiges Präjudizinteresse ist allerdings, dass der Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist

BVerwG, Beschluss vom 9.3.2005 - 2 B 111/04 -, juris; OVG Münster, Beschluss vom 23.1.2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696 (697); OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.8.2007 - 10 LA 31/06 -, juris.

Die bloße unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt nicht.

Ein Präjudizinteresse besteht nicht, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen offensichtlich aussichtslos ist.

Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht

vgl. nur BVerwG, Urteil v. 20.6.2013 - 8 C 48/12 - m.w.N..

Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG scheidet aus, weil die Beschränkungen der Tätigkeit der Klägerin sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.) ergeben. Hoheitliches Handeln im Bereich der Gesetzgebung vermag aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Regelfall keine Ansprüche aus Amtshaftung zu begründen, da den Amtsträgern insoweit keine drittbezogenen Amtspflichten obliegen. Amtspflichten der öffentlichen Amtsträger dienen in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen. Soweit sich die Amtspflichten darin erschöpfen, diesen Allgemeininteressen zu dienen, und noch keine besonderen Beziehungen zwischen diesen Amtspflichten und bestimmten Personen oder Personengruppen bestehen, kommen bei der Verletzung solcher Amtspflichten Schadensersatzansprüche für außenstehende Dritte nicht in Betracht. Um derartige Amtspflichten handelt es sich im Allgemeinen bei den Pflichten, die für die dafür Verantwortlichen im Rahmen der Gesetzgebungsaufgaben bestehen. Gesetze und Verordnungen enthalten durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nimmt der Gesetzgeber - bei Tätigwerden und Untätigbleiben - in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit war, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt

vgl. BGH, Urteile vom 7.7.1988 - III ZR 198/87 -, NJW 1998, 101, und vom 24.10.1996 - III ZR 127/91 -, NJW 1997,123 (124).

Soweit abweichend hiervon der Bundesgerichtshof Ausnahmen für Maßnahme- und Einzelfallgesetze macht, liegt eine solche Fallgestaltung hier zweifellos nicht vor. Das Internetvermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. betraf in gleicher Weise jedermann und richtete sich nicht speziell an die Klägerin. Da die gleichzeitig angefochtene Versagung der hilfsweise beantragten Genehmigung ebenfalls unmittelbare Folge der gesetzlichen Regelung war, liegen auch mit Blick auf die Versagung der Genehmigung die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs ersichtlich nicht vor.

Hinzu kommt, dass einem Amtswalter auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen ist, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird

vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2000 - 2 C 5.99 - und BGH, Urteil vom 6.2.1986 - III ZR 109/84 -, juris.

Vorliegend hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes im Hauptsacheverfahren sowohl die von der Klägerin angefochtenen gesetzlichen Regelungen als verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonform angesehen als auch die angegriffene Versagung der hilfsweise beantragten Genehmigung als rechtmäßig erachtet. Auch deshalb kommt ein Amtshaftungsanspruch hier nicht in Betracht.

Die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch

zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19.11.1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u. a. -, juris

liegen ebenfalls offensichtlich nicht vor, weil es an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist, fehlt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich insoweit auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stützt, kommt ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat gegen eine Gemeinschaftsrechtsnorm verstoßen hat, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht

EuGH, Urteile vom 5.5.1996 - C-46/93 - und - C-48/93 (Brasserie du pêcheur) und Urteil vom 30.9.2003 - C-224/01 - (Köbler); BGH, Urteile vom 20.1.2005 - III ZR 48/01 - und vom 22.1.2009 - III ZR 233/07 -, jeweils juris.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, haben die nationalen Gerichte unter Beachtung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entwickelten Leitlinien festzustellen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnis die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat

EuGH, Urteile vom 5.3.1996 - C-46/93 - und - C-48/93 (Brasserie du pêcheur) und vom 13.3.2007 - C-524/04 -; BGH, Urteile vom 24.10.1996 - III ZR 127/91 - und vom 22.1.2009 - III ZR 233/07 -, jeweils juris.

Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können. Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen. Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen bzw. zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrechterhalten wurden

BGH, Urteil vom 22.1.2009 - III ZR 233/07 -, juris Rn. 22.

Hieran gemessen ist offensichtlich, dass dem Beklagten kein qualifizierter Rechtsverstoß im Sinne einer offensichtlichen und zugleich erheblichen Überschreitung seiner Rechtsetzungsbefugnis anzulasten ist, als er den GlüStV a.F. abschloss und umsetzte und dabei das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagte. Nach dem oben dargelegten Maßstab ist insoweit nicht darauf abzustellen, ob das für die Entscheidung über die unionsrechtliche Staatshaftung zuständige Gericht einen Verstoß des Beklagten gegen Unionsrecht für möglich halten kann. Vielmehr muss es – deutlich weitergehend – für das zuständige Gericht möglich erscheinen, dass der Beklagte seine Rechtsetzungsbefugnisse offensichtlich und zugleich erheblich überschritten hat. Hiervon kann angesichts der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Problematik eines Erlaubnisvorbehalts bzw. eines Internetverbots im Glücksspielbereich nicht ausgegangen werden. So hat der Europäische Gerichtshof in seinen Entscheidungen stets den großen Gestaltungsspielraum des jeweiligen nationalen Gesetzgebers im Glücksspielsektor, insbesondere bezüglich des angestrebten Schutzniveaus, hervorgehoben

vgl. EuGH, Urteile vom 6.11.2003 - C-243/01 (Gambelli) - , vom 8.9.2010 - C-316/07 u.a. (Markus Stoß) - und - C-46/08 (Carmen Media) -, jeweils juris.

In der Entscheidung C-46/08 (Carmen Media, Rn.84) führte der Europäische Gerichtshof zudem aus, dass es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolge, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, grundsätzlich frei stehe, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen

so der EuGH auch bereits im Urteil Placanica u.a. vom 6.3.2007 - C-338/04 u.a. -, juris Rn. 53.

Ein solches System der vorherigen behördlichen Erlaubnis müsse allerdings auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten, damit diese nicht willkürlich erfolge. Zudem müsse jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden einschränkenden Maßnahme betroffen sei, ein effektiver gerichtlicher Rechtsbehelf offen stehen. Darüber hinaus bezeichnete der Europäische Gerichtshof in der Sache Carmen Media das Internetvermittlungsverbot, das auch den Bereich des Lotteriewesens erfasste, als grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt

Urteil vom 8.9.2010 - C-46/08 -, juris Rn. 91 ff.; so auch schon zuvor in dem Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International vom 8.9.2009 - C-42/07 -, juris.

Hierbei hat der Europäische Gerichtshof die besonderen Gefahren, die von Glücksspiel im Internet ausgehen, hervorgehoben und nochmals den Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers betont. Auch die Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F. veranlasste den Europäischen Gerichtshof nicht, die Kohärenz das Internetvermittlungsverbot infrage zu stellen. In der Sache Zeturf

Urteil vom 30.6.2011 - C-212/08 -, juris

hat der Europäische Gerichtshof erneut auf den Gestaltungsspielraum des jeweiligen Gesetzgebers sowie die besonderen Gefahren des Glücksspiels im Internet hingewiesen.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht das Internetvermittlungsverbot und das Internetwerbeverbot gemäß §§ 4 Abs. 4 und 5 Abs. 3 GlüStV a.F., welche für alle vom GlüStV a.F. erfassten öffentlichen Glücksspiele galten, als mit Unionsrecht (und auch nationalem Verfassungsrecht) vereinbar angesehen

BVerwG, Urteil vom 1.6.2011 – 8 C 5/10 -, juris.

Auch gegen den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz GlüStV a.F. hatte das Bundesverwaltungsgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken, vielmehr diesen als verfassungsrechtlich gerechtfertigte und verhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit angesehen

Urteil vom 24.11 2010 - 8 C 13.09 -.

Das Bundesverfassungsgericht hat ebenfalls weder gegen den Erlaubnisvorbehalt noch gegen das Internetvermittlungs- bzw. -werbeverbot verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Vielmehr hat es die entsprechenden Regelungen im Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 – unter Hinweis auf seine vorangegangene Rechtsprechung als verfassungsgemäß erachtet. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgeführt, dass die Länder entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - der Klägerin des vorliegenden Verfahrens - nicht gehalten gewesen seien, das Zahlenlotto als eine nach ihrem Dafürhalten „harmlose“ und nicht suchtgefährdende Art des Glücksspiels aus dem Geltungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages und der ihn ergänzenden Landesgesetze auszunehmen.

Ausgehend von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich weder grundsätzliche Bedenken gegen den hier in Rede stehenden Erlaubnisvorbehalt noch gegen ein Internetverbot gewerblicher Glücksspiele entnehmen lassen, die derartige Regelungen vielmehr vom Grundsatz her als zulässig erachtet, kann – unabhängig davon, ob die dargestellte rechtliche Bewertung auch nach aktuellem Erkenntnisstand als zutreffend anzusehen ist bzw. ob die hier in Rede stehenden Regelungen in allen ihren Details dem Unionsrecht tatsächlich genügten - nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Erlaubnisvorbehalts oder dem Internetvertiebs- bzw. -werbeverbot seine Rechtssetzungsbefugnisse offenkundig und erheblich überschritten hätte, was aber Voraussetzung für einen unionsrechtlichen Haftungsanspruch wäre

so auch VG A-Stadt, Urteil vom 28.8.2013 - 4 K 6/09 -.

Auch aus dem Vorbringen der Klägerin, Lotterien seien gegenüber anderen Glücksspielen deutlich ungefährlicher und die Vermittlung im Internet berge gerade bei Lotterien keine zusätzlichen Gefahren, gehe insbesondere nicht mit einem erhöhten Suchtrisiko einher, ergibt sich nicht die Möglichkeit eines offensichtlichen und erheblichen Rechtsverstoßes des Beklagten. Denn die Festlegung des Schutzniveaus im Glücksspielwesen fiel - wie ausgeführt - in den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers. Eine offensichtliche Überschreitung der gesetzgeberischen Befugnisse kann im Hinblick auf die vorstehend angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs insoweit jedenfalls nicht angenommen werden.

Der weitere Einwand der Klägerin, dass die EU-Kommission das Verbot der Vermittlung von Lotterien im Internet im Rahmen der Notifizierung sowie in einem anschließenden Vertragsverletzungsverfahren beanstandet habe und auch verschiedene Rechtsgutachten vorgelegen hätten, aus denen die Unionsrechtswidrigkeit der hier in Rede stehenden gesetzgeberischen Regelung ersichtlich gewesen sei, bietet keinen Anlass für eine andere Bewertung. Die von der Klägerin angeführten Gutachten wie auch die Stellungnahmen der EU-Kommission belegen lediglich, dass die Unionsrechtskonformität des Internetvermittlungsverbots für Lotterien nicht unumstritten war und rechtlich diskutiert wurde. Dies reicht aber für die Annahme der Möglichkeit eines qualifizierten Rechtsverstoßes nicht aus. Wie bereits dargelegt setzt ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß voraus, dass ein Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnis die ihm durch das EU-Recht gesetzten Grenzen offenkundig und erheblich überschritten hat. Die bloße Möglichkeit einer Unionsrechtswidrigkeit genügt insoweit nicht. Eine offenkundige Überschreitung des dem Gesetzgeber eingeräumten - anerkanntermaßen weiten - Gestaltungsspielraums lässt sich den Stellungnahmen der EU-Kommission und den vorgenannten Gutachten jedoch nicht entnehmen. Vielmehr spricht die zeitlich nachfolgende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die in ihren Entscheidungen, insbesondere derjenigen vom 27.11.2012 - 21252/09 - in dem von der Klägerin gegen die streitgegenständlichen Regelungen eingeleiteten Beschwerdeverfahren, keinen Anlass zur Beanstandung des generellen Internetverbots gesehen haben, eindeutig gegen einen qualifizierten Rechtsverstoß.

Auch das Bestehen eines - von der Klägerin selbst gar nicht in Erwägung gezogenen - Haftungsanspruchs nach § 68 Abs. 1 Satz 2 des Saarländischen Polizeigesetzes (SPolG), ist offensichtlich ausgeschlossen.

Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG ist ein „angemessener Ausgleich zu gewähren, wenn jemand durch eine rechtswidrige Maßnahme der Polizei einen Schaden erleidet“. Voraussetzung für einen Anspruch aus § 68 SPolG ist somit, dass es sich bei den streitgegenständlichen Maßnahmen, aus denen Ersatzansprüche hergeleitet werden sollen, um polizeiliche Maßnahmen handelt

ebenso OLG Saarbrücken, Urteil v. 31.1.2006 - 4 U 423/04 -, juris.

Der im Saarland bestehende – verschuldensunabhängige – Entschädigungsanspruch gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG unterscheidet sich insoweit sowohl von § 68 Abs. 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsgesetzes, welcher einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch bei rechtswidrigen Maßnahmen sowohl der Polizei als auch der allgemeinen Ordnungsbehörden gewährt, als auch von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG Nordrhein-Westfalen, welcher einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden begründet, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind. Ausgehend davon ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den die rheinland-pfälzische bzw. die nordrhein-westfälische Regelung betreffenden Urteilen vom 20.6.2013 - 8 C 46/12 - und - 8 C 17/12 -, welche jeweils Maßnahmen von kommunalen Ordnungsbehörden zum Gegenstand hatten, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Im vorliegenden Fall ist ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch bereits mangels polizeilicher Maßnahme im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG offensichtlich ausgeschlossen. Mit ihren Hauptanträgen gemäß a) bis e) wendet sich die Klägerin ausschließlich gegen gesetzgeberische Maßnahmen, nämlich die dort bezeichneten Regelungen des GlüStV a. F.. Insoweit fehlt es offenkundig an einer schadensursächlichen polizeilichen Maßnahme.

Behördliche Maßnahmen betrifft die Klage lediglich insoweit, als die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der beantragten Erlaubnis mit Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 22.4.2010 begehrt. Auch bei der Versagung der beantragten Erlaubnis handelt es sich jedoch nicht um eine „Maßnahme der Polizei“ im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG. Denn das Landesverwaltungsamt unterfällt nicht dem vorgenannten Polizeibegriff.

Nach § 1 Abs. 1 SPolG sind Polizei im Sinne dieses Gesetzes die Polizeiverwaltungsbehörden und die Vollzugspolizei, wobei sich die Polizeiverwaltungsbehörden in allgemeine Polizeiverwaltungsbehörden und Sonderpolizeibehörden gliedern (§ 75 Abs. 1 SPolG). Allgemeine Polizeiverwaltungsbehörden sind 1. die Landespolizeibehörden, 2. die Kreispolizeibehörden und 3. die Ortspolizeibehörden (§ 75 Abs. 2 SPolG). Sonderpolizeibehörden sind außerhalb der allgemeinen Polizeiverwaltungsbehörden stehende Behörden, denen bestimmte polizeiliche Aufgaben zugewiesen sind; sie bleiben in ihrer Organisation und Zuständigkeit unberührt (§ 75 Abs. 3 SPolG).

Nach der Rechtsprechung des für die Entscheidung über Entschädigungsansprüche gemäß § 68 SPolG zuständigen OLG Saarbrücken

vgl. Urteil vom 31.1.2006 - 4 U 423/04 -, juris,

ist hinsichtlich der Frage, was eine Polizeibehörde im Sinne des SPolG ist, zu unterscheiden zwischen der Polizei im materiellen Sinne und im formellen Sinne. Unter polizeilicher Maßnahme im materiellen Sinne ist demnach jede hoheitliche Tätigkeit zu verstehen, welche die Abwehr von Gefahren zum Gegenstand hat. Maßgebend ist allein die Funktion der ausgeübten Verwaltungstätigkeit als Gefahrenabwehrtätigkeit. Dagegen spielt die Frage, wer die Aufgabe organisatorisch erfüllt, keine Rolle. Unter Polizeitätigkeit im formellen Sinne ist demgegenüber jede Maßnahme zu verstehen, die von einer Stelle der öffentlichen Verwaltung getroffen wird, die vom Landesgesetzgeber förmlich dem Organisationsbereich der Polizei zugewiesen wurde. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken stellt § 68 SPolG allein auf den formellen Polizeibegriff ab.

Bei dem hier tätig gewordenen Landesverwaltungsamt handelt es sich indes - ebenso wie bei der im Urteil des OLG Saarbrücken vom 31.1.2006 in Rede stehenden unteren Bauaufsichtsbehörde - um eine von den allgemeinen Polizeibehörden getrennte eigenständige Verwaltungsbehörde. Für sie gilt das allgemeine Verwaltungsrecht. Dementsprechend werden aufsichtsrechtliche Verfügungen im Glücksspielbereich auch nach dem SVwVG vollstreckt und nicht nach dem SPolG. Entschädigungsansprüche, die auf eine Maßnahme des Landesverwaltungsamts im Glücksspielbereich gestützt werden, können im Saarland daher nicht aus § 68 SPolG hergeleitet werden.

Demnach kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG vorliegend offensichtlich ebenfalls nicht in Betracht.

Nach alledem fehlt der Klage das erforderliche Feststellungsinteresse. Das gilt für die begehrte Feststellung sowohl der Zulässigkeit der Lotterievermittlung via Internet als auch der Erlaubnisfreiheit der von der Klägerin weiter beabsichtigten Aktivitäten sowie die beantragten Feststellungen zum Prinzip der Regionalisierung und zur Zulässigkeit von Werbung. Die Klägerin kann nicht losgelöst von der Feststellung der Zulässigkeit der von ihr angestrebten Vermittlungstätigkeit im Internet die Feststellung begehren, dass sie keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. benötigt habe und dass sie ohne weitere Erlaubnisse entgegen dem Prinzip der Regionalisierung Lotterien habe vermitteln sowie eine Werbetätigkeit entgegen § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV a.F. habe entfalten dürfen. Das gesamte Begehren der Klägerin hängt davon ab, dass diese die Feststellung beanspruchen kann, auch während der Zeit der Geltung des GlüStV a.F. zur Vermittlung von Lotterien im Internet berechtigt gewesen zu sein.

Schließlich kann ausgehend von den vorangegangenen Ausführungen auch für die begehrte Feststellung, dass der Beklagte nach der vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, der Klägerin die beantragte Erlaubnis zur Lotterievermittlung zu erteilen, hilfsweise sie neu zu bescheiden, kein Feststellungsinteresse angenommen werden.

Infolge des fehlenden Feststellungsinteresses ist die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats unzulässig. Von daher hat es bei der Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht zu bleiben und ist die Berufung der Klägerin ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht erfüllt. Der Senat sieht die einschlägigen Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung als hinreichend geklärt an.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 100.000,00 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG a.F.).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Beklagter des vorliegenden Verfahrens ist (allein) das Saarland, vertreten durch das Landesverwaltungsamt.

Die Beteiligtenstellung des Saarlandes als Beklagter folgt bereits daraus, dass die Klägerin die Klage gegen das Saarland gerichtet hat und ungeachtet der durch § 19 Abs. 2 GlüStV n.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 AG GlüStV-Saar n.F. bewirkten Funktionsnachfolge mit Schriftsatz vom 17.12.2012 klargestellt hat, am Saarland als Beklagtem festzuhalten.

Ein gesetzlicher Parteiwechsel kraft Funktionsnachfolge hat hinsichtlich der verbliebenen, ausschließlich den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betreffenden Feststellungsanträge nicht stattgefunden. Zwar ist mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages gemäß § 19 Abs. 2 GlüStV n.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 AG GlüStV-Saar n.F. in Fallkonstellationen wie der vorliegenden, in denen ein gewerblicher Spielvermittler in mehreren oder allen Bundesländern tätig werden möchte, die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen zuständige Behörde für die Erteilung entsprechender Erlaubnisse geworden. Ungeachtet dessen richtet sich die vorliegende Klage, die allein den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betrifft, weiter gegen das Saarland, dessen Landesverwaltungsamt im fraglichen Zeitraum unstreitig für die Entscheidung über die streitgegenständlichen Fragen zuständig war.

Mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages haben sich die ursprünglich von der Klägerin gestellten, die Rechtslage unter Geltung des GlüStV a.F. betreffenden Feststellungsanträge erledigt. Da es sich insoweit um einen vor Eintritt der Funktionsnachfolge abgeschlossenen Sachverhalt handelt, besteht kein Anlass, für diesen Zeitraum einen gesetzlichen Parteiwechsel anzunehmen. Anders als bei der Rechtsnachfolge gehen mit der Funktionsnachfolge etwaige Amtshaftungsverpflichtungen, die vor dem Eintritt der Funktionsnachfolge begründet wurden, nicht auf den neuen Funktionsträger über, so dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung gegenüber dem bisherigen Beklagten bestehen kann. Will in einem solchen Fall ein Kläger – wie vorliegend – etwa unter Berufung auf ein Rehabilitationsinteresse oder die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen hinsichtlich vor dem Zuständigkeitswechsel liegender Zeiträume auf Fortsetzungsfeststellungsanträge übergehen, ist der Rechtsstreit insoweit gegen den bisherigen Beklagten fortzusetzen. Demnach richtet sich die nur den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betreffende Klage weiterhin allein gegen das Saarland.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet, denn die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen unzulässig.

Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28.9.2012 die von ihr ursprünglich verfolgten Anträge gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO in zulässiger Weise auf vergangenheitsgerichtete – die Rechtslage vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 betreffende - Feststellungsanträge umgestellt

in diesem Sinne auch VG Regensburg, Urteile vom 28.2.2013 - RO 5 K 12.1196 - sowie - RO 5 K 11.855 -, juris.

Denn ohne Änderung des Klagegrundes hat die Klägerin insoweit wegen einer später eingetretenen Veränderung - nämlich des Inkrafttretens des Glücksspieländerungsstaatsvertrages, der eine Feststellung für die Gegenwart unter Zugrundelegung des GlüStV a.F. ausschließt - ihren Antrag auf die Vergangenheit ausgerichtet. Insoweit ist die Sachlage mit dem Übergang von einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage vergleichbar

vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 91 Rn. 11.

Die Klage ist gleichwohl unzulässig. Denn der Klage fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

§ 43 Abs. 1 VwGO macht die Zulässigkeit der Feststellungsklage davon abhängig, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses besitzt. Hiervon wird im Grundsatz jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, erfasst

BVerwG, Urteil vom 28.10.1970 - VI C 55.58 -, juris Rn. 38; Beschluss vom 30.7.1990 – 7 B 71/90 -, NVwZ 1991, 470 (471); OVG Münster, Beschluss vom 23.1.2003 – 13 A 4859/00 -; Urteil vom 14.3.2011 – 19 A 306/06 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 18.Aufl. 2012, § 43 Rn. 23 m.w.N..

Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Es kommt danach auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an. Soweit die Feststellung für die Vergangenheit begehrt wird, bestimmt sich die Beurteilung der Frage, ob ein solches schutzwürdiges Interesse besteht, im Ausgangspunkt nach denselben Kriterien, die für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelt worden sind

BVerwG, Urteil vom 29.4.1997 – 1 C 2/95 -, juris; VGH München, Urteil vom 27.3.2012 - 22 BV 11.2175 -, juris; Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 VwGO Rn. 25,

wenn auch die Privilegierungswirkung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht generell auf § 43 Abs. 1 VwGO übertragen werden kann und daher im Einzelfall die Anforderungen an das Feststellungsinteresse über diejenigen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses hinausgehen können

hierzu BVerwG, Urteile vom 8.12.1995 – 8 C 37/93 - sowie vom 29.4.1997 – 1 C 2/95 -, juris.

Ein Feststellungsinteresse für ein in der Vergangenheit liegendes Rechtsverhältnis kann sich aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Präjudizwirkung für einen Staatshaftungsprozess sowie aus der aus Art. 19 Abs. 4 GG resultierenden Rechtsweggarantie ergeben. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art zu verbessern

vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.2013 – 8 C 38.12 -.

Ausgehend davon ist vorliegend ein Feststellungsinteresse zu verneinen.

Das ursprüngliche Begehren der Klägerin, nämlich eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen, um im Falle eines Klageerfolgs die von ihr ehemals betriebene Lotterievermittlung wieder aufzunehmen, vermag ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Klageanträge nicht mehr zu begründen. Denn die Frage, ob die Klägerin die Lotterievermittlung im Internet ohne Erlaubnis wieder aufzunehmen berechtigt ist, bestimmt sich allein nach der gegenwärtigen Rechtslage und damit seit Inkrafttreten des GlüStV n.F. allein nach den darin enthaltenen Regelungen, was auch die Klägerin nicht infrage stellt.

Dem Argument der Klägerin, per se ein berechtigtes Interesse an der Feststellung zu haben, ob ihr als erfolgreichstem Unternehmen der Internetlottovermittlung ihre ehemals legale Tätigkeit durch den GlüStV a.F. und das entsprechende saarländische Ausführungsgesetz zum 1.1.2008 mit einem Umsetzungszeitraum von weniger als 14 Tagen untersagt werden durfte, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Die von der Klägerin begehrte „vergangenheitsbezogene“ Feststellung als solche vermag nichts mehr daran zu ändern, dass - den entsprechenden Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt - ihre ehemalige Tätigkeit inzwischen eingestellt wurde und die staatlichen Lottogesellschaften durch eine frühzeitige Wiederaufnahme des Internetvertriebs unmittelbar nach Inkrafttreten des GlüStV n.F. mittlerweile möglicherweise einen Marktvorteil erlangt haben. Dies lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Die beantragte Feststellung ist entgegen der Auffassung der Klägerin insoweit auch nicht vorgreiflich für einen Folgenbeseitigungsanspruch. Aus der begehrten „vergangenheitsbezogenen“ Feststellung kann die Klägerin keinen Anspruch auf Folgenbeseitigung in Gestalt einer Erlaubniserteilung herleiten. Vielmehr ist die Frage, ob die Klägerin aktuell einen Anspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Vermittlungserlaubnis hat, allein nach der derzeitigen Rechtslage zu beantworten. Selbst wenn der Klägerin die Vermittlung von Lotterien unter Geltung des GlüStV a.F. zu Unrecht untersagt worden wäre und dies gegenüber dem Saarland als Beklagten verbindlich festgestellt würde, hätte dies in dem derzeit bei der zuständigen niedersächsischen Glücksspielbehörde betriebenen gebündelten Verwaltungsverfahren auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis keine Ermessensreduzierung auf Null zur Folge. Vielmehr ist die Ermessensausübung im dortigen Verfahren allein an den Vorgaben der Neuregelung zu orientieren. Im Übrigen könnte ein gegenüber dem Saarland ergangenes Urteil weder Bindungswirkung gegenüber der nun zur Entscheidung zuständigen niedersächsischen Glücksspielaufsichtsbehörde noch gegenüber dem in den Entscheidungsprozess eingebundenen Glücksspielkollegium entfalten.

Die von der Klägerin begehrte „vergangenheitsbezogene“ Feststellung könnte mit Blick auf den geltend gemachten zwischenzeitlichen Marktvorteil der staatlichen Lottogesellschaften für die Klägerin nur dann von Vorteil sein, wenn diese hieraus Schadensersatzansprüche herleiten könnte, was jedoch, wie im Folgenden noch weiter ausgeführt wird, nicht der Fall ist.

Auch aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr lässt sich kein berechtigtes Feststellungsinteresse begründen. Für eine Gefahr der Wiederholung einer hoheitlichen Maßnahme ist entscheidend, dass die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein müssen

vgl. BVerwG, Urteile vom 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, juris, und vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 -, juris Rn. 13, - 8 C 40/12 -, juris Rn. 21, sowie - 8 C 41/12 -, juris Rn. 21.

Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Lotterievermittlung im Internet maßgebliche Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des GlüStV n.F. und dessen landesrechtlicher Umsetzung im Saarland zum 1.7.2012 gemäß dem Gesetz über die Zustimmung zum GlüStV n.F. vom 20.6.2012 (Amtsbl. I Seite 156) grundlegend geändert. Während unter Geltung des GlüStV a.F. die Internetvermittlung von Lotterien generell und für jeden Marktteilnehmer – ohne Eröffnung von Befreiungsmöglichkeiten oder Ausnahmegenehmigungen – verboten war (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.), hat der GlüStV n.F. eine ganz wesentliche Änderung bewirkt. Nunmehr ist die Vermittlung von Lotterieprodukten im Internet nicht mehr generell und ausnahmslos für jedermann verboten. Vielmehr ordnet der Staatsvertrag in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. an, dass eine Lotterievermittlung im Internet nach Erteilung einer entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis zulässig ist. Der Gesetzgeber hat sich damit bewusst von dem für die frühere Rechtslage prägenden absoluten Verbot abgewendet und einen Erlaubnisvorbehalt geschaffen. Auch sonst wurden die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV n.F. in wesentlichen Punkten neu geregelt. Zudem wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV a.F. deutlich zurückgenommen

vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 - und Beschluss vom 17.10.2012 - 9 B 47.12 -, jeweils juris.

Unabhängig von der Frage, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen die Vermittlungstätigkeit im Internet nunmehr erlaubnisfähig ist, hat sich die Rechtslage im Kern geändert. Der früheren Rechtslage nach dem GlüStV a.F. kommt insoweit keine Relevanz mehr zu.

Auch aus der Befristung der neuen Regelung lässt sich keine Wiederholungsgefahr herleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der gegenwärtige Staatsvertrag noch mindestens bis zum 30.6.2021 fort gilt. Ob der Gesetzgeber auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erfahrungen die derzeitige Regelung fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist völlig ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist derzeit jedenfalls nicht abzusehen. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer solchen Rückkehr reicht jedoch für die Annahme einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr nicht aus

vgl. hierzu auch VG A-Stadt, Urteil vom 28.8.2013 - 4 K 6/09 -.

Ferner vermag sich die Klägerin auch nicht auf ein Rehabilitierungsinteresse zu berufen. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern

vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 - m.w.N., juris.

Im Bereich des Glücksspielwesens ist in diesem Zusammenhang in Betracht zu ziehen, dass der Gesetzgeber unerlaubtes Glücksspiel mit § 284 StGB unter Strafe gestellt hat und sich hieraus auch gegenüber juristischen Personen, die den Straftatbestand selbst nicht erfüllen können, eine stigmatisierende Wirkung ergeben kann. Dieser Gesichtspunkt vermag ein Rehabilitierungsinteresse der Klägerin aber schon deshalb nicht zu begründen, weil diese nach ihrem eigenen, von dem Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage zum 1.1.2009 keine Lotterien im Internet mehr vermittelte, folglich ein - und sei es nur objektiver - Verstoß gegen § 284 StGB überhaupt nicht im Raum steht. Soweit die Klägerin demgegenüber geltend macht, dass im Saarland ihre Tätigkeit bereits seit dem 1.1.2008 verboten gewesen sei, vermag sie damit nicht durchzudringen. Zunächst behauptet die Klägerin unzutreffend, dass die im Saarland geltende Rechtslage eine Übergangserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 6 GlüStV a.F. nicht vorgesehen habe, da das AG GlüStV-Saar a.F. keine entsprechende Regelung beinhaltet habe. Gemäß Art. 1 des Saarländischen Gesetzes zur Umsetzung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 21.11.2007 wurde der Staatsvertrag als solcher mit Wirkung zum 1.1.2008 im Saarland geltendes Recht und damit auch die Vorschrift des § 25 Abs. 6 GlüStV a.F. betreffend die hier in Rede stehende Übergangserlaubnis. Allein schon auf dieser Grundlage war damit im Saarland die Erteilung einer entsprechenden Übergangserlaubnis möglich. Einer darüber hinausgehenden gesonderten Vorschrift im AG GlüStV-Saar a.F. bedurfte es hierzu nicht. Auch wenn die Klägerin des ungeachtet im Saarland - gleich aus welchen Gründen - keine entsprechende Übergangserlaubnis erhalten hat, hat der Beklagte gegenüber der Klägerin aber zu keinem Zeitpunkt den Vorwurf erhoben, dass ihre auch im Saarland im Jahr 2008 zunächst fortgesetzte Vermittlungstätigkeit objektiv den Straftatbestand des § 284 StGB erfüllt habe und ist – nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - gegen die im Jahr 2008 fortgeführte Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht eingeschritten worden. Von einem strafbaren Verhalten der Klägerin bzw. ihrer Mitarbeiter war - soweit ersichtlich - seitens des Beklagten nie die Rede. Auch sonst hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt einen Vorwurf gegenüber der Klägerin erhoben, aus dem nunmehr ein Rehabilitierungsinteresse folgen könnte. Soweit ersichtlich sind weder der Klägerin noch ihren Organen oder Mitarbeitern Verstöße - erst recht keine schuldhaften - gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen vorgeworfen worden. Ein Rehabilitierungsinteresse folgt bei dieser Sachlage auch nicht aus dem Gesichtspunkt laufender Erlaubnisverfahren. Auch insoweit hat der Beklagte bisher zu keinem Zeitpunkt Anlass zu der Sorge gegeben, er halte die Klägerin für unzuverlässig. Hinsichtlich der niedersächsischen Glücksspielaufsichtsbehörde oder des Glücksspielkollegiums fehlt es hierfür ebenfalls an jeglichen Anhaltspunkten. Einer positiven Erklärung der nach dem GlüStV n. F. nunmehr für die Erlaubniserteilung zuständigen Stellen, dass aus den früheren Aktivitäten der Klägerin keine negativen Schlüsse gezogen würden, bedarf es insoweit nicht. Die von der Klägerin geäußerten dahingehenden Befürchtungen sind reine Spekulation, die ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen vermag.

Soweit die Klägerin im Übrigen ein Rehabilitationsinteresse allein schon daraus herleiten will, dass ihr ein ehemals erlaubnisfrei zulässiges und erfolgreich betriebenes Gewerbe verboten worden sei, während die staatlichen Lottogesellschaften die Regelungen des GlüStV systematisch missachtet hätten, ist nicht nachvollziehbar, worin die Klägerin konkret die für ein Rehabilitationsinteresse erforderliche Diskriminierung sieht. Dem in die Zukunft wirkenden Verbot einer ehemals erlaubten Tätigkeit als solchem ist noch kein diskriminierender Charakter im Sinne einer Ehrverletzung beizumessen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Feststellungsinteresse auch nicht schon daraus, dass ein erheblicher Eingriff in ihr Grundrecht der Berufsfreiheit bzw. die ihr unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit im Raum steht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

Urteile vom 16.5.2013 – 8 C 38/12, 8 C 40/12 und 8 C 41/12 -, juris,

ist nicht bei jedem erledigten, tiefgreifenden Eingriff in Grundrechte oder in unionsrechtliche Grundfreiheiten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in den vorgenannten Entscheidungen weiter ausgeführt, dass nach dem Wegfall der mit einem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt werde, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme habe. Dies gelte unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen gewesen seien. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG differenziere ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebiete selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in Grundrechte und Grundfreiheiten nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich sei, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern. Erschöpfe sich das Anliegen eines Klägers in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungsakts, sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG nur zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon sei nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigten, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Diese Auslegung, die das Bundesverwaltungsgericht für erledigte Untersagungsverfügungen im Bereich der Sportwetten vertreten hat und der der Senat folgt, ist auf das Feststellungsinteresse hinsichtlich vergangener Rechtsverhältnisse ohne Weiteres zu übertragen. Insoweit gilt ebenfalls, dass das berechtigte Interesse über das bloße Interesse an der Klärung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses hinausgehen muss und dies unabhängig von der Intensität des vergangenen Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren. Während es für die Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit darauf ankommt, ob sich die kurzfristige Erledigung aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt, ist für die Feststellungsklage maßgeblich, ob aus der Eigenart des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses folgt, dass eine allein auf die Gegenwart bezogene Feststellungsklage von vornherein nicht zum Erfolg führen könnte und deshalb der Kläger darauf angewiesen ist, eine Feststellung für die Vergangenheit zu beantragen.

Die von der Klägerin demgegenüber angeführten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs München in seinem Urteil vom 24.4.2012 – 10 BV 11.2770 – vermögen die vorgenannte Auslegung schon im Hinblick darauf, dass die entsprechende Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 16.5.2013 – 8 C 38/12 – gerade aufgehoben wurde, nicht in Frage zu stellen.

Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Anforderungen effektiven Rechtsschutzes im Verwaltungsprozess bietet keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes es in jedem Falle eines gewichtigen Grundrechtseingriffs gebiete, trotz Erledigung eine nachträgliche gerichtliche Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit des Eingriffs zu gewährleisten. Ähnlich wie das Bundesverwaltungsgericht bejaht das Bundesverfassungsgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen, in denen sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/13 -, BVerfGE 110, 77 (86), vom 8.11.2006 - 2 BvR 578/02 -, BVerfGE 117, 71 (122 ff.), und vom 15.7.2010 - 2 BvR 1023/08 -, juris.

Soweit das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus zur Bejahung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresse in einzelnen Fällen allein auf die Schwere des Grundrechtseingriffs abgestellt hat, betrifft dies Fallgestaltungen, in denen eine erhebliche Verletzung der Menschenwürde des Betroffenen bzw. freiheitsentziehende Maßnahmen in Rede standen

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 5.12.2011 - 2 BvR 527/99 - und vom 15.7.2010 - 2 BvR 1023/08 -, juris.

Dass in allen Fällen im Raum stehender Grundrechtseingriffe auch nach Erledigung noch die Möglichkeit einer rechtlichen Klärung gegeben sein müsse, geht aus diesen Entscheidungen jedoch nicht hervor.

Ausgehend hiervon ergibt sich im vorliegenden Fall ein Feststellungsinteresse nicht aus dem Aspekt eines Eingriffs in die Grundrechte und Grundfreiheiten der Klägerin. Zwar ist insoweit nicht zu verkennen, dass durch das Internetvermittlungsverbot und die weiteren von der Klägerin angegriffenen Vorschriften in erheblicher Weise in deren Berufsfreiheit eingegriffen wird. Auch ist die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin durch die gesetzgeberischen Maßnahmen erheblich berührt. Der damit verbundene Eingriff hat sich jedoch nicht typischerweise kurzfristig erledigt, ohne dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, hiergegen Rechtsschutz zu erlangen. Die gesetzlichen Vorschriften galten von vornherein für mehrere Jahre und liefen erst am 30.6.2012 aus. Soweit die Klägerin geltend macht, es könne dem Gesetzgeber nicht freistehen, effektiven Rechtsschutz durch befristete Regelungen zu vereiteln, ist eine solche Vereitelung des Rechtsschutzes nicht zu erkennen. Bei einer über mehrere Jahre hinweg geltenden Rechtslage ist eine gerichtliche Klärung durchaus rechtzeitig zu erreichen. Im Übrigen hat die Klägerin selbst konkret Rechtsschutz erlangen können. Denn das Bundesverfassungsgericht hat über ihre Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 14.10.2008 -1 BvR 928/08 - entschieden und die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Klägerin war es darüber hinaus möglich, Rechtsschutz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu suchen. Die dortige Beschwerde hat der Gerichtshof mit Entscheidung vom 27.11.2012 - 21252/09 - zurückgewiesen. Des Weiteren hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren vor Außerkrafttreten der streitgegenständlichen Regelungen jedenfalls eine erstinstanzliche Entscheidung in der Sache erlangen können.

Der hier in Rede stehende Grundrechtseingriff gehört auch nicht der Fallgruppe an, in der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trotz Fehlens einer typischerweise kurzfristigen Erledigung gleichwohl ein Rechtsschutzbedürfnis in Betracht kommt, so bei Freiheitsentziehungen oder Verletzungen der Menschenwürde. Die Eingriffe in Grundrechtspositionen der Klägerin waren demgegenüber allein wirtschaftlicher Art.

Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 der Grundrechte-Charta (GRC) ergibt sich ebenfalls keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Feststellungsinteresses weiter auszulegen. Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes

vgl. dazu EuGH, Urteil vom 22.12.2010 - Rs. C-279/09, DEB -, EuZW 2011,137 (Rn. 29) und Beschluss vom 13.6.2012 - Rs. C-156/12, GREP -, juris (Rn. 35).

Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der vorstehend dargelegten Kriterien zu konkretisieren. Insoweit folgt der Senat uneingeschränkt der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. BVerwG, Urteile vom 16.5.2013 - 8 C 38/12 -, juris Rn. 26 ff., - 8 C 40/12 -, juris Rn. 36 ff. und - 8 C 41/12 -, juris Rn. 37 ff.,

auf dessen Ausführungen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Ein Feststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus einer Präjudizwirkung der beantragten Feststellungen für einen angestrebten Staatshaftungsprozess.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das berechtigte Interesse an einer alsbaldigen Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses dann mit dem Hinweis auf die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, begründet werden, wenn der Kläger mit einer Feststellungs- oder allgemeinen Leistungsklage zunächst primären Rechtsschutz begehrt hat, sich dieses Begehren aber nach der Klageerhebung erledigt und der Kläger sich nunmehr nur noch auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht

vgl. BVerwG, Urteile vom 11.3.1993 - 3 C 90/90 -, NJW 1994, 2430, und vom 8.12.1995 - 8 C 37/93 -, NJW 1997,71 (73); Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 43 Rn. 23.

Voraussetzung für ein derartiges Präjudizinteresse ist allerdings, dass der Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist

BVerwG, Beschluss vom 9.3.2005 - 2 B 111/04 -, juris; OVG Münster, Beschluss vom 23.1.2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696 (697); OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.8.2007 - 10 LA 31/06 -, juris.

Die bloße unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt nicht.

Ein Präjudizinteresse besteht nicht, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen offensichtlich aussichtslos ist.

Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht

vgl. nur BVerwG, Urteil v. 20.6.2013 - 8 C 48/12 - m.w.N..

Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG scheidet aus, weil die Beschränkungen der Tätigkeit der Klägerin sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.) ergeben. Hoheitliches Handeln im Bereich der Gesetzgebung vermag aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Regelfall keine Ansprüche aus Amtshaftung zu begründen, da den Amtsträgern insoweit keine drittbezogenen Amtspflichten obliegen. Amtspflichten der öffentlichen Amtsträger dienen in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen. Soweit sich die Amtspflichten darin erschöpfen, diesen Allgemeininteressen zu dienen, und noch keine besonderen Beziehungen zwischen diesen Amtspflichten und bestimmten Personen oder Personengruppen bestehen, kommen bei der Verletzung solcher Amtspflichten Schadensersatzansprüche für außenstehende Dritte nicht in Betracht. Um derartige Amtspflichten handelt es sich im Allgemeinen bei den Pflichten, die für die dafür Verantwortlichen im Rahmen der Gesetzgebungsaufgaben bestehen. Gesetze und Verordnungen enthalten durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nimmt der Gesetzgeber - bei Tätigwerden und Untätigbleiben - in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit war, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt

vgl. BGH, Urteile vom 7.7.1988 - III ZR 198/87 -, NJW 1998, 101, und vom 24.10.1996 - III ZR 127/91 -, NJW 1997,123 (124).

Soweit abweichend hiervon der Bundesgerichtshof Ausnahmen für Maßnahme- und Einzelfallgesetze macht, liegt eine solche Fallgestaltung hier zweifellos nicht vor. Das Internetvermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. betraf in gleicher Weise jedermann und richtete sich nicht speziell an die Klägerin. Da die gleichzeitig angefochtene Versagung der hilfsweise beantragten Genehmigung ebenfalls unmittelbare Folge der gesetzlichen Regelung war, liegen auch mit Blick auf die Versagung der Genehmigung die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs ersichtlich nicht vor.

Hinzu kommt, dass einem Amtswalter auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen ist, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird

vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2000 - 2 C 5.99 - und BGH, Urteil vom 6.2.1986 - III ZR 109/84 -, juris.

Vorliegend hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes im Hauptsacheverfahren sowohl die von der Klägerin angefochtenen gesetzlichen Regelungen als verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonform angesehen als auch die angegriffene Versagung der hilfsweise beantragten Genehmigung als rechtmäßig erachtet. Auch deshalb kommt ein Amtshaftungsanspruch hier nicht in Betracht.

Die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch

zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19.11.1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u. a. -, juris

liegen ebenfalls offensichtlich nicht vor, weil es an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist, fehlt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich insoweit auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stützt, kommt ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat gegen eine Gemeinschaftsrechtsnorm verstoßen hat, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht

EuGH, Urteile vom 5.5.1996 - C-46/93 - und - C-48/93 (Brasserie du pêcheur) und Urteil vom 30.9.2003 - C-224/01 - (Köbler); BGH, Urteile vom 20.1.2005 - III ZR 48/01 - und vom 22.1.2009 - III ZR 233/07 -, jeweils juris.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, haben die nationalen Gerichte unter Beachtung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entwickelten Leitlinien festzustellen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnis die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat

EuGH, Urteile vom 5.3.1996 - C-46/93 - und - C-48/93 (Brasserie du pêcheur) und vom 13.3.2007 - C-524/04 -; BGH, Urteile vom 24.10.1996 - III ZR 127/91 - und vom 22.1.2009 - III ZR 233/07 -, jeweils juris.

Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, nicht jedes Mal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn Allgemeininteressen den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können. Nur wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen. Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen bzw. zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrechterhalten wurden

BGH, Urteil vom 22.1.2009 - III ZR 233/07 -, juris Rn. 22.

Hieran gemessen ist offensichtlich, dass dem Beklagten kein qualifizierter Rechtsverstoß im Sinne einer offensichtlichen und zugleich erheblichen Überschreitung seiner Rechtsetzungsbefugnis anzulasten ist, als er den GlüStV a.F. abschloss und umsetzte und dabei das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagte. Nach dem oben dargelegten Maßstab ist insoweit nicht darauf abzustellen, ob das für die Entscheidung über die unionsrechtliche Staatshaftung zuständige Gericht einen Verstoß des Beklagten gegen Unionsrecht für möglich halten kann. Vielmehr muss es – deutlich weitergehend – für das zuständige Gericht möglich erscheinen, dass der Beklagte seine Rechtsetzungsbefugnisse offensichtlich und zugleich erheblich überschritten hat. Hiervon kann angesichts der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Problematik eines Erlaubnisvorbehalts bzw. eines Internetverbots im Glücksspielbereich nicht ausgegangen werden. So hat der Europäische Gerichtshof in seinen Entscheidungen stets den großen Gestaltungsspielraum des jeweiligen nationalen Gesetzgebers im Glücksspielsektor, insbesondere bezüglich des angestrebten Schutzniveaus, hervorgehoben

vgl. EuGH, Urteile vom 6.11.2003 - C-243/01 (Gambelli) - , vom 8.9.2010 - C-316/07 u.a. (Markus Stoß) - und - C-46/08 (Carmen Media) -, jeweils juris.

In der Entscheidung C-46/08 (Carmen Media, Rn.84) führte der Europäische Gerichtshof zudem aus, dass es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolge, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, grundsätzlich frei stehe, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen

so der EuGH auch bereits im Urteil Placanica u.a. vom 6.3.2007 - C-338/04 u.a. -, juris Rn. 53.

Ein solches System der vorherigen behördlichen Erlaubnis müsse allerdings auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten, damit diese nicht willkürlich erfolge. Zudem müsse jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden einschränkenden Maßnahme betroffen sei, ein effektiver gerichtlicher Rechtsbehelf offen stehen. Darüber hinaus bezeichnete der Europäische Gerichtshof in der Sache Carmen Media das Internetvermittlungsverbot, das auch den Bereich des Lotteriewesens erfasste, als grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt

Urteil vom 8.9.2010 - C-46/08 -, juris Rn. 91 ff.; so auch schon zuvor in dem Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International vom 8.9.2009 - C-42/07 -, juris.

Hierbei hat der Europäische Gerichtshof die besonderen Gefahren, die von Glücksspiel im Internet ausgehen, hervorgehoben und nochmals den Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers betont. Auch die Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F. veranlasste den Europäischen Gerichtshof nicht, die Kohärenz das Internetvermittlungsverbot infrage zu stellen. In der Sache Zeturf

Urteil vom 30.6.2011 - C-212/08 -, juris

hat der Europäische Gerichtshof erneut auf den Gestaltungsspielraum des jeweiligen Gesetzgebers sowie die besonderen Gefahren des Glücksspiels im Internet hingewiesen.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht das Internetvermittlungsverbot und das Internetwerbeverbot gemäß §§ 4 Abs. 4 und 5 Abs. 3 GlüStV a.F., welche für alle vom GlüStV a.F. erfassten öffentlichen Glücksspiele galten, als mit Unionsrecht (und auch nationalem Verfassungsrecht) vereinbar angesehen

BVerwG, Urteil vom 1.6.2011 – 8 C 5/10 -, juris.

Auch gegen den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz GlüStV a.F. hatte das Bundesverwaltungsgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken, vielmehr diesen als verfassungsrechtlich gerechtfertigte und verhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit angesehen

Urteil vom 24.11 2010 - 8 C 13.09 -.

Das Bundesverfassungsgericht hat ebenfalls weder gegen den Erlaubnisvorbehalt noch gegen das Internetvermittlungs- bzw. -werbeverbot verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Vielmehr hat es die entsprechenden Regelungen im Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 – unter Hinweis auf seine vorangegangene Rechtsprechung als verfassungsgemäß erachtet. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgeführt, dass die Länder entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - der Klägerin des vorliegenden Verfahrens - nicht gehalten gewesen seien, das Zahlenlotto als eine nach ihrem Dafürhalten „harmlose“ und nicht suchtgefährdende Art des Glücksspiels aus dem Geltungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages und der ihn ergänzenden Landesgesetze auszunehmen.

Ausgehend von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich weder grundsätzliche Bedenken gegen den hier in Rede stehenden Erlaubnisvorbehalt noch gegen ein Internetverbot gewerblicher Glücksspiele entnehmen lassen, die derartige Regelungen vielmehr vom Grundsatz her als zulässig erachtet, kann – unabhängig davon, ob die dargestellte rechtliche Bewertung auch nach aktuellem Erkenntnisstand als zutreffend anzusehen ist bzw. ob die hier in Rede stehenden Regelungen in allen ihren Details dem Unionsrecht tatsächlich genügten - nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Erlaubnisvorbehalts oder dem Internetvertiebs- bzw. -werbeverbot seine Rechtssetzungsbefugnisse offenkundig und erheblich überschritten hätte, was aber Voraussetzung für einen unionsrechtlichen Haftungsanspruch wäre

so auch VG A-Stadt, Urteil vom 28.8.2013 - 4 K 6/09 -.

Auch aus dem Vorbringen der Klägerin, Lotterien seien gegenüber anderen Glücksspielen deutlich ungefährlicher und die Vermittlung im Internet berge gerade bei Lotterien keine zusätzlichen Gefahren, gehe insbesondere nicht mit einem erhöhten Suchtrisiko einher, ergibt sich nicht die Möglichkeit eines offensichtlichen und erheblichen Rechtsverstoßes des Beklagten. Denn die Festlegung des Schutzniveaus im Glücksspielwesen fiel - wie ausgeführt - in den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers. Eine offensichtliche Überschreitung der gesetzgeberischen Befugnisse kann im Hinblick auf die vorstehend angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs insoweit jedenfalls nicht angenommen werden.

Der weitere Einwand der Klägerin, dass die EU-Kommission das Verbot der Vermittlung von Lotterien im Internet im Rahmen der Notifizierung sowie in einem anschließenden Vertragsverletzungsverfahren beanstandet habe und auch verschiedene Rechtsgutachten vorgelegen hätten, aus denen die Unionsrechtswidrigkeit der hier in Rede stehenden gesetzgeberischen Regelung ersichtlich gewesen sei, bietet keinen Anlass für eine andere Bewertung. Die von der Klägerin angeführten Gutachten wie auch die Stellungnahmen der EU-Kommission belegen lediglich, dass die Unionsrechtskonformität des Internetvermittlungsverbots für Lotterien nicht unumstritten war und rechtlich diskutiert wurde. Dies reicht aber für die Annahme der Möglichkeit eines qualifizierten Rechtsverstoßes nicht aus. Wie bereits dargelegt setzt ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß voraus, dass ein Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnis die ihm durch das EU-Recht gesetzten Grenzen offenkundig und erheblich überschritten hat. Die bloße Möglichkeit einer Unionsrechtswidrigkeit genügt insoweit nicht. Eine offenkundige Überschreitung des dem Gesetzgeber eingeräumten - anerkanntermaßen weiten - Gestaltungsspielraums lässt sich den Stellungnahmen der EU-Kommission und den vorgenannten Gutachten jedoch nicht entnehmen. Vielmehr spricht die zeitlich nachfolgende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die in ihren Entscheidungen, insbesondere derjenigen vom 27.11.2012 - 21252/09 - in dem von der Klägerin gegen die streitgegenständlichen Regelungen eingeleiteten Beschwerdeverfahren, keinen Anlass zur Beanstandung des generellen Internetverbots gesehen haben, eindeutig gegen einen qualifizierten Rechtsverstoß.

Auch das Bestehen eines - von der Klägerin selbst gar nicht in Erwägung gezogenen - Haftungsanspruchs nach § 68 Abs. 1 Satz 2 des Saarländischen Polizeigesetzes (SPolG), ist offensichtlich ausgeschlossen.

Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG ist ein „angemessener Ausgleich zu gewähren, wenn jemand durch eine rechtswidrige Maßnahme der Polizei einen Schaden erleidet“. Voraussetzung für einen Anspruch aus § 68 SPolG ist somit, dass es sich bei den streitgegenständlichen Maßnahmen, aus denen Ersatzansprüche hergeleitet werden sollen, um polizeiliche Maßnahmen handelt

ebenso OLG Saarbrücken, Urteil v. 31.1.2006 - 4 U 423/04 -, juris.

Der im Saarland bestehende – verschuldensunabhängige – Entschädigungsanspruch gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG unterscheidet sich insoweit sowohl von § 68 Abs. 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsgesetzes, welcher einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch bei rechtswidrigen Maßnahmen sowohl der Polizei als auch der allgemeinen Ordnungsbehörden gewährt, als auch von § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG Nordrhein-Westfalen, welcher einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden begründet, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind. Ausgehend davon ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den die rheinland-pfälzische bzw. die nordrhein-westfälische Regelung betreffenden Urteilen vom 20.6.2013 - 8 C 46/12 - und - 8 C 17/12 -, welche jeweils Maßnahmen von kommunalen Ordnungsbehörden zum Gegenstand hatten, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Im vorliegenden Fall ist ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch bereits mangels polizeilicher Maßnahme im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG offensichtlich ausgeschlossen. Mit ihren Hauptanträgen gemäß a) bis e) wendet sich die Klägerin ausschließlich gegen gesetzgeberische Maßnahmen, nämlich die dort bezeichneten Regelungen des GlüStV a. F.. Insoweit fehlt es offenkundig an einer schadensursächlichen polizeilichen Maßnahme.

Behördliche Maßnahmen betrifft die Klage lediglich insoweit, als die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der beantragten Erlaubnis mit Bescheid des Landesverwaltungsamtes vom 22.4.2010 begehrt. Auch bei der Versagung der beantragten Erlaubnis handelt es sich jedoch nicht um eine „Maßnahme der Polizei“ im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG. Denn das Landesverwaltungsamt unterfällt nicht dem vorgenannten Polizeibegriff.

Nach § 1 Abs. 1 SPolG sind Polizei im Sinne dieses Gesetzes die Polizeiverwaltungsbehörden und die Vollzugspolizei, wobei sich die Polizeiverwaltungsbehörden in allgemeine Polizeiverwaltungsbehörden und Sonderpolizeibehörden gliedern (§ 75 Abs. 1 SPolG). Allgemeine Polizeiverwaltungsbehörden sind 1. die Landespolizeibehörden, 2. die Kreispolizeibehörden und 3. die Ortspolizeibehörden (§ 75 Abs. 2 SPolG). Sonderpolizeibehörden sind außerhalb der allgemeinen Polizeiverwaltungsbehörden stehende Behörden, denen bestimmte polizeiliche Aufgaben zugewiesen sind; sie bleiben in ihrer Organisation und Zuständigkeit unberührt (§ 75 Abs. 3 SPolG).

Nach der Rechtsprechung des für die Entscheidung über Entschädigungsansprüche gemäß § 68 SPolG zuständigen OLG Saarbrücken

vgl. Urteil vom 31.1.2006 - 4 U 423/04 -, juris,

ist hinsichtlich der Frage, was eine Polizeibehörde im Sinne des SPolG ist, zu unterscheiden zwischen der Polizei im materiellen Sinne und im formellen Sinne. Unter polizeilicher Maßnahme im materiellen Sinne ist demnach jede hoheitliche Tätigkeit zu verstehen, welche die Abwehr von Gefahren zum Gegenstand hat. Maßgebend ist allein die Funktion der ausgeübten Verwaltungstätigkeit als Gefahrenabwehrtätigkeit. Dagegen spielt die Frage, wer die Aufgabe organisatorisch erfüllt, keine Rolle. Unter Polizeitätigkeit im formellen Sinne ist demgegenüber jede Maßnahme zu verstehen, die von einer Stelle der öffentlichen Verwaltung getroffen wird, die vom Landesgesetzgeber förmlich dem Organisationsbereich der Polizei zugewiesen wurde. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken stellt § 68 SPolG allein auf den formellen Polizeibegriff ab.

Bei dem hier tätig gewordenen Landesverwaltungsamt handelt es sich indes - ebenso wie bei der im Urteil des OLG Saarbrücken vom 31.1.2006 in Rede stehenden unteren Bauaufsichtsbehörde - um eine von den allgemeinen Polizeibehörden getrennte eigenständige Verwaltungsbehörde. Für sie gilt das allgemeine Verwaltungsrecht. Dementsprechend werden aufsichtsrechtliche Verfügungen im Glücksspielbereich auch nach dem SVwVG vollstreckt und nicht nach dem SPolG. Entschädigungsansprüche, die auf eine Maßnahme des Landesverwaltungsamts im Glücksspielbereich gestützt werden, können im Saarland daher nicht aus § 68 SPolG hergeleitet werden.

Demnach kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 68 Abs. 1 Satz 2 SPolG vorliegend offensichtlich ebenfalls nicht in Betracht.

Nach alledem fehlt der Klage das erforderliche Feststellungsinteresse. Das gilt für die begehrte Feststellung sowohl der Zulässigkeit der Lotterievermittlung via Internet als auch der Erlaubnisfreiheit der von der Klägerin weiter beabsichtigten Aktivitäten sowie die beantragten Feststellungen zum Prinzip der Regionalisierung und zur Zulässigkeit von Werbung. Die Klägerin kann nicht losgelöst von der Feststellung der Zulässigkeit der von ihr angestrebten Vermittlungstätigkeit im Internet die Feststellung begehren, dass sie keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. benötigt habe und dass sie ohne weitere Erlaubnisse entgegen dem Prinzip der Regionalisierung Lotterien habe vermitteln sowie eine Werbetätigkeit entgegen § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV a.F. habe entfalten dürfen. Das gesamte Begehren der Klägerin hängt davon ab, dass diese die Feststellung beanspruchen kann, auch während der Zeit der Geltung des GlüStV a.F. zur Vermittlung von Lotterien im Internet berechtigt gewesen zu sein.

Schließlich kann ausgehend von den vorangegangenen Ausführungen auch für die begehrte Feststellung, dass der Beklagte nach der vom 1.1.2008 bis zum 30.6.2012 geltenden Rechtslage verpflichtet gewesen ist, der Klägerin die beantragte Erlaubnis zur Lotterievermittlung zu erteilen, hilfsweise sie neu zu bescheiden, kein Feststellungsinteresse angenommen werden.

Infolge des fehlenden Feststellungsinteresses ist die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats unzulässig. Von daher hat es bei der Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht zu bleiben und ist die Berufung der Klägerin ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht erfüllt. Der Senat sieht die einschlägigen Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung als hinreichend geklärt an.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 100.000,00 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG a.F.).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. März 2010 - 3 K 11/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine juristische Person, begehrt die Feststellung, dass sie im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 30.06.2012 ohne behördliche Erlaubnis über das Internet bestimmte Lotterieprodukte vermitteln und hierfür werben durfte, hilfsweise, dass das beklagte Land verpflichtet war, ihr für die Vermittlung näher benannter Lotterieprodukte über das Internet eine Erlaubnis zu erteilen.
Die Klägerin vermittelte seit 1999 Spielaufträge für staatlich veranstaltete oder konzessionierte Lotterieprodukte an mehrere staatliche Lotteriegesellschaften verschiedener Bundesländer über das Internet.
Der zum 01.01.2008 in Kraft getretene Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - im Folgenden: GlüStV a.F.-, vgl. zum Inkrafttreten § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 GlüStVZustG BW i.V.m. Bekanntmachung vom 11.01.2008, GBl. 2008, 56) bestimmte, dass öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde vermittelt werden dürfen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) und sah ein Verbot der Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet vor (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.). § 9 Abs. 4 Satz 1 GlüStV a.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 1 f. AGGlüStV BW begrenzten den Geltungsbereich der Erlaubnis in räumlicher Hinsicht auf das jeweilige Bundesland und in sachlicher Hinsicht auf durch das beklagte Land veranstaltete Glücksspiele. Werbung für öffentliches Glücksspiel u.a. im Internet war verboten (§ 5 Abs. 3 GlüStV a.F.), ebenso Werbung für unerlaubtes Glücksspiel (§ 5 Abs. 4 GlüStV a.F.). § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. sah vor, dass der Staatsvertrag zum 31.12.2011 außer Kraft tritt, sofern die Ministerpräsidentenkonferenz nicht bis zu diesem Zeitpunkt mit mindestens 13 Stimmen sein Fortgelten beschließt. In diesem Fall sah § 28 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a.F. vor, dass der Staatsvertrag unter den Ländern fortgilt, die dem Beschluss zugestimmt haben. Mit Gesetz vom 29.11.2011 (GBl. 2011, 533) wurde § 3 Abs. 3 GlüStVZustG BW dahingehend geändert, dass der Staatvertrag im Fall seines Außerkrafttretens nach § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F., also ab 01.01.2012, in Baden-Württemberg als Landesrecht fortgilt (vgl. dazu die entsprechende Bekanntmachung vom 19.12.2011 (GBl. 2012, 17)). Gem. Art 2 Abs. 4 Erster Glücksspieländerungsstaatvertrag (im Folgenden auch: GlüStV n.F.) endete die Fortgeltung der Regelungen mit Inkrafttreten des Änderungsstaatsvertrages, also mit Ablauf des 30.06.2012 (vgl. zum Inkrafttreten Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Erster Glücksspieländerungsstaatvertrag i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GlüÄndStVZustG i.V.m. Bekanntmachung vom 10.07.2012 (GBl. 2012, 515)). Gem. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. kann die Vermittlung von Lotterien im Internet erlaubt werden.
Mit Schreiben vom 19.09.2008 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Erlaubnis ab 01.01.2009 u.a. zur Vermittlung einzelner Lotterieprodukte. Als Vertriebsweg wurde das Internet angegeben.
Mit Bescheid vom 15.12.2008, der Klägerin zugestellt am 16.12.2008, lehnte das beklagte Land diesen (und einen weiteren, nicht streitgegenständlichen) Antrag der Klägerin ab. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., § 15 AGGlüStV BW lägen nicht vor. Die Klägerin verstoße gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. und sei ohne Übergangserlaubnis weiter im Internet tätig. Auch die Einhaltung des Jugendschutzes gemäß § 4 Abs. 3 GlüStV a.F. werde nicht sichergestellt. Die Fortführung der Internettätigkeit ab 01.01.2009 sei wegen §§ 4 Abs. 4, 25 Abs. 6 GlüStV a.F., § 18 AGGlüStV BW nicht erlaubnisfähig.
Zum 31.12.2008 übertrug die Klägerin den Geschäftszweig der Vermittlung von Lotteriespielaufträgen (weitgehend) auf eine Tochterfirma zur eigenverantwortlichen Weiterführung auf eigenes wirtschaftliches Risiko.
Die Klägerin hat am 02.01.2009 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie sich insbesondere gegen das Verbot, öffentliche Glücksspiele über das Internet zu vermitteln, gegen das Erfordernis einer im Erteilungsermessen stehenden behördlichen Erlaubnis für die Tätigkeit als gewerbliche Spielevermittlerin, gegen das Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung im Wege des Regionalitätsprinzips und gegen die Beschränkung von Werbemaßnahmen gewendet hat. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die entsprechenden Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages (a.F.) und des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes verstießen gegen das Grundgesetz und europäisches Unionsrecht. Insbesondere lägen Verstöße gegen die Vorschriften über die Gesetzgebungskompetenz, das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot und gegen Grundrechte, namentlich Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG, vor. Ferner würden die europäische Dienstleistungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit verletzt und gegen europäisches Kartellrecht sowie die Fernsehrichtlinie verstoßen. Zudem sei das europäische Notifizierungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sie beabsichtige, nach Klärung der Rechtslage die Vermittlungstätigkeit selbst wieder aufzunehmen. Die Klägerin hat vor dem Verwaltungsgericht u.a. beantragt, den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15. Dezember 2008 insoweit aufzuheben, als eine Erlaubnis für die Zeit ab 2009 abgelehnt wurde und festzustellen, dass sie ohne Erlaubnis im Land Baden-Württemberg in Deutschland behördlich zugelassene Lotterieprodukte mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche bzw. Rubbellose im Internet auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Landes Baden-Württemberg und für Personen mit Aufenthalt im Land Baden-Württemberg an Lotterieveranstalter anderer Länder vermitteln und - auch im Internet - mit Werbemaßnahmen gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern darf; hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihr eine entsprechende Erlaubnis zu erteilen für die gewerbliche Vermittlung von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche bzw. Rubbellosen an Lotteriegesellschaften bzw. Veranstalter der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Saarland.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 22.03.2010, der Klägerin zugestellt am 14.07.2010, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet, weil die Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde erfolgen dürfe, die Vermittlung über das Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. generell verboten sei, die Werbung für öffentliches Glücksspiel den Beschränkungen des § 5 GlüStV a.F. unterliege und insbesondere gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. nicht über das Internet erfolgen dürfe und zudem die Vermittlung von Spielteilnehmern mit Aufenthalt in Baden-Württemberg nach dem Regionalitätsprinzip, das in § 9 Abs. 4 Satz 1 GlüStV a.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV a.F. seine gesetzliche Grundlage finde, grundsätzlich nur an die staatliche Toto-Lotto-GmbH Baden-Württemberg erfolgen dürfe. Die genannten Vorschriften verstießen weder gegen Verfassungs- noch gegen europäisches Unionsrecht. Auch die mit dem Hilfsantrag erhobene Verpflichtungsklage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin habe wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis, wie sich aus § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AGGlüStV BW ergebe; auch ein Anspruch auf ermessensgerechte Neubescheidung komme ihr deshalb nicht zu. In dem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.
10 
Die Klägerin hat am 09.08.2010 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist von der Vorsitzenden bis zum 14.11.2010 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist am 15.11.2010, einem Montag, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen. Mit Beschluss vom 21.02.2012 hat der Senat auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Das beklagte Land hat das Verfahren am 11.04.2014 wieder angerufen. Dieses wurde unter dem Aktenzeichen 6 S 757/14 weitergeführt. Mit Beschluss vom 10.03.2015 hat der Senat das Berufungsverfahren abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen fortgeführt, soweit es den Zeitraum bis zum 30.06.2012 betrifft.
11 
Die Klägerin trägt insoweit zur Berufungsbegründung vor, ihr Hauptantrag sei als Feststellungsantrag gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Sie habe insbesondere ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Sie beabsichtige aufgrund dieser Feststellung einen Staatshaftungsprozess gegen das beklagte Land anzustrengen. Sie habe einen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Schäden auf der Grundlage des unionsrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Der Unionrechtsverstoß (insbesondere) durch das Internetvertriebsverbot sei hinreichend qualifiziert. Zumindest sei dies nicht offensichtlich ausgeschlossen. Die beantragte Feststellung sei auch vorgreiflich für einen Folgenbeseitigungsanspruch. Auch nach derzeitiger Rechtslage bestehe kein Rechtsanspruch, ihre Tätigkeit wiederaufnehmen zu können. Die beantragte Feststellung zöge einen Anspruch auf Folgenbeseitigung nach sich, der grundsätzlich zur Ermessensreduktion bei der Entscheidung über eine Erlaubnis zum Marktwiedereintritt führen könne. Die Konzentration des Verfahrens bei der niedersächsischen Glücksspielaufsicht ändere nichts daran, dass für jedes Bundesland eine Erlaubnis erteilt werden müsse. Vor einer Erlaubniserteilung habe das Glücksspielkollegium ein positives Votum abzugeben. Es mache bindende Vorgaben für die Entscheidung. In diesem Kollegium sei auch der Beklagte mit einer Stimme vertreten. Sie habe auch ein Rehabilitationsinteresse. Es stehe nicht fest, dass das beklagte Land keine nachteiligen Konsequenzen aus dem alten Glücksspielstaatsvertrag, mit dem erstmals das bis dahin - auch als Internetvertrieb - zulässige Gewerbe des Lottovermittlers untersagt worden sei, im Hinblick auf sie ziehen werde. Ein Rehabilitationsinteresse ergebe sich auch aus der für die Vergangenheit in Rede stehenden (objektiven) Strafbarkeit des streitgegenständlichen Verhaltens, die Grund für die Einstellung der Tätigkeit gewesen sei. Nicht ohne Grund werde in derartigen Konstellationen vorbeugender Rechtsschutz gewährt. Sie könne nun im Hinblick auf ihren gerichtlichen Rechtsschutz in der Hauptsache nicht schlechter stehen als Unternehmen, die einfach weitergemacht hätten. Es liege auch eine Wiederholungsgefahr vor. Nach dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag habe sich die Rechtslage bei Lotto anders als bei Sportwetten nicht grundlegend geändert. Die Wiederholungsgefahr habe sich damit bereits verwirklicht. Der Gesetzgeber habe das Internetvermittlungsverbot beibehalten bzw. neu erlassen. Zwar gebe es jetzt gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. die Möglichkeit, eine Ausnahmebewilligung zu erhalten. Auf diese gebe es aber weiterhin keinen Rechtsanspruch. Das allgemeine repressive Verbot der Vermittlung habe schon 2008 bis 2012 unter Dispensvorbehalt gestanden. Sie habe zudem ein Feststellungsinteresse wegen schwerwiegenden Eingriffs in ihre Grundrechte und Grundfreiheiten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 56 AEUV. Ein solches Interesse sei nicht nur bei Eingriffen in die Menschenwürde oder bei Freiheitsentzug gegeben. Außerdem liege beim gesetzlichen Verbot der Internet-Lotto-Vermittlung auch eine Erledigung vor, die typischerweise so kurzfristig sei, dass sonst eine gerichtliche Klärung im Hauptsacheverfahren nicht erfolgen könne. Vorliegend sei das Verfahren seit Ende 2008 anhängig und nicht rechtskräftig beendet. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verlange aus diesem Grund die Annahme eines Feststellungsinteresses. Das gleiche prozessrechtliche Ergebnis gebiete auch Art. 47 GRC. Die Klage sei auch begründet. Insoweit wiederholt und vertieft die Klägerin ihren bisherigen Vortrag zur Unionsrechtswidrigkeit des Internetvermittlungsverbots bei Lotto, zur Unionsrechtswidrigkeit des repressiven Vermittlungsverbots mit Dispensvorbehalt, zum verfassungs-, unions- bzw. unionskartellrechtswidrigen Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und zur Unionsrechtswidrigkeit der Werbebeschränkungen. Die internetbezogenen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags a.F. seien mangels Notifizierung des baden-württembergischen Gesetzes vom 23.11.2011 nach der Richtlinie 98/34/EG bei der EU-Kommission unanwendbar. Dies betreffe den Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 30.06.2012. Mit dieser Regelung sei der Staatsvertrag, der selbst befristet gewesen sei und nur gemäß § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. hätte verlängert werden können, für die Nachfolgezeit landesautonom erneut in Kraft gesetzt worden.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. März 2010 - 3 K 11/09 - zu ändern und
festzustellen, dass sie im Zeitraum vom 01.01.2009 - 30.06.2012 im Land Baden-Württemberg ohne Erlaubnis in Deutschland behördlich zugelassene Lotterieprodukte mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche bzw. Rubbellose im Internet auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Landes Baden-Württemberg und für Personen mit Aufenthalt im Land Baden-Württemberg an Lotterieveranstalter anderer Bundesländer vermitteln, hierfür im Internet werben und auch mit Werbemaßnahmen gezielt zur Teilnahme an Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern durfte,
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hilfsweise
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festzustellen, dass das beklagte Land im Zeitraum vom 01.01.2009 - 30.06.2012 unter teilweiser Aufhebung seines Bescheids vom 15.12.2008 verpflichtet gewesen ist, ihr die beantragte Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. ab 01.01.2009 zu erteilen für die gewerbliche Vermittlung von in Deutschland behördlich zugelassenen Lotterieprodukten mit nicht mehr als zwei Ziehungen in der Woche bzw. Rubbellosen an die Lotteriegesellschaften bzw. Veranstalter der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Saarland.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
18 
Das beklagte Land trägt vor, die Feststellungsanträge seien weder zulässig noch begründet. Insbesondere fehle es bereits an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
19 
Dem Gericht liegen neben den Akten des Berufungsverfahrens die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die Akte des Berufungsverfahrens 6 S 757/14 sowie die Akten des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Denn die Klage ist sowohl mit dem im Berufungsverfahren gestellten Hauptantrag (A.) als auch mit dem Hilfsantrag (B.) unzulässig.
A.
21 
Die mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsklage, ist unzulässig, weil die Klägerin kein berechtigtes Interesse (§ 43 Abs. 1 VwGO) an der begehrten Feststellung hat.
22 
Die Klage zielt darauf ab festzustellen, dass das beklagte Land durch die gesetzlichen Regelungen zum Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für gewerbliche Spielevermittler, zum Verbot, öffentliche Glücksspiele über das Internet zu vermitteln, zum Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und zur Beschränkung von Werbemaßnahmen, soweit diese auch die Internetvermittlung der im Feststellungsantrag näher bestimmten Lotterieprodukte betreffen, im Zeitraum vom 01.01.2009 - 30.06.2012 den Marktzutritt der Klägerin in rechtswidriger Weise verhindert oder erschwert habe. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die begehrte Feststellung geeignet ist, die Position eines Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. Wysk, VwGO, § 43 Rn. 51 m.w.N.). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Bei - wie hier - vergangenen Rechtsverhältnissen ist erforderlich, dass sie über ihre Beendigung hinaus noch anhaltende Wirkungen entfalten oder an sie anknüpfend eine Verbesserung der Position eines Klägers eintreten kann (vgl. Wysk, a.a.O., m.w.N.).
I.
23 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend nicht mit Blick auf die Bindungswirkung eines zu Gunsten der Klägerin ergehenden rechtskräftigen Feststellungsurteils für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess gegen das beklagte Land.
24 
1. Der Klägerin kann allerdings nicht entgegengehalten werden, dass die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, regelmäßig kein berechtigtes Interesse nach § 43 Abs. 1 VwGO begründet, weil die Feststellung ebenso gut inzident vom Zivilgericht getroffen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.1997 - 8 C 23.96 -, NJW 1997, 3257; vom 24.01.1992 - 7 C 24.91 -, BVerwGE 89, 354). Denn ein solches Interesse kann ausnahmsweise dann begründet werden, wenn ein Kläger - wie hier - mit einer Feststellungsklage zunächst primären Rechtsschutz begehrt hat, sich diese Begehren aber nach Klageerhebung erledigt (vgl. dazu die Parallelentscheidung des OVG Sachsen, Urteil vom 02.12.2013 - 3 A 242/11 -, juris) und der Kläger sich nunmehr auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht (BVerwG, Urteil vom 11.03.1993 - 3 C 90/90 -, BVerwGE 92, 172).
25 
2. Voraussetzung für ein berechtigtes Feststellungsinteresse mit Blick auf die (beabsichtigte) zivilgerichtliche Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen ist allerdings, dass diese nicht offensichtlich aussichtslos ist, wobei bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ein strenger Maßstab anzulegen ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten zivilrechtlichen Anspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Wysk, a.a.O., § 43 Rn. 57 m.w.N.). Der Verwaltungsprozess muss auch nach Erledigung des ursprünglichen Feststellungsbegehrens nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn ein Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Insoweit gilt nichts anderes als zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse mit Blick auf eine Staatshaftungsklage bei erledigter (sportwettenrechtlicher) Untersagungsverfügung (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 16.05.2013 - 8 C 14-16.12, 22.12, 35.12, 38.12, 40.12 -, BVerwGE 146, 303 und juris m.w.N.). Diese Grundsätze gelten - anders als die Klägerin möglicherweise meint - auch im Hinblick auf die beabsichtigte Geltendmachung eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (vgl. BVerwG, a.a.O.), auf den die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, ihren Anspruch auf Staatshaftung stützt.
26 
Vorliegend drängt sich aber schon ohne detaillierte Würdigung auf, dass die Klägerin selbst dann, wenn man unterstellt, dass Regelungen zum Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für gewerbliche Spielevermittler, zum Verbot, öffentliche Glücksspiele über das Internet zu vermitteln, zum Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und zur Beschränkung von Werbemaßnahmen, soweit diese auch die Internetvermittlung der im Feststellungsantrag näher bestimmten Lotterieprodukte betreffen, im Zeitraum vom 01.01.2009 - 30.06.2012 den Marktzutritt der Klägerin in unionsrechtswidriger Weise verhindert oder erschwert haben, keinen unionsrechtlichen Anspruch auf Staatshaftung hat.
27 
3. Für die unionsrechtliche Staatshaftung ist ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß erforderlich (vgl. dazu ausführlich: BGH, Urteile vom 18.10.2012 - III ZR 196/11 -, EuZW 2013, 194; - III 197/11 -, NJW 2013, 168). Dies setzt eine erhebliche und - anders als die Klägerin möglicherweise annimmt - gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war. Außerdem bedarf es der Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden (EuGH, Urteil vom 05.03.1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame -, NJW 1996, 1267; ebenso BVerwG, a.a.O.).
28 
a) Ein - unterstellter - Unionsrechtsverstoß durch das Verbot des Internetvertriebs für öffentliche Glücksspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.) hinsichtlich der von der Klägerin bis zu dessen Einführung vermittelten Produkte bzw. der Produkte, die entsprechend dem Feststellungsantrag weiterhin vermittelt werden sollten, ist bei Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung nicht offenkundig. Dies drängt sich auch auf.
29 
aa) In Ermangelung einer Harmonisierung des Bereichs der Glücksspiele durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben. Dementsprechend verfügen die staatlichen Stellen in diesem Bereich über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (EuGH, Urteil vom 08.09.2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - Slg. 2009, I-07633; vom 12.06.2014 - C-156/13, NVwZ 2014, 554, jeweils m.w.N.).
30 
Internetvertriebsverbote für öffentliche Glücksspiele sind demnach unionsrechtlich grundsätzlich zulässig. Allerdings wird durch ein Internetvertriebsverbot der freie Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union beschränkt, den Art. 56, 57 AEUV gewährleisten und der unter anderem die Tätigkeiten umfasst, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24.03.1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-01039 Rn. 22 f., 25 und vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554 m.w.N.). Die Dienstleistungsfreiheit gilt freilich nicht absolut. Sie darf eingeschränkt werden, wenn die beschränkende Regelung mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (allgemein EuGH, Urteil vom 30.11.1995 - Rs. C-55/94, Gebhard - Slg. 1995, I-04165; für den Glücksspielbereich EuGH, Urteile vom 24.03.1994, Schindler, a.a.O., vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-01891 und vom 08.09.2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - Slg. 2009, I-07633; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010, a.a.O.).
31 
bb) Diese Voraussetzungen wurden durch das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F., auch soweit es die Vermittlung von Lotterien betrifft, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5/10 -, BVerwGE 140, 1) erfüllt.
32 
Es hat in diesem Urteil insbesondere darauf hingewiesen, dass damit unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele verfolgt würden wie die Bekämpfung der Spielsucht, der Jugend- und Spielerschutz sowie die Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote und die Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität. Es sei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt, dass Wetten und Glücksspiele im Internet diese Ziele in besonderem Maße gefährdeten. Deshalb seien Maßnahmen, mit denen jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet anzusehen, die genannten legitimen Ziele, insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht und den Jugendschutz, zu verfolgen, selbst wenn herkömmliche ("terrestrische") Vertriebsformen des Glücksspiels nicht untersagt werden (unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422). Gerade wegen der spezifischen Gefahren, die das Internet mit sich bringe, habe es der Gesetzgeber auch für erforderlich halten dürfen, die Nutzung des Internets zu verbieten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setze die Eignung der Internetverbote zusätzlich voraus, dass sie zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen (unter Bezugnahme auf EuGH, Urteile vom 06.11.2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031, vom 03.06.2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - NVwZ 2010, 1081 sowie vom 08.09.2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. und Carmen Media, a.a.O., vom 10.03.2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721). Das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten oder zu vermitteln (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.), werde auch diesen Anforderungen gerecht.
33 
cc) Dem Landesgesetzgeber lagen bei Einführung des Internetvertriebsverbots soweit ersichtlich auch keine Erkenntnisse vor, aus denen er hätte ableiten können oder gar müssen, dass das Suchtgefährdungspotential bei Lotterieprodukten, wie sie die Klägerin nach dem Feststellungsantrag weiterhin vermitteln wollte, signifikant geringer ist als bei anderen vom Internetvertriebsverbot erfassten öffentlichen Glücksspielen und auch das Gefährdungspotential des terrestrischen Vertriebs von Lotterieprodukten nicht übersteigt, so dass ein Internetvertriebsverbot nicht erforderlich gewesen wäre. Der Landesgesetzgeber hatte vielmehr keine Anhaltspunkte, Lotterieprodukte vom Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags im Allgemeinen und des Internetvertriebsverbots im Besonderen auszunehmen, weil ihm eine gegenläufige wissenschaftliche Studie (Meyer/Hayer, Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005) vorlag, der sich - entgegen dem Vortrag der Klägerin und trotz teilweise abschwächender Äußerungen - entnehmen ließ, dass Lotterien in Abhängigkeit von den jeweiligen Veranstaltungsmerkmalen suchttypische Entwicklungsverläufe verursachen können, mit der Folge, dass eine Ausweitung des Glücksspielangebots die bereits jetzt gegebene Suchtgefahr vergrößert. Auf dieser Grundlage konnte der Gesetzgeber nach der vorstehend angeführten Rechtsprechung davon ausgehen, dass die spezifischen Gefahren für die Bekämpfung der Spielsucht und den Jugendschutz, die das Internet mit sich bringt, auch beim Vertrieb von Lotterieprodukten bestehen und im Vergleich zu deren terrestrischem Vertrieb erhöht sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/10 -, NVwZ 2008, 1338). Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Erheblichkeitsschwelle anders beurteilt hat als die Klägerin, begründet nicht das offensichtliche Fehlen der Erforderlichkeit der Regelung (vgl. zur fehlenden Offensichtlichkeit auch BVerfG, a.a.O.). Soweit der Gesetzgeber auf dieser Grundlage ein geringeres Suchtpotential durch Lotterien identifiziert hat, hat er dem auch beim Internetvertriebsverbot Rechnung getragen (BVerwG, Urteil vom 01.06.2001, a.a.O.). Der Umstand, dass für Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential (§ 22 GlüStV a.F.), insbesondere bei Lotterien mit mehr als zwei Ziehungen pro Woche (§ 22 Abs. 2 GlüStV a.F.), welche die Klägerin nicht vermitteln will, weitergehende Anforderungen gestellt wurden als für Lotterien mit weniger Ziehungen, welche die Klägerin weiterhin vertreiben wollte, lässt nicht den Schluss zu, dass das Gefährdungspotential dieser Lotterien nicht ausreicht, um das Internetvertriebsverbot zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Dass - unterstellt - unionsrechtlich ein erhöhter Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht bestanden hätte, war für den Landesgesetzgeber nach der einschlägigen Rechtsprechung jedenfalls nicht erkennbar (vgl. dazu das von der Klägerin angeführte, spätere, aber bereits insoweit nicht weiterführende Urteil des EuGH vom 06.10.2009 - C-153/08 -, Slg. 2009, I-9735; ebenso Urteil vom 13.11.2003 - C-42/02 -, Slg. 2003, I-13519).
34 
Die mit den Beweisanträgen 1 bis 12 unter Beweis gestellten Tatsachen erweisen sich damit als nicht entscheidungserheblich. Die Beweisanträge zielen darauf ab nachzuweisen, dass der Gesetzgeber das Gefährdungspotential bei Einführung des Internetvertriebsverbots für Lotterieprodukte als zu hoch einschätzte. Damit wäre aber zunächst lediglich eine Unionsrechtsverletzung belegt, nicht deren Offenkundigkeit. Diese setzte zumindest die Erkennbarkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen voraus. Mit den Beweisanträgen werden aber lediglich Tatsachen unter Beweis gestellt, die erst mit deren Feststellung durch das zutreffend jeweils immer auch beantragte, also noch zu erstellende Sachverständigengutachten (bzw. sachverständige Zeugnis) zugänglich wären.
35 
Soweit der Landesgesetzgeber nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags auch aufgrund eigener Evaluierung Erkenntnisse erlangt hat, die eine abweichenden Einschätzung des Gefährdungspotentials zulassen oder nahe legen (vgl. etwa die von der Klägerin vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. Tilman Becker, Universität Hohenheim, zur Landtagsanhörung vom 13.10.2009), hat er dem mittlerweile jedenfalls im Ergebnis durch die grundsätzliche Wiederzulassung des Internetvertriebs für Lotterieprodukte (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F) Rechnung getragen. Es ist vor dem dargestellten Hintergrund nicht offenkundig, dass er damit unionsrechtlich zu spät reagiert hat.
36 
dd) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetvertriebsverbot aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits der gesetzlichen Regelung infolge der geduldeten Werbepraxis der staatlichen Lotteriegesellschaften wegen fehlender Binnenkohärenz (ab einem bestimmten Zeitpunkt nach seiner Einführung) unionsrechtswidrig und damit nicht (mehr) anwendbar war. Das Bundesverwaltungsgericht ist - wie bereits ausgeführt - noch in seinem Urteil vom 01.06.2011 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass das Internetvertriebsverbot die unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen erfüllt. Nachfolgend haben zwar das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 20.11.2011 - 13 B 1135/11 -, juris) und kurz vor dem Außerkrafttreten des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 26.06.2012 - 10 BV 09.2259 -, juris) im Hinblick auf diese Werbepraxis die Kohärenz und damit die Anwendbarkeit der Werbeverbote des § 5 Abs. 3 bzw. Abs. 4 GlüStV a.F. in Frage gestellt bzw. verneint, nicht aber bezüglich des Internetvertriebsverbots. Dies ist - soweit ersichtlich - während der Geltung des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. auch später nicht zumindest obergerichtlich erfolgt (wie hier i.E. OVG Sachsen, a.a.O.).
37 
ee) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetangebot für Lotterieprodukte, welches Lotto Hessen mit Erlaubnis der hessischen Behörden seit Juli 2010 (und wohl bis zum 30.06.2012) unterhielt und das jedenfalls ab 2011 von anderen Bundesländern aus zugänglich war, einen solchen Umfang hatte, dass das Internetvertriebsverbot für Lotterieprodukte aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits der gesetzlichen Regelung wegen fehlender Binnenkohärenz unionsrechtswidrig und damit nicht mehr anwendbar war. Insoweit fehlt es bereits an einer Darlegung von Anhaltspunkten, z.B. des von Lotto Hessen auf diesem Weg generierten Umsatzes, die eine entsprechende Schlussfolgerung zur Folge hätte haben können oder müssen. Hinzu kommt, dass die Binnenkohärenz selbst dann gewahrt sein kann, wenn ein Bundesland für einen begrenzten Zeitraum den im übrigen Bundesgebiet grundsätzlich verbotenen Internetvertrieb von öffentlichen Glücksspielen durch abweichende gesetzliche Regelung öffnet (vgl. EuGH, Urteil vom 12.06.2014 - C-156/13 -, NVwZ 2014, 193), was der Annahme einer Offenkundigkeit fehlender Binnenkohärenz durch ein strukturelles, aber zeitlich beschränktes bloßes Vollzugsdefizit entgegensteht.
38 
Die mit dem Beweisantrag 13 unter Beweis gestellten Tatsachen sind vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Der Beweisantrag ist lediglich auf die Feststellung der (unstreitigen) Existenz und der (weitgehend unstreitigen) Zugänglichkeit des Internetlottoangebots von Lotto Hessen gerichtet, nicht auf die Feststellung von Tatsachen, welche das Vorliegen eines strukturellen Vollzugsdefizits des die Klägerin betreffenden Internetverbots belegen können, geschweige denn dessen Offenkundigkeit, die im Übrigen auch - wie ausgeführt - aus Rechtsgründen ausscheidet.
39 
ff) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetvertriebsverbot wegen fehlender horizontaler oder intersektoraler Kohärenz (ab einem bestimmten Zeitpunkt) unionsrechtswidrig und damit nicht (mehr) anwendbar war. Art. 56 AEUV verlangt keine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei an der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasst. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rn. 52). Eine intersektorale oder horizontale Inkohärenz liegt vielmehr erst vor, wenn unterschiedliche Regelungen oder deren Handhabung dazu führen, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 53 m.w.N.). Insoweit fehlt es bereits an Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht, die eine entsprechende Schlussfolgerung zur Folge hätten haben können oder müssen.
40 
gg) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetvertriebsverbot im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 nicht anwendbar war, weil das Gesetz vom 29.11.2011 (GBl. 2011, 533), mit dem § 3 Abs. 3 GlStVZustG BW dahingehend geändert wurde, dass mit Auslaufen des Staatsvertrags zum 31.12.2011 dessen Regelungen und damit auch das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. auch ohne den in § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. vorgesehenen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz fortgelten, anders als der Glücksspielstaatsvertrag a.F. selbst, nicht gemäß Art. 8 Richtlinie 98/34/EG notifiziert wurde (zur Unanwendbarkeit einer Vorschrift bei fehlender Notifizierung trotz Notifizierungspflicht EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-303/04 -, juris).
41 
Eine erneute Notifizierungspflicht kann nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 Richtlinie 98/34/EG bestehen, wenn die Mitgliedstaaten an dem Entwurf einer notifizierten technischen Vorschrift wesentliche Änderungen vornehmen, die den Anwendungsbereich ändern, den ursprünglichen Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzufügen oder verschärfen.
42 
Die Geltungsverlängerung über die in § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. vorgesehene Befristung hinaus stellt schon dem Wortlaut nach keine wesentliche Änderung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 Richtlinie 98/34/EG dar. Eine zeitliche Änderung des Anwendungsbereichs ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur bei Vorverlegung des geplanten Regelungsbeginns notifizierungsbedürftig. Außerdem war die Möglichkeit der Verlängerung des zeitlichen Anwendungsbereichs im notifizierten Glücksspielstaatsvertrag a.F. enthalten, so dass auch funktional ein erneutes Notifizierungsbedürfnis nicht ersichtlich war. Aufgrund der nach § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. vorgesehenen Möglichkeit, mit Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz das Fortgelten des Staatsvertrages und damit dessen Weitergeltung als Landesrecht zu beschließen, war die Befristung des Glücksspielstaatsvertrags a.F. unter den Vorbehalt gestellt, dass man keine Fortgeltung beschließen würde. Auch der gewählte Verlängerungsmodus war nicht neu; er ergibt sich aus Art. 30, 70 GG und konnte durch die Regelung in § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. nicht eingeschränkt werden. Dementsprechend sahen die - nach der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis im Übrigen und damit auch insoweit grundsätzlich nicht notifizierungspflichtigen (vgl. die Nachweise bei Dietlein, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl., Einf. Rn. 26) - Zustimmungsgesetze der übrigen Bundesländer schon von Anfang an vor, dass unabhängig von einem Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags a.F. sein Inhalt (oder jedenfalls weite Teile davon) fortgelten (vgl. Postel, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., Art. 2 GlüÄndStV, Rn. 13).
43 
b) War mithin weder bei Einführung des auch für die im Feststellungsantrag genannten Lotterieprodukte geltenden Internetvertriebsverbots noch zu einem späteren Zeitpunkt seines Bestehens offenkundig, dass die darin liegende Verwehrung des Marktzutritts für die Klägerin gegen Unionsrecht verstößt, gilt dies offensichtlich erst recht für - unterstellte - Unionsrechtsverstöße, die den Marktzugang nur erschweren, nicht aber verhindern, dessen Möglichkeit also gerade voraussetzen, wie das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für die Tätigkeit als gewerbliche Spielevermittlerin, das Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und die Beschränkung von Werbemaßnahmen.
44 
c) Selbst wenn in der Verhinderung des weiteren Marktzugangs der Klägerin durch Einführung des Internetvertriebsverbots oder in dessen Erschwerung durch das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für die Tätigkeit als gewerbliche Spielevermittlerin, das Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und die Beschränkung von Werbemaßnahmen ein qualifizierter Unionsrechtsverstoß läge, wäre dieser offensichtlich nicht kausal für einen etwaigen Schaden der Klägerin. Denn sie hätte den Vertrieb der von ihr über das Internet vermittelten öffentlichen Glücksspiele auch deshalb einstellen müssen, weil sie entgegen der nicht angegriffenen Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 GlüStV a.F. nicht sichergestellt hatte, dass Minderjährige von der Teilnahme an diesen Glücksspielen ausgeschlossen sind. Dies setzte voraus, dass jedenfalls diejenigen Maßnahmen durch die Klägerin ergriffen worden wären, die geeignet sind, eine Gefährdung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen (Postel, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 Rn. 62 ff. m.w.N.). Schon in dem von der Klägerin geführten Verfassungsbeschwerdeverfahren hat das Bundesverfassungsgericht zu dem von der Klägerin verwendeten Verfahren aber ausgeführt, dass es nicht verhindere, dass sich Jugendliche allein schon mit falschen Angaben registrieren und anschließend den Auftrag zur Vermittlung von Lottospielverträgen erteilen können (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). Dass sich daran bis zum 31.12.2008, etwa durch Implementierung eines technikgestützten Authentifizierungs- und Identifizierungssystems (vgl. BVerfG) etwas geändert hätte, hat die Klägerin bereits nicht vorgetragen.
II.
45 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend auch nicht mit Blick auf die Bindungswirkung eines zu Gunsten der Klägerin ergehenden rechtskräftigen Feststellungsurteils für die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs gegen das beklagte Land (i.E. wie hier OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris).
46 
1. Dem steht allerdings - unabhängig von der dogmatischen Einordnung - nicht bereits die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegenstehen (so OVG Sachsen, a.a.O). Zwar wäre der Folgenbeseitigungsanspruch mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen, der gegenüber die Feststellungsklage grundsätzlich subsidiär ist. Dies dürfte erst recht gelten, wenn nicht der Anspruch selbst, sondern wie hier lediglich ein Tatbestandselement des Anspruchs, nämlich das Vorliegen eines rechtswidrigen Zustands in der Vergangenheit, festgestellt werden soll. Sinn der durch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelten Subsidiarität der Feststellungsklage im Verhältnis zur allgemeinen Leistungsklage ist die Konzentration des Rechtsschutzes auf das effektivste Verfahren (Wysk, a.a.O., Rn. 43 ff.). Diese Überlegung greift aber - wie bei der Frage der vorrangigen Durchführung eines Staatshaftungsprozesses - nicht, wenn wie hier mit einer Feststellungsklage bereits primärer Rechtsschutz begehrt wurde, sich dieses Begehren aber nach Klageerhebung erledigt und der Kläger sich nunmehr auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht.
47 
2. Voraussetzung für ein berechtigtes Feststellungsinteresse mit Blick auf die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist - wie bei der beabsichtigten Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen - allerdings, dass diese nicht offensichtlich aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine auf Folgenbeseitigung gerichtete Klage demnach, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten Folgenbeseitigungsanspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt, weil - die begehrte Feststellung der rechtswidrigen Verwehrung oder Erschwerung des Marktzutritts unterstellt - andere Anspruchsvoraussetzungen offensichtlich fehlen.
48 
Dies ist hier der Fall. Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt u.a. voraus, dass die rechtswidrigen Folgen des - unterstellt - rechtswidrigen hoheitlichen Handelns noch andauern (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 30). Der Marktzutritt, also die Vermittlung von Lotterieprodukten über das Internet, ist der Klägerin aber grundsätzlich wieder möglich (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F.). Soweit der Marktzutritt der Klägerin deshalb verwehrt ist, weil ihr die von ihr beantragte Erlaubnis nach § 4 Abs. Satz 1 GlüStV n.F. (noch) nicht erteilt wurde, beruht dies mithin nicht mehr auf § 4 Abs. 4 GlüStV a.F., sondern - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich geworden ist - auf der streitigen Beurteilung der Erlaubnisvoraussetzungen nach der geltenden Rechtslage. Fortdauernde Markterschwernisse, also insbesondere der allgemeine Erlaubnisvorbehalt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. und n.F.) hatten unter der Geltung des Marktzutrittshindernisses des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. bereits keine weiteren nachteiligen Folgen.
III.
49 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist auch nicht aus Gründen der Rehabilitierung zu bejahen.
50 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme - hier: der mittelbar angegriffenen Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags a.F. - eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Die Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Dabei hat die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar noch keinen diskriminierenden Charakter und enthält kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.).
51 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, ohne dass es auf die von der Klägerin an dieser Rechtsprechung geäußerte Kritik ankäme. Denn die von der Klägerin mit Blick auf eine eventuelle Strafbarkeit (vgl. dazu BVerwG, a.a.O., zu den Besonderheiten bei juristischen Personen) infolge Verstoßes gegen glücksspielrechtliche Vorgaben durch Weiterführung ihrer Vermittlungstätigkeit im Jahr 2008 erkannte Stigmatisierung durch Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags a.F. ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.1.2009 bis 30.06.2012 kann demgegenüber bereits ein objektiver Verstoß gegen strafrechtliche oder sonstige Bestimmungen schon nicht im Raum stehen, weil die Klägerin ihre Tätigkeit zum 31.12.2008 beendet hat (wie hier i.E. OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, a.a.O.). Dass die Klägerin mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit vorbeugenden Rechtsschutz hätte erlangen können, ändert hieran nichts. Dem in die Zukunft wirkenden ordnungsrechtlichen Verbot einer ehemals erlaubten Tätigkeit als solchem ist ebenfalls noch kein diskriminierender Charakter i.S. einer Ehrverletzung beizumessen (OVG des Saarlands, a.a.O.). Das beklagte Land hat im Übrigen erklärt, dass sich neue Anträge der Klägerin allein nach der geltenden Rechtslage beurteilen.
IV.
52 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr. Für eine Gefahr der Wiederholung einer hoheitlichen Maßnahme ist entscheidend, dass die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, juris, und vom 16.5.2013, a.a.O.).
53 
Daran fehlt es. Die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Lotterievermittlung im Internet maßgebliche und von der Glücksspielaufsicht des beklagten Landes zu beachtende Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags n.F. und dessen landesrechtlicher Umsetzung zum 01.07.2012 bei einer Gesamtbetrachtung trotz Fortbestand der Erlaubnispflicht (§ 19 i.V.m. §§ 4 bis 8 GlüStV n.F.) und des Regionalitätsprinzips (§ 2 Abs. 3 LGlüG) grundlegend geändert. Während unter Geltung des GlüStV a.F. die Internetvermittlung von Lotterien generell verboten war (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.), ordnet § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. an, dass eine Lotterievermittlung im Internet nach Erteilung einer entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis zulässig ist. Auch sonst wurden die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV n.F. in wesentlichen Punkten neu geregelt. Zudem wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV a.F. deutlich zurückgenommen (wie hier OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, a.a.O.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a.a.O. und Beschluss vom 17.10.2012 - 9 B 47.12 -, juris). Eine andere Bewertung oder auch eine Einzelbetrachtung der unverändert gebliebenen und von der Glücksspielaufsicht zu beachtenden Regelungen führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit hätte sich die behauptete Gefahr schon verwirklicht mit der Folge, dass ein Feststellungsinteresse für die Vergangenheit unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr nicht besteht.
54 
Auch aus der Befristung der neuen Regelung lässt sich - mit Blick auf den Landesgesetzgeber - keine Wiederholungsgefahr herleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der gegenwärtige Staatsvertrag noch mindestens bis zum 30.6.2021 fortgilt. Ob der Gesetzgeber auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erfahrungen die derzeitige Regelung fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist derzeit jedenfalls nicht abzusehen. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer solchen Rückkehr reicht jedoch für die Annahme einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr nicht aus (OVG des Saarlandes, a.a.O.; vgl. auch BVerwG, a.a.O.).
V.
55 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bzw. der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs i.S.d. Art. 47 GRC, begründen. Die Klägerin hat insoweit ihr Feststellungsinteresse in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur noch aus Art. 56 AEUV i.V.m. Art 47 GRC hergeleitet.
56 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.), die auf das Vorliegen eines berechtigten Feststellungsinteresses nach § 43 Abs. 1 VwGO übertragbar ist (ebenso OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, a.a.O.), verlangt Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses hinaus - und zwar auch bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen - nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (zu Ausnahmen hiervon vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 15.07.2010 - 2 BvR 1023/08 -, juris). Aus dem von der Klägerin angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (vom 28.02.2012 - 2 BvR 612/12 -, juris) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Feststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist danach auch aus Art. 47 GRC, seine Anwendbarkeit nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC unterstellt, nicht herzuleiten (vgl. dazu und zum Nachstehenden BVerwG, a.a.O.).
57 
Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22.12.2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13.06.2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers in der beschriebenen Konkretisierung zu fordern. Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das - vorliegend unstreitig nicht verletzte - unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11.07.1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16.07. 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653; Beschluss vom 13.06.2012, a.a.O.).
58 
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22.12.2010, a.a.O., und Beschluss vom 13.06.2012, a.a.O.). Eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22.12.2010, a.a.O.; Beschluss vom 13.06.2012, a.a.O.). Danach kommt es maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die von der Klägerin begehrte Feststellung, mit der sie belastende Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages a.F. in Frage gestellt wurden, während dessen mehrjähriger Geltung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens beantragt werden konnte und beantragt wurde. Das Verwaltungsgericht hat hierüber auch noch während der Geltung des Glücksspielstaatvertrags a.F. entschieden. Die Klägerin könnte unter den Voraussetzungen, die § 43 Abs. 1 VwGO für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses hinsichtlich eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses fordert, also zur Abwendung fortwirkender Nachteile, die begehrte Feststellung selbst nach Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrags a.F. im Rahmen des Berufungsverfahrens noch treffen lassen. Dass § 43 Abs. 1 VwGO keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.
59 
Auch das Effektivitätsgebot ist nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. 07. 1991, a.a.O., und vom 13. 03.2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen. Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme wie hier bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.
60 
Dies folgt schon aus den wiedergegebenen, durch den Europäischen Gerichtshof aufgestellten Anforderungen an das Effektivitätsgebot, ohne dass es auf die von der Klägerin kritisierte weitere Bezugnahme des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.) auf die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro (in: Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 08.04.1992, Slg. 1992 I-4897) im Zusammenhang mit der Konkretisierung des Effektivitätsgebots für den Bereich prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ankäme. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter kritisiert, die in Bezug genommenen Schlussanträge stammten aus der Zeit vor Inkrafttreten der EU-Grundrechtecharta, berücksichtigt sie nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH in Art. 47 Abs. 1 GRC eine Konkretisierung des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes sieht, weshalb Stellungnahmen hierzu auch herangezogen werden können.
61 
Auch aus den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführten unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt sich kein anderes Bild. Soweit darin jeweils nach Erledigung eines Eingriffs eine inhaltliche Klärung für zulässig erachtet wurde, ist damit jeweils keine Aussage verbunden, dass dieses dem unionsrechtlichen Prozessrecht mithin bekannte Phänomen zwingend Teil des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bzw. der Gewährleistung des Art. 47 GRC wäre. Im Übrigen war in den angeführten Verfahren jeweils gerade ein möglicher Nutzen für den Kläger (Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ im weiteren Sinn) durch die nachträgliche Klärung Anlass für die Annahme einer Klagebefugnis bzw. eines Rechtsschutzinteresses (vgl. EuG, Urteil vom 13.12.1995 - T-481/93, T-484/93 -; vom 14.09.1995 - T-480/93, T-483/93 -; EuGH, Urteil vom 28.05.2013 - C-239/12 -, alle juris).
62 
Vor diesem Hintergrund bedarf es auch nicht der von der Klägerin angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV.
B.
63 
Die mit dem Hilfsantrag verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage ist ebenfalls unzulässig, weil die Klägerin auch kein berechtigtes Interesse (§ 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO analog) an der begehrten Feststellung hat, das beklagte Land sei verpflichtet gewesen, ihr die beantragte Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. zur Vermittlung bestimmter Lotterieprodukte ab 01.01.2009 (ggf. auch eingeschränkt) zu erteilen bzw. über diesen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
64 
Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss auch das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a. a. O.,m. w. N.).
I.
65 
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Insoweit gelten die Ausführungen zu A.I.2. entsprechend. Die beantragte Erlaubnis war nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AGGlüStV BW i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. schon wegen des beabsichtigten Internetvertriebs abzulehnen. Die beabsichtigte Geltendmachung von unionsrechtlichen Staatshaftungsansprüchen ist offensichtlich aussichtslos ist, weil dem beklagten Land aus den dort genannten Gründen auch auf exekutiver Ebene bei insoweit unterstellter fehlerhafter Rechtsanwendung für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 offensichtlich kein qualifizierter Rechtsverstoß im Sinne der unionsrechtlichen Staatshaftung zur Last zu legen ist und dieser unabhängig davon offensichtlich nicht für einen eventuellen Schaden kausal wäre.
II.
66 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend auch nicht mit Blick auf die Bindungswirkung eines zu Gunsten der Klägerin ergehenden rechtskräftigen Feststellungsurteils für die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs gegen das beklagte Land, weil die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs offensichtlich aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine auf Folgenbeseitigung gerichtete Klage, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten Folgenbeseitigungsanspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt, weil - die begehrte Feststellung der rechtswidrigen Versagung der beantragten Erlaubnis unterstellt - andere Anspruchsvoraussetzungen offensichtlich fehlen. Dies ist der Fall. Denn der hierdurch schon wegen der Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. verwehrte Marktzutritt ist mittlerweile grundsätzlich wieder möglich (vgl. dazu oben unter A II. 2.).
III.
67 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist auch nicht aus Gründen der Rehabilitierung zu bejahen.
68 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme - hier: der Ablehnung der beantragten Erlaubnis - eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Die Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Dabei hat die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar noch keinen diskriminierenden Charakter und enthält kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.).
69 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, ohne dass es auch insoweit auf die von der Klägerin an dieser Rechtsprechung geäußerte Kritik ankäme. Denn die Begründung des Bescheids, mit dem die von der Klägerin beantragte Erlaubnis abgelehnt wurde, enthält bereits keine Einschätzung, dass das Verhalten der Klägerin oder ihrer Organwalter vor Erlass des Bescheids strafbar gewesen sei. Der Ablehnungsbescheid hat auch keinen Verweischarakter (vgl. dazu den von der Klägerin angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2001 - 6 B 61/01 -, juris). Das beklagte Land hat im Übrigen erklärt, dass sich neue Anträge der Klägerin allein nach der geltenden Rechtslage beurteilen und ihr der Bescheid vom 15.12.2008 hierbei nicht entgegengehalten werden wird.
IV.
70 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (BVerwG, Urteil vom 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m. w. N.). Daran fehlt es, weil sich die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zur gewerblichen Spielvermittlung maßgeblichen rechtlichen Umstände mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags und dessen landesrechtliche Umsetzung zum 1. Juli 2012 grundlegend geändert haben (s. dazu oben unter A IV.). Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist nicht absehbar.
V.
71 
Die Eingriffsschwere begründet weder allein noch in Verbindung mit der nationalen und unionsrechtlichen effektiven Rechtsschutzgarantie ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen unter A. V. verwiesen (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 16. 05. 2013, a.a.O.).
C.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
D.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
74 
Beschluss vom 20.05.2015
75 
Der Streitwert für das Verfahren in der Berufungsinstanz wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
76 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Sie berücksichtigt, dass das Verfahren den abgetrennten, erledigten Teil des ursprünglichen Klageverfahrens betrifft.
77 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Denn die Klage ist sowohl mit dem im Berufungsverfahren gestellten Hauptantrag (A.) als auch mit dem Hilfsantrag (B.) unzulässig.
A.
21 
Die mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsklage, ist unzulässig, weil die Klägerin kein berechtigtes Interesse (§ 43 Abs. 1 VwGO) an der begehrten Feststellung hat.
22 
Die Klage zielt darauf ab festzustellen, dass das beklagte Land durch die gesetzlichen Regelungen zum Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für gewerbliche Spielevermittler, zum Verbot, öffentliche Glücksspiele über das Internet zu vermitteln, zum Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und zur Beschränkung von Werbemaßnahmen, soweit diese auch die Internetvermittlung der im Feststellungsantrag näher bestimmten Lotterieprodukte betreffen, im Zeitraum vom 01.01.2009 - 30.06.2012 den Marktzutritt der Klägerin in rechtswidriger Weise verhindert oder erschwert habe. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die begehrte Feststellung geeignet ist, die Position eines Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. Wysk, VwGO, § 43 Rn. 51 m.w.N.). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Bei - wie hier - vergangenen Rechtsverhältnissen ist erforderlich, dass sie über ihre Beendigung hinaus noch anhaltende Wirkungen entfalten oder an sie anknüpfend eine Verbesserung der Position eines Klägers eintreten kann (vgl. Wysk, a.a.O., m.w.N.).
I.
23 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend nicht mit Blick auf die Bindungswirkung eines zu Gunsten der Klägerin ergehenden rechtskräftigen Feststellungsurteils für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess gegen das beklagte Land.
24 
1. Der Klägerin kann allerdings nicht entgegengehalten werden, dass die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, regelmäßig kein berechtigtes Interesse nach § 43 Abs. 1 VwGO begründet, weil die Feststellung ebenso gut inzident vom Zivilgericht getroffen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.1997 - 8 C 23.96 -, NJW 1997, 3257; vom 24.01.1992 - 7 C 24.91 -, BVerwGE 89, 354). Denn ein solches Interesse kann ausnahmsweise dann begründet werden, wenn ein Kläger - wie hier - mit einer Feststellungsklage zunächst primären Rechtsschutz begehrt hat, sich diese Begehren aber nach Klageerhebung erledigt (vgl. dazu die Parallelentscheidung des OVG Sachsen, Urteil vom 02.12.2013 - 3 A 242/11 -, juris) und der Kläger sich nunmehr auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht (BVerwG, Urteil vom 11.03.1993 - 3 C 90/90 -, BVerwGE 92, 172).
25 
2. Voraussetzung für ein berechtigtes Feststellungsinteresse mit Blick auf die (beabsichtigte) zivilgerichtliche Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen ist allerdings, dass diese nicht offensichtlich aussichtslos ist, wobei bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ein strenger Maßstab anzulegen ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten zivilrechtlichen Anspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Wysk, a.a.O., § 43 Rn. 57 m.w.N.). Der Verwaltungsprozess muss auch nach Erledigung des ursprünglichen Feststellungsbegehrens nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn ein Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Insoweit gilt nichts anderes als zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse mit Blick auf eine Staatshaftungsklage bei erledigter (sportwettenrechtlicher) Untersagungsverfügung (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 16.05.2013 - 8 C 14-16.12, 22.12, 35.12, 38.12, 40.12 -, BVerwGE 146, 303 und juris m.w.N.). Diese Grundsätze gelten - anders als die Klägerin möglicherweise meint - auch im Hinblick auf die beabsichtigte Geltendmachung eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (vgl. BVerwG, a.a.O.), auf den die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, ihren Anspruch auf Staatshaftung stützt.
26 
Vorliegend drängt sich aber schon ohne detaillierte Würdigung auf, dass die Klägerin selbst dann, wenn man unterstellt, dass Regelungen zum Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für gewerbliche Spielevermittler, zum Verbot, öffentliche Glücksspiele über das Internet zu vermitteln, zum Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und zur Beschränkung von Werbemaßnahmen, soweit diese auch die Internetvermittlung der im Feststellungsantrag näher bestimmten Lotterieprodukte betreffen, im Zeitraum vom 01.01.2009 - 30.06.2012 den Marktzutritt der Klägerin in unionsrechtswidriger Weise verhindert oder erschwert haben, keinen unionsrechtlichen Anspruch auf Staatshaftung hat.
27 
3. Für die unionsrechtliche Staatshaftung ist ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß erforderlich (vgl. dazu ausführlich: BGH, Urteile vom 18.10.2012 - III ZR 196/11 -, EuZW 2013, 194; - III 197/11 -, NJW 2013, 168). Dies setzt eine erhebliche und - anders als die Klägerin möglicherweise annimmt - gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war. Außerdem bedarf es der Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden (EuGH, Urteil vom 05.03.1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame -, NJW 1996, 1267; ebenso BVerwG, a.a.O.).
28 
a) Ein - unterstellter - Unionsrechtsverstoß durch das Verbot des Internetvertriebs für öffentliche Glücksspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.) hinsichtlich der von der Klägerin bis zu dessen Einführung vermittelten Produkte bzw. der Produkte, die entsprechend dem Feststellungsantrag weiterhin vermittelt werden sollten, ist bei Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung nicht offenkundig. Dies drängt sich auch auf.
29 
aa) In Ermangelung einer Harmonisierung des Bereichs der Glücksspiele durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben. Dementsprechend verfügen die staatlichen Stellen in diesem Bereich über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (EuGH, Urteil vom 08.09.2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - Slg. 2009, I-07633; vom 12.06.2014 - C-156/13, NVwZ 2014, 554, jeweils m.w.N.).
30 
Internetvertriebsverbote für öffentliche Glücksspiele sind demnach unionsrechtlich grundsätzlich zulässig. Allerdings wird durch ein Internetvertriebsverbot der freie Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union beschränkt, den Art. 56, 57 AEUV gewährleisten und der unter anderem die Tätigkeiten umfasst, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24.03.1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-01039 Rn. 22 f., 25 und vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554 m.w.N.). Die Dienstleistungsfreiheit gilt freilich nicht absolut. Sie darf eingeschränkt werden, wenn die beschränkende Regelung mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (allgemein EuGH, Urteil vom 30.11.1995 - Rs. C-55/94, Gebhard - Slg. 1995, I-04165; für den Glücksspielbereich EuGH, Urteile vom 24.03.1994, Schindler, a.a.O., vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-01891 und vom 08.09.2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - Slg. 2009, I-07633; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010, a.a.O.).
31 
bb) Diese Voraussetzungen wurden durch das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F., auch soweit es die Vermittlung von Lotterien betrifft, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5/10 -, BVerwGE 140, 1) erfüllt.
32 
Es hat in diesem Urteil insbesondere darauf hingewiesen, dass damit unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele verfolgt würden wie die Bekämpfung der Spielsucht, der Jugend- und Spielerschutz sowie die Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote und die Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität. Es sei in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt, dass Wetten und Glücksspiele im Internet diese Ziele in besonderem Maße gefährdeten. Deshalb seien Maßnahmen, mit denen jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet anzusehen, die genannten legitimen Ziele, insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht und den Jugendschutz, zu verfolgen, selbst wenn herkömmliche ("terrestrische") Vertriebsformen des Glücksspiels nicht untersagt werden (unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422). Gerade wegen der spezifischen Gefahren, die das Internet mit sich bringe, habe es der Gesetzgeber auch für erforderlich halten dürfen, die Nutzung des Internets zu verbieten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setze die Eignung der Internetverbote zusätzlich voraus, dass sie zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen (unter Bezugnahme auf EuGH, Urteile vom 06.11.2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031, vom 03.06.2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - NVwZ 2010, 1081 sowie vom 08.09.2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. und Carmen Media, a.a.O., vom 10.03.2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721). Das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten oder zu vermitteln (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.), werde auch diesen Anforderungen gerecht.
33 
cc) Dem Landesgesetzgeber lagen bei Einführung des Internetvertriebsverbots soweit ersichtlich auch keine Erkenntnisse vor, aus denen er hätte ableiten können oder gar müssen, dass das Suchtgefährdungspotential bei Lotterieprodukten, wie sie die Klägerin nach dem Feststellungsantrag weiterhin vermitteln wollte, signifikant geringer ist als bei anderen vom Internetvertriebsverbot erfassten öffentlichen Glücksspielen und auch das Gefährdungspotential des terrestrischen Vertriebs von Lotterieprodukten nicht übersteigt, so dass ein Internetvertriebsverbot nicht erforderlich gewesen wäre. Der Landesgesetzgeber hatte vielmehr keine Anhaltspunkte, Lotterieprodukte vom Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags im Allgemeinen und des Internetvertriebsverbots im Besonderen auszunehmen, weil ihm eine gegenläufige wissenschaftliche Studie (Meyer/Hayer, Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005) vorlag, der sich - entgegen dem Vortrag der Klägerin und trotz teilweise abschwächender Äußerungen - entnehmen ließ, dass Lotterien in Abhängigkeit von den jeweiligen Veranstaltungsmerkmalen suchttypische Entwicklungsverläufe verursachen können, mit der Folge, dass eine Ausweitung des Glücksspielangebots die bereits jetzt gegebene Suchtgefahr vergrößert. Auf dieser Grundlage konnte der Gesetzgeber nach der vorstehend angeführten Rechtsprechung davon ausgehen, dass die spezifischen Gefahren für die Bekämpfung der Spielsucht und den Jugendschutz, die das Internet mit sich bringt, auch beim Vertrieb von Lotterieprodukten bestehen und im Vergleich zu deren terrestrischem Vertrieb erhöht sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/10 -, NVwZ 2008, 1338). Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Erheblichkeitsschwelle anders beurteilt hat als die Klägerin, begründet nicht das offensichtliche Fehlen der Erforderlichkeit der Regelung (vgl. zur fehlenden Offensichtlichkeit auch BVerfG, a.a.O.). Soweit der Gesetzgeber auf dieser Grundlage ein geringeres Suchtpotential durch Lotterien identifiziert hat, hat er dem auch beim Internetvertriebsverbot Rechnung getragen (BVerwG, Urteil vom 01.06.2001, a.a.O.). Der Umstand, dass für Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential (§ 22 GlüStV a.F.), insbesondere bei Lotterien mit mehr als zwei Ziehungen pro Woche (§ 22 Abs. 2 GlüStV a.F.), welche die Klägerin nicht vermitteln will, weitergehende Anforderungen gestellt wurden als für Lotterien mit weniger Ziehungen, welche die Klägerin weiterhin vertreiben wollte, lässt nicht den Schluss zu, dass das Gefährdungspotential dieser Lotterien nicht ausreicht, um das Internetvertriebsverbot zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Dass - unterstellt - unionsrechtlich ein erhöhter Aufklärungsbedarf in tatsächlicher Hinsicht bestanden hätte, war für den Landesgesetzgeber nach der einschlägigen Rechtsprechung jedenfalls nicht erkennbar (vgl. dazu das von der Klägerin angeführte, spätere, aber bereits insoweit nicht weiterführende Urteil des EuGH vom 06.10.2009 - C-153/08 -, Slg. 2009, I-9735; ebenso Urteil vom 13.11.2003 - C-42/02 -, Slg. 2003, I-13519).
34 
Die mit den Beweisanträgen 1 bis 12 unter Beweis gestellten Tatsachen erweisen sich damit als nicht entscheidungserheblich. Die Beweisanträge zielen darauf ab nachzuweisen, dass der Gesetzgeber das Gefährdungspotential bei Einführung des Internetvertriebsverbots für Lotterieprodukte als zu hoch einschätzte. Damit wäre aber zunächst lediglich eine Unionsrechtsverletzung belegt, nicht deren Offenkundigkeit. Diese setzte zumindest die Erkennbarkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen voraus. Mit den Beweisanträgen werden aber lediglich Tatsachen unter Beweis gestellt, die erst mit deren Feststellung durch das zutreffend jeweils immer auch beantragte, also noch zu erstellende Sachverständigengutachten (bzw. sachverständige Zeugnis) zugänglich wären.
35 
Soweit der Landesgesetzgeber nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags auch aufgrund eigener Evaluierung Erkenntnisse erlangt hat, die eine abweichenden Einschätzung des Gefährdungspotentials zulassen oder nahe legen (vgl. etwa die von der Klägerin vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. Tilman Becker, Universität Hohenheim, zur Landtagsanhörung vom 13.10.2009), hat er dem mittlerweile jedenfalls im Ergebnis durch die grundsätzliche Wiederzulassung des Internetvertriebs für Lotterieprodukte (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F) Rechnung getragen. Es ist vor dem dargestellten Hintergrund nicht offenkundig, dass er damit unionsrechtlich zu spät reagiert hat.
36 
dd) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetvertriebsverbot aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits der gesetzlichen Regelung infolge der geduldeten Werbepraxis der staatlichen Lotteriegesellschaften wegen fehlender Binnenkohärenz (ab einem bestimmten Zeitpunkt nach seiner Einführung) unionsrechtswidrig und damit nicht (mehr) anwendbar war. Das Bundesverwaltungsgericht ist - wie bereits ausgeführt - noch in seinem Urteil vom 01.06.2011 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass das Internetvertriebsverbot die unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen erfüllt. Nachfolgend haben zwar das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 20.11.2011 - 13 B 1135/11 -, juris) und kurz vor dem Außerkrafttreten des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 26.06.2012 - 10 BV 09.2259 -, juris) im Hinblick auf diese Werbepraxis die Kohärenz und damit die Anwendbarkeit der Werbeverbote des § 5 Abs. 3 bzw. Abs. 4 GlüStV a.F. in Frage gestellt bzw. verneint, nicht aber bezüglich des Internetvertriebsverbots. Dies ist - soweit ersichtlich - während der Geltung des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. auch später nicht zumindest obergerichtlich erfolgt (wie hier i.E. OVG Sachsen, a.a.O.).
37 
ee) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetangebot für Lotterieprodukte, welches Lotto Hessen mit Erlaubnis der hessischen Behörden seit Juli 2010 (und wohl bis zum 30.06.2012) unterhielt und das jedenfalls ab 2011 von anderen Bundesländern aus zugänglich war, einen solchen Umfang hatte, dass das Internetvertriebsverbot für Lotterieprodukte aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits der gesetzlichen Regelung wegen fehlender Binnenkohärenz unionsrechtswidrig und damit nicht mehr anwendbar war. Insoweit fehlt es bereits an einer Darlegung von Anhaltspunkten, z.B. des von Lotto Hessen auf diesem Weg generierten Umsatzes, die eine entsprechende Schlussfolgerung zur Folge hätte haben können oder müssen. Hinzu kommt, dass die Binnenkohärenz selbst dann gewahrt sein kann, wenn ein Bundesland für einen begrenzten Zeitraum den im übrigen Bundesgebiet grundsätzlich verbotenen Internetvertrieb von öffentlichen Glücksspielen durch abweichende gesetzliche Regelung öffnet (vgl. EuGH, Urteil vom 12.06.2014 - C-156/13 -, NVwZ 2014, 193), was der Annahme einer Offenkundigkeit fehlender Binnenkohärenz durch ein strukturelles, aber zeitlich beschränktes bloßes Vollzugsdefizit entgegensteht.
38 
Die mit dem Beweisantrag 13 unter Beweis gestellten Tatsachen sind vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Der Beweisantrag ist lediglich auf die Feststellung der (unstreitigen) Existenz und der (weitgehend unstreitigen) Zugänglichkeit des Internetlottoangebots von Lotto Hessen gerichtet, nicht auf die Feststellung von Tatsachen, welche das Vorliegen eines strukturellen Vollzugsdefizits des die Klägerin betreffenden Internetverbots belegen können, geschweige denn dessen Offenkundigkeit, die im Übrigen auch - wie ausgeführt - aus Rechtsgründen ausscheidet.
39 
ff) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetvertriebsverbot wegen fehlender horizontaler oder intersektoraler Kohärenz (ab einem bestimmten Zeitpunkt) unionsrechtswidrig und damit nicht (mehr) anwendbar war. Art. 56 AEUV verlangt keine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei an der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasst. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rn. 52). Eine intersektorale oder horizontale Inkohärenz liegt vielmehr erst vor, wenn unterschiedliche Regelungen oder deren Handhabung dazu führen, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 53 m.w.N.). Insoweit fehlt es bereits an Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht, die eine entsprechende Schlussfolgerung zur Folge hätten haben können oder müssen.
40 
gg) Das beklagte Land musste auch nicht davon ausgehen, dass das Internetvertriebsverbot im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 nicht anwendbar war, weil das Gesetz vom 29.11.2011 (GBl. 2011, 533), mit dem § 3 Abs. 3 GlStVZustG BW dahingehend geändert wurde, dass mit Auslaufen des Staatsvertrags zum 31.12.2011 dessen Regelungen und damit auch das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. auch ohne den in § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. vorgesehenen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz fortgelten, anders als der Glücksspielstaatsvertrag a.F. selbst, nicht gemäß Art. 8 Richtlinie 98/34/EG notifiziert wurde (zur Unanwendbarkeit einer Vorschrift bei fehlender Notifizierung trotz Notifizierungspflicht EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-303/04 -, juris).
41 
Eine erneute Notifizierungspflicht kann nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 Richtlinie 98/34/EG bestehen, wenn die Mitgliedstaaten an dem Entwurf einer notifizierten technischen Vorschrift wesentliche Änderungen vornehmen, die den Anwendungsbereich ändern, den ursprünglichen Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzufügen oder verschärfen.
42 
Die Geltungsverlängerung über die in § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. vorgesehene Befristung hinaus stellt schon dem Wortlaut nach keine wesentliche Änderung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 Richtlinie 98/34/EG dar. Eine zeitliche Änderung des Anwendungsbereichs ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur bei Vorverlegung des geplanten Regelungsbeginns notifizierungsbedürftig. Außerdem war die Möglichkeit der Verlängerung des zeitlichen Anwendungsbereichs im notifizierten Glücksspielstaatsvertrag a.F. enthalten, so dass auch funktional ein erneutes Notifizierungsbedürfnis nicht ersichtlich war. Aufgrund der nach § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. vorgesehenen Möglichkeit, mit Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz das Fortgelten des Staatsvertrages und damit dessen Weitergeltung als Landesrecht zu beschließen, war die Befristung des Glücksspielstaatsvertrags a.F. unter den Vorbehalt gestellt, dass man keine Fortgeltung beschließen würde. Auch der gewählte Verlängerungsmodus war nicht neu; er ergibt sich aus Art. 30, 70 GG und konnte durch die Regelung in § 28 Abs. 1 GlüStV a.F. nicht eingeschränkt werden. Dementsprechend sahen die - nach der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis im Übrigen und damit auch insoweit grundsätzlich nicht notifizierungspflichtigen (vgl. die Nachweise bei Dietlein, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl., Einf. Rn. 26) - Zustimmungsgesetze der übrigen Bundesländer schon von Anfang an vor, dass unabhängig von einem Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags a.F. sein Inhalt (oder jedenfalls weite Teile davon) fortgelten (vgl. Postel, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., Art. 2 GlüÄndStV, Rn. 13).
43 
b) War mithin weder bei Einführung des auch für die im Feststellungsantrag genannten Lotterieprodukte geltenden Internetvertriebsverbots noch zu einem späteren Zeitpunkt seines Bestehens offenkundig, dass die darin liegende Verwehrung des Marktzutritts für die Klägerin gegen Unionsrecht verstößt, gilt dies offensichtlich erst recht für - unterstellte - Unionsrechtsverstöße, die den Marktzugang nur erschweren, nicht aber verhindern, dessen Möglichkeit also gerade voraussetzen, wie das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für die Tätigkeit als gewerbliche Spielevermittlerin, das Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und die Beschränkung von Werbemaßnahmen.
44 
c) Selbst wenn in der Verhinderung des weiteren Marktzugangs der Klägerin durch Einführung des Internetvertriebsverbots oder in dessen Erschwerung durch das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis für die Tätigkeit als gewerbliche Spielevermittlerin, das Verbot bundeslandübergreifender Vermittlung und die Beschränkung von Werbemaßnahmen ein qualifizierter Unionsrechtsverstoß läge, wäre dieser offensichtlich nicht kausal für einen etwaigen Schaden der Klägerin. Denn sie hätte den Vertrieb der von ihr über das Internet vermittelten öffentlichen Glücksspiele auch deshalb einstellen müssen, weil sie entgegen der nicht angegriffenen Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 GlüStV a.F. nicht sichergestellt hatte, dass Minderjährige von der Teilnahme an diesen Glücksspielen ausgeschlossen sind. Dies setzte voraus, dass jedenfalls diejenigen Maßnahmen durch die Klägerin ergriffen worden wären, die geeignet sind, eine Gefährdung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen (Postel, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 Rn. 62 ff. m.w.N.). Schon in dem von der Klägerin geführten Verfassungsbeschwerdeverfahren hat das Bundesverfassungsgericht zu dem von der Klägerin verwendeten Verfahren aber ausgeführt, dass es nicht verhindere, dass sich Jugendliche allein schon mit falschen Angaben registrieren und anschließend den Auftrag zur Vermittlung von Lottospielverträgen erteilen können (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). Dass sich daran bis zum 31.12.2008, etwa durch Implementierung eines technikgestützten Authentifizierungs- und Identifizierungssystems (vgl. BVerfG) etwas geändert hätte, hat die Klägerin bereits nicht vorgetragen.
II.
45 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend auch nicht mit Blick auf die Bindungswirkung eines zu Gunsten der Klägerin ergehenden rechtskräftigen Feststellungsurteils für die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs gegen das beklagte Land (i.E. wie hier OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris).
46 
1. Dem steht allerdings - unabhängig von der dogmatischen Einordnung - nicht bereits die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegenstehen (so OVG Sachsen, a.a.O). Zwar wäre der Folgenbeseitigungsanspruch mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen, der gegenüber die Feststellungsklage grundsätzlich subsidiär ist. Dies dürfte erst recht gelten, wenn nicht der Anspruch selbst, sondern wie hier lediglich ein Tatbestandselement des Anspruchs, nämlich das Vorliegen eines rechtswidrigen Zustands in der Vergangenheit, festgestellt werden soll. Sinn der durch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelten Subsidiarität der Feststellungsklage im Verhältnis zur allgemeinen Leistungsklage ist die Konzentration des Rechtsschutzes auf das effektivste Verfahren (Wysk, a.a.O., Rn. 43 ff.). Diese Überlegung greift aber - wie bei der Frage der vorrangigen Durchführung eines Staatshaftungsprozesses - nicht, wenn wie hier mit einer Feststellungsklage bereits primärer Rechtsschutz begehrt wurde, sich dieses Begehren aber nach Klageerhebung erledigt und der Kläger sich nunmehr auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Ersatzansprüchen verwiesen sieht.
47 
2. Voraussetzung für ein berechtigtes Feststellungsinteresse mit Blick auf die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist - wie bei der beabsichtigten Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen - allerdings, dass diese nicht offensichtlich aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine auf Folgenbeseitigung gerichtete Klage demnach, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten Folgenbeseitigungsanspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt, weil - die begehrte Feststellung der rechtswidrigen Verwehrung oder Erschwerung des Marktzutritts unterstellt - andere Anspruchsvoraussetzungen offensichtlich fehlen.
48 
Dies ist hier der Fall. Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt u.a. voraus, dass die rechtswidrigen Folgen des - unterstellt - rechtswidrigen hoheitlichen Handelns noch andauern (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 30). Der Marktzutritt, also die Vermittlung von Lotterieprodukten über das Internet, ist der Klägerin aber grundsätzlich wieder möglich (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F.). Soweit der Marktzutritt der Klägerin deshalb verwehrt ist, weil ihr die von ihr beantragte Erlaubnis nach § 4 Abs. Satz 1 GlüStV n.F. (noch) nicht erteilt wurde, beruht dies mithin nicht mehr auf § 4 Abs. 4 GlüStV a.F., sondern - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich geworden ist - auf der streitigen Beurteilung der Erlaubnisvoraussetzungen nach der geltenden Rechtslage. Fortdauernde Markterschwernisse, also insbesondere der allgemeine Erlaubnisvorbehalt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. und n.F.) hatten unter der Geltung des Marktzutrittshindernisses des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. bereits keine weiteren nachteiligen Folgen.
III.
49 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist auch nicht aus Gründen der Rehabilitierung zu bejahen.
50 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme - hier: der mittelbar angegriffenen Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags a.F. - eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Die Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Dabei hat die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar noch keinen diskriminierenden Charakter und enthält kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.).
51 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, ohne dass es auf die von der Klägerin an dieser Rechtsprechung geäußerte Kritik ankäme. Denn die von der Klägerin mit Blick auf eine eventuelle Strafbarkeit (vgl. dazu BVerwG, a.a.O., zu den Besonderheiten bei juristischen Personen) infolge Verstoßes gegen glücksspielrechtliche Vorgaben durch Weiterführung ihrer Vermittlungstätigkeit im Jahr 2008 erkannte Stigmatisierung durch Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags a.F. ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.1.2009 bis 30.06.2012 kann demgegenüber bereits ein objektiver Verstoß gegen strafrechtliche oder sonstige Bestimmungen schon nicht im Raum stehen, weil die Klägerin ihre Tätigkeit zum 31.12.2008 beendet hat (wie hier i.E. OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, a.a.O.). Dass die Klägerin mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit vorbeugenden Rechtsschutz hätte erlangen können, ändert hieran nichts. Dem in die Zukunft wirkenden ordnungsrechtlichen Verbot einer ehemals erlaubten Tätigkeit als solchem ist ebenfalls noch kein diskriminierender Charakter i.S. einer Ehrverletzung beizumessen (OVG des Saarlands, a.a.O.). Das beklagte Land hat im Übrigen erklärt, dass sich neue Anträge der Klägerin allein nach der geltenden Rechtslage beurteilen.
IV.
52 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr. Für eine Gefahr der Wiederholung einer hoheitlichen Maßnahme ist entscheidend, dass die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, juris, und vom 16.5.2013, a.a.O.).
53 
Daran fehlt es. Die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Lotterievermittlung im Internet maßgebliche und von der Glücksspielaufsicht des beklagten Landes zu beachtende Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags n.F. und dessen landesrechtlicher Umsetzung zum 01.07.2012 bei einer Gesamtbetrachtung trotz Fortbestand der Erlaubnispflicht (§ 19 i.V.m. §§ 4 bis 8 GlüStV n.F.) und des Regionalitätsprinzips (§ 2 Abs. 3 LGlüG) grundlegend geändert. Während unter Geltung des GlüStV a.F. die Internetvermittlung von Lotterien generell verboten war (§ 4 Abs. 4 GlüStV a.F.), ordnet § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. an, dass eine Lotterievermittlung im Internet nach Erteilung einer entsprechenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis zulässig ist. Auch sonst wurden die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV n.F. in wesentlichen Punkten neu geregelt. Zudem wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV a.F. deutlich zurückgenommen (wie hier OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, a.a.O.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a.a.O. und Beschluss vom 17.10.2012 - 9 B 47.12 -, juris). Eine andere Bewertung oder auch eine Einzelbetrachtung der unverändert gebliebenen und von der Glücksspielaufsicht zu beachtenden Regelungen führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit hätte sich die behauptete Gefahr schon verwirklicht mit der Folge, dass ein Feststellungsinteresse für die Vergangenheit unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr nicht besteht.
54 
Auch aus der Befristung der neuen Regelung lässt sich - mit Blick auf den Landesgesetzgeber - keine Wiederholungsgefahr herleiten. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der gegenwärtige Staatsvertrag noch mindestens bis zum 30.6.2021 fortgilt. Ob der Gesetzgeber auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erfahrungen die derzeitige Regelung fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist derzeit jedenfalls nicht abzusehen. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer solchen Rückkehr reicht jedoch für die Annahme einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr nicht aus (OVG des Saarlandes, a.a.O.; vgl. auch BVerwG, a.a.O.).
V.
55 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bzw. der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs i.S.d. Art. 47 GRC, begründen. Die Klägerin hat insoweit ihr Feststellungsinteresse in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur noch aus Art. 56 AEUV i.V.m. Art 47 GRC hergeleitet.
56 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.), die auf das Vorliegen eines berechtigten Feststellungsinteresses nach § 43 Abs. 1 VwGO übertragbar ist (ebenso OVG Sachsen, a.a.O.; OVG des Saarlandes, a.a.O.), verlangt Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses hinaus - und zwar auch bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen - nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (zu Ausnahmen hiervon vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 15.07.2010 - 2 BvR 1023/08 -, juris). Aus dem von der Klägerin angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (vom 28.02.2012 - 2 BvR 612/12 -, juris) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Feststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist danach auch aus Art. 47 GRC, seine Anwendbarkeit nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC unterstellt, nicht herzuleiten (vgl. dazu und zum Nachstehenden BVerwG, a.a.O.).
57 
Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22.12.2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13.06.2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers in der beschriebenen Konkretisierung zu fordern. Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das - vorliegend unstreitig nicht verletzte - unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11.07.1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16.07. 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653; Beschluss vom 13.06.2012, a.a.O.).
58 
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22.12.2010, a.a.O., und Beschluss vom 13.06.2012, a.a.O.). Eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22.12.2010, a.a.O.; Beschluss vom 13.06.2012, a.a.O.). Danach kommt es maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die von der Klägerin begehrte Feststellung, mit der sie belastende Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages a.F. in Frage gestellt wurden, während dessen mehrjähriger Geltung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens beantragt werden konnte und beantragt wurde. Das Verwaltungsgericht hat hierüber auch noch während der Geltung des Glücksspielstaatvertrags a.F. entschieden. Die Klägerin könnte unter den Voraussetzungen, die § 43 Abs. 1 VwGO für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses hinsichtlich eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses fordert, also zur Abwendung fortwirkender Nachteile, die begehrte Feststellung selbst nach Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrags a.F. im Rahmen des Berufungsverfahrens noch treffen lassen. Dass § 43 Abs. 1 VwGO keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.
59 
Auch das Effektivitätsgebot ist nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. 07. 1991, a.a.O., und vom 13. 03.2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen. Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme wie hier bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.
60 
Dies folgt schon aus den wiedergegebenen, durch den Europäischen Gerichtshof aufgestellten Anforderungen an das Effektivitätsgebot, ohne dass es auf die von der Klägerin kritisierte weitere Bezugnahme des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.) auf die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro (in: Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 08.04.1992, Slg. 1992 I-4897) im Zusammenhang mit der Konkretisierung des Effektivitätsgebots für den Bereich prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ankäme. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter kritisiert, die in Bezug genommenen Schlussanträge stammten aus der Zeit vor Inkrafttreten der EU-Grundrechtecharta, berücksichtigt sie nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH in Art. 47 Abs. 1 GRC eine Konkretisierung des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes sieht, weshalb Stellungnahmen hierzu auch herangezogen werden können.
61 
Auch aus den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführten unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt sich kein anderes Bild. Soweit darin jeweils nach Erledigung eines Eingriffs eine inhaltliche Klärung für zulässig erachtet wurde, ist damit jeweils keine Aussage verbunden, dass dieses dem unionsrechtlichen Prozessrecht mithin bekannte Phänomen zwingend Teil des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bzw. der Gewährleistung des Art. 47 GRC wäre. Im Übrigen war in den angeführten Verfahren jeweils gerade ein möglicher Nutzen für den Kläger (Anspruch auf „Folgenbeseitigung“ im weiteren Sinn) durch die nachträgliche Klärung Anlass für die Annahme einer Klagebefugnis bzw. eines Rechtsschutzinteresses (vgl. EuG, Urteil vom 13.12.1995 - T-481/93, T-484/93 -; vom 14.09.1995 - T-480/93, T-483/93 -; EuGH, Urteil vom 28.05.2013 - C-239/12 -, alle juris).
62 
Vor diesem Hintergrund bedarf es auch nicht der von der Klägerin angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV.
B.
63 
Die mit dem Hilfsantrag verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage ist ebenfalls unzulässig, weil die Klägerin auch kein berechtigtes Interesse (§ 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO analog) an der begehrten Feststellung hat, das beklagte Land sei verpflichtet gewesen, ihr die beantragte Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. zur Vermittlung bestimmter Lotterieprodukte ab 01.01.2009 (ggf. auch eingeschränkt) zu erteilen bzw. über diesen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
64 
Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss auch das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a. a. O.,m. w. N.).
I.
65 
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Insoweit gelten die Ausführungen zu A.I.2. entsprechend. Die beantragte Erlaubnis war nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AGGlüStV BW i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. schon wegen des beabsichtigten Internetvertriebs abzulehnen. Die beabsichtigte Geltendmachung von unionsrechtlichen Staatshaftungsansprüchen ist offensichtlich aussichtslos ist, weil dem beklagten Land aus den dort genannten Gründen auch auf exekutiver Ebene bei insoweit unterstellter fehlerhafter Rechtsanwendung für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 offensichtlich kein qualifizierter Rechtsverstoß im Sinne der unionsrechtlichen Staatshaftung zur Last zu legen ist und dieser unabhängig davon offensichtlich nicht für einen eventuellen Schaden kausal wäre.
II.
66 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend auch nicht mit Blick auf die Bindungswirkung eines zu Gunsten der Klägerin ergehenden rechtskräftigen Feststellungsurteils für die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs gegen das beklagte Land, weil die (beabsichtigte) gerichtliche Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs offensichtlich aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine auf Folgenbeseitigung gerichtete Klage, wenn sich das Nichtbestehen des behaupteten Folgenbeseitigungsanspruchs ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt, weil - die begehrte Feststellung der rechtswidrigen Versagung der beantragten Erlaubnis unterstellt - andere Anspruchsvoraussetzungen offensichtlich fehlen. Dies ist der Fall. Denn der hierdurch schon wegen der Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. verwehrte Marktzutritt ist mittlerweile grundsätzlich wieder möglich (vgl. dazu oben unter A II. 2.).
III.
67 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist auch nicht aus Gründen der Rehabilitierung zu bejahen.
68 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme - hier: der Ablehnung der beantragten Erlaubnis - eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Die Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Dabei hat die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar noch keinen diskriminierenden Charakter und enthält kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (BVerwG, Urteile vom 16.05.2013, a.a.O.).
69 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, ohne dass es auch insoweit auf die von der Klägerin an dieser Rechtsprechung geäußerte Kritik ankäme. Denn die Begründung des Bescheids, mit dem die von der Klägerin beantragte Erlaubnis abgelehnt wurde, enthält bereits keine Einschätzung, dass das Verhalten der Klägerin oder ihrer Organwalter vor Erlass des Bescheids strafbar gewesen sei. Der Ablehnungsbescheid hat auch keinen Verweischarakter (vgl. dazu den von der Klägerin angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2001 - 6 B 61/01 -, juris). Das beklagte Land hat im Übrigen erklärt, dass sich neue Anträge der Klägerin allein nach der geltenden Rechtslage beurteilen und ihr der Bescheid vom 15.12.2008 hierbei nicht entgegengehalten werden wird.
IV.
70 
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse lässt sich nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (BVerwG, Urteil vom 12.10.2006 - 4 C 12.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m. w. N.). Daran fehlt es, weil sich die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zur gewerblichen Spielvermittlung maßgeblichen rechtlichen Umstände mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags und dessen landesrechtliche Umsetzung zum 1. Juli 2012 grundlegend geändert haben (s. dazu oben unter A IV.). Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist nicht absehbar.
V.
71 
Die Eingriffsschwere begründet weder allein noch in Verbindung mit der nationalen und unionsrechtlichen effektiven Rechtsschutzgarantie ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen unter A. V. verwiesen (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 16. 05. 2013, a.a.O.).
C.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
D.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
74 
Beschluss vom 20.05.2015
75 
Der Streitwert für das Verfahren in der Berufungsinstanz wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
76 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Sie berücksichtigt, dass das Verfahren den abgetrennten, erledigten Teil des ursprünglichen Klageverfahrens betrifft.
77 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Vermittlung von Sportwetten an einen österreichischen Veranstalter.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 9. November 2003 die Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis, Wetten zu festen Gewinnquoten (sog. Oddset-Wetten) anzunehmen, zu veranstalten, zu sammeln, zu bestellen und ins europäische Ausland an dort konzessionierte Wettanbieter vermitteln zu dürfen. Der Hauptsitz des Unternehmens sollte im Bereich der Beklagten sein. Das Wettangebot wollte der Kläger hauptsächlich über Annahmestellen verbreiten.

Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 10. Februar 2004. Es sei festzustellen, dass die Veranstaltung und Vermittlung von in Bayern nicht erlaubten Sportwetten als unerlaubte Tätigkeit kein Gewerbe darstelle. Es handle sich vielmehr um Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB. Diese seien nach Art. 2 des Staatslotteriegesetzes ausschließlich dem Freistaat Bayern vorbehalten. Es könne somit weder eine Erlaubnis erteilt werden noch eine Gewerbeanzeige entgegen genommen werden. Für den Fall, dass der Kläger diese Ansicht nicht teile, habe er die Möglichkeit, eine allgemeine Feststellungsklage zu erheben.

Am 23. März 2004 ließ der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben. Er beantragte festzustellen, dass er berechtigt sei, ein Gewerbe auszuüben, welches umfasst, Sportwetten mit festen Gewinnquoten (sog. Oddset-Wetten) an die Firma O. mit Sitz in Österreich zu vermitteln, hilfsweise, den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Erlaubnis zu erteilen, Sportwetten mit festen Gewinnquoten (sog. Oddset-Wetten) an die Firma O. in Österreich zu vermitteln, (weiter) hilfsweise, den Bescheid der Beklagen vom 10. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Rechtsansicht der Beklagten, in Bayern könne ein Gewerbe des Betreibens von Sportwetten mit festen Gewinnquoten ausnahmlos von Privaten nicht ausgeübt werden, sei rechtswidrig. Der Kläger werde dadurch in seinem Grundrecht auf freien Zugang zum Beruf im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG sowie in seinen Rechten aus Art. 43 und 49 des EG-Vertrages, welche europarechtlich die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gewährleisten, verletzt.

Mit Urteil vom 17. Juli 2006 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Die Feststellungsklage sei zwar zulässig, da die Beklagte gegen den Kläger keinen belastenden Verwaltungsakt erlassen habe und für den Kläger nicht die Möglichkeit bestehe, die Rechtslage im Rahmen einer Anfechtungsklage verbindlich klären zu lassen. Der Feststellungsantrag sei jedoch unbegründet, da der Kläger nicht berechtigt sei, ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten an eine österreichische Firma zu vermitteln. Das Erlaubniserfordernis sei nicht europarechtswidrig. Aber auch der Hilfsantrag des Klägers führe nicht zum Erfolg, denn dieser sei unzulässig. Der Kläger habe nicht das bei einer Verpflichtungsklage erforderliche Vorverfahren gemäß § 68 VwGO durchgeführt. Zudem wäre die Klage insoweit auch unbegründet, denn es bestünden bereits Zweifel an der Passivlegitimation der Beklagten. Richtiger Beklagter wäre nach Auffassung der Kammer insoweit der Freistaat Bayern gewesen. Zudem stünde dem Kläger auch ansonsten kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis zu. Daher führe auch der weitere Hilfsantrag auf Neuverbescheidung des Klägers nicht zum Erfolg.

Dem Zulassungsantrag des Klägers vom 4. September 2006, den er mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2006 begründet hat, traten sowohl die Beklagte als auch die Landesanwaltschaft Bayern entgegen. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2006 ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zu. Dieser Beschluss wurde dem Klägerbevollmächtigten am 20. Dezember 2006 zugestellt.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2007, eingegangen am selben Tag, einem Montag, beantragte der Klägerbevollmächtigte, die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 22. Februar 2007 zu verlängern. Diesem Antrag gab der Vorsitzende des damals zuständigen Senats mit Schreiben vom 23. Januar 2007 statt.

Am 22. Februar 2007 wiederholte der Kläger im Berufungsverfahren zunächst seine bereits in erster Instanz gestellten Klageanträge.

Zur Begründung trug er vor, die Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Zwischen ihm und der Beklagten bestehe ein konkretes Rechtsverhältnis i. S. von § 43 Abs. 1 VwGO, weil diese im Schreiben vom 10. Februar 2004 die bestrittene Rechtsauffassung geäußert und eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung erteilt habe. Sie sei auch zuständige Behörde für die Entgegennahme von Gewerbeanmeldungen. Die Begründetheit der Klage ergebe sich daraus, dass das in § 284 StGB normierte Erlaubniserfordernis wegen Verstoßes gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 und 49 EG europarechtswidrig sei. Das Staatslotteriegesetz sei, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG nichtig.

Die Beklagte trat mit Schriftsatz vom 21. März 2007 dem Feststellungsbegehren des Klägers entgegen und trug vor, sie sei nicht passivlegitimiert. Das staatliche Wettmonopol für Sportwetten werde im Bayerischen Staatslotteriegesetz normiert. Somit erscheine der Freistaat Bayern als der „sachnähere“ Beklagte. Zudem habe der Kläger keinen Anspruch auf erlaubnisfreie Vermittlung von Sportwetten ins Ausland. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dürften das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen werden. Auch die Strafbarkeit gemäß § 284 Abs. 1 StGB sei von den Strafgerichten entgegen der Auffassung des Klägers nicht höchstrichterlich geklärt. Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 6. März 2007 ebenfalls betont, dass die einzelnen Mitgliedstaaten auf ihrem Gebiet unterschiedliche Schutzregelungen treffen dürften. Aus denselben Gründen habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis bzw. auf Neuverbescheidung.

Mit Schriftsatz vom 11. April 2007 erklärte die Landesanwaltschaft Bayern, dass sie sich als Vertreter des öffentlichen Interesses auch am Berufungsverfahren beteilige. Ihrer Meinung nach ergebe sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 6. März 2007 nicht, dass das Sportwettenmonopol in Deutschland nicht mit Gemeinschaftsrecht in Einklang stünde.

Mit Beschluss vom 16. April 2009 setzte der Senat das Berufungsverfahren aus, weil die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Vorabentscheidungsersuchen der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart (Rechtssachen C-316/07 u. a.) abhänge.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2010 nahm der Kläger das Verfahren wieder auf und trug vor, die nunmehr vorliegenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bestätigten den Rechtsstandpunkt des Klägers.

Dieser Auffassung trat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Februar 2011 entgegen und führte aus, der Europäische Gerichtshof stelle in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 ausdrücklich klar, dass es jedem Mitgliedstaat freistehe, das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen von einer behördlichen Erlaubnis abhängig zu machen. Er habe gerade keine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Glücksspielstaatsvertrages insgesamt getroffen, sondern lediglich Zweifel hinsichtlich des staatlichen Monopols auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen der vorlegenden Gerichte formuliert. Diese Feststellungen träfen aber nicht zu.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2012 trug der Kläger ergänzend vor, er habe bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 ein Feststellungsinteresse, da für ihn als privaten Unternehmer bis dahin keine Möglichkeit bestanden habe, Sportwetten zu veranstalten oder zu vermitteln und hierfür eine entsprechende Genehmigung zu erhalten. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei zu bejahen, weil die aufgrund der Aussage der Beklagten erfolgte Blockierung des Klägers einen schwerwiegenden Eingriff in sein Grundrecht auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und sein unionsrechtlich geschütztes Recht auf Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 43, 49 EG-Vertrag darstelle. Darüber hinaus beabsichtige er, Schadensersatzansprüche, auch unionsrechtliche, geltend zu machen. Seine Klage sei auch begründet. Insbesondere sei die Beklagte passivlegitimiert.

Er beantragt

festzustellen, dass der Kläger berechtigt war, im Zeitraum vom 9. November 2003 bis zum 30. Juni 2012, hilfsweise bis zum 31. Dezember 2007, ein Gewerbe auszuüben, das die Vermittlung von Sportwetten mit festen Gewinnquoten (Oddset-Wetten) an die Firma Oddscompany Sportwetten GmbH, Rhainerstraße 12, 4910 Ried im Innkreis, Österreich, umfasst.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In den mündlichen Verhandlungen vom 21. Mai 2012 und vom 3. Februar 2014 wurde die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert. Auf die Niederschriften wird Bezug genommen. Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist (nur noch) das Begehren des Klägers festzustellen, dass er berechtigt war, im Zeitraum vom 9. November 2003 bis zum 30. Juni 2012, hilfsweise bis zum 31. Dezember 2007, Sportwetten mit festen Gewinnquoten an die Firma O. in Österreich zu vermitteln. An seinen Anträgen auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis bzw. auf erneute Verbescheidung hält der Kläger demgegenüber nicht mehr fest. Diese lediglich hilfsweise gestellten Anträge konnte er ohne Weiteres fallen lassen, da damit keine Änderung des Klagegrundes verbunden ist (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO).

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, jedoch unbegründet, denn die Klage des Klägers ist mit dem zuletzt gestellten Antrag unzulässig. Sie ist zwar als Feststellungsklage statthaft (dazu 1.), aber gleichwohl unzulässig, weil dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt (dazu 2.).

1. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt hier vor (dazu 1.1.). Der Feststellungsklage steht auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen (dazu 1.2.).

1.1. Ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt vor. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren einer der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, U. v. 30.11.2011 - 6 C 20.10 - juris Rn. 12).

Vorliegend besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten Streit darüber, ob der Kläger während eines zurückliegenden Zeitraums Sportwetten vom Gebiet der Beklagten aus an eine in Österreich ansässige Wettfirma vermitteln durfte. Der Streit der Parteien betrifft die Anwendung bestimmter Normen des öffentlichen Rechts, nämlich zunächst des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 20. Juni 2004 (GVBl. S. 236) in Verbindung mit dem Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999 (GVBl. S. 226) und für die Zeit ab 1. Januar 2008 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV - GVBl. 2007, 906) auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt, hier das vom Kläger beabsichtigte Vermitteln von Sportwetten im Bereich der Beklagten. Während der Kläger geltend macht, er hätte Sportwetten ohne förmliche Erlaubnis an die österreichische Firma O. vermitteln dürfen, ist die Beklagte der Auffassung, dass dies in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht oder allenfalls nach Erteilung einer Erlaubnis rechtlich zulässig gewesen sei.

An einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten fehlt es auch nicht deshalb, weil die Beklagte für die Erteilung einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten nicht zuständig ist. Denn dem Kläger geht es letztendlich nicht darum, die Tätigkeit des Wettvermittlers mit einer Erlaubnis auszuüben, sondern er möchte in erster Linie festgestellt haben, dass er dies gerade ohne Erlaubnis tun kann. Da er sein Gewerbe vom Gebiet der Beklagten aus ausüben will, ihm diese schriftlich mitgeteilt hat, dass dies ihrer Ansicht nach nicht zulässig sei, ist ein zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehendes Rechtsverhältnis zu bejahen.

1.2. Der Feststellungsklage des Klägers steht nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Kläger konnte seine Rechte nämlich nicht durch eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgen. Nur dann wäre der mit der Subsidiaritätsklausel verfolgte Zweck, den erforderlichen Rechtsschutz auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2000 -7 C 3.00 - juris Rn. 12), zu erreichen.

Die Feststellungsklage wäre dann unstatthaft, wenn das Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2004 als förmliche Untersagungsverfügung oder Ablehnung der beantragten Erlaubnis und damit als Verwaltungsakt anzusehen wäre und der Kläger dagegen mit der Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) hätte vorgehen können.

Das Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2004 stellt jedoch keinen Verwaltungsakt dar, der mit einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage angegriffen werden könnte. Ein Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG läge nur dann vor, wenn das Schreiben als Verfügung oder Entscheidung der Beklagten zur Regelung eines Einzelfalls zu bewerten wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Bereits aus dem Eingangssatz geht hervor, dass die Beklagte lediglich eine Klarstellung zur streitigen Frage, ob der Kläger Sportwetten vermitteln darf, treffen wollte („…ist Folgendes festzustellen“.). Der weitere Inhalt des Schreibens befasst sich mit den gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen Sportwetten veranstaltet oder vermittelt werden dürfen und legt die damals geltende Rechtslage dar. Als Ergebnis ihrer kurzen Zusammenfassung weist die Beklagte sodann darauf hin, dass weder eine Gewerbeanzeige entgegen genommen noch dem Kläger eine Erlaubnis erteilt werden könne. Damit trifft sie aber keine verbindliche Regelung und Entscheidung im Einzelfall, sondern informiert über die damalige rechtliche Unzulässigkeit des Vermittelns von Sportwetten durch Private im Freistaat Bayern. Dass sie keine Einzelfallentscheidung treffen wollte, manifestiert sich zudem darin, dass die Beklagte selbst auf die Möglichkeit einer Feststellungsklage hinweist und dem Kläger gerade nicht anheimstellt, gegen diese Mitteilung eine Anfechtungsklage zu erheben oder im Wege der Verpflichtungsklage eine Erlaubnis zu erstreiten.

Mit einer unabhängig von der Mitteilung der Beklagten vom 10. Februar 2004 erhobenen Verpflichtungsklage hätte der Kläger sein Ziel auch nicht effektiver erreichen können, denn es geht ihm mit dem Rechtsstreit um die Klärung der allein strittigen Rechtsfrage, ob er ohne Erlaubnis sein Gewerbe des Vermittelns von Sportwetten ausüben darf. Auf die Frage, ob er hierfür eine Erlaubnis erhalten könnte, kommt es dem Kläger nicht an. Die im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfene Frage wäre im Übrigen auch dann noch offen, wenn der Kläger eine Erlaubnis erhalten hätte. Dies gilt auch für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008. Denn will der Kläger vorliegend die Feststellung, dass er über den gesamten streitbefangenen Zeitraum das beabsichtigte Gewerbe ohne behördliche Gestattung der Beklagten ausüben durfte, ist auch mit Blick auf den ab 1. Januar 2008 geltenden gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und die Zuständigkeitsregelung in Art. 2 Abs. 4 AGGlüStV seine Feststellungsklage nicht subsidiär gegenüber einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis.

Aber auch die beim Verwaltungsgericht Regensburg (noch) anhängige Anfechtungsklage gegen einen Untersagungsbescheid der Beklagten gegenüber der OC-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter (und Finanzier) der Kläger war, verschließt den Weg zur Feststellungsklage nicht, weil der Kläger sein streitgegenständliches Rechtsschutzziel dadurch ebenfalls nicht erreichen kann. Die Untersagungsverfügung der Beklagten ist nämlich nicht gegen den Kläger ergangen, sondern gegen die Firma OC-GmbH, die (unerlaubt) ein Sportwettenvermittlungsbüro im Bereich der Beklagten eröffnet hat. Dass der Kläger damals alleiniger Gesellschafter dieser Firma war, ändert nichts daran, dass der Rechtsstreit wegen der Untersagungsverfügung ausschließlich zwischen der Beklagten und der OC-GmbH geführt wird. Als Geldgeber der GmbH ist der Kläger nur indirekt an diesem Rechtsstreit beteiligt. Nach außen hin ist Klägerin allein die GmbH. Damit wäre, auch wenn die Frage, ob die GmbH Sportwetten vermitteln hätte dürfen, als Vorfrage im Anfechtungsprozess geklärt werden könnte, gerade noch nicht rechtskräftig festgestellt, ob der Kläger diese Tätigkeit -wie von ihm begehrt - ohne Weiteres ausüben darf. Denn ein im Anfechtungsprozess erlassenes Urteil würde lediglich Bindungswirkung zwischen der GmbH und der Beklagten entfalten, nicht aber gegenüber dem Kläger selbst.

2. Die danach statthafte Feststellungsklage ist jedoch unzulässig, weil dem Kläger das berechtigte Interesse an der Feststellung für das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis fehlt.

Während für eine Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse gefordert wird, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein kann und für das lediglich entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 20), sind bei vergangenen Rechtsverhältnissen strengere Anforderungen zu stellen. Die Rechtsprechung geht in diesen Fällen in Anlehnung an die Voraussetzungen bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO davon aus, dass entweder die Gefahr der Wiederholung (dazu 2.1.), ein Rehabilitierungsinteresse (dazu 2.2.), ein schwerwiegender Grundrechtseingriff (dazu 2.3.) oder die Präjudizwirkung für einen angestrebten Staatshaftungsprozess (dazu 2.4.) vorliegen muss. Dabei ist bei der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnissen ein berechtigtes Interesse grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn das Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 43 Rn. 25). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegeben sein (BVerwG, U. v. 16.5.2013 a. a. O.; BVerwG, B. v. 30.4.1999 - 1 B 36.99 - juris Rn. 5). Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz an.

2.1. Für den genannten Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Eine solche ist gegeben, wenn die Behörde nach Erledigung eines Verwaltungsakts erneut einen Verwaltungsakt mit dem gleichen Inhalt oder zumindest einen gleichartigen Verwaltungsakt erlassen könnte. Da hier kein Verwaltungsakt inmitten steht, sondern die Parteien über das oben dargelegte Feststellungsbegehren des Klägers streiten, ist insoweit darauf abzustellen, ob sich die strittige Rechtsfrage auch in Zukunft unter im Wesentlichen unveränderten Umständen erneut stellen wird. Eine derartige Wiederholungsgefahr liegt aber nur dann vor, wenn die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse weiterhin gegeben sind, wie sie im Feststellungszeitraum vorlagen (BVerwG, U. v. 12.10.2006 - 4 C 12.04 - juris Rn. 8). Daran fehlt es hier.

2.1.1. Die für die Beurteilung der Zulässigkeit der gewerblichen Vermittlung von Sportwetten durch Private ohne Erlaubnispflicht maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (GVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten (so auch BVerwG U. v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 21). Für die rechtliche Beurteilung der vom Kläger aufgeworfenen Frage kommt es nämlich auf das gesamte Regelungsregime an. Dieses stellt sich aber mit dem Erlass des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags als grundsätzlich anders dar. Während auch bislang die Erteilung von Erlaubnissen gesetzlich vorgesehen war, wurde das zunächst im Lotteriestaatsvertrag verankerte staatliche Sportwettenmonopol noch im Glücksspielstaatsvertrag (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV) aufrechterhalten, indem die Erlaubniserteilung an Private ausgeschlossen wurde. Demgegenüber hat der Gesetzgeber nunmehr im Rahmen einer zeitlich befristeten Experimentierklausel für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ein Konzessionssystem eingeführt, wonach gemäß § 10a Abs. 3 Erster GlüÄndStV bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Damit wurde letztendlich das Staatsmonopol (zeitlich befristet) suspendiert und auch die Vermittlungstätigkeit im Sportwettenbereich für Private legalisiert (vgl. zur Vermittlung § 10a Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Erster GlüÄndStV). Dass die unionsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit aus Art. 43 und 49 EG (jetzt Art. 49 und 56 AEUV) einer nationalen Regelung, die die Ausübung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten von der Erteilung einer Konzession abhängig macht, nicht grundsätzlich entgegenstehen, hat der Europäische Gerichtshof bereits mehrfach entschieden (vgl. EuGH, U. v. 12.9.2013 - Biasci u. a., C-660/11 u. a. - juris Rn. 22; U. v. 24.1.2013 - Stanleybet International u. a., 186/11 u. a. - juris Rn. 22; U. v. 6.3.2007 - Placanica u. a., C-338/04 - Slg. 2007, I-1891 - juris Rn. 42).

Auch die Tatsache, dass die sog. „Experimentierklausel für Sportwetten“ in § 10a Erster GlüÄndStV, also die abweichend vom grundsätzlich fortgeltenden staatlichen Monopol auf einen Zeitraum von sieben Jahren befristete Vergabe von Konzessionen an Veranstalter und Vermittler von Sportwetten, eine erlaubte Sportwettenvermittlung für private Anbieter auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, um zunächst Erfahrungen mit dem neuen Regelungsregime zu sammeln, ändert nichts an der Annahme, dass eine Wiederholungsgefahr hier nicht gegeben ist. Denn es ist völlig offen, welche Konsequenzen der Gesetzgeber nach Ablauf der siebenjährigen Frist aus seinen Erfahrungen mit den privaten Anbietern ziehen und wie sich die Rechtslage anschließend gestalten wird. Selbst wenn im Jahr 2019 eine Rückkehr zur früheren Rechtslage nach dem Glücksspielstaatsvertrag oder sogar nach dem Lotteriestaatsvertrag erfolgen sollte, fehlt es im maßgeblichen Zeitpunkt an einer aktuellen Wiederholungsgefahr.

2.1.2. Eine Wiederholungsgefahr ist aber auch deshalb nicht gegeben, weil der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung am 3. Februar 2014 erklärt hat, dass er unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht die Absicht habe, noch einmal im Sportwettenbereich in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Bayern tätig zu sein. „Er wolle nicht mehr weiter Spielball der Politik sein“. Eine Wiederholungsgefahr besteht aber gerade dann nicht, wenn der Kläger, wie er ebenfalls vorgetragen hat, unter künftig möglicherweise geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen doch wieder im Sportwettenbereich tätig sein will. Denn abgeänderte rechtliche Rahmenbedingungen werden sich nur dann einstellen, wenn das gesamte Regelungssystem zur Zulässigkeit der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten umgestaltet wird. Dann stellte sich aber die Frage, ob unter einem solchen neuen Regelungsregime Sportwetten ohne Besitz einer Erlaubnis oder Konzession vermittelt werden dürfen, völlig anders.

Hinzu kommt, dass sich die österreichische Firma, an die der Kläger Sportwetten vermitteln will und auf die er ausschließlich seinen Feststellungsantrag bezogen hat, derzeit in Liquidation befindet. Er könnte deshalb zum jetzigen Zeitpunkt, der aber maßgeblich ist, keine Sportwetten an die Firma Oddscompany in Ried im Innkreis in Österreich vermitteln. Ob dies zu einem späteren Zeitpunkt im Falle einer eventuellen Fortführung der liquidierten Gesellschaft möglich oder beabsichtigt ist, spielt demgegenüber für das Feststellungsinteresse, das im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegen muss, keine Rolle.

2.2. Ein Feststellungsinteresse ist auch nicht wegen einer möglichen Rehabilitierung des Klägers zu bejahen.

Ein ideelles Interesse, insbesondere ein Rehabilitierungsinteresse, kann eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO rechtfertigen, wenn es nach der Sachlage als schutzwürdig anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.1980 - 7 C 18.79 - juris Rn. 13). Ein solches Interesse kommt insbesondere dann in Betracht, wenn von einer erledigten Verwaltungsmaßnahme eine nachwirkende Diskriminierung ausgeht. Dies wäre beim Kläger dann der Fall, wenn das Verhalten und insbesondere das Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2004 einen ehrenrührigen Inhalt hätten, der dem Ansehen des Klägers abträglich wäre, wenn sein berufliches Ansehen beeinträchtigt oder aufgrund des Verhaltens der Behörde sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabgesetzt würde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 113 Rn. 142). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt.

Mit dem Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2004, das den Kläger veranlasst hat, Feststellungsklage zu erheben, hat die Behörde - wie oben bereits dargelegt wurde - lediglich die damals geltende Rechtslage dargestellt. Das Schreiben enthält keine auf den Kläger persönlich bezogenen Äußerungen, sondern erschöpft sich seinem Inhalt nach auf eine allgemeine Darstellung. Weder wird ein Tun oder Unterlassen des Klägers ausdrücklich untersagt noch wird ihm irgendein persönlicher Vorwurf, insbesondere kein Strafbarkeitsvorwurf, gemacht. Dies verbot sich bereits deshalb, weil der Kläger (persönlich) damals noch kein Gewerbe der Sportwettenvermittlung ausgeübt hat und damit nicht gegen Strafvorschriften (hier § 284 StGB) bereits verstoßen haben konnte. Auch im weiteren Feststellungsverfahren beim Verwaltungsgericht und später beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurden dem Kläger keine Vorwürfe gemacht, die nur ansatzweise diskriminierenden Charakter gehabt haben könnten. Von einer Stigmatisierung des Klägers, die geeignet wäre, sein Ansehen in der Öffentlichkeit und im sozialen Umfeld herabzusetzen, kann im Hinblick auf seine Feststellungsklage und das zugrunde liegende Verhalten der Beklagten ohnehin keine Rede sein.

Sofern der Kläger sein Rehabilitierungsinteresse daraus herleiten will, dass nach seinen Angaben in den Jahren 2005 oder 2006 von der Beklagten eine Untersagungsverfügung gegen die OC-GmbH ergangen ist, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger ist, in diesem Zusammenhang ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren sowohl gegen den Geschäftsführer der OC-GmbH als auch gegen den Kläger selbst geführt und im Rahmen dieses Verfahrens von der Staatsanwaltschaft auch ein Durchsuchungsbeschluss für die Privatwohnung des Klägers erlassen worden ist, rechtfertigt dies nicht dessen Bejahung. Denn das besondere Feststellungsinteresse kann sich nur aus dem konkreten Verfahren ergeben, für das es geltend gemacht wird. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Kläger nur dann ein berechtigtes Feststellungsinteresse hat, wenn er durch ein Verhalten oder Maßnahmen der Behörde, auf die sich sein gerichtliches Feststellungsbegehren bezieht, diskriminiert worden ist. Ein solches fehlt aber, wenn der Kläger sich durch ein anderes Verfahren diskriminiert fühlt. So liegt der Fall hier. Der Vorgang, den der Kläger als Anlass für eine erforderliche Rehabilitation sieht, war der Erlass einer Untersagungsverfügung gegen eine andere (juristische) Person. Betroffen von der Untersagungsverfügung war ausschließlich die OC-GmbH, die durch ihren Geschäftsführer, einen österreichischen Mitarbeiter des Klägers, vertreten war. Die Tatsache, dass der Kläger alleiniger Gesellschafter dieser Firma war, macht ihn nicht zum Adressaten der Untersagungsverfügungen und auch nicht persönlich zur Partei in dem Anfechtungsprozess, den die GmbH vor dem Verwaltungsgericht Regensburg offensichtlich derzeit noch führt. Auch das daraufhin von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren, das sich sowohl gegen den Geschäftsführer als auch gegen den Kläger gerichtet hat, beruhte auf der Tatsache, dass die OC-GmbH im Bereich der Beklagten, ohne im Besitz einer Erlaubnis zu sein, ein Sportwettenbüro eingerichtet und Sportwetten nach Österreich vermittelt hatte. Auch dieses steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem hier zu entscheidenden Feststellungsstreit. Ausschließlich mit dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft hängen auch die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen den Kläger und den Geschäftsführer der OC-GmbH zusammen. Diese wurden (nur) im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren erlassen und haben keinen Bezug zur Feststellungsklage des Klägers. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sind die beiden Rechtsstreitigkeiten - Feststellungsklage des Klägers und Anfechtungsklage der OC-GmbH -gerade nicht untrennbar verbunden und miteinander so verwoben, dass die vom Kläger behauptete Diskriminierung, insbesondere durch Maßnahmen der Staatsanwaltschaft, auf das Feststellungsverfahren durchschlagen könnte. Selbst wenn die betreffenden Maßnahmen der Staatsanwaltschaft, die im Heimatort des Klägers publik wurden und deren Kenntnis im Umfeld des Klägers womöglich zu persönlichen Nachteilen für ihn geführt haben, diskriminierenden Charakter entfaltet hätten, stünde dieser aber gerade nicht im erforderlichen Zusammenhang mit dem hier streitigen Rechtsverhältnis und dem zu entscheidenden Feststellungsprozess.

2.3. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse auch nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte und/oder Grundfreiheiten begründen.

Ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme kommt nicht nur dann in Betracht, wenn von dieser eine nachwirkende Diskriminierung ausgeht, sondern auch dann, wenn die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordern kann, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. BVerwG, B. v. 3.2.1999 -1 PKH 2.99 - juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann (vgl. BVerfG, B. v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 u. a. - juris Rn. 49). Ein solcher Eingriff kann sowohl in der Maßnahme selbst als auch in der Art des durch die erledigte Maßnahme bewirkten Eingriffs liegen.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers, sein Interesse an der begehrten Feststellung ergebe sich aus einem schwerwiegenden Eingriff in seine Grundrechte aus Art. 3, Art. 12 und Art. 14 GG sowie in seine unionsrechtlichen Grundfreiheiten der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV und der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV, liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines schwerwiegenden Rechtseingriffs beim Kläger nicht vor.

Nach Auffassung des Senats stellt die hier allein inmitten stehende „Maßnahme“ einer Behörde, nämlich das dem Kläger übersandte Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2004, keinen Eingriff in grundrechtlich geschützte Bereiche des Klägers dar. Im Gegensatz zu Verwaltungsakten, die einhergehend mit Regelungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts Eingriffe in Rechte eines Bürgers beinhalten können, wie z. B. bei einer Untersagungsverfügung oder der Ablehnung einer beantragten Erlaubnis, wird durch die schlichte Rechtsauskunft einer Behörde nicht in Rechte eingegriffen, sondern eben lediglich Auskunft über das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten gegeben. Dass das Schreiben der Beklagten vom 10. Februar 2004 nicht als Verwaltungsakt sondern als Hinweis auf die aktuelle Rechtslage zu werten ist, wurde bereits oben ausführlich dargelegt. Aufgrund der Auskunft der Beklagten, dass in Bayern die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verboten sei, mag der Kläger womöglich von seiner Absicht, im Bereich der Beklagten entsprechende Wettbüros zu eröffnen, Abstand genommen haben, dies reicht aber nicht aus, um überhaupt von einem „Eingriff“ zu sprechen, jedenfalls nicht von einem schwerwiegenden Eingriff. Ob ein (womöglich schwerwiegender) Eingriff in der gesetzlichen Regelung im Freistaat Bayern selbst liegt (legislativer Eingriff), kann dahinstehen, weil dieser nicht von der Beklagten herrührt, sondern von einer öffentlichen Körperschaft, die nicht Partei im hier zu entscheidenden Verfahren ist. Damit kann der eventuelle legislative Eingriff in Rechte des Klägers ein Feststellungsinteresse gegenüber der Beklagten nicht begründen.

Nichts anderes ergibt sich aus unionsrechtlicher Sicht, denn auch aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen. Auch insoweit fehlt es bereits an einem Eingriff der Beklagten in Grundfreiheiten des Klägers.

Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Urteilen vom 16. Mai 2013 und 20. Juni 2013 (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 16.5.2013 -8 C 40.12 - juris Rn. 27 ff.; U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - juris Rn. 33 ff.; U. v. 16.5.2013 - 8 C 20.12 - juris Rn. 20 ff.; U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 26 ff.) ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Verfahren, die Untersagungsbescheide gegen Sportwettenvermittler betrafen, allein wegen des Vorliegens eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte bzw. Grundfreiheiten verneint. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebiete selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich sei, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern. In Fällen, in denen sich das Anliegen des Klägers in der bloßen Klärung der Rechtsmäßigkeit eines erledigten Verwaltungsakts erschöpfe, sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG nur zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon sei nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend sei dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergebe. Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen zählten nicht zu diesen Verwaltungsakten. Ob dieser Rechtsauffassung gefolgt werden kann, lässt der Senat ausdrücklich offen, da es auf diese Rechtsfrage nicht entscheidend ankommt (vgl. dazu kritisch Lindner, Die Kompensationsfunktion der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, NVwZ 2014, 180).

2.4. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses ergibt sich schließlich auch nicht aus der Präjudizwirkung für einen vom Kläger angestrebten Staatshaftungsprozess. Zwar kann sich ein solches Interesse wohl auch dann ergeben, wenn mit einer Feststellungsklage zunächst das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden sollte (dazu 2.4.1.), jedoch liegen die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs nicht vor (dazu 2.4.2.), wobei darauf hinzuweisen ist, dass es im Freistaat Bayern einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch bei rechtswidrigen Maßnahmen der Ordnungsbehörden im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht gibt (vgl. Art. 11 LStVG, Art. 70 PAG).

2.4.1. Ein Feststellungsinteresse mit dem Hinweis auf die konkrete Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, kann im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO grundsätzlich bestehen. Vor Erhebung einer Schadensersatzklage bei den ordentlichen Gerichten muss ein Kläger, gegen den ein belastender Verwaltungsakt ergangen ist, zunächst im Wege des Primärrechtsschutzes versuchen, die Belastung durch Anfechtungs- oder Versagungsgegenklage bei den Verwaltungsgerichten zu beseitigen. Erst dann kann er im Wege des sekundären Rechtsschutzes Ersatzansprüche bei den ordentlichen Gerichten mit Aussicht auf Erfolg einklagen. Erledigt sich der belastende Verwaltungsakt während des Verwaltungsprozesses, sieht die Rechtsprechung ein schutzwürdiges Interesse des Klägers darin, dass ihm die Früchte des bisherigen notwendigen Prozessierens erhalten bleiben und gibt ihm deshalb das Recht, feststellen zu lassen, ob der von ihm angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig war oder nicht (vgl. BVerwG, U. v. 11.3.1993 - 3 C 90.90 - juris Rn. 37). Bei einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO könnte dies deshalb anders sein, weil es hier keines Primärrechtsschutzes in Form der Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes bedarf, sondern vielmehr der Kläger seinen Amtshaftungsanspruch unmittelbar vor dem Zivilgericht verfolgen könnte, das dann über die öffentlich-rechtlichen Vorfragen mit zu entscheiden hätte. Auch sind an das „berechtigte Interesse“ im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO höhere Anforderungen zu stellen als an das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, denen der Hinweis auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage nicht zu genügen vermag (vgl. BVerwG, U. v. 20.1.1989 - 8 C 30.87 - juris Rn. 9). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt ein berechtigtes Feststellungsinteresse jedenfalls in den Fällen, in denen sich ein Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. BVerwG, U. v. 27.6.1997 - 8 C 23.96 - juris Rn. 21). So liegt der Fall des Klägers aber nicht. Das Rechtsverhältnis, das er mit seiner bereits im Jahr 2004 erhobenen Feststellungsklage geklärt haben wollte, erstreckte sich bis zum 30. Juni 2012. Auf diesen Zeitpunkt hat der Kläger seine Feststellungsklage auch befristet. Hinzu kommt, dass beim Kläger besondere Umstände vorliegen, die auch bei einer erledigten Feststellungsklage ein berechtigtes Interesse wegen der beabsichtigten Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Staat begründen könnten. Denn dem Kläger ging es mit seiner Feststellungsklage (zunächst) um den primären Rechtsschutz, weil er die Ausübung des Gewerbes der Sportwettenvermittlung ohne Erlaubnis erreichen wollte, die er vor dem ordentlichen Gericht nicht hätte erstreiten können. Ob deshalb in diesem Fall ein besonderes Feststellungsinteresse besteht, ihm die Früchte des bisherigen Prozessierens zu erhalten, kann aber offen bleiben. Denn ein Präjudizinteresse des Klägers besteht jedenfalls aus anderen Gründen nicht.

2.4.2. Ein Feststellungsinteresse wegen der Präjudizialität für Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche besteht nur dann, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013 § 113 Rn. 136). Von einer offenbaren Aussichtslosigkeit ist nur dann auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1992 - 4 C 29.90 - juris Rn. 14). In diesem Fall bedarf es keiner nachträglichen Klärung einer öffentlich-rechtlichen Streitfrage, weil der Kläger daraus im Hinblick auf die Erfolglosigkeit eines Zivilverfahrens keinen Nutzen ziehen könnte. Dies ist beim Kläger offensichtlich der Fall. Weder liegen die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB vor noch ist ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch gegeben.

Für den Zeitraum ab Klageerhebung (23.3.2004) bis zum Ergehen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs zum deutschen Sportwettenmonopol am 8. September 2010 (vgl. EuGH, U. v. 8.9.2010 - Rs. C-316/07 u. a., Markus Stoß u. a. - Slg. 2010 I-8069; EuGH, U. v. 8.9.2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media Group Ltd. - Slg. 2010 I-8175 und EuGH, U. v. 8.9.2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten GmbH - Slg. 2010 I-8041) haben sowohl das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 16. Mai 2013 (vgl. u. a. U. v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 45 ff.) als auch der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, U. v. 18.10.2012 - III ZR 197/11 - juris) einen Amtshaftungsanspruch nach nationalem Recht ebenso wie eine unionsrechtliche Staatshaftung verneint. Ein verschuldensabhängiger Anspruch nach § 839 BGB scheitert bereits deshalb, weil einem Amtswalter eine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung regelmäßig dann nicht vorgeworfen werden kann, wenn der für die Maßnahme verantwortliche Amtsinhaber durch die Kollegialgerichtsregel entlastet wird. Danach kann ein Verschulden entfallen, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig gebilligt hat. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten keine bessere Rechtseinsicht als von einem Kollegialgericht erwartet und verlangt werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27). Bis zum Ergehen der genannten Urteile des Europäischen Gerichtshofs hat (auch) der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung bejaht (vgl. z. B. U. v. 18.12.2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27; B. v. 10.5.2010 - 10 CS 09.2032 - juris). Erstmals mit Beschluss vom 21. März 2011 (10 AS 10.2499 - juris) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt, dass das staatliche Sportwettenmonopol im geltenden Glücksspielstaatsvertrag den europarechtlichen Anforderungen nicht genügt.

Bis zum Herbst 2010 fehlte es aber auch an den Voraussetzungen für eine unionsrechtliche Staatshaftung. Einen solchen Entschädigungsanspruch hätte der Kläger u. a. nur, wenn ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß vorläge und zwischen diesem und dem dem Kläger entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestünde. Ein hinreichend qualifizierter Verstoß liegt dann vor, wenn ein Mitgliedstaat oder ein Gemeinschaftsorgan die Grenzen, die seinem (legislativen) Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (vgl. EuGH, U. v. 25.11.2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 - juris Rn. 51; U. v. 5.3.1996 - C-46/93 u. a., Brasserie du pêcheur u. a. - Slg. 1996, I-1029-1163 - juris Rn. 55). Zu den Gesichtspunkten, die das zuständige Gericht gegebenenfalls zu berücksichtigen hat, gehören das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des Ermessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen oder Gemeinschaftsbehörden belässt, die Frage, ob der Vorstoß vorsätzlich oder nicht vorsätzlich begangen oder der Schaden vorsätzlich oder nicht vorsätzlich zugefügt wurde, die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums und der Umstand, dass die Verhaltensweisen eines Gemeinschaftsorgans möglicherweise dazu beigetragen haben, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise unterlassen, eingeführt oder aufrechterhalten wurden (EuGH, U. v. 5.3.1996 a. a. O., Rn. 56). Auch nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 nicht von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung im Freistaat Bayern die Rede sein (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 47). Der Glücksspielbereich war in den einzelnen Mitgliedstaaten (und ist es bis heute) nicht harmonisiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht den Mitgliedstaaten insoweit ein weites Regelungsermessen zu. Bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im September 2010 war überhaupt nicht absehbar, dass dieser die Monopolregelung unter bestimmten, von den nationalen Gerichten festzustellenden Umständen für europarechtswidrig halten wird. Jedenfalls war dies aus den zuvor ergangenen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in keiner Weise zu erkennen, auch nicht, wie der Kläger meint, aus dem Urteil vom 6. November 2003 (EuGH, U. v. 6.11.2003 - C-243/01, Gambelli - Slg. 2003, I-13031 - juris). Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2008 (BayVGH, U. v. 18.12.2008 - 10 BV 07.558 - juris Rn. 97 ff.) sowie in zahlreichen anderen Urteilen und Beschlüssen entschieden, dass die in Bayern geltende Rechtslage den damals u. a. im sog. „Gambelli-Urteil“ aufgestellten Anforderungen zur Beschränkung der unionsrechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit durch nationale Vorschriften im Bereich des Glücksspielrechts gerecht wird. Diese Rechtsauffassung wurde von vielen anderen Obergerichten geteilt.

Für den Zeitraum ab September 2010 bis zum 30. Juni 2012, bis zu dem der Kläger seine Feststellungsklage zeitlich beschränkt hat, fehlt es bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers an einem Schaden, der ihm entstanden sein könnte. Die österreichische Firma Oddscompany, an die der Kläger Sportwetten vermitteln wollte, ist nämlich seit dem 27. Mai 2010 in Liquidation. Seit diesem Zeitpunkt war es dem Kläger objektiv nicht mehr möglich, Sportwetten an diese Firma zu vermitteln. Das Begehren des Klägers im Feststellungsverfahren geht auch ausdrücklich dahin, festzustellen, dass er berechtigt war, ohne Erlaubnis an die Firma Oddscompany Sportwetten zu vermitteln. Für eine anderweitige Vermittlungstätigkeit wurde keine Feststellung beantragt. Geschäftsführer und Gesellschafter dieser Firma war jedenfalls bis zum Mai 2010 der Kläger selbst, weshalb er über deren Schicksal bestimmen konnte. Die Liquidation der Oddscompany beruhte demzufolge auf der eigenen unternehmerischen Entscheidung des Klägers, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Aus diesem Grund fehlt es auch an der erforderlichen Kausalität sowohl für einen nationalen als auch für einen unionsrechtlichen Ersatzanspruch (vgl. EuGH, U. v. 14.3.2013 - C-420/11 - juris Rn. 45).

Nachdem aus den genannten Gründen ein berechtigtes Feststellungsinteresse wegen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nicht vorliegt, brauchte der Frage, ob derartige Ansprüche überhaupt gegenüber der Beklagten vorgelegen hätten, nicht mehr nachgegangen werden.

Fehlte demnach das besondere Feststellungsinteresse für die Feststellungsklage des Klägers, bedurfte es keiner Entscheidung mehr darüber, ob die Klage begründet gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 30/10 Verkündet am:
28. September 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 5. September 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten,
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 29. Januar 2010 unter Zurückweisung der Revision der Beklagten zu 2 und der weitergehenden Revision des Beklagten zu 1 insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht dem Klageantrag zu 1b (Umleiten von Spielern auf die Internetseite der Beklagten zu 2) auch gegenüber dem Beklagten zu 1 stattgegeben hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Klage abgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin organisiert und veranstaltet Sportwetten in Bremen, unter anderem die Sportwette ODDSET.
2
Die Beklagte zu 2 ist ein Wettunternehmen mit Sitz in Gibraltar. Der Beklagte zu 1 vermittelte seit dem Jahr 2001 über die Internetseite "bwin.de" Sportwetten zu festen Gewinnquoten an die Beklagte zu 2. Nach dem 24. August 2009 wurde veranlasst, dass Besucher jener Seite auf die Internetseite "www.bwin.com" umgeleitet werden, auf der die Beklagte zu 2 bereits vorher Sportwetten anbot. Nach Ansicht der Klägerin ist auch der Beklagte zu 1 für das Internetangebot der Beklagten zu 2 verantwortlich.
3
Dem Beklagten zu 1 wurde im April 1990 vom Gewerbeamt der Stadt Löbau/Sachsen auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten in Neugersdorf erteilt. Die Beklagte zu 2 ist Inhaberin einer ihr in Gibraltar verliehenen Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten; über eine Erlaubnis deutscher Behörden für die Veranstaltung von Glücksspielen verfügt sie nicht.
4
Nach Ansicht der Klägerin handeln die Beklagten wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 GlüStV, weil sie in Deutschland Glücksspiele ohne Genehmigung anbieten. Auf die Genehmigung durch ausländische Behörden komme es nicht an. Die Klägerin hat Klage auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht (ab dem 1. Januar 2006) und Auskunft (ab dem 2. Februar 2006) erhoben.
5
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, das staatliche Glücksspielmonopol und das seiner Abwicklung dienende Normengeflecht verstießen gegen die höherrangige unionsrechtliche Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.
6
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (LG Bremen, ZfWG 2007, 460).
7
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin zuletzt beantragt, 1. die Beklagten zu 1 und zu 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben, insbesondere wie nachstehend wiedergegeben: (es folgen Abbildungen, von denen nachfolgend zwei wiedergegeben sind)
b) über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten ohne behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, wenn dies durch Umleitung der Spieler auf ein entsprechendes Angebot von der Seite www.bwin.de aus geschieht; 2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 1. Januar 2009 aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen in der Freien Hansestadt Bremen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird; 3. die Beklagten zu 1 und zu 2 zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die seit dem 1. Januar 2009 durch die Entgegennahme von Wetten derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz in der Freien Hansestadt Bremen haben.
8
Das Berufungsgericht hat der Klage mit den Unterlassungsanträgen zu 1a und 1b stattgegeben. Die Anträge zu 2 (Feststellung der Schadensersatzpflicht ) und zu 3 (Auskunft) hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Beklagten zu 2 in vollem Umfang und hinsichtlich des Beklagten zu 1 mit der Maßgabe zugesprochen, dass es die Verurteilung jeweils auf Ziffer 1a des Klageantrags und auf den Zeitraum bis zum 24. August 2009 beschränkt hat; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (OLG Bremen, ZfWG 2010, 105).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


10
A. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3, 4 GlüStV für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
11
Im Streitfall komme es lediglich auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags an. Die Klägerin habe zuletzt als konkrete Verlet- zungshandlung das Angebot von Sportwetten durch die Beklagten im Internet ab dem 1. Januar 2009 geltend gemacht. Demzufolge sei das Unterlassungsgebot nach dem Antrag zu 1a (Unterlassung des Veranstaltens und Bewerbens von Sportwetten) lediglich mit den im Berufungsverfahren vorgelegten Bildschirmausdrucken der Internetseite zu konkretisieren. Ferner sei das Unterlassungsgebot um den Anspruch gemäß Antrag zu 1b (Umleitung von Spielern) zu erweitern. Bereits nach dem ursprünglichen Klageantrag habe die Klägerin die Unterlassung einer Dauerhandlung begehrt. Daher könne sie nun auch die Unterlassung von Handlungen nach dem 1. Januar 2009 geltend machen. Soweit die Klägerin die Klage um den Antrag zu 1b erweitert habe, sei ihr dies im Wege der Anschlussberufung möglich. Die Klägerin habe bereits mit der Berufungserwiderung fristgerecht vorgetragen, dass die Beklagten noch nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1. Januar 2008 ohne behördliche Erlaubnis täglich mehr als 10.000 Sportwetten zu festen Gewinnquoten über das Internet in Deutschland anböten. Damit habe die Klägerin auch in die Zukunft gerichtete neue Verstöße eines Dauerdelikts zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht.
12
Die mit der Klage verfolgten Unterlassungsansprüche seien auch begründet. Die Beklagten könnten sich weder auf die der Beklagten zu 2 in Gibraltar erteilte Genehmigung noch auf die dem Beklagten zu 1 von den Behörden der DDR vor dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland erteilte Glücksspielkonzession berufen.
13
Der Glücksspielstaatsvertrag sei formell und materiell verfassungsgemäß. Den Ländern habe nicht die verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für das Glücksspielrecht gefehlt. Der Glücksspielstaatsvertrag werde auch den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an ein staatliches Wettmonopol gerecht.
14
Der Anwendung des Glücksspielstaatsvertrags stehe der Vorrang des Unionsrechts nicht entgegen. Zwar enthalte er Beschränkungen der Grundfreiheiten aus Art. 43 und 49 EG aF (jetzt Art. 49 und 56 AEUV). Diese könnten jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Das sei hier der Fall. Für die Rechtfertigung der Beschränkung der Grundfreiheiten sei keine auf alle Erscheinungsformen des Glücksspiels bezogene Gesamtkohärenz erforderlich. Somit komme es auf die für das Automatenspiel geltenden Regelungen nicht an. Unerheblich sei daher auch, inwieweit Pferdewetten über das Internet angeboten würden.
15
Der Geltung des Glücksspielstaatsvertrags stehe nicht entgegen, dass das bremische Glücksspielgesetz nicht notifiziert worden sei. Dieses Gesetz sei lediglich ein Ausführungsgesetz zum notifizierten Glücksspielstaatsvertrag, von dem es nicht maßgeblich abweiche.
16
Die Mitverantwortung des Beklagten zu 1 folge daraus, dass dieser bis zum 24. August 2009 nicht nur administrativer Ansprechpartner für die betreffende Internetseite gewesen, sondern sein Unternehmen auf der Seite ausdrücklich als Betreiber der Wettplattform bezeichnet worden sei.
17
Die geltend gemachten Feststellungs- und Auskunftsansprüche stünden der Klägerin jedenfalls ab dem 1. Januar 2009 zu. Allerdings sei die Schadensersatz - und Auskunftsverpflichtung des Beklagten zu 1 auf Ziffer 1a des Klageantrags und auf den Zeitraum bis zum 24. August 2009 beschränkt.
18
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten zu 2 hat keinen, die des Beklagten zu 1 hat nur in geringem Umfang Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV verlangen, das Angebot von und die Werbung für Sportwetten über das Internet in Deutschland zu unterlassen. Der Anspruch, Umleitungen von Spielern von der Internetseite www.bwin.de auf andere Sportwettenangebote zu unterlassen, steht der Klägerin allerdings nur gegen die Beklagte zu 2 zu, nicht auch gegen den Beklagten zu 1.
19
I. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterlassungsanträge zulässig sind. Entgegen der Ansicht der Revision kann die Klägerin ihre Unterlassungsanträge auf ein Anbieten und Bewerben von Sportwetten im Internet ab dem 1. Januar 2009 stützen.
20
Die Klägerin hat als konkrete Verletzungshandlung das Angebot von Sportwetten unter der Internetadresse www.bwin.de vorgetragen. Der entsprechende Internetauftritt ist Gegenstand des Klageantrags. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin das Sportwettenangebot nur zu einem bestimmten Zeitpunkt angreift. Die Klägerin hat nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Klageanträge in der Berufungsinstanz auf den Zeitraum nach dem 1. Januar 2009 beschränkt und zur Begründung Dauerhandlungen ohne Angabe eines Enddatums beschrieben. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Dauerhandlungen jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. Dezember 2009 fortgesetzt wurden. Dauerhandlungen bilden einen einheitlichen Klagegrund, so dass auch die fortgesetzten Handlungsabschnitte zum Streitgegenstand gehören (BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 168/07, GRUR 2011, 169 Rn. 23 = WRP 2011, 213 - Lotterien und Kasinospiele; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 1009, 1013).
21
Die erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegten zusätzlichen Bildschirmausdrucke dienen lediglich der weiteren Konkretisierung der bereits erst- instanzlich beanstandeten und geltend gemachten Dauerhandlung des Veranstaltens und Bewerbens von Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis.
22
II. Der auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtete Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 23/08, GRUR 2010, 652 Rn. 10 = WRP 2010, 872 - Costa del Sol, mwN). Der Zeitpunkt der Begehung der beanstandeten Handlung ist auch für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Auskunftserteilung maßgeblich (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
23
Im Streitfall kommt es allein auf die seit dem 1. Januar 2009 bestehende Rechtslage an. Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch ausdrücklich nur noch auf Verletzungshandlungen, mit denen die Beklagten den beanstandeten Internetauftritt nach dem 1. Januar 2009 fortgesetzt haben. Auskunft und Schadensersatzfeststellung begehrt sie allein für die Zeit nach diesem Datum.
24
III. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, weil beide Parteien gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08, GRUR 2011, 82 Rn. 19 = WRP 2011, 55 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer).
25
Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses nicht entgegen, dass die Klägerin gehalten ist, ihren Absatz möglichst zu beschränken und keine Anreize zur Teilnahme an den von ihr veranstalteten Wetten zu schaffen. Für das Wettbewerbsverhältnis kommt es nicht darauf an, welche Absicht mit dem Angebot der Sportwetten durch die Klägerin verbunden ist. Jedenfalls nimmt das Land Bremen über die Klägerin in berechtigter Weise am Wirtschaftsleben teil, so dass ihr auch der Schutz des Lauterkeitsrechts zugutekommt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn. 13.5). Dies gilt auch dann, wenn im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Erzielung von Einnahmen lediglich eine erfreuliche Nebenfolge und nicht eigentlicher Grund der Tätigkeit der Klägerin ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - C-67/98, Slg. 1999, I-7289 = WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13031 = EuZW 2004, 115 Rn. 62 - Gambelli u.a.).
26
IV. Das angegriffene Sportwettenangebot der Beklagten im Internet ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV unzulässig.
27
1. Am 1. Januar 2008 ist der Glücksspielstaatsvertrag gemäß §§ 1 und 2 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland des Landes Bremen (nachfolgend: BremGlüG) auch im Bundesland Bremen in Kraft getreten. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet verboten.
28
Dieses Verbot, das unmittelbar die Vertriebswege für Glücksspiele beschränkt , ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Entgegen der Ansicht der Revision richtet es sich nicht nur an die in § 10 GlüStV genannten Anbieter, mit denen die Länder ihre Aufgabe erfüllen, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen, sondern an jeden Anbieter und Vermittler öffentlicher Glücksspiele im Sinne von § 2 GlüStV und damit auch an die Beklagten. Der Wortlaut des § 4 Nr. 4 GlüStV gibt für eine Beschränkung der Normadressaten keinen Anhaltspunkt. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift stehen einer Auslegung entgegen, nach der das Verbot zwar für konzessionierte Anbieter, nicht aber für ohne Erlaubnis tätige Veranstalter und Vermittler gelten soll (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 11). Niemand kann sich der Gültigkeit eines Verbots mit der Begründung entziehen, er sei schon aus anderen Gründen nicht berechtigt, die verbotene Tätigkeit auszuüben.
29
2. Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Glücksspielstaatsvertrag die von Behörden der DDR erteilten Glücksspielkonzessionen unberührt lässt. Der Beklagte zu 1 kann sich jedenfalls nicht auf die ihm vom Gewerbeamt der Stadt Löbau ab 1. Mai 1990 erteilte Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros berufen, um entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV in Bremen über das Internet Sportwetten zu vermitteln oder zu veranstalten.
30
a) Die dem Beklagten zu 1 für die Zeit ab 1. Mai 1990 erteilte Genehmigung war ursprünglich auf das Hoheitsgebiet der DDR beschränkt.
31
b) Art. 19 EinigungsV hat nicht zu einer Erstreckung der Erlaubnis auf das gesamte Bundesgebiet geführt. Nach dieser Vorschrift bleiben vor der Wiedervereinigung ergangene Verwaltungsakte der DDR zwar wirksam. Art. 19 EinigungsV hat aber grundsätzlich keine inhaltliche Änderung von Verwaltungsakten bewirkt (BVerwGE 126, 149 Rn. 50 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 46).
32
Für die Frage, ob sich ein Verwaltungsakt der DDR nach der Wiedervereinigung auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik erstreckt, kommt es auf die hypothetische Prüfung an, ob ein inhaltlich entsprechender Verwaltungsakt der Behörde eines alten Bundeslandes bundesweite Geltung hat. Ist das der Fall, so ist dasselbe für den nach Art. 19 EinigungsV fortgeltenden Verwaltungsakt anzunehmen. Andernfalls ist eine bundesweite Geltung zu verneinen. Denn die Rechtsordnung der (erweiterten) Bundesrepublik, die für die mit dem Einigungsvertrag angestrebte Rechtseinheit maßgeblich ist, ist durch ihre föderale Struktur mitgeprägt, in der nicht selten Regelungsunterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen (vgl. BVerwGE 126, 149 Rn. 56).
33
In Anwendung dieser Grundsätze kommt eine Erstreckung der dem Beklagten zu 1 von der Stadt Löbau erteilten Erlaubnis auf das Gebiet des Bundeslands Bremen nicht in Betracht (vgl. BVerwGE 126, 149 Rn. 56; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 47 f.; ebenso OVG Bautzen, GewArch 2008, 118, 120 f.; OVG Hamburg, ZfWG 2008, 136, 137; VGH Kassel, ZfWG 2008, 272, 274; OVG Lüneburg, NVwZ 2009, 1241, 1242; aA Rixen, NVwZ 2004, 1410, 1412 ff.). Auch in den alten Bundesländern hätten Erlaubnisse für die gewerbliche Veranstaltung von Sportwetten (mit Ausnahme von Pferdewetten) nur nach dem jeweiligen Landesrecht erteilt werden können, so dass ihre Wirkung auf das Gebiet des betreffenden Landes beschränkt gewesen wäre. Eine außerhalb Bremens erteilte Glücksspielerlaubnis berechtigt also nicht dazu, in Bremen Glücksspiele zu veranstalten oder zu vermitteln.
34
Mit der fehlenden Erstreckung auf das Land Bremen teilt die Gewerbeerlaubnis des Beklagten zu 1 das Schicksal aller vergleichbaren Gestattungen, so dass keine dem Gedanken des Vertrauensschutzes widerstreitende Benachteiligung des Erlaubnisnehmers erkennbar ist (vgl. BVerwGE 126, 149 Rn. 56).
35
c) Die fehlende Erstreckung seiner von der Stadt Löbau erteilten Genehmigung auf das Bundesland Bremen greift auch in keine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition des Beklagten zu 1 ein.
36
d) Es besteht kein Anlass, das Verfahren im Hinblick auf die Feststellungsklagen auszusetzen, die nach dem Vortrag der Beklagten vor verschiedenen Verwaltungsgerichten zur Klärung der Frage anhängig gemacht worden sind, ob der Beklagte zu 1 aufgrund der ihm erteilten DDR-Genehmigung berechtigt ist, Kunden in den alten Bundesländern Sportwetten über das Internet zu vermitteln. Bisher ist in keinem dieser Verfahren eine den Beklagten günstige Sachentscheidung ergangen. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 (8 C 5.10, juris) und der auch aus Sicht des Senats eindeutigen Rechtslage ist eine solche Entscheidung nicht zu erwarten.
37
3. Der Glücksspielstaatsvertrag und insbesondere das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüSpV sind formell und materiell mit dem Verfassungsrecht vereinbar.
38
a) Entgegen der Ansicht der Revision haben die Länder mit dem Glücksspielstaatsvertrag ihre Kompetenzen nicht überschritten. Von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG hat der Bund ungeachtet der Regelungen in §§ 33c ff. GewO jedenfalls nicht in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Länder an den im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen gemäß Art. 72 Abs. 1 GG gehindert wären (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338 Rn. 25).
39
b) Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. Die durch ihn bewirkten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sind durch überragend wichtige Gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 27 ff.). Dabei ist davon auszugehen, dass die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und - im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in einer Annahmestelle - dessen Abstraktheit , problematisches Spielerverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Das Internetverbot ist deshalb geeignet, erforderlich und angemessen, ein Gemeinwohlziel hohen Ranges zu fördern (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40, 48, 59).
40
4. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV steht mit dem Unionsrecht in Einklang.
41
a) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags könnten nicht angewandt werden, weil die Länder ihrer europarechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen seien.
42
aa) Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (nachfolgend : Informationsrichtlinie) haben die Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer technischen Vorschrift unverzüglich der Europäischen Kommission zu übermitteln. Zweck der Notifizierung ist es, durch eine vorbeugende Kontrolle der Kommission den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu schützen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 1996 - C-194/94, Slg. 1996, I-2201 = EuZW 1996, 379 Rn. 40 f., 51 - CIA Security International/Signalson; Erwägungsgründe 4 und 7 der Informationsrichtlinie). Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (EuGH aaO Rn. 54).
43
bb) Der Glücksspielstaatsvertrag ist der Kommission am 21. Dezember 2006 notifiziert worden (vgl. Verwaltungsschreiben der Kommission vom 14. Mai 2007, abgedruckt als Anlage 1 c zum Entwurf des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland , Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Informationsrichtlinie durfte Deutschland das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV dann jedenfalls ab 21. Juni 2007 in Kraft setzen, also im Land Bremen auch durch ein ab 1. Januar 2008 wirksames Ausführungsgesetz. Soweit § 1 BremGlüG die Zustimmung des Bundeslands Bremen zum Glücksspielstaatsvertrag enthält, folgt daraus kein über diesen Vertrag hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt des Ausführungsgesetzes.
44
cc) Zwar können Verschärfungen des Entwurfs einer technischen Vorschrift nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 der Informationsrichtlinie eine erneute Notifizierungspflicht auslösen. Das bremische Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag enthält aber keine Verschärfung des ohnehin bereits umfassenden und von den Marktteilnehmern zu beachtenden Internetverbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV. Insbesondere ist weder der Bestimmung über Sportwetten in § 16 noch dem Ordnungswidrigkeitenkatalog in § 22 BremGlüG eine solche Verschärfung zu entnehmen.
45
Es kann dahinstehen, ob für die Ausführungsgesetze der Länder zum Glücksspielstaatsvertrag unter anderen Gesichtspunkten eine gesonderte Notifizierungspflicht bestand.
46
b) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar.
47
aa) Allerdings stellt diese Regelung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 56 AEUV dar. Das Internetverbot erschwert Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten eine Tätigkeit in Deutschland. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Glücksspielsektor nur unionsrechtskonform , wenn sie das Diskriminierungsverbot beachtet und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Die Maßnahme muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten , indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt; sie darf ferner nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, EuZW 2004, 115 Rn. 65 - Gambelli u.a.; EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - C-338/04 u.a., Slg. 2007, I-1891 = EuZW 2007, 209 Rn. 49 - Placanica; Urteil vom 8. September 2009 - C-42/07, Slg. 2009, I-7633 = EuZW 2009, 689 Rn. 60 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional

).


48
bb) Eine formale Diskriminierung liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt gleichermaßen für In- und Ausländer. Zwar beeinträchtigt das Internetverbot faktisch Glücksspielanbieter außerhalb Deutschlands stärker als solche, die im Inland ansässig sind, weil ihnen ein für den unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt besonders wirksames Vermarktungsmittel genommenwird (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-212/08, EuZW 2011, 674 Rn. 74 - Zeturf Ltd.). Dieser Umstand allein steht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer unionsrechtlichen Rechtfertigung des Internetverbots aber nicht entgegen. Vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese Beschränkung zwingenden Belangen des Allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt und nicht über das erforderliche Maß hinausgeht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 52 ff. - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; EuZW 2011, 674 Rn. 76 ff. - Zeturf Ltd.).
49
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsbestimmungen des Landes Bremen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses im Sinne des Unionsrechts dienen (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34). Ziele des Glücksspielstaatsvertrags sind die Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie die Betrugsvorbeugung (§ 1 Nr. 4 GlüStV). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung , die Abwehr von Störungen der sozialen Ordnung und das Anliegen, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren, zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind, die Beschränkungen der Spieltätigkeiten rechtfertigen können (vgl. EuGH, Urteil vom 24. März 1994 - C-275/92, Slg. 1994, I-1039 = EuZW 1994, 311 Rn. 57 f. - Schindler; EuGH, WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; EuZW 2004, 115 Rn. 67 - Gambelli; EuZW 2009, 689 Rn. 46 - Placanica; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, NVwZ 2010, 1422 Rn. 55 ff. = MMR 2010, 840 - Carmen Media Group). Die Ziele der Suchtbekämpfung sowie des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV) dienen dem Schutz der Sozialordnung. Die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) zielen darauf ab, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren.
50
dd) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV geeignet, die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Gemeinwohlziele zu fördern.
51
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich geeignet ist, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group). Denn über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 70 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; NVwZ 2010, 1422 Rn. 102 f. - Carmen Media Group; siehe auch BVerfGE 115, 276 Rn. 139; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34).
52
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV soll speziell diesen besonderen Gefahren des Angebots von Glücksspielen im Internet begegnen. Für die Beurteilung der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Internetverbots kommt es deshalb nicht auf die Verfügbarkeit von Glücksspielen in anderen Vertriebskanälen an, die nicht die besonderen Gefahren des Internetvertriebs aufweisen (vgl. EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 78 ff. - Zeturf Ltd.).
53
(2) Das Internetverbot ist nicht deshalb zur Verfolgung legitimer Gemeinwohlinteressen ungeeignet, weil bislang konkrete und belastbare Nachweise dafür fehlen, dass solche Interessen durch das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten im Internet gefährdet werden können. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat klargestellt, dass ein Mitgliedstaat die Eignung einer beschränkenden Maßnahme im Glücksspielsektor für die Verfolgung anerkannter Gemeinwohlziele auch dann belegen kann, wenn er dazu keine konkreten Untersuchungen vorzulegen vermag. Es reicht aus, wenn der Mitgliedstaat alle Umstände darlegt, anhand deren sich ein zur Entscheidung berufenes Gericht darüber vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07 u.a., WRP 2010, 1338 Rn. 70 ff. - Markus Stoß u.a.). Diese Anforderung ist im Streitfall erfüllt.
54
(3) Das Internetverbot ist auch eine kohärente und systematische Beschränkung der Gelegenheiten zum Glücksspiel (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 35 ff.). Die Prüfung dieser unionsrechtlichen Anforderung obliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Gerichten der Mitgliedstaaten (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group).
55
(a) Die unionsrechtliche Prüfung hat grundsätzlich für jede nationale Beschränkung im Bereich der Glücksspiele gesondert zu erfolgen (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Prüfungsgegenstand ist im Streitfall somit allein das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV und nicht der Glücksspielstaatsvertrag in seiner Gesamtheit oder das deutsche Glücksspielmonopol.
56
(aa) Das Internetverbot ist nicht in dem Sinne "monopolakzessorisch", dass es bei einer eventuellen Unionsrechtswidrigkeit des deutschen Glücks- spielmonopols keine Wirkung mehr entfalten könnte (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12). Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige Regelung, die schon für sich allein zur Förderung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele geeignet ist. Selbst wenn das deutsche Glücksspielmonopol oder andere Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags mit dem Unionsrecht unvereinbar wären, führte dessen Anwendungsvorrang nur dazu, dass das deutsche Recht insoweit nicht anzuwenden wäre. Hingegen blieben diejenigen Bestandteile des Glücksspielstaatsvertrags weiterhin anwendbar , die noch eine aus sich heraus sinnvolle und handhabbare Regelung darstellen, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht (vgl. BVerwGE 105, 336, 345 f.). Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen. Dieser Zweck entfiele auch dann nicht, wenn die Vorschriften über das staatliche Monopol im Glücksspielstaatsvertrag wegfielen (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12 aE).
57
(bb) Zudem ist davon auszugehen, dass die verschiedenen Arten von Glücksspielen erhebliche Unterschiede aufweisen können, etwa hinsichtlich der sie kennzeichnenden Einsätze und Gewinne, der Zahl potentieller Spieler, der Präsentation, der Häufigkeit, der Dauer oder danach, ob sie die körperliche Anwesenheit des Spielers erfordern oder nicht. Daher führt allein der Umstand, dass für verschiedene Arten von Glücksspielen unterschiedliche nationale Regelungen gelten, nicht schon dazu, dass diese Maßnahmen ihre unionsrechtliche Rechtfertigung verlieren (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 62 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 95 f. - Markus Stoß u.a.).
58
(b) Allerdings können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group) berechtigte Zweifel an der Eignung eines nationalen Monopols für Sportwetten und Lotterien zur kohärenten und systematischen Beschränkung des Glücksspiels bestehen, wenn - andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern betrieben werden dürfen und - der Mitgliedstaat in Bezug auf diese anderen Arten von Glücksspielen, die zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreibt, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren.
59
Außerdem sind auch Ausnahmen und Einschränkungen zu einer die Glücksspieltätigkeit beschränkenden Regelung dahingehend einer Kohärenzprüfung zu unterziehen, ob sie deren Eignung zur Verfolgung legitimer Allgemeininteressen beseitigen (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
60
(c) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist zu beachten , dass es hier allein auf die unionsrechtliche Wirksamkeit des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV ankommt. Daher sind die Regelungen zum Automatenspiel und zum herkömmlichen Spielbankenbetrieb in Deutschland im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Diese Glücksspielformen setzen anders als das Spiel im Internet die persönliche Anwesenheit der Spieler voraus. Weil das bereits aus dem Wesen dieser Glücksspiele folgt, können sie von vornherein nicht durch ein Internetverbot geregelt werden (in diesem Sinne etwa Ohler, EuR 2010, 253, 259). Eine inkohärente oder unsystematische Regelung liegt in diesem tatsächlichen Unterschied zu Sportwetten aber nicht. Selbst wenn Deutschland beim Automatenspiel und im Bereich der Spielbanken eine expansive Politik betreiben sollte, ließe dies die Eignung von § 4 Abs. 4 GlüStV als wirksame Maßnahme zum Jugend- und Spielerschutz sowie zur Begrenzung der Glücksspieltätigkeit unberührt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein allgemeines Internetverbot grundsätzlich auch dann geeignet, die mit ihm verfolgten legitimen Allgemeininteressen zu erreichen, wenn das Anbieten von Spielen über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group).
61
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache "Zeturf" (EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 73 ff.). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden (aaO Rn. 77). Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Sektor der Pferdewetten an (aaO Rn. 82 f.). Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung betont der Gerichtshof aber auch, dass der Absatz von Glücksspielen über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (aaO Rn. 78 ff.). Wie sich aus Randnummer 82 des Urteils "Zeturf" ergibt, hält der Gerichtshof dabei daran fest, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliegt zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern. Unerheblich ist im Übrigen auch, ob die Länder im Zusammenhang mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags eine Lockerung des Internetverbots erwägen. Im Streitfall steht allein das geltende Recht auf dem Prüfstand. Rechtspolititsche Erwägungen, die de lege ferenda angestellt werden, vermögen die Beurteilung des geltenden Rechts nicht zu verändern.
62
Da Deutschland - anders als Frankreich in dem der Entscheidung "Zeturf" zugrundeliegenden Fall - in § 4 Abs. 4 GlüStV eine besondere Regelung für den Glücksspielvertrieb im Internet getroffen hat, die aufgrund der spezifischen Gefahren dieses Vertriebswegs gerechtfertigt ist, kommt es für die unionsrechtliche Kohärenzprüfung allein auf diesen Vertriebskanal an.
63
Im Übrigen ist es nach § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten, im Internet Automatenspiele anzubieten; denn die Erlaubnis nach § 33c Abs. 1 GewO gilt nur für den stationären Betrieb von Geldspielautomaten (OVG Münster, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 4 B 1774/07, juris; LG Köln, ZfWG 2010, 149, 150 f.). Spielbanken müssen das Internetverbot gemäß § 2 Satz 2 GlüStV beachten.
64
(d) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler auch hinsichtlich des Bereichs der Pferdewetten einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verneint.
65
(aa) Pferdewetten dürfen nicht über das Internet angeboten oder vermittelt werden. Der Senat schließt sich dazu den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 1. Juni 2011 an (8 C 5.10, juris Rn. 37 ff.). Die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten ist verboten , sofern sie nicht auf der Grundlage des Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I, S. 393) erlaubt wird. Die nach § 2 Abs. 2 RennwLottG erteilte Erlaubnis ist auf die Örtlichkeit beschränkt, in der die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, insbesondere aber auch aus dem Zweck dieser Bestimmung: Sie dient dazu, den Missstand des sog. Winkelbuchmachertums zu bekämpfen, der dazu geführt hatte, dass Kunden überall und jederzeit aufgesucht und zum Wetten verleitet werden konnten. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat (aaO Rn. 39), liegt dem Typus der erlaubten Pferdewette die Vorstellung eines Wettabschlusses unter Anwesenden zugrunde. Mit diesem Gesetzeszweck ist die - zulässige - telefonische oder telegrafische Wettannahme noch vereinbar, bei der die Initiative zum Wetten vom Wettwilligen ausgehen muss, der zudem weiß, mit welchem Buchmacher er es zu tun hat. Das Wettangebot ist bei Nutzung dieser Formen der Telekommunikation weder ubiquitär noch anonym (BVerwG aaO). Dies ist beim Vertrieb von Wetten im Internet anders. Das Internet ermöglicht den Abschluss von Wetten von jedem Ort und zu jeder Zeit ohne jeden persönlichen Kontakt (vgl. zu allem Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 38 ff.). Dass das Rennwett- und Lotteriegesetz in § 1 für die Totalisatorwette nicht ausdrücklich eine entsprechende Bindung an ein stationäres Wettbüro verlangt, vermag hieran nichts zu ändern; denn zum Betrieb eines Totalisators dürfen nur Renn- und Pferdezuchtvereine zugelassen werden (§ 2 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz).
66
(bb) Allerdings schreiten die Bundesländer bislang nicht gegen die Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet ein. Damit besteht in diesem Bereich ein strukturelles Vollzugsdefizit (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 41). Das führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich.
67
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezieht sich die Kohärenzprüfung auf die Eignung einer Beschränkung zur Zielerreichung. Diese Eignung wird nicht schon durch jede abweichende Regelung in einem quantitativ noch so unbedeutenden Bereich in Frage gestellt. So hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aspekt der Kohärenz des Internetverbots keine Bedenken daraus abgeleitet, dass § 25 Abs. 6 GlüStV eine begrenzte und zeitlich beschränkte Ausnahme von diesem Verbot vorsah (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
68
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV verliert danach nicht deswegen ihre Eignung zum Jugend- und Spielerschutz, zur Betrugsbekämpfung und zur Eindämmung des Glücksspiels, weil Pferdewetten noch im Internet abgeschlossen werden können. Pferdewetten machen erkennbar nur einen kleinen Prozentsatz des Glücksspielmarkts aus (vgl. OVG Münster, ZfWG 2011, 47, 52; VGH Mannheim, ZfWG 2010, 24, 39) und die von ihnen ausgehenden Suchtgefahren treffen nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung, weil nur verhältnismäßig wenige Verbraucher im Bereich der Pferderennen tatsächlich über solche Kenntnisse verfügen, um sich zuzutrauen, erfolgreich auf den Rennausgang wetten zu können. Im Gegensatz dazu empfinden beim Fußball und anderen Breitensportarten weite Personenkreise eine subjektiv empfundene "Wettkompetenz" , die sie zum Spielen verleitet. Hinzu kommt, dass die Zahl der Pferderennen deutlich unter derjenigen der sonstigen Sportereignisse liegt, die gerade beim Internetvertrieb dem Spielinteressierten ständig neue Wettmöglichkeiten eröffnen (vgl. zur marginalen Bedeutung der Pferdewetten für den Glücksspielmarkt insgesamt auch BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 42).
69
(cc) Dementsprechend hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union zwar gemäß dem ihm von den vorlegenden deutschen Gerichten unterbreiteten Sachverhalt die Zulässigkeit von Pferdewetten privater Veranstalter angenommen , eine mögliche Inkohärenz des deutschen Sportwettenmonopols aber allein mit der in den Vorlagebeschlüssen festgestellten Politik der Angebotsausweitung im Bereich Spielbanken und Automatenspiele begründet (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 67 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 100, 106 - Markus Stoß u.a.).
70
(dd) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die an Pferdewetten interessierten Verbraucher im Hinblick auf die damit verbundenen Suchtgefahren nicht weniger schutzwürdig sind als diejenigen Verbraucher, die als Teilnehmer sonstiger Sportwetten in Betracht kommen. Der Gesetzgeber mag nach deutschem Recht auch unter diesem Aspekt gehalten sein, das gegenwärtige Vollzugsdefizit alsbald zu beseitigen. Zur unionsrechtlichen Unzulässigkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV kann dieser Umstand aber nicht führen, weil die Gefahren für die Sozialordnung, die sich aus der derzeitigen Duldung des Abschlusses von Internetwetten für Pferderennen ergeben, wegen des beschränkten Teilnehmerkreises deutlich geringer sind als diejenigen der anderen von § 4 Abs. 4 GlüStV erfassten Glücksspiele.
71
(e) § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch nicht im Hinblick auf § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV) unionsrechtlich inkohärent.
72
Die Vorschrift des § 8a RStV lässt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk unter bestimmten Voraussetzungen zu. Nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV gilt § 8a RStV entsprechend für Gewinnspiele in mit Rundfunk vergleichbaren Telemedien, die sich an die Allgemeinheit richten. Dazu zählen auch Internetportale, die redaktionelle Informations - und Unterhaltungsangebote für die Allgemeinheit bereitstellen (vgl. Bolay, MMR 2009, 669, 673).
73
(aa) Gewinnspiele im Sinne des § 8a RStV können grundsätzlich auch zufallsabhängige Spiele sein. Das ergibt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. So ist nach § 8a Abs. 1 Satz 4 RStV im Programm über die Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Das spricht dafür, dass Gewinnspiele nur solche Spiele sind, bei denen die Spieler eine gestellte Aufgabe lösen müssen, was grundsätzlich nicht zufallsabhängig ist. Zweck des § 8a RStV ist aber klarzustellen, dass die erst in neuerer Zeit aufgekommenen "interaktiven" Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele, an denen sich das Publikum mittels individueller Kommunikationsmittel (insbesondere Telefon) kostenpflichtig beteiligen kann, ein in Fernsehen und Hörfunk zulässiger Programminhalt sind und damit für private Rundfunkveranstalter eine erlaubte Einnahmequelle bilden. Zu den nach § 8a RStV zulässigen Gewinnspielen zählen danach grundsätzlich auch privat veranstaltete, zufallsabhängige Call-in-Gewinnspiele gegen Entgelt (vgl. VGH München, AfP 2010, 204, 205; Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Bayerischer Landtag, LT-Drucks. 15/9667, S. 15; Bolay, MMR 2009, 669, 671). Das ergibt sich auch aus der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung), die zur Konkretisierung des § 8a RStV erlassen worden ist. Nach § 2 Gewinnspielsatzung liegt ein Gewinnspiel vor, wenn den Nutzern des Programmangebots im Fall der Teilnahme die Möglichkeit auf den Erhalt eines Vermögenswertes geboten wird. Das schließt zufallsabhängige Spiele ein.
74
(bb) Ein Glücksspiel liegt aber nur vor, wenn für den Erwerb einer - zumindest überwiegend zufallsabhängigen - Gewinnchance ein Entgelt gezahlt wird (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Daran fehlt es bei den Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV.
75
Wie sich aus der Verweisung des § 8a Abs. 1 auf § 13 Abs. 1 Satz 3 RStV ergibt, dürfen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten aus Gewinnspielen keine Einnahmen erzielen. Im Übrigen ist das Teilnahmeentgelt auf höchstens 0,50 € begrenzt. Nach § 8 Gewinnspielsatzung ist es unzulässig, zu wiederholter Teilnahme aufzufordern oder dafür Anreize zu setzen.
76
Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich (OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKommStGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670). Sie entsprechen den üblichen Portokosten, wie sie auch für die Teilnahme an herkömmlichen Gewinnspielen im Einzelhandel aufgewendet werden müssen, bei denen die Gewinner aus den Einsendern der richtigen Antwort durch Los und damit zufallsabhängig bestimmt werden. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags. Zudem werden Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen im Rundfunk maßgeblich durch ihren Show- und Unterhaltungscharakter geprägt, so dass sie in dem durch § 8a RStV festgelegten Entgeltrahmen als Unterhaltungsspiele anzusehen sind.
77
(cc) Durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt werden die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags nicht beeinträchtigt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich , dass die fraglichen Spiele ein höheres Suchtpotential als die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Spiele haben (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group). Sie können infolgedessen auch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV führen.
78
(f) Die Revision hat auch keine Vollzugsdefizite des Glücksspielstaatsvertrags in Bremen dargelegt, aus denen sich eine Inkohärenz des Internetverbots jedenfalls für dieses Bundesland ergäbe.
79
ee) Das Internetverbot begegnet ferner unter dem Aspekt der Erforderlichkeit keinen unionsrechtlichen Bedenken.
80
Das Unionsrecht verlangt, dass Beschränkungen im Glücksspielsektor nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele erforderlich ist (vgl. EuGH, EuZW 2007 Rn. 49 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Dabei ist es jedoch Sache jedes Mitgliedstaats zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Glücksspieltätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen. In diesem Zusammenhang kommt es für die Erforderlichkeit der erlassenen Maßnahmen allein auf die von den betreffenden nationalen Stellen verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau an (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 58 - Carmen Media Group). Dagegen wird nicht verlangt, dass eine von einem Mitgliedstaat erlassene beschränkende Maßnahme einer von allen Mitgliedstaaten geteilten Auffassung in Bezug auf die Modalitäten des Schutzes des fraglichen berechtigten Interesses entspricht (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2009 - C-518/06, Slg. 2009, I-3491 Rn. 83 ff. - Kommission/ Italien). Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union gerade auch im Zusammenhang mit dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV betont (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 104 - Carmen Media Group).
81
Die deutschen Bundesländer konnten es deshalb im Hinblick auf die besonderen Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet (vgl. oben Rn. 51) für erforderlich halten, diesen Vertriebsweg im Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags vollständig auszuschließen. Dieses Ergebnis ließ sich nur durch das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erreichen, nicht dagegen durch weniger einschneidende Reglementierungen des Vertriebskanals Internet.
82
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar ein mitgliedstaatliches Verbot des Vertriebs von Kontaktlinsen über das Internet als nicht erforderlich und damit als unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit angesehen (EuGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 - C-108/09, GRUR 2011, 243 Rn. 58, 65 ff., 75 - Ker-Optica). Anders als in jenem Fall sind die das Verbot des Internetvertriebs von Glücksspielen rechtfertigenden Gefahren aber unmittelbar und zwangsläufig mit dem Medium Internet verbunden (etwa mangelnde soziale Kontrolle wegen Anonymität, permanente Spielmöglichkeit, besondere Bequemlichkeit der Spielteilnahme). Sie lassen sich daher nicht durch begleitende Erläuterungen während des Spiels ausräumen.
83
5. Die der Beklagten zu 2 in Gibraltar erteilte Genehmigung zur Vermittlung von Sportwetten ist für die Entscheidung des Streitfalls ohne Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist jeder Mitgliedstaat berechtigt, die Möglichkeit, Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet Glücksspiele anzubieten, vom Besitz einer von seinen zuständigen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen (EuGH, WRP 2010, 1338 Rn. 113 - Markus Stoß u.a.). Zudem gelten die Vorschriften der § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV allgemein und damit auch für Inhaber einer deutschen Genehmigung zur Durchführung oder Vermittlung von Glücksspielen und Wetten.
84
6. Der Streitfall gibt keinen Anlass zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV. Der Gerichtshof hat wiederholt betont, dass die unionsrechtliche Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall Sache der nationalen Gerichte ist (vgl. EuZW 2007, 209 Rn. 58 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group). Die für diese Prüfung maßgeblichen Grundsätze des Unionsrechts hat er in einer Vielzahl von Entscheidungen geklärt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 14 - C.I.L.F.I.T.).
85
Das gilt insbesondere für § 4 Abs. 4 GlüStV (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 98, 105 - Carmen Media Group). Dabei war dem Gerichtshof auch die für Pferdewetten geduldete Ausnahme bekannt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 98 - Carmen Media Group - in Verbindung mit dem Vorlagebeschluss des VG Schleswig, ZfWG 2008, 69, 74, und der dort erfolgten Bezugnahme auf die Ausführliche Stellungnahme der Kommission im Notifizierungsverfahren, S. 1 u., 3 bei Ziff. 2.2, Anlage 1 a zum Entwurf des Gesetzes des Landes NordrheinWestfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Sie hat dem Gerichtshof aber keinen Anlass zu Zweifeln an der Kohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV gegeben.
86
V. Das Berufungsgericht hat den Beklagten auch zu Recht untersagt, ihr Sportwettenangebot entsprechend den im Klageantrag in Bezug genommenen Bildschirmausdrucken im Internet zu bewerben (§ 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 3 GlüStV). Nach § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verboten.
87
Auch gegen die Anwendung des § 5 Abs. 3 GlüStV bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken. Unabhängig von der Frage der Errichtung des staatlichen Wettmonopols und seiner Durchsetzung stellt das Werbeverbot eine gerechtfertigte Beschränkung der Rechte der Beklagten aus Art. 12 GG und Art. 49 AEUV dar. Es verfolgt dieselben legitimen Zwecke wie das Internetverbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV und ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die Wetttätigkeiten in geordnete und legale Bahnen zu lenken und Anreizen für Glücksspiele entgegenzuwirken.
88
Da der auf das Verbot der Werbung im Internet gerichtete Unterlassungsantrag bereits aus § 5 Abs. 3 GlüStV begründet ist, kommt es auf die Vorschrift des § 5 Abs. 4 GlüStV im Streitfall nicht an.
89
VI. Entgegen der Auffassung der Revision besteht der Unterlassungsanspruch bundesweit, obwohl die Klägerin nur in Bremen tätig ist. Denn das Verhalten der Beklagten ist im Streitfall - anders als in dem vom Senat am 14. Februar 2008 entschiedenen Fall (I ZR 207/05, BGHZ 175, 238 Rn. 28 - ODDSET) bundesweit als unlauterer Wettbewerb anzusehen. Das Internetverbot des § 4 und die Werbebeschränkungen des § 5 Glücksspielstaatsvertrag gelten gemäß § 24 GlüStV in Verbindung mit den Ausführungsgesetzen der Länder einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Die von der Revision vertretene Annahme eines lediglich regionalen Unterlassungsanspruchs würde dann zu dem nicht praktikablen Ergebnis führen, dass der räumliche Geltungsbereich des wettbewerblichen Anspruchs für jeden als Anspruchsteller auftretenden Wettbewerber selbständig bestimmt werden müsste (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 - I ZR 141/08, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken).
90
VII. Das Berufungsgericht hat der Beklagten zu 2 zu Recht verboten, Spielinteressierte von der Internetseite www.bwin.de auf Sportwettenangebote umzuleiten (Klageantrag zu 1b). Die Verurteilung des Beklagten zu 1 hat insoweit aber keinen Bestand.
91
Die Parteien haben vor dem Berufungsgericht übereinstimmend vorgetragen , dass die Umleitung erst nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 1 als administrativer Ansprechpartner für die Internetseite www.bwin.de am 24. August 2009 veranlasst worden ist. Eigene Tatbeiträge des Beklagten zu 1 zu wettbewerbswidrigen Sportwettenangeboten hat das Berufungsgericht nach diesem Datum nicht festgestellt. Damit ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1 keine Umleitungshandlung vorgenommen hat. Mangels Begehungsgefahr konnte er dann auch nicht zu einer entsprechenden Unterlassung verurteilt werden.
92
Auch wenn es sich bei der Umleitung um eine mit dem Klageantrag zu 1a kerngleiche Verletzungsform handelt, kann ein entsprechendes Verbot gegen den Beklagten zu 1 nur ausgesprochen werden, wenn in seiner Person für eine solche Verletzungshandlung Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr vorliegt. Daran fehlt es aber. Der Beklagte zu 1 hat keine Umleitung veranlasst. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er dies künftig tun wird, nachdem er nicht mehr administrativer Ansprechpartner für die fragliche Internetseite ist.
93
VIII. Da der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag begründet ist, hat das Berufungsgericht auch die darauf rückbezogenen Anträge auf Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 9 UWG) zu Recht zugesprochen.
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1. Die Feststellung der Ersatzpflicht im gerichtlichen Verfahren setzt voraus , dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Dafür reicht es aus, dass aufgrund des festgestellten Sachverhalts ein Schaden zumindest denkbar und möglich erscheint, wobei ein großzügiger Maßstab geboten ist (BGH, Urteil vom 6. März 2001 - KZR 32/98, GRUR 2001, 849, 850). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Es ist nach der Lebenserfahrung jedenfalls denkbar und möglich, dass das Internetangebot der Beklagten, insbesondere wegen seiner großen Bequemlichkeit und Anonymität, Spielinteressierte in Bremen davon abgehalten hat, Spielmöglichkeiten bei der Klägerin im herkömmlichen Vertrieb zu nutzen.
95
2. Das Berufungsgericht hat ein Verschulden der Beklagten für den hier allein noch erheblichen Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 zutreffend mit der Erwägung bejaht, die Rechtslage sei mit dem Inkrafttreten des Verbots für das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) hinreichend geklärt worden. Die Beklagten mussten jedenfalls ernsthaft damit rechnen, dass das zuständige Gericht einen Wettbewerbsverstoß annehmen werde. Die Kommission hatte zwar Ende Januar 2008 eine Untersuchung unter anderem über die Vereinbarkeit des § 4 Abs. 4 und des § 5 GlüStV mit dem Unionsrecht eingeleitet und dazu am 31. Januar 2008 eine Pressemitteilung veröffentlicht (IP/08/119). Das Ergebnis dieser Untersuchung und eines ihr gegebenenfalls folgenden Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union war aber völlig offen. Deutschland hatte bereits für den Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags näher begründet, warum das Internetverbot unionsrechtlich zulässig sei. Soweit ersichtlich, hat die Kommission die Sache auch nicht weiterverfolgt und keine mit Gründen versehene Stellungnahme im Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV abgegeben.
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Die Verfassungsmäßigkeit des Internetverbots (§ 4 Abs. 4 GlüStV) und des Werbeverbots (§ 5 GlüStV) wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits mit Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 bestätigt (1 BvR 928/08, ZfWG 2008, 351, 356).
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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Klageantrag zu 1b (Umleiten von Spielern auf die Internetseite der Beklagten zu 2) wirkt sich nicht werterhöhend aus, weil das entsprechende Verbot als kerngleiche Verletzungshandlung bereits im Unterlassungsantrag zu 1a enthalten ist. Dementsprechend haben die Beklagten die Kosten insgesamt zu tragen, obwohl die Verurteilung des Beklagten zu 2 nach dem Klageantrag zu 1b aufgehoben worden ist.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist in Kur und Schaffert kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 20.12.2007 - 12 O 379/06 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 29.01.2010 - 2 U 4/08 -

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. August 2007 - 2 K 239/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird - auch - für das Zulassungsverfahren auf 20.718,43 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil bleibt ohne Erfolg.

Durch diese Entscheidung wurde das Begehren des Klägers zurückgewiesen, festzustellen, dass die Übertragung der zum 1.4.2006 ausgeschriebenen Stelle der Besoldungsgruppe A 11 auf den Mitbewerber G rechtswidrig war.

Der Kläger hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Bestehens grundsätzlicher Bedeutung im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht ausreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage auf zwei selbständige Gründe gestützt. Zum einen hat es die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) „bereits (als) unzulässig“ erachtet, „weil der Kläger kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der von ihm begehrten Feststellung hat“ (Seiten 7 bis 9 des Urteils). Zum anderen hat es ausgeführt, dass das Feststellungsbegehren „ungeachtet des fehlenden Feststellungsinteresses ... aber auch in der Sache keinen Erfolg“ hätte. Zur Begründung hat es insoweit unter zulässiger Bezugnahme (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 10.5.2006 - 2 F 40/06 - und den Beschluss des Senats vom 20.6.2006 - 1 W 27/06 - verwiesen (Seite 10 des Urteils).

Beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts mithin auf zwei selbständig tragenden Gründen (Mehrfachbegründung), darf die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes der beiden Gründe ein Zulassungsgrund besteht

vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33 = NVwZ-RR 2004, 542; VGH München, Beschluss vom 30.10.2003 - 1 ZB 01.1961 -, NVwZ-RR 2004, 391; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. (2007), § 133 Rn 14.

Mit der materiell-rechtlichen Begründung der Klageabweisung setzt sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung vom 18.9.2007 in keiner Weise auseinander, so dass der Zulassungsantrag schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben kann.

Unabhängig davon ist die Verneinung eines berechtigten Interesses im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht richtig, da sich der Verwaltungsakt (Ablehnung der Übertragung der ausgeschriebenen Stelle nach Besoldungsgruppe A 11 auf den Kläger) durch die Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Mitbewerber am 30.6.2006 bereits vor Klageerhebung (9.8.2006) erledigt hatte; dies entspricht gefestigter Rechtsprechung

vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 18.5.2004 - 3 B 117/03 -, dokumentiert bei juris, sowie Urteile vom 27.3.1998 - 4 C 14/96 -, BVerwGE 106, 295 = NVwZ 1998, 1295, und vom 20.1.1989 - 8 C 30/87 -, BVerwGE 81, 226 = NJW 1989, 2486,

wobei unerheblich ist, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung Kenntnis vom Eintritt der Erledigung hatte. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob im Rahmen einer Feststellungsklage „Teilaspekte wie die Rechtswidrigkeit eines Ablehnungsbescheides außerhalb des Schadensersatzprozesses geklärt werden können“, ist bei Verneinung des Feststellungsinteresses aus den genannten Gründen nicht entscheidungserheblich.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Feststellungsbegehren auch in der Sache unbegründet ist. Es ist nämlich bereits mit Blick auf die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen Entscheidungen

Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10.5.2006 - 2 F 40/06 - und Beschluss des Senats vom 20.6.2006 - 1 W 27/06 -,

eindeutig, dass dem Beklagten keine zum Nachteil des Klägers rechtswidrige Beförderungsauswahl zum Vorwurf gemacht werden kann. Zum einen hält der Senat an seiner im Beschluss vom 20.6.2006 - 1 W 27/06 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die angegriffene Beförderungsauswahlentscheidung rechtsfehlerfrei ist. Zum anderen wird der Beklagte durch die (sogenannte) Kollegialgerichtsregel entlastet, wonach ein Verschulden entfallen kann, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig gebilligt hat. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten eine bessere Rechtseinsicht als von einem Kollegialgericht nicht erwartet und verlangt werden kann

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 16/06 -, NVwZ 2003, 1397 = ZBR 2003, 420 = DÖD 2003, 202.

Anderes kann nur dann gelten, wenn die kollegialgerichtliche Billigung auf der Beantwortung einer Rechtsfrage beruht, die für die Behörde keine Rolle gespielt hat oder wenn das Kollegialgericht bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist

vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 25.3.1988 - 4 C 21/85 -, Buchholz 406.16 Grundeigentumsschutz Nr. 47 = NVwZ 1989, 667, sowie Beschluss vom 9.8.1990 - 1 B 94/90 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 220 = NVwZ 1991, 270.

Die Kollegialgerichtsregel ist grundsätzlich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten (ausnahmsweise) auch im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes anwendbar, weil hier das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG von den Gerichten eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Anspruchs auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl fordert, da unterlegenen Bewerbern regelmäßig nur dieses Verfahren zur Verfügung steht

BVerwG, Urteil vom 17.8.2005 - 2 C 37/04 -, NVwZ 2006, 212 = ZBR 2006, 89.

So liegt der Fall. In den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Senats hat eine eingehende, an Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der zu Ungunsten des Klägers ausgefallenen Auswahlentscheidung stattgefunden. Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten ist nach alldem nicht annehmbar.

Der Berufungszulassungsantrag muss demgemäß zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 47 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Si-cherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin (vormals: ...) - ein Unternehmen im Bereich der online-Lotterie mit Sitz in London - vermittelt seit 1999 die Teilnahme am Lottospiel der staatlichen Lottogesellschaften der Länder über das Internet. Die Vermittlungstätigkeit besteht im Wesentlichen darin, Lottospielscheine gebührenfrei im Internet entgegenzunehmen, um sie im Auftrag der Lottospieler bei den staatlichen Lottogesellschaften, mit denen die Klägerin entsprechende Verträge geschlossen hat, gegen Provision einzureichen und die Gewinne der Lottospieler in deren Namen geltend zu machen. Sie beantragte am 29. November 2007 „in Erwartung des Inkrafttretens des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland zum 1. Januar 2008“ (GlüStV 2008) eine Erlaubnis für die gewerbliche Spielvermittlung im Internet gemäß § 24 Abs. 6 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 7 AGGlüStV. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. April 2008 „für das Jahr 2008“ insbesondere mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 6 Nr. 1 bis 5 GlüStV 2008 seien in wesentlichen Punkten nicht erfüllt, insbesondere der Jugendschutz nicht sichergestellt.

Am 21. April 2008 erhob die Rechtsvorgängerin der Klägerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4. April 2008 und zugleich Klage auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit, aufgeteilt in sieben Unteranträge. Das Verfahren der Anfechtungsklage wurde nach beiderseitigen Erledigungserklärungen eingestellt. Mit Schriftsatz vom 30. August 2012 stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin „aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Teilerledigungen und der normativen Änderungen nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags“ ihren Feststellungsauf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 um; für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beantragte sie entsprechend der zunächst erhobenen Anträge festzustellen, dass sie für den Freistaat Bayern berechtigt ist, in der von ihr bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte am 19. September 2008 einen weiteren, in einem Parallelverfahren rechtshängig gemachten Antrag, ihr (hilfsweise) nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 eine Erlaubnis zur Lotterievermittlung ab dem 1. Januar 2009 (vornehmlich) im Internet zu erteilen; diese zuletzt u.a. für den Zeitraum ab 1. Juli 2012 verfolgte Verpflichtungsklage blieb erfolglos (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 -; VG Regensburg, U.v. 28.2.2013 - RO 5 K 11.855 -).

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 28. Februar 2013 (RO 5 K 12.1196) ab, die Fortsetzungsfeststellungsanträge als unbegründet, die in die Zukunft gerichteten Feststellungsanträge als unzulässig, und ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu. Mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren zur Feststellung der Erlaubnisfreiheit für den Zeitraum der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages 2008 (1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012) habe die Klägerin eine zulässige Klageänderung vorgenommen; insoweit sei ab 1. Juli 2012 durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags Erledigung durch Änderung der Rechtslage eingetreten. Die ursprüngliche Feststellungsklage sei - wie bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage - auf Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses umgewandelt worden. Die ab 1. Juli 2012 geltende neue Zuständigkeitsbestimmung des § 19 Abs. 2 GlüStV wirke sich nur für die Beurteilung der Rechtslage ab diesem Zeitpunkt aus. Bei einem Behördenwechsel während eines anhängigen Verfahrens sei anerkannt, dass von einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den früheren Beklagten umgestellt werden könne. Werde nach Erledigung des ursprünglich geltend gemachten Feststellungsanspruchs nur noch ein früherer Anspruch geltend gemacht, würden für das berechtigte Interesse dieselben Voraussetzungen wie für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gelten. Hier bestehe ein berechtigtes Interesse aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, damit bei Erledigung wenigstens eine Entscheidung in der Hauptsache ergehen könne; das berechtigte Interesse folge außerdem nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem hier vorliegenden tiefgreifenden Grundrechtseingriff in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Klägerin, auch wenn zu dieser Frage ein Revisionsverfahren vor dem Bundeswartungsgericht anhängig sei. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 sei unbegründet, weil die Klägerin jedenfalls seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2008 dem Erlaubnisvorbehalt unterliege, der im Hinblick auf die Verfolgung der legitimen Ziele des Glücksspielstaatsvertrags weder gegen Unionsrecht noch gegen nationales Recht verstoße. Es sei nicht ersichtlich, dass der Erlaubnisvorbehalt über das hinausgehe, was zur Verhinderung der Glücksspielsucht, zur Begrenzung des Glücksspielangebots und zur Gewährleistung des Jugendsowie Spielerschutzes erforderlich sei. Die Kriterien, von deren Erfüllung die Erteilung der Erlaubnis abhänge, seien weder unbekannt noch diskriminierend. Unbedenklich sei auch, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Rechtsanspruch auf die Erlaubnis vorsehe, sondern ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt enthalte. Es habe keine Verpflichtung bestanden, Zahlenlotto oder Lotterien als weniger Suchtgefahren aufweisende Glücksspielarten vom Erlaubnisvorbehalt auszunehmen. Das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs nicht monopolakzessorische Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 lasse im Übrigen die von der Klägerin beabsichtigte Vermittlungstätigkeit über diesen Vertriebs Weg nicht zu. Das Internetverbot entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Für seine Eignung zur Gewährleistung des Spielerschutzes sei von besonderer Bedeutung, dass die fehlende soziale Kontrolle eines Spielers im Internet die Gefahr von Spielsucht erhöhe. Im Übrigen obliege es den einzelnen Mitgliedstaaten zu beurteilen, ob spezifische Gefahren im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs im Glücksspielbereich erforderten; die ab 1. Juli 2012 eingeführten Lockerungen dieses Verbots vor dem Hintergrund einer Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse bedeuteten nicht, dass das zuvor ausnahmslos geltende Verbot unverhältnismäßig gewesen sei. Unbegründet seien auch die weiteren Feststellungsanträge hinsichtlich der sich aus § 9 Abs. 4 GlüStV 2008 ergebenden Beschränkungen sowie hinsichtlich der Beschränkungen und Verbote von Werbung für öffentliches Glücksspiel aus § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV 2008. Das für den gegenwartsbezogenen Zeitraum ab 1. Juli 2012 erhobene Feststellungsbegehren sei unzulässig, weil die neue Rechtslage ab 1. Juli 2012 zu einer grundlegenden Veränderung des Klagegrundes und damit zu einer unzulässigen, weil nicht sachdienlichen Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO geführt habe. Der Prozessstoff werde infolge grundlegender Änderung der streitentscheidenden Normen ab dem 1. Juli 2012 wesentlich erweitert. Auch gebe es nun ein „gebündeltes“ Erlaubnisverfahren nach § 19 Abs. 2 GlüStV, weshalb sich die Regierung der Oberpfalz für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht mehr als zuständig ansehe. Ferner gebe es nun Erlaubnisvorbehalte für den Internetvertrieb und für bestimmte Werbemaßnahmen.

Die Klägerin begründet ihre Berufung im Hinblick auf die vom Beklagten bestrittene Zulässigkeit der auf den Zeitraum bis 30. Juni 2012 bezogenen Anträge mit der besonderen Intensität des Grundrechtseingriffs; nach der Rechtsprechung des Senats müsse bei der in Rede stehenden Verletzung von EU-Grundfreiheiten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse an der begehrten Feststellung der Erlaubnisfreiheit der Internet-Vermittlung schon im Hinblick auf das Erfordernis effektiven Rechtschutzes angenommen werden. Es komme jedoch auch ein berechtigtes Interesse wegen eines möglichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht, der jedenfalls nicht deshalb ausscheide, weil der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Carmen Media das Internetverbot von Glücksspielen nicht beanstandet habe, denn diese Entscheidung befasse sich mit der Unionsrechtswidrigkeit des bayerischen Sportwettenmonopols. Auf die Unionsrechtswidrigkeit des absoluten Internetverbots für die Vermittlung von Lotto habe die Kommission bereits vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags hingewiesen und dementsprechend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. In dem maßgeblichen Schreiben vom 31. Januar 2008 sei ausgeführt, dass die Teilnahme an nationalen Lotterien - auch bei Erwerb der Lottoscheine auf elektronischem Wege - kein ernsthaftes Risiko für eine Spielsucht im Hinblick auf die in der Regel nur zweimal wöchentlich stattfindenden Ziehungen darstelle. Das berechtigte Interesse ließe sich nur im Falle eines - hier nicht gegebenen - offensichtlichen Ausschlusses von Staatshaftungsansprüchen nach summarischer Prüfung verneinen; ausreichend sei eine Plausibilitätskontrolle des Vortrags der Klägerin. Die Anträge seien begründet. So hätten verschiedene Verwaltungsgerichte (Berlin, Chemnitz, Halle) zwischen dem Internetverbot für Lotto (unionsrechtswidrig) und dem Internetverbot für Sportwetten (unionsrechtskonform) unterschieden und festgestellt, dass die Klägerin im jeweiligen Bundesland in der bis 31. Dezember 2008 von ihr ausgeübten Weise als Vermittlerin von in Deutschland zugelassenen Lotterieprodukten auch ohne Erlaubnis tätig sein dürfe. Der Erlaubnisvorbehalt stelle keinen verhältnismäßigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit dar, da er schon nicht kohärent und systematisch zur Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels beitrage. So habe der Senat schon in seinem Urteil vom 26. Juni 2012 (10 BV 11.2770) ausführlich nachgewiesen, dass die Werbewirklichkeit von Lotto nichts mit Suchtbekämpfung zu tun habe und sämtliche Landeslottogesellschaften in Verfolgung fiskalischer Zwecke systematisch gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verstießen. Das Erstgericht habe die Eingriffsintensität des mit § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 verbundenen repressiven Verbots mit Dispensvorbehalt verkannt; der hiermit verbundene Eingriff sei wesentlich einschneidender als ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Damit sei die Vermittlung von Lotterien gerade nicht als grundsätzlich zulässig anzusehen. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis sei selbst dann ausgeschlossen, wenn die gesetzlich bestimmten Ziele verfolgt würden. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass es für die Einhaltung des unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht erforderlich sei, dass für alle Glücksspiele dieselbe Erlaubnisregelung gelten müsse. Sinn und Zweck dieses Gebots sei vielmehr, die gerichtliche Überprüfung der „Wahrhaftigkeit“ des vom Mitgliedstaat angegebenen Ziels der Beschränkung der Grundfreiheit zu erleichtern. Bereits eine widersprechende Handlung mache das Vorgehen des Mitgliedstaats, mit dem er die unternehmerische Freiheit im Binnenmarkt beschränke, unglaubwürdig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts gelte das Kohärenzgebot nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern auch für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein. Das Verhalten der Bundesländer widerspreche dem Ziel der Angebotseindämmung bei Lotto eklatant, wie das Werbeverhalten der staatlichen Landeslotterieveranstalter zeige. Aufsichtsbehörden schritten nicht ein, sodass von einem strukturellen Vollzugsdefizit zu sprechen sei. Es sei nur folgerichtig, dass die 16 staatlichen Lotterieveranstalter die Forderung vertreten würden, sie von der Kontrolle durch die Wettbewerbskammern der ordentlichen Gerichtsbarkeit freizustellen und ausschließlich der Glücksspielaufsicht zu unterstellen. Ergänzend werde zur Begründung der Inkohärenz auf die Maßgaben des EuGH-Urteils in der Rechtssache Stoß Bezug genommen; danach reiche für die Annahme einer Inkohärenz aus, dass andere Arten von Glücksspielen durch private Veranstalter, die über eine Erlaubnis verfügten, betrieben werden dürften, und auf Angebotsausweitung ausgerichtete Werbung staatlicher Veranstalter festzustellen sei. Des Weiteren verstoße der Erlaubnisvorbehalt gegen das Übermaßverbot, denn der Internetvertriebs Weg mache für den Lottovertrieb lediglich 6% (Stand: 2007) aus, sodass ein entsprechendes Verbot nicht zu einer Angebotseindämmung oder gar Verringerung der bei Lotto sowieso nicht gegebenen Spielsucht führen könne. Im Übrigen verhindere auch die vom Verwaltungsgericht angeführte „soziale Kontrolle durch persönliche Anwesenheit der Spieler“ bei Abgabe der Lottoscheine - in Ermangelung von Höchsteinsatzgrenzen und anonym ohne Personalienfeststellung - nicht, dass Spielsüchtige an mehreren Annahmestellen hintereinander und unkontrolliert dem Spiel nachgingen. Das Verwaltungsgericht habe sich über die Entscheidung von ca. einem Drittel der bundesdeutschen Bevölkerung, die regelmäßig Lotto spielten, schlicht hinweggesetzt, in dem es Passagen aus Entscheidungen zu Sportwetten auf „Lotto“ umgeschrieben habe. Der Gesetzgeber selbst habe in § 22 Abs. 2 GlüStV 2008 entschieden, dass spielsüchtige, für andere Glücksspiele gesperrte Spieler jedenfalls an Lotterien, die nicht häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet würden, teilnehmen dürften. Die Erlaubnisregelung widerspreche auch deshalb unionsrechtlichen Anforderungen, weil sie für ein grenzüberschreitend tätiges europäisches Unternehmen weder objektiv vorhersehbar gewesen sei noch effektiver gerichtlicher Rechtsschutz angesichts des Erfordernisses erlangt werden könne, in allen 16 Bundesländern eine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten erlangen und dafür gegebenenfalls auch 16 Gerichtsverfahren durchlaufen zu müssen. Das Internet-Vermittlungsverbots verstoße gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Der EuGH habe mit seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011 (Zeturf) die Bedeutung der Kohärenzanforderungen für internetbezogene Beschränkungen verdeutlicht und dabei dem Vertriebskanal Internet gerade im Hinblick auf die Tätigkeit grenzüberschreitender Unternehmen im Binnenmarkt eine herausragende Bedeutung zuerkannt. Die Nutzung des Internets müsse zu einer Verstärkung der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren führen; eine solche „Gefahrenverstärkung“ liege aber im Fall der Teilnahme an staatlich veranstalteten Lotterien nicht vor. Außerdem habe das Verwaltungsgericht seine Kohärenzprüfung zu Unrecht nur auf den Bereich Internet beschränkt. Außerdem habe es trotz Feststellung eines strukturellen Vollzugsdefizits bei der Pferdewetten-Vermittlung im Internet diesen Bereich als unbedeutend bezeichnet, obwohl er große wirtschaftliche Bedeutung habe und im Vergleich zu Lotto eine erheblich höhere Spielsuchtrelevanz bestehe. Es bestünden weitere (sechs) kohärenzschädliche Widersprüche, mit denen sich das Verwaltungsgericht trotz entsprechenden Sachvortrags nicht befasst habe. Der Beklagte sei vom Verwaltungsgericht nicht aufgefordert worden, konkrete Nachweise und Untersuchungen zur Frage der Lotto-Spielsucht vorzulegen. Ob das mitgliedstaatliche Internetverbot dem Problem der Spielsucht abhelfen könne, sei demnach weiter ungeklärt. Die Klage sei auch für den Übergangszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 begründet, weil die internetbezogenen Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20. Dezember 2007 (AGGlüStV) nicht entsprechend der Richtlinie 98/34/EG notifiziert worden und daher unanwendbar gewesen seien. Zudem habe in dem entsprechenden Zeitraum im Bundesland Schleswig-Holstein keine Fassung des Glücksspielstaatsvertrags gegolten, sodass dieser Umstand zu einer zusätzlichen Inkohärenz geführt habe, weil die Lottovermittlung über Internet in diesem Bundesland nicht mehr erlaubnis-, sondern lediglich anzeigepflichtig gewesen sei. Damit habe der Mitgliedstaat Deutschland das Internetverbot nicht überall als kohärentes Ziel verfolgt, jedenfalls nicht in Schleswig-Holstein. Die den Bundesländern zukommende, auf ihr Hoheitsgebiet beschränkte Gesetzgebungskompetenz könne aus Sicht des Unionsrechts den Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht rechtfertigen.

Für den gegenwartsbezogenen, den Zeitraum ab 1. Juli 2012 betreffenden Teil der Klage liege nicht die vom Verwaltungsgericht angenommene Klageänderung vor, weil die entsprechenden Klageanträge bereits in der Klageschrift vom 21. April 2008 gestellt und unverändert beibehalten worden seien. Auch der Klagegrund sei der gleiche, ohne dass hieran eine Veränderung der materiell-rechtlichen Gesetzeslage infolge Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags etwas geändert habe. Die Klägerin stütze ihren Anspruch nicht auf einfaches Gesetzesrecht, sondern habe ihn von Anfang an im Hinblick auf Art. 56, 57 AEUV sowie Art. 12 Abs. 1 GG für begründet erachtet. Wie etwa bei einem Bauantrag, nach dessen Stellung sich die Vorschriften der Bauordnung geändert hätten, müsse auch über die vorliegenden Feststellungsanträge nach den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Vorschriften entschieden werden. Die Klage sei auch begründet, weil insoweit die bereits zur alten Rechtslage dargelegten Ausführungen gelten würden, die nach wie vor die Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen über die Erlaubnispflicht der Internetvermittlung von Lotterien bewiesen, sodass die Tätigkeit auch aktuell als erlaubnisfrei behandelt werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Februar 2013

1. für die Vergangenheit

festzustellen, dass die Klägerin mit Bezug auf den Freistaat Bayern vom 1.1.2008 bis 30.6.2012 berechtigt war, in der von ihr zuvor ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein, insbesondere festzustellen,

a) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, auch ohne eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 2 AGGlüStV a.F. in Deutschland zugelassene Lotterien und Glücksspiele (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Klassenlotterien) zu vermitteln,

b) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 im Internet zu vermitteln,

c) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt war, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 GlüStV 2008 i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüstV a.F. auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Freistaats Bayern Lotterien bayerischer Veranstalter und auch für Personen mit Aufenthalt im Freistaat Bayern an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass sie entgegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 für ihre Tätigkeit auch im Internet werben durfte,

e) und dass sie entgegen § 5 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern durfte.

und

2. für die Gegenwart

festzustellen, dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, in der von ihr bis zum Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags ausgeübten Weise als Vermittlerin von staatlichen Lotterieprodukten im Internet tätig zu sein, insbesondere festzustellen,

a) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, auch ohne eine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV. i.V.m. Art. 2 AGGlüStV in Deutschland zugelassene Lotterien (etwa von Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks) zu vermitteln,

b) dass sie mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV auch ohne gesonderte Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV im Internet zu vermitteln,

c) dass sie hierbei mit Bezug auf den Freistaat Bayern berechtigt ist, entgegen § 4 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Satz 1, § 3 Abs. 4 GlüStV i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 AGGlüStV auch an Personen mit Aufenthalt außerhalb des Freistaates Bayern Lotterien bayerischer Veranstalter und auch für Personen mit Aufenthalt im Freistaat Bayern an Lotterieveranstalter anderer Länder zu vermitteln,

d) dass sie entgegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV für ihre Tätigkeit auch ohne gesonderte Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV im Internet werben darf,

e) dass sie mit Werbemaßnahmen auch gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen und ermuntern darf.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Erwiderung führt er aus, der auf die nachträgliche Feststellung eines Rechtsverhältnisses abzielenden Klage für den Zeitraum vor dem 1. Juli 2012 fehle das erforderliche berechtigte Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit einer Reihe von Urteilen vom 16. Mai 2013 (8 C 14.12 u.a.), entschieden, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte nur bei Eingriffsakten zu bejahen sei, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig einer gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren nicht zugeführt werden können. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht auch der vorangegangenen Rechtsprechung des Senats zu dieser Problematik, auf die sich das angefochtene Urteil beziehe, entgegengetreten. Diese Rechtsprechung sei auf die vorliegende Konstellation einer vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage übertragbar, so dass es darauf ankomme, ob aus der Eigenart des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses folge, dass eine allein auf die Gegenwart bezogene Feststellungsklage von vornherein nicht zum Erfolg führen könne und deshalb die Feststellung für die Vergangenheit beantragt werden müsse. Dies sei hier nicht der Fall, da bei einer über mehrere Jahre hinweg geltenden Rechtslage typischerweise eine gerichtliche Klärung rechtzeitig zu erreichen sei und auch im vorliegenden Fall habe erreicht werden können, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14. Oktober 2008 (1 BvR 928/08, juris) über eine Verfassungsbeschwerde der Klägerin entschieden habe. Es liege auch keine der weiteren Fallgruppen vor, in denen ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anerkannt sei. Insbesondere fehle es an einer Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Staatshaftungsprozess, denn derartige Ansprüche bestünden selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen Unionsrecht offensichtlich nicht, weil der Verstoß nicht hinreichend qualifiziert sei und den Amtswaltern keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung vorgeworfen werden könne. Aus der vorliegenden, umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs sowohl zum Erlaubnisvorbehalt als auch zum Internetverbot folge, dass der Gesetzgeber zu keinem Zeitpunkt seine Rechtsetzungsbefugnisse überschritten habe, soweit er die Vermittlung von Lotterien unter Erlaubnisvorbehalt gestellt und sie im Internet verboten habe. Aber auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejahen wollte, sei die Feststellungsklage für die Vergangenheit unbegründet, weil die Klägerin für ihre Tätigkeit stets der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurft und im Übrigen das damals uneingeschränkt geltende Internetverbot unabhängig vom Erlaubnisvorbehalt gegolten habe. Es werde auf die vorliegende Rechtsprechung Bezug genommen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die begehrte Feststellung der Erlaubnisfreiheit ab 1. Juli 2012 eine Klageänderung im Sinn von § 91 Abs. 1 VwGO angenommen, weil der Eintritt einer neuen Rechtslage zu einem anderen tatsächlichen Lebenssachverhalt und damit einem neuen Streitgegenstand geführt habe. Zwar sei mit Änderungen der Rechtslage im Regelfall keine Klageänderung verbunden, allerdings sei im Rahmen einer Feststellungsklage das anzuwendende Recht bereits für die Begrenzung des Streitgegenstands relevant; daher könne anders als im Bereich der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage der Gegenstand der Feststellungsklage nicht von den das Rechtsverhältnis konstituierenden Rechtsvorschriften getrennt werden, wenn die Änderung so grundlegender Natur sei, dass das Rechtsverhältnis nunmehr ein anderes sei (BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4.04 - juris). Dies sei hier vor allem angesichts der nun eröffneten Befreiungsmöglichkeiten nach § 4 Abs. 5 GlüStV der Fall. Die Vermittlung von Lotterieprodukten im Internet sei nunmehr in bewusster Abkehr von der früheren Rechtslage nach Erteilung einer Befreiung möglich. Im Übrigen würden nun glücksspielrechtliche Vermittlungserlaubnisse nach § 19 Abs. 2 GlüStV zentral vom Land Niedersachsen erteilt. Die sieben weiteren Unteranträge seien, wolle man hierin eigenständige Anträge sehen, wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig; die hier thematisierten Voraussetzungen müssten im Erlaubnisverfahren geprüft und gegebenenfalls durch Verpflichtungsklage verfolgt werden.

Die Klägerin regte an, den sich auf den Zeitraum ab 1. Juli 2012 beziehenden Teil des Verfahrens ebenso wie denjenigen im Parallelverfahren (10 BV 13.1005) abzutrennen und so lange ruhen zu lassen, bis über die seit 2014 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg anhängige Verpflichtungsklage entschieden sei, mit der sie ihren nach § 19 Abs. 2 GlüStV beim Land Niedersachsen gestellten, inzwischen abgelehnten Antrag auf eine „gebündelte Vermittlungserlaubnis für ganz Deutschland“ verfolge. Für die vergangenheitsbezogenen Anträge bestehe im Hinblick auf den tiefgreifenden Eingriff in Grundfreiheiten auch angesichts der durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschärften Anforderungen nach wie vor ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da bisher unbeantwortete Fragen noch nicht geklärt seien und der Senat ausdrücklich offen gelassen habe, ob dieser Rechtsprechung zu folgen sei. Angezeigt erscheine jedenfalls eine Neubefassung entweder des Europäischen Gerichtshofs oder jedenfalls des Bundesverwaltungsgerichts mit der Frage der Voraussetzungen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses.

Der Senat hat mit Urteil vom 12. Dezember 2017 die Berufung im Parallelverfahren (10 BV 13.1005) zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten, hier insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 5. Dezember 2016, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet

Die Feststellungsklage mit ihren verschiedenen Anträgen (1.a bis e) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 wurde vom Verwaltungsgericht (im Ergebnis) ebenso zu Recht abgewiesen (I.) wie die Feststellungsklage (Klageanträge 2.a bis e) für den Zeitraum der ab 1. Juli 2012 eingetretenen neuen Rechtslage (II.).

Die Klägerin hat ihre in fünf Anträge untergliederte Feststellungsklage bereits am 20. August 2012 derart umgestellt, dass sie mit ihr nicht nur eine auf die gegenwärtige Rechtslage bezogene Feststellung (hierzu: II.), sondern zugleich auch die Feststellung eines vergangenen, bis 30. Juni 2012 bestehenden Rechtsverhältnisses (hierzu: I.) begehrt. Jede der beiden Feststellungsklagen umfasst fünf voneinander grundsätzlich unabhängige Anträge, die hier gemäß § 44 VwGO „in einer Klage“ zusammengefasst verfolgt werden. Im Kern bezieht sich das Feststellungsbegehren auf die Erlaubnisfreiheit der von der Klägerin schon vor 2008 ausgeübten Tätigkeit der Vermittlung von in Deutschland zugelassenen Lotterien im Internet und die Werbung hierfür auch im Internet. Einer getrennten Prüfung und Beurteilung der fünf verschiedenen Anträge bedarf es weder für den („vergangenheitsbezogenen“) Zeitraum bis 30. Juni 2012 noch für den („gegenwartsbezogenen“) Zeitraum ab 1. Juli 2012, denn die zur Unzulässigkeit der Klagen führenden Erwägungen haben für alle fünf Feststellungsanträge jeweils gleichermaßen Gültigkeit. Der Klägerin geht es also nicht (mehr) nur um die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Betätigung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern zusätzlich um eine entsprechende Feststellung des bis 30. Juni 2012 bestehenden Rechtsverhältnisses.

I.

Soweit sich die Klage auf das Jahr 2008 bezieht, fehlt es bereits am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin (1.). Ungeachtet dessen ist die auf das Jahr 2008 und den weiteren Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2012 bezogene Klage auf Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO) eines vergangenen Rechtsverhältnis zwar grundsätzlich statthaft (2.); die Klägerin besitzt jedoch im für die Beurteilung der Zulässigkeit ihrer umgestellten Klage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht das in Anlehnung an § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses (3.).

1. Soweit sich die begehrte Feststellung auf das Jahr 2008 bezieht, hat die Klägerin schon kein Rechtsschutzbedürfnis, das allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung für sämtliche Klagearten ist (vgl. hierzu Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Vorb § 40 Rn. 30). Denn sie hat ihre Vermittlungstätigkeit im Internet über das ganze Jahr 2008 hinweg ungeachtet des Umstandes, dass die von ihr auf der Grundlage der Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008 am 29. November 2007 beantragte, auf ein Jahr befristete Erlaubnis versagt worden war, fortgeführt, ohne dass die Glücksspielaufsicht hiergegen etwa mit einer Untersagungsverfügung vorgegangen wäre. Die Klägerin hat die Internetvermittlung in Bayern, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, erst zum 1. Januar 2009 eingestellt. In dieser Situation, in der sie sich tatsächlich noch in unverändertem Umfang wirtschaftlich betätigt hat, besteht kein Bedürfnis an der Klärung der von ihr (auch) für das Jahr 2008 aufgeworfenen und grundsätzlich feststellungsfähigen Rechtsfragen. Diesem Umstand hat die Klägerin im Übrigen bereits Rechnung getragen, indem sie den Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht einer Erledigung zugeführt hat, soweit es um den - zunächst ebenfalls streitgegenständlichen - Bescheid des Beklagten vom 4. April 2008 ging, mit dem die Erlaubnis zur Internetvermittlung nach der genannten Übergangsvorschrift abgelehnt worden war. Ungeachtet des insoweit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses gelten die folgenden Ausführungen (I. 2.) auch für die auf das Jahr 2008 begehrte Feststellung.

2. Die am 21. April 2008 erhobene und später umgestellte, auf den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 bezogene Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Sie ist statthaft, denn ihr liegt ein konkretes feststellungsfähiges, auf die Vergangenheit bezogenes Rechtsverhältnis zu Grunde (2.1). Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage steht nicht entgegen (2.2).

2.1 Es besteht ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Es liegt hier ein bestimmter Sachverhalt - die näher umrissene wirtschaftliche Betätigung der Klägerin - vor, aus dem sich aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen bestimmte rechtliche Beziehungen zwischen der Klägerin als Normadressatin und dem Beklagten als Normanwender ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 13.06 - juris Rn. 21; U.v.. 30.11.2011 - 6 C 20.10 - juris Rn. 12). Dieser Streit betrifft die sich aus bestimmten Normen des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags 2008 ergebenden Rechtsbeziehungen. Während der Beklagte die Notwendigkeit einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Vermittlungstätigkeit der Klägerin behauptet, geht diese aus verschiedenen Gründen von einer fortdauernden, wie bis zum Inkrafttreten des Staatsvertrags unstreitig bestehenden Erlaubnisfreiheit aus. Damit haben sich die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, weil die Anwendung bestimmter Normen des öffentlichen Rechts auf einen überschaubaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, U.v. 26.1.1996 - 8 C 19.94 - juris).

Die Klägerin konnte auch ihre ursprünglichen, auf Feststellung eines aktuellen Rechtsverhältnisses gerichteten Anträge auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses umstellen, nachdem sich infolge des Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags am 1. Juli die bisher maßgebliche Rechtslage wesentlich verändert hatte. Mit einer Feststellungsklage kann nämlich auch ein vergangenes Rechtsverhältnis zur Klärung gestellt werden (Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 305, 319). Dies gilt insbesondere, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung wegen des zwischenzeitlichen Übergangs auf ein neues Rechtssystem das ursprünglich für das (strittige) Rechtsverhältnis maßgebliche Rechtssystem bedeutungslos geworden ist. Ist jedoch - wie hier - das ursprüngliche Rechtsverhältnisses wegen einer grundlegenden Änderung der Rechtslage nach Erhebung der Feststellungsklage beendet (vgl. hierzu: II.1), kann diese Klage unter Beachtung der zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Grundsätze fortgeführt werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1997 - 1 C 2.95 - juris Rn. 15 ff.; BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33). Damit bleibt einem Kläger grundsätzlich die Möglichkeit erhalten zu verhindern, dass der mit der Klage unter entsprechendem Aufwand bereits erreichte Stand nutzlos wird. Die Sachlage ist mit dem Übergang von einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage vergleichbar (OVG BB, U.v. 30.6.2016 - OVG 1 B 2. 14 - juris Rn. 52; eine Analogiemöglichkeit verneinend: Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 319, der für das Feststellungsinteresse gleichwohl auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zurückgreift; ähnlich: Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 25).

Mit der vorgenommenen Umstellung ist keine Klageänderung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO) verbunden. Denn mit der ursprünglich erhobenen Feststellungsklage wurde nicht die Feststellung der Erlaubnisfreiheit auch für den Fall künftiger, inhaltlich nicht vorhersehbarer Rechtsänderungen begehrt; vielmehr bildeten die seinerzeit gültigen Rechtsnormen des Glücksspielstaatsvertrags 2008 die konkrete Grundlage des zwischen den Beteiligten festzustellenden Rechtsverhältnisses (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 44). Bezieht die Klägerin also ihren Feststellungsantrag ausdrücklich auf die zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (hier: infolge des Außerkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrags 2008) nicht mehr geltende Rechtslage, verfolgt sie damit nur ihren ursprünglich gestellten Klageantrag - ohne Klageänderung - fort.

2.2 Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Denn die Klägerin konnte ihre Rechtsbehauptung, weiterhin ohne Erlaubnis im Internet Lotterien vermitteln zu dürfen, nicht in gleicher Weise effektiv im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage verfolgen, ohne damit von ihrem eigentlichen Rechtsschutzziel abzugehen. Gerade mit Blick auf die von der Klägerin bestrittene Wirksamkeit des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Erlaubnisvorbehalts (§ 4 Abs. 1 GlüStV 2008) vermittelt die erhobene Feststellungsklage gegenüber einer auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis gerichteten Verpflichtungsklage einen weitergehenden und damit effektiveren Rechtsschutz und ist daher nicht subsidiär (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 29). Deshalb spielt auch keine Rolle, dass die Klägerin am 19. September 2008 bei der Beklagten einen Antrag, ihr für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 eine Erlaubnis für die gewerbliche Vermittlung verschiedener Lotterien (ungeachtet des Vertriebswegs) gemäß § 4 Abs. 1, 2 GlüStV 2008 zu erteilen, gestellt hat, der mit Bescheid vom 2. März 2009 abgelehnt wurde und den sie im parallel geführten Rechtsstreit (10 BV 13.1005) hilfsweise weiterverfolgt hat. Die Klägerin hat auch im dortigen Verfahren keine Zweifel daran gelassen, dass sie als vorrangiges Rechtsschutzziel nach wie vor die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Betätigung verfolgt, und nur hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit dieses Begehrens eine Erlaubnis anstrebt.

3. Die demnach in prozessual statthafter Weise im Laufe des Klageverfahrens umgestellte Feststellungsklage ist jedoch in Anlehnung an die von der Rechtsprechung zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entwickelten Grundsätze unzulässig.

Bezieht die Klägerin ihre Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf die Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses, hängt deren Zulässigkeit nicht - wie im Fall einer unmittelbaren Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO - davon ab, ob sich das ursprüngliche Klagebegehren tatsächlich mit Ablauf des 30. Juni 2012 erledigt hat (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45; hierzu: II. 1.), so dass diese Frage hier keiner weiteren Erörterung bedarf. Die Klägerin besitzt jedenfalls (wie bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts) kein berechtigtes Interesse an der Feststellung für das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis; es liegt keine der Fallgruppen vor, in denen ein berechtigtes Interesse an der Fortführung der Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses nach Maßgabe der bis 30. Juni 2012 geltenden Normen anzuerkennen ist.

Während für eine Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse erforderlich, aber auch ausreichend ist, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein kann und für das lediglich entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 20), sind bei vergangenen Rechtsverhältnissen strengere Anforderungen zu stellen (BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33; Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 43 Rn. 25: das seinerzeitige Rechtsverhältnis muss über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußern). Die Rechtsprechung geht in diesen Fällen in Anlehnung an die Voraussetzungen bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO davon aus, dass entweder die Gefahr der Wiederholung, ein Rehabilitierungsinteresse, ein schwerwiegender Grundrechtseingriff (3.1) oder die Präjudizwirkung für einen angestrebten Staatshaftungsprozess (3.2) vorliegen muss (BayVGH, U.v. 4.2.2014, a.a.O., Rn. 33, 43 ff.). Im Fall der Klägerin kommen nur die beiden letztgenannten Gruppen in Betracht, auf die sie sich auch bezieht. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Feststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, also der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.; BVerwG, B.v. 30.4.1999 - 1 B 36.99 - juris Rn. 5).

3.1 Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein berechtigtes Feststellungs-interesse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten begründen.

3.1.1 Ein ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Verwaltungsmaßnahme (übertragen auf die vorliegende Situation: an der Feststellung der Erlaubnisfreiheit nach den seinerzeitigen Vorschriften) kommt nicht nur dann in Betracht, wenn eine nachwirkende Diskriminierung besteht, sondern auch dann, wenn die Art des Eingriffs, insbesondere in einen grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, es erfordert, das Feststellungsinteresse anzuerkennen (vgl. BVerwG, B.v. 3.2.1999 - 1 PKH 2.99 - juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung vorgegebenen Instanz kaum erlangen kann (stRspr, BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 14; B.v. 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. - juris Rn. 49). Ein solcher Eingriff kann sowohl in der Maßnahme selbst als auch in der Art des durch die erledigte Maßnahme bewirkten Eingriffs liegen.

3.1.2 An diesen Grundsätzen gemessen kann hier dahinstehen, ob allein die Weigerung des Beklagten, die geltend gemachte Erlaubnisfreiheit der Vermittlungstätigkeit der Klägerin (für den Zeitraum bis 30. Juni 2012) anzuerkennen, mit einem „Eingriff“ in ihre Berufsausübungsfreiheit (hier: in Gestalt der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG) sowie in ihre unionsrechtlichen garantierte Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV verbunden ist, und ob ein darin liegender Rechtseingriff schwerwiegender Natur ist (verneint für ein vergleichbares Feststellungsbegehren: BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 43 ff.). Offenbleiben kann weiter, ob sich die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren nicht im Kern gegen einen legislativen Eingriff wendet, den sie in der Einführung eines Genehmigungsvorbehalts für ihre Vermittlungstätigkeit und des Internetverbots (vgl. Art. 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2008) durch den zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag begründet sieht, oder ob sie eine feststellende Entscheidung über „exekutives Unrecht“ erreichen will, das sich aus ihrer Sicht daraus ergibt, dass der Beklagte die zitierten Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags 2008 angewendet hat, obwohl sie nach Auffassung er Klägerin gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten (hier: Art. 56 AEUV) verstoßen und daher unanwendbar sind.

Denn selbst bei unterstellter Annahme eines tiefgreifenden Rechtseingriffs im dargelegten Sinn ist hier ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu verneinen, weil keine Situation besteht, in der die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren wegen der sich aus seiner Eigenart ergebenden kurzfristigen Erledigung ohne wirksamen Rechtsschutz geblieben wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 40.12 - juris Rn. 27 ff.; BVerfG, B.v. 6.7.2016 - 1 BvR 1705/15 - juris Rn. 14). Im vorliegenden Fall besteht kein berechtigtes Feststellungsinteresse, weil sich die verweigerte Anerkennung der Erlaubnisfreiheit nicht als Hoheitsakt darstellt, dessen Wirkung nach seinem typischen Verfahrensablauf auf eine so geringe Zeitspanne beschränkt ist, dass eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangt werden kann. Die Zulässigkeit dieser Einschränkung des Feststellungsinteresses in der hier maßgeblichen Fallgruppe haben das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - juris) sowie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O.) bestätigt. Zur weiteren Begründung kann auf die ausführliche Darstellung der hier maßgeblichen Problematik im zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 12. Dezember 2016 im Parallelverfahren (10 BV 13.1005 - UA, 2.2.1) in entsprechender Weise Bezug genommen werden.

Auch im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass im Hinblick auf das ursprüngliche Feststellungsbegehren kein wirksamer Rechtsschutz im hierfür verfügbaren Zeitraum zu erlangen war (BVerfG, B.v. 6.7.2016, a.a.O., Rn. 14). Die Klägerin hatte am 21. April 2008 beim Verwaltungsgericht Regensburg Feststellungsklage erhoben, weshalb an der grundsätzlichen Möglichkeit wirksamen Rechtsschutzes keine Zweifel bestehen können. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es tatsächlich erst nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 und damit nicht mehr unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags 2008 zu einer gerichtlichen Sachentscheidung (Urteil vom 28.2.2013) über die Feststellungsklage gekommen ist. Die Verfahrensdauer ist hier verschiedenen, im Hinblick auf die Frage einer wirksamen Rechtsschutzgewährung aber nicht entscheidenden Umständen geschuldet; die tatsächliche Dauer des Verfahrens ändert nichts daran, dass sich das Feststellungsbegehren nicht wegen seiner Eigenart innerhalb so kurzer Zeit erledigt hat, dass eine gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen war. Im Ergebnis erweist sich, dass im vorliegenden Fall zur Sicherung der Effektivität des Rechtsschutzes die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht geboten ist, denn im Hinblick auf die reale Möglichkeit, die beantragte Feststellung gerichtlich zu erstreiten, bestand keine Rechtsschutzlücke.

Nichts anderes ergibt sich aus unionsrechtlicher Sicht. Auch aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRCh folgt keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu Gunsten der Klägerin weiter auszulegen.

3.2 Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses ergibt sich auch nicht aus der Präjudizwirkung für einen von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Zwar kann sich ein solches Interesse wohl auch dann ergeben, wenn mit einer Feststellungsklage zunächst das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden sollte (dazu 3.2.1); die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs liegen jedoch nicht vor (dazu 3.2.2).

3.2.1 Ein Feststellungsinteresse unter Hinweis auf die konkrete Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, kann grundsätzlich im Rahmen einer auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichteten Klage nach § 43 Abs. 1 VwGO bestehen. Vor Erhebung einer Schadensersatzklage bei den ordentlichen Gerichten muss ein Kläger, gegen den ein belastender Verwaltungsakt ergangen ist, zunächst im Wege des Primärrechtsschutzes versuchen, die Belastung durch Anfechtungs- oder Versagungsgegenklage bei den Verwaltungsgerichten zu beseitigen. Erst dann kann er im Wege des sekundären Rechtsschutzes Ersatzansprüche bei den ordentlichen Gerichten mit Aussicht auf Erfolg einklagen. Erledigt sich der belastende Verwaltungsakt während des Verwaltungsprozesses, sieht die Rechtsprechung ein schutzwürdiges Interesse des Klägers darin, dass ihm die Früchte des bisherigen notwendigen Prozessierens erhalten bleiben, und gibt ihm deshalb das Recht, feststellen zu lassen, ob der von ihm angefochtene Hoheitsakt rechtmäßig war oder nicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.3.1993 - 3 C 90.90 - juris Rn. 37).

Bei einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO könnte dies deshalb anders sein, weil hier nicht zunächst ein rechtswidriger Verwaltungsakt aufgehoben werden muss, vielmehr ein Kläger seinen Amtshaftungsanspruch unmittelbar vor dem Zivilgericht verfolgen könnte, welches dann über die öffentlich-rechtlichen Vorfragen mitzuentscheiden hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt ein berechtigtes Feststellungsinteresse jedenfalls in den Fällen, in denen sich ein Verwaltungsakt - entsprechend auf den vorliegenden Fall übertragen: das Feststellungsbegehren zur seinerzeitigen Rechtslage - bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.1997 - 8 C 23.96 - juris Rn. 21). So liegt der Fall hier aber nicht.

Das Rechtsverhältnis, das die Klägerin mit ihrer bereits im Jahr 2008 erhobenen Feststellungsklage geklärt haben wollte, erstreckte sich bis zum 30. Juni 2012 und endete zu diesem Zeitpunkt. Es lagen besondere Umstände vor, die auch bei einer derartigen Feststellungsklage grundsätzlich ein berechtigtes Interesse wegen der beabsichtigten Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Staat begründen könnten. Denn der Klägerin ging es mit der Feststellungsklage (zunächst) um den primären Rechtsschutz, weil sie die Fortführung des Vermittlungsgewerbes ohne Erlaubnis erreichen wollte. Ob hier aus diesem Grund ein besonderes Feststellungsinteresse besteht, ihr die Früchte des bisherigen Prozessierens zu erhalten, kann aber offen bleiben. Denn ein Präjudizinteresse der Klägerin besteht jedenfalls aus anderen Gründen nicht (vgl. 3.2.2).

3.2.2 Ein Feststellungsinteresse wegen der Präjudizialität für Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche besteht nur dann, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint (z.B. BayVGH, U.v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 51 ff.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 136). Von einer offenbaren Aussichtslosigkeit ist nur dann auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 29.90 - juris Rn. 14).

Im vorliegenden Fall ist von der offensichtlichen Aussichtslosigkeit eines nachfolgenden Schadensersatz- oder Entschädigungsprozesses auszugehen. Soweit die Klägerin die Feststellung von „legislativem Unrecht“ begehrt, würde ein hieran anknüpfender Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (offensichtlich) bereits daran scheitern, dass sich die Beschränkungen der Tätigkeit der Klägerin unmittelbar aus dem Gesetz (§ 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2008) ergeben, hoheitliches Handeln im Bereich der Gesetzgebung aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z.B. BGH, U.v. 24.10.1996 - III ZR 127/91 - juris Rn. 9) im Regelfall keine Ansprüche aus Amtshaftung begründet, da den Amtsträgern insoweit keine drittbezogenen Amtspflichten obliegen, sondern diese in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Gemeinwesen dienen (OVG Saarl, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 113). Gesetze und Verordnungen enthalten generell-abstrakte Regelungen, sodass der Gesetzgeber insoweit ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahrnimmt. Soweit die Klägerin die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ihrer Vermittlungstätigkeit für die Vergangenheit vor dem Hintergrund der Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs wegen rechtswidriger Verwaltungstätigkeit verfolgt, scheidet ein solcher Anspruch schon nach der sog. Kollegialgerichtsregel (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27) aus.

Auch die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs liegen offensichtlich nicht vor, weil ein etwaiger Verstoß des Erlaubnisvorbehalts (§ 4 Abs. 1 GlüStV 2008) und seiner Anwendung durch die Behörden gegen Unionsrecht schon nicht hinreichend qualifiziert ist. Zur weiteren Begründung der vorstehenden Ausführungen kann der Senat auf seine Ausführungen im Parallelverfahren (U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - UA, 2.3) zur gleichgerichteten Problematik im Hinblick auf die dort begehrte Feststellung, die Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter dem bis 30. Juni 2012 geltenden Rechtszustand sei rechtswidrig gewesen, Bezug nehmen. Dort heißt es u.a.:

„2.3.1 Das Feststellungsinteresse der Klägerin besteht in der vorliegenden Situation nicht, weil es schon an dem für eine erfolgreiche Amtshaftungsklage erforderlichen Verschulden eines Amtswalters des Beklagten fehlt, dem keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Diese Aussage hat auch dann Gültigkeit, wenn man von der Rechtswidrigkeit des zur Begründung des Ablehnungsbescheids herangezogenen Verbots der Vermittlung von Lotterien über das Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 ausgehen wollte. Einem Amtswalter ist nämlich auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (BVerwG, U.v. 16.5.2013, a.a.O., juris Rn. 45; Decker in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand 1.1.2017, § 113 Rn. 87.3). Dies gilt sogar dann, wenn das Verwaltungshandeln nur in der ersten Instanz als rechtmäßig beurteilt wurde und dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte (BVerwG, U.v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9; U.v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris). Der sog. Kollegialgerichtsregel liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten keine bessere Rechtseinsicht als von einem mit mehreren Richtern besetzten Gericht erwartet und verlangt werden kann (BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 27).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Versagung der Erlaubnis in seinem Urteil vom 28. Februar 2013 (UA, S. 12, 20) mit ausführlicher Begründung in der Sache für rechtmäßig gehalten, weil die für die Vermittlung von Lotterien erforderliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 wegen des mit Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht in Einklang stehenden Internetverbots (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008) nicht habe erteilt werden können. Zur Begründung hat es sich u.a. auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 1.6.2011 - 8 C 5.10 - juris) und des Bundesgerichtshofs (B.v. 28.9.2011 - I ZR 30/10 - juris) berufen. Auch der Senat hat das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 für rechtmäßig gehalten (vgl. etwa B.v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1290 - juris Rn. 17 m.w.N.). Dass zum Zeitpunkt des Erlasses des ablehnenden Bescheids vom 2. März 2009 noch keine Rechtsprechung zu dem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Internetverbot vorlag, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. Jedenfalls ist die handelnde Behörde des Beklagten von der später durch ein Kollegialgericht bestätigten Rechtsauffassung ausgegangen, § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 entspreche sowohl Verfassungsals auch Unionsrecht.“

Damit ist ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung für den Zeitraum bis 30. Juni 2012 nicht erkennbar.

II.

Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie sich auf die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge (2.a bis e) bezieht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Recht mit Prozessurteil abgewiesen. Die Klageanträge sind unzulässig, weil sich das Feststellungsbegehren, das sich nach der zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Rechtsänderung richtet, als Änderung des ursprünglichen Streitgegenstands darstellt (1.), die als Klageänderung nicht die Voraussetzungen des § 91 VwGO erfüllt (2.).

1. Das auf die aktuelle, seit dem 1. Juli 2012 geltende Rechtslage bezogene Feststellungsbegehren stellt gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren eine Klageänderung in Form einer Klageerweiterung dar, weil die Klägerin ihr Feststellungsbegehren nun auf zwei verschiedene Zeiträume bezieht. Eine Klageänderung wird definiert als Veränderung des Streitgegenstandes durch Disposition des Klägers; der Streitgegenstand wird bestimmt durch Klageanspruch und Klagegrund, also durch den geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch und den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt (stRspr, BVerwG, U.v. 24.10.2013 - 7 C 13.12 - juris Rn. 28 f.; Schmid in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91 Rn. 5 bis 15). Wird der Klageanspruch, der Klagegrund oder beides verändert, handelt es sich demzufolge um eine Klageänderung. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO ist eine Erweiterung des Klageantrags nur dann nicht als Klageänderung anzusehen, wenn der Klagegrund unverändert bleibt. Auch wenn neu zur Entscheidung gestellte tatsächliche Umstände geltend gemacht werden, zu denen mangels Entscheidungserheblichkeit für den ursprünglichen Klageantrag noch keine Feststellungen getroffen wurden, liegt eine Antragserweiterung im Sinne einer Klageänderung vor.

Im Fall einer Feststellungsklage ist der Streitgegenstand die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses, welches durch die sich aufgrund von bestimmten Normen des öffentlichen Rechts ergebende rechtliche Beziehung zwischen den beteiligten Personen gekennzeichnet ist. Im Unterschied zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, die auf die Abwehr eines belastenden Verwaltungsakts oder die Einräumung einer bestimmten Begünstigung gerichtet sind, ist für den Streitgegenstand einer Feststellungsklage das nach dem Begehren des Klägers konkret anzuwendende Recht maßgeblich, das der Klärung der strittigen Rechte und Pflichten zu Grunde zu legen ist. Dabei führt der Umstand, dass sich das im Zeitpunkt der Klageerhebung „gegenwärtige“ Rechtsverhältnis im Laufe des Verfahrens in ein (grundsätzlich ebenso feststellungsfähiges) vergangenes Rechtsverhältnis wandelt, für sich allein betrachtet noch nicht zu einer Klageänderung. Verliert jedoch das für die begehrte Feststellung maßgebliche Recht seine Gültigkeit und tritt an seine Stelle grundlegend neues Recht, erledigen sich das in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnis und das darauf bezogene Feststellungsbegehren; seine Umstellung auf die neue Rechtssituation bedeutet eine Änderung des Klagegegenstands (zu einer nicht unerheblichen, aber nicht grundlegenden Änderung des Streitgegenstandes einer Feststellungsklage während des Klageverfahrens: BVerwG, B.v. 4.5.2005 - 4 C 4. 04 - juris Rn. 22; vgl. a. BVerwG, U.v. 26.11.2003 - 9 C 6. 02 - juris Rn. 25, 26, jeweils zur geänderten Festlegung von Anflugverfahren durch Rechtsverordnung).

So liegt der Fall hier. Der Klagegrund der (erweiterten) Feststellungsklage hat sich durch die zum 1. Juli 2012 wirksam gewordene Neuregelung des Glücksspielrechts in grundlegender Weise geändert. Die Neuregelung hat das ursprünglich zum Gegenstand der Feststellungsklage erhobene seinerzeitige Rechtsverhältnis beendet bzw. erledigt (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013, a.a.O., Rn. 44, 45; OVG Saarl, U.v. 26.11.2013 - 3 A 106/12 - juris Rn. 56). Sie hat den ursprünglichen Klagegrund nicht lediglich modifiziert, sondern ihn vielmehr im Sinne eines „aliud“ verändert (Wolf in Beck'scher Online-Kommentar VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.10.2016, § 91 Rn. 9 bis 11). Dies ergibt sich aus Folgendem:

Zwar gilt für die ab 1. Juli 2012 geltend gemachte Erlaubnisfreiheit, dass die (allgemeine) Erlaubnispflicht der gewerblichen Spielvermittlung durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht aufgehoben wurde, sondern im Grundsatz über den 30. Juni 2012 hinaus fortbesteht (SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 45 bis 47; OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - juris); dementsprechend strebt die Klägerin nach wie vor (nur hilfsweise) eine Vermittlungserlaubnis für den Freistaat Bayern unter Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (§ 4 Abs. 1, 2 GlüStV) an (vgl. Parallelverfahren 10 BV 13.1005).

Gleichwohl ist das ursprünglich zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis beendet. Dies folgt bereits aus dem ab 1. Juli 2012 geltenden neuen § 19 Abs. 2 GlüStV, der für die nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV erforderliche (vertriebswegunabhängige) Vermittlungserlaubnis vorsieht, dass gewerblichen Spielvermittlern, die - wie die Klägerin - in allen oder mehreren Bundesländern tätig werden, die für die einzelnen Bundesländer zu erteilenden Erlaubnisse gebündelt von der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde in Niedersachsen erteilt werden (vgl. zum sog. vereinfachten Erlaubnisverfahren: Schmitt in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 19 Rn. 34 bis 36). Dementsprechend ist für die Erteilung von Vermittlungserlaubnissen - ungeachtet der fortbestehenden Glücksspielhoheit der Länder - ab dem 1. Juli 2012 das Land Niedersachsen zuständig, bei dem weiterhin für jedes Bundesland, in dem öffentliche Glücksspiele vermittelt werden sollen, eine Erlaubnis zu beantragen ist. Hieraus folgt, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten aktuell kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zur Frage der geltend gemachten Erlaubnisfreiheit mehr besteht, weil diese Frage ausschließlich im Verhältnis zum Land Niedersachsen geklärt werden kann. Als Konsequenz aus § 19 Abs. 2 GlüStV hat die Klägerin im Übrigen bereits am 25. Januar 2013 bei der Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen die Erteilung der Vermittlungserlaubnisse nach § 4 Abs. 1, 2 GlüStV (auch für Bayern) beantragt und diesen Anspruch im Rahmen einer bereits Anfang 2014 beim Verwaltungsgericht Hamburg (4 K 376/14) erhobenen Untätigkeitsklage rechtshängig gemacht.

Weiterhin haben sich die für die Beurteilung der gewerblichen Spielvermittlung maßgeblichen rechtlichen Bedingungen mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 in wesentlichen Punkten geändert. So darf nun insbesondere nach § 4 Abs. 5 GlüStV erstmals im Wege einer von der zuständigen Landesbehörde zu erteilenden Befreiung vom Verbot der Vermittlung von Glücksspielen im Internet dispensiert werden, um die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags wirksamer zu erreichen. Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist in Bayern - anders als nach dem bis 30. Juni 2012 geltenden absoluten Internet-Verbot - eine kontrollierte Zulassung des Vertriebsweges Internet grundsätzlich möglich (vgl. dazu im Einzelnen: Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 80 ff.), nachdem der Beklagte von der Länderöffnungsklausel in § 4 Abs. 5 GlüStV Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV). Damit wird ein eigenständiges, vom Beklagten durchzuführendes Erlaubnisverfahren eröffnet. § 4 Abs. 5 GlüStV enthält eine Reihe neuer Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen von einer Sicherstellung der Erreichung der Ziele des geänderten Glücksspielstaatsvertrags ausgegangen werden kann und daher eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden darf. Auch die in § 5 GlüStV 2008 festgelegten Grenzen zulässiger Werbung wurden nicht in den neuen § 5 GlüStV übernommen; nach § 5 Abs. 1 GlüStV ist Werbung an den Zielen des geänderten Staatsvertrages auszurichten, wobei die Aufklärungspflichten durch § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV konkretisiert werden. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV besteht zudem die Möglichkeit, ausnahmsweise auch die zuvor nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verbotene Werbung im Fernsehen oder Internet zuzulassen (vgl. SächsOVG, U.v. 2.12.2013 - 3 A 242/11 - juris Rn. 47). All dies führte zu einem völlig veränderten materiell-rechtlichen Rahmen für die hier inmitten stehende gewerbliche Spielvermittlung, der es ausschließt, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage und damit einem im Wesentlichen unveränderten Rechtsverhältnis auszugehen.

Die grundlegende gesetzgeberische Bedeutung dieser Änderungen kommt auch in der Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 1, 2 GlüStV zum Ausdruck. Danach galten vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlererlaubnisse mit bestimmten Maßgaben längstens bis zum 31. Dezember 2012 fort, neue Erlaubnisse nach § 4 Abs. 1 GlüStV waren spätestens zum 1. Januar 2013 einzuholen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Dies zeigt, dass nach der Neuregelung selbst eine vor dem 1. Juli 2012 erteilte Vermittlungserlaubnis keine über den 31. Dezember 2012 hinausgehenden Rechtswirkung zukommen konnte, sondern ein erneutes Erlaubnisverfahren vor dem Hintergrund der ab 1. Juli 2012 geltenden Rechtslage durchgeführt werden musste. Das zeigt die grundlegende Natur der erfolgten Rechtsänderungen und der damit einhergehenden Änderung des feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten auf.

Schließlich benötigt die Klägerin nach der aktuellen Rechtslage zur Erreichung ihres Rechtsschutzziels, Lotterien im Internet vermitteln zu dürfen, neben der (hilfsweise beantragten) allgemeinen Vermittlungserlaubnis ab 1. Juli 2012 erstmals eine (rechtlich eigenständige) Befreiung vom Verbot der Internetvermittlung nach § 4 Abs. 5 GlüStV (vgl. Postel in Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 Rn. 80 ff.). Für ihre Erteilung ist der Beklagte zuständig. Die Klägerin hat diese - bisher auch nicht hilfsweise beim Beklagten beantragte - Befreiung bzw. die Feststellung, dass die Befreiung nicht erforderlich sei, schon nicht zum Streitgegenstand des Feststellungsbegehrens gemacht.

Am Vorliegen einer Klageänderung vermag schließlich auch der vom Kläger angeführte Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 29.10.2014 - 4 L 98/13 - nicht veröff.) in einem Zulassungsverfahren nichts zu ändern, in dem ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des eine Klageänderung bejahenden erstinstanzlichen Urteils damit begründet wurden, die Rechtslage habe sich im Hinblick auf den dortigen Antrag der Feststellung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisfreiheit „nicht grundlegend geändert“, weil den Rechtsgrund des Antrags nach wie vor die der Klägerin zustehende Dienstleistungs- und Berufsfreiheit bildeten. Wollte man jedoch eine Klageänderung schon dann verneinen, wenn bei der Erteilung einer beantragten Erlaubnis die gleichen verfassungs- oder unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen sind, wäre bei gleichzeitiger grundlegender Umstellung der einfachrechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen - wie im vorliegenden Fall - praktisch niemals eine Änderung des Klagegrundes anzunehmen. Die Frage nach einer grundlegenden Änderung der Rechtssituation ist immer einzelfallbezogen zu beantworten und nicht danach, ob die geltend gemachten verfassungs- und unionsrechtlichen Rechte identisch geblieben sind. Die hier inmitten stehende Frage nach der Erlaubnisfreiheit einer glücksspielrechtlichen Betätigung wird nicht unmittelbar auf der Grundlage verfassungs- oder unionsrechtlicher Vorschriften beantwortet, sondern primär nach einfachrechtlichen Vorschriften (vgl. a. OVG Hamburg, B.v. 11.8.2016 - 4 Bf 244/13.Z - nicht veröff.).

Liegt demnach eine wesentliche Änderung des gesamten glücksspielrechtlichen Regimes vor, muss auch die für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses (hier: Erlaubnisfreiheit) maßgebliche Frage, ob die (bestrittene) Erlaubnispflicht gegen den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang verstößt, einer völlig neuen Prüfung unterzogen werden.

2. Die Klageänderung ist nicht zulässig (§ 91 Abs. 1 VwGO), weil weder der Be-klagte eingewilligt hat noch die Änderung sachdienlich ist.

Der Beklagte hat sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich gegen eine Klageänderung gewandt. Der Senat hält sie - mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (UA, S. 12, 13) - auch nicht für sachdienlich (vgl. zum Begriff: BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 32, 33; VG Bremen,U.v. 17.7.2014 - 5 K 4084/08 - juris Rn. 66 f.). Denn es wird hier zum einen eine wesentlich veränderte Rechtslage (vgl. II. 1.) zum Prüfungsmaßstab gemacht, über die zu entscheiden der Beklagte bisher schon deshalb keinen Anlass hatte, weil hinsichtlich der allgemeinen Vermittlungserlaubnis nunmehr der - von der Klägerin bereits eingeschlagene - Weg über die Glücksspielaufsicht des Landes Niedersachsen geboten ist und die Zuständigeit des Beklagten nur noch für die Befreiung vom Internetverbot gegeben ist. Aus diesen Gründen kann nicht die Rede davon sein, dass die Änderung des Feststellungsbegehrens bei im Wesentlichen identischem Streitstoff zur endgültigen Streitbeilegung beitragen könnte (BVerwG, U.v. 18.8.2005 - 4 C 1304 - juris Rn. 22 m.w.N.; BayVGH, U.v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - a.a.O.) und aus diesem Grund sachdienlich wäre.

3. Nachdem die Klage auch mit ihren „für die Gegenwart“ zur Entscheidung gestellten Feststellungsanträgen unzulässig ist, erübrigt sich eine Eingehen auf die Frage, in welchem Verhältnis die hier gestellten Klageanträge zu den im Klageverfahren 10 BV 13.1005 gestellten stehen. Auf die weiteren materiellen Ausführungen der Klägerin im Hinblick auf das behauptete Bestehen der Feststellungsansprüche muss schließlich wegen ihrer unzulässigen prozessualen Geltendmachung nicht mehr eingegangen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2008 wird der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2008 in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 ergänzten Änderungsbescheids der Beklagten vom 27. Januar 2015 aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verfolgt mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen seine Ausweisung weiter.

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er wurde am 6. November 1983 in München geboren und lebt seit seiner Geburt im Bundesgebiet. Er verfügt über einen Qualifizierenden Hauptschulabschluss und hat eine Lehre zum Maschinenbaumechaniker erfolgreich abgeschlossen. Am 17. April 1997 erhielt er eine zunächst bis 5. November 1999 befristete Aufenthaltserlaubnis, die aufgrund seines Antrags vom 4. November 1999 am 14. Dezember 1999 unbefristet verlängert wurde.

Nach Einstellung eines Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung nach § 170 Abs. 2 StPO im Jahr 2002 und Einstellung eines Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 153 Abs. 1 StPO im Jahr 2005 wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts München I vom 19. April 2007 wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts folgender Sachverhalt zugrunde:

Während einer Hochzeitsfeier am 21. Juli 2006, an der der Kläger mit seiner Freundin teilnahm, begleitete diese eine zu den Hochzeitsgästen gehörende Freundin zu einem Treffen mit einem weiteren Gast, der diese Freundin kennenlernen wollte. Der Kläger beobachtete dies und machte zunächst seiner Freundin Vorwürfe, weil er ihr Verhalten für falsch hielt. Dann warf er der Freundin seiner Freundin vor, sie sei an allem schuld. Über die Frage der Freundin seiner Freundin, wie es für ihn wäre, wenn sie so mit ihm redete wie er mit ihr, ärgerte sich der Kläger so sehr, dass er ihr mit der flachen Hand so heftig auf die Wange schlug, dass sie taumelte und zu Boden gestürzt wäre, wäre sie nicht von einem anderen Anwesenden an den Armen festgehalten worden. Nachdem die Freundin der Freundin des Klägers am 22. Juli 2006 ihrer Familie von dem Vorfall berichtet hatte, rief ihr Schwager (im Folgenden: der Geschädigte) den Kläger an, um ihn zur Rede zu stellen. Im Verlauf des Gesprächs äußerte er sinngemäß, er werde den Kläger wieder dorthin zurückstecken, wo er herkomme. Der Kläger forderte ihn daraufhin auf, doch zu ihm zu kommen. Daraufhin begab der Geschädigte sich gemeinsam mit der Freundin der Freundin des Klägers und weiteren Angehörigen zur Wohnung des Klägers, um diesen zur Rede zu stellen und ihn zu einer Entschuldigung zu bewegen. Der Kläger, der über die telefonische Beleidigung aufgebracht war, bewaffnete sich mit einem feststehenden Jagd- oder Fischereimesser mit einer Klingenlänge von 8,5 cm und einer maximalen Klingenbreite von 2,7 cm, das an der Klinge einen Widerhaken besaß, und verließ seine Wohnung. Auf einer nahe gelegenen Freifläche traf er auf den Geschädigten und seine Begleiter. Er zog sofort sein Messer und erkundigte sich, wer ihn beleidigt habe. Er ließ sich durch den Geschädigten und seine Begleiter nicht beruhigen. Dem Geschädigten war nach seiner Vorstellung ein Rückzug nicht mehr möglich, wenn er vor seinen Verwandten nicht das Gesicht verlieren wollte. Auch der Kläger wollte Standhaftigkeit demonstrieren. Um seinem Ärger demonstrativ Ausdruck zu verleihen, versetzte er, ohne zu wissen, wer ihn beleidigt hatte, dem Geschädigten einen mit äußerster Wucht geführten Stich in den rechten zentralen Oberbauch, wobei er das Messer bis zum Heft in den Körper des Geschädigten rammte. Dadurch wurde die Bauchwand auf einer Länge von 10 cm von unten nach oben in Richtung des Rippenbogens durchtrennt. Nur durch Zufall wurden lebenswichtige Organe oder große Blutgefäße nicht getroffen. Zur Rettung des Geschädigten unternahm der Kläger nichts. Der Geschädigte wurde jedoch auf Veranlassung Dritter ins Krankenhaus eingeliefert und sofort operiert. Der Geschädigte litt auch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch an den beiden schlecht verheilten Stich- und Operationsnarben, die im Sitzen und Liegen schmerzten. Sport konnte er nicht treiben. Außerdem traten Magen- und Darmprobleme auf, die zu einem Gewichtsverlust von 10 kg führten. Infolge der verletzungsbedingten Schonhaltung bekam er schließlich Probleme mit der Halswirbelsäule.

Nachdem der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hatte, wies die Beklagte ihn mit Bescheid vom 11. April 2008 aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1 des Bescheids), untersagte ihm die Wiedereinreise (Nr. 2 des Bescheids) setzte ihm eine Ausreisefrist bis zum 15. Mai 2008 und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in die Türkei oder einen anderen Staat an, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 3 des Bescheids). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, als nach dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 Berechtigter dürfe der Kläger nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung und bei Vorliegen einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung für ein Grundinteresse der Gemeinschaft ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeute. Angesichts seiner Verurteilung wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und der Gefahr weiterer schwerwiegender Straftaten seien diese Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn Art. 28 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG anwendbar sei, stehe er angesichts dieser Verurteilung einer Ausweisung des Klägers nicht entgegen. Soweit der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz genieße, lägen die für die Ausweisung erforderlichen schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor. Die pflichtgemäße Ermessensausübung ergebe auch unter Beachtung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK, dass das öffentliche Interesse das private Interesse des Klägers eindeutig überwiege. Ergänzend wird auf die Gründe des Bescheids vom 11. April 2008 Bezug genommen.

Die gegen den Bescheid gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 9. Oktober 2008 ab und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in eigenen Rechten. Der Kläger habe ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 und erfülle im Hinblick auf seine abgeschlossene Ausbildung auch die Voraussetzungen von Art. 7 Satz 2 ARB 1/80. Die Ausweisung sei weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Sie verstoße nicht gegen das in Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG verankerte Vier-Augen-Prinzip, weil die Richtlinie 64/221/EWG durch die Richtlinie 2004/38/EG aufgehoben worden sei. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 14 ARB 1/80 könne der Kläger nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung und nur dann ausgewiesen werden, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, wobei eine strafrechtliche Verurteilung eine Ausweisung nur rechtfertigen könne, wenn die ihr zugrunde liegenden Umstände ein Verhalten erkennen ließen, das eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Der Kläger genieße darüber hinaus nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und Art. 3 Abs. 3 ENA besonderen Ausweisungsschutz, der allerdings nicht weiter reiche als der assoziationsrechtliche. Die vom Kläger begangene Straftat des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung stelle eine besonders schwerwiegende, Grundinteressen der Gesellschaft berührende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Es bestehe auch die Gefahr weiterer vergleichbarer Straftaten. Dabei dürften insoweit im Hinblick auf die betroffenen überragenden Schutzgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Aus den Tatumständen gehe hervor, dass der Kläger dazu neige, sich gegen Beleidigungen und Ehrverletzungen mit physischer Gewalt zur Wehr zu setzen. Die Ausweisung sei darüber hinaus verhältnismäßig und scheitere nicht am Recht des Klägers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK. Zwar habe die Sozialisation des in Deutschland geborenen Klägers in der Bundesrepublik stattgefunden. Es sei jedoch anzunehmen, dass er mit der türkischen Sprache und Kultur hinreichend vertraut sei. Die Eltern und Brüder des Klägers lebten zwar im Bundesgebiet. Er habe aber in der Bundesrepublik bisher keine eigene Kernfamilie gegründet. Dass der seit mehreren Jahren volljährige Kläger auf die Hilfe seiner in Deutschland lebenden Familienangehörigen in besonderer Weise angewiesen sei, sei nicht erkennbar. Der Kontakt zu ihnen könne brieflich, telefonisch und im Rahmen von Betretenserlaubnissen aufrechterhalten werden. Zwar sei die Ausweisung auch deshalb ein erheblicher Eingriff in das Recht des Klägers aus Art. 8 Abs. 1 EMRK, weil er selbst nach einer Befristung keinen Anspruch auf Wiedereinreise in die Bundesrepublik habe. Die Ausweisung sei aber im Hinblick auf die massive Straffälligkeit des Klägers und die von ihm weiterhin ausgehende Gefahr für die überragenden Schutzgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit noch als verhältnismäßig anzusehen. Sonstige Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Beklagte habe alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und zutreffend gewichtet. Der erhöhte Ausweisungsschutz nach Art. 28 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG komme ihm als türkischem Staatsangehörigen nicht zugute.

Seine Berufung, die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob sich der Kläger weiterhin auf Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG berufen könne, zugelassen wurde, begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt:

Die Ausweisung verstoße gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG, die auf türkische Staatsangehörige auch nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG durch die Richtlinie 2004/38/EG, die die Kontrolle von Ausweisungsentscheidungen durch eine zweite Verwaltungsinstanz durch einen erweiterten gerichtlichen Rechtsschutz ersetzt habe, weiterhin anzuwenden sei. Gelte die Richtlinie 2004/38/EG nur für Unionsbürger, nicht jedoch für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige, so müsse für Letztere zwingend der bisherige Standard erhalten bleiben. Die Nichtbeachtung von Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG führe dazu, dass die Ausweisung unheilbar rechtswidrig sei. Im Übrigen sei demgegenüber im Ergebnis aber davon auszugehen, dass die Richtlinie 2004/38/EG und damit Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie auch für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige gelte. Der Kläger, der in den letzten zehn Jahren seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt habe, dürfe daher nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit ausgewiesen werden. Die öffentliche Sicherheit werde durch den Kläger aber künftig nicht gefährdet. Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei nicht zu erwarten. Durch seine soziale Integration und zielstrebige Berufsausbildung habe der bis zu seiner Verurteilung wegen der der Ausweisung zugrunde liegenden Tat nicht vorbestrafte Kläger dargetan, dass er bis dahin keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dargestellt habe. Außerdem habe er durch Entschuldigungen und Schmerzensgeldzahlungen zum Ausdruck gebracht, dass er die Tat bedauere. Das Verwaltungsgericht habe insbesondere das Nachtatverhalten des Klägers außer Acht gelassen. Zwar habe es erwähnt, dass der Kläger an einer zweimonatigen Gewaltpräventionsgruppe teilgenommen habe. Es habe dies und das gesamte positive Strafvollzugsverhalten jedoch bei der Bewertung der Ermessensentscheidung in keiner Weise berücksichtigt. Da sich der Kläger erstmals im Strafvollzug befinde, müsse davon ausgegangen werden, dass dies nachhaltige Wirkungen auf ihn ausübe, die ihn von künftigen Straftaten abhielten. Eine konkrete Wiederholungsgefahr, wie sie Art. 14 ARB 1/80 fordere, sei angesichts dessen beim Kläger nicht zu erkennen. Aus dem Gutachten im Strafprozess und der Tat allein könne auf eine solche Wiederholungsgefahr nicht geschlossen werden.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 27. Januar 2015 und der Ergänzung in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Ausweisungsbescheid sei rechtmäßig. Er verstoße insbesondere weder gegen Art. 9 Richtlinie 64/221/EWG noch gegen Art. 28 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass der Kläger nach wie vor nicht in der Lage sei, seine Aggressionen zu kontrollieren. Kläger und Justizvollzugsanstalt hätten die Teilnahme an der Gewaltpräventionsgruppe für erforderlich gehalten. Beim Kläger liege nach dem im Strafprozess erstellten Gutachten wahrscheinlich eine eher geringe Stresstoleranz und innere Stabilität und eine allgemeine Unsicherheit bei noch nicht ausgereifter Identitätsbildung vor. Nach Lösung des Verlöbnisses könne die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin nicht mehr zur Stabilisierung des Klägers beitragen. Auch wenn der Kläger faktischer Inländer sei, sei zu berücksichtigen, dass er massiv straffällig geworden sei und abgesehen von den Bindungen zu seiner Herkunftsfamilie keine gewichtigen familiären Bindungen habe. Schließlich lägen Umstände vor, die dem Kläger die Integration in der Türkei erleichtern würden. Seine Großeltern lebten in der Türkei. Er habe Urlaubsaufenthalte dort verbracht, habe eine türkischsprachige Klasse besucht und seine Korrespondenz während der Haft belege seine Türkischkenntnisse.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt sich an dem Verfahren, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Nachdem er sich zunächst den Ausführungen der Beklagten angeschlossen und ergänzend auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, nach der Art. 9 Richtlinie 64/221/EWG auf nach dem 30. April 2006 ergangene Ausweisungsverfügungen keine Anwendung mehr finde, verwiesen hatte, meint er nunmehr, der Kläger habe eine zweite Chance verdient.

Das mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Juli 2008 im Hinblick auf ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 28 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige ausgesetzte Verfahren (10 BV 08.3244) ist auf Antrag der Beklagten vom 22. Februar 2013 unter dem jetzigen Aktenzeichen (10 BV 13.421) fortgeführt worden.

Der Kläger ist nach vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe am 29. September 2011 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen worden. Er steht für die Dauer von fünf Jahren unter Führungsaufsicht. Am 11. Februar 2013 hat er eine deutsche Staatsangehörige geheiratet. Am 7. Juni 2013 ist der gemeinsame Sohn des Klägers und seiner Ehefrau geboren worden, der ebenfalls deutscher Staatsangehöriger ist. Die Ehefrau und der Sohn des Klägers wohnen mit dem Kläger zusammen.

Mit Bescheid vom 27. Januar 2015 hat die Beklagte Nr. 2 des Bescheids vom 11. April 2008 dahingehend abgeändert, dass die Wiedereinreise für drei Jahre untersagt wird und die Frist mit der Ausreise beginnt. Außerdem hat sie in den Gründen des Bescheids die Ermessenserwägungen zur Ausweisung des Klägers aktualisiert und klargestellt, dass die Ermessensentscheidung nunmehr ausschließlich auf die Ausführungen im Bescheid vom 27. Januar 2015 gestützt werde.

Im Wesentlichen führt die Beklagte zur Begründung aus, der Ausweisung liege eine außerordentlich schwere Straftat zugrunde. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei durch den Kläger schwerwiegend gefährdet, so dass sein Aufenthalt im Allgemeininteresse zu beenden sei. Die privaten Belange müssten insbesondere im Hinblick darauf zurücktreten, dass dem Kläger aufgrund seiner Sprachkenntnisse, der Kontakte zu seinen in der Türkei lebenden Großeltern und seiner Vertrautheit mit der türkischen Kultur und Mentalität ein Leben in der Türkei zumutbar sei. Die Beziehung zu seiner deutschen Frau und seinem deutschen Kind werde dadurch relativiert, dass sie zu einer Zeit aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit entstanden sei. Besonderes Gewicht sei allerdings dem Interesse des Sohnes des Klägers an dessen Verbleib im Bundesgebiet beizumessen. Auf die Lebenshilfe seiner Eltern sei der Kläger nicht mehr angewiesen. Im Ergebnis überwiege trotz der sich abzeichnenden positiven Tendenz und der geänderten familiären Situation angesichts der Schwere der begangenen Straftat und der konkreten Gefahr weiterer Straftaten das öffentliche Interesse an der Ausweisung. Hinsichtlich der Befristung der Wirkungen der Ausweisung werde wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter und der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die familiären Bindungen im Bundesgebiet ein Zeitraum von drei Jahren für erforderlich gehalten, um dem hohen Gefahrenpotenzial Rechnung tragen zu können.

In der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015, wegen deren Einzelheiten auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird, hat die Beklagte erklärt, ihre Ermessenserwägungen im Änderungsbescheid vom 27. Januar 2015 würden noch dahingehend vervollständigt, dass nunmehr die Eltern des Klägers in der Türkei wohnten und damit dort im Fall einer Aufenthaltsbeendigung für den Kläger ein weiterer Anlaufpunkt bestehe.

Ergänzend wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Die zulässige Anfechtungsklage, deren Gegenstand die Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2008 in der Fassung ist, die er durch den Änderungsbescheid vom 27. Januar 2015 und die in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 zur Niederschrift abgegebene Erklärung der Beklagten zur Vervollständigung ihrer Ermessenserwägungen erhalten hat (I.), hat auch in der Sache Erfolg (II.).

I.

Gegenstand der Klage ist die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11. April 2015 in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 ergänzten Änderungsbescheids der Beklagten vom 27. Januar 2015. Indem der Kläger seinen auf die Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2008 in seiner ursprünglichen Fassung gerichteten Klageantrag auf den Änderungsbescheid vom 27. Januar 2015 erstreckt hat, hat er diesen bereits unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 VwGO vorgelegen haben, nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 und 3 ZPO in zulässiger Weise in die Klage einbezogen. Denn danach handelt es sich bei der Erstreckung der Anfechtungsklage auf den Bescheid vom 27. Januar 2015 nicht um eine Klageänderung. Im Übrigen wäre eine in der Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 liegende Klageänderung hier auch nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 VwGO zulässig.

1. Eine Klageänderung liegt vor, wenn sich der Streitgegenstand ändert. Der Streitgegenstand wird dabei durch den Klageanspruch als den mit der Klage geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch und den Klagegrund als den dem Klageanspruch zugrunde liegenden Sachverhalt bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 24.10.2013 - 7 C 13.12 - juris Rn. 28 m. w. N.). Eine Klageänderung ist demzufolge grundsätzlich dann gegeben, wenn der Klageanspruch, der Klagegrund oder beide sich ändern (vgl. BVerwG a. a. O.).

Zwar wäre danach hier von einer Klageänderung auszugehen. Denn der Kläger hatte ursprünglich nur die Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2008 beantragt, mit dem er aus der Bundesrepublik ausgewiesen (Nr. 1 des Bescheids vom 11. April 2008), ihm die Wiedereinreise untersagt (Nr. 2 des Bescheids vom 11. April 2008) und ihm für den Fall, dass er das Bundesgebiet nicht bis zum 15. April 2008 verlasse, die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat angedroht wurde, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 3 des Bescheids vom 11. April 2008). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 gestellten Antrag des Klägers, den Bescheid vom 11. April 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 aufzuheben, hat sich aber der Streitgegenstand geändert. Denn es hat sich der Klageanspruch verändert, weil mit der Klage nicht mehr die Aufhebung des ursprünglichen Bescheids, sondern die Aufhebung dieses Bescheids in der geänderten Fassung begehrt wird, nach der dem Kläger die Wiedereinreise nicht mehr unbefristet, sondern nur noch für die Dauer von drei Jahren untersagt ist.

2. Jedoch ist es nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. Nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 3 ZPO ist es darüber hinaus nicht als Klageänderung anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes statt des ursprünglich geforderten Gegenstands wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert wird. Danach liegt hier eine Klageänderung aber nicht vor.

a) Durch die Beantragung der Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 ist der Klageantrag im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO erweitert worden, weil er damit auf den Bescheid vom 27. Januar 2015 erstreckt worden ist.

Ebenso fordert der Kläger mit dem Antrag, den Bescheid vom 11. April 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 aufzuheben, im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 3 ZPO einen anderen Gegenstand als mit seinem ursprünglichen Antrag, den Bescheid vom 11. April 2008 aufzuheben. Dies erfolgt auch wegen einer später eingetretenen Veränderung. Denn die Beklagte hat den mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 11. April 2008 nach Klageerhebung geändert, indem sie das darin enthaltene Wiedereinreiseverbot mit dem Änderungsbescheid vom 27. Januar 2015 auf drei Jahre befristet hat.

b) Die Erweiterung des Klageantrags und die darin liegende Forderung eines anderen als des ursprünglichen Gegenstands sind darüber hinaus ohne Änderung des Klagegrundes erfolgt. Denn der dem Klageantrag zugrunde liegende Sachverhalt hat sich durch die Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 nicht geändert.

Der Bescheid vom 11. April 2008 und dieser Bescheid in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 unterscheiden sich nur insoweit, als der Bescheid vom 11. April 2008 dem Kläger die Wiedereinreise ohne zeitliche Beschränkung untersagt hat, während er in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 ein auf drei Jahre befristetes Wiedereinreiseverbot vorsieht. Dieser Unterschied hat aber nicht zur Folge, dass der Entscheidung über die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11. April 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 ein anderer Sachverhalt zugrunde zu legen wäre als der Entscheidung über eine Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in seiner ursprünglichen Fassung.

Zum einen erweist sich im Fall der Rechtswidrigkeit der Ausweisung auch das von der Beklagten nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als gesetzliche Folge der Ausweisung ausgesprochene Wiedereinreiseverbot unabhängig davon als rechtswidrig, ob es nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG befristet worden ist oder nicht. Der rechtlichen Beurteilung des Wiedereinreiseverbots liegt daher in beiden Fällen einheitlich der Sachverhalt zugrunde, auf dessen Grundlage sich die Ausweisung als rechtswidrig darstellt. Zum anderen enthält die Anfechtungsklage gegen den Ausweisungsbescheid, wenn dieser wie der Bescheid vom 11. April 2008 keine Befristung der Wirkungen der Ausweisung verfügt hat, zugleich - als Minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung einen Hilfsantrag auf Verpflichtung des Trägers der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung dieser Wirkungen mit der Folge, dass im Fall der gerichtlichen Bestätigung der Ausweisung zugleich eine Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu treffen ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 39). Über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung ist in diesem Fall aber auch dann zu entscheiden, wenn eine solche Befristung nachträglich vorgenommen wird und die Anfechtungsklage gegen den Ausweisungsbescheid wie hier auf den Befristungsbescheid erstreckt wird (vgl. zur Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen nachträgliche Befristungsentscheidungen BVerwG, B.v. 14.3.2013 - 1 B 17.12 - juris Rn. 13; B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 31; kritisch dazu Armbruster/Hoppe, ZAR 2013, 309/315). In beiden Fällen ist dabei nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die im Rahmen der Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG festzusetzende Frist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 42; U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 40 f.; U.v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 30 ff.). Auch im Falle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung liegt dem Klageanspruch daher unabhängig davon, ob die Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2008 oder die Aufhebung dieses Bescheids in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 begehrt wird, derselbe Sachverhalt zugrunde. Stimmt damit aber der für die Entscheidung über beide Klageanträge maßgebliche Sachverhalt überein, so hat die Einbeziehung des Bescheids vom 27. Januar 2015 nicht zu einer Änderung des Streitstoffs und damit des Klagegrundes geführt.

3. Im Übrigen wäre die Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015, selbst wenn es sich dabei um eine Klageänderung handeln würde, nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof die Änderung für sachdienlich hält.

Sachdienlich ist eine Klageänderung in der Regel dann, wenn sie der endgültigen Beilegung des Rechtsstreits dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 18.8.2005 - 4 C 13.04 - juris Rn. 22 m. w. N.; BayVGH, U.v. 26.6.2012 - 10 BV 09.2259 - juris Rn. 37). Beides ist hier der Fall.

Die Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 dient der endgültigen Beilegung des Rechtsstreits. Denn sie ermöglicht es, auch über die zulässige Dauer der Wirkungen der Ausweisung eine Entscheidung herbeizuführen, ohne dass es einer erneuten Klage gegen die im Änderungsbescheid vorgenommene Befristung des Wiedereinreiseverbots bedarf. Auch bleibt der Streitstoff im Wesentlichen derselbe. Wie dargelegt, ändert sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt durch die Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 27. Januar 2015 in den Klageantrag nicht.

II.

Die Klage, die sich danach gegen den Bescheid vom 11. April 2008 in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 ergänzten Änderungsbescheids der Beklagten vom 27. Januar 2015 richtet, ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, weil er nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015, die für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, der Befristung ihrer Wirkungen und der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12; U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 15; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12; U.v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 9), sowohl hinsichtlich der Ausweisung des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland (1.) als auch hinsichtlich der Befristung des Wiedereinreiseverbots auf die Dauer von drei Jahren und der Abschiebungsandrohung (2.) rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

1. Die Ausweisung des Klägers, die an Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981, 4; im Folgenden: ARB 1/80) in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu messen ist (a), ist rechtswidrig. Zwar ergibt sich dies nicht bereits daraus, dass die Ausweisung wegen eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschiften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (ABl der Europäischen Gemeinschaften 1964 S. 850; im Folgenden: Richtlinie 64/221/EWG) formell rechtswidrig wäre (b). Jedoch sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausweisung des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht erfüllt (c).

a) Als Rechtsgrundlage für die Ausweisung des Klägers kommt nur Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG in Betracht. Denn der Kläger erfüllt die Voraussetzungen von Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 und Art. 7 Satz 2 ARB 1/80.

Nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 ARB 1/80 haben die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich nach Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war. Die praktische Wirksamkeit dieser Rechte setzt dabei zwangsläufig die Existenz eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraus, das ebenfalls auf Unionsrecht beruht und vom Fortbestehen der Voraussetzungen für den Zugang zu diesen Rechten unabhängig ist (vgl. EuGH, U.v. 16.3.2000 - Ergat, C-329/97 - juris Rn. 40; U.v. 11.11.2004 - Cetinkaya, C-467/02 - juris Rn. 31; U.v. 7.7.2005 - Aydinli, C-373/03 - juris Rn. 25; U.v. 16.2.2006 - Torun, C-502/04 - juris Rn. 20; BVerwG, U.v. 6.10.2005 - 1 C 5.04 - juris Rn. 11). Danach ist der Kläger aber nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 und Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 aufenthaltsberechtigt.

aa) Der Kläger erfüllt zunächst die Voraussetzungen des Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 ARB 1/80. Er ist Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt angehörte. Sein Vater kam 1972 nach Deutschland und arbeitete dort bei BMW, bei einer Arzneimittelfirma und schließlich am Flughafen München. Zwar hat der 1983 im Bundesgebiet geborene Kläger erstmals am 17. April 1997 eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 ARB 1/80 gilt aber entgegen seinem Wortlaut nicht nur für Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, sondern auch für ein Kind eines solchen Arbeitnehmers, das wie der Kläger im Aufnahmemitgliedstaat geboren wurde und stets dort gelebt hat (vgl. EuGH, U.v. 11.11.2004 - Cetinkaya, C-467/02 - juris Rn. 20 ff, 26; U.v. 7.7.2005 - Aydinli, C-373/03 - juris Rn. 22; BVerwG, U.v. 6.10.2005 - 1 C 5.04 - juris Rn. 11). Der Kläger hat schließlich von seiner Geburt bis zu seiner Inhaftierung im Juni 2006 und damit seit mindestens fünf Jahren seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz bei seinen Eltern gehabt und mit ihnen eine familiäre Lebensgemeinschaft geführt (vgl. EuGH, U.v. 11.11.2004 - Cetinkaya, C-467/02 - juris Rn. 30; U.v. 7.7.2005 - Aydinli, C-373/03 - juris Rn. 24).

bb) Der Kläger erfüllt außerdem die Voraussetzungen des Art. 7 Satz 2 ARB 1/80. Denn er hat als Kind eines türkischen Arbeitnehmers, der in Deutschland seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war, in der Bundesrepublik eine Berufsausbildung zum Maschinenbaumechaniker abgeschlossen.

cc) Schließlich hat der Kläger sein sich aus Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 und Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 ergebendes Aufenthaltsrecht auch nicht nachträglich wieder verloren.

aaa) Dieses Recht unterliegt lediglich in den beiden folgenden Fällen Beschränkungen (vgl. EuGH, U.v. 16.3.2000 - Ergat, C-329/97 - juris Rn. 45 ff.; U.v. 11.11.2004 - Cetinkaya, C-467/02 - juris Rn. 36; U.v.7.7.2005 - Aydinli, C-373/03 - juris Rn. 27; U.v.16.2.2006 - Torun, C-502/04 - juris Rn. 21 und 25; U.v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 49 m. w. N.). Zum einen ermöglicht es Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 den Mitgliedstaaten, in Einzelfällen bei Vorliegen triftiger Gründe den Aufenthalt des türkischen Migranten in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken, wenn dieser durch sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit tatsächlich und schwerwiegend gefährdet. Von dieser Möglichkeit hatte die Bundesrepublik im Falle des Klägers aber bis zu dessen Ausweisung durch den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2008, gegen die sich die Klage richtet, nicht Gebrauch gemacht. Zum anderen verliert der Familienangehörige eines türkischen Arbeitnehmers seine Rechtsstellung nach Art. 7 ARB 1/80 grundsätzlich, wenn er das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlässt. Dies hat der Kläger jedoch nicht getan.

bbb) Schließlich hat der Kläger, der bis zu seiner Inhaftierung im Juni 2006 für eine Leiharbeitsfirma gearbeitet hat, sein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 und Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 auch nicht dadurch verloren, dass er während seiner langen Freiheitsstrafe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stand. Denn im Hinblick darauf, dass dieses Recht aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit nur nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 oder wegen eines Verlassens des Aufnahmemitgliedstaats während eines erheblichen Zeitraums ohne berechtigte Gründe beschränkt werden kann, unterliegt es wegen einer längeren Abwesenheit vom Arbeitsmarkt aufgrund einer mehrjährigen Freiheitsstrafe keinen Beschränkungen (vgl. EuGH, U.v. 11.11.2004 - Cetinkaya, C-467/02 - juris Rn. 38 f.; U.v. 7.7.2005 - Aydinli, C-373/03 - juris Rn. 27 f.; U.v. 16.2.2006 - Torun, C-502/04 - juris Rn. 25 f.; BVerwG, U.v. 6.10.2005 - 1 C 5.04 - juris Rn. 12; U.v. 28.6.2006 - 1 C 4.06 - juris Rn. 13).

b) Die Ausweisung des Klägers auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ist nicht bereits deshalb wegen eines unheilbaren Mangels des Verwaltungsverfahrens formell rechtswidrig, weil sie gegen Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG verstoßen hätte.

Nach dieser Regelung, die auf türkische Staatsangehörige mit assoziationsrechtlichem Aufenthaltsrecht anwendbar war (vgl. EuGH, U.v. 2.6.2005 - Dörr und Ünal, C-136/03 - juris Rn. 61 ff.; BVerwG, U.v. 13.9.2005 - 1 C 7.04 - juris Rn. 12; U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 22; U.v. 13.12.012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 28; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 23), traf die Verwaltungsbehörde, soweit die vorgesehenen Rechtsmittel nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betrafen oder keine aufschiebende Wirkung hatten, die Entscheidung über die Entfernung eines Inhabers einer Aufenthaltserlaubnis aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats außer in dringenden Fällen erst nach Erhalt der Stellungnahme einer zuständigen Stelle des Aufnahmelandes, vor der sich der Betroffene entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften verteidigen, unterstützen oder vertreten lassen konnte (Art. 9 Abs. 1 UAbsRichtlinie 64/221/EWG/EWG). Diese Stelle musste dabei eine andere sein als diejenige, die für die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet zuständig war (Art. 9 Abs. 1 UAbsRichtlinie 64/221/EWG/EWG; sog. Vier-Augen-Prinzip).

Zwar wäre diese Regelung im Falle ihrer weiteren Anwendbarkeit durch die Ausweisung des Klägers verletzt worden, weil nach § 114 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur die Rechtmäßigkeit der nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde stehenden Ausweisung, nicht aber ihre Zweckmäßigkeit überprüft wird, ein Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 AGVwGO nicht stattgefunden hat und auch sonst eine andere Stelle als die Beklagte vor Erlass des Ausweisungsentscheids vom 11. April 2008 zur Ausweisung des Klägers nicht Stellung genommen hatte (vgl. BVerwG, U.v. 13.9.2005 - 1 C 7.04 - juris Rn. 13; U.v. 6.10.2005 - 1 C 5.04 - juris Rn. 14). Die Ausweisung wäre daher auch wegen eines Mangels des Verwaltungsverfahrens unheilbar rechtswidrig gewesen (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.2005 - 1 C 5.04 - juris Rn. 16). Jedoch ist Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG seit Aufhebung dieser Richtlinie durch Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl EG Nr. L 158 S. 77: im Folgenden: Richtlinie 2004/38/EG) mit Wirkung zum 30. April 2006 für nach diesem Zeitpunkt ergangene Ausweisungsverfügungen wie den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 11. April 2008 nicht mehr anwendbar (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 22 ff.; U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 28 ff.; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 23 ff.; B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 5 ff.).

Der Kläger meint demgegenüber, dass der verfahrensrechtliche Schutz, den Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG türkischen Staatsangehörigen gewähre, die über ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 verfügten, auch nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG deshalb fortgelten müsse, weil der Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG ersetzende Art. 31 Richtlinie 2004/38/EG nur für Unionsbürger gelte und ein ersatzloser Wegfall der in Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG enthaltenen Verfahrensgarantie nicht hinnehmbar sei. Diese Argumentation rechtfertigt aber nicht die weitere Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige mit einem Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsratsbeschluss 1/80.

Zum einen ist durch die Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG die in deren Art. 9 Abs. 1 enthaltene Verfahrensgarantie nicht ersatzlos entfallen. Vielmehr ist der Rechtsschutz gegen Ausweisungen türkischer Staatsangehöriger, die über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrechts verfügen, nunmehr in entsprechender Anwendung des für Unionsbürger an die Stelle von Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG getretenen Art. 31 Richtlinie 2004/38/EG oder des Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend der Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl EG 2004 Nr. L 16 S. 44; im Folgenden: Richtlinie 2003/109/EG) gewährleistet (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 29; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 23; B.v. 15.4.2013 1 B 22.12 - juris Rn. 5). Für die Anwendbarkeit des Art. 12 Richtlinie 2003/109/EG spricht dabei, dass diese Regelung, nach deren Abs. 4 dem Ausgewiesenen der Rechtsweg in dem jeweiligen Mitgliedstaat offen steht, nach der Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG den unionsrechtlichen Bezugsrahmen für die Ausweisung türkischer Staatsangehöriger bildet, die wie der Kläger über ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 ARB 1/80 verfügen (vgl. EuGH, U.v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 79; BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12).

Zum anderen würde die weitere Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG gegen Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385; im Folgenden: ZP) verstoßen (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 25; U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 33; B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 13 ff.). Nach dieser Regelung darf der Türkei in den vom Zusatzprotokoll erfassten Bereichen, zu denen auch die Ausweisung von assoziationsrechtlich begünstigten türkischen Staatsangehörigen zählt (vgl. EuGH, U.v. 18.7.2007 - Derin, C-325/05 - juris Rn. 58 ff.), keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander aufgrund des Vertrags über die Gründung der Gemeinschaft einräumen. Dies wäre jedoch der Fall, wenn Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG weiterhin angewandt werden könnte.

Nach Art. 31 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG müssen die Betroffenen gegen eine Entscheidung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde des Aufnahmemitgliedstaats einlegen können. Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens sind nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 Richtlinie 2004/38/EG dabei die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und Umstände zu überprüfen, auf denen die Entscheidung beruht. Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 2 Richtlinie 2004/38/EG gewährleistet das Rechtsbehelfsverfahren darüber hinaus, dass die Entscheidung nicht unverhältnismäßig ist. Die Beteiligung einer anderen als der für die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zuständigen Stelle, wie sie Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips vorsah, ist daher nach Art. 31 Richtlinie 2004/38/EG für den Rechtsschutz von Unionsbürgern gegen solche Entscheidungen nicht mehr zwingend vorgeschrieben (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 23; U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 30; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 23: B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 6). Soweit nach Art. 31 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG die Einlegung des Rechtsbehelfs bei einem Gericht „und gegebenenfalls bei einer Behörde“ möglich sein muss, soll dies nur nationalen Regelungen Rechnung tragen, nach denen der gerichtlichen Überprüfung noch ein behördliches Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist. Eine Verpflichtung zur Beteiligung einer weiteren unabhängigen Stelle im Verwaltungsverfahren ergibt sich daraus aber nicht (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 30; B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 6 ff.). Ist danach bei Unionsbürger betreffenden Entscheidungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit die Beteiligung einer solchen Stelle nicht erforderlich, so würden türkische Staatsangehörige, die assoziationsrechtlich aufenthaltsberechtigt sind, bei sie betreffenden derartigen Entscheidungen auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 aber besser gestellt als Unionsbürger. Der Türkei würde daher entgegen Art. 59 ZP eine günstigere Behandlung gewährt als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander einräumen (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 25; U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 33; B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris Rn. 13 ff.).

c) Ist die Ausweisung des Klägers damit zwar nicht schon wegen einer Verletzung von Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 64/221/EWG unheilbar formell rechtswidrig, so folgt ihre Rechtswidrigkeit jedoch daraus, dass die nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erforderlichen materiell-rechtlichen Ausweisungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann dabei Art. 28 Abs. 3 Buchstabe a Richtlinie 2004/38/EG, nach dem eine Ausweisung gegen Unionsbürger nicht verfügt werden darf, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt werden, wenn sie ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben, im Falle von nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 erfolgenden Ausweisungen allerdings nicht entsprechend angewandt werden, um die Tragweite von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zu bestimmen (vgl. EuGH, U.v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 74). Vielmehr ist dazu Art. 12 Richtlinie 2003/109/EG als Bezugsrahmen heranzuziehen (EuGH a. a. O. Rn. 79), nach dessen Abs. 1 bei einem langfristig Aufenthaltsberechtigten eine Ausweisung nur verfügt werden kann, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellt.

Dementsprechend kann ein türkischer Staatsangehöriger, der wie der Kläger ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 ARB 1/80 besitzt, nach Art. 14 Abs. 1 ARB nur im Ermessenswege aufgrund einer Einzelfallprüfung ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland als des Aufnahmemitgliedstaats darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 82 und 86; BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 13). Im Übrigen setzt die Ausweisung des Klägers, der seit 14.12.1999 eine nach § 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgeltende unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich damit seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und deshalb nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz genießt, auch nach nationalem Recht schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung voraus (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG).

Nach diesen Maßstäben erweist sich die Ausweisung des Klägers jedoch als rechtswidrig, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr bestand (aa) und die Ausweisung außerdem zur Wahrung dieses Interesses nicht unerlässlich war (bb).

aa) Bei der Prüfung, ob eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft vorliegt, gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind im Rahmen der Gefahrenprognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Demgemäß gelten umso geringere Anforderungen an den Eintritt eines Schadens für ein bedrohtes Rechtsgut, je bedeutender dieses ist. Jedoch reicht auch bei hochrangigen Rechtsgütern nicht jede auch nur entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr aus. Auch insoweit dürfen vielmehr keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 16; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 16). Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Tatsachen zu berücksichtigen, die den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefährdung mit sich bringen können, die das Verhalten des Betroffenen für das in Rede stehende Grundinteresse der Gesellschaft darstellen kann (vgl. EuGH, U.v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 84).

Eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft geht bei Berücksichtigung dieser Vorgaben von dem zu erwartenden persönlichen Verhalten des Klägers nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) aber nicht mehr aus.

aaa) Zwar würde es eine hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellen, wenn der Kläger erneut eine Straftat begehen würde, die mit der der Ausweisung zugrunde liegenden vergleichbar ist. Denn der versuchte Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, der zur Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten geführt hat, hat das Leben und die Gesundheit des Opfers gefährdet. Die Rechtsgüter Leben und Gesundheit der Bürger nehmen aber in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Werteordnung einen hohen Rang ein. Ihr Schutz ist daher ein Grundinteresse der Gesellschaft (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 19), das durch Straftaten, wie sie der Kläger begangen hat, erheblich beeinträchtigt wird. Angesichts des hohen Rangs der bedrohten Rechtsgüter und der schwerwiegenden Folgen, die eintreten können, wenn wie im Falle des Klägers dem Opfer mit einem mit Widerhaken versehenen Messer in lebensgefährlicher Weise tief in den Oberbauch gestochen wird, stellte die erneute Begehung vergleichbarer Taten durch den Kläger ohne weiteres für das betreffende Grundinteresse der Gesellschaft auch eine hinreichend schwere Gefahr dar.

Im Hinblick darauf und auf die Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten liegen darüber hinaus schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach § 56 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vor. Insbesondere hat der Kläger angesichts der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe einen Ausweisungsgrund nach § 53 Nr. 1 AufenthG verwirklicht, der vorliegt, wenn ein Ausländer wegen einer oder mehrerer Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist.

bbb) Jedoch stellt das persönliche Verhalten des Klägers nach Überzeugung des Senats keine gegenwärtige tatsächliche Gefahr mehr dar, die seine Ausweisung nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG rechtfertigen könnte.

Nach den Feststellungen des Schwurgerichts auf der Grundlage des im Strafverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 30. Januar 2007 litt der durchschnittlich intelligente und eher zurückhaltende Kläger zum Zeitpunkt der Begehung der Straftat unter Minderwertigkeitsgefühlen und reagierte gegenüber Kränkungen und Zurückweisungen übersensibel. Seine Stresstoleranz und innere Stabilität waren gering ausgeprägt. Es herrschte ein Gefühl allgemeiner Unsicherheit vor. Der Gutachter ging zudem von einer noch nicht ausgereiften Identitätsbildung aus. Insbesondere die Sensibilität gegenüber Kränkungen und Zurückweisungen und die geringe Stresstoleranz des Klägers waren dabei maßgeblich mitursächlich dafür, dass es zu der der Ausweisung zugrunde liegenden Straftat kam.

Dass der Kläger sein Messer zog und damit schließlich zustach, hing mit der dem tatsächlichen Zusammentreffen vorangegangenen telefonischen Äußerung des Tatopfers zusammen, er werde den Kläger wieder dahin zurückstecken, wo er herausgekommen sei, die der Kläger als Beleidigung empfand. Denn bei Eintreffen des Tatopfers und seiner Begleiterinnen und Begleiter fragte der Kläger, der bis dahin nicht wusste, von wem diese Äußerung stammte, aufgebracht, wer ihn so beleidigt habe. Anlass für den Anruf des Tatopfers beim Kläger und das spätere Zusammentreffen war wiederum die Ohrfeige, die der Kläger der Schwägerin des Opfers am Abend zuvor gegeben hatte, weil er sich während einer verbalen Auseinandersetzung darüber ärgerte, dass diese ihn auf seine Äußerung hin, sie könne so nicht mit ihm reden, gefragt hatte, wie es denn wäre, wenn sie doch so mit ihm redete. Die Überempfindlichkeit des Klägers gegenüber Kränkungen und Zurückweisungen und seine geringe Stresstoleranz spielten daher eine entscheidende Rolle für den Geschehensablauf, der schließlich in den Totschlagsversuch und die damit einhergehende gefährliche Körperverletzung mündete.

Dementsprechend geht das psychiatrische Gutachten vom 2. Januar 2010 davon aus, dass die Gefahr eines Rückfalls hauptsächlich in Situationen besteht, in denen der Kläger sich wie bei der Begehung der seiner Verurteilung und Ausweisung zugrunde liegenden Straftat zurückgewiesen, abgewertet oder in seinem Selbstbild abgelehnt oder angegriffen fühlt (S. 29 des Gutachtens).

Nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs besteht aber angesichts der Entwicklung, die der Kläger seit der inzwischen mehr als achteinhalb Jahre zurückliegenden Tat durchlaufen hat, allenfalls noch die entfernte Möglichkeit, dass der Kläger erneut eine vergleichbare Straftat begehen wird. Dies reicht jedoch für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr auch unter Berücksichtigung der im Hinblick auf die hohe Bedeutung der bedrohten Rechtsgüter verminderten Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht aus.

Der Kläger war nach der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt zur Führungsaufsicht vom 23. März 2011 während der Haft ruhig, fröhlich, offen, gutmütig und natürlich. Er trat respektvoll und verständig auf, verhielt sich gegenüber Bediensteten anständig, freundlich und hilfsbereit und war in der Gemeinschaft mit anderen Gefangenen gesellig und kameradschaftlich. Bei der Arbeit in einem Unternehmerbetrieb leistete er mit beständigem Fleiß fachgerechte und über dem Durchschnitt liegende Arbeit. Disziplinarisch ist er lediglich einmal im Jahr 2009 in Erscheinung getreten, weil er den Spion an seiner Haftraumtüre umgebaut und beschädigt hatte. Der Kläger bewarb sich im Mai 2007 für das anstaltsinterne soziale Kompetenztraining und nahm von Oktober bis Dezember 2007 an der Gewaltpräventionsgruppe der Justizvollzugsanstalt teil. Nach dem diesbezüglichen, im psychiatrischen Gutachten vom 2. Januar 2010 zusammengefassten Abschlussbericht vom 15. Dezember 2007 hat der Kläger regelmäßig und aktiv an den Behandlungsangeboten teilgenommen, gute Motivation gezeigt, an den Inhalten der Gruppe mitzuarbeiten, sich aus eigener Initiative öfter in das Gruppengeschehen eingebracht und seine Hausaufgaben zuverlässig und mit Sorgfalt erledigt. Er hat in ersten Ansätzen die auslösenden Bedingungen seiner Straftat erkennen können. Außerdem hat er gute Ansätze, Techniken und Strategien entwickelt, um zukünftig adäquater mit Konflikt- und Problemsituationen umgehen zu können. Eine Bearbeitung der Gewaltproblematik ist ihm vor allem auf der kognitiven Ebene gut möglich gewesen. Auf der emotionalen Ebene und der Verhaltensebene wurde allerdings noch eine Vertiefung für erforderlich gehalten.

Das psychiatrische Gutachten vom 2. Januar 2010 geht davon aus, dass das Verhaltensrepertoire des Klägers in der Situation, die zu der der Ausweisung zugrunde liegenden Straftat geführt hat, nicht ausreichend war, um einen Lösungsweg zu finden. Der Gutachter ist der Auffassung, dass die Teilnahme an der Gewaltpräventionsgruppe der Haftanstalt diesbezüglich lediglich einen Anfang gemacht habe, dass eine andauernde Veränderung und Erweiterung des Verhaltensrepertoires damit jedoch noch nicht abgeschlossen und deshalb eine weitere Therapie dringend erforderlich sei (S. 30 des Gutachtens). Nach seiner Einschätzung besteht zwar nicht die Gefahr, dass der Kläger wahllos fremde Personen attackieren werde, wohl aber dass im Rahmen von Beziehungskonflikten, insbesondere im Falle einer schweren Kränkung oder Erniedrigung, die alten Verhaltensmuster noch nicht so weit überwunden seien, dass es bei einer entsprechenden Konstellation nicht wieder zu aggressiven Durchbrüchen kommen könne (vgl. S. 30 f. des Gutachtens). Nach Ansicht des Gutachters ist daher von einer nicht mehr bestehenden Gefährlichkeit des Klägers erst unter der Bedingung auszugehen, dass eine erneute therapeutische Behandlung durchgeführt wird (S. 31 des Gutachtens).

Dementsprechend hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 10. März 2010, bestätigt durch den die sofortige Beschwerde des Klägers als unbegründet verwerfenden Beschluss des Oberlandesgerichts vom 14. April 2010, eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung abgelehnt. Außerdem hat sie unter Bezugnahme auf das psychiatrische Gutachten vom 2. Januar 2010 mit Beschluss vom 24. Juni 2011 festgestellt, dass nach Vollstreckung der Freiheitsstrafe Führungsaufsicht eintrete, weil nicht zu erwarten sei, dass der Kläger ohne diese Maßregel keine Straftaten mehr begehen werde. Gleichzeitig hat sie den Kläger im Hinblick darauf, dass nach dem Gutachten ohne eine vertiefende Bearbeitung der Gewaltproblematik ein Rückfall in alte Verhaltensweisen nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden könne, angewiesen, sich nach Haftentlassung einer ambulanten Psychotherapie bei einem namentlich bezeichneten Psychotherapeuten für die Dauer von mindestens einem Jahr zu unterziehen. An dieser Therapie hat der Kläger in der Zeit von Juli 2012 bis September 2013 teilgenommen. Mit seiner ärztlichen Mitteilung vom 9. September 2013 hat der Psychotherapeut der Bewährungshelferin des Klägers mitgeteilt, dass der Kläger am 9. September 2013 an der 14. psychotherapeutischen Sitzung teilgenommen habe, dass er sich an alle Abmachungen gehalten habe, dass nach seiner Meinung vom Kläger keine Gefahr mehr ausgehe und dass die Psychotherapie abgeschlossen werden könne.

Mit dem erfolgreichen Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung besteht aber nicht nur nach Auffassung seines Therapeuten keine Gefahr mehr, dass der Kläger erneut ähnliche Straftaten wie diejenigen begeht, die seiner Verurteilung und Ausweisung zugrunde gelegen haben. Vielmehr sind damit auch die Bedingungen erfüllt, unter denen das Gutachten vom 2. Januar 2010 und ihm folgend die Strafvollstreckungskammer davon ausgegangen sind, dass der Kläger nicht mehr gefährlich ist. Dass nach Abschluss der im Beschluss über die Führungsaufsicht angeordneten Therapie die Gefahr der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten durch den Kläger nicht mehr besteht, steht aber auch zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs fest.

Der Senat geht aufgrund des Eindrucks, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 hinterlassen hat, davon aus, dass die erfolgreich abgeschlossene Therapie ihrem Zweck entsprechend (vgl. S. 30 des Gutachtens vom 2. Januar 2010) das Verhaltensrepertoire des Klägers in einer Weise verändert und erweitert hat, die es ihm ermöglicht, in Zukunft für Konflikte in Situationen wie derjenigen, die zu der der Verurteilung und Ausweisung zugrunde liegenden Straftat geführt hat, eine gewaltfreie Lösung zu finden. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat, wurde im Rahmen der Therapie, deren Gegenstand die Gewaltprävention, das persönliche Verhalten des Klägers und seine aktuelle Situation waren, insbesondere auch besprochen, wie er sich in einer Situation wie derjenigen, die zu seiner Straftat geführt hat, verhalten müsste. Dass dies zutrifft und dass der Kläger in der Therapie gelernt und verinnerlicht hat, wie er sich in solchen Situationen gewaltfrei verhalten kann, belegen seine Antworten in der mündlichen Verhandlung.

So hat er erläutert, er wisse nunmehr, dass es zur Vermeidung von derartigen Situationen notwendig sei, bereits vom Kopf her eine andere Einstellung zu haben. Er dürfe sich schon gedanklich auf eine Situation, wie sie seiner Straftat zugrunde gelegen habe, nicht mehr einlassen, sondern müsse alles versuchen, ihr von vornherein aus dem Weg zu gehen. Konkret würde er sich heute in ähnlicher Lage wahrscheinlich umdrehen und weggehen. Auch würde er, selbst wenn er es dürfte, aufgrund seiner geänderten Einstellung kein Messer und auch keine sonstige Waffe mehr mit sich führen. Bei einem Streit innerhalb der Familie, dem er nicht ausweichen könne, rede er heute länger darüber. Auf seine leichte Kränkbarkeit angesprochen hat der Kläger ausgeführt, man könne solche Gefühle nicht völlig ausschließen, wohl aber reduzieren. Wenn jemand heute seine Familie beleidigen würde, würde er zu diesem Zweck daran denken, dass er seiner Familie nicht helfe, wenn er sich über die Kränkung erregen und wie bei seiner damaligen Straftat reagieren würde, weil er dann ja seine Familie erneut allein lasse. Letzteres zeigt darüber hinaus, dass dem Kläger, der inzwischen verheiratet und Vater eines eineinhalb Jahre alten Sohnes ist, seine Familie wichtig ist und er das Familienleben nicht durch die erneute Begehung von Straftaten gefährden will.

Es kommt hinzu, dass der Kläger nach den im Gutachten vom 2. Januar 2010 getroffenen Feststellungen die volle Verantwortung für seine Tat übernommen hat, ohne sie zu bagatellisieren, und dass die lange Haftzeit bei ihm einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat (S. 27 des Gutachtens). Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 bestätigt, in der der Kläger, der auch im Übrigen offen und bereitwillig Auskunft gegeben hat, nachvollziehbar dargelegt hat, dass ihm in der Haft klargeworden sei, was für einen Fehler er gemacht habe, und dass vor allem die Inhaftierung und das Bewusstsein, dass er „Mist gebaut“ habe, ihn seit der Tat wesentlich geprägt hätten.

Außerdem ist der Senat aufgrund des Eindrucks, den er vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in den fast neun Jahren seit der seiner Verurteilung und Ausweisung zugrunde liegenden Straftat durch die Haft, die Auseinandersetzung mit seiner Tat, die Teilnahme an der Gewaltpräventionsgruppe in der Haft, die psychotherapeutische Behandlung nach der Entlassung und die Gründung einer eigenen Familie deutlich reifer geworden ist, als er es zum Zeitpunkt der Tat im Jahr 2006 und der Erstellung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 30. Januar 2007 war, das ihm noch eine durch geringe Stresstoleranz und innere Stabilität und durch allgemeine Unsicherheit gekennzeichnete nicht ausgereifte Identitätsbildung bescheinigte (S. 88 des Gutachtens). Da gerade diese Faktoren bei der Tatbegehung eine wesentliche Rolle gespielt haben, hat der mit der Einsicht in die Fehlerhaftigkeit seiner früheren Verhaltensmuster und in ihre negativen Folgen verbundene Reifungsprozess des Klägers die Wahrscheinlichkeit der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten nach Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs aber deutlich verringert.

Darüber hinaus ergeben sich auch aus dem Verhalten des Klägers keine Anhaltspunkte dafür, dass von ihm gegenwärtig tatsächlich noch eine hinreichend schwere Gefahr für das Leben und die Gesundheit anderer ausgeht. Das Verhalten des Klägers in der Haft war mit Ausnahme des Umbaus und der Beschädigung des Spions in der Haftraumtür beanstandungsfrei. Insbesondere war er während der Haftzeit nie in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt. Nach der Entlassung aus der Strafhaft hat er keine Straftaten mehr begangen. Seit der der Ausweisung zugrunde liegenden Straftat im Juni 2006 sind damit mehr als acht Jahre, seit der Haftentlassung im September 2011 mehr als drei Jahre und seit dem Abschluss der Psychotherapie im September 2013 mehr als ein Jahr vergangen, ohne dass der Kläger erneut straffällig geworden wäre. Nach den vorliegenden Berichten der Bewährungshilfe hat er zudem seit seiner Entlassung alle Termine zuverlässig eingehalten und beanstandungsfrei, offen und kooperativ mit den Bewährungshelferinnen zusammengearbeitet. Nach Abschluss der Psychotherapie wurde der Kläger auf Anregung der Bewährungshelferin vom 12. September 2013 noch im September 2013 aus der Liste der Risikoprobanden der Führungsaufsichtsstelle gestrichen.

Anhaltspunkte für eine beachtliche Wiederholungsgefahr ergeben sich auch nicht aus dem Verhalten des Klägers vor der seiner Verurteilung und Ausweisung zugrunde liegenden Straftat. Der Kläger war nicht vorbestraft. Außer einem nach § 153 Abs. 1 StPO wegen geringer Schuld eingestellten Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort am 15. August 2005 und einem nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellten Ermittlungsverfahren wegen einer leichten Körperverletzung am 17. Mai 2002 haben gegen ihn auch keine strafrechtlichen Ermittlungen stattgefunden. Soweit der Kläger daneben gegenüber dem Sachverständigen, der das psychiatrische Gutachten vom 2. Januar 2010 erstellt hat, angegeben hat, er sei vor der seiner Verurteilung zugrunde liegenden Straftat im Fußballverein oder in der Diskothek schon einmal in Schlägereien verwickelt gewesen, bei denen aber nie jemand ernsthaft verletzt worden sei, haben diese offensichtlich nicht zu Ermittlungsverfahren gegen den Kläger geführt. Im Übrigen reichen nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs auch diese etwaigen Körperverletzungen nicht aus, um von einer gegenwärtigen Gefahr der Begehung weiterer Straftaten durch den Kläger auszugehen. Denn abgesehen davon, dass die betreffenden Vorfälle bereits viele Jahre zurückliegen, geht der Senat davon aus, dass sich die Einstellung des Klägers zur Anwendung von Gewalt durch den Eindruck der Haft, durch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten im Rahmen der Gewaltpräventionsgruppe in der Justizvollzugsanstalt und der Psychotherapie nach der Entlassung aus der Haft sowie durch seine Heirat und die Geburt seines Sohnes im Vergleich zu der Zeit vor seiner Inhaftierung so gewandelt hat, dass in Zukunft Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder gar das Leben von ihm nicht mehr zu erwarten sind. Denn dies entspricht nicht nur der Einschätzung des Gutachtens vom 2. Januar 2010 und des Psychotherapeuten des Klägers, sondern wird, wie dargelegt, auch dadurch bestätigt, dass der Kläger mehr als acht Jahre nach der seiner Verurteilung und Ausweisung zugrunde liegenden Tat, mehr als drei Jahre nach seiner Haftentlassung und mehr als ein Jahr nach Therapieabschluss nicht straffällig geworden und insbesondere nicht wegen eines gewalttätigen Verhaltens aufgefallen ist.

Schließlich ergibt sich etwas anderes auch nicht daraus, dass die mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 24. Juni 2011 für die Dauer von fünf Jahren angeordnete Führungsaufsicht fortbesteht. Die Führungsaufsicht tritt gemäß § 68f Abs. 1 Satz 1 StGB mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug kraft Gesetzes ein, wenn wie hier eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen vorsätzlicher Straftaten vollständig vollstreckt worden ist. Etwas anderes gilt nur, wenn nach § 68f Abs. 2 StGB angeordnet wird, dass die Führungsaufsicht entfällt, weil zu erwarten ist, dass der Verurteilte auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird. Davon hat die Strafvollstreckungskammer aber im Hinblick auf das Gutachten vom 2. Januar 2010 abgesehen, nach dem von einer Rückfallgefahr erst nach einer weiteren Psychotherapie nicht mehr ausgegangen werden konnte. Zwar hat die Strafvollstreckungskammer die Dauer der Führungsaufsicht, die nach § 68c Abs. 1 Satz 1 StGB mindestens zwei und höchstens fünf Jahre beträgt, auf fünf Jahre festgesetzt. Es hat dies allerdings nicht näher begründet. Auch hat es zum Zeitpunkt seiner Entscheidung weder berücksichtigen können, dass der Kläger die Psychotherapie, zu der er durch die Vollstreckungskammer angewiesen wurde, erfolgreich abgeschlossen hat noch dass der Kläger die Prognose, dass von ihm nach einer erfolgreichen Therapie die Gefahr weiterer Straftaten nicht mehr ausgeht, seitdem durch straffreies Verhalten bestätigt hat. Unter diesen Umständen ist der Verwaltungsgerichtshof durch die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer aber nicht daran gehindert, wie hier auf der Grundlage der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls und des persönlichen Eindrucks, den er vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, zu der Überzeugung zu gelangen, dass trotz des Fortbestehens der Führungsaufsicht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung keine gegenwärtige Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft mehr besteht (vgl. zur fehlenden Bindung der Verwaltungsgerichte an die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über die Aussetzung des Strafrests zur Bewährung hinsichtlich der Gefahrenprognose BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 23; U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18 ff.).

Ebenso wenig steht der Verneinung einer vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr entgegen, dass nach dem psychiatrischen Gutachten vom 2. Januar 2010 statistisch gesehen etwa ein Drittel der verurteilten Gewalttäter innerhalb von drei Jahren erneut verurteilt werden (vgl. S. 23 f. Gutachtens). Abgesehen davon, dass die statistisch hohe Rückfallwahrscheinlichkeit allenfalls ein Gesichtspunkt von vielen ist, die bei der anhand einer Prüfung aller Umstände des Einzelfalls zu erstellenden Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind, sprechen die im Gutachten vom 2. Januar 2010 darüber hinaus wiedergegebenen statistischen Erhebungen dafür, dass beim Kläger ein weit geringeres Rückfallrisiko besteht. Denn danach hatten Verurteilte, die während der Haft nicht durch Disziplinarmaßnahmen auffielen, deutlich niedrigere Rezidivraten als die Gesamtheit der Straftäter (S. 24 des Gutachtens). Neben der lediglich einmaligen disziplinarischen Ahndung des Klägers während der gesamten, mehr als fünfjährigen Haft spricht statistisch gesehen das Fehlen von Vorstrafen dafür, dass die Rückfallwahrscheinlichkeit beim Kläger gering ist (vgl. S. 25 des Gutachtens). Im Übrigen ist auch der Sachverständige, der die von ihm referierten statistischen Daten und insbesondere die relativ hohe Rückfallwahrscheinlichkeit bei Gewaltdelikten bei seiner Prognose ausdrücklich berücksichtigt hat (vgl. S. 30 des Gutachtens), zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nach einer erneuten und inzwischen durchgeführten Therapie nicht mehr gefährlich ist.

bb) Selbst wenn man anders als der Verwaltungsgerichtshof von einer gegenwärtigen Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft ausgeht, war die Ausweisung des Klägers zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedoch rechtswidrig. Denn sie war zur Wahrung dieses Grundinteresses der Gesellschaft nicht unerlässlich.

Dabei ist im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit zu beachten, dass die Grundrechte des Betroffenen, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein müssen (vgl. EuGH U.v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 82). Zu berücksichtigen sind dabei sämtliche konkreten Umstände, die für die Situation des Betroffenen kennzeichnend sind (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 85), insbesondere die Dauer seines Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats, sein Alter, die Folgen seiner Ausweisung für ihn und seine Familienangehörigen sowie seine Bindungen zum Aufenthaltsstaat oder fehlende Bindungen zum Herkunftsstaat (Art. 12 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EG; vgl. EuGH a. a. O. Rn. 80). Ebenso sind die für die Wahrung des Grundinteresses der Gesellschaft bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen wie die Art und Schwere der Straftat, die seit der Straftat vergangene Zeit und das Verhalten des Klägers in dieser Zeit (vgl. EGMR, U.v. 2.7.2001 - Boultif, Nr. 54273/00 - InfAuslR 2001, 476/478; U.v. 5.7.2005 - Üner, Nr. 46410/99 - DVBl 2006, 688).

Danach war die Ausweisung zur Wahrung des hier betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs aber nicht unerlässlich. Denn sie verstieß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zwar war sie ohne weiteres zur Wahrung dieses Grundinteresses geeignet und erforderlich, weil etwaige vom Kläger ausgehende Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik am wirksamsten durch seine Ausweisung abgewendet werden können. Jedoch überwiegt das in seinem Recht auf Privat- und Familienleben wurzelnde Interesse des Klägers, sich weiter im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, das mit der Ausweisung verfolgte öffentliche Interesse an der Wahrung des betreffenden Grundinteresses der Gesellschaft. Die Folgen der Ausweisung für den Kläger stehen deshalb zu dem mit dieser Maßnahme verfolgten Ziel außer Verhältnis.

aaa) Zwar kommt dem mit der Ausweisung verfolgten Ziel, das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung vor weiteren Straftaten des Klägers zu schützen, angesichts des hohen Rangs dieser Rechtsgüter großes Gewicht zu. Dieses Gewicht ist aber dadurch deutlich vermindert, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger erneut Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit begeht, sehr gering ist. Denn, wie dargelegt, geht vom Kläger in Anbetracht des nachhaltigen Eindrucks, den die Haft bei ihm hinterlassen hat, der erfolgreich absolvierten Psychotherapie und des damit einhergehenden Einstellungswandels sowie der Tatsache, dass die der Ausweisung zugrunde liegende Straftat bereits acht Jahre zurückliegt und der Kläger weder während seiner mehr als fünfjährigen Haft noch in den mehr als drei Jahren seit seiner Entlassung aus dem Strafvollzug erneut durch Körperverletzungs-, Tötungs- oder andere Gewaltdelikte in Erscheinung getreten ist, allenfalls noch eine entfernte Gefahr der Begehung solcher Straftaten aus.

bbb) Demgegenüber beeinträchtigt die Ausweisung des in Deutschland geborenen und seit mehr als 31 Jahren hier lebenden Klägers neben seinem Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 GG sein Recht auf Privatleben nach Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 EU-GR-Charta ebenso wie sein Recht auf Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 EU-GR-Charta sowie sein Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und sein Recht auf Pflege und Erziehung seines Kindes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.

Der Entzug des Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 und die damit verbundene Beeinträchtigung des Rechts des Klägers auf Privatleben wiegen dabei schwer. Der Kläger ist faktischer Inländer. Er ist in Deutschland geboren und hat 31 Jahre hier gelebt. Er hat die Schule mit dem Qualifizierenden Hauptschulabschluss beendet und eine Lehre zum Maschinenbaumechaniker erfolgreich abgeschlossen. Der Schwerpunkt seiner sozialen Kontakte liegt im Bundesgebiet. Seine Ehefrau und sein Sohn sowie seine Geschwister und ein großer Teil seiner Verwandten leben in Deutschland. Wie die umfangreiche Besucherliste der Justizvollzugsanstalt belegt, hat der Kläger darüber hinaus in der Bundesrepublik eine Reihe von Freunden und Bekannten. Zwar hat der Kläger auch Bindungen zu seinem Herkunftsland Türkei. Er ist in einer türkischen Familie aufgewachsen, spricht Türkisch und hat in der Grundschule eine türkische Klasse besucht, in der manche Fächer auch in türkischer Sprache unterrichtet wurden. Außerdem sind seine Eltern im Oktober 2014 in die Türkei zurückgekehrt, so dass er im Falle seiner Ausreise oder Abschiebung dorthin nicht auf sich allein gestellt wäre. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Kläger sich unter diesen Umständen in der Türkei wohl eine neue Existenz aufbauen könnte, ändert dies jedoch nichts daran, dass seine Ausweisung und die damit verbundene Beeinträchtigung seines Rechts auf Privatleben für den in der Bundesrepublik geborenen und hier seit seiner Geburt lebenden und verwurzelten Kläger insbesondere im Hinblick auf seine familiären Beziehungen schwer wiegt und seinem Interesse, sich weiter im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, daher erhebliches Gewicht beizumessen ist.

Da die Ehefrau und der eineinhalbjährige Sohn des Klägers, die beide deutsche Staatsangehörige sind, in der Bundesrepublik leben, berührt seine Ausweisung nicht nur das Recht auf Privatleben, sondern stellt auch eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung seines Rechts auf Familienleben (Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 7 EU-GR-Charta) sowie des Rechts auf Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und des Rechts auf Pflege und Erziehung seines Sohnes (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) dar. Zwar ist dabei zu berücksichtigen, dass die im Februar 2013 geschlossene Ehe des Klägers zu einem Zeitpunkt eingegangen worden ist, zu dem der Ehefrau des Klägers die der Ausweisung zugrunde liegende Straftat und die Ausweisung selbst bereits bekannt waren (vgl. EGMR, U.v. 2.7.2001 - Boultif, Nr. 54273/00 - InfAuslR 2001, 476/478; U.v. 5.7.2005 - Üner, Nr. 46410/99 - DVBl 2006, 688; U.v. 28.6.2011 - Nunez, Nr. 55597/09 - HUDOC Rn. 70), und dass dem Recht auf Privatleben und dem Schutz der Ehe in solchen Fällen ein vermindertes Gewicht beizumessen sein kann. Jedoch kommt andererseits dem Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und dem Recht auf Pflege und Erziehung seines Sohnes, das im Interesse des Kindes mit einer entsprechenden Pflicht einhergeht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), große Bedeutung zu.

Die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm gebietet es, bei Entscheidungen über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 17; U.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 16; B.v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 26; B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 12). Dabei ist maßgeblich auf die Sicht des Kindes abzustellen (BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 25; B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 18; B.v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 31; B.v 25.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 14). Kann die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik gelebt werden, weil weder dem Kind noch seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik zumutbar ist, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehöriger ist und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter eine Ausreise aus Deutschland nicht zugemutet werden kann, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange in der Regel zurück (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - juris Rn. 19; B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 17; B.v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 27; B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 13). Auch eine vorübergehende Trennung kann sich als unzumutbar darstellen. Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere dann, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 22; B.v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 - juris Rn. 33; B.v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 14).

Nach diesen Maßgaben stellt sich die Ausweisung aber ungeachtet der Beziehungen des Klägers zur Türkei und der Eheschließung in Kenntnis seines unsicheren Aufenthaltsstatus als schwerwiegende Beeinträchtigung seines Interesses dar, sich weiter in der Bundesrepublik aufzuhalten. Denn die mit der Ausweisung verbundene Beeinträchtigung des Rechts auf Familienleben (Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 7 EU-GR-Charta), des Rechts auf den Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und auf Pflege und Erziehung seines Sohnes (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) wiegen danach schwer.

Zwischen dem Kläger und seinem Sohn besteht seit dessen Geburt eine familiäre Lebensgemeinschaft. Der Kläger und seine Ehefrau leben zusammen mit ihrem Sohn in einer gemeinsamen Wohnung. Die familiäre Lebensgemeinschaft kann auch nur in der Bundesrepublik aufrechterhalten werden, weil sowohl die Ehefrau des Klägers als auch sein Sohn deutsche Staatsangehörige sind, denen es nicht zumutbar ist, die Bundesrepublik zu verlassen. Schließlich wäre von der Ausweisung und der damit verbundenen Trennung des eineinhalbjährigen Sohnes von seinem Vater ein sehr kleines Kind betroffen, das den Charakter einer räumlichen Trennung nicht begreifen könnte und diese daher als endgültigen Verlust des Vaters erfahren würde. Die Folgen einer Trennung des Klägers von seinem Sohn auch nur für die Dauer des nach dem Änderungsbescheid vom 27. Januar 2015 auf drei Jahre befristeten Wiedereinreiseverbots haben daher großes Gewicht, zumal nach Art. 24 Abs. 2 EU-GR-Charta das Wohl des Kindes bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen eine vorrangige Erwägung sein muss.

ccc) Ist damit einerseits das Interesse des Klägers, sich weiter im Bundesgebiet aufzuhalten, durch die Ausweisung schwerwiegend beeinträchtigt und kommt andererseits dem Grundinteresse der Gesellschaft, das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, angesichts der nur noch geringen Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger erneut ein Tötungs-, Körperverletzungs- oder anderes Gewaltdelikt begehen wird, nur geringes Gewicht zu, so überwiegt das private Interesse des Klägers, in der Bundesrepublik zu bleiben. Die Ausweisung erweist sich als unverhältnismäßig und ist damit auch nicht zur Wahrung des betroffenen Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich.

2. Die daraus resultierende Rechtswidrigkeit der Ausweisung hat zur Folge, dass auch die Befristung des Wiedereinreiseverbots auf die Dauer von drei Jahren und die Abschiebungsandrohung rechtswidrig sind, den Kläger in seinen Rechten verletzen und daher aufzuheben sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Die Voraussetzungen für eine Befristung des Wiedereinreiseverbots nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen nicht vor. Denn gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, nach dem die Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG befristet werden, setzt eine solche Befristung voraus, dass der Kläger ausgewiesen worden ist und deshalb nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen darf. Da die Ausweisung des Klägers jedoch rechtswidrig und daher aufzuheben ist, ist dies hier nicht der Fall.

b) Die Abschiebungsandrohung ist rechtswidrig, weil die Androhung der Abschiebung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG das Bestehen einer Ausreisepflicht voraussetzt, der Kläger jedoch nicht ausreisepflichtig ist. Zur Ausreise ist ein Ausländer nach § 50 Abs. 1 AufenthG verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsratsbeschluss EWG-Türkei nicht oder nicht mehr besteht. Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Weder ist die nach § 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgeltende unbefristete Aufenthaltserlaubnis des Klägers nach § 51 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 5 AufenthG durch die Ausweisung erloschen noch hat er ihretwegen gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 sein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 und Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 verloren. Denn die Ausweisung ist, wie dargelegt, rechtswidrig und damit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 Abs. 2 und § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.