Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2019 - 1 ARs 14/19
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2019 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beschlossen:
Gründe:
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- 1. Der 5. Strafsenat hat über die Revision des Angeklagten zu entscheiden , der wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gegen den zudem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 68.300 EUR angeordnet worden ist. Auf die Möglichkeit einer Einziehung war der Angeklagte weder in der Anklageschrift noch im Eröffnungsbeschluss oder im Rahmen der Hauptverhandlung hingewiesen worden; das der Einziehungsentscheidung zugrundeliegende tatsächliche Geschehen war jedoch bereits Gegenstand der Anklage. Der 5. Strafsenat hält die Verfahrensrüge des Angeklagten, die Einziehung habe nicht ohne vorherigen gerichtlichen Hinweis angeordnet werden dürfen, für unbegründet und beabsichtigt zu entscheiden: „Eine Hinweispflicht aufdie Rechtsfolge der nach den §§ 73, 73c StGB obligatorischen Einziehung, die an bereits in der Anklageschrift enthaltene tatsächliche Umstände anknüpft, sehen weder § 265 Abs. 1 StPO, noch § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO vor.“
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- 2. Der beabsichtigten Entscheidung steht Rechtsprechung des 1. Strafsenats entgegen.
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- a) Insbesondere hat der Senat im Beschluss vom 6. Dezember 2018 – 1 StR 186/18 in der gleichen Konstellation eine Verfahrensrüge als durchgreifend erachtet und zu dem in dem Anfragebeschluss aufgeworfenen Problem ausgeführt: „Die Verfahrensrüge ist … begründet, weil der gerügte Verstoß gegen § 265 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 StPO in der Fassung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3202, 3210), in Kraft getreten zum 24. August 2017, vorliegt. …Nach dieser Vorschrift ist das Gericht u.a. zu einem Hinweis verpflichtet, wenn sich vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Anordnung einer Maßnahme rechtfertigen. Dies erfasst gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB auch die Einziehung gemäß §§ 73 ff. StGB, über deren mögliche Anordnung der Angeklagte mithin zwingend zu belehren ist (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 27. Juni 2018 – 2 OLG 6 Ss 28/18, NJW 2018, 2505 Rn. 7 m. zust. Anm. Habetha ebenda S. 2506; OLG Hamburg, Beschluss vom 5. April 2018 – 1 Rev 7/18 Rn. 18; Meyer -Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 265 Rn. 20a; SSW/Rosenau, StPO, 3. Aufl., § 265 Rn. 26). Dass – wie vorliegend – die der Einziehungsentscheidung zugrunde liegenden Tatsachen zwar schon vor der Hauptverhandlung bekannt waren, das Gericht deren Bedeutung aber erst während der Hauptverhandlung erkannt hat, ist für die Anwendbarkeit von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO ohne Belang (vgl. noch zur alten Rechtslage BGH, Urteil vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63, BGHSt 18, 288, 289). …Den danach erforderlichen Hinweis auf eine mögliche Einzie- hungsentscheidung hätte der Vorsitzende förmlich erteilen müssen , da § 265 Abs. 2 StPO nunmehr ausdrücklich auf die in § 265 Abs. 1 StPO normierte besondere Hinweispflicht verweist (vgl. zu § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 3 StR 206/18, StV 2018, 796 Rn. 15). Der Hinweis wird nicht durch den entsprechenden Antrag der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft im Schlussvortrag ersetzt (OLG Koblenz aaO Rn. 8; Habetha aaO). Bei der Erweiterung der Hinweispflichten durch die Neufassung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO hat sich der Gesetzgeber von dem Gedanken leiten lassen, dass die Anordnung anderer Maßnahmen als einer Maßregel der Besserung und Sicherung oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge in ihren Konsequenzen für den Angeklagten und sein Verteidigungsverhalten erheblich sein könne, so dass auch insofern eine Hinweispflicht geboten erscheine (BT-Drucks. 18/11277, S. 37). Dies diene vor dem Hintergrund des Rechts des Angeklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und des rechtsstaatlichen Grundsatzes des fairen Verfahrens der Sicherung einer sachgemäßen Verteidigung des Angeklagten (BTDrucks. 18/11277, S. 37; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 2018 – 3 StR 206/18 aaO Rn. 14; vom 12. Januar 2011 – 1 StR 582/10, BGHSt 56, 121 Rn. 8 und vom 8. Mai 1980 – 4 StR 172/80, BGHSt 29, 274, 278).“
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- Diese Rechtsprechung hat der Senat in einem weiteren Beschluss vom 26. April 2019 – 1 StR 471/18 bestätigt.
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- b) An der in den vorgenannten Entscheidungen zum Tragen gekommenen Rechtsprechung hält der Senat fest.
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- Die Auslegung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO führt zu dem Ergebnis, dass es eines Hinweises auf eine zu treffende Einziehungsentscheidung bedarf, wenn die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen zwar schon vor der Hauptverhandlung bekannt waren, das Gericht deren Bedeutung und das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einziehungsentscheidung aber erst während der Hauptverhandlung erkannt hat. Für dieses vom Wortlaut gedeckte Verständnis der Vorschrift (vgl. SK/Velten, StPO, 5. Aufl., § 265 Rn. 24; HK/Julius/Beckemper, StPO, 6. Aufl., § 265 Rn. 8; Schlothauer, StV 1986, 213, 222; allgemein zur Möglichkeit der Auslegung bei nicht eindeutigem Wortlaut BGH, Urteil vom 13. November 1952 – 3 StR 727/51, BGHSt 3, 300, 303) sprechen Gesetzessystematik, Entstehungsgeschichte und Gesetzeszweck.
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- aa) Die Systematik des Gesetzes spricht für eine Auslegung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO, nach der eine gerichtliche Hinweispflicht auch dann besteht, wenn sich erst in der Hauptverhandlung ergibt, dass aufgrund des angeklagten Sachverhalts eine Einziehungsentscheidung zu treffen sein wird. Der Gesetzgeber hat die Hinweispflicht in § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf alle Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) erstreckt, ohne hierbei zwischen den einzelnen Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB zu unterscheiden. Dies spricht für die einheitliche Handhabung dieser Rechtsfolgen und damit dafür, auch den Fall in den Anwendungsbereich von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO einzuschließen, dass das Gericht allein aufgrund einer neuen Bewertung des bekannten Sachverhalts die Anordnung einer Einziehung in Betracht zieht. Im Fall der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung entspricht es nämlich ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, eine Hinweispflicht nicht nur bei einem Bekanntwerden neuer, in der Anklage nicht enthaltener Tatsachen, sondern auch bei gleichbleibendem Sachverhalt und lediglich abweichender rechtlicher Würdigung anzunehmen (BGH, Urteile vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63, BGHSt 18, 288, 289 und vom 27. September 1951 – 3 StR 596/51, BGHSt 2, 85, 87; Beschlüsse vom 1. August 2017 – 4 StR 178/17 und vom 30. März 1988 – 3 StR 78/88, BGHR StPO § 265 Abs. 2 Hinweispflicht 2; abweichend lediglich BGH, Beschluss vom 8. Mai 1980 – 4 StR 172/80, BGHSt 29, 274, 279; ebenso die Literatur: SK/Velten, StPO, 5. Aufl., § 265 Rn. 24, 28; SSW/Rosenau, StPO, 3. Aufl., § 265 Rn. 24, 28; MK/Norouzi, StPO, § 265 Rn. 31; Radtke in Radtke /Hohmann, StPO, § 265 Rn. 44; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 265 Rn. 46; Schlothauer, StV 1986, 213, 218). Entsprechendes muss daher auch für eine zu treffende Einziehungsentscheidung gelten; ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung dieser Rechtsfolgen besteht nicht (vgl. dazu unten cc)(2)).
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- Das systematische Verhältnis von § 265 Abs. 1 und 2 Nr. 1 StPO steht dem nicht entgegen. Insbesondere liegt eine Abgrenzung der Regelungsbereiche beider Absätze danach, ob es um Veränderungen in rechtlicher oder tat- sächlicher Hinsicht geht, schon deshalb nicht nahe, weil in Absatz 2 Hinweispflichten für beide Fälle geregelt sind. Absatz 2 ist vielmehr eher als eine Aufzählung verschiedener von Absatz 1 nicht unmittelbar erfasster Sonderfälle zu verstehen. Mit Blick auf das Verhältnis von Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1 ist im Übrigen ein Verständnis dahin möglich, dass sich die beiden Absätze auf die unterschiedlichen Kategorien von Schuld- und Rechtsfolgenfrage beziehen. Für die Rechtsfolgenfrage wäre eine dem Absatz 1 parallele Formulierung in Absatz 2 im Übrigen kaum vorstellbar (SK/Velten aaO Rn. 24).
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- bb) Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 lässt sich für das Verständnis des Senates von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO anführen , wie es den eingangs genannten Entscheidungen zugrunde liegt. Denn der Gesetzgeber hat nicht lediglich den Tatbestand des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO um die Hinweispflicht für den Fall der Einziehung erweitert. Vielmehr hat er die bereits zuvor aufgeführten Maßregeln der Besserung und Sicherung und die neu erfasste Einziehung in Kenntnis der genannten Rechtsprechung zur Hinweispflicht auf in Betracht kommende Maßregeln unter dem Begriff „Maßnah- men“ zusammengefasst. Damit hat er zu verstehen gegeben, dass alleMaß- nahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB den gleichen verfahrensrechtlichen Maßgaben unterliegen sollen.
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- Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich zudem keine Argumente für die im Anfragebeschluss vertretene Rechtsansicht. Die vom 5. Strafsenat als Argument für eine enge Auslegung der Norm herangezogenen Ausführungen zum Fahrverbot führen für das Verständnis der Vorschrift mit Blick auf die Einziehung nicht weiter; beide Rechtsfolgen sind in Bezug auf ihre Anordnungsvoraussetzungen nicht vergleichbar, da die Einziehung im Gegensatz zum Fahr- verbot gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 StGB vom Vorliegen einer weiteren tatsächlichen Voraussetzung abhängig ist (vgl. unten cc)(2)(b)).
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- cc) Sinn und Zweck des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO gebieten ebenfalls eine weite Auslegung der Norm (BGH, Urteile vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63, BGHSt 18, 288, 289 und vom 27. September 1951 – 3 StR 596/51, BGHSt 2, 85, 87; SK/Velten, StPO, 5. Aufl., § 265 Rn. 24; SSW/Rosenau, StPO, 3. Aufl., § 265 Rn. 24; MK/Norouzi, StPO, § 265 Rn. 31; Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 265 Rn. 44; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 265 Rn. 46; Schlothauer , StV 1986, 213, 218). Die Hinweispflicht dient vor dem Hintergrund des Rechts des Angeklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und des rechtsstaatlichen Grundsatzes des fairen Verfahrens der Sicherung einer sachgemäßen Verteidigung des Angeklagten (BT-Drucks. 18/11277, S. 37; vgl. im Einzelnen SK/Velten, StPO, 5. Aufl., § 265 Rn. 2 ff.; Radtke in Radtke /Hohmann, StPO, § 265 Rn. 1 ff.). Dieser soll durch die zu erteilenden Hinweise vor Überraschungsentscheidungen des Gerichts geschützt werden (Radtke in Radtke/Hohmann aaO mwN; KK/Kuckein/Bartel, StPO, 8. Aufl., § 265 Rn. 13).
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- (1) Für die Schutzbedürftigkeit des Angeklagten spielt es keine Rolle, wann und wodurch er Sachverhaltskenntnis erlangt hat, ob schon durch die Anklageschrift , den Eröffnungsbeschluss oder erst im Rahmen der Hauptverhandlung. Maßgeblich ist, ob er die rechtliche Bedeutung des Sachverhalts für eine bestimmte Rechtsfolgenentscheidung erkennt, mithin mit dieser rechnet und sich entsprechend verteidigen kann (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63, BGHSt 18, 288, 289 und vom 27. September 1951 – 3 StR 596/51, BGHSt 2, 85, 87; ebenso die Literatur: SK/Velten, StPO, 5. Aufl., § 265 Rn. 24; SSW/Rosenau, StPO, 3. Aufl., § 265 Rn. 24; Radtke in Radtke /Hohmann, StPO, § 265 Rn. 44; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 265 Rn.
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- (2) Es besteht kein sachlicher Grund, die Einziehung im Hinblick auf das Erfordernis eines gerichtlichen Hinweises anders zu behandeln als die Maßregeln der Besserung und Sicherung (vgl. zur diesbezüglichen Rspr. oben aa)).
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- (a) Insofern kann es zunächst nicht maßgeblich darauf ankommen, ob die einzelnen Rechtsfolgen im Falle des Vorliegens der jeweiligen Voraussetzungen obligatorisch oder nur fakultativ anzuordnen sind. Auf der einen Seite finden sich auch unter den Maßregeln der Besserung und Sicherung – worauf der 5. Strafsenat in seinem Anfragebeschluss selbst hinweist – etliche, die zwingend anzuordnen sind. Auf der anderen Seite gibt es auch im Bereich der Einziehung Ermessensvorschriften (§ 73 Abs. 3, § 73b Abs. 3, § 74 Abs. 1, § 74c StGB); zudem ist mitunter eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen (§ 74f StGB). Daher ist dieses Unterscheidungskriterium nicht geeignet, eine Ungleichbehandlung der Maßregeln im Vergleich zur Einziehung zu rechtfertigen. Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Einziehungsvorschriften bietet sich ebenso wenig wie im Bereich der Maßregeln der Besserung und Sicherung an. Ferner hat die Rechtsprechung dem Umstand, ob eine bestimmte Rechtsfolge zwingend anzuordnen ist oder im Ermessen des Gerichts steht, bei der sich nach der alten Rechtslage stellenden Frage einer Hinweispflicht auf die Verhängung von Nebenstrafen bzw. -folgen ganz überwiegend kein Gewicht beigemessen (zur Aberkennung von Ehrenrechten: BGH, Urteil vom 5. März 1969 – 4 StR 610/68, BGHSt 22, 336, 340; zum Fahrverbot: BGH, Beschluss vom 8. Mai 1980 – 4 StR 172/80, BGHSt 29, 274, 277).
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- (b) Sie hat vielmehr für maßgeblich erachtet, ob weitere tatsächliche Voraussetzungen erforderlich sind (BGHSt 29, 274, 280). Zwar hat sich die genannte Rechtsfrage durch die Neufassung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO erledigt. Der ihr zugrundeliegende Gedanke kann jedoch nunmehr für die hier diskutierte Auslegungsfrage fruchtbar gemacht werden. Hinter dem Ansatz, auf das Erfordernis zusätzlicher Merkmale abzustellen, steht nämlich der Gedanke, dass in diesem Fall weiteres tatsächliches Vorbringen der Verteidigung erfolgen kann, während in allen anderen Fällen die Verteidigung gegen den Hauptvorwurf mit der Verteidigung gegen die Nebenstrafen oder -folgen identisch ist, es also deshalb keines Hinweises bedarf, weil kein weiteres faktisches Verteidigungsvorbringen möglich ist (vgl. SK/Velten, StPO, 5. Aufl., § 265 Rn. 48).
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- So verhält es sich auch hier. Die Einziehung ist anzuordnen, wenn der Täter oder Teilnehmer „durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt“ hat. Damit setzt die Einziehung mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraus (BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 Rn. 19; Beschluss vom 8. August 2019 – 1 StR 679/18 Rn. 8; vgl. auch BeckOK/Eschelbach, StPO, 34. Ed., § 265 Rn. 33). Daher können gesonderte Feststellungen erforderlich und eine Verteidigung im Hinblick auf eine mögliche Einziehungsentscheidung geboten sein. Ansatzpunkte dafür können sich auf unterschiedlichen Ebenen ergeben , etwa hinsichtlich des Umfangs oder Gegenstands des Erlangten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 Rn. 18 ff.; Beschluss vom 8. August 2019 – 1 StR 679/18 Rn. 8 f.) oder bei der Frage, ob ein Gegenstand in die faktische Verfügungsgewalt eines Tatbeteiligten übergegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 Rn. 18 mwN), was bei mehreren Beteiligten für jeden gesondert zu prüfen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 Rn. 12; Beschlüsse vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8; vom 8. August 2013 – 3 StR 179/13 Rn. 2 und vom 27. April 2010 – 3 StR 112/10 Rn. 2) und in Fällen lediglich kurzzeitigen Besitzes fraglich sein kann (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. September 2018 – 4 StR 174/18 Rn. 22 und vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 Rn. 12).
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- (c) Die Hinweispflicht kann nicht davon abhängen, ob es sich um ʺzwingendesRechtʺ handelt oder die Rechtsfolge offensichtlich ist. Damit werden die verfahrensrechtlichen Maßstäbe, die für das Bestehen einer Hinweispflicht gelten, mit dem revisionsrechtlichen Kontrollmaßstab des Beruhens (§ 337 StPO) vermengt, das in Konstellationen evident vorliegender Einziehungsvoraussetzungen zu verneinen sein wird. Überdies erschließt sich – dies ist tragender Grund für die Einbeziehung der Einziehung in die Hinweispflicht nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO (vgl. auch Radtke in Radtke/Hohmann aaO Rn. 1 ff. mwN; KK/Kuckein/ Bartel aaO) – eine mögliche Einziehungsanordnung für den Angeklagten nicht in allen denkbaren Fallkonstellationen von selbst. Zwar mag dies in manchen Fällen so sein, etwa, wenn bei einem Bestechungsdelikt der gewährte Vorteil dem Vorteilsnehmer unmittelbar zufließt; dass dieser nicht beim Täter verbleiben soll, liegt tatsächlich nahe. Da die Frage, wie offensichtlich die Voraussetzungen einer Einziehung vorliegen, aber nicht allgemein, sondern nur nach der im Einzelfall anstehenden Fallkonstellation zu bestimmen ist, kann sie nicht Anknüpfungspunkt der allgemeinen gesetzlichen Hinweispflicht sein.
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- Zudem kommt die Anordnung einer Einziehung auch in weniger klar gelagerten Fällen in Betracht, etwa bei ersparten Aufwendungen (vgl. im Hinblick auf Steuerschulden etwa BGH, Beschluss vom 8. August 2019 – 1 StR 679/18 Rn. 9 mwN), wenn es um die Abgrenzung von Privat- und Firmenvermögen geht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2019 – 1 StR 75/19 Rn. 13 f. mwN) oder wenn der abzuschöpfende Vermögensvorteil dem Angeklagten nur kurzfristig zur Verfügung stand. Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere an Fälle des bloßen Durchgangserwerbs, etwa bei der Einbindung des Angeklagten in eine Handelskette (BGH, Urteile vom 27. September 2018 – 4 StR 78/18 Rn. 9 und vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65 Rn. 14 f.) oder beim bloßen Transport des Kaufpreises durch einen Betäubungsmittelkurier (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65 Rn. 14 f. und vom 12. August 2003 – 1 StR 127/03 Rn. 5). Hier liegt eine Abschöpfung gerade nicht ohne Weiteres auf der Hand, so dass der Angeklagte sein Verteidigungsverhalten ohne gerichtlichen Hinweis nicht auf eine mögliche Einziehung einstellen kann.
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- (d) Des Weiteren sind auch die Auswirkungen, welche die Anordnung einer Einziehung für den Angeklagten haben können, im Vergleich zu denjenigen von Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht schlechterdings zu vernachlässigen. So finden sich zum einen unter den Maßregeln auch solche, die im Einzelfall weniger eingriffsintensiv sein können, wie etwa die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB. Zum anderen kann die Anordnung der Einziehung , insbesondere wenn es dabei um hohe Geldbeträge geht, durchaus gravierende negative Konsequenzen für den Angeklagten haben (so auch BT-Drucks. 18/11277, S. 37; vgl. auch Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 265 Rn. 84; MK/Norouzi, StPO, § 265 Rn. 47 [existentiell]).
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- (3) Schließlich kann dem Verständnis des Senats von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht entgegengehalten werden, dass die Einziehung im Anklagesatz nicht zu thematisieren ist, so dass kein geeigneter Vergleichsmaßstab für eine Abweichung von der zugelassenen Anklage vorhanden wäre (vgl. Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 265 Rn. 85 ff.). Vielmehr gebietet die Informations- funktion der Anklageschrift vor dem Hintergrund des eben Ausgeführten und angesichts der Erweiterung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf die Einziehung (vgl. zur Wechselwirkung zwischen § 265 StPO und § 200 StPO MK/Wenske, StPO, § 200 Rn. 47) die Schilderung der für eine Einziehungsentscheidung relevanten Umstände bereits im Anklagesatz (so auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 200 Rn. 10; KK/Schneider, StPO, 8. Aufl., § 200 Rn. 15 f.; noch zur alten Rechtslage Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 265 Rn. 87). Dies dürfte ohnehin schon überwiegend der praktischen Handhabung entsprechen. Dass Umstände, die ausschließlich für die Einziehungsentscheidung von Bedeutung sind, nicht zum notwendigen Inhalt des Anklagesatzes gehören (KK/Schneider, StPO, 8. Aufl., § 200 Rn. 15 mwN), spielt insofern keine Rolle, da sich § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht in gleichem Maße wie § 265 Abs. 1 StPO auf die Anklage bezieht (vgl. zu Abs. 1 etwa BGH, Beschluss vom 8. Mai 1980 – 4 StR 172/80, BGHSt 29, 274, 276 f.).
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- 3. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass Zweifel an der Zulässigkeit der Anfrage bestehen. Die Frage wäre nämlich nicht entscheidungserheblich , wenn das Beruhen auf einem etwaigen Rechtsverstoß ausgeschlossen werden könnte (vgl. oben 2.b)cc)(2)(c)). Dies mag nach dem Begründungszusammenhang des 5. Strafsenats naheliegen, lässt sich aber letztlich nach dem im Anfragebeschluss mitgeteilten Sachverhalt nicht belastbar beurteilen.
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2019 - 1 ARs 14/19
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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2019 - 1 ARs 14/19 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).
(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.
(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.
(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.
(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.
(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
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sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 1.a)aa) und 2. auf dessen Antrag - am 6. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO
beschlossen:
a) soweit es den Angeklagten Z. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass er wegen Betruges (in acht tateinheitlichen Fällen) und wegen Steuerhinterziehung in 25 Fällen verurteilt ist; bb) im gesamten Strafausspruch aufgehoben;
b) soweit es den Angeklagten S. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten Z. wegen Betruges in acht Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen Betruges in 16 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 25 Fällen unter Auflösung einer Gesamtfreiheitsstrafe aus einer anderen rechtskräftigen Verurteilung und Einbeziehung der dort verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Von den verhängten Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht jeweils zwei Monate als vollstreckt erklärt. Außerdem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen den Angeklagten Z. in Höhe von 187.051,44 € und gegen den Angeklagten S. in Höhe von 28.500 € angeordnet.
- 2
- Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte S. rügt auch die Verletzung formellen Rechts. Der Angeklagte Z. erzielt mit der Sachrüge, der Angeklagte S. mit einer Verfahrensrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- Die Revision des Angeklagten Z. ist teilweise begründet.
- 4
- 1. Das Landgericht hat das Konkurrenzverhältnis der Tatbeiträge des Angeklagten Z. zum Betrugsgeschehen unzutreffend beurteilt und ist rechtsfehlerhaft von acht im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehenden Fällen des Betruges ausgegangen. Zudem hält die Strafzumessung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
- 5
- a) Die Urteilsfeststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen mehrerer tatmehrheitlich zueinander stehender Fälle des Betruges (Fälle 4a) bis h) der Urteilsgründe) nicht. Diesbezüglich hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 11. Juni 2018 ausgeführt: „1. Sind mehrere Personen an einer Deliktsserie beteiligt, so ist bei der Bewer- tung des Konkurrenzverhältnisses für jeden Täter oder Teilnehmer gesondert zu prüfen und zu entscheiden, ob die einzelnen Straftaten der Serie in seiner Person tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen. Maßgeblich ist hierbei der Umfang des Tatbeitrages bzw. der Tatbeiträge des Beteiligten. Erfüllt er hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten, soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt, als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzeldelikte der Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die je gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen , da sie in seiner Person durch den jeweiligen einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden (BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 3 StR 302/16). Ob die anderen Beteiligten die einzelnen Delikte nach obigen Grundsätzen gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10, juris Rn. 7; vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 346/11, juris Rn. 3). Erschöpfen sich die Tatbeiträge im Aufbau und der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten „Geschäftsbetriebes“ , sind diese Tathandlungen als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334 mwN; vom 23. Juli 2015 – 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341 f.). Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten des Täters oder Teilnehmers kommt es dabei nicht darauf an, ob die anderen Beteiligten, die die tatbestandlichen Ausführungshandlungen vornehmen, (Mit-)Täter oder Gehilfen sind oder ob es sich um gutgläubige Werkzeuge handelt (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 203; S/S-Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 52 Rn. 20 f.). Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzelakte seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch einen einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne von § 52 StGB verknüpft werden (BGH NJW 2004, 2840; BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 125/08).
- 6
- Dem tritt der Senat bei. Da auszuschließen ist, dass ein neuer Tatrichter weitere Feststellungen treffen könnte, die eine tatmehrheitliche Begehung der Betrugstaten durch den Angeklagten Z. belegen, ändert er den Schuldspruch selbst in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
- 7
- Bereits die Änderung des Schuldspruchs zieht den Wegfall der für die Betrugstaten verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
- 8
- b) Die Zumessungserwägungen des Landgerichts sind aber darüber hinaus insgesamt rechtsfehlerhaft und führen auch zur Aufhebung der für die Steuerhinterziehungen verhängten Einzelstrafen. Indem das Landgericht darauf abstellt, dass der Angeklagte „die Taten mit einem Machtwort (hätte) verhindern können oder in Kenntnis des sich immer weiter vergrößernden Gesamtschadens jederzeit einen Schlussstrich (hätte) ziehen können“ (UA S.58), legt es ihm unter Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot im Sinne des § 46 Abs. 3 StGB straferschwerend zur Last, die Taten überhaupt begangen zu haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. September 2018 – 4 StR 325/18 Rn. 5, NStZ-RR 2019, 8; vom 19. Juli 2018 – 5 StR 301/18 Rn. 5; vom 10. Mai 2016 – 1 StR 669/15 Rn. 6, StV 2017, 34, 35 und vom 9. Dezember 2014 – 3 StR 502/14 Rn. 3, NStZ-RR 2015, 71, 72).
- 9
- 2. Der Senat hebt deshalb den Strafausspruch insgesamt auf. Die zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht betroffen und werden daher von der Aufhebung nicht umfasst. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
- 10
- Die Revision des Angeklagten S. hat mit der Verfahrensrüge, er hätte gemäß § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf die Möglichkeit der Anordnung einer Einziehung des Wertes von Taterträgen hingewiesen werden müssen, den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Die weiteren Verfahrensrügen und die Sachrüge bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 11. Juni 2018 näher ausgeführten Gründen ohne Erfolg.
- 11
- 1. Der genannten Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
- 12
- In der vom Landgericht ohne wesentliche Veränderungen zugelassenen Anklage wurde nicht auf die Möglichkeit einer Einziehung des Wertes von Taterträgen hingewiesen. Einen entsprechenden Hinweis erteilte der Vorsitzende auch nicht im Rahmen der Hauptverhandlung. Nachdem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung eine Einziehungsentscheidung über einen Betrag von 733.747,17 € beantragt hatte, hat das Landgerichtdie Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 28.500 € gegen den Angeklagten S. angeordnet.
- 13
- 2. Diese Verfahrensweise beanstandet die Revision zu Recht.
- 14
- a) Die Rüge ist – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zum notwendigen Revisionsvorbringen gehört bei der Rüge einer Verletzung von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO die Mitteilung, welchen Inhalt die zugelassene Anklage insoweit gehabt hat, und die Angabe, dass der Angeklagte ohne den erforderlichen Hinweis anders verurteilt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2002 – 3 StR 505/01, StV 2002, 588, 589). Ausführungen zu etwaigen informellen Hinweisen aus dem Gang der Hauptverhandlung sind dagegen nicht erforderlich, da es darauf nach der Neufassung des Gesetzes nicht mehr ankommt (BeckOK/Eschelbach, StPO, 31. Ed., § 265 Rn. 78).
- 15
- b) Die Verfahrensrüge ist auch begründet, weil der gerügte Verstoß gegen § 265 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 StPO in der Fassung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3202, 3210), in Kraft getreten zum 24. August 2017, vorliegt.
- 16
- aa) Nach dieser Vorschrift ist das Gericht u.a. zu einem Hinweis verpflichtet, wenn sich vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Anordnung einer Maßnahme rechtfertigen. Dies erfasst gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB auch die Einziehung gemäß §§ 73 ff. StGB, über deren mögliche Anordnung der Angeklagte mithin zwingend zu belehren ist (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 27. Juni 2018 – 2 OLG 6 Ss 28/18, NJW 2018, 2505 Rn. 7 m. zust. Anm. Habetha ebenda S. 2506; OLG Hamburg, Beschluss vom 5. April 2018 – 1 Rev 7/18 Rn. 18; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 265 Rn. 20a; SSW/Rosenau, StPO, 3. Aufl., § 265 Rn. 26).
- 17
- Dass – wie vorliegend – die der Einziehungsentscheidung zugrunde liegenden Tatsachen zwar schon vor der Hauptverhandlung bekannt waren, das Gericht deren Bedeutung aber erst während der Hauptverhandlung erkannt hat, ist für die Anwendbarkeit von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO ohne Belang (vgl. noch zur alten Rechtslage BGH, Urteil vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63, BGHSt 18, 288, 289).
- 18
- bb) Den danach erforderlichen Hinweis auf eine mögliche Einziehungsentscheidung hätte der Vorsitzende förmlich erteilen müssen, da § 265 Abs. 2 StPO nunmehr ausdrücklich auf die in § 265 Abs. 1 StPO normierte besondere Hinweispflicht verweist (vgl. zu § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 3StR 206/18, StV 2018, 796 Rn. 15). Der Hinweis wird nicht durch den entsprechenden Antrag der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft im Schlussvortrag ersetzt (OLG Koblenz aaO Rn. 8; Habetha aaO). Bei der Erweiterung der Hinweispflichten durch die Neufassung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO hat sich der Gesetzgeber von dem Gedanken leiten lassen, dass die Anordnung anderer Maßnahmen als einer Maßregel der Besserung und Sicherung oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge in ihren Konsequenzen für den Angeklagten und sein Verteidigungsverhalten erheblich sein könne, so dass auch insofern eine Hinweispflicht geboten erscheine (BT-Drucks. 18/11277, S. 37). Dies diene vor dem Hintergrund des Rechts des Angeklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und des rechtsstaatlichen Grundsatzes des fairen Verfahrens der Sicherung einer sachgemäßen Verteidigung des Angeklagten (BT-Drucks. 18/11277, S. 37; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 2018 – 3 StR 206/18 aaO Rn. 14; vom 12. Januar 2011 – 1 StR 582/10, BGHSt 56, 121 Rn. 8 und vom 8. Mai 1980 – 4 StR 172/80, BGHSt 29, 274, 278).
- 19
- Durch die genannte Gesetzesänderung ist die zur alten Rechtslage vertretene Auffassung, im Falle einer analogen Heranziehung von § 265 StPO genüge für die Erteilung des Hinweises eine konkludente Information aus dem Gang der Hauptverhandlung heraus (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. November 2014 – 4 StR 234/14, NStZ 2015, 233, 234 und vom 15. September 1999 – 2 StR 530/98, NStZ 2000, 48), überholt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 3 StR 206/18 aaO Rn. 15; Habetha aaO; SSW/Rosenau, StPO, 3. Aufl., § 265 Rn. 23; BeckOK/Eschelbach, StPO, 31. Ed., § 265 Rn. 51). Dass der betreffende Gesichtspunkt in der Hauptverhandlung von einem anderen Verfahrensbeteiligten als dem Gericht zur Sprache gebracht wird, reicht danach nicht aus.
- 20
- c) Die Anordnung der vermögensrechtlichen Nebenfolgen beruht auf dem dargestellten Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Möglichkeit einer anderen Verteidigung braucht nicht nahe zu liegen; es genügt, dass sie nicht mit Sicherheit auszuschließen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 1989 – 1 StR 24/89, BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 5). Dies ist vorliegend der Fall. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen hat weitere Voraussetzungen als die Begehung einer rechtswidrigen Tat, so dass nicht bereits alle wesentlichen rechtlichen Aspekte des Urteilsspruchs in der Anklage enthalten waren (vgl. MK/Norouzi, StPO, 1. Aufl., § 265 Rn. 75 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte S. und sein Verteidiger unabhängig von dem fehlenden Hinweis erschöpfend zu einer möglichen Einziehungsentscheidung Stellung genommen hätten (vgl. MK/Norouzi aaO; L-R/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 265 Rn. 120 jeweils mwN).
RinBGH Dr. Hohoff Pernice befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: - a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, - b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
- 2.
Amtsträger: wer nach deutschem Recht - a)
Beamter oder Richter ist, - b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
- 2a.
Europäischer Amtsträger: wer - a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, - b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder - c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
- 3.
Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; - 4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter: wer, ohne Amtsträger zu sein, - a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder - b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist; - 5.
rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; - 6.
Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; - 7.
Behörde: auch ein Gericht; - 8.
Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; - 9.
Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.
(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.
(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 26. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) soweit es die Angeklagte P. betrifft, aa) im gesamten Strafausspruch, bb) im Ausspruch über die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und cc) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen mit den zugehörigen Feststellungen;
b) soweit es den Angeklagten R. betrifft, aa) im Ausspruch über die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen mit den zugehörigen Feststellungen;
c) soweit es den Angeklagten M. betrifft, im Ausspruch über die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 184 Fällen verurteilt, und zwar die Angeklagte P. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten R. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Zur Kompensation von rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen hat es einen Teil der jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafe für bereits vollstreckt erklärt, bezüglich der Angeklagten P. von einem Jahr, bezüglich des Angeklagten R. von neun Monaten und bezüglich des Angeklagten M. von zehn Monaten. Zudem hat das Landgericht gegen die Angeklagten P. und R. als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2 Mio. € und gegen den Angeklagten M. in Höhe von 1 Mio. € angeordnet.
- 2
- Die gegen ihre Verurteilungen gerichteten Revisionen der Angeklagten führen mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts zur Aufhebung der Kompensationsentscheidungen (§ 349 Abs. 4 StPO), das Rechtsmittel der Angeklagten P. darüber hinaus zur Aufhebung des Strafausspruchs. Zudem haben die Revisionen der Angeklagten P. und R. jeweilsmit einer Verfahrensrüge zur Einziehung vorläufigen Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
- 3
- Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils nutzten die Angeklagten P. und R. Leasinggeschäfte auf verschiedene Weise aus, um der Einzelfirma des Angeklagten R. , der Firma K e.K. ( K), erhebliche Geldbeträge zuzuführen. Dazu konnten sie ab dem Jahr 2000 den Mitangeklagten M. mit dessen Einzelfirma E. für folgende Geschäfte gewinnen: Die Firma E. lieferte an die K hochwertige Bürogeräte wie etwa Großkopierer, Notebooks, Drucker oder Scanner; Käuferinnen waren verschiedene Leasinggesellschaften, die mit der K Leasingverträge abschlossen. Die von den Leasingfirmen vereinnahmten Kaufpreise leitete der Angeklagte M. an die K weiter. Damit er diesen Geldabfluss in seiner Buchhaltung erklären konnte, stellte ihm die K Scheinrechnungen über den vorgespiegelten Rückkauf der Bürogeräte aus. Die Angeklagte P. , die die Rechnungen schrieb, errechnete die Beträge in der Weise, dass der Angeklagte M. seinen Anteil von jeweils rund 5 % von den von den Leasingfirmen überwiesenen Kaufpreisen einbehalten konnte.
- 4
- Ab Mitte 2005 wurde die wirtschaftliche Situation beider Einzelfirmen dermaßen notleidend, dass die Angeklagten nicht mehr nur die Kaufpreise willkürlich erhöhten, sondern die K überhaupt keine Ware mehr erhielt ("Luftgeschäfte"
).
In 184 Fällen täuschten die Angeklagten gemäß dem Tatplan verschiedene Leasinggesellschaften darüber, dass die K Bürogegenstände bezog. Die Einzelfirma des Angeklagten M. vereinnahmte von den Leasingfirmen im Zeitraum vom 14. November 2005 bis 12. Februar 2009 16.327.915,88 € (ohne Umsatzsteuer). Diese Gelder leitete er – nach Abzug seines Anteils von rund 5 % – an die K weiter; seiner Firma entnahm der Angeklagte M. im Tatzeitraum 1.095.726,39 €. Um die Luftgeschäfte zu verschleiern, bedienten die Angeklagten P. und R. die jeweils ersten Leasingraten mit Hilfe der Gelder aus nachfolgenden Leasinggeschäften ("Schneeballsystem"). Damit die Leasingfirmen, die in den Betrieb der K Kontrolleure entsandten, ihren Irrtum über das Ausbleiben der Sachleistungen in den Kaufgeschäften sowie die fehlende Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der Leasingnehmerin K nicht bemerkten , tauschte der Angeklagte R. an den Geräten mehrmals die Seriennummern aus.- 5
- Ende 2008 erkannte das Ehepaar P. und R. , dass ihr "Modell der Kapitalbeschaffung" kurz vor dem Zusammenbruch stand; sie entschlossen sich daher zum Einschalten eines Rechtsanwalts, der Ende Februar 2009 Folgendes an die Staatsanwaltschaft schrieb: "Selbstanzeige des Herrn R. , handelnd unter der Firma K e.K. … wegen Betruges …Herr hat mich beauftragt, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Betruges zum Nachteil einiger Leasinggesellschaften gegen sich anzuzeigen. … Mit den geschäftlichen Aktivitäten des Mandanten in letzter Zeit gingen in dem verzweifelten Bemühen, das Unternehmen vor einer 'Pleite' zu retten, Unredlichkeiten gegenüber verschiedenen Leasinggesell- schaften einher …". Der angekündigten Bereitschaft zur "umfassend[en] … Sachverhaltsaufklärung" kam der Angeklagte R. in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung nach; auch die Angeklagte P. war bereits im Ermittlungsverfahren umfassend geständig. Im Februar 2009 standen aus den 184 gegenständlichen Leasinggeschäften Raten in Höhe von 9.682.795,16 € (ohne Umsatzsteuer) offen, aus allen Leasinggeschäften 19.563.646,14 €. Die Eheleute P. und R. entnahmen gemeinsam der K im Tatzeitraum 2.146.904,57 €. Die über die Vermögen der drei Angeklagten geführten Privatinsolvenzverfahren sind noch nicht abgeschlossen.
II.
- 6
- 1. Die Revision der Angeklagten P. ist teilweise begründet.
- 7
- a) Das Urteil hält im Strafausspruch der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat – anders als beim Mitangeklagten R. , zu dessen Gunsten es den Strafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB gemildert hat (§ 49 Abs. 1 StGB) – bei der Angeklagten P. die Voraussetzungen des vertypten Strafmilderungsgrundes der Aufklärungshilfe nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB verneint. Diese Ablehnung wird von der hierfür gegebenen Begründung nicht getragen.
- 8
- aa) Nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB kann das Gericht bei demjenigen Tatbeteiligten die Strafe mildern, der durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine der in Bezug genommenen Katalogtaten des § 100a Abs. 2 StPO – wie hier der gewerbsmäßige Bandenbetrug (§ 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n StPO, § 263 Abs. 5 StGB) – aufge- deckt werden konnte. Gemäß § 46b Abs. 1 Satz 3 StGB ist weitere Voraussetzung , dass der Aufklärungsbeitrag des an der konkreten Tat Beteiligten über seinen eigenen Beitrag hinausgeht. Eine vorherige Tatentdeckung muss einer wesentlichen Aufklärungshilfe nicht entgegenstehen. Denn ein ausreichender Aufklärungserfolg ist auch dann anzunehmen, wenn die Tat ohne die Angaben des Tatbeteiligten nicht oder nicht im gegebenen Umfang ermittelt worden wäre , die Aussage des Täters jedenfalls eine sicherere Grundlage für die Aburteilung der Taten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (BGH, Urteile vom 23. Januar 2019 – 5 StR 479/18 Rn. 28 und vom 2. November 2017 – 3 StR 301/17 Rn. 6; Beschlüssevom 15. März 2016 – 5 StR 26/16, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 5 Rn. 10 und vom 12. Februar 2013 – 5 StR 27/13 Rn. 3).
- 9
- bb) Das Landgericht hat nur die "Selbstanzeige" vom 24. Februar 2009 in den Blick genommen und darauf abgestellt, dass der Rechtsanwalt diese allein im Namen des Angeklagten R. abgab. Damit bleibt jenseits der Frage, ob der Angeklagten P. diese Anzeige als Aufklärungsbeitrag zugerechnet werden kann, jedenfalls unerörtert, ob sie in ihrer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung wesentliche Aufklärungshilfe leistete. Dass die Selbstanzeige den Sachverhalt nur umriss, die Taten mithin mitnichten ausermittelt waren, hat das Landgericht beim Angeklagten R. nicht verkannt und deshalb seine - später umgesetzte - Aussagebereitschaft mit herangezogen. Nach der Beweiswürdigung (UA S. 73 f.) war die polizeiliche Aussage der Angeklagten P. die Grundlage für die umfassende und genaue buchhalterische Aufarbeitung der zahlreichen betrügerischen Leasing- und Kaufgeschäfte , und zwar auch mit den notwendigen Auswirkungen auf die Buchhaltung des Mitangeklagten M. . Dies spricht dafür, dass die Angeklagte P. mit ih- rer Aussage wesentlich dazu beitrug, dass der Buchprüfer T. im Oktober 2010 seinen Schlussbericht vorlegen konnte, und ihre Vernehmung zugleich den Tatverdacht gegen den Mitangeklagten M. , den sie freilich zuvor in den von ihr ersonnenen Betrugsplan verstrickt hatte, zumindest erhärtete und dessen Überführung erleichterte (§ 46b Abs. 1 Satz 3 StGB). Dass der Angeklagte R. in seiner polizeilichen Vernehmung bereits zuvor alles zu dessen Verurteilung Notwendige offenbarte, sodass dieser Aufklärungserfolg allein ihm zugute käme (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12 Rn. 29 [insoweit in BGHSt 58, 102 nicht abgedruckt]; Beschluss vom 30. August 2011 – 2 StR141/11, BGHR StGB § 46b Abs. 1 Nr. 1 Aufdeckung 2 Rn. 4), ist bislang nicht festgestellt.
- 10
- cc) Dieser Wertungsfehler nötigt nicht zur Aufhebung von Feststellungen, die damit bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Dazu ergänzende, nicht widersprechende Feststellungen sind möglich und geboten, um dem Gericht die Grundlage für seine darauf fußende Ermessensentscheidung, ob der vertypte Strafmilderungsgrund auch zugunsten der Angeklagten P. anzuwenden ist, zu verschaffen.
- 11
- b) Die Kompensationsentscheidung unterliegt ebenfalls der Aufhebung. Freilich lässt der Umfang von einem Jahr Freiheitsstrafe angesichts einer – rechtsfehlerfrei – festgestellten Verfahrensverzögerung von sechseinhalb Jahren für sich genommen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten der Angeklagten P. erkennen. Indes lassen die unterschiedlichen Höhen der gewährten Kompensationen besorgen, dass das Landgericht hierfür einen rechtsfehlerhaften Ansatz gewählt, nämlich den für vollstreckt erklärten Teil nach der Höhe der verhängten Strafen bemessen hat. Die im Wege des sogenannten Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt indes den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafe dar (BGH, Beschlüsse vom 23. Juli2015 – 3 StR 518/14 Rn. 24 und vom 25. Oktober 2011 – 3 StR 206/11 Rn. 10; siehe bereits BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124 Rn. 35 f.).
- 12
- c) Mit Erfolg rügt die Angeklagte P. , dass die Einziehungsentscheidung (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) nicht hätte ergehen dürfen, weil sie auf diese Nebenfolge nicht hingewiesen worden ist (§ 265 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 StPO, § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB):
- 13
- aa) Weder in der Anklage noch im Eröffnungsbeschluss wurde auf die Möglichkeit der Einziehung des Wertes von Taterträgen hingewiesen. Auch in der Hauptverhandlung erteilte der Vorsitzende keinen entsprechenden Hinweis, was durch das Protokoll bewiesen ist (§ 273 Abs. 1 Satz 1, § 274 Satz 1 StPO). Der Antrag des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft im Schlussplädoyer genügt nicht; denn der Hinweis ist aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 265 Abs. 1 StPO durch die neu eingefügte Vorschrift des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO förmlich zu erteilen (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2018 – 1 StR 186/18 Rn. 16 – 19).
- 14
- bb) Das Beruhen der Einziehungsentscheidung auf diesem Verfahrensfehler (§ 337 Abs. 1 StPO) ist nicht auszuschließen, wenngleich die Angeklagte P. umfassend geständig gewesen ist und ihr Verteidiger im Schlussplädoyer das Absehen von der Einziehung beantragt hat. Denn die Vorschriften der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB enthalten neben der Begehung der rechtswidrigen Tat weitere Voraussetzungen für die Abschöpfung (vgl. BGH, aaO Rn. 20).
- 15
- 2. Die Kompensationsentscheidungen sind aus dem genannten Grund (II. 1. b)) auch bezüglich der Angeklagten R. und M. aufzuheben. Mit der die Verletzung der Hinweispflicht aus § 265 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 StPO beanstandenden Verfahrensrüge hat der Angeklagte R. zudem bezüglich der Einziehungsentscheidung Erfolg (vgl. II. 1. c)).
- 16
- 3. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
- 17
- a) Es ist auszuschließen, dass das Landgericht der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zugrunde gelegt haben könnte. Denn auf UA S. 79 letzter Absatz wird klargestellt, dass der Vermögensschaden für die 184 Geschäfte 16.327.915,88 € (ohne Umsatzsteuer) betrug ("zweistelliger Millionenbetrag" ). Auch die nach Abzug der geleisteten Leasingraten, die als Schadenswiedergutmachung einzuordnen sind, verbleibenden Endschäden in Höhe von 9.682.795,16 € (ohne Umsatzsteuer) sind rechtsfehlerfrei festgestellt.
- 18
- b) Der Einziehungsentscheidung steht nicht entgegen, dass über das Vermögen der Angeklagten das Privatinsolvenzverfahren eröffnet ist (BGH, Beschluss vom 14. November 2018 – 3 StR 447/18 Rn. 14 – 20). Es beschwert die Angeklagten nicht, dass das Landgericht nur auf die Entnahmen aus den beiden Einzelfirmen abgestellt hat und nicht auf die diesen Betrieben zugeflossenen Kaufpreise (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018 – 3 StR 620/17 Rn. 25) sowie dass die Gesamtbeträge der Entnahmen zugunsten der Beschwerdeführer abgerundet worden sind.
Leplow Pernice
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: - a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, - b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
- 2.
Amtsträger: wer nach deutschem Recht - a)
Beamter oder Richter ist, - b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
- 2a.
Europäischer Amtsträger: wer - a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, - b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder - c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
- 3.
Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; - 4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter: wer, ohne Amtsträger zu sein, - a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder - b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist; - 5.
rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; - 6.
Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; - 7.
Behörde: auch ein Gericht; - 8.
Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; - 9.
Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.
(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.
(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. August 2017 einstimmig
beschlossen:
Ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts ist anzumerken : 1. Die eine Verletzung des § 265 Abs. 2 StPO geltend machende Verfahrensrüge ist unbegründet, weil es in der Hauptverhandlung eines Hinweises auf die angeordnete Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht bedurfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Tatgericht unabhängig von einer eingetretenen Veränderung der Sachlage verpflichtet, den Angeklagten in der Hauptverhandlung gemäß § 265 Abs. 2 StPO förmlich auf die mögliche Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung hinzuweisen , wenn die Maßregel in der zugelassenen Anklage keine Erwähnung ge- funden hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. September 1951 – 3 StR 596/51, BGHSt 2, 85; vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63, BGHSt 18, 288; Stuckenberg in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 265 Rn. 46 mwN). In den unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklagen der Staatsanwaltschaft Magdeburg vom 25. Juli und 1. August 2016 war jeweils in der Liste der anzuwendenden Vorschriften § 66 StGB aufgeführt und anschließend ver- merkt, dass „die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung erfüllt“ seien. Die wesentlichen Ermittlungsergebnisse beider Anklagen enthielten zudem die Mitteilung, dass ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Gutachtens u.a. zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 63, 64 und 66 StGB beauftragt worden sei und das Gutachten noch ausstehe. Durch diese Angaben in den Anklageschriften waren die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten als Voraussetzung für eine Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gekennzeichnet (vgl. BGH, Urteile vom 27. September 1951 – 3 StR 596/51 aaO; vom 12. März 1963 – 1 StR 54/63 aaO). Der Angeklagte konnte mit allen sich aus § 66 Abs. 1 bis 3 StGB ergebenden Möglichkeiten der Anordnung einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung rechnen und seine Verteidigung im Zwischen- und Hauptverfahren hierauf einrichten (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2000 – 1 StR 427/00, NStZ 2001, 162). Eine Bezeichnung des Anordnungstatbestands des § 66 Abs. 1 StGB war in den Anklagen nicht erforderlich, da es sich bei den Regelungsalternativen in § 66 Abs. 1 bis 3 StGB nicht um unterschiedliche Maßregeln der Besserung und Sicherung, sondern lediglich um verschiedene Anordnungsvoraussetzungen derselben Maßregel handelt (vgl. Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 265 Rn. 51). 2. Die Beweisantragsrüge dringt nicht durch, weil das angefochtene Urteil auf der beanstandeten Ablehnung des Beweisantrags jedenfalls nicht beruht. Die sachverständig beratene Strafkammer ist bei ihrer Gefährlichkeitsprognose von den unter Beweis gestellten Behandlungsmöglichkeiten im Straf- vollzug ausgegangen, hat aber deren Erfolgsaussichten mit rechtsfehlerfreien Erwägungen als unsicher bewertet. Sost-Scheible Cierniak Bender Quentin Feilcke
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: - a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, - b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
- 2.
Amtsträger: wer nach deutschem Recht - a)
Beamter oder Richter ist, - b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
- 2a.
Europäischer Amtsträger: wer - a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, - b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder - c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
- 3.
Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; - 4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter: wer, ohne Amtsträger zu sein, - a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder - b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist; - 5.
rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; - 6.
Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; - 7.
Behörde: auch ein Gericht; - 8.
Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; - 9.
Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.
(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.
(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.
(1) Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Auch wenn die Straftat nicht bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde, kommt die Anordnung eines Fahrverbots namentlich in Betracht, wenn sie zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint oder hierdurch die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder deren Vollstreckung vermieden werden kann. Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 3 oder § 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 unterbleibt.
(2) Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von einem Monat seit Eintritt der Rechtskraft. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.
(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn
- 1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat, - 2.
ihm das Erlangte - a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder - b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
- 3.
das Erlangte auf ihn - a)
als Erbe übergegangen ist oder - b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
(1) Ist die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes nicht möglich, weil der Täter oder Teilnehmer diesen veräußert, verbraucht oder die Einziehung auf andere Weise vereitelt hat, so kann das Gericht gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert des Gegenstandes entspricht.
(2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben oder statt der Einziehung eines Gegenstandes treffen, wenn ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Entscheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen nicht oder ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann (§ 74b Absatz 2 und 3 und § 75 Absatz 2). Trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, bemisst sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes.
(3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden.
(1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen der §§ 74 und 74a nicht angeordnet werden, wenn sie zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, außer Verhältnis stünde. In den Fällen der §§ 74 bis 74b und 74d ordnet das Gericht an, dass die Einziehung vorbehalten bleibt, wenn ihr Zweck auch durch eine weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Anweisung,
- 1.
die Gegenstände unbrauchbar zu machen, - 2.
an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder - 3.
über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen.
(2) In den Fällen der Unbrauchbarmachung nach § 74d Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 gilt Absatz 1 Satz 2 und 3 entsprechend.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Selbstladekurzwaffe sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs ! " # $ &% #' ( Monaten verurteilt. 25.000,-- Außerdem wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen unter Festsetzung einer Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von einem Jahr und drei Monaten. Der umfassend eingelegten und mit der Sachrüge begründeten Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt. Insbesondere ist die Verfallsanordnung rechtlich nicht zu beanstanden.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts übernahm der Angeklagte im mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit verschiedenen Lieferanten von Dezember 1999 bis April 2002 13 mal Haschisch, um dieses "anschließend in eigenverantwortlicher Weise" - zehnmal unter Benutzung eines Personenkraftwagens als Versteck und Transportfahrzeug - an die Abnehmer auszuliefern. Gegenstand dieser Handelsgeschäfte waren jeweils Mengen im Bereich von 700 g bis zu 11 kg, insgesamt 52,2 kg - mit einem Wirkstoffgehalt von 1,6 % bis 13,1 % THC -, wovon 2,646 kg nicht mehr ausgeliefert werden konnten, da sie am 16. April 2002 beim Angeklagten sichergestellt wurden. Dem Angeklagten fiel auch die Aufgabe zu, sich die Erlöse aus dem Rauschgifthandel von den Abnehmern aushändigen zu lassen und an die Lieferanten des Haschisch weiterzuleiten. Der erzielte Verkaufspreis betrug mindestens 3.000,-- DM pro Kilo, insgesamt - bei zumindest 49 kg ausgeliefertem Haschisch - also wenigstens 147.000,-- DM. Der Angeklagte erhielt für seinen Tatbeitrag je nach Menge des Rauschgifts jeweils 500,-- bis 1.500,-- DM, bei Verteilung einer Charge an verschiedene Abnehmer auch mehr.
Zum anderen handelte der Angeklagte im April 2000 auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln und hielt dazu am 16. April 2002 in F. in seiner Wohnung 58 g Heroin (HHCL-Gehalt: 6,3 g), 60 g Kokain (CHCLGehalt : 42 g) sowie 41 g Haschisch (THC-Gehalt: 12 %) und in einer von ihm genutzten Garage weitere 300 g Haschisch (gleicher Qualität) zum Verkauf bereit. In der Garage verwahrte der Angeklagte - ohne über eine Waffenbesitzkarte zu verfügen - bewußt in Griffweite zum Rauschgiftversteck eine funktionsfähige Selbstladepistole und 167 Schuß passender Munition.
II.
Schuld- und Strafausspruch sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis sind rechtsfehlerfrei. Insbesondere tragen die Feststellungen die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie die Einstufung des Angeklagten als Mittäter in den "Kurierfällen".
Auch die Verfallsanordnung hält rechtlicher Überprüfung stand. Zu Recht hat die Strafkammer - ausgehend vom sogenannten Bruttoprinzip (vgl. BGH NStZ 1994, 123; BGH NJW 2002, 3339 [3340] m.w.N; umfassend zum Verfall: Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, S. 13 ff.) - nicht nur die Entlohnung des Angeklagten als Kurier, sondern auch die von ihm von den Abnehmern der Rauschmittel übernommenen Erlöse bei ihm grundsätzlich uneingeschränkt den Vorschriften über den Verfall (§ 73 StGB) beziehungsweise den Verfall des Wertersatzes (§ 73 a StGB) unterworfen , auch wenn er diese Beträge später absprachegemäß an seine Hintermänner abzuliefern hatte und auch ablieferte. Der einem für eine "Rauschgiftorganisation" tätigen Betäubungsmittelkurier ausgehändigte Kaufpreis unterliegt in voller Höhe dem Verfall (BGHSt 36, 251), unabhängig von den zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverhältnissen zwischen den Tatbeteiligten (BGHSt 36, 251 [253 f.]; Weber BtMG 2. Aufl. § 33 Rdn. 44 f.; des Hinweises des Landgerichts auf § 73 Abs. 3 StGB, der die Möglichkeit der Verfallsanordnung gegen nicht tatbeteiligte Drittbegünstigte eröffnet - vgl. BGHSt 45, 235 ff. -, die dann am Verfahren aber auch hätten beteiligt werden müssen, bedurfte es daher nicht.) Denn beim Erlangen i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Erlangt ist - unabhängig von der
Wirksamkeit des zugrundeliegenden Grund- und Verfügungsgeschäfts - schon dann "etwas", wenn dem Täter aus der Tat in irgendeiner Phase des Tatablaufs (BGH NStZ 1994, 123 [124]) auf irgendeine Weise unmittelbar etwas wirtschaftlich meßbar zugute kommt (vgl. Schmidt in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. § 73 Rdn. 19; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 11). Mit dem Erhalt des Geldes, mit dessen Besitz, hatte der Angeklagte, sofern er nicht überhaupt Eigentümer geworden ist, jedenfalls die tatsächliche Möglichkeit, darüber zu verfügen, wenn auch nur vorübergehend. Dies stellt einen dem jeweiligen Geldbetrag entsprechenden Wert dar (vgl. BGHSt 36, 251 [254]), den der Angeklagte unmittelbar aus der Tat erlangt hatte. Die Weitergabe der vereinnahmten Beträge vom Angeklagten an andere Tatbeteiligte - unerlaubt, da dies Teil des verbotenen Handeltreibens ist - kann im Rahmen der Härteregelung gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB Berücksichtigung finden (zu den Voraussetzungen umfassender Haftung von Mittätern am Betäubungsmittelhandel als Gesamtschuldner bei Verfall des Wertersatzes vgl. BGH NStZ 2003, 198 [199]; vgl. aber auch Schmidt in Leipziger Kommentar StGB 11. Aufl. § 73 Rdn. 72). Die Strafkammer hat die Härteregelung des § 73 c Abs. 1 StGB erkennbar geprüft.
Nack Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
- 1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), - 1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), - 2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), - 3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder - 4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.
(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.