Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2012 - 1 StR 137/12

bei uns veröffentlicht am23.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 137/12
vom
23. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Mordes u.a.
zu 2.: Anstiftung zum Mord
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Oktober 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 7. November 2011 werden als unbegründet
verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen Mordes und wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtfreiheitsstrafe sowie die Angeklagte F. wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
2
Nach den Urteilsfeststellungen lauerte der Angeklagte C. in den frühen Morgenstunden des 20. April 1993 dem Vater der Angeklagten F. , der sich zu diesem Zeitpunkt keines Angriffs versah, auf dessen Arbeitsweg auf und erschoss diesen aus unmittelbarer Nähe von hinten oder der Seite mit einer Selbstladepistole (Kaliber .45 Auto) mit aufgesetztem Schalldämpfer. Das Opfer war - wie vom Angeklagten C. beabsichtigt - sofort tot. Die Angeklagte F. und deren Mutter hatten den Angeklagten C. für die Tatbegehung gewinnen können und ihm hierfür 80.000 DM in Aussicht gestellt und sodann gezahlt. Die Angeklagte F. nahm billigend in Kauf, dass ihr Vater unter bewusster Ausnutzung seiner Arg- und Wehrlosigkeit getötet werden würde.
3
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf dies lediglich hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des § 252 StPO.
4
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
5
a) Am 16. November 1993 war ein Bruder der Angeklagten F. , der Zeuge Cu. , um 21.15 Uhr bei der Polizei erschienen und hatte Angaben gemacht. In der mit „Zeugen-Vernehmung“ überschriebenen Niederschrift hierzu, die als „Ende der Vernehmung: 22.15 Uhr“ ausweist und vom Zeugen unterschrieben ist, ist ausgeführt:
6
„Freiwillig zur Dienststelle gekommen, gibt Cu. … als Zeuge folgendes an: Ich komme hierher und möchte mitteilen, dass meine Mutter und meine Schwester , wh. …, mit dem gewaltsamen Tod meines Vaters zu tun haben dürften. …. Heute abend habe ich wieder ein Streitgespräch mit meiner Mutter geführt. … Das Gespräch am heutigen Abend habe ich auf Kassette aufgenommen, ich bin der Meinung, dass es verdächtige Äußerungen meiner Mutter beinhaltet. …“
7
Der Zeuge Cu. hat sich in der Hauptverhandlung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 StPO) berufen und einer Verwertung der seinerzeitigen polizeilichen Vernehmung widersprochen. Der vom Vorsitzenden angekündigten Verlesung der das Gespräch zwischen dem Zeugen Cu. und seiner Mutter in die deutsche Sprache übersetzten Verschriftung des vom Zeugen übergebenen Tonbandes hat die Verteidigung der beiden Angeklagten widersprochen. Der Widerspruch wurde durch Beschluss der Strafkammer als unbegründet zurückgewiesen. Das Tonband sei nicht Bestandteil der Vernehmung des Zeugen, auf dieses sei in der Vernehmung auch nicht Bezug genommen worden, anders als bei einem Schriftstück sei die Tonbandaufnahme nicht unmittelbar wahrnehmbar gewesen, überdies sei das Beweismittel spontan und auf eigene Initiative des Zeugen entstanden. Auch die Heimlichkeit der Aufzeichnung führe nicht zur Unverwertbarkeit der Tonbandaufzeichnung. Die Verschriftung des Gesprächs zwischen dem Zeugen Cu. und seiner Mutter wurde sodann - nach dahingehender Verfügung des Vorsitzenden - verlesen und als Beweismittel im Urteil abgehandelt.
8
b) Hierin erblickt die Verteidigung einen Verstoß gegen § 252 StPO. Soweit das Landgericht ein Verwertungsverbot auch mit Blick auf die Heimlichkeit der Tonbandaufnahme verneint hat, hat die Revision dies ausdrücklich nicht gerügt (RB S. 29).
9
2. In dem durch die Revisionsführer bestimmten Prüfungsumfang (zur Maßgeblichkeit der „Angriffsrichtung” einer Rüge vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. September 2007 - 1 StR 407/07; BGH, Beschluss vom 29. August 2006 - 1 StR 371/06; BGH, Urteil vom 26. August 1998 - 3 StR 256/98; Cirener/Sander JR 2006, 300) bleibt das Revisionsvorbringen ohne Erfolg. Zwar sieht die Revision in der Verlesung und Verwertung der Verschriftung des auf Tonband aufgezeichneten Gesprächs mit Recht einen Verstoß gegen § 252 StPO. Der Senat kann aber ausschließen, dass das Urteil auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht.
10
a) Die Verlesung und Verwertung der Verschriftung des vom Zeugen Cu. übergebenen Tonbandes verletzen § 252 StPO, wonach die Aus- sage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, nicht verlesen werden darf.
11
Das übergebene Tonband ist Teil der Vernehmung, auf die sich das Verwertungsverbot bezieht. Nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen (BGH, Beschluss vom 30. Juli 1968 - 2 StR 136/68, BGHSt 22, 219), die in der Literatur Zustimmung erfahren haben (Sander/Cirener in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 252 Rn. 36; Ganter in BeckOK-StPO, Ed. 14, § 252 Rn. 20; Diemer in KK-StPO, 6. Aufl., § 252 Rn. 3) und von denen abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht, erstreckt sich das Verwertungsverbot des § 252 StPO auch auf Schriftstücke, die der aussageverweigerungsberechtigte Zeuge bei seiner Vernehmung übergeben hat und auf die er sich - wie es der Zeuge Cu. hier ausweislich der von der Revision mitgeteilten Niederschrift vom 16. November 1993 tat - bezogen hat (vgl. z.B. auch BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - 1 StR 338/04; BGH, Beschluss vom 28. August 2000 - 5 StR 300/00; BGH, Beschluss vom 31. März 1998 - 5 StR 13/98). Solche Schriftstücke werden Bestandteil der Aussage. Die Sachlage ist nicht anders , als wenn ein Zeuge den Inhalt des Schriftstücks mündlich wiedergegeben hätte (BGH, Beschluss vom 29. November 1995 - 5 StR 531/95). In gleicher Weise gilt dies für die hier relevante Tonbandaufzeichnung über ein vom Zeugen mitgehörtes Gespräch, dessen Inhalt der Zeuge bei seiner Aussage hätte wiedergeben können. Auf das die Beweisinformation enthaltende Speichermedium kann es grundsätzlich nicht ankommen; denn auch andere Beweisstücke als Schriftstücke können - weil der Sache nach einer Aussage bei einer Vernehmung gleichstehend - einem Verwertungsverbot unterliegen (vgl. Sander/ Cirener, aaO). Anderes kann sich auch nicht daraus ergeben, dass der Inhalt einer Tonbandaufzeichnung nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, denn Gleiches würde etwa auch für ein in einer fremden Sprache verfasstes Schriftstück gelten , ohne dass sich daraus die Zulässigkeit der Verwertung dieses Beweismittels begründen ließe.
12
Eine Verwertbarkeit der Tonbandaufnahme ergibt sich auch nicht daraus , dass diese - wie die Strafkammer in dem Verwerfungsbeschluss formuliert - spontan, aus eigener Initiative des Zeugen und ohne gezielte Nachfrage der Ermittlungsbeamten entstanden ist. Zwar sind vom Verwertungsverbot des § 252 StPO solche Äußerungen ausgenommen, die außerhalb einer Vernehmung gemacht worden sind, die also nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung gemacht wurden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - 1 StR 338/04; BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 - 4 StR 616/99; Ganter in BeckOK-StPO, Ed. 14, § 252 Rn. 15). Derlei liegt hier aber nicht vor, wie die von der Revision mitgeteilte Niederschrift über die einstündige, als „Zeugenvernehmung“ und „Vernehmung“ bezeichnete Aussage des Zeugen bei der Polizei belegt. In den Urteilsgründen ist gleichfalls ausgeführt, dass die Tonbandkassette vom Zeu- gen „im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung“ übergeben wurde (UA S. 52). Das „freiwillige Erscheinen“ des Zeugen vermag ebenso wenig wie die unterlassene Zeugenbelehrung eine vom Verwertungsverbot nicht umfasste Spontanäußerung im Sinne der angesprochenen Rechtsprechung zu begründen. Das übergebene Tonband und die daraus gefertigte Verschriftung sind damit vom Verwertungsverbot des § 252 StPO erfasst.
13
b) Das Urteil beruht indes nicht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann ausschließen, dass der Urteilsspruch bei zutreffender Gesetzesanwendung in einer den Angeklagten günstigeren Weise ausgefallen sein könnte.
14
Ausweislich der insoweit maßgeblichen Urteilsgründe stützt die Strafkammer ihre Überzeugung von Täterschaft und Tathergang auf die geständigen Angaben der Angeklagten F. bei einer Vernehmung im November 1993 sowie - vor allem - auf die durch die seinerzeitigen Vernehmungsbeamten eingeführten und von der Strafkammer als „uneingeschränkt glaubhaft“ (UA S. 28) gewürdigten Angaben des Zeugen N. . Diesem gegenüber hatte die Angeklagte F. die Tat wie festgestellt gestanden. Vor diesem Hintergrund hat die Strafkammer die Aussage des Zeugen und deren Genese bewertet und darüber hinaus - zutreffend (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1995 - 2 BvR 1142/93; BGH, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 1 StR 545/01; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1997 - 2 StR 34/97 mwN) - in der Hauptverhandlung weitere Beweise erhoben, „welche die Angaben des Zeugen N. bzw. die genannte Einlassung der Angeklagten stützen“ (UA S. 24).
15
Soweit die Strafkammer aus der Tonbandaufzeichnung allenfalls ein weiteres bestätigendes, für die Überzeugungsbildung aber nicht maßgebliches Indiz gewonnen hat, ist im Hinblick auf die ansonsten sorgfältige Beweiswürdigung auszuschließen, dass die nur ergänzende, rechtsfehlerhafte Heranziehung des verlesenen Gesprächsinhalts das Beweisergebnis beeinflusst hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - 4 StR 584/05 mwN).
Nack Wahl Graf Sander Cirener

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2012 - 1 StR 137/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2012 - 1 StR 137/12

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2012 - 1 StR 137/12 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Strafprozeßordnung - StPO | § 252 Verbot der Protokollverlesung nach Zeugnisverweigerung


Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/07
vom
12. September 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2007 beschlossen
:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hechingen vom 14. Mai 2007 wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Um ihren geschiedenen Ehemann zu töten, übergoss ihn die Angeklagte von hinten mit einer brennbaren Flüssigkeit und zündete ihn an. Er erlitt schwerste Verbrennungen, denen er nach einigen Tagen erlag.
2
Deshalb wurde sie wegen heimtückischen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
3
Ihre auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
1. Der psychiatrische Sachverständige hatte bereits mehrere Monate vor der Hauptverhandlung ein - vorläufiges - schriftliches Gutachten zu den Akten gebracht. Danach hatte die Verteidigung, immer noch längere Zeit vor der Hauptverhandlung, Akteneinsicht gehabt, kannte also das vorläufige Gutachten. Dies belegt auch der Umstand, dass bereits vor der Hauptverhandlung ein Antrag einging, mit dem der Sachverständige (unter anderem auch) wegen des Inhalts des vorläufigen Gutachtens wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurde. Sein - endgültiges - Gutachten hat der Sachverständige - selbst- verständlich - in der Hauptverhandlung erstattet. Eine wie auch immer geartete Verletzung prozessualer Rechte der Angeklagten durch diesen Verfahrensablauf ist nicht erkennbar.
5
a) Demgegenüber vertritt die Revision offenbar die Auffassung, ein Sachverständiger müsse (nicht nur ein vorläufiges, sondern bereits) sein endgültiges Gutachten schon vor der Hauptverhandlung zu den Akten bringen. Die Auffassung der Revision hätte die Konsequenz, dass ein Sachverständiger Erkenntnisse bei seiner Begutachtung auszuklammern habe, die erst in der Hauptverhandlung angefallen sind. Dies liegt neben der Sache.
6
b) Weiteres Revisionsvorbringen stützt sich in diesem Zusammenhang auf die Annahme, der Verteidigung sei zugemutet worden, in einem kurzen Zeitraum zwischen Erstattung des Gutachtens in der Hauptverhandlung und der Befragung des Sachverständigen durch die Verteidigung dessen umfangreiches (61 Seiten langes) vorläufiges Gutachten durchzuarbeiten. Dies ist in tatsächlicher Hinsicht falsch, wie sich aus der - von der Revision entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht mitgeteilten - vorherigen Akteneinsicht der Verteidigung ergibt.
7
c) Nach alledem gehen sämtliche in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen (z. B. Behinderung der Verteidigung, § 338 Nr. 8 StPO, Verletzung des Rechts auf Einsicht in Sachverständigengutachten, § 147 Abs. 3 StPO) fehl. Anzumerken ist lediglich Folgendes: Der im Zusammenhang mit dem Gutachten geltend gemachte Aussetzungsantrag könnte allenfalls dann eine Grundlage haben, wenn - etwa im Hinblick auf neue Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung - das in der Hauptverhandlung erstattete Gutachten in wesentlichen Punkten von dem vorläufigen Gutachten abgewichen wäre. Hierfür ist dem Revisionsvorbringen jedoch nichts zu entnehmen.
8
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, ein Antrag auf Ablehnung des psychiatrischen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 74 StPO) sei zu Unrecht zurückgewiesen worden.
a) Zur Begründung des Ablehnungsantrags war vorgetragen worden: (1) Bei einer Exploration, bei der auch der Verteidiger anwesend war, habe der Sachverständige der Angeklagten folgendes auseinandergesetzt : Der Bundesgerichtshof habe schon einmal eine Entscheidung der - erkennenden - Strafkammer aufgehoben, der ein Sachverhalt zu Grunde gelegen habe, der dem ähnlich sei, wie er von der Angeklagten behauptet werde. In einem weiteren ebenfalls vergleichbaren Fall sei deshalb die Strafe nach Auffassung des Vorsitzenden der Strafkammer zu milde ausgefallen. Deshalb werde der Vorsitzende bei der geringsten Unstimmigkeit Einlassungen wie die der Angeklagten gar nicht erst glauben. Die Angeklagte solle sich daher ihre Einlassung nochmals durch den Kopf gehen lassen. (2) Im Übrigen sei dem Sachverständigen im Rahmen dieser Expoloration erklärt worden, dass die Angeklagte erst in der Hauptverhandlung weitere Angaben zum Tatgeschehen machen werde. Nachdem der Verteidiger die Vollzugsanstalt wieder verlassen gehabt habe, habe der Sachverständige sich dann aber doch die Angeklagte nochmals vorführen lassen und versucht, sie zum Tatgeschehen zu befragen. (3) Außerdem sei sein - vorläufiges - Gutachten unvollständig.
9
b) Die Strafkammer hat zu diesem Vorbringen den Sachverständigen angehört und weitere Ermittlungen angestellt. Sodann hat sie den Antrag zurückgewiesen. (1) Die in Anwesenheit des Verteidigers abgegebene Empfehlung des Sachverständigen zu einer Überprüfung der Einlassung - die, so der Sachverständige, mit dem Akteninhalt nicht übereingestimmt habe - hat sie als "übertriebene Fürsorge" des Sachverständigen bewertet. Auf die in dem Ablehnungsantrag näher ausgeführten Darlegungen des Sachverständigen zu den Gründen für seine Prognose - die dieser in seiner Stellungnahme weder bestätigt noch bestritten hatte - ist sie dabei nicht eingegangen. (2) Soweit der Antrag auf Vorbringen zum Geschehen gestützt war, das sich abgespielt haben soll, nachdem der Verteidiger die Vollzugsanstalt verlassen hatte, wurde der Antrag abgelehnt, weil die ihm zu Grunde liegenden Behauptungen nicht erwiesen seien. Nach den Angaben des Sachverständigen stelle es sich vielmehr so dar, dass er, nachdem er zuvor in ihre Krankenakte im Revier Einblick genommen gehabt habe, die Angeklagte in Abwesenheit des Verteidigers nur zu ihrer depressiven Verstimmung am Tattag befragt habe, wie dies auch mit dem Verteidiger vereinbart gewesen sei; zum Tatgeschehen habe er sie nicht befragt. (3) Die (behauptete) Unvollständigkeit des vorläufigen Gutachtens sei bedeutungslos. Entscheidend sei das endgültige Gutachten.
10
c) Die Revision hält diesen Beschluss für fehlerhaft. Zur Begründung führt sie näher aus, dass und warum die Strafkammer den in dem Ablehnungsantrag geschilderten Geschehensablauf hinsichtlich des Befragungsversuchs in Abwesenheit des Verteidigers hätte als bewiesen ansehen müssen. Demgegenüber befasst sich das Revisionsvorbringen nicht mit den Teilen des Beschlusses , die den Ablehnungsantrag zurückweisen, soweit dieser auf die Empfehlung des Sachverständigen, das Verteidigungsvorbringen zu überdenken, und die Unvollständigkeit des vorläufigen Gutachtens gestützt war.
11
d) Der Senat neigt nicht zu der Auffassung, dass ein Sachverständiger verständigerweise das Misstrauen hervorruft, er selbst sei zum Nachteil einer Angeklagten voreingenommen, wenn er ihr und ihrem Verteidiger eingehend erläutert , dass und warum aus seiner Sicht ein bestimmtes Verteidigungsvorbringen bei Gericht keinen Erfolg haben wird und deshalb dessen Abänderung empfiehlt. Einer Entscheidung hierüber bedarf es aber nicht. Der Ablehnungsantrag ist nämlich mit mehreren, voneinander unabhängigen Vorwürfen begründet, die Entscheidung hierüber dementsprechend auf mehrere, ebenso voneinander unabhängige Gründe gestützt. Eine solche Entscheidung hat das Revisionsgericht nur in dem Umfang zu überprüfen, in dem sie von der Revision ausweislich ihrer Begründung als rechtsfehlerhaft gerügt ist (zur Maßgeblichkeit der "Angriffsrichtung" einer Rüge vgl. auch BGH NStZ 2007, 161, 162; Kuckein in KK 5. Aufl. § 344 Rdn. 34; Cirener/Sander JR 2006, 300 jew. m. w. N.). Dies ist hinsichtlich des Teils des Beschlusses nicht der Fall, der sich mit der angesonnenen Änderung des Verteidigungsvorbringens befasst.
12
Unabhängig von alledem bemerkt der Senat, dass ein Sachverständiger keine Fürsorgepflicht für den Erfolg (der Anklage oder) der Verteidigung hat. Vielmehr hat er sich darauf zu beschränken, den ihm von seinem Auftraggeber (Staatsanwaltschaft oder Gericht) vorgegebenen Sachverhalt (vgl. § 78 StPO) aus seiner fachlichen Sicht zu bewerten. Findet er im Rahmen seiner Tätigkeit Anhaltspunkte für einen abweichenden Sachverhalt - diese können sich auch aus (neuen) Angaben des Beschuldigten (Angeklagten) ergeben - hat er seinen Auftraggeber hierauf hinzuweisen; gegebenenfalls kann er dann als (sachverständiger ) Zeuge in Betracht kommen (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 264, 265 m. w. N.). Die Bewertung derartiger Anhaltspunkte ist allein Sache des Gerichts, das dem Sachverständigen gegebenenfalls zu verdeutlichen hat, von welchem Sachverhalt - erforderlichenfalls welchen alternativen Sachverhalten - er bei seinem Gutachten auszugehen hat. Zu (hier jedenfalls unbestritten behaupteten ) Voraussagen, wie und warum das Gericht Beweiswürdigung und Strafzumessung vermengen werde, und einer Beratung von Verfahrensbeteiligten über ihr Prozessverhalten ist ein Sachverständiger keinesfalls berufen (zur Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche vgl. auch Nedopil NStZ 1999, 433, 437 f.). Wie hier deutlich wird, kann derartiges Verhalten zu Missdeutungen Anlass geben und so das Verfahren belasten.
13
e) Hinsichtlich der gerügten Bewertung der geltend gemachten Befragung in Abwesenheit des Verteidigers bleibt die Revision ebenfalls erfolglos:
14
Das Recht des Beschuldigten (Angeklagten), sich in jeder Lage des Verfahrens anwaltlicher Hilfe zu bedienen, führt nicht zu einem Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der Exploration durch einen Sachverständigen, der mit der Erstellung eines Gutachtens (hier: zur Frage der Schuldfähigkeit der Angeklagten ) beauftragt ist (BGH NStZ 2003, 101). Hier ist nun allerdings geltend gemacht , der Sachverständige habe - gleichwohl - zunächst zugesagt, (weitere) Explorationen nur in Anwesenheit des Verteidigers vorzunehmen, sich dann aber nicht an diese Zusage gehalten. Es verstünde sich auch bei einem solchen - freilich inkonsequenten - Verhalten des Sachverständigen nicht von selbst, dass allein die Stellung sachgerechter Fragen - anderes ist weder konkret behauptet noch sonst ersichtlich - verständigerweise die Besorgnis begründete, der Sachverständige sei zum Nachteil der Angeklagten befangen.
15
Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es aber nicht, da die Strafkammer die in dem Ablehnungsantrag aufgestellten tatsächlichen Behauptungen als widerlegt ansieht. Mit dem Vorbringen, in Wahrheit sei es doch so gewesen, wie in dem Antrag behauptet, kann die Revision nicht gehört werden. Bei der Beurteilung der Ablehnung von Sachverständigen ist das Revisionsgericht an die Tatsachen gebunden, die der Tatrichter seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat. Eigene Ermittlungen des Revisionsgerichts kommen - anders als bei der Richterablehnung - nicht in Betracht. Es entscheidet als Rechtsfrage, ob die Strafkammer über das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender Begründung befunden hat (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 1994, 388; BGH bei Becker NStZ-RR 2002, 66 m. w. N.). Die Strafkammer ist in ihrem Beschluss aber rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Äußerung des Sachverständigen zu dem Ablehnungsantrag ergebe, dass er seine Absprache mit dem Verteidiger eingehalten habe. Unabhängig davon belegen die Ausführungen des Sachverständigen jedenfalls, dass er nicht davon ausgegangen ist, eine mit dem Verteidiger getroffene Vereinbarung zu verletzen. Selbst wenn das Verhalten des Sachverständigen zunächst die Besorgnis der Befangenheit begründet hätte, hätte die Erläuterung des Sachverständigen diese Besorgnis ausgeräumt. Es gilt insoweit nichts anderes als hinsichtlich der dienstlichen Erklärung eines wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richters. Diese kann ebenfalls ein ursprünglich berechtigt erscheinendes Misstrauen ausräumen (vgl. BGH wistra 2002, 267; StV 2004, 356, 357 jew. m. w. N.).
16
f) Soweit die Ablehnung mit der Unvollständigkeit des vorläufigen Gutachtens begründet ist, sind die Ausführungen der Strafkammer, mit denen dieser Teil des Ablehnungsantrags zurückgewiesen wurde, von der Revision nicht erkennbar angegriffen. Es gilt insoweit nichts anderes als hinsichtlich der geltend gemachten Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen wegen sei- ner Empfehlungen zum Verteidigungsverhalten. Darauf, dass allein der (im Übrigen nicht in einer den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise mitgeteilte) Inhalt eines Gutachtens - also die fachliche Qualität des Gutachters - in aller Regel die Besorgnis der Befangenheit ohnehin nicht begründen könnte (vgl. BGHR StPO § 74 Ablehnung 1 m. w. N.), kommt es daher nicht mehr an.
17
3. Die Rüge gegen den Beschluss, mit dem der Antrag auf Ablehnung des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen wurde, ist ebenfalls offensichtlich unbegründet. Da dieser Antrag allein auf die Bescheidung des Vorbringens zur angeblich unzulänglichen Möglichkeit, von dem vorläufigen Gutachten Kenntnis zu nehmen und auf die Zurückweisung des gegen den Sachverständigen gerichteten Ablehnungsantrags gestützt war, bedarf dies keiner weiteren Darlegung.
18
4. Schließlich bleibt auch die Sachrüge erfolglos. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 371/06
vom
29. August 2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2006 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 6. März 2006 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
Näherer Erörterung bedarf lediglich die Rüge, an dem Urteil habe der Vorsitzende Richter L. mitgewirkt, nachdem ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden sei (Verstoß gegen § 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 Abs. 1 StPO).
3
1. Der Beschwerdeführer trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor:
4
In die Hauptverhandlung wurden Erkenntnisse aus einer Telefonüberwachung eingeführt. Die Gespräche wurden weitgehend in dem Sinti-Dialekt "Sintitikes" geführt. Da der Angeklagte Zweifel an der Richtigkeit der im Ermittlungsverfahren gefertigten Übersetzung äußerte, wurde auf den dritten Verhandlungstag eine Sprachsachverständige geladen. Zur Vorbereitung des Termins hatte der Vorsitzende der Sachverständigen vier aufgezeichnete Gespräche in digitalisierter Form und die jeweiligen Übertragungsprotokolle der Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt.
5
Mit der Beweiserhebung durch Abspielen einzelner Gespräche aus der Telefonüberwachung und ihre Übersetzung durch die Sachverständige wurde nach 11.50 Uhr begonnen. Dabei erfolgte auch die Mitteilung an die Verfahrensbeteiligten , dass der Sachverständigen Aktenteile überlassen worden waren. Um 12.32 Uhr wurde die Hauptverhandlung unterbrochen und um 13.36 Uhr fortgesetzt.
6
Der Verteidiger lehnte anschließend namens des Angeklagten den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Ablehnungsgesuch begründete er damit, der Vorsitzende habe die Verteidigung nicht darüber informiert , dass er der Sachverständigen Aktenteile zur Vorbereitung des Termins zur Verfügung gestellt habe; er habe auf ausdrückliche Nachfrage des Verteidigers geäußert, die der Sachverständigen überlassenen Gespräche seien für den Tatnachweis nicht relevant, obwohl eins davon das "Kernstück" der Telefonüberwachung darstellen würde. Das Befangenheitsgesuch wurde mit Gerichtsbeschluss unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen , da der Ablehnungsgrund nicht glaubhaft gemacht und das Gesuch verspätet eingebracht worden sei.
7
Daraufhin brachte der Verteidiger ein zweites inhaltsgleiches Ablehnungsgesuch an und bezog sich zur Glaubhaftmachung auf die noch einzuholenden dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und des Sitzungsstaatsanwalts. Auch dieses zweite Gesuch wurde mit Gerichtsbeschluss unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen, weil es sich um die unzulässige Wiederholung eines bereits abgelehnten Gesuchs handele.
8
2. Die Revision greift ausschließlich den auf das erste Befangenheitsgesuch ergangenen Beschluss an; den zweiten Beschluss lässt sie unbeanstandet. Sie macht geltend, dass die Verwerfung des ersten Antrags rechtsfehlerhaft gewesen sei, weil eine Glaubhaftmachung über die anwaltliche Erklärung hinaus nicht erforderlich gewesen und er nicht verspätet eingebracht worden sei. Dass der zweite Antrag verworfen wurde, rügt der Beschwerdeführer hingegen nicht.
9
Dem Senat ist es demnach verwehrt, den zweiten Verwerfungsbeschluss zu prüfen. Kommen nach den vorgetragenen Tatsachen mehrere Verfahrensmängel in Betracht, ist vom Beschwerdeführer darzutun, welcher Verfahrensmangel geltend gemacht wird, um somit die Angriffsrichtung der Rüge deutlich zu machen (BGH NStZ 1998, 636; 1999, 94; Cirener/Sander JR 2006, 300). Die Angriffsrichtung bestimmt den Prüfungsumfang seitens des Revisionsgerichts.
10
3. Die Rüge ist unbegründet, da die nach Beschwerdegrundsätzen vorgenommene Prüfung durch den Senat ergibt, dass beim Vorsitzenden die Besorgnis der Befangenheit nicht bestand.
11
a) Die Entscheidung der Strafkammer, das erste Ablehnungsgesuch als im Sinne von § 26a Abs. 1 Nr. 1, 2 Alt. 2 StPO unzulässig zu verwerfen, war rechtsfehlerhaft. Der Antrag bedurfte nicht der weiteren Glaubhaftmachung (§ 26 Abs. 2 StPO), da der Verteidiger seine eigenen Wahrnehmungen mitteilte; dass er die Richtigkeit seiner Angaben anwaltlich versicherte, war nicht erforderlich (BayObLG StV 1995, 7; OLG Schleswig MDR 1972, 165; Pfeiffer in KK 5. Aufl. § 26 Rdn. 5; Maul in KK 5. Aufl. § 45 Rdn. 11; a.A. OLG Koblenz OLGSt StPO § 45 Nr. 5). Auch war der Antrag nicht verspätet eingebracht (§ 25 StPO), weil die maßgeblichen Vorgänge, auf die er sich gründete, "unmittelbar" vor der Mittagspause - so die Revision - erfolgten und das Ablehnungsgesuch als erster protokollierter Vorgang danach gestellt wurde.
12
b) Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung hätte daher der Vorsitzende nach § 27 Abs. 1 StPO an der Entscheidung über den ersten - zulässigen - Antrag nicht mitwirken dürfen. Hat das Gericht über ein Ablehnungsgesuch in falscher Besetzung entschieden, so ist in dem Fall, dass das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden ist, allein deswegen der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO gegeben, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit bestand. Denn im Fall eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist es dem Revisionsgericht verwehrt, nach Beschwerdegrundsätzen darüber zu entscheiden , ob das Ablehnungsgesuch begründet war (BVerfG NJW 2005, 3410, 3413 f.; StraFo 2006, 232, 236; BGHSt 50, 216, 219; BGH, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 154/06 - Umdr. S. 9 f.). Ein derartiger Fall liegt hier allerdings nicht vor.
13
c) Ein Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelungen der §§ 26a, 27 StPO führt nur dann zu einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn diese Vorschriften willkürlich angewendet werden oder die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie verkennt (BVerfG NJW 2005, 3410, 3411; StraFo 2006, 232, 235 f.; BGHSt 50, 216, 218; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - 5 StR 249/06 - Umdr. S. 3). Willkür liegt vor, wenn der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten wertend beurteilt, sich gleichsam zum "Richter in eigener Sache" macht (BVerfG NJW 2005, 3410, 3412; StraFo 2006, 232, 235; Beschluss vom 2. August 2006 - 2 BvR 1518/06 - Umdr. S. 5; BGHSt aaO 219; BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05 - Umdr. S. 4; Beschluss vom 13. Juli 2006 - 5 StR 154/06 - Umdr. S. 7 f.), oder ein Verstoß von vergleichbarem Gewicht gegeben ist. Demgegenüber gibt es auch Fallgestaltungen, in denen sich ein Verfassungsverstoß nicht feststellen lässt, vielmehr die §§ 26a, 27 StPO "nur" schlicht fehlerhaft angewendet wurden (BVerfG StraFo 2006, 232, 236; vgl. ferner BGH StV 2005, 587, 588; Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05 - Umdr. S. 6).
14
Erfolgt die Verwerfung nur aus formalen Erwägungen, wurden die Ablehnungsgründe aber nicht inhaltlich geprüft, ist im Einzelfall danach zu differenzieren , ob die Entscheidung des Gerichts auf einer groben Missachtung oder Fehlanwendung des Rechts beruht, ob also Auslegung und Handhabung der Verwerfungsgründe nach § 26a Abs. 1 StPO offensichtlich unhaltbar oder aber lediglich schlicht fehlerhaft sind (BGHSt 50, 216, 219 f.). In letzterem Fall entscheidet das Revisionsgericht weiterhin nach Beschwerdegrundsätzen sachlich über die Besorgnis der Befangenheit (zur bisherigen Rspr. vgl. BGHSt 18, 200, 203; 23, 265; BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 1, 3, 9).
15
d) Die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs nach § 26a Abs. 1 StPO erfolgte hier nicht willkürlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Strafkammer Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verkannt hat.
16
Das mit dem Befangenheitsgesuch beanstandete Verhalten des Vorsitzenden war für die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig nicht relevant, sodass er bei der Mitwirkung am Verwerfungsbeschluss sein eigenes Verhalten nicht wertend beurteilen musste. Vielmehr wurde die Verwerfung nur mit formalen Mängeln des Gesuchs - Form und Frist, d.h. fehlende Glaubhaftmachung und Verspätung - begründet.
17
Die Entscheidung, das erste Ablehnungsgesuch wegen fehlender Glaubhaftmachung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StPO als unzulässig zu verwerfen, war zwar rechtsfehlerhaft; denn der von einem Verteidiger verfasste Antrag genügt schon dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn die Tatsachen, mit denen die Besorgnis der Befangenheit begründet wird, gerichtsbekannt sind (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1972, 17; Wendisch in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 26 Rdn. 16) oder der Antrag Wahrnehmungen des Verteidigers enthält, wobei das Fehlen einer anwaltlichen Versicherung grundsätzlich unschädlich ist (vgl. BayObLG StV 1995, 7; OLG Schleswig MDR 1972, 165; Pfeiffer in KK 5. Aufl. § 26 Rdn. 5; Maul in KK 5. Aufl. § 45 Rdn. 11).
18
Die Bewertung des Landgerichts ist aber nicht offensichtlich unhaltbar. Die Erklärungen des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung mussten zwar als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden. Das gilt jedoch nicht für die unterbliebene Information bezüglich des Überlassens von Aktenteilen im Vorfeld der Sachverständigenvernehmung. Insoweit teilt die Revision nicht mit, ob dieser von der Verteidigung erhobene Vorwurf gerichtsbekannt, insbesondere Gegenstand der Hauptverhandlung war. Auch diesbezüglich genügt zwar die in dem Befangenheitsgesuch enthaltene anwaltliche Erklärung, da es sich um eine eigene Wahrnehmung - gegebenenfalls auch außerhalb der Hauptverhandlung - handelte. Indem die Kammer jedoch insgesamt nicht die schlichte Erklärung ausreichen ließ, sodass zumindest die anwaltliche Versicherung von deren Richtigkeit erforderlich gewesen wäre, wandte sie den Verwerfungsgrund des § 26a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StPO nicht grob rechtsfehlerhaft an. Zwar setzt die Glaubhaftmachung nach zutreffender Auffassung insoweit eine anwaltliche Versicherung nicht voraus. Die der Entscheidung der Kammer zugrunde liegende Auslegung, die sich auch auf obergerichtliche Rechtsprechung berufen kann (vgl. OLG Koblenz OLGSt StPO § 45 Nr. 5), ist jedoch vertretbar. Sie kann das Argument für sich beanspruchen, dass dem Verteidiger, der ein Ablehnungsgesuch stellt, mit der anwaltlichen Versicherung Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung für das Ablehnungsverfahren, in dem keine Beweisaufnahme über den Ablehnungsgrund stattfindet, vor Augen geführt werden.
19
e) Die demnach nach Beschwerdegrundsätzen vorgenommene Prüfung des Sachverhalts ergibt, dass das auf die Überlassung von Aktenteilen bezügliche Verhalten einem verständigen Angeklagten keinen Anlass geben konnte, an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden zu zweifeln. Maßstab hierfür ist, ob der Richter den Eindruck erweckt, er habe sich in der Schuld- und Straffrage bereits festgelegt. Dies ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten aus zu beurteilen. Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (Senat , Urteil vom 9. August 2006 - 1 StR 50/06 - Umdr. S. 23; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 24 Rdn. 6, 8 m.w.N.).
20
Die umfangreichen Bemühungen des Vorsitzenden um einen Sprachsachverständigen für den Sinti-Dialekt "Sintitikes" erfolgten im Interesse des Angeklagten, der Zweifel an der Richtigkeit der im Ermittlungsverfahren gefertigten Übersetzung äußerte. Dass es der Vorsitzende dabei unterließ, die Verteidigung davon zu informieren, dass er der schließlich beauftragten Sachverständigen zu ihrer Vorbereitung bestimmte Aktenteile zur Verfügung gestellt hatte, konnte von vornherein kein Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit begründen , weil eine Verpflichtung hierzu nicht bestand (vgl. zu § 33 Abs. 2, 3 StPO; Maul aaO § 33 Rdn. 2; Wendisch aaO § 33 Rdn. 7). Weiterhin war die Frage des Verteidigers nach der Tatrelevanz der überlassenen digitalisierten Gespräche mit Übersetzungsprotokollen sachwidrig. Denn es war notwendig, der Sachverständigen den für ihre Übersetzungstätigkeit jedenfalls auch bedeutsamen fremdsprachlichen Akteninhalt zur Kenntnis zu bringen (§ 80 Abs. 2 StPO). Welches Interesse der Angeklagte daran haben konnte, ihr nur für den Tatvorwurf nicht relevante Gespräche zur Verfügung zu stellen, ist weder von der Revision vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal sich der Auftrag an die Sachverständige naturgemäß (auch) auf die relevanten Gespräche bezog. Die Frage des Verteidigers zielte ferner auf eine vorläufige Bewertung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise und des Akteninhalts. Hierauf haben die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich keinen Anspruch (BGHSt 43, 212); im Übrigen obliegt die Würdigung des Beweisstoffs ohnehin nicht dem Vorsitzenden allein, sondern dem gesamten Spruchkörper. Die vom Vorsitzenden auf diese sachwidrige Frage gegebene Antwort konnte, zumal die Verfahrensbeteiligten sie ohne weiteres überprüfen konnten, vom Standpunkt eines verständigen Angeklagten die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit Elf

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 338/04
vom
14. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Juni
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt - in der Verhandlung - ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 8. März 2004 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr in 21 Fällen und wegen des Förderns einer unerlaubten Ausfuhr in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte, der eine Verfahrensrüge erhebt und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet. Sein Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlaßte der Angeklagte als Geschäftsführer der Firma T. GmbH, einem Unternehmen zur Herstellung und dem Verkauf spezieller Werkzeuge für die Herstellung von Patronenlagern in Waffen, die Ausfuhr solcher Werkzeuge an Waffenhersteller im Ausland , darunter auch nach Kroatien. Obgleich ihm bekannt gewesen sei, daß die Ausfuhr solcher Werkzeuge genehmigungspflichtig ist, habe er in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis Anfang Februar 2000 in 21 Fällen solche Werkzeuge an Waffenhersteller im Ausland liefern lassen und in zwei Fällen die Werkzeuge zur Abholung in den Geschäftsräumen bereitgestellt, von wo aus sie dann durch die Abnehmer selbst ins Ausland verbracht worden seien.

II.

1. Der vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge liegt folgendes zugrunde: Die ZeuginE. T. ist seit September 2001 mit dem Bruder R. des Angeklagten verheiratet. Beide waren bis zu ihrem Ausscheiden im Sommer des Jahres 2000 ebenfalls in der Firma T. GmbH tätig, die Zeugin E. T. dabei insbesondere mit der Abwicklung von Warenausfuhren ins Ausland betraut. Aufgrund dessen war sie nach Entdeckung der Vorgänge mehrfach - teilweise als Zeugin, teilweise als Beschuldigte - dazu vernommen worden. In der Hauptverhandlung hat sie dann jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO Gebrauch gemacht, so daß die Verwertung der vorangegangenen Angaben in Frage steht. So wurde sie, nachdem sie bereits am 23. Mai 2002 durch einen Beamten des Zollfahndungs-
amtes Nürnberg und am 5. Juli 2002 durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Kaufbeuren als Zeugin vernommen worden war, am 12. August 2003 erneut - dieses Mal als Beschuldigte - durch einen Beamten des Zollfahndungsamtes Nürnberg, Herrn ZOI G. , vernommen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Vernehmungen war sie aber zu Angaben nicht bereit, nachdem der Vernehmungsbeamte sich auf ihre Bitte nicht in der Lage sah, ihr eine Abschrift des zu erstellenden Vernehmungsprotokolls nach der Vernehmung auszuhändigen. Dabei sagte er ihr aber, falls sie es sich noch anders überlege, könne sie auch eine schriftliche Stellungnahme einreichen. Am 26. August 2003 ging beim Zollfahndungsamt München - Dienstort Nürnberg - ein Faxschreiben der Zeugin T. ein. In dem Faxschreiben, das folgende Überschrift trägt: "Schriftliche Stellungnahme zur Ladung vom 12.8.2003 (Strafverfahren )", beschuldigt sie den Angeklagten sinngemäß, er habe Kenntnis von der Notwendigkeit einer Ausfuhrgenehmigung für die Werkzeuge gehabt, weil sie ihm bereits 1995 oder 1996 nach dem Besuch eines Seminars dieses Erfordernis mitgeteilt habe. Zur Überführung des Angeklagten hat sich das Landgericht auf die Angaben der Zeugin in diesem Faxschreiben gestützt, weil es nach Ansicht der Strafkammer nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung entstanden, sondern von der Zeugin aus freien Stücken verfaßt worden sei. 2. Die Revision sieht in der Verwertung der schriftlichen Stellungnahme der Zeugin T. vom 20. August 2003 mit Recht einen Verstoß gegen § 252 StPO. Verweigert ein Zeugnisverweigerungsberechtigter in der Hauptverhandlung gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO das Zeugnis, so darf auch seine Einlassung in einem früheren, gegen ihn selbst gerichteten Verfahren nicht gegen den nunmehr angeklagten Angehörigen verwendet werden (BGHSt 20, 384;
NStZ 2003, 217). Der Auffassung der Strafkammer, das Schreiben vom 20. August 2003 sei nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung entstanden , folgt der Senat nicht. Dies ist bereits aus der Überschrift des Schreibens herzuleiten, wodurch ein direkter Bezug zur Ladung zur Beschuldigtenvernehmung und dem gegen die Zeugin damals geführten Ermittlungsverfahren hergestellt wird. Insbesondere handelt es sich nicht um Angaben, die sie "aus freien Stücken" und nicht im Bewußtsein ihrer späteren Verwendungsmöglichkeit im Verfahren abgegeben hat (BGH NStZ-RR 2001, 171, 172; BGHR StPO § 252 - Verwertungsverbot 16). Wie die Strafkammer selbst festgestellt hat, war die Vernehmung der Zeugin T. am 12. August 2003 abgebrochen worden, nachdem sich der Ermittlungsbeamte nicht in der Lage sah, dem Wunsch der Zeugin nach Aushändigung einer Abschrift des Vernehmungsprotokolls nachzukommen. Indem er sie dabei darauf hingewiesen hatte, sie könne, falls sie es sich noch anders überlege, auch eine schriftliche Stellungnahme einreichen, hat er eine motivationsfördernde Wirkung ausgeübt und dadurch die dann zwei Wochen später eingegangene Stellungnahme initiiert. Auch der zeitliche Abstand zwischen dem Zeitpunkt des Vernehmungsversuchs und dem Eingang der schriftlichen Stellungnahme ist vorliegend nicht so groß, daß dadurch ein Zusammenhang mit der Vernehmung in Frage gestellt würde. Das Landgericht hat seine Überzeugung, der Angeklagte habe spätestens seit Ende 1997 über die Genehmigungspflicht der Ausfuhren Bescheid gewußt, allein auf das nichtverwertbare Schreiben (BGHSt 22, 219, 220) der Zeugin T. vom 20. August 2003 gestützt, so daß das Urteil auf der fehlerhaften Verwertung der Angaben in diesem Schreiben beruht.

III.


Entgegen der Ansicht der Revision kam vorliegend keine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 354 Abs. 1 StPO in Betracht; denn die Strafkammer hat die ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht ausreichend ausgeschöpft. Der Senat kann daher nicht ausschließen, daß in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen möglich sind, die zu einer Verurteilung führen können. Zwar ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, daß die ausführliche Zeugenvernehmung der Zeugin T. vom 23. Mai 2002 durch einen Beamten des Zollfahndungsamtes Nürnberg in Folge der Zeugnisverweigerung in der Hauptverhandlung nicht verwertbar ist. Das Landgericht hat jedoch die Aussage des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Kaufbeuren nicht vollständig ausgeschöpft, der die Zeugin am 5. Juli 2002 nach ordnungsgemäßer Belehrung vernommen hat. Dieser hat sich zwar nicht mehr konkret an den Inhalt der Bekundungen der Zeugin damals erinnert, konnte aber angeben, "daß sich die Zeugin E. T. wider seinen Erwartungen damals sehr aussagefreudig zeigte (und) dabei ihre - den Angeklagten und auch sie selbst im Ergebnis belastenden - Aussagen vor dem Zollfahnder G. bestätigte" (UA S. 16). Daraus folgt, daß sich der Ermittlungsrichter an den Kern und das Ergebnis der damaligen Aussage der Zeugin durchaus
erinnert hat und daher diese Erklärung dem Tatrichter als Beweismittel zur Verfügung gestanden hätte (vgl. BGHSt 14, 310, 312). Inwieweit hierdurch der Inhalt des Protokolls der Aussage der Zeugin am 23. Mai 2002 seine Bestätigung findet, wird der neue Tatrichter zu klären und seiner Überzeugungsbildung zugrundezulegen haben.
Nack Wahl Kolz Elf Graf
5 StR 300/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. August 2000
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Strafvereitelung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2000

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juli 1999, soweit es diesen Angeklagten betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
2. Soweit der Angeklagte wegen versuchter Nötigung (Komplex 62 der Anklage) und wegen am 12. März 1998 begangener versuchter Strafvereitelung (Komplex 60 der Anklage) verurteilt worden ist, wird er freigesprochen. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten S .
3. Im übrigen (Komplex 61 der Anklage) wird die Sache – unter Aufhebung auch der zugehörigen Feststellungen – zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Revision, an das Amtsgericht Tiergarten in Berlin – Strafrichter – zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Beschwerdeführer wegen versuchter Strafvereitelung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Revision des Beschwerdeführers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

I.


Im ersten als versuchte Strafvereitelung abgeurteilten Fall sowie im Fall der Verurteilung wegen versuchter Nötigung ergeben die Feststellungen des Tatrichters kein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers. In beiden Fällen ist auch für die Möglichkeit weitergehender Feststellungen eines neuen Tatrichters, aus denen sich ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers ergeben könnte, nichts ersichtlich, so daß der Senat auf die Sachrüge jeweils auf Freispruch durchzuentscheiden hat.
1. Das Landgericht hat den Beschwerdeführer insoweit wegen versuchter Strafvereitelung verurteilt, weil er dem Mitangeklagten K in Kenntnis der von diesem begangenen Straftaten des Bandendiebstahls und Bandenhehlerei zur Flucht ins Ausland geraten habe.

a) Im angefochtenen Urteil ist hierzu folgendes festgestellt: Am 11. März 1998 wurden die weiteren Mitangeklagten P und St festgenommen, die – u. a. – mit K in einer Diebesbande mit dem Ziel fortgesetzter Entwendung hochwertiger Kraftfahrzeuge und deren gewinnbringender Verwertung verbunden waren. Am Folgetag suchte K den Beschwerdeführer , einen vorwiegend als Strafverteidiger tätigen Rechtsanwalt, in seiner Kanzlei auf, um ihn um Übernahme der Verteidigung des St – zugleich den im selben Büro anwaltlich tätigen Sohn des Beschwerdeführers um Übernahme der Verteidigung des P – zu bitten. NachdemK auch seine eigene Verstrickung offenbart hatte, forderte der Beschwerdeführer ihn unter Hinweis auf die ihm drohende schwere Bestrafung auf, das Land zu verlassen.K lehnte ausdrücklich ab und floh nicht. Er wurde drei Tage später seinerseits verhaftet. Davor hatte er die Kanzlei des Beschwerdeführers ein weiteres Mal aufgesucht; dabei hatte dieser die Aufforderung zur Flucht nicht wiederholt. Zuvor, am 13. März 1998, hatte der Beschwerdeführer seinen Mandanten St bei einem Haftbesuch gefragt , ob er K zur Flucht veranlassen solle; die gleiche – ergebnislos ge-
bliebene – Frage hatte der Sohn des Beschwerdeführers auf dessen Veranlassung am selben Tag seinem Mandanten P gestellt.
Nach Auffassung des Landgerichts wollte der Beschwerdeführer den Mitangeklagten K mit seiner Aufforderung zur Flucht als mögliches seinen Mandanten St belastendes Beweismittel vorübergehend beiseite schaffen.

b) Die Annahme, der Beschwerdeführer habe bei der festgestellten Aufforderung an den Mitangeklagten K z ur Flucht in Strafvereitelungsabsicht zugunsten seines Mandanten St gehandelt, dessen Verteidigung der Beschwerdeführer indes, wie sich den Feststellungen entnehmen läßt, von vornherein mit dem Ziel einer Geständnisbereitschaft zu führen gedachte , ist ebenso problematisch wie die zweifelhafte Frage einer Abgrenzung der abgeurteilten mittelbaren Täterschaft des Beschwerdeführers von strafloser Anstiftung zu gemäß § 258 Abs. 5 StGB strafloser persönlicher Selbstbegünstigung. Ob die getroffenen Feststellungen ausreichen oder auch nur ergänzbar wären, um bei der vorliegenden Fallgestaltung eine Täterschaft des Beschwerdeführers mit Rücksicht auf einen durch seine Stellung als Rechtsanwalt bedingten Wissensvorsprung und eine hierauf beruhende Einflußmöglichkeit anzunehmen (vgl. zum gesamten damit zusammenhängenden , von der Revision angesprochenen Problemkreis nur die Kommentierungen zu § 258 StGB von Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. Rdn. 5 ff., 14; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. Rdn. 16 ff., 31 ff.; Ruß in LK 11. Aufl. Rdn. 10 ff., 19 ff., 35; jeweils m.w.N.), erscheint zweifelhaft. Die Fragen bedürfen hier nicht der Entscheidung. Die Revision macht nämlich zutreffend geltend, daß den Feststellungen jedenfalls eindeutig zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer von einem etwa strafbaren Versuch der Strafvereitelung strafbefreiend zurückgetreten ist.

c) Entgegen der rechtlichen Wertung des Landgerichts läßt sich der Gesamtheit der Urteilsfeststellungen entnehmen, daß die Voraussetzungen
eines nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB strafbefreienden Rücktritts des Beschwerdeführers vom unbeendeten Versuch vorliegen.
Da K beim ersten Besuch der Kanzlei des Beschwerdeführers eine Flucht noch ausdrücklich abgelehnt hatte, die Kanzlei vielmehr wenige Tage später erneut aufsuchte, wußte der Beschwerdeführer, daß seine bisherigen Bemühungen nicht ausgereicht hatten, K zur Flucht zu bewegen. Ein beendeter Versuch lag damit nicht vor. Aber auch ein fehlgeschlagener Versuch , von dem der Beschwerdeführer nicht mehr strafbefreiend hätte zurücktreten können, war nicht gegeben. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer die Weigerung des K zu fliehen als endgültig erkannt hätte (vgl. BGHR StGB § 31 Abs. 1 – Freiwilligkeit 3). Das Gegenteil folgt aus den eigenen, für die Beweiswürdigung zu diesem Schuldspruch als besonders wesentlich angesehenen Feststellungen des Landgerichts (UA S. 84, 183, 255): Danach hat der Beschwerdeführer zwischen beiden Besuchen des Mitangeklagten K s einen Mandanten St gefragt, ob er K zur Flucht veranlassen solle, und hat eine entsprechende Frage seines Sohnes an dessen Mandanten P v eranlaßt. Aus diesem Verhalten wird deutlich, daß der Beschwerdeführer weitere Einwirkungsmöglichkeiten auf K als gegeben ansah.
Wenn er K unter diesen Voraussetzungen beim folgenden Besuch trotz Erörterung der von K begangenen Taten nicht erneut zur Flucht aufforderte , so folgt daraus, daß er seinen bislang noch nicht als zureichend, indes auch nicht als gescheitert angesehenen Versuch aufgegeben hat, und zwar – mangels entgegenstehender Anhaltspunkte – freiwillig. Damit ist der Beschwerdeführer von einem etwa strafbaren – unbeendeten, nicht endgültig fehlgeschlagenen – Versuch der Strafvereitelung jedenfalls strafbefreiend zurückgetreten. Dies muß seine Freisprechung in diesem Fall nach sich ziehen.
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat sich der Beschwerdeführer auch nicht wegen versuchter Nötigung (§§ 240, 22 StGB) strafbar gemacht.

a) Nach den Urteilsfeststellungen versuchte er am 6. Juli 1998 vergeblich , den Mitangeklagten K , dessen Verteidigung er sofort nach dessen Inhaftierung – unter Niederlegung des Mandats für St – übernommen hatte, dazu zu veranlassen, eine von ihm diktierte unrichtige Erklärung zu unterzeichnen. Mit jener Erklärung sollten den Beschwerdeführer belastende Angaben des K gegenüber den Ermittlungsbehörden wahrheitswidrig dementiert werden; diese betrafen zum einen die Aufforderung des Beschwerdeführers an K zur Flucht ins Ausland, zum anderen einen von K dem Beschwerdeführer nach seiner Inhaftierung erteilten Auftrag, die Beseitigung eines bestimmten gestohlenen Kraftfahrzeuges zu vermitteln. Der Beschwerdeführer kündigte K an, wenn dieser die Erklärung nicht unterzeichne , könne er ihn nicht weiter verteidigen; eine – tatsächlich gar nicht getroffene, von dem Beschwerdeführer erlogene – Absprache mit dem Staatsanwalt – insbesondere eine als maßvoll angesehene Strafobergrenze und Haftverschonung mit Urteilserlaß betreffend – werde damit hinfällig werden , K müsse mit wesentlich höherer Bestrafung und Haftfortdauer rechnen.

b) Die Frage, ob die von der Revision zu diesem Fall vorgetragenen besonders gewichtigen Bedenken gegen die Beweiswürdigung durchgreifen müßten, ist, da insoweit jedenfalls eine Durchentscheidung auf Freispruch eher fern läge, nachrangig. Die getroffenen Feststellungen wären nämlich – ungeachtet eines gegebenenfalls grob standeswidrigen, den inhaftierten Mandanten nachhaltig bedrängenden und täuschenden Verhaltens des Beschwerdeführers – gleichwohl nicht geeignet, eine tragfähige Grundlage für einen Schuldspruch wegen versuchter Nötigung zu bilden.
Die Ankündigung des Beschwerdeführers, er werde bei einem andauernden Verdacht strafvereitelnden Vorverhaltens die Verteidigung des K nicht fortführen können, entsprach ersichtlich der strafverfahrens- und standesrechtlichen Rechtslage und vermag schon daher bei den hier im übrigen festgestellten Begleitumständen nicht den Tatbestand der Drohung mit einem empfindlichen Übel zu erfüllen.
Das Landgericht sieht diese in der Ankündigung des Scheiterns der erlogenen Absprache. Ein Übel in diesem Zusammenhang konnte für den Mitangeklagten K aber allein im unsicheren Fortgang seines Strafverfahrens in der Zukunft liegen. Mußte schon die Durchsetzung der vom Beschwerdeführer behaupteten Absprache mit dem Staatsanwalt auch seinem Mandanten offensichtlich als nicht endgültig gesichert erscheinen, war es auch und erst recht dessen Aussicht für den weiteren Verfahrensablauf unter Mitwirkung eines anderen Verteidigers. Mehr als eine – freilich zudem auf erlogener Basis erfolgte – massive Anpreisung seiner Verteidigerqualität, aus welcher der Mandant positive Auswirkungen auf den Verfahrensausgang zu erwarten habe, lag in der Bedrängung, durch die Unterschrift unter die Erklärung die Fortführung der Verteidigung zu ermöglichen, objektiv nicht. Anderes war daraus auch für den Mandanten K offensichtlich nicht zu entnehmen. Hierin läßt sich indes keine Drohung mit einem empfindlichen Übel finden , vielmehr lediglich eine hiervon abzugrenzende Warnung vor naheliegenden für den Mandanten negativen Konsequenzen für den Weigerungsfall, die indes nach eigener Darstellung nicht vom Willen des Beschwerdeführers abhingen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 240 Rdn. 16).
Eine etwa negative Beeinflussung des weiteren Strafverfahrens für den Fall der Verweigerung der erbetenen Unterschriftsleistung hat der Beschwerdeführer seinem Mandanten K hingegen ersichtlich – auch schlüssig oder versteckt – nicht angedroht. Danach fehlt es nach den Feststellungen am tatbestandlichen Einsatz eines Nötigungsmittels.

c) Mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine sonstige mögliche Strafbarkeit des Beschwerdeführers ist auch wegen dieser Tat auf Freispruch durchzuentscheiden.

II.


Im zweiten Fall der Verurteilung wegen versuchter Strafvereitelung hat die Revision des Beschwerdeführers mit einer Verfahrensrüge Erfolg, die insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt.
1. In diesem Fall hat die sachlichrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils – anders als in den beiden anderen Fällen – nicht ohne weiteres die Freisprechung des Beschwerdeführers zur Folge. Ihm wird insoweit zur Last gelegt, im Interesse seines inhaftierten Mandanten K auf den früheren Mitangeklagten Kr erfolglos dahin eingewirkt zu haben, daß Kr , der mehrfach gestohlene Fahrzeuge vonK angekauft hatte , ein von K abgestelltes gestohlenes Fahrzeug beiseite schaffe und für ihn verwerte; ferner sollte Kr in seiner Werkstatt befindliche Teile gestohlener Fahrzeuge als Beweismittel beiseite schaffen.
Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß mit dem festgestellten Einwirken auf den vorgesehenen Tatmittler hier noch kein Versuchsbeginn einhergegangen wäre, bestehen nicht (vgl. nur BGHSt 43, 177, 179 f.; BGH, Urteil vom 12. Juli 2000 – 2 StR 43/00 –; jeweils m.w.N.). Die Feststellungen ergeben in diesem Fall auch nicht etwa ohne weiteres die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch; vielmehr liegt hinsichtlich des beiseite zu schaffenden gestohlenen Fahrzeugs ein fehlgeschlagener, im übrigen ein mit der Einwirkung auf den die Sachherrschaft ausübenden Tatmittler beendeter Versuch nahe.
Hinsichtlich der zu beseitigenden Beweismittel könnten freilich ähnliche Zweifel bei der Abgrenzung zwischen strafbarer mittelbarer Täterschaft
und strafloser Anstiftung zu straflosem selbstbegünstigendem Verhalten zum Tragen kommen wie im Fall der Fluchtaufforderung. Die Frage ist vom Senat indes im bisherigen Verfahrensstadium nicht abschließend zu beantworten. Hinsichtlich der Verwertung eines gestohlenen Kraftfahrzeuges kann Anlaß bestehen, den Sachverhalt auch auf eine mögliche Strafbarkeit unter den Gesichtspunkten der Begünstigung und der Hehlerei zu überprüfen.
2. Mit der Verlesung eines Schriftsatzes des Sohnes des Beschwerdeführers , der in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO Gebrauch gemacht hatte, hat die Strafkammer – die den entsprechenden in der Hauptverhandlung vorgebrachten berechtigten Einwand des Beschwerdeführers zurückgewiesen hatte – gegen § 252 StPO verstoßen.

a) Anläßlich der Durchsuchung der Kanzleiräume des Beschwerdeführers am 30. Juni 1998 war der Zeuge als Sohn des beschuldigten Beschwerdeführers vorsorglich über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden. Der verlesene Schriftsatz vom 13. Juli 1998 ist vom Beschwerdeführer diktiert worden, indes unwiderlegt auf der Grundlage von Angaben des Zeugen, der den Schriftsatz auch unterzeichnet hat. Inhaltlich enthält er angebliche Erkenntnisse des Zeugen über gemeinsame anwaltliche Kontakte des Beschwerdeführers und des Zeugen zu Mitangeklagten im Zusammenhang mit den beiden Strafvereitelungsvorwürfen. Der Zeuge äußert darin seine Bereitschaft , sich zum Inhalt des Schriftsatzes staatsanwaltlich vernehmen zu lassen. Der Beschwerdeführer überreichte den Schriftsatz am 14. Juli 1998 anläßlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch den Staatsanwalt. Bereits am nächsten Tag wurde sein Sohn dann vom ermittelnden Staatsanwalt zeugenschaftlich vernommen; in dieser Vernehmung bezog er sich auf den Schriftsatz.

b) Verweigert ein Zeuge in der Hauptverhandlung berechtigt das Zeugnis, so dürfen Schriftstücke, die er anläßlich einer gemäß § 252 StPO
unverwertbaren Vernehmung im Ermittlungsverfahren überreicht und auf die er sich bei dieser Vernehmung bezogen hat, ihrerseits gemäß § 252 StPO nicht verlesen und nicht verwertet werden (BGHSt 22, 219; BGHR StPO § 252 – Verwertungsverbot 13; BGH StV 1998, 470). Die Revision macht zutreffend geltend, daß diese Grundsätze hier ebenfalls zu gelten haben.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Schriftsatz nicht als spontan abgegebene freiwillige Erklärung gewertet werden, deren Verwertbarkeit mangels Zusammenhangs mit einer Vernehmung zu erwägen wäre (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Rdn. 8 f.; Diemer in KK 4. Aufl. Rdn. 20; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO Rdn. 29 f.; jeweils zu § 252 m.w.N.). Es handelt sich nicht um Angaben, die „aus freien Stücken“ und nicht im Bewußtsein ihrer späteren Verwendungsmöglichkeit im Verfahren abgegeben worden sind (vgl. auch BGHR StPO § 252 – Verwertungsverbot 16, zum Abdruck in BGHSt bestimmt). Vielmehr ist der Schriftsatz von dem Zeugen mit dem Ziel der Verwertung im Rahmen seiner zu erwartenden Vernehmung an die Staatsanwaltschaft gelangt, jene Vernehmung ist alsbald erfolgt und der Zeuge hat dementsprechend auch den Inhalt des Schriftsatzes zum Gegenstand seiner Vernehmung gemacht. Unter diesen Voraussetzungen wäre es unvertretbar, die Verwertbarkeit abweichend gegenüber einer Fallgestaltung zu behandeln, bei welcher der Zeuge – oder der Beschuldigte mit dessen Einverständnis – zunächst nur die Vernehmung zu dem im Schriftsatz behandelten Beweisthema anregt und den Schriftsatz der Staatsanwaltschaft erst bei jener alsbaldigen Vernehmung überläßt. Die nach bindender Rechtsprechung eindeutig gegebene Unverwertbarkeit bei jener Fallgestaltung muß auch die nur unwesentlich variierte der vorliegenden Verfahrensgestaltung erfassen.

c) Da das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung, die weitgehend der heiklen Frage galt, ob den Angaben des Beschwerdeführers oder den entgegenstehenden von Mitangeklagten zu folgen sei, für die Wertung der Unzuverlässigkeit der Einlassung des Beschwerdeführers auch den ver-
lesenen, indes unverwertbaren Schriftsatz seines Sohnes herangezogen hat (vgl. UA S. 194 ff.), läßt sich ein Beruhen des Schuldspruchs im zweiten Fall der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen versuchter Strafvereitelung auf dem Verfahrensverstoß nicht ausschließen.

d) Nach bindender Rechtsprechung könnte nichts Abweichendes für die Verwertung eines auf entsprechende Weise in das Verfahren eingeführten Schreibens der Verlobten des Beschwerdeführers vom 14. Juli 1998 gelten, die in der Hauptverhandlung ebenfalls gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO das Zeugnis verweigert hat. Daß die Zeugin bei ihrer Vernehmung im Ermittlungsverfahren mit dem Beschwerdeführer noch nicht verlobt war, ihr mithin, als sie das Schreiben zum Gegenstand ihrer Vernehmung gemacht hatte, noch gar kein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden hatte, ist nach seitheriger Rechtsprechung unerheblich (BGHSt 22, 219, 220). Der Senat kann – nicht anders als jüngst bei anderer Fallgestaltung (BGHR StPO § 252 – Verwertungsverbot 17, zum Abdruck in BGHSt 45, 342 bestimmt) – auch hier offenlassen, ob Anlaß besteht, von dieser Rechtsprechung abzugehen; denn die auf Verletzung des § 252 StPO gestützte Verfahrensrüge greift allein wegen der Verwertung des Schriftsatzes des von Anfang an zeugnisverweigerungsberechtigten Sohnes des Beschwerdeführers durch.
3. In der Sache offensichtlich begründet ist auch die von der Revision erhobene Beanstandung einer Verletzung des Fragerechts durch unberechtigte Zurückweisung einer Frage des Verteidigers Rechtsanwalt B an den Mitangeklagten K . Die – bewußt allgemein und offen gestellte – Frage , inwiefern die von K zuvor allgemein als teilweise unrichtig bezeichneten Angaben des weiteren Mitangeklagten Kr im einzelnen unzutreffend gewesen seien, war ersichtlich zulässig, insbesondere geeignet und sachgerecht. Es bestand keine gesetzliche Grundlage zur Zurückweisung der Frage; der Verteidiger brauchte sich nicht auf den konkreten Vorhalt von Einzelheiten beschränken zu lassen.
4. Wegen dieses verbliebenen Falles der Verurteilung, in dem der Senat nicht auf Freispruch durchentschieden hat, verweist der Senat die Sache unter Aufhebung der zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) gemäß § 354 Abs. 3 StPO an den Strafrichter zurück. Dieser ist für das Verfahren , s oweit es sich allein gegen den Beschwerdeführer richtet, nach § 25 Nr. 2 GVG zuständig. Eine Fortdauer der Verbindung mit dem Verfahren gegen den ebenfalls revidierenden Mitangeklagten P , bei dem indes lediglich eine Teilaufhebung der Strafe nach geringfügiger Abänderung des Schuldspruchs erfolgt, kommt offensichtlich nicht in Betracht.
Die Zurückverweisung an den Strafrichter hat auch mit Rücksicht darauf zu erfolgen, daß die Zuständigkeit des Landgerichts allein aus der bisherigen Verbindung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer mit dem gegen die übrigen Mitangeklagten geführten umfänglichen Verfahren folgte und daß jene Verbindung angesichts der denkbar geringen Parallelbezüge und notwendig deckungsgleichen Beweiserhebungen erheblichen Bedenken unterliegen muß. Ob die entsprechende – zudem nicht auf § 338 Nr. 1 StPO gestützte – Verfahrensrüge Erfolg gehabt hätte, erscheint angesichts eines dem Tatrichter in Fragen der Verbindung und Trennung prinzipiell zuzubilligenden besonders weiten Ermessens gleichwohl fraglich.
Dennoch werden dem Beschwerdeführer im Falle einer erneuten Verurteilung jedenfalls die beträchtlichen Unzuträglichkeiten, die er infolge jener zweifelhaften Verbindung erfahren hat, im weiteren Verfahrensverlauf – un-
geachtet seines eigenen teils höchst bedenklichen Prozeßverhaltens (vgl. insbesondere auch UA S. 198 ff.) – zugute zu halten sein.
Harms Häger Basdorf Tepperwien Brause

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 338/04
vom
14. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Juni
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt - in der Verhandlung - ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 8. März 2004 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr in 21 Fällen und wegen des Förderns einer unerlaubten Ausfuhr in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte, der eine Verfahrensrüge erhebt und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet. Sein Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlaßte der Angeklagte als Geschäftsführer der Firma T. GmbH, einem Unternehmen zur Herstellung und dem Verkauf spezieller Werkzeuge für die Herstellung von Patronenlagern in Waffen, die Ausfuhr solcher Werkzeuge an Waffenhersteller im Ausland , darunter auch nach Kroatien. Obgleich ihm bekannt gewesen sei, daß die Ausfuhr solcher Werkzeuge genehmigungspflichtig ist, habe er in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis Anfang Februar 2000 in 21 Fällen solche Werkzeuge an Waffenhersteller im Ausland liefern lassen und in zwei Fällen die Werkzeuge zur Abholung in den Geschäftsräumen bereitgestellt, von wo aus sie dann durch die Abnehmer selbst ins Ausland verbracht worden seien.

II.

1. Der vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge liegt folgendes zugrunde: Die ZeuginE. T. ist seit September 2001 mit dem Bruder R. des Angeklagten verheiratet. Beide waren bis zu ihrem Ausscheiden im Sommer des Jahres 2000 ebenfalls in der Firma T. GmbH tätig, die Zeugin E. T. dabei insbesondere mit der Abwicklung von Warenausfuhren ins Ausland betraut. Aufgrund dessen war sie nach Entdeckung der Vorgänge mehrfach - teilweise als Zeugin, teilweise als Beschuldigte - dazu vernommen worden. In der Hauptverhandlung hat sie dann jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO Gebrauch gemacht, so daß die Verwertung der vorangegangenen Angaben in Frage steht. So wurde sie, nachdem sie bereits am 23. Mai 2002 durch einen Beamten des Zollfahndungs-
amtes Nürnberg und am 5. Juli 2002 durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Kaufbeuren als Zeugin vernommen worden war, am 12. August 2003 erneut - dieses Mal als Beschuldigte - durch einen Beamten des Zollfahndungsamtes Nürnberg, Herrn ZOI G. , vernommen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Vernehmungen war sie aber zu Angaben nicht bereit, nachdem der Vernehmungsbeamte sich auf ihre Bitte nicht in der Lage sah, ihr eine Abschrift des zu erstellenden Vernehmungsprotokolls nach der Vernehmung auszuhändigen. Dabei sagte er ihr aber, falls sie es sich noch anders überlege, könne sie auch eine schriftliche Stellungnahme einreichen. Am 26. August 2003 ging beim Zollfahndungsamt München - Dienstort Nürnberg - ein Faxschreiben der Zeugin T. ein. In dem Faxschreiben, das folgende Überschrift trägt: "Schriftliche Stellungnahme zur Ladung vom 12.8.2003 (Strafverfahren )", beschuldigt sie den Angeklagten sinngemäß, er habe Kenntnis von der Notwendigkeit einer Ausfuhrgenehmigung für die Werkzeuge gehabt, weil sie ihm bereits 1995 oder 1996 nach dem Besuch eines Seminars dieses Erfordernis mitgeteilt habe. Zur Überführung des Angeklagten hat sich das Landgericht auf die Angaben der Zeugin in diesem Faxschreiben gestützt, weil es nach Ansicht der Strafkammer nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung entstanden, sondern von der Zeugin aus freien Stücken verfaßt worden sei. 2. Die Revision sieht in der Verwertung der schriftlichen Stellungnahme der Zeugin T. vom 20. August 2003 mit Recht einen Verstoß gegen § 252 StPO. Verweigert ein Zeugnisverweigerungsberechtigter in der Hauptverhandlung gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO das Zeugnis, so darf auch seine Einlassung in einem früheren, gegen ihn selbst gerichteten Verfahren nicht gegen den nunmehr angeklagten Angehörigen verwendet werden (BGHSt 20, 384;
NStZ 2003, 217). Der Auffassung der Strafkammer, das Schreiben vom 20. August 2003 sei nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung entstanden , folgt der Senat nicht. Dies ist bereits aus der Überschrift des Schreibens herzuleiten, wodurch ein direkter Bezug zur Ladung zur Beschuldigtenvernehmung und dem gegen die Zeugin damals geführten Ermittlungsverfahren hergestellt wird. Insbesondere handelt es sich nicht um Angaben, die sie "aus freien Stücken" und nicht im Bewußtsein ihrer späteren Verwendungsmöglichkeit im Verfahren abgegeben hat (BGH NStZ-RR 2001, 171, 172; BGHR StPO § 252 - Verwertungsverbot 16). Wie die Strafkammer selbst festgestellt hat, war die Vernehmung der Zeugin T. am 12. August 2003 abgebrochen worden, nachdem sich der Ermittlungsbeamte nicht in der Lage sah, dem Wunsch der Zeugin nach Aushändigung einer Abschrift des Vernehmungsprotokolls nachzukommen. Indem er sie dabei darauf hingewiesen hatte, sie könne, falls sie es sich noch anders überlege, auch eine schriftliche Stellungnahme einreichen, hat er eine motivationsfördernde Wirkung ausgeübt und dadurch die dann zwei Wochen später eingegangene Stellungnahme initiiert. Auch der zeitliche Abstand zwischen dem Zeitpunkt des Vernehmungsversuchs und dem Eingang der schriftlichen Stellungnahme ist vorliegend nicht so groß, daß dadurch ein Zusammenhang mit der Vernehmung in Frage gestellt würde. Das Landgericht hat seine Überzeugung, der Angeklagte habe spätestens seit Ende 1997 über die Genehmigungspflicht der Ausfuhren Bescheid gewußt, allein auf das nichtverwertbare Schreiben (BGHSt 22, 219, 220) der Zeugin T. vom 20. August 2003 gestützt, so daß das Urteil auf der fehlerhaften Verwertung der Angaben in diesem Schreiben beruht.

III.


Entgegen der Ansicht der Revision kam vorliegend keine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 354 Abs. 1 StPO in Betracht; denn die Strafkammer hat die ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht ausreichend ausgeschöpft. Der Senat kann daher nicht ausschließen, daß in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen möglich sind, die zu einer Verurteilung führen können. Zwar ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, daß die ausführliche Zeugenvernehmung der Zeugin T. vom 23. Mai 2002 durch einen Beamten des Zollfahndungsamtes Nürnberg in Folge der Zeugnisverweigerung in der Hauptverhandlung nicht verwertbar ist. Das Landgericht hat jedoch die Aussage des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Kaufbeuren nicht vollständig ausgeschöpft, der die Zeugin am 5. Juli 2002 nach ordnungsgemäßer Belehrung vernommen hat. Dieser hat sich zwar nicht mehr konkret an den Inhalt der Bekundungen der Zeugin damals erinnert, konnte aber angeben, "daß sich die Zeugin E. T. wider seinen Erwartungen damals sehr aussagefreudig zeigte (und) dabei ihre - den Angeklagten und auch sie selbst im Ergebnis belastenden - Aussagen vor dem Zollfahnder G. bestätigte" (UA S. 16). Daraus folgt, daß sich der Ermittlungsrichter an den Kern und das Ergebnis der damaligen Aussage der Zeugin durchaus
erinnert hat und daher diese Erklärung dem Tatrichter als Beweismittel zur Verfügung gestanden hätte (vgl. BGHSt 14, 310, 312). Inwieweit hierdurch der Inhalt des Protokolls der Aussage der Zeugin am 23. Mai 2002 seine Bestätigung findet, wird der neue Tatrichter zu klären und seiner Überzeugungsbildung zugrundezulegen haben.
Nack Wahl Kolz Elf Graf

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 545/01
vom
20. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Februar 2002 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 9. Mai 2001 werden als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen
keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Auf der Grundlage der im angefochtenen Urteil dazu getroffenen
Feststellungen und der vom Landgericht insoweit erhobenen
Beweise geht auch der Senat in freibeweislicher Bewertung
davon aus, daß den Telefonüberwachungsmaßnahmen,
deren Ergebnisse Eingang in die Beweiswürdigung gefunden
haben, richterliche Anordnungen zugrundelagen. Er sieht keinen
Anlaß, dem im Revisionsverfahren weiter als im Verfahren
vor dem Landgericht geschehen nachzugehen. Ein Verwertungsverbot
scheidet danach aus. Das gilt zumal auch angesichts
des Gegenstandes der vorliegenden Verurteilungen (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 100a Rdn. 21,
§ 100b Rdn. 7).
2. Soweit die Revision des Angeklagten D. eine Beeinträchtigung
des Fragerechts im Blick auf die gesperrten und als unmittelbare
Zeugen nicht zur Verfügung stehenden Vertrauenspersonen
der Polizei (VP) geltend macht (Art. 6 Abs. 3
Buchst. d MRK), dringt sie mit ihrer Beanstandung nicht durch.
Die polizeilichen Vernehmungsbeamten dieser Vertrauenspersonen
hat die Strafkammer als unmittelbare Zeugen zu den
Angaben der VP's vernommen; sie konnten befragt werden.
Aus den Urteilsgründen ergibt sich weiter, daû wenigstens hinsichtlich
einer dieser Vertrauenspersonen eine ergänzende polizeiliche
Vernehmung auf der Grundlage eines konkreten Fragenkatalogs
der Verteidigung stattgefunden hat, deren Ergebnisse
anschlieûend durch den Vernehmungsbeamten als Zeugen
in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind (vgl. UA
S. 28). Die Revision trägt nicht vor, daû solches auch hinsichtlich
der anderen Vertrauenspersonen beantragt und abgelehnt
oder sonst erfolglos versucht worden wäre. Sie teilt auch nicht
mit, welche konkreten Fragen noch hätten gestellt werden sollen.
Angesichts dessen kann hier nicht festgestellt werden, daû
das Verfahren als ganzes nicht im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK
fair gewesen wäre.
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet keinen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) An die Beweisführung sind nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes eingedenk des Grundsatzes der freien
Beweiswürdigung (§ 261 StPO) besondere Anforderungen
zu stellen, wenn die Feststellungen auf die Aussage eines
Zeugen vom Hörensagen gestützt werden, der seinerseits
Angaben einer gesperrten Vertrauensperson der Polizei in
die Beweisaufnahme einführt. In einem solchen Falle bedarf
es regelmäûig der Bestätigung dieser Angaben durch andere
wichtige Beweisanzeichen (BGH NStZ 1994, 502 m.w.
Nachw.). Das gilt für die Beweisführung beim unerlaubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, welches eine groûe
Menge von Rauschgift betrifft, die aber tatsächlich nicht umgesetzt
worden ist, auch für die den Schuldumfang mitprägende
Mengenangabe einer solchen Vertrauensperson
(BGH aaO).
In den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe wurden die Angaben
der Vertrauenspersonen der Polizei, die sich durch wechselseitige
Verflechtung auszeichnen, vor allem durch die Aussage
des Zeugen C. bestätigt (UA S. 31/32). Im
Fall 4, der sich mengenmäûig deutlich von den anderen
Fällen des unerlaubten Handeltreibens abhebt, lassen sich
im Blick auf die Tat als solche bestätigende Beweisanzeichen
von Gewicht in dem überwachten und aufgezeichneten
Telefongespräch vom 17. Juni 1997 finden, aber auch in der
Aussage des Zeugen B. zu Einzelheiten des
Randgeschehens der Verhandlungen. Für die groûe, nicht
sichergestellte Rauschgiftmenge des zwischen der polizeilichen
Vertrauensperson " M. " und den Angeklagten
angestrebten Geschäfts finden sich - neben der Schilderung
dieser VP und deren Bewertung - noch hinreichend gewich-
tige anderweitige tatsächliche Umstände, die die Strafkammer
für ihre tatrichterliche Überzeugung ins Feld führt: Diese
belegen zwar nicht unmittelbar und konkret auf die gegenständliche
Tat bezogen die Mengenangabe der VP "
M. ". Sie lassen in ihrer Vielfalt aber den Schluû des
Tatrichters zu, daû der Angeklagte S. Zugang zu Mengen
der in Rede stehenden Gröûenordnung hatte. So war er
zuvor in der Schweiz verurteilt worden, weil er 10,5 kg Heroin
in seiner Wohnung gelagert und "Drogengelder" in Höhe
von 112.000 Schweizer Franken in DM umgewechselt
hatte. Der Angeklagte hat diesen Sachverhalt in der Hauptverhandlung
eingeräumt. Damals handelte der Angeklagte
S. "auf Drängen" eines "Du. " (UA S. 6), zu dem der
Angeklagte nach wie vor Kontakt hat, wie das Landgericht
aufgrund bei ihm aufgefundener Notizen über die Telefonanschlüsse
des "Du. " ausführt (UA S. 36). Nach Angaben
einer anderen polizeilichen Vertrauensperson (UA S. 27) hat
"Du. " aus der Türkei Lieferungen von 20 kg Heroin bezogen
(UA S. 27). Hinzu kommt, daû andere Drogenhändler
bei polizeilichen Vernehmungen den Angeklagten als "groûen
Heroinhändler" (Zeuge Ce. , UA S. 45 f.) und als
denjenigen ("I. ") bezeichnet hatten, der "seit Jahren
Mannheim mit Drogen" beliefere (Zeuge Al. , UA S. 54) und
der "gröûere Mengen" liefere (Zeuge C. , UA S. 32).
Schlieûlich ist das in hohem Maûe auf Abschottung und
Konspiration angelegte Vorgehen in Betracht zu ziehen, das
auch durch das überwachte Telefonat vom 17. Juni 1997
belegt wird. Dieses Telefonat verdeutlicht in der aus Rechtsgründen
nicht zu beanstandenden Bewertung des Landgerichts
(UA S. 17), daû von einer erwarteten Lieferung 2 kg in
die Schweiz gebracht werden sollten. Auch das deutet im
Zusammenhang darauf hin, daû der Angeklagte S. in
der Lage war, Drogengeschäfte über Mengen der auch vom
Landgericht festgestellten Gröûenordnung (10 kg Heroin) zu
tätigen. Der Senat trägt daher in dem hier gegebenen Fall
keine durchgreifenden Bedenken, wenn das Landgericht
nach den Grundsätzen freier Beweiswürdigung (§ 261 StPO)
insgesamt noch "andere wichtige Beweisanzeichen" auch
hinsichtlich der von der Vertrauensperson "M. " berichteten
Menge gesehen und alles in allem auch insoweit eine
tragfähige Grundlage für die Verurteilung der Angeklagten
angenommen hat.

b) Soweit die Strafkammer bei ihrer Beweiswürdigung zur fortdauernden
Verstrickung des Angeklagten S. in den
Drogenhandel auch dessen Freispruch in einer anderen Sache
durch das Landgericht München I erwähnt und die Zeugenaussage
des dortigen Vorsitzenden Richters dahin bewertet
, dieser habe die Gründe für den Freispruch des Angeklagten
"nicht nachvollziehbar schildern können", verkennt
die Kammer, daû jener Zeuge - zumal im Blick auf die
Gründe des dort ergangenen abgekürzten Urteils - dem Beratungsgeheimnis
unterlag. Die Erwägung begegnet im Ergebnis
allerdings deshalb keinen den Bestand des Urteils
gefährdenden Bedenken, weil die erkennende Kammer den
Abnehmer des Angeklagten S. in jener Sache,
P. , selbst als Zeugen vernommen und sich in jener
Angelegenheit eine eigenständige Überzeugung gebildet
hat.
Schäfer Wahl Schluckebier
Kolz Hebenstreit

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 584/05
vom
23. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. März 2006 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 17. August 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Zu der Verfahrensrüge (§§ 249 Abs. 2, 261 StPO) bemerkt der Senat: Nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO ist die Feststellung über die Kenntnisnahme vom Wortlaut der im Selbstleseverfahren zu lesenden Urkunden durch die, d.h. alle Richter und Schöffen in das Protokoll aufzunehmen (vgl. Gollwitzer in LoeweRosenberg StPO 25. Aufl. § 249 Rdn. 90; Schlüchter in SKStPO § 249 Rdn. 63). Da die Sitzungsniederschrift lediglich ausweist, dass die beiden Schöffen und die richterliche Beisitzerin dem Vorsitzenden mitgeteilt haben, dass sie die Telefonlisten gelesen haben, vertritt die Revision zu Recht die Auffassung , es müsse davon ausgegangen werden, dass der Vorsitzende der Strafkammer vom Wortlaut der Urkunden keine Kenntnis genommen hat (vgl. BGH NStZ 2000, 47; 2005, 160; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 249 Rdn. 31). Der Umstand, dass der Vorsitzende (und die Berichterstatterin) von den Urkunden bereits im Rahmen der Vorbereitung der Hauptverhandlung Kenntnis genommen haben werden, machte die Protokollierung entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht entbehrlich. Die Rüge hat dennoch keinen Erfolg, weil das Urteil nicht auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO): Abgesehen davon , dass die Telefondaten - soweit sie überhaupt beweiserheblich sein konnten - durch Vorhalt an den Angeklagten und an Zeugen (vgl. etwa UA 46 [Zeugin Mechthild F. ]) in die Hauptverhandlung eingeführt worden sein konnten, ist im Hinblick auf die sorgfältige Beweiswürdigung auszuschließen, dass die ergänzende (UA 46) Heranziehung der Gesprächsdaten das Beweisergebnis beeinflusst hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2001 - 1 StR 378/01; Kuckein in KK 5. Aufl. § 337 Rdn. 35, 38 [der Rechtsfehler bezieht sich nur auf ein zusätzlich bestätigendes Indiz]). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Sost-Scheible