Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Aug. 2019 - 1 StR 214/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 154 Abs. 2 StPO beschlossen:
a) das Verfahren gegen den Angeklagten M. nach § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in Abschnitt C. II. 4. Tatkomplex 4 der Urteilsgründe wegen Untreue in 21 Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen dieses Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft , aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 13 Fällen und des Betrugs in drei Fällen schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben. Die Einziehung entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 13 Fällen, Betrugs in drei tateinheitlichen Fällen, Betrugs in sieben tateinheitlichen Fällen, Betrugs in neun tateinheitlichen Fällen und Untreue in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Im Übrigen hat es von einer Einziehungsentscheidung abgesehen und angeordnet, dass ein Jahr der verhängten Strafe als verbüßt gilt.
- 2
- Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der ein Verfahrenshindernis geltend gemacht und die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt wird.
- 3
- Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Es führt zur Einstellung des Verfahrens wegen Untreue in 21 Fällen (Abschnitt C. II. 4. Tatkomplex 4 der Urteilsgründe), zu einer Änderung des Schuldspruchs, zur Aufhebung der Gesamtstrafe und zum Entfallen der Einziehungsentscheidung. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 4
- 1. Der Schuldspruch bedarf hinsichtlich der Betrugsstraftaten der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur.
- 5
- Wird Betrug kumulativ banden- und gewerbsmäßig begangen, liegt nicht lediglich ein nur für die Strafzumessung bedeutsames Regelbeispiel vor; vielmehr enthält § 263 Abs. 5 StGB einen Qualifikationstatbestand, der die Tat zum Verbrechen hochstuft. Ist aber ein eigener Straftatbestand mit besonderen Qualifikationsmerkmalen verwirklicht, hat das Tatgericht dies im Urteilstenor durch Aufführung dieser Qualifikationsmerkmale zum Ausdruck zu bringen (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 181/07 Rn. 8 mwN).
- 6
- 2. Hinsichtlich der Untreuestraftaten folgt der Senat dem Antrag des Generalbundesanwalts und stellt deren Verfolgung ein (§ 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO).
- 7
- a) Zwar hätte der Senat grundsätzliche Bedenken, der Argumentation des Generalbundesanwalts zu folgen. Denn die 21 Untreuetaten dürften nicht als mitbestrafte Nachtaten zu den vorhergehenden, zu Lasten der Kapitalanleger begangenen Betrugstaten zu werten sein, sofern die C. AG mit ihrem Sitz in Ma. auf den Mar. nach § 266 Abs. 1 StGB geschützte Vermögensinhaberin war, wie das Landgericht ohne weitere Begründung angenommen hat.
- 8
- aa) Mit dem Zufluss der von den getäuschten Anlegern überwiesenen Gelder auf dem Konto der im Auftrag der drei Angeklagten als "offshoreGesellschaft" gegründeten C. AG wurde das Barvermögen dieser Auslandsgesellschaft gemehrt, deren Vorstand der Angeklagte M. war. Da er, in Deutschland handelnd (§ 9 Abs. 1 StGB), in Unkenntnis und ohne Einverständnis der beiden Mitangeklagten, die ebenso wie er sich an den Anlagegeldern bereichern wollten, in 21 Fällen Geld zu seiner privaten Verwendung entnahm, entzog er diese Beträge dem Zugriff der Gesellschaft. Damit könnte die C. AG – neben den Kapitalanlegern – weitere Geschädigte sein, sodass die Grundsätze einer mitbestraften Nachtat (dazu nur BGH, Beschluss vom 20. September 2000 – 3 StR 19/00 Rn. 4 f.) hier keine Anwendung fänden.
- 9
- bb) Indes lässt sich nach den lückenhaften Feststellungen nicht beurteilen , ob die C. AG eine dem Schutzbereich des § 266 StGB unterfallende Vermögensinhaberin mit eigener Rechtspersönlichkeit war. Dazu hätte es der Aufklärung bedurft, ob sie nach dem Recht des ausländischen Staates, der Republik Mar. , wirksam gegründet und rechtsfähig war (vgl. zu einer EU-Auslandsgesellschaft BGH, Urteil vom 13. April 2010 – 5 StR 428/09 Rn. 13 ff., BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 47).
- 10
- b) Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es indes wegen der Teileinstellung nicht. Neben den für die verbleibenden und den Unrechtsschwerpunkt bildenden Betrugsstraftaten ausgeurteilten Freiheitsstrafen von sechs Monaten in drei Fällen, acht Monaten in zehn Fällen, zehn Monaten, einem Jahr sowie einem Jahr und vier Monaten fallen die für die 21 Fälle der Untreue festgesetzten Einzelstrafen von drei Monaten in drei Fällen, fünf Monaten und sechs Monaten in jeweils neun Fällen nicht beträchtlich ins Gewicht (§ 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO). Ohnehin erschiene der Unrechtsgehalt des Eingriffs in das Barvermögen der nur zum Einsammeln der Anlagegelder gegründeten Gesellschaft als gering.
- 11
- 3. Die Teileinstellung des Verfahrens führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der für diesen Tatkomplex verhängten Einzelstrafen. Auch die Gesamtstrafe ist aufzuheben und muss von einem neuen Tatrichter neu bemessen werden, da der Senat im Hinblick auf die verbleibenden Einzelstrafen nicht ausschließen kann, dass das Landgericht ohne die in den eingestellten Fällen verhängten Freiheitsstrafen eine mildere Gesamtstrafe gebildet hätte. Die Teileinstellung zieht zugleich die Aufhebung der Einziehungsentscheidung nach sich (BGH, Beschlüsse vom 1. August 2018 – 1 StR 326/18 Rn. 7 und vom 25. April 2019 – 1 StR 54/19 Rn. 16).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.
(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.