Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19

bei uns veröffentlicht am22.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 434/19
vom
22. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
hier: Revision des Angeklagten I.
ECLI:DE:BGH:2019:221019B1STR434.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 22. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog, § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten I. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Mai 2019
a) im Strafausspruch dahin geändert, dass er aa) im Fall D.II. der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie bb) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt wird;
b) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen , auch soweit es die Nichtrevidentin D. betrifft, dahin geändert, dass lediglich ein Betrag von 33.205 Euro der gesamtschuldnerischen Einziehung unterliegt. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Rechtsgang wegen sieben Fällen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hatte es sichergestelltes Bargeld und den Wert von Taterträgen eingezogen. Dieses Urteil hat der Senat auf Revision des Angeklagten – auch zugunsten der Nichtrevidentin D. – mit den zugehörigen Feststellungen in drei Fällen im Schuldspruch, im gesamten Strafausspruch sowie in den gesamtschuldnerischen Einziehungsanordnungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (Beschluss vom 20. September 2018 – 1 StR 316/18). Im zweiten Rechtsgang hat das Landgericht nunmehr eine Tat nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und den Angeklagten über den rechtskräftigen Schuldspruch hinaus wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen verurteilt. Zudem hat es alle Einzelstrafen neu zugemessen, eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gebildet und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet.
2
Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

II.

3
1. Das Landgericht hat gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen, indem es im Fall D.II. der Urteilsgründe (vormals Fall B.7.) eine Einzelstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verhängt hat. Im ersten Rechtsgang hatte die Strafkammer für diese Tat eine Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten festgesetzt. Das Verschlechterungsverbot gilt auch für die Einzelstrafen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2002 – 1 StR 313/02 Rn. 21, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12; KK-Paul, 8. Aufl., § 331 Rn. 3 mwN). Daher war – wieauch vom Generalbundesanwalt beantragt – der Strafausspruch im Fall D.II. der Urteilsgründe aufzuheben. Der Senat hat die Freiheitsstrafe indes nicht auf das gesetzliche Mindestmaß von einem Jahr (§ 29a Abs. 1 BtMG), sondern entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf zwei Jahre und sechs Monate herabgesetzt. Denn das Landgericht hätte ohne den Rechtsfehler nicht auf eine niedrigere als die in dem früheren Urteil verhängte Einzelstrafe erkannt.
4
Um jede Beschwer des Angeklagten auszuschließen, hat der Senat die vom Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe um das geminderte Maß der Einzelstrafe, also um drei Monate herabgesetzt (vgl. zu dieser Verfahrensweise BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 – 4 StR 113/01 Rn. 4).
5
2. Das Landgericht hat mit seiner Einziehungsentscheidung ebenso wenig das Verschlechterungsverbot beachtet.
6
a) Das erste Tatgericht hatte 44.295 Euro Bargeld sowie dem Wert nach 63.205 Euro als Taterträge eingezogen. Den Gesamtbetrag in Höhe von 107.500 Euro hat das Landgericht zwar formal unterschritten, indem es allein die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 68.000 Euro angeordnet hat. Diese Anordnung verstößt hier aber gleichwohl gegen § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO, auch wenn bei der Prüfung eine Gesamtschau der jeweils ver- hängten Rechtsfolgen geboten ist (vgl. zu Letzterem BGH, Beschluss vom 11. November 1970 – 4 StR 66/70, BGHSt 24, 11, 14; KK-Paul, 8. Aufl., § 331 Rn. 4; LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 331 Rn. 32). Der Angeklagte und die mit ihm als Gesamtschuldnerin haftende Nichtrevidentin D. hatten in der ersten Hauptverhandlung auf die Herausgabe des Bargelds verzichtet. Dessen Einziehung im früheren Urteil nach § 73 Abs. 1 StGB war daher zumindest entbehrlich (vgl. näher BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 3 StR 307/18, BGHSt 63, 314 Rn. 6 ff.; Beschluss vom 20. März 2019 – 3 StR 67/19 Rn. 6 ff. mwN). Infolge ihres unwiderruflichen Verzichts erhalten der Angeklagte und die Nichtrevidentin D. das Bargeld – mag es den neuen Feststellungen zufolge auch nicht durch die angeklagten Taten erlangt sein – nicht zurück (vgl. auch UA S. 34 f.). Die wirtschaftliche Belastung verbleibt ihnen also selbst ohne förmliche Einziehung des Bargelds. Deren Anordnung im früheren Urteil ist deshalb beim Vergleich der Rechtsfolgen hinwegzudenken. Maßgeblich ist allein die ursprünglich geringere Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 1 StR 591/18 Rn. 13).
7
Der damit verbundene Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot entfällt nicht durch dem Vollstreckungsverfahren vorbehaltene Anordnungen (vgl. LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 331 Rn. 36), wie sie hier nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO in Betracht kommen.
8
b) Der Betrag, den das erste Tatgericht als den Wert von Taterträgen eingezogen hatte (63.205 Euro), ist zudem um weitere 30.000 Euro zu mindern. Ein solcher Abzug entspricht dem damals festgestellten Wert der Taterträge im aufgehobenen Fall B.6. der ersten Urteilsgründe. Diese Tat hat das Landgericht nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Insoweit war eine Einziehung im hiesigen Verfahren nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2018 – 1 StR 326/18 Rn. 7) und ist auch nicht erfolgt (§ 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO; UA S. 35). Der nach § 358 Abs. 2 StPO zulässige Einziehungsbetrag bei den verbliebenen Taten, an denen das – tatbezogene (vgl. LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 358 Rn. 11 mwN) – Verschlechterungsverbot zu messen ist, verringert sich indes um jene 30.000 Euro, die im ersten Rechtsgang noch auf die eingestellte Tat entfallen waren. Dafür spricht auch, dass insoweit die selbständige Einziehung vorgesehen ist, die einem etwaigen eigenen Verfahren vorbehalten ist (§ 76a Abs. 3 StGB, § 435 StPO). Diese Regelungen schränken das Verschlechterungsverbot nicht etwa ihrerseits ein (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 5 StR 387/18, BGHSt 64, 48 Rn. 18 ff. mwN).
9
c) Der Senat hat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Einziehungsausspruch auf den zulässigen Höchstbetrag von 33.205 Euro reduziert. Eine solche Korrektur ist auch bei der Nichtrevidentin D. veranlasst. Sie ist ebenso wie der Angeklagte von dem Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot betroffen, der in den Anwendungsbereich von § 357 Satz 1 StPO fällt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2000 – 2 StR 171/00 Rn. 7 mwN). Raum Jäger Bellay Leplow Pernice

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19 zitiert 13 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 76a Selbständige Einziehung


(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vor

Strafprozeßordnung - StPO | § 421 Absehen von der Einziehung


(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn 1. das Erlangte nur einen geringen Wert hat,2. die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Be

Strafprozeßordnung - StPO | § 435 Selbständiges Einziehungsverfahren


(1) Die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger können den Antrag stellen, die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig und die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist. Die Staatsanwaltschaft kann insbeson

Strafprozeßordnung - StPO | § 459g Vollstreckung von Nebenfolgen


(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungs

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2019 - 5 StR 387/18

bei uns veröffentlicht am 10.01.2019

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StPO § 331 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 1, § 373 Abs. 2 Satz 1 StGB § 76a Das Verbot der Verschlechterung schließt die erstmalige Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB in der Fassung des

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2019 - 1 StR 591/18

bei uns veröffentlicht am 24.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 591/18 vom 24. Januar 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Bandendiebstahls u.a. hier: Revision des Angeklagten E. ECLI:DE:BGH:2019:240119B1STR591.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtsho

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2019 - 3 StR 67/19

bei uns veröffentlicht am 20.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 67/19 vom 20. März 2019 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2019:200319B3STR67.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung de

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2002 - 1 StR 313/02

bei uns veröffentlicht am 19.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 313/02 vom 19. November 2002 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. zu 1. wegen Zuhälterei u.a. zu 2. und 3. wegen schweren Menschenhandels u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2002 gemäß

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2018 - 1 StR 326/18

bei uns veröffentlicht am 01.08.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 326/18 vom 1. August 2018 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2018:010818B1STR326.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und auf Antrag d

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - 3 StR 307/18

bei uns veröffentlicht am 13.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 307/18 vom 13. Dezember 2018 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja –––––––––––––––––––––––––– StGB § 73a Abs. 1 In den Fällen der erweiterten Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StG

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2018 - 1 StR 316/18

bei uns veröffentlicht am 20.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 316/18 vom 20. September 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. hier: Revision des Angeklagten I. ECLI:DE:BGH:2018:200918B1STR316.18.0 Der 1. Stra

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 316/18
vom
20. September 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Revision des Angeklagten I.
ECLI:DE:BGH:2018:200918B1STR316.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 20. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten I. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Februar 2018 – unter Erstreckung gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidentin D. – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen B.5, B.6 und B.7 der Urteilsgründe;
b) im gesamten Strafausspruch;
c) in den Anordnungen über die Einziehung, soweit der Angeklagte und die Nichtrevidentin D. als Gesamtschuldner verurteilt wurden; die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.000 Euro gegen die Nichtrevidentin D. bleibt aufrecht erhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten I. wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten I. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. In sechs Fällen handelte der Angeklagte gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) mit der nicht revidierenden Mitangeklagten D. . Diese hat das Landgericht zugleich wegen weiterer Betäubungsmitteldelikte verurteilt, an denen der Angeklagte nicht beteiligt war (Fälle B.1 und B.2 der Urteilsgründe). Ferner hat es die gesamtschuldnerische Einziehung von sichergestellten 44.295 Euro und von Wertersatz in Höhe von 63.205 Euro, bei der Nichtrevidentin D. zudem – veranlasst durch die weiteren Taten – die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seinem Rechtsmittel rügt der Angeklagte I. die Verletzung materiellen Rechts. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte neben Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wegen tateinheitlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verurteilt worden ist.
3
a) Nach den Feststellungen erwarben der Angeklagte und die Nichtrevidentin in sechs Fällen (Taten B.3 bis B.8 der Urteilsgründe) gemeinsam zwischen einem und zehn Kilogramm Marihuana, das sie sodann von Spanien aus in die Bundesrepublik einführten oder einführen ließen, um es gewinnbringend zu veräußern. Im Fall B.5 der Urteilsgründe „ließen“ sie die in Spanien gekauf- ten Betäubungsmittel durch einen Kurier „in einem LKW nach Deutschland in ihre Wohnung … verbringen“, im Fall B.7 der Urteilsgründe „von einem unbekannten Rauschgifthändler … über einen Reisebus von Spanien nach Deutsch- land einführen“. Im Fall B.6 erfolgte die Einfuhr des von dem Angeklagten und der Nichtrevidentin in Spanien übernommenen Marihuanas „auf nicht näher bekannte Weise“.
4
b) In den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe ermöglichen die lückenhaften Feststellungen nicht die Prüfung, ob der Angeklagte den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (mit-)täterschaftlich verwirklicht hat. Der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen aber die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg , der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 14). Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16, StV 2017, 285). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar ver- anlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).
5
c) Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Die Feststellungen lassen in diesen Fällen nicht erkennen, welchen Einfluss er jeweils auf den Einfuhrvorgang hatte. In den Fällen B.5 und B.7 der Urteilsgründe ist – auch unter Berücksichtigung der dem Tatgeschehen vorangestellten allge- meinen Feststellungen (UA S. 6) – bereits unklar, ob sich der Angeklagte und die Nichtrevidentin persönlich in Spanien befanden. Welche Tatbeiträge sie zwecks Beauftragung der Kuriere erbrachten, ob ihnen ein Einfluss auf die Zeit, den Weg und die Art des Transports zukam sowie ob und wann sie hierfür finanzielle Aufwendungen tätigten, bleibt ebenso offen. Im Fall B.6 der Urteilsgründe ist den Feststellungen nicht sicher zu entnehmen, dass sie das Marihuana eigenhändig in die Bundesrepublik verbrachten. Vielmehr lässt der Zu- satz „in nicht näher bekannter Weise“ besorgen, dass dies doch durch andere Personen geschehen sein könnte, so dass eine mittäterschaftliche Einfuhr durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin auch in diesem Fall durchgreifend in Frage steht.
6
Ob in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe eine Strafbarkeit wegen Anstiftung (oder Beihilfe) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommt, kann der Senat anhand der vorliegenden Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Hierzu hätte es näherer Feststellungen insbesondere zur Einschaltung der Kuriere (Fälle B.5 und B.7 der Urteilsgründe) sowie zu den näheren Modalitäten des Einfuhrvorgangs (Fall B.6 der Urteilsgründe) bedurft. Bei den weiteren Taten belegen die äußerst knapp gehaltenen Feststellungen hingegen (noch) eine mittäterschaftliche Einfuhr des Marihuanas durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin.
7
d) Soweit der Schuldspruch wegen der Einfuhrdelikte keinen Bestand hat, müssen auch die – für sich betrachtet rechtsfehlerfreien – tateinheitlichen Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfallen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 18 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339, 340). Der Senat hebt die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. Die Teilaufhebung des Schuldspruchs ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierende Mitangeklagte zu erstrecken, da die aufgezeigten Rechtsfehler diese in gleicher Weise betreffen.
8
2. Der Wegfall der im Fall B.5 der Urteilsgründe jeweils verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten entzieht den gesamten Strafaussprüchen die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 1 StR 6/13, BGHR AO § 109 Abs. 1 Fristverlängerung 1). Das neue Tatgericht kann die Strafen insgesamt neu bestimmen.
9
Ebenso wenig können die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts nach §§ 73, 73c StGB Bestand haben, soweit sie eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten und der Nichtrevidentin vorsehen. Unbeschadet des Verzichts beider auf das sichergestellte Bargeld (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, NJW 2018, 2278 f.) entfällt mit der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs die Grundlage für diese Einziehungen. Den Feststellungen war nicht zu entnehmen, durch welche der gemeinschaftlich begangenen Taten der Angeklagte und die Nichtrevidentin die Mitverfügungsgewalt über die noch vorhandenen oder über die dem Wert nach eingezogenen Taterträge erlangt haben.
Raum Jäger Bellay
Bär Pernice

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 313/02
vom
19. November 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
zu 1. wegen Zuhälterei u.a.
zu 2. und 3. wegen schweren Menschenhandels u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten D. , P. und N. wird das Urteil des Landgerichts Ulm vom 15. April 2002 im Schuldspruch dahin geändert, daß
a) der Angeklagte D. der Zuhälterei in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Ausbeutung von Prostituierten,
b) der Angeklagte P. des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern jeweils in Tateinheit mit Zuhälterei und Ausbeutung von Prostituierten in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel, sowie der gefährlichen Körperverletzung ,
c) der Angeklagte N. des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Zuhälterei und Ausbeutung von Prostituierten in vier Fällen, davon in zwei Fällen in weiterer Tateinheit mit schwerem Menschenhandel und in einem dieser Fälle in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, sowie der Zuhälterei in Tateinheit mit Ausbeutung von Prostituierten in einem weiteren Falle und
d) der Mitangeklagte J. der Beihilfe in zwei Fällen der Zuhälterei in Tateinheit mit Ausbeutung von Prostituierten schuldig sind. 2. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorbezeichnete Urteil in dem diesen Angeklagten betreffenden gesamten Strafausspruch aufgehoben. 3. Auf die Revision des Angeklagten N. wird das genannte Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie über die Einzelstrafen im ersten "Schleusungskomplex" (15. Oktober 2000; zum Nachteil S. , "I. "), im vierten „Schleusungskomplex“ (Juni 2001; zum Nachteil Da. und L. ), wegen vorsätzlicher Körperverletzung (zum Nachteil S. ) und wegen der Fälle der Zuhälterei in Tateinheit mit Förderung der Prostitution zum Nachteil "K. ", "R. " und B. aufgehoben. 4. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten D. , P. und N. werden verworfen. 5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten D. und N. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 6. Der Angeklagte P. hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägerinnen erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat verurteilt: 1. den Angeklagten D. wegen "17 Fällen der tateinheitlichen Zuhälterei und Förderung der Prostitution" zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren , 2. den Angeklagten P. wegen "acht Fällen des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern, jeweils zugleich mit Zuhälterei und Förderung der Prostitution, davon in zwei Fällen zugleich mit schwerem Menschenhandel, sowie in einem Fall der gefährlichen Körperverletzung" zur Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, 3. den Angeklagten N. wegen "sechs Fällen des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern, jeweils zugleich mit Zuhälterei und Förderung der Prostitution, davon in zwei Fällen zugleich mit schwerem Menschenhandel , außerdem in drei Fällen" wegen "tateinheitlicher Zuhälterei und Förderung der Prostitution sowie wegen eines Falles der vorsätzlichen Körperverletzung" zur Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren,
4. den nichtrevidierenden Mitangeklagten J. wegen "Beihilfe in drei tateinheitlichen Fällen sowie in zwei tateinheitlichen Fällen der Zuhälterei und Förderung der Prostitution" zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Angeklagten D. , P. und N. wenden sich hiergegen mit ihren Revisionen und rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Die Revision des Angeklagten P. erhebt überdies Verfahrensrügen, die jedoch aus den Erwägungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 20. August 2002 nicht durchgreifen. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils führt zu einer Änderung der Schuldsprüche sowie - soweit die Angeklagten D. und N. betroffen sind - zur vollständigen bzw. teilweisen Aufhebung des Strafausspruchs. Im übrigen bleiben die Rechtsmittel ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). I. Die Schuldsprüche bedürfen der Änderung. 1. Das Landgericht hat den Tatbestand der Förderung der Prostitution (§ 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB aF) angewandt und dabei nicht bedacht, daß der Gesetzgeber diesen mit Wirkung vom 1. Januar 2002 und damit vor Urteilsfindung durch das Landgericht neu und enger gefaßt und die Deliktsbezeichnung geändert hat (durch Art. 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten - ProstG - vom 20. Dezember 2001, BGBl. I 3983). Die geänderte Vorschrift wäre hier als das den Angeklagten ersichtlich günstigere Recht anzuwenden gewesen (§ 2 Abs. 3 StGB). Während § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB aF (Förderung der Prostitution) u.a. voraussetzte, daß die Prostitutionsausübung durch Maßnahmen gefördert wird, welche über das bloße Gewähren von
Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt und die damit üblicherweise verbundenen Nebenleistungen hinausgehen, verlangt der nunmehrige Tatbestand der Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a Abs. 1 StGB nF), daß die Prostituierte in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten wird. Er entspricht insoweit der Begehungsform des § 180a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF. Der Senat kann den Schuldspruch ändern. Die vom Landgericht insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ergeben ohne weiteres, daß die Tatopfer hier in persönlicher Abhängigkeit gehalten wurden, mithin auch der neue Tatbestand der Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a Abs. 1 StGB nF) erfüllt ist. Davon ausgenommen ist lediglich der erste den Angeklagten D. betreffende Komplex (sieben ungarische Frauen). Aus den Urteilsgründen folgt in ihrem Zusammenhang, daß der Angeklagte D. im zweiten, dritten und vierten Komplex (fünf litauische Frauen von P. , erst zwei, dann drei litauische Frauen von N. ) sowie die Angeklagten P. und N. die Frauen in einem Abhängigkeitsverhältnis hielten, das deren persönliche Selbstbestimmung erheblich beschränkte (vgl. zum Maßstab, auch zum Tatbestandsmerkmal des Unterhaltens oder Leitens eines Betriebes nur BGH NStZ 1995, 179/180). Ihnen wurden die Arbeitszeiten vorgegeben, sie wurden beaufsichtigt, durften nicht ohne Erlaubnis und großenteils nicht ohne Begleitung außer Haus gehen und erhielten ihren Anteil am Dirnenlohn nicht ausgezahlt, um sie gefügig zu halten. Hinsichtlich des Lohns gab es lediglich für die vom Angeklagten N. vermittelte Prostituierte Ba. während des zweiten Teiles ihres Aufenthaltes in Deutschland eine Ausnahme, die jedoch an der Beschränkung der persönlichen Selbstbestimmung im übrigen ersichtlich nichts zu ändern vermag.
Eine erhebliche Beschränkung der persönlichen Selbstbestimmung läßt sich den Feststellungen allerdings hinsichtlich der im Lokal des Angeklagten D. zunächst tätigen sieben ungarischen Frauen nicht entnehmen (UA S. 12/13: Tätigkeit von "A. ", Z. , Sz. , M. , Ju. , Du. , V. vom März bis April 2001). Deshalb kann es insoweit nur bei einem Schuldspruch wegen Zuhälterei verbleiben. Eine tateinheitlich verwirklichte Ausbeutung von Prostituierten im Sinne des § 180a Abs. 1 StGB nF wird von den Feststellungen insoweit nicht getragen. Die Annahme einer tateinheitlichen Förderung der Prostitution nach § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB aF hat in diesem Tatkomplex zu entfallen (§ 2 Abs. 3 StGB). Soweit der Senat den Schuldspruch entsprechend geändert hat (§ 180a Abs. 1 StGB nF anstatt § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB aF, mit Ausnahme eines Falles betreffend den Angeklagten D. ), hätten sich die Angeklagten ersichtlich nicht anders als geschehen verteidigen können. Abgesehen davon, daß sie bereits auch wegen ausbeuterischer Zuhälterei angeklagt waren, ist in der Hauptverhandlung ein rechtlicher Hinweis ergangen, demzufolge auch eine Verurteilung nach § 180a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF in Betracht komme, der inhaltlich mit § 180a Abs. 1 StGB nF übereinstimmt (vgl. zum Hinweis Anlage 10 zum Protokoll vom 15. April 2002). Der Zusammenhang der Hinweise ergab, daß auch für den Angeklagten N. der Vorwurf nach § 180a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF (merkmalsgleich mit § 180a Abs. 1 StGB nF) im Raume stand. 2. Überdies hat die Strafkammer die Zahl der den Angeklagten P. und N. angelasteten Fälle in der Urteilsformel nicht zutreffend bezeichnet ; der Senat ändert dies entsprechend der Behandlung der Einzelfälle durch die Kammer in den Urteilsgründen, namentlich bei der Strafbemessung. Dar-
über hinaus hat die Kammer die Konkurrenzverhältnisse nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei beurteilt; auch daraus ergeben sich Schuldspruchänderungen. Das Landgericht hat die Angeklagten P. und N. betreffend angenommen, daß die Taten des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern die damit im Zusammenhang stehenden Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Frauen zur Tateinheit verbinden (§ 52 StGB; vgl. dazu BGH NStZ 2000, 657, 660 f.). Dementsprechend hat es für die einzelnen "Schleusungskomplexe" nur eine Einzelstrafe festgesetzt, obgleich zumeist jeweils mehrere Frauen geschleust wurden und geschädigt waren. In der Urteilsformel hingegen hat die Strafkammer die Fallzahl ersichtlich an der Zahl der jeweils geschädigten Frauen ausgerichtet. Das steht mit der rechtlichen Würdigung und der Strafbemessung - die jeweils zutreffend sind - nicht im Einklang. Auch für die sog. "Nichtschleusungsfälle" gilt, daß die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Tatopfer wegen der teilweisen Identität der Ausführungshandlungen jeweils zu Komplexen zusammenzufassen sind, und zwar eingedenk der Höchstpersönlichkeit der durch die einschlägigen Tatbestände geschützten Rechtsgüter (vgl. dazu nur BGHR StGB § 181a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 3, § 181a Abs. 2 Konkurrenzen 1; siehe weiter BGH NStZ 2000, 657). Insoweit kann auch mit einem Körperverletzungsdelikt zum Nachteil einer Prostituierten Tateinheit bestehen, wenn diese Tat dazu dient, die Geschädigte zur Fortsetzung der Prostitution zu bewegen (vgl. nur BGH, Urt. vom 16. Februar 1993 - 5 StR 673/92). Danach ergibt sich folgendes:
a) Der Angeklagte P. hat in den ihm angelasteten "Schleusungskomplexen" jeweils nur eine Tat begangen. Obgleich acht Frauen betroffen waren , fallen ihm nur vier Taten sowie eine gefährliche Körperverletzung (zum Nachteil S. ) zur Last, wie das Landgericht in der rechtlichen
Würdigung und in seiner Strafzumessung zutreffend sieht. Dementsprechend hat es auch nur fünf Einzelstrafen angesetzt. Der Senat sieht keinen Anlaß, die Konkurrenzverhältnisse zwischen dem zweiten und dritten "Schleusungskomplex" anders zu beurteilen als das Landgericht. Die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil S. steht zu den übrigen Tatbeständen - wie die Strafkammer rechtsfehlerfrei annimmt - in Tatmehrheit. Sie diente nicht unmittelbar dazu, die Geschädigte zur Fortsetzung der Prostitution zu bewegen. Vielmehr ließ der Angeklagte P. seine Wut an der Frau aus und wollte klarmachen, was es bedeute, sich ihm zu widersetzen und ihn nicht über wichtige Vorgänge (hier das Verhalten Dritter, die sich zu diesem Zeitpunkt außerhalb seines Einflußbereichs befanden) zu unterrichten (vgl. UA S. 34). Der Senat paßt die Urteilsformel der rechtlichen Würdigung und den Strafzumessungsgründen des Landgerichts an. Auf die Strafbemessung hat das ersichtlich keinen den Angeklagten belastenden Einfluß, zumal das Landgericht im ersten "Schleusungskomplex" übersehen hat, daß die Höchststrafe nicht fünf Jahre Freiheitsstrafe beträgt, sondern nach § 92a Abs. 2 AuslG zehn Jahre Freiheitsstrafe, was den Angeklagten indes nicht beschwert.
b) Dem Angeklagten N. sind vier "Schleusungskomplexe" zuzurechnen , die sechs Frauen betreffen. Mithin hat er insoweit vier Taten begangen , bei denen die jeweils weiter verwirklichten Tatbestände zueinander in Tateinheit stehen. Das gilt hier auch hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil S. . Diese steht zu den im ersten "Schleusungskomplex" (Schleusung vom 15. Oktober 2000) verwirklichten Tatbeständen (u.a. § 181 Abs. 1 Nr. 3, § 181a Abs. 1 Nr. 2, § 180a Abs. 1 StGB) in weiterer Tateinheit, weil er die Frau "während eines Streits um die Fortsetzung
der Prostitution" mißhandelte (UA S. 38). Auch die vom Landgericht angenommenen drei selbständigen Taten zum Nachteil "K. ", "R. " und B. (vgl. UA S. 39, 57; "Nichtschleusungsfälle", § 181a Abs. 1 Nr. 2, § 180a Abs. 1 StGB) stehen untereinander nicht in Tatmehrheit, weil der Zusammenhang des Urteils auch insoweit Teilidentität der Ausführungshandlungen hinsichtlich "K. " und "R. " einerseits belegt; andererseits ist die Tat zum Nachteil der B. dem sog. vierten "Schleusungskomplex" zuzuschlagen, weil diese gemeinsam mit Da. und L. der Prostitution nachgehen mußte (UA S. 43). Die Aussprüche über die Gesamtstrafe und die Einzelstrafen gegen den Angeklagten N. in den genannten betroffenen Fällen (vgl. Beschlußtenor Ziff. 3) unterliegen folglich der Aufhebung. Die Einzelstrafen in den "Schleusungskomplexen" zwei und drei (Schleusungen vom 13. März 2001 und vom April 2001 betreffend Ba. und Pa. ) können indes bestehen bleiben. Für die insoweit abgeurteilten Taten bedingt die Aufhebung der anderen Einzelstrafen ersichtlich keine Veränderung des Unrechtsgehalts. Auswirkungen der neu festzusetzenden Einzelstrafen auf die beiden bestehen bleibenden Strafen, die dem Angeklagten günstig sein könnten , sind daher auszuschließen, zumal lediglich Fassungsmängel der Urteilsformel und Wertungsfehler hinsichtlich der Konkurrenzen in Rede stehen und die Strafkammer auch hier im "Schleusungskomplex" drei die Höchststrafdrohung aus § 92a Abs. 2 AuslG übergangen hat. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) steht in denjenigen Fällen, in denen neue Einzelstrafen festzusetzen sind, einer höheren als der bisherigen Einzelstrafe nicht grundsätzlich entgegen. Vom Landgericht als selbständig erachtete Taten (Tatmehrheit) sind als solche entfallen (mit den
zugehörigen Einzelstrafen); sie sind jetzt mit anderen Taten zur Tateinheit verbunden. Der Unrechtsgehalt dieser nun zur Tateinheit zusammen gefaßten Taten ist damit erhöht. Das Verschlechterungsverbot, welches grundsätzlich auch für Einzelstrafen gilt, gebietet bei dieser Sachlage deshalb nur, daß die Summe der jeweils betroffenen bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der jeweils neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird. Überdies darf auch die neue Gesamtstrafe nicht höher als bisher ausfallen (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 3, 7; BGH, Beschluß vom 27. November 1997 - 5 StR 464/97; Kuckein in KK 4. Aufl. § 358 Rdn. 30 m.w.N.; Ruß ebendort § 331 Rdn. 2a m.N.; siehe auch schon RGSt 62, 61, 63; 62, 74, 76).
c) Die dem Angeklagten D. angelasteten 17 Einzelfälle, die 17 Frauen betreffen, sind ebenfalls wegen Teilidentität der Ausführungshandlungen zu vier Taten zusammenzufassen. Die sieben ungarischen Frauen (März bis April 2001), die von P. vermittelten fünf litauischen Frauen (April bis Mai 2001), die zunächst zwei (Mai bis Juni 2001), später drei weiteren litauischen Frauen (Juni 2001), die für den Angeklagten N. tätig waren, arbeiteten in dem selben Bordell bei dem Angeklagten D. unter grundsätzlich ähnlichen Bedingungen. Der Zusammenhang der Urteilsgründe belegt, daß die Ausführungshandlungen des Angeklagten D. gegenüber diesen Prostituierten in den vier Gruppen zumindest teilweise zusammenfielen und identisch waren (siehe nur BGHR StGB § 181a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 3). Da insoweit keine der Einzelstrafen gegen den Angeklagten D. bestehen bleiben kann, ist der gesamte Strafausspruch gegen diesen Angeklagten aufzuheben. Für die neue Straffindung gilt hinsichtlich des Verschlechterungsverbots das bereits Ausgeführte (siehe oben I.2.b).
II. Die Schuldspruchänderung ist auf den Mitangeklagten J. zu erstrecken, der in zwei Fällen Beihilfe zu den Taten des Angeklagten P. ("Schleusungskomplexe" zwei und drei) geleistet hat (§ 357 StPO). Auswirkungen auf die Strafzumessung insoweit sind zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen. III. Die Feststellungen des angefochtenen Urteils können vollumfänglich bestehen bleiben, auch soweit die Strafaussprüche aufzuheben sind; denn insoweit stehen lediglich Wertungsfehler und Fassungsmängel in Rede. Der neue Tatrichter wird die bezeichneten Einzelstrafen und die Gesamtstrafen für die Angeklagten N. und D. neu festzusetzen haben. Ergänzende Feststellungen, die den getroffenen nicht widersprechen, sind statthaft. IV. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Revision des Angeklagten P. folgt daraus, daß dieses Rechtsmittel im Ergebnis erfolglos bleibt (§ 473 Abs. 1 StPO). Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

6
Die Neuregelung der Vorschriften über die strafrechtliche Vermögensabschöpfung durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) hat die in der gerichtlichen Praxis verbreitete "formlose" Vermögensabschöpfung nicht eingeschränkt. In den hier in Rede stehenden Fällen der erweiterten Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StGB hindert ein von dem Angeklagten erklärter Verzicht auf die Herausgabe der betreffenden Gegenstände das Tatgericht zwar nicht, die Einziehung gleichwohl anzuordnen, wenn es davon überzeugt ist, dass der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat. Es ist ihm aber unbenommen, mit Rücksicht auf die Verzichtserklärung von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen, insbesondere wenn die Frage, ob die Voraussetzungen des § 73a Abs. 1 StGB erfüllt sind, weiterer Sachaufklärung bedarf. Im Einzelnen:
6
a) Zum alten Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung war anerkannt , dass der Verzicht auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände durch den Angeklagten die Anordnung der Einziehung oder des Verfalls ent- behrlich machte; eine gerichtliche Einziehungs- bzw. Verfallsentscheidung wurde in solchen Fällen als überflüssig angesehen (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juli 1965 - 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257; vom 27. Juli 2005 - 2 StR 241/05, juris Rn. 13; Beschlüsse vom 18. November 2015 - 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83; vom 6. Juni 2017 - 2 StR 490/16, juris Rn. 2; vom 11. Oktober 2017 - 2 StR 365/17, juris Rn. 5).

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

13
a) Es ist zwischen dem Bargeld, welches nach § 73 Abs. 1 StGB als beschlagnahmter Gegenstand (vgl. §§ 111b, 111c Abs. 1 Satz 1 StPO) der Einziehung unterliegt, und dem nicht mehr vorhandenen Bargeld, welches der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB unterfällt, zu unterscheiden : Während sich die Wirkung der Einziehung des beschlagnahmten Bargeldes nach § 75 Abs. 1 Satz 2 StGB bestimmt, erwirbt der Staat in Höhe des nicht mehr vorhandenen Bargeldes einen Wertersatzeinziehungsanspruch gegen die Angeklagten (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73c Rn. 9; Köhler, NStZ 2017, 497, 499).

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

7
Der Einziehung unterliegen jedoch nicht die Beträge, die durch die nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Taten erlangt worden sind. Auch § 73 StGB nF erfasst lediglich das Erlangte aus den verfahrensgegenständlichen Taten. Mit der vorläufigen Einstellung aber sind diese Taten nicht mehr Verfahrensgegenstand des Strafverfahrens (vgl. zur Unanwendbarkeit der §§ 73, 73a StGB aF und des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB aF bei nach § 154 StPO eingestellten Taten: BGH, Beschlüsse vom 7. April 2016 – 1 StR 632/15, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 4 Rn. 5 f. und vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.).

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.

(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.

(1) Die Staatsanwaltschaft und der Privatkläger können den Antrag stellen, die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig und die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist. Die Staatsanwaltschaft kann insbesondere von dem Antrag absehen, wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat oder das Verfahren einen unangemessenen Aufwand erfordern würde.

(2) In dem Antrag ist der Gegenstand oder der Geldbetrag, der dessen Wert entspricht, zu bezeichnen. Ferner ist anzugeben, welche Tatsachen die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen. Im Übrigen gilt § 200 entsprechend.

(3) Für das weitere Verfahren gelten die §§ 201 bis 204, 207, 210 und 211 entsprechend, soweit dies ausführbar ist. Im Übrigen finden die §§ 424 bis 430 und 433 entsprechende Anwendung.

(4) Für Ermittlungen, die ausschließlich der Durchführung des selbständigen Einziehungsverfahrens dienen, gelten sinngemäß die Vorschriften über das Strafverfahren. Ermittlungsmaßnahmen, die nur gegen einen Beschuldigten zulässig sind, und verdeckte Maßnahmen im Sinne des § 101 Absatz 1 sind nicht zulässig.

18
2. Die durch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg vertretene Rechtsauffassung (ebenso KG, Beschluss vom 1. Dezember 2017 – 161Ss 148/17, BeckRS 2017, 145637; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 331 Rn. 21) ist mit der eindeutigen, einer anderweitigen Beurteilung nicht zugänglichen Gesetzeslage unvereinbar.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.