Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2019 - 1 StR 456/18

bei uns veröffentlicht am11.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 456/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bankrotts u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:110719B1STR456.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 11. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 15. März 2018 mit den Feststellungen aufgehoben soweit es den Angeklagten B. betrifft; davon ausgenommen sind die Feststellungen zur faktischen Geschäftsführerschaft, die bestehen bleiben. 2. Seine weitergehende Revision wird verworfen. 3. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben. 4. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen „vorsätzliche[r] Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit“, wegen Verletzung der Buchführungspflicht in zwei Fällen, wegen vorsätzlichen Bankrotts in 25 Fällen sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 23 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfrei- heitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten K. hat es wegen Schuldnerbegünstigung in acht tateinheitlichen Fällen sowie wegen eines weiteren Falls der Schuldnerbegünstigung in 14 tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen den Angeklagten K. hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 57.593,20 € angeordnet. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen. Diese haben bereits mit der Sachrüge weitgehenden Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift für nicht in weiterem Umfang für durchgreifend erachteten Verfahrensrügen nicht mehr bedarf.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Der Angeklagte B. war faktischer Geschäftsführer der am 4. August 2011 gegründeten G. UG, die ein Restaurant mit Bar betrieb. Der Geschäftsbetrieb wurde zum 31. Oktober 2015 eingestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 29. September 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft auf Antrag des Finanzamtes eröffnet. Die Gesellschaft war spätestens seit dem 1. Juni 2014 dauerhaft nicht mehr in der Lage, ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, was dem Angeklagten B. bekannt war. Einen Insolvenzantrag stellte er dennoch nicht.
4
Er unterließ es zudem, Bilanzen für die Jahre 2012 bis 2015 zu erstellen. Für die Jahre 2012 bis 2014 hat er es während des Strafverfahrens nachgeholt.

5
Zwischen November 2011 bis Oktober 2015 unterließ es der Angeklagte B. in 23 Monaten, für 26 namentlich bekannte Arbeitnehmer Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von insgesamt 17.382,20 € bis zum drittletzten Banktag des Monats abzuführen. Er leistete jedoch innerhalb der auf den Fälligkeitszeitpunkt folgenden Wochen diese Beiträge inklusive Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 66.974,71 € nach.
6
Ab dem Jahr 2009 wickelte der Angeklagte B. Zahlungen für sich persönlich und ab Juli 2012 auch für die G. UG über die Rechtsanwaltskanzlei des Mitangeklagten K. ab. Seit März 2012 war der Angeklagte B. persönlich zahlungsunfähig und überschuldet. Zwischen dem 28. März 2012 und dem 28. Dezember 2012 tätigte er in fünf Fällen Einzahlungen in die Barkasse oder auf das Konto der Kanzlei, um die ihm zustehenden Gelder nicht dem Zugriff seiner Gläubiger auszusetzen (Taten zu D.II.1b 1-5). Ebenfalls in diesem Zeitraum wurden Guthabenerträge aus erfolgreich geführ- ten Prozessen in drei Fällen zu eben diesem Zweck „auf die Handakte umgebucht“ , anstatt sie auszukehren (Taten zu D.II.1b 6-8). Hierfür nutzte der Ange- klagte K. eine, ab Juli 2012 eine zweite Handakte, die parallel zur Verbuchung von Zahlungseingängen bzw. zur Umbuchung von Guthaben für die

G.

UG und den Angeklagten B. persönlich genutzt wurden. Nachdem am 8. Juni 2012 Fremdinsolvenzantrag durch einen Gläubiger des Angeklagten

B.

persönlich gestellt worden war und sich der Angeklagte K. in diesem Verfahren für den Angeklagten B. mandatiert hatte, erfolgte die Zahlungsabwicklung in der Kanzlei über getrennte Vorgänge. Der Angeklagte B. wählte
einzelne Gläubiger aus, denen der Angeklagte K. das Geld zukommen ließ.
7
Zum 1. Juni 2014 war die G. UG zahlungsunfähig, was beiden Angeklagten bewusst war. Dennoch erfolgten zwischen dem 7. Juli 2014 und dem 1. Juli 2015 in 14 Fällen noch Bareinzahlungen oder Überweisungen auf das Kanzleikonto, um die der G. UG zustehenden Gelder deren Gläubigern vorzuenthalten (Taten zu D.II.1c 1-14).
8
Am 26. Juni 2013 überwies ein Gläubiger auf eine Forderung des Angeklagten B. persönlich einen Betrag von 13.852 € auf das Konto der G. UG. Auf Weisung des Angeklagten B. wurden hiervon 10.000 € auf ein Konto des Angeklagten K. überwiesen, um angesichts der drohenden Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens den Erhalt der Zahlung zu verschleiern (Tat zu D.II.2).
9
2. a) Angeklagter B. : Das Landgericht hat das Unterlassen eines Insolvenzantrags für die G. UG durch den Angeklagten B. als vorsätzliche Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit (vorsätzliche Insolvenzverschleppung ) gemäß § 15a Abs. 4 InsO gewertet. Das Unterlassen einer Bilanzerstellung hat es für die Jahre 2012 und 2013 als Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 3b, Abs. 3 i.V.m. § 283 Abs. 6 StGB, für die Jahre 2014 und 2015 hingegen als Bankrott gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7b, Abs. 6 StGB ausgeurteilt. Weitere Fälle des Bankrotts in Form des Beiseiteschaffens nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB hat es in der Nutzung des Kanzleikontos in acht Fällen für Zahlungseingänge des Angeklagten B. persönlich und in
14
Fällen für die G. UG sowie in dem Fall der Weiterleitung der 10.000 € auf ein Konto des Angeklagten K. gesehen. Daneben hat das Landgericht den Angeklagten wegen der verspäteten Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt für strafbar erachtet.
10
b) Angeklagter K. : Die Annahme der Bargelder bzw. das Zurverfügungstellen des Kanzleikontos unter Anlage von Handakten für tatsächlich nicht bestehende Mandate hat das Landgericht als Schuldnerbegünstigung gemäß § 283d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB gewertet. Da der Angeklagte K. aber nur die strukturelle Grundentscheidung für die Abwicklung der Vorgänge in seiner Kanzlei getroffen habe, ist es von nur einer Tat jeweils in Bezug auf den Angeklagten B. persönlich (acht tateinheitliche Fälle, Taten zu D.II.1b 1-8) und auf die G. UG (14 tateinheitliche Fälle, Taten zu D.II.1c 1-14) ausgegangen.

II.


Die Revision des Angeklagten B.
11
Die Revision hat weitgehend Erfolg. Der gesamte Schuldspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen unterliegt der Aufhebung. Lediglich die Feststellungen zur faktischen Geschäftsführerschaft des Angeklagten B. für die G. UG haben Bestand.
12
1. Der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung erweist sich als rechtsfehlerhaft.
13
Nach § 15a Abs. 4 InsO wird bestraft, wer entgegen Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler einer juristischen Person, die zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Diese Pflicht trifft nach ständiger Rechtsprechung auch den faktischen Geschäftsführer (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 323/14; vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12 und vom 15. November 2012 – 3 St3 StR 199/12 Rn. 11, 18).
14
a) Die Feststellungen tragen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts, der Angeklagte B. habe die Geschäfte der G. UG faktisch geführt. Insbesondere ist aussagekräftig belegt, dass der Angeklagte gegenüber dem formellen Geschäftsführer, der sich ihm unterordnete und ihn als weisungsbefugt akzeptierte, eine beherrschende Stellung innehatte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. Januar 2013 – 1 StR 459/12 Rn. 31 ff. mwN). Die Feststellungen zum Auftreten des Angeklagten als Verantwortlichem u.a. gegenüber Lieferanten, Gerichtsvollziehern und Krankenkassen und dem Mitangeklagten K. , aber auch gegenüber Angestellten, die ihn als „Chef“ ansahen und denen er Arbeitsanweisungen erteilte, und zu seiner Funktion als „Letztentscheider“ hinsichtlich unternehmerischer Fragen und der Finanzkon- trolle beruhen auf einer tragfähigen und – entgegen der Auffassung der Revision – auch alle maßgeblichen Aspekte einbeziehenden Beweiswürdigung.
15
b) Die Urteilsgründe bieten aber keinen ausreichenden Beleg dafür, dass die G. UG zahlungsunfähig oder überschuldet war. Dies ist allerdings Voraussetzung für die strafbewehrte Pflicht, Insolvenzantrag zu stellen.
16
aa) Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähig- keit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, d.h. der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von höchstens drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt Zahlungsunfähigkeit vor (BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2007 – 1 StR 88/07, BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsfähigkeit 2 mwN und vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12 Rn. 13).
17
Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO) erfolgt entweder durch die betriebswirtschaftliche Methode oder durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12 Rn. 14 f. mwN und vom 4. Dezember 2018 – 4 StR 319/18 Rn. 10 f.).
18
bb) Das Landgericht hat sich für die Annahme der Zahlungsunfähigkeit auf die wirtschaftskriminalistische Methode (BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 – 1 StR 668/98 Rn. 28; Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12 Rn. 15 mwN) gestützt und dafür vier Aspekte angeführt. Zunächst hat es die nur wenige hundert Euro – mit Ausnahme der Zahlung Ende Juni 2013 – betragenden Saldenstände bei dem auf Guthabenbasis geführten Konto herangezogen, auf dem sie keine nennenswerten finanziellen Reserven ausmachen konnte. Daneben hat es die verspäteten Zahlungen der Sozialversicherungsbeiträge in den Blick genommen, die ab Juni 2014 signifikant zugenommen und im April 2015 zur Stellung eines Insolvenzantrags durch die AOK Bayern geführt haben, wenngleich nach Leistung von Nach- und Vorauszahlungen das Verfahren im Oktober 2015 durch die AOK Bayern für erledigt erklärt worden sei. Zudem seien in den Jahren 2012 und 2013 Verbindlichkeiten nicht bzw. nur schleppend bezahlt worden, wofür es sich auf einen Werklohngläubiger bezogen hat, der seine im Februar 2012 fällig gewordene Forderung in Höhe von 750 € erst ein Jahr später erhalten habe. Zwei weitere Gläubiger hätten ihre Forderungen einklagen und im Zwangsvollstreckungsverfahren beitreiben müssen. Auch seien ab Juli 2013 immer wieder Vollstreckungsaufträge erfolgt, die in drei Fällen im Laufe des Jahres 2014 zu Pfandabständen geführt hätten. Als vierten Aspekt stützt es sich auf beim zuständigen Finanzamt aufgelaufene rückständige Steuern und Säumniszuschläge, die sich bis zur Stellung eines Insolvenzantrages am 17. Mai 2016 auf 62.066,11 € summiert hätten.
19
cc) Diese Würdigung erweist sich als lückenhaft; die herangezogenen Kriterien sind zudem auch in der Zusammenschau nicht aussagekräftig.
20
Um die Zahlungsunfähigkeit belegen zu können, hätte es unter den hier gegebenen Umständen der Auseinandersetzung mit möglichen größeren Bargeldbeständen bedurft. So ist im Urteil mehrmals festgehalten, dass die Einnahmen der G. UG von den Angestellten in einen in den Betriebsräumen gelegenen Tresor eingelegt, dort vom Angeklagten verwaltet und aus den dortigen Beständen auch laufende Verpflichtungen beglichen wurden. Dem entsprechen die für glaubhaft erachteten Schilderungen der Angestellten, ihren Lohn stets bar ausgezahlt bekommen bzw. auch Lieferanten aus den dortigen Beständen bezahlt zu haben. Bargelder aus dem Tresor seien insoweit auf das Konto eingezahlt worden, als es zu dessen Deckung erforderlich gewesen sei. Vor diesem Hintergrund lässt das Fehlen finanzieller Reserven auf dem Konto nicht den Schluss auf das Fehlen solcher Reserven überhaupt zu.
21
Da finanzielle Reserven in Form von Bargeld nicht ausgeschlossen worden sind, können auch die weiter angeführten Aspekte die Annahme der Zahlungsunfähigkeit ab Juni 2014 nicht belegen. Sie sind – wie vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt – nur von schwacher Aussagekraft. Soweit das Landgericht auf eine Häufung der verspäteten Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen ab Juni 2014 abstellt, hat es die Bedeutung dessen selbst durch die Nachzahlungen relativiert gesehen. Hinzu kommt, dass eine signifikante Häufung weder näher dargestellt ist noch sich aus der Tabelle zu den vorenthaltenen und veruntreuten Arbeitsentgelten entnehmen lässt. Hier hätte es einer Erörterung bedurft, inwieweit die Nachzahlungen noch innerhalb von drei Wochen nach Fälligkeit erfolgt sind. Inwieweit die später für erledigt erklärte Insolvenzantragstellung im April 2015 Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit zum Juni 2014 zulässt, hätte ebenfalls näherer Erläuterung bedurft. Gleiches gilt für die Nichterfüllung einer Forderung im Jahr 2012; das Nichtbegleichen weiterer Zahlungsansprüche ist zeitlich nicht eingeordnet, so dass die Relevanz für die Zahlungsunfähigkeit ab Juni 2014 unklar bleibt. Gleiches gilt für die aufgelaufenen Steuerschulden, die nicht nach Fälligkeitszeitpunkten aufgeschlüsselt werden, so dass nicht beurteilt werden kann, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang Steuerschulden im Juni 2014 nicht beglichen worden sind.
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c) Eines Eingehens auf die Rüge, das Landgericht habe den Beweisgehalt des Kassenbuchs, aus dem sich für Juni 2014 ein Bestand von 53.000 € ergebe , nicht ausgeschöpft, bedarf es daher nicht.
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2. Da danach weder die angenommene Zahlungsunfähigkeit noch die drohende Zahlungsunfähigkeit der G. UG belegt ist, kann auch die Verurteilung wegen der Bankrottdelikte im Hinblick auf das Vermögen der

G.

UG (Taten zu D.II.1c 1-14) keinen Bestand haben.
24
3. Aber auch die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten B. persönlich ist nicht dargetan, so dass die Verurteilungen wegen Bankrotts im Hinblick auf sein persönliches Vermögen (Taten zu D.II.1b 1-8 und zu 2.) – wie vom Generalbundesanwalt beantragt – ebenfalls aufzuheben sind.
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Hierzu teilt das Urteil mit, dass ab März 2012 Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eingetreten und am 5. Juni 2012 Fremdinsolvenzantrag gestellt worden sei, der zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 6. Dezember 2013 geführt habe. Am 7. März 2012 habe der Angeklagte B. zur Vorlage bei einer Bank ein Vermögensverzeichnis erstellt, aus dem sich Schulden, aber keine frei verfügbaren Vermögenswerte ergaben. Ab Oktober 2012 seien immer wieder vollstreckungsrechtliche Haftbefehle gegen ihn ergangen. Am 27. Februar 2013 habe der Angeklagte B. eine eidesstattliche Versicherung abgegeben.
26
Auch dies lässt den Senat besorgen, dass das Landgericht die die Zahlungsunfähigkeit belegenden Kriterien nicht auf den konkreten Zeitpunkt ihres Eintritts bezogen hat. So datieren die inhaltlich nicht weiter ausgeführten vollstreckungsrechtlichen Haftbefehle erst ab Ende Oktober 2012, mithin nach den Taten zu D.II.1b 1-6. Das Vermögensverzeichnis aus März 2012 ist überhaupt nur geeignet, das Fehlen von Vermögensmasse zu belegen, verhält sich aber nicht zur Fälligkeit von Forderungen. Die dem Fremdinsolvenzantrag zugrundeliegende Forderung wird auch nicht weiter benannt. All dies schließt es nicht aus, dass der Angeklagte B. zunächst, jedenfalls im Jahr 2012 noch in der Lage war, sich die benötigten Beträge kreditweise zu beschaffen bzw. über die Zahlungen durch den Angeklagten K. fällige Forderungen begleichen zu können.
27
4. Die Verurteilung wegen Verletzung der Buchführungspflicht erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerhaft. Zwar wurde die Bilanz für 2012 und 2013 entgegen der Pflicht aus § 264 Abs. 1 HGB erst verspätet erstellt und auch die Bedingung der Strafbarkeit nach § 283b Abs. 1 Nr. 3b, Abs. 3 i.V.m. § 283 Abs. 6 StGB – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der G. UG – ist im September 2016 eingetreten. Bei den beachtlichen Zeitabständen hätte aber erörtert werden müssen, ob nicht der erforderliche tatsächliche Zusammenhang beider Ereignisse ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1978 – 3 StR 408/78, BGHSt 28, 231, 233; Beschluss vom 12. Juni 1990 – 1 StR 123/90 Rn. 7 mwN; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 283b Rn. 5).
28
5. Die Verurteilung wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 1 StGB) hat ebenfalls keinen Bestand.
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Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93 Rn. 2 f.; vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 Rn. 6 und vom 5. Juli 2018 – 1 StR 111/18 Rn. 12; Urteile vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96 Rn. 4 und vom 19. Dezember 2018 – 1 StR 444/18 Rn. 21; MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., § 266a Rn. 61, 133). Dieser Angaben bedarf es zwar dann nicht, wenn es sich – wovon das Landgericht hier wohl ausgeht, ohne allerdings die Anmeldung der namentlich genannten Arbeitnehmer festzustellen – um einen Fall des schlichten Nichtzahlens ordnungsgemäß angemeldeter Beiträge handelt, bei welchem der vom Arbeitgeber eingereichte Beitragsnachweis gemäß § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV die geschuldeten und in der Regel vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge belegt. Dann ist es ausnahmsweise ausreichend, ledig- lich die Höhe der vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die darin enthaltenen Arbeitnehmeranteile, die geschädigten Krankenkassen und die betroffenen Beitragsmonate festzustellen (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2010 – 1 StR 424/10 und vom 20. April 2016 – 1 St1 StR 1/16 Rn. 8).

30
Hier werden aber nur die vorenthaltenen Arbeitnehmerbeiträge mitgeteilt, nicht aber die Gesamtsozialversicherungsbeiträge, so dass letztlich die Berechnung der vorenthaltenen Beiträge auch anhand der mitgeteilten Beitragssätze der Sozialversicherungen nicht möglich ist.

III.


Die Revision des Angeklagten K.
31
Die nicht belegte Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten B. einerseits und der G. UG andererseits entzieht dem gegenden Angeklagten K. ergangenen Schuldspruch wegen Schuldnerbegünstigung die Grundlage.

IV.


32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
33
Sollte gegen den Angeklagten B. abermals auf zwei Gesamtfreiheitsstrafen erkannt werden, wird zu beachten sein, dass sich schon aus dem Tenor, nicht nur aus den Gründen des Urteils ergeben muss, für wie viele Taten der Angeklagte zu den jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt ist.
34
Für den Fall der erneuten Verurteilung des Angeklagten K. werden bei der Strafzumessung auch die berufsrechtlichen Folgen einer Verurteilung einzustellen sein (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2014 – 2 StR 221/14 Rn. 11; vom 13. März 2018 – 2 StR 286/17 Rn. 3 und vom 10. Januar 2019 – 3 StR 635/17 Rn. 37).
Raum Jäger Cirener RinBGH Dr. Hohoff ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Leplow

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Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst
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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
in Kenntnis der einem anderen drohenden Zahlungsunfähigkeit oder
2.
nach Zahlungseinstellung, in einem Insolvenzverfahren oder in einem Verfahren zur Herbeiführung der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines anderen
Bestandteile des Vermögens eines anderen, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, mit dessen Einwilligung oder zu dessen Gunsten beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus Gewinnsucht handelt oder
2.
wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer dem anderen anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not bringt.

(4) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der andere seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR323/14
4 StR324/14
vom
18. Dezember 2014
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann
Täter einer Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO sein.
BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 323/14 und 4 StR 324/14 –
LG Dortmund
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1. Beihilfe zur Insolvenzverschleppung
zu 2. Betrugs u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2014 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten O. gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 9. Januar 2014 und die Revision des Angeklagten A. gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. Januar 2014 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung der Urteile auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Verurteilung des Angeklagten A. als faktischer Geschäftsführer der Gesellschaft für E. V. mbH wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und die Verurteilung des Angeklagten O. als Geschäftsführer dieser Gesellschaft wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit jeher anerkannte Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers bei unterlassener oder verspäteter Konkurs - oder Insolvenzantragstellung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1952 – 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 37 f.; Urteil vom 28. Juni 1966 – 1 StR 414/65, BGHSt 21, 101, 103; Urteil vom 22. September 1982 – 3 StR 287/82, BGHSt 31, 118, 122; Urteil vom 10. Mai 2000 – 3 StR 101/00, BGHSt 46, 62, 64 ff.; Urteil vom 17. März 2004 – 5 StR 314/03, NStZ 2004, 582, 583; zustimmend etwa Tiedemann/Rönnau in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 84 Rn. 21 ff. mwN; ablehnend u.a. Lutter/Hommelhoff/ Kleindiek, GmbHG, 18. Aufl., § 84 Rn. 7) ist durch die Neuregelung in § 15a Abs. 4 InsO nicht entfallen.
Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 wurden mit Wirkung zum 1. November 2008 die bis dahin bestehenden Vorschriften zur Insolvenzantragstellung in verschiedenen Einzelgesetzen durch § 15a InsO ersetzt. Nach § 15a Abs. 4 InsO wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler einer juristischen Person, die zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Der Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO – „Mitglieder desVertretungsorgans“ – schließt entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Ulmer/Ransiek, GmbHG, vor § 82 Rn. 60; Kreft/Kleindiek, Insolvenzordnung, 6. Aufl., § 15a Rn. 40) den faktischen Geschäftsführer nicht aus. Die Formulierung umschreibt zusammenfassend die Verantwortlichen verschiedener Gesellschaftsformen. „Mitglied des Vertretungsorgans“ der Gesellschaft mit be- schränkter Haftung ist der Geschäftsführer, dem nach ständiger Rechtsprechung der faktische Geschäftsführer gleichsteht.
Für die Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers spricht auch die Begründung des Gesetzesentwurfs. Durch die Neuregelung sollten die Vorschriften zur Insolvenzantragstellung aus verschiedenen Einzelgesetzen (GmbHG, AktG, GenG, HGB) rechtsformneutral geregelt und wortgleich erfasst werden (BT-Drucks. 16/6140 S. 55). Eine Einschränkung der strafbewehrten Pflicht zur Antragstellung war mit dem MoMiG nicht bezweckt, vielmehr sollten Schutzlücken vermieden werden (BT-Drucks. 16/6140 aaO). Auch ergibt sich aus der Begründung zu § 15a Abs. 3 InsO (BT-Drucks. 16/6140 S. 56), wonach durch die vorgesehene Regelung zu der Fallgruppe der führungslosen Gesellschaft „die Rechtsprechung zum faktischen Ge- schäftsführer und die weitere Rechtsentwicklung hierzu nicht berührt [werden]“, dass der Gesetzgeber die Verantwortlichkeit des faktischen Geschäftsführers nicht einschränken wollte (so auch Kuhn, Die GmbH-Bestattung [2011] S. 200 f.; Biehl, Geschäftsführer - und Gesellschafterhaftung wegen Insolvenzverschleppung bei der GmbH [2013] S. 62 f.).
Dass durch die Neufassung des § 15a InsO die (strafrechtliche) Haftung des faktischen Geschäftsführers bei Insolvenzverschleppung keine Änderung erfahren hat, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bereits inzident bejaht worden (Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, NJW 2014, 164; Beschluss vom 15. November 2012 – 3 StR 199/12, NJW 2013, 1892; Beschluss vom 26. Mai 2009 – 4 StR 10/09; Urteil vom 1. Februar 2009 – II ZR 209/08, NJW-RR 2010, 1048, 1050).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender
11
b) Die Strafbarkeit wegen Betruges hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte spätestens ab April 2009 um die Insolvenzlage der C. gewusst bzw. damit ernsthaft gerechnet habe. Dennoch habe er die Einkäufe jeweils genehmigt. Dies sei „strafbar im Rahmen eines sogenannten Organisationsdelikts“.
31
Die Urteilsfeststellungen belegen nicht hinlänglich, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der A. war.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 88/07
vom
23. Mai 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Anstiftung zum Betrug u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Betrug u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2007 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 28. Juli 2006 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Bei der Prüfung der Strafbarkeit gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ging die Strafkammer bei der Feststellung der Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zutreffend von der Legaldefinition des § 17 Abs. 2 der Insolvenzordnung aus, die mit Wirkung vom 1. Januar 1999 die Konkursordnung ablöste. Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig , wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Auf die Merkmale der „Dauer“ und der „Wesentlichkeit“ hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit bewusst verzichtet, um der unter Geltung des alten Rechts (§ 102 KO) verbreiteten Neigung zu begegnen, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit stark einzuengen und damit eine über Wochen oder sogar Monate fortbestehende Illiquidität zur rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung zu erklären.
Mit dieser Legaldefinition ist auch die frühere Rechtsprechung überholt, wonach nur die von den Gläubigern „ernstlich eingeforderten“ Verbindlichkeiten maßgebend waren. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist - weiterhin - die bloße Zahlungsstockung , d.h. der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen zwei bis drei Wochen die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt - von vorneherein - Zahlungsunfähigkeit vor (vgl. zu allem BGH wistra 2005, 432; SchulzeOsterloh in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz 18. Aufl. § 64 Rdn. 4 ff., § 84 Rdn. 25; Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 76 Rdn. 51 ff.). Der Senat versteht daher die im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. April 2007 (5 StR 505/06 Rdn. 4) unter Hinweis auf eine aus dem Jahr 1997 stammende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum alten Konkursrecht (BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1) gewählte Formulierung, wonach Zahlungsunfähigkeit (im konkreten Fall seit dem 1. Dezember 1999) im Sinne von §§ 64, 84 GmbHG „das nach außen in Erscheinung tretende, auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussichtlich dauernde Unvermögen des Unternehmens [sei], seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu begleichen“, dahingehend, dass damit nur noch die Zahlungsstockung im Sinne des neuen Insolvenzrechts angesprochen werden sollte. Denn davon, dass der 5. Strafsenat die alte Rechtsprechung trotz der neuen Legaldefinition des § 17 Abs. 2 In- sO für den Bereich des Strafrechts - unter Hintanstellung der Zivilrechtsakzessorietät der Strafnorm - perpetuieren und sich so über die - ältere - Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2005 (BGH wistra aaO) hinwegsetzen wollte, kann nicht ausgegangen werden.
Nack Wahl Kolz RiBGH Dr. Graf befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Hebenstreit Nack
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b) Die Strafbarkeit wegen Betruges hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte spätestens ab April 2009 um die Insolvenzlage der C. gewusst bzw. damit ernsthaft gerechnet habe. Dennoch habe er die Einkäufe jeweils genehmigt. Dies sei „strafbar im Rahmen eines sogenannten Organisationsdelikts“.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

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b) Die Strafbarkeit wegen Betruges hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte spätestens ab April 2009 um die Insolvenzlage der C. gewusst bzw. damit ernsthaft gerechnet habe. Dennoch habe er die Einkäufe jeweils genehmigt. Dies sei „strafbar im Rahmen eines sogenannten Organisationsdelikts“.
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a) Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO) erfolgt entweder durch die betriebswirtschaftliche Methode oder durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 1 StR 665/12, NJW 2014, 164 ff. mwN).
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b) Die Strafbarkeit wegen Betruges hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte spätestens ab April 2009 um die Insolvenzlage der C. gewusst bzw. damit ernsthaft gerechnet habe. Dennoch habe er die Einkäufe jeweils genehmigt. Dies sei „strafbar im Rahmen eines sogenannten Organisationsdelikts“.

(1) Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben den Jahresabschluß (§ 242) um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Die gesetzlichen Vertreter einer kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaft, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist, haben den Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern, die mit der Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang eine Einheit bilden; sie können den Jahresabschluss um eine Segmentberichterstattung erweitern. Der Jahresabschluß und der Lagebericht sind von den gesetzlichen Vertretern in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1) brauchen den Lagebericht nicht aufzustellen; sie dürfen den Jahresabschluß auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern, wenn sie

1.
die in § 268 Absatz 7 genannten Angaben,
2.
die in § 285 Nummer 9 Buchstabe c genannten Angaben und
3.
im Falle einer Aktiengesellschaft die in § 160 Absatz 3 Satz 2 des Aktiengesetzes genannten Angaben
unter der Bilanz angeben.

(1a) In dem Jahresabschluss sind die Firma, der Sitz, das Registergericht und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, anzugeben. Befindet sich die Gesellschaft in Liquidation oder Abwicklung, ist auch diese Tatsache anzugeben.

(2) Der Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln. Führen besondere Umstände dazu, daß der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Satzes 1 nicht vermittelt, so sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen. Die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, die als Inlandsemittent (§ 2 Absatz 14 des Wertpapierhandelsgesetzes) Wertpapiere (§ 2 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes) begibt und keine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 327a ist, haben in einer dem Jahresabschluss beizufügenden schriftlichen Erklärung zu versichern, dass der Jahresabschluss nach bestem Wissen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Satzes 1 vermittelt oder der Anhang Angaben nach Satz 2 enthält. Macht eine Kleinstkapitalgesellschaft von der Erleichterung nach Absatz 1 Satz 5 Gebrauch, sind nach Satz 2 erforderliche zusätzliche Angaben unter der Bilanz zu machen. Es wird vermutet, dass ein unter Berücksichtigung der Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften aufgestellter Jahresabschluss den Erfordernissen des Satzes 1 entspricht.

(3) Eine Kapitalgesellschaft, die nicht im Sinne des § 264d kapitalmarktorientiert ist und die als Tochterunternehmen in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einbezogen ist, braucht die Vorschriften dieses Unterabschnitts und des Dritten und Vierten Unterabschnitts dieses Abschnitts nicht anzuwenden, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
alle Gesellschafter des Tochterunternehmens haben der Befreiung für das jeweilige Geschäftsjahr zugestimmt;
2.
das Mutterunternehmen hat sich bereit erklärt, für die von dem Tochterunternehmen bis zum Abschlussstichtag eingegangenen Verpflichtungen im folgenden Geschäftsjahr einzustehen;
3.
der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht des Mutterunternehmens sind nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem das Mutterunternehmen seinen Sitz hat, und im Einklang mit folgenden Richtlinien aufgestellt und geprüft worden:
a)
Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/2101 (ABl. L 429 vom 1.12.2021, S. 1) geändert worden ist,
b)
Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/56/EU (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 196) geändert worden ist;
4.
die Befreiung des Tochterunternehmens ist im Anhang des Konzernabschlusses des Mutterunternehmens angegeben und
5.
für das Tochterunternehmen sind nach § 325 Absatz 1 bis 1b offengelegt worden:
a)
der Beschluss nach Nummer 1,
b)
die Erklärung nach Nummer 2,
c)
der Konzernabschluss,
d)
der Konzernlagebericht und
e)
der Bestätigungsvermerk zum Konzernabschluss und Konzernlagebericht des Mutterunternehmens nach Nummer 3.
Hat bereits das Mutterunternehmen einzelne oder alle der in Satz 1 Nummer 5 bezeichneten Unterlagen offengelegt, braucht das Tochterunternehmen die betreffenden Unterlagen nicht erneut offenzulegen, wenn sie im Unternehmensregister unter dem Tochterunternehmen auffindbar sind; § 326 Absatz 2 ist auf diese Offenlegung nicht anzuwenden. Satz 2 gilt nur dann, wenn das Mutterunternehmen die betreffende Unterlage in deutscher oder in englischer Sprache offengelegt hat oder das Tochterunternehmen zusätzlich eine beglaubigte Übersetzung dieser Unterlage in deutscher Sprache nach § 325 Absatz 1 bis 1b offenlegt.

(4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden, wenn eine Kapitalgesellschaft das Tochterunternehmen eines Mutterunternehmens ist, das einen Konzernabschluss nach den Vorschriften des Publizitätsgesetzes aufgestellt hat, und wenn in diesem Konzernabschluss von dem Wahlrecht des § 13 Absatz 3 Satz 1 des Publizitätsgesetzes Gebrauch gemacht worden ist; § 314 Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

6
Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93 und vom 22. März 1994 - 1 StR 31/94; Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 61, 133), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 136). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Dementsprechend genügt es gerade nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 5 StR 16/02, BGHSt 47, 318). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 133).
12
1. Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen, weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist. Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend. Es genügt nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben. Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (vgl. hierzu ausführlich BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, Rn. 6, NStZ 2017, 352, 353 mwN).
21
Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364; vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, NStZ 2017, 352, 353 und vom 5. Juli 2018 – 1 StR 111/18 Rn. 12; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; MüKoStGB/Radtke StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 61, 133), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 Rn. 4 ff.; MüKoStGB/Radtke StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 136 f.).

(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Satz 1 gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten. Die landwirtschaftliche Krankenkasse kann wegen der mitarbeitenden Familienangehörigen Ausnahmen zulassen. Für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise gilt Satz 1.

(1a) Bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe oder durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördern, hat der Unternehmer die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Die Pflicht nach Satz 1 ruht für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist, solange er eine Präqualifikation oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 28e Absatz 3f Satz 1 und 2 oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 150 Absatz 3 Satz 2 des Siebten Buches vorlegen kann.

(1b) Hat ein Arbeitgeber keinen Sitz im Inland, hat er zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 einen Bevollmächtigten mit Sitz im Inland zu bestellen. Als Sitz des Arbeitgebers gilt der Beschäftigungsbetrieb des Bevollmächtigten im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten. Im Fall von Satz 2 zweiter Halbsatz findet § 98 Absatz 1 Satz 4 des Zehnten Buches keine Anwendung.

(2) Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Satz 1 gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mitzuberücksichtigen. Der prüfende Träger der Rentenversicherung hat einen auf Grund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die von dem Arbeitgeber auf Grund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen.

(3) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln; dies gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten bei Verwendung von Haushaltsschecks. Übermittelt der Arbeitgeber den Beitragsnachweis nicht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge, so kann die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. Der Beitragsnachweis gilt für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Im Beitragsnachweis ist auch die Steuernummer des Arbeitgebers anzugeben, wenn der Beitragsnachweis die Pauschsteuer für geringfügig Beschäftigte enthält.

(4) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 424/10
vom
7. Oktober 2010
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei der Verurteilung wegen
Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt i.S.v. § 266a Abs. 1
StGB in Fällen der Nicht-Zahlung ordnungsgemäß angemeldeter Sozialversicherungsbeiträge.
BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 1 StR 424/10 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2010 beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 23. April 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. Damit ist der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 7. Juli 2010, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: In den Fällen B. IV. 2. Taten 1 - 19 der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 StGB verurteilt, da er als verantwortlicher Geschäftsführer der F. GmbH unterlassen hatte, die jeweils fälligen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung an die zuständige Einzugsstelle abzuführen.
Für Fälle der vorliegenden Art - und so auch hier - ist typisch, dass der Arbeitgeber die Beitragsnachweise für die ordnungsgemäß gemeldeten Arbeitnehmer bei der zuständigen Krankenkasse einreicht und lediglich in der Folge die auf der Grundlage der Beitragsnachweise geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlt. Tathandlung ist insoweit - anders in Fällen illegaler Beschäftigung, bei denen der Arbeitgeber die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer nicht oder nicht in richtigem Umfang meldet - die schlichte NichtZahlung der geschuldeten Beiträge; weitere Unrechtselemente enthält das Tatbestandsmerkmal des Vorenthaltens in diesen Fällen nicht (Fischer StGB 57. Aufl. § 266a Rn. 10).
Für Fälle dieser Art besteht - soweit die Taten nach dem 1. April 2003 datieren - nach Auffassung des Senats entgegen früherer Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1991 - 1 StR 496/91, NStZ 1992, 145; Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Beschluss vom 22. März 2004 - 1 StR 31/94, wistra 1994, 193; Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543) grundsätzlich kein Anlass dafür, im Urteil umfangreiche Feststellungen über die Anzahl der Beschäftigten, deren Beschäftigungszeiten , das zu zahlende Arbeitsentgelt und zur Höhe des Beitragssatzes der zuständigen Krankenkasse zu treffen. Vielmehr bedarf es in solchen Fällen - anders als in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10) - neben den Feststellungen, aus denen sich die Arbeitgeberstellung des Täters und - daraus folgend - die diesem obliegenden Meldepflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern ergeben, in der Regel lediglich der Feststellung der Höhe der vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der darin enthaltenen Arbeitnehmeranteile , der durch das Vorenthalten geschädigten Krankenkasse sowie der Beitragsmonate , in denen die Arbeitnehmeranteile vorenthalten wurden.

Weitergehende Feststellungen waren nach der bis zum 31. März 2003 geltenden Rechtslage insbesondere deshalb erforderlich, um ausschließen zu können, dass zu den Arbeitnehmern geringfügig Beschäftigte i.S.v. § 8 SGB IV zählten (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1991 - 1 StR 496/91, NStZ 1992, 145; Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Beschluss vom 22. März 2004 - 1 StR 31/94, wistra 1994, 193; Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), für die allein Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung anfallen, deren Nichtabführen nicht gemäß § 266a Abs. 1 StGB strafbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543 mwN). Durch Art. 2 Nr. 14 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, 4621, 4625) wurde indes § 28i SGB IV mit Wirkung vom 1. April 2003 (vgl. Art. 17 Abs. 1a des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) dahingehend erweitert, dass bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen i.S.v. § 8 SGB IV ausschließlich die Bundesknappschaft (nunmehr Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) als Träger der Rentenversicherung zuständige Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge ist (§ 28i Satz 5 SGB IV nF). Vor diesem Hintergrund kann bei Sozialversicherungsbeiträgen , die zum Nachteil einer Krankenkasse vorenthalten wurden, ohne weitere Feststellungen ausgeschlossen werden, dass sich darunter Beiträge für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse befinden.
Auch zur Bestimmung der Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmeranteile - und somit zur Bestimmung des Schuldumfangs - sind in der Regel weitergehende Feststellungen als die vorgenannten nicht erforderlich. Denn nach § 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber grundsätzlich die Höhe der geschuldeten Beiträge zur Sozialversicherung selbst zu berechnen und der Einzugs- stelle nachzuweisen (vgl. auch Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht 66. Ergänzungslieferung 2010, § 28f SGB IV Rn. 14). Dieser sog. Beitragsnachweis gilt nach § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Er belegt somit die geschuldeten und demnach auch in der Regel die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge. Die Feststellung des im Beitragsnachweis vom Arbeitgeber nachgewiesenen Gesamtsozialversicherungsbetrags ermöglicht dem Revisionsgericht daher in hinreichendem Maße die Überprüfung des Urteils. Mit Feststellung des im Beitragsnachweis vom Arbeitgeber nachgewiesenen Gesamtsozialversicherungsbetrags geht einher, dass die nachgewiesenen Beiträge auf Grundlage der im jeweiligen Beitragsmonat tatsächlich geschuldeten Bruttogehälter unter Anwendung des maßgeblichen Beitragssatzes berechnet wurden. Lediglich dann, wenn mangels rechtzeitiger Einreichung der Beitragsnachweise das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt nach § 28f Abs. 3 Satz 2 SGB IV geschätzt wurde, oder wenn sich im konkreten Fall aus anderen Gründen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die im Beitragsnachweis ausgewiesenen Sozialversicherungsbeiträge mit dem den Arbeitnehmern im jeweiligen Beitragsmonat geschuldeten Bruttoarbeitsentgelt nicht in Einklang zu bringen sind, besteht Anlass zu weitergehenden Feststellungen.
In Fällen der vorliegenden Art kann sich aufgrund der vorgenannten Umstände regelmäßig auch die Beweiswürdigung darauf beschränken, darzulegen, dass seitens des Arbeitgebers Beitragsnachweise eingereicht wurden, in denen die Sozialversicherungsbeiträge in der festgestellten Höhe ausgewiesen sind. Lediglich dann, wenn aufgrund der Einlassung des Angeklagten oder anderweitiger besonderer Umstände Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Beitragsnachweis ausgewiesenen Sozialversicherungsbeiträge nicht den tatsäch- lich geschuldeten entsprechen, wird das Tatgericht gehalten sein, die getroffenen Feststellungen eingehender, z.B. unter Berücksichtigung der kaufmännischen Erfahrung des Arbeitgebers oder der Ergebnisse durchgeführter Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 SGB IV, zu belegen. Denn weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst ist es geboten, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 27. April 2010 - 1 StR 454/09, wistra 2010, 310 mwN).
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11
a) Das Landgericht hat in den Fällen 1, 3 und 10 bis 13 im Rahmen der Strafzumessung nicht erkennbar berücksichtigt, dass der Angeklagte aufgrund der verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen worden ist. Anwaltsrechtliche Sanktionen nach § 114 Abs. 1 BRAO sind als Nebenwirkungen einer strafrechtlichen Verurteilung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB aber bereits bei der Bemessung der Einzelstrafen zu berücksichtigen , wenn der Rechtsanwalt durch sie seine berufliche und wirtschaft- liche Basis verliert (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 1991 - 3 StR 13/91, BGHR StGB § 356 Abs. 1 Rechtssache 1; Beschluss vom 2. Februar 2010 - 4 StR 514/09, StV 2010, 479 f.).
3
2. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Landgericht hat zwar bei seiner Strafbemessung – worauf die Revision zutreffend hinweist – drohende berufsrechtliche Sanktionen nach § 114 Abs. 1 BRAO nicht ausdrücklich in den Blick genommen (vgl. insoweit Senat, Beschluss vom 11. April 2013 – 2 StR 506/12 mwN). Dies stellt vorliegend aber keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, weil das Landgericht – darüber hinausgehend – zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass die berufliche Stellung des Angeklagten als Strafverteidiger, aber auch überhaupt als Rechtsanwalt, der wegen Veruntreuung von Mandantengeldern verurteilt worden ist, „ruiniert“ sei. Es hat damit umfassend in den Blick genommen, welche Folgen die Verurteilung für seine berufliche Existenz hat. Angesichts dessen war es hier nicht erforderlich, in der Strafzumessung auf mögliche berufsrechtliche Konsequenzen näher einzugehen.
37
Hinsichtlich des Angeklagten K. erweist sich die Strafzumessung des Landgerichts zwar insoweit als zu seinem Nachteil rechtsfehlerhaft, als die Strafkammer nicht ausdrücklich die drohenden beruflichen Nebenwirkungen für den als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten in Bedacht genommen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der Verurteilung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Strafzumessung die drohenden anwaltsrechtlichen Sanktionen nach § 114 Abs. 1 BRAO zu berücksichtigen; sie stellen jedenfalls dann einen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar, wenn der Angeklagte durch sie seine berufliche und wirtschaftliche Basis verliert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2010 - 4 StR 514/09, wistra 2010, 301, 302; vom 11. April 2013 - 2 StR 506/12, NStZ 2013, 522). Dies ist bei dem Angeklagten K. nach den vom Landgericht zu seiner Person getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht auszuschließen. Danach war er zuletzt als selbständiger Rechtsanwalt tätig und verlor aufgrund der gegen ihn im hiesigen Verfahren erhobenen Vorwürfe mehrere Mandate.