Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2014 - 1 StR 531/13

bei uns veröffentlicht am14.01.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 531/13
vom
14. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2014 beschlossen
:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts München I vom 1. März 2013 im Ausspruch über
die Dauer des Vorwegvollzugs dahin abgeändert, dass vor der
Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ein
Jahr und elf Monate der gegen sie verhängten Freiheitsstrafe zu
vollziehen sind.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die der
Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen
werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zudem hat es ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet; dabei hat es bestimmt, dass von der Strafe noch ein Jahr und ein Monat vor der Maßregel zu vollziehen sind. Mit ihrer Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe, auf die sie ihr Rechtsmittel auch beschränkt hat. Sie erstrebt die Festsetzung der Dauer des Vorwegvollzugs der Strafe vor der Maßregel auf ein Jahr und elf Monate. Das Rechtsmittel hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam.
3
a) Eine Revisionsbeschränkung ist nur möglich, wenn sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Februar 1956 - 2 StR 25/56, BGHSt 10, 100; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 318 Rn. 6 mwN). Dies setzt bei der Anfechtung der Dauer des Vorwegvollzugs einer Unterbringung voraus, dass die Maßregel als solche rechtsfehlerfrei angeordnet worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 7/12, NStZ 2012, 587), zumal da die Dauer des Vorwegvollzugs auch von der Einschätzung der Behandlungsdauer abhängt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - 1 StR 167/08).
4
b) Die Voraussetzungen der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) sind hier hinreichend belegt. Sowohl das Vorliegen eines Hanges der Angeklagten, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, als auch der Gefahr, dass die Angeklagte infolge ihres Hanges weitere rechtswidrige Taten begehen wird, werden von den Feststellungen, die auf einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung beruhen, getragen. Den Symptomwert des von der Angeklagten begangenen versuchten Tötungsdelikts für eine hangbedingte Gefährlichkeit hat die sachverständig beratene Strafkammer rechtsfehlerfrei begründet. Sie durfte dabei in den Blick nehmen, dass der von der Angeklagten betriebene übermäßige Drogen- und Medikamentenkonsum für die Tat ursächlich war, weil sich die Angeklagte überhaupt nur wegen dieses übermäßigen Konsums berauschender Substanzen "im sozialen Milieu" des Geschädigten aufgehalten hat. Auch die Wertung der Strafkammer, dass ohne weitere Maßnahmen mit der Fortsetzung des Drogen- und Medika- mentenkonsums der Angeklagten und mit hierauf zurückgehenden Taten, die der Anlasstat vergleichbar sind, zu rechnen ist (UA S. 37), wird von den Feststellungen getragen. Bei der Angeklagten wurde eine Polytoxikomanie mit einem Abhängigkeitssyndrom diagnostiziert. Sie hat - ohne dass die Voraussetzungen der §§ 20 oder 21 StGB vorlagen - die Anlasstat in einem leichtgradig ausgeprägten, auf eine akute Intoxikation multipler Substanzen zurückzuführenden Rausch begangen (UA S. 28), darunter die amphetaminähnlich wirkende Designerdroge MDPV ("Badesalz"), die eine psychotisch, aber auch aggressiv machende Wirkung haben kann (UA S. 26 f.). Es wird hinreichend deutlich, dass das Landgericht bei der Annahme eines drogenbedingten Rauschs der Beurteilung des psychiatrischen Sachverständigen Dr. S. gefolgt ist (UA S. 29).
5
c) Angesichts dieser Diagnose und der zudem bei der Angeklagten vorliegenden kombinierten Persönlichkeitsstörung (UA S. 28) ist auch die von der sachständig beratenen Strafkammer angenommene Therapiedauer von zwei Jahren aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
6
2. Die Revision hat Erfolg.
7
Das Landgericht hat zwar an sich die Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung nach der Maßgabe des § 67 Abs. 2 StGB zutreffend bemessen. Es hat jedoch hiervon die zum Urteilszeitpunkt bereits verbüßte Untersuchungshaft von zehn Monaten in Abzug gebracht und hat deshalb einen Vorwegvollzug von noch einem Jahr und einem Monat angeordnet. Dies ist rechtsfehlerhaft; denn die erlittene Untersuchungshaft ist für die Bemessung der Dauer des Vorwegvollzugs ohne Bedeutung, sie ist vielmehr gemäß § 51 StGB auf den nach § 67 Abs. 2 StGB vorweg zu vollstreckenden Teil der Strafe anzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2010 - 1 StR 642/10 mwN).
8
3. Der Senat setzt die Dauer des Vorwegvollzugs durch Beschluss (§ 349 Abs. 4 StPO) selbst auf ein Jahr und elf Monate fest.
9
a) Da die Grundlagen der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs rechtsfehlerfrei festgestellt sind, kann der Senat den Urteilstenor entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst abändern (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2010 - 1 StR 642/10 mwN). Ausgehend vom Zeitpunkt der Halbstrafe (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB) von drei Jahren und elf Monaten und einer Therapiedauer von zwei Jahren beträgt die Dauer des festzusetzenden Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe ein Jahr und elf Monate.
10
b) Der Senat kann durch Beschluss entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 7/12, NStZ 2012, 587 = BGHR § 349 Abs. 4 Revision der Staatsanwaltschaft 2), da die auf Antrag der Staatsanwalt vorgenommene Korrektur der Dauer des Vorwegvollzugs zugunsten der Angeklag- ten ergeht, denn die gesetzlichen Regelungen über die Vollstreckungsreihenfolge dienen auch der Sicherung des Therapieerfolgs (BGH, Beschluss vom 21. August 2007 - 3 StR 263/07 a.E.).
Raum Wahl Rothfuß
Jäger Cirener

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2014 - 1 StR 531/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2014 - 1 StR 531/13

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb
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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

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(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 7/12
vom
14. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 14. Februar 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 20. Juni 2011 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revisionen der Nebenkläger E. und H. S. wer- den verworfen.
3. Die Nebenkläger haben die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Außerdem hat es dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass von der Strafe ein Jahr und sechs Monate vor der Maßregel zu vollziehen sind. Mit ihrer auf die Anordnung der Dauer des Vorwegvollzugs beschränkten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Die Nebenkläger erheben ebenfalls die Sachrüge und erstreben eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt gemäß § 301 StPO zur Aufhebung des gesamten Maßregelausspruchs; die gemäß § 395 Abs. 2 Nr. 1, § 400 Abs. 1 StPO zulässigen Revisionen der Nebenkläger sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Revision der Staatsanwaltschaft
3
Die Revision rügt, dass das Landgericht die Dauer des Vorwegvollzugs rechtsfehlerhaft auf ein Jahr und sechs Monate bestimmt hat; mit Blick auf die Strafhöhe sowie die voraussichtliche Therapiedauer von zwei Jahren sei die Anordnung des Vorwegvollzugs von zwei Jahren Freiheitsstrafe geboten gewesen (§ 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB). Das Rechtsmittel führt zugunsten des Angeklagten zur Aufhebung des gesamten Maßregelausspruchs. Dies kann der Senat gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Beschlusswege entscheiden (BGH, Beschlüsse vom 23. August 1995 - 2 StR 394/95, NStZ-RR 1996, 130, 131 und vom 6. November 1996 - 5 StR 219/96, bei Kusch NStZ 1997, 379 jew. mwN; aA Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 349 Rn. 28 mwN).
4
a) Die - grundsätzlich mögliche - Beschränkung der Revision (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 3 StR 231/07, NStZ 2008, 28; vgl. auch Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07, NStZ 2008, 213) auf die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs ist ausnahmsweise unzulässig. Ihre Rechtswirksamkeit setzt voraus, dass der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 3 StR 516/07, NStZ-RR 2009, 48 mwN). Die Dauer des Vorwegvollzugs hängt gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB von der Höhe der verhängten Strafe und der voraussichtlichen Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB ab. Die Festlegung einer angemessenen Dauer der Unterbringung erfordert deshalb, dass die Voraussetzungen der Maßregel als solche gegeben sind. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass das neue Tatgericht gehalten wäre, eine angemessene Dauer für die Maßregel und den Vorwegvollzug festzustellen, auch wenn es - sachverständig beraten - zu der Überzeugung gelangt, dass die Unterbringung als solche nicht in Betracht kommt (BGH aaO).
5
b) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
6
aa) Die Verhängung dieser Maßregel setzt unter anderem die Gefahr voraus , dass der Täter infolge seines Hanges zum übermäßigen Genuss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Das Landgericht hat sich insoweit die Ausführungen des Sachverständigen zu Eigen gemacht, der maßgeblich darauf abgestellt hat, in der Tat zeige sich eine ausgesprochene Progredienz hinsichtlich der Delin- quenz des Angeklagten. Dies wird durch die Feststellungen nicht belegt. Danach ist der zur Tatzeit 25 Jahre alte Angeklagte bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Mit Blick darauf, dass er sein Opfer schon mehrere Jahre kannte und Tatursache Spannungen in der besonderen Beziehung zu diesem waren, versteht es sich auch nicht von selbst, dass der Angeklagte in Zukunft erneut straffällig werden wird. Dies hätte vielmehr näherer Darlegung bedurft.
7
bb) Unter diesen Umständen kann es dahinstehen, ob die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 Satz 1 StGB rechtsfehlerfrei war. Hiergegen könnten Bedenken bestehen, da eine nähere Erläuterung fehlt, inwieweit die Wertung des Sachverständigen, der Angeklagte habe auf Dauer nicht auf den Alkoholkonsum verzichten können und diesen ungehindert fortgesetzt, mit der Feststellung vereinbar ist, der Angeklagte habe ab Dezember 2009 bis zur Tatzeit im Januar 2011 unter Beschränkung auf das Wochenende weniger Drogen als zuvor zu sich genommen.
8
c) Über die Anordnung der Maßregel ist deshalb unter Hinzuziehung eines Sachverständigen insgesamt neu zu befinden.
9
2. Revisionen der Nebenkläger
10
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten ergeben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat, hat das Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen insbesondere das Mordmerkmal der Heimtücke ohne Rechtsfehler verneint.
Becker RiBGH Pfister befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 167/08
vom
15. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2008 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 23. Januar 2008 wird im Maßregelausspruch aufgehoben, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs sachlich zusammentreffenden Fällen, davon in drei Fällen zugleich mit Anstiftung zur vorsätzlichen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt. Zugleich hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und den teilweisen Vorwegvollzug von drei Jahren und sechs Monaten angeordnet. Das Rechtsmittel, das auf die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs beschränkt worden ist, führt zum Wegfall der Unterbringungsanordnung (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
I. Die Beschränkung des Rechtsmittels allein auf die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs der neben der Maßregel verhängten Freiheitsstrafe ist hier unwirksam; es erfasst den gesamten Maßregelausspruch. Die Frage des Vorwegvollzugs kann hier nicht losgelöst von der Frage der Anordnung der Maßregel beurteilt werden, da die Dauer des Vollzugs auch von der Einschätzung der Behandlungsbedürftigkeit abhängt (vgl. BGH, Beschl. vom 18. Dezember 2007 - 3 StR 516/07).
3
II. Die Unterbringungsanordnung kann nicht bestehen bleiben.
4
1. Auch nach Umgestaltung des § 64 Abs. 1 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) in eine „SollVorschrift“ hat der Tatrichter zunächst festzustellen, ob beim Angeklagten ein Hang vorliegt, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss (vgl. nur BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; Hanack in LK-StGB 11. Aufl. § 64 Rdn. 40). „Im Übermaß“ bedeutet, dass der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2004, 39, 40). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die sachverständig beratene Strafkammer in den Urteilsgründen nicht darzulegen vermocht.
5
Nach den Feststellungen ist der Angeklagte „polytoxikoman“. Seit seinem 14. Lebensjahr soll er Alkohol konsumiert haben und „in Kontakt mit Be- täubungsmitteln“ gewesen sein. Aus „gelegentlichem Haschischkonsum“ habe sich „ein regelmäßiger Konsum dieser Droge“ entwickelt. Mit 18 Jahren habe er „regelmäßig Amphetamine“ konsumiert. „Gelegentlich“ seien auch andere Drogen , „etwa Heroin“, hinzugekommen. Bei seiner Inhaftierung habe er „unter Entzugserscheinungen wie Schweißausbrüchen und Schlafstörungen“ gelitten. Darüber hinaus habe der Angeklagte eine ausgeprägte Leidenschaft zum Spielen an Automaten, die sich als „unmittelbare Folgeerscheinung der Suchtmittelabhängigkeit“ darstelle. Nähere Einzelheiten über das Bestehen des Hangs bei Begehung der einzelnen Taten teilen die Urteilsgründe nicht mit.
6
2. Unabhängig davon ist nicht erkennbar, dass die abgeurteilten Taten Symptomwert für einen Hang des Angeklagten zum Missbrauch berauschender Mittel haben, sich also in ihnen seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert, wie dies etwa bei Beschaffungskriminalität typisch ist. Eine solche Annahme liegt hier schon deshalb fern, weil der Angeklagte mit seinem Vater und seinem Bruder eine Vielzahl von gut organisierten Einkaufsfahrten nach V. -- in den Niederlanden getätigt, zur Reduzierung des eigenen Risikos teilweise professionell das Rauschgift über einen Kurier nach Deutschland eingeführt hat, um es dann hier gewinnbringend zu veräußern.

7
3. Der Senat kann ausschließen, dass eine neue Verhandlung Feststellungen ergeben könnte, die eine den Angeklagten beschwerende Unterbringungsanordnung (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO) rechtfertigen. Er erkennt daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf deren Wegfall (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 354 Rdn. 26f m.w.N.). Nack Boetticher Kolz Elf Sander

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 642/10
vom
15. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 21. Juli 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet
verworfen, dass vor der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt zwei Jahre von der gegen den Angeklagten
verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zu vollziehen sind.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 40 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zuvor noch ein Jahr und sechs Monate der verhängten Freiheitsstrafe vollzogen werden.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, führt zur Berichtigung des Ausspruchs über die Dauer des Vorwegvollzugs (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
Bei der Bestimmung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe hat sich die Strafkammer zwar zutreffend am Halbstrafen-Zeitpunkt orientiert (§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB), hier also an dem Zeitraum von vier Jahren. Die erforderliche Therapiedauer beträgt im vorliegenden Fall voraussichtlich, so das sachverständig beratene Landgericht, etwa zwei Jahre. Es verbleiben daher für den Vorwegvollzug von Strafhaft zwei Jahre. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils befand sich der Angeklagte sechs Monate in Untersuchungshaft. Die Strafkammer hat deshalb die Anordnung eines Vorwegvollzugs von noch einem Jahr und sechs Monaten angeordnet. Nach der Rechtsprechung ist die erlittene Untersuchungshaft gemäß § 51 StGB grundsätzlich auf den nach § 67 Abs. 2 StGB vorweg zu vollstreckenden Strafteil anzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 1 StR 43/10, Rn. 1). Da die Grundlagen der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs rechtsfehlerfrei festgestellt sind, kann der Senat die Formulierung im Urteilstenor entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst korrigieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2010 - 3 StR 558/09, Rn. 3; vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09, Rn. 6).
4
Im Übrigen ist die Revision unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig , den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Elf

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 642/10
vom
15. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 21. Juli 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet
verworfen, dass vor der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt zwei Jahre von der gegen den Angeklagten
verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zu vollziehen sind.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 40 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zuvor noch ein Jahr und sechs Monate der verhängten Freiheitsstrafe vollzogen werden.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, führt zur Berichtigung des Ausspruchs über die Dauer des Vorwegvollzugs (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
Bei der Bestimmung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe hat sich die Strafkammer zwar zutreffend am Halbstrafen-Zeitpunkt orientiert (§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB), hier also an dem Zeitraum von vier Jahren. Die erforderliche Therapiedauer beträgt im vorliegenden Fall voraussichtlich, so das sachverständig beratene Landgericht, etwa zwei Jahre. Es verbleiben daher für den Vorwegvollzug von Strafhaft zwei Jahre. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils befand sich der Angeklagte sechs Monate in Untersuchungshaft. Die Strafkammer hat deshalb die Anordnung eines Vorwegvollzugs von noch einem Jahr und sechs Monaten angeordnet. Nach der Rechtsprechung ist die erlittene Untersuchungshaft gemäß § 51 StGB grundsätzlich auf den nach § 67 Abs. 2 StGB vorweg zu vollstreckenden Strafteil anzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 1 StR 43/10, Rn. 1). Da die Grundlagen der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs rechtsfehlerfrei festgestellt sind, kann der Senat die Formulierung im Urteilstenor entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst korrigieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2010 - 3 StR 558/09, Rn. 3; vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09, Rn. 6).
4
Im Übrigen ist die Revision unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig , den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Elf

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 7/12
vom
14. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 14. Februar 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 20. Juni 2011 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revisionen der Nebenkläger E. und H. S. wer- den verworfen.
3. Die Nebenkläger haben die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Außerdem hat es dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass von der Strafe ein Jahr und sechs Monate vor der Maßregel zu vollziehen sind. Mit ihrer auf die Anordnung der Dauer des Vorwegvollzugs beschränkten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Die Nebenkläger erheben ebenfalls die Sachrüge und erstreben eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt gemäß § 301 StPO zur Aufhebung des gesamten Maßregelausspruchs; die gemäß § 395 Abs. 2 Nr. 1, § 400 Abs. 1 StPO zulässigen Revisionen der Nebenkläger sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Revision der Staatsanwaltschaft
3
Die Revision rügt, dass das Landgericht die Dauer des Vorwegvollzugs rechtsfehlerhaft auf ein Jahr und sechs Monate bestimmt hat; mit Blick auf die Strafhöhe sowie die voraussichtliche Therapiedauer von zwei Jahren sei die Anordnung des Vorwegvollzugs von zwei Jahren Freiheitsstrafe geboten gewesen (§ 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB). Das Rechtsmittel führt zugunsten des Angeklagten zur Aufhebung des gesamten Maßregelausspruchs. Dies kann der Senat gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Beschlusswege entscheiden (BGH, Beschlüsse vom 23. August 1995 - 2 StR 394/95, NStZ-RR 1996, 130, 131 und vom 6. November 1996 - 5 StR 219/96, bei Kusch NStZ 1997, 379 jew. mwN; aA Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 349 Rn. 28 mwN).
4
a) Die - grundsätzlich mögliche - Beschränkung der Revision (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 3 StR 231/07, NStZ 2008, 28; vgl. auch Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07, NStZ 2008, 213) auf die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs ist ausnahmsweise unzulässig. Ihre Rechtswirksamkeit setzt voraus, dass der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 3 StR 516/07, NStZ-RR 2009, 48 mwN). Die Dauer des Vorwegvollzugs hängt gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB von der Höhe der verhängten Strafe und der voraussichtlichen Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB ab. Die Festlegung einer angemessenen Dauer der Unterbringung erfordert deshalb, dass die Voraussetzungen der Maßregel als solche gegeben sind. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass das neue Tatgericht gehalten wäre, eine angemessene Dauer für die Maßregel und den Vorwegvollzug festzustellen, auch wenn es - sachverständig beraten - zu der Überzeugung gelangt, dass die Unterbringung als solche nicht in Betracht kommt (BGH aaO).
5
b) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
6
aa) Die Verhängung dieser Maßregel setzt unter anderem die Gefahr voraus , dass der Täter infolge seines Hanges zum übermäßigen Genuss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Das Landgericht hat sich insoweit die Ausführungen des Sachverständigen zu Eigen gemacht, der maßgeblich darauf abgestellt hat, in der Tat zeige sich eine ausgesprochene Progredienz hinsichtlich der Delin- quenz des Angeklagten. Dies wird durch die Feststellungen nicht belegt. Danach ist der zur Tatzeit 25 Jahre alte Angeklagte bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Mit Blick darauf, dass er sein Opfer schon mehrere Jahre kannte und Tatursache Spannungen in der besonderen Beziehung zu diesem waren, versteht es sich auch nicht von selbst, dass der Angeklagte in Zukunft erneut straffällig werden wird. Dies hätte vielmehr näherer Darlegung bedurft.
7
bb) Unter diesen Umständen kann es dahinstehen, ob die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 Satz 1 StGB rechtsfehlerfrei war. Hiergegen könnten Bedenken bestehen, da eine nähere Erläuterung fehlt, inwieweit die Wertung des Sachverständigen, der Angeklagte habe auf Dauer nicht auf den Alkoholkonsum verzichten können und diesen ungehindert fortgesetzt, mit der Feststellung vereinbar ist, der Angeklagte habe ab Dezember 2009 bis zur Tatzeit im Januar 2011 unter Beschränkung auf das Wochenende weniger Drogen als zuvor zu sich genommen.
8
c) Über die Anordnung der Maßregel ist deshalb unter Hinzuziehung eines Sachverständigen insgesamt neu zu befinden.
9
2. Revisionen der Nebenkläger
10
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten ergeben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat, hat das Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen insbesondere das Mordmerkmal der Heimtücke ohne Rechtsfehler verneint.
Becker RiBGH Pfister befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges