Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12

bei uns veröffentlicht am05.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 602/12
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013 beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 13. Februar 2013 gegen den Senatsbeschluss vom 8. Januar 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Januar 2013 die von dem Verurteilten eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Juni 2012 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2
Mit einem am 13. Februar 2013 eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers hat der Verurteilte die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO erhoben. Er sieht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG darin, dass der Senat die gesetzlichen Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine Verfahrensrüge überspannt habe. Indem der Senat in Bezug auf eine Rüge der Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens über die geschädigte Zeugin Darlegungen zu deren Einwilligung in die Untersuchung verlangt habe , sei der Revision Unmögliches abverlangt worden.

II.


3
1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig.
4
Es fehlt an der von § 356a Satz 3 StPO gesetzlich geforderten Glaubhaftmachung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung des Betroffenen von der Verletzung rechtlichen Gehörs. Die Anhörungsrüge kann zulässig nur binnen einer Woche nach dieser Kenntniserlangung erhoben werden (§ 356a Satz 2 StPO). Da das Revisionsgericht diesen Zeitpunkt regelmäßig nicht aus den Akten entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2013 - 1 StR 382/10), verlangt das Gesetz die Glaubhaftmachung des relevanten Zeitpunkts durch den Antragsteller. Dabei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags nach § 356a Satz 1 StPO (BGH, Beschluss vom 29. September 2009 - 1 StR 628/08, StV 2010, 297; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 356a Rn. 9). An der Glaubhaftmachung fehlt es. Der Antrag teilt unabhängig von der Glaubhaftmachung noch nicht einmal den Zeitpunkt der Kenntniserlangung als solchen mit.
5
2. Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.
6
Der Senat hat das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung der in der Revisionsbegründung enthaltenen Beanstandungen und unter Einbeziehung der Ausführungen in der Erwiderung vom 27. Dezember 2012 auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts umfassend geprüft. In seinem Beschluss vom 8. Januar 2013 hat der Senat seine mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übereinstimmende Auffassung über die gesetzlichen Darlegungsanforderungen an die hier fragliche Verfahrensrüge näher begründet. Tatsachen oder Beweisergebnisse, zu denen der Verurteilte nicht zuvor gehört worden war, hat er dabei nicht verwertet. Auch ist kein entscheidungserhebli- ches Vorbringen übergangen worden. Dass der Senat der Rechtsauffassung der Revision über die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht gefolgt ist, lässt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht erkennen. Auch wird mit der Forderung nach Ausführungen zu der für eine Exploration rechtlich erforderlichen Einwilligung der Zeugin nichts Unmögliches gefordert. Vielmehr wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass Zeugen nicht ohne deren Einwilligung auf ihre Glaubwürdigkeit hin untersucht werden dürfen (siehe insoweit Meyer-Goßner, aaO, § 81c Rn. 7 mwN).
7
Im Übrigen hat der Senat in seinem Verwerfungsbeschluss ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die Verfahrensrüge auf Einholung des Glaubwürdigkeitsgutachtens auch unbegründet war. Damit wird den aus Art. 103 Abs. 1 GG resultierenden Pflichten zur Begründung letztinstanzlicher, nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen genügt. Wahl Rothfuß Jäger Cirener Radtke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2009 - 1 StR 628/08

bei uns veröffentlicht am 29.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 628/08 vom 29. September 2009 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. hier: Anhörungsrüge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2009 beschlossen : Die Anhörungsrüge des Veru

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2013 - 1 StR 382/10

bei uns veröffentlicht am 10.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 382/10 vom 10. Januar 2013 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung hier: Anhörungsrüge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2013 beschlossen : Der Antrag des Verurteilten vom 21.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 1 StR 602/12.

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 531/16

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 531/16 vom 31. Januar 2017 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschw

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 382/10
vom
10. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2013 beschlossen
:
Der Antrag des Verurteilten vom 21. Dezember 2012 auf Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist
zur Erhebung der Anhörungsrüge (§ 356a StPO) gegen den Senatsbeschluss
vom 8. Februar 2011 sowie seine Anhörungsrüge
gegen diesen Beschluss werden auf Kosten des Verurteilten als
unzulässig zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hatte die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16. April 2010 mit Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit am selben Tag beim Senat eingegangenem Schreiben vom 21. Dezember 2012, hat Rechtsanwalt Prof. Dr. J. angezeigt, dass er den Verurteilten vertrete. Er hat gemäß § 356a StPO beantragt, das Verfahren in die Lage zurückzuversetzen, die vor Erlass des Senatsbeschlusses vom 8. Februar 2011 bestanden habe. Zugleich hat er beantragt, „dem Unterfertig- ten“ gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356aStPO Wiedereinsetzung zu gewähren.
2
Es liege eine Verletzung rechtlichen Gehörs zum Nachteil des Angeklag- ten vor, weil das Revisionsgericht „die zivilrechtliche Vorfrage der Anwendbar- keit des Werkvertragsrechts beziehungsweise des Arbeitsrechts im hiesigen Fall zur Kenntnis genommen, sie jedoch bei seiner Entscheidung insofern nicht in Erwägung gezogen (habe), als es sich trotz der Ausführungen der Verteidi- gung und der Bundesanwaltschaft nicht mit deren impliziten tatsächlichen Vor- bringen“ zu einer vertraglichen „Wortpassage“ auseinandergesetzt und „inso- fern den Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör verletzt“ habe.
3
1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig, weil nicht mitgeteilt wird, wann der Verurteilte von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. Da der Antrag zulässigerweise nur binnen einer Frist von einer Woche seit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Betroffenen von der Verletzung des rechtlichen Gehörs gestellt werden kann und das Revisionsgericht diesen Zeitpunkt im Regelfall nicht den Akten entnehmen kann, muss dieser Zeitpunkt binnen der Wochenfrist (§ 356a Satz 2 StPO) mitgeteilt werden (vgl. BGHR StPO § 356a Frist 1).
4
Der Verurteilte hat nicht mitgeteilt, wann er von der vermeintlichen Verletzung seines rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In der Anhörungsrüge wird allein auf die Kenntniserlangung durch seinen neuen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. J. , abgestellt, indem geltend gemacht wird, dieser Verteidiger habe erst am 19. Dezember 2012 von dem früheren Verteidiger Dr. C. die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 11. Januar 2011 erhalten. Es wird weder behauptet noch glaubhaft gemacht, auch der Verurteilte habe erst zu diesem Zeitpunkt von der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Kenntnis erlangt. Auf die Kenntnis des Verurteilten kommt es aber entscheidend an; denn gemäß § 356a Satz 1 StPO setzt die Zurückversetzung in die Lage vor dem Erlass der Entscheidung voraus, dass das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. In der Anhörungsrüge wird geltend gemacht, der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör sei verletzt worden.
5
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO ist ebenfalls unzulässig.
6
Es fehlt an der Angabe und Glaubhaftmachung, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis, das der Einhaltung der Wochenfrist für die Erhebung der Anhörungsrüge entgegengestanden haben soll, für den Antragsteller weggefallen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 21. Dezember 2012 verhält sich auch insoweit lediglich zur Kenntniserlangung durch den neuen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. J. , der nach eigenem Bekunden erst am 7. März 2011, also knapp einen Monat nach Verwerfung der Revision des Verurteilten, von diesem bevollmächtigt worden ist. Hieraus lassen sich keine Schlüsse auf den Kenntnisstand des Verurteilten ziehen, da dieser im Revisionsverfahren von den Rechtsanwälten Dr. C. und Dr. S. verteidigt worden ist. Von Rechtsanwalt Dr. C. hat der neue Wahlverteidiger Prof. Dr. J. - nach eigenem Bekunden - die Antragsschrift des Generalbundesanwalts erhalten; sie lag also offensichtlich der Verteidigung vor. Auf den Umstand, dass es Rechtsanwalt Prof. Dr. J. bereits bei seiner - in der Anhörungsrüge mitgeteilten - Einsichtnahme in die Verfahrensakten im April 2011 bewusst sein musste, dass ein Verwerfungsbeschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO zwingend einen entsprechenden Antrag des Generalbundesanwalts voraussetzt, kommt es daher nicht mehr an.
7
3. Auch in der Sache könnte die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben. Der Senat hat das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung der in der Revisionsrechtfertigung enthaltenen Beanstandungen und der von den Verfahrensbeteiligten hierzu gemachten Ausführungen umfassend geprüft. Dabei hat er auch die vom Verurteilten nun in seiner Anhörungsrüge angesprochenen Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Revision berücksichtigt; den Verur- teilten belastende Rechtsfehler ergaben sich dabei nicht. Dass der Beschluss des Senats, der auf der Grundlage der Stellungnahme und des Antrags des Generalbundesanwalts ergangen ist, keine Begründung enthält, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 StPO. Eine weitergehende Begründungspflicht für die letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung bestand nicht (vgl. auch BGHR StPO § 356a Gehörverstoß 3 mwN). Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07).
8
4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2006 - 1 StR 240/06).
Nack Wahl Jäger Sander Radtke

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 628/08
vom
29. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2009 beschlossen
:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 11. September 2009 gegen
den Senatsbeschluss vom 18. November 2008 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Senat hat durch den beanstandeten Beschluss die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 25. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2
Mit Schreiben vom 11. September 2009 hat der Verurteilte diverse Unterlagen übersandt, die als "nachträgliche Anhörung nach §§ 33a und 356a StPO zu werten" seien. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
3
1. Die Anhörungsrüge nach § 33a StPO ist schon ihrem Wortlaut nach als Rechtsbehelf gegen Revisionsentscheidungen nicht statthaft, denn diese Vorschrift gilt nur subsidiär, d.h. nur dann, wenn gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf statthaft ist. Gegen Revisionsentscheidungen ist als speziellere Regelung nur der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 356a StPO statthaft (vgl. BGH NStZ 2007, 236 m.N.).
4
2. a) Der Verurteilte hat diesen Rechtsbehelf jedoch nicht innerhalb einer Woche nach Kenntnis von der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angebracht. Diese Frist beginnt gemäß § 356a Satz 2 StPO mit der Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die behauptete Gehörsverletzung ergeben kann. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung muss gemäß § 356a Satz 3 StPO vom Verurteilten glaubhaft gemacht werden, wobei der Zeitpunkt der Kenntniserlangung binnen der Wochenfrist für die Stellung des Antrages nach § 356a StPOmitzuteilen ist. Das ist jedoch nicht geschehen, so dass der vom Verurteilten erhobene Rechtsbehelf schon deshalb als Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO unzulässig ist.
5
b) Die Anhörungsrüge hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg. Denn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung zum Nachteil des Verurteilten weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Nack Wahl Hebenstreit Elf Sander

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.