Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2020 - 2 StR 339/19

bei uns veröffentlicht am15.01.2020
vorgehend
Landgericht Köln, , 01 Js 2/18
Landgericht Köln, 32, KLs 24/18

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 339/19
vom
15. Januar 2020
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2020:150120B2STR339.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts zu Ziffern 1.c) und 2.a) auf dessen Antrag, sowie nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Januar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. a) Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 21. März 2019, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Pkws Nissan Juke aufgehoben.
b) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
c) Die weiter gehende Revision des Angeklagten S. und die Revisionen der Angeklagten K. und N. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. 2. Die Angeklagten K. und N. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Den Angeklagten N. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten S. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und einen Personenkraftwagen sowie ein Mobiltelefon eingezogen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revision des Angeklagten K. mit Verfahrensrügen und der Sachbeschwerdesowie die Revisionen der Angeklagten N. und S. mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel der Angeklagten K. und N. sind aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 18. November 2019 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Das Rechtsmittel des Angeklagten S. führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und der Entscheidung über die Einziehung des Pkws; im Übrigen ist es ebenfalls unbegründet.
2
1. Das Landgericht hat die Einziehung des im Fall II.2. der Urteilsgründe zur Einfuhr der Betäubungsmittel gebrauchten Pkws Nissan Juke des Angeklagten S. mit dem amtlichen niederländischen Kennzeichen rechtsfehlerfrei auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise eine ihm gehörende Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der zu verhängenden Strafe und im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2013 – 2 StR43/13; Beschluss vom 17. August 2016 – 2 StR 123/16, BGHR StGB § 74 Rechtsfolge 1; BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526; Beschluss vom 27. März 2019 – 4 StR 360/18, NStZ-RR 2019, 209, 210). Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
3
Der Wert des Pkws wird im angefochtenen Urteil nicht mitgeteilt. Deshalb kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze eine mildere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
4
2. Der Wegfall des Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung bezüglich des Pkws, die mit der Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht.
5
3. Die dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs sowie gegebenenfalls sonstige, zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage eine neue Strafzumessung vorzunehmen haben.
Franke Appl RiBGH Prof. Dr. Krehl ist wegen Krankheit gehindert zu unterschreiben. Franke Eschelbach RiBGH Meyberg ist wegen Krankheit gehindert zu unterschreiben. Franke

Vorinstanz:
Köln, LG, 21.03.2019 - 101 Js 2/18 324 KLs 24/18

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2020 - 2 StR 339/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2020 - 2 StR 339/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2020 - 2 StR 339/19 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2019 - 4 StR 360/18

bei uns veröffentlicht am 27.03.2019

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - 3 StR 8/18

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2016 - 2 StR 123/16

bei uns veröffentlicht am 17.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 123/16 vom 17. August 2016 in der Strafsache gegen wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:170816B2STR123.16.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 123/16
vom
17. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:170816B2STR123.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 2. Dezember 2015 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und einen bei der Tatbegehung verwendeten PKW eingezogen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung.
3
1. Die Einziehung des zur Einfuhrfahrt der Betäubungsmittel gebrauchten PKW´s des Angeklagten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (Fischer , StGB, 63. Aufl., § 74 Rn. 2 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise eine ihm gehörende Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH StV 2013, 565). Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Der Wert des PKW´s wird nicht mitgeteilt, weshalb der Senat nicht ausschließen kann, dass das Landgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze eine mildere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
4
2. Der Wegfall des Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, die mit der Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 169; StV 2013, 565).
5
3. Die dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs zu treffen haben.
Fischer Krehl Eschelbach Ott Bartel

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 8/18
vom
3. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:030518B3STR8.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 24. August 2017 im Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung des Kraftfahrzeugs VW Passat aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen und seines Fahrzeugs angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Strafausspruch hat keinen Bestand; dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrzeugs.
3
Die Einziehung des zur Tatbegehung gebrauchten PKW des Angeklagten hat das Landgericht rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB nF gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (BGH, Beschluss vom 26. April 1983 - 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169 f.; vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, StV 2015, 633, jew. mwN). Daran ist auch nach der Änderung des § 74 StGB durch das Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl. I, S. 872) festzuhalten.
4
Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht , hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkte Strafe milder bemessen hätte.
5
Der Wegfall des Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der an sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe wie beschrieben in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169, 170).
6
Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird lediglich ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs sowie gegebenenfalls sonstige zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu treffen und auf dieser Grundlage eine neue Strafzumessung vorzunehmen haben.
Becker Gericke Spaniol Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 360/18
vom
27. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:270319B4STR360.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 27. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 9. Mai 2018 aufgehoben
a) im Strafausspruch;
b) im Ausspruch über die Maßregel nach §§ 69, 69a Abs. 1 Satz 3 StGB;
c) im Ausspruch über die Einziehung des Pkw Audi A6 Avant; die zugehörigen Feststellungen bleiben jedoch aufrecht erhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen (Fälle 1 bis 9), wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Men- ge in vier Fällen (Fälle 10 bis 13), davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen (Fall 11), in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 12) und in einem Fall in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 13), sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 14) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, die Einzie- hung von „Wertersatz“ (richtig: des Wertes von Taterträgen) in Höhe von 8.991 Euro sowie eines Pkw angeordnet und eine isolierte Sperrfrist von zwei Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis festgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat zum Schuldausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
2. Hingegen hat der Strafausspruch insgesamt keinen Bestand.
4
a) Zunächst hat das Landgericht bei der Strafzumessung rechtsfehlerhaft die nach § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB erfolgte Einziehung des Pkw des Angeklagten außer Betracht gelassen. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526; vom 17. August 2016 – 2 StR 123/16, BGHR StGB § 74 Rechtsfol- ge 1; vom 12. März 2013 – 2 StR 43/13, StV 2013, 565). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert – washier mit Blick auf den Anschaffungspreis für das Fahrzeug im Februar 2017 von 7.800 Euro der Fall ist – entzogen, so ist dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, StV 2015, 633; vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, NStZ-RR 2012, 169). Dies hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht.
5
b) Darüber hinaus hat die Strafkammer in den Fällen 1 bis 11 – in denen sie zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen ist, dass er sich jeweils in einem vermeidbaren Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB befunden habe – rechtsfehlerhaft davon abgesehen, den vertypten Strafmilderungsgrund nach § 17 Satz 2 StGB zu erörtern.
6
c) Schließlich hat das Landgericht im Hinblick auf die Fälle 9 bis 13 bei der konkreten Strafzumessung zu Unrecht strafschärfend berücksichtigt, der Angeklagte habe aus drei früheren Verurteilungen unter Bewährung gestanden. Bei Begehung dieser zwischen dem 20. Februar 2017 und dem 1. April 2017 verübten Taten stand er zwar noch unter Bewährung aus den Urteilen des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 26. Juni 2008 und des Landgerichts Konstanz vom 12. Februar 2014; die Bewährungszeit aus dem Urteil des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 3. Mai 2012 war aber bereits seit dem 17. Januar 2017 abgelaufen.
7
Trotz der sehr moderat bemessenen Strafen kann der Senat nicht gänzlich ausschließen, dass sich die unzutreffenden Wertungen des Landgerichts bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
8
3. Mit Blick auf die Anordnung von Maßregeln und die getroffenen Einziehungsentscheidungen gilt Folgendes:
9
a) Die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung stand.
10
b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Anordnung der Maßregel nach §§ 69, 69a Abs. 1 Satz 3 StGB. Die Strafkammer hat zur Begründung der angeordneten zweijährigen Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis lediglich angeführt, der Angeklagte habe sich dadurch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gezeigt, dass er tateinheitlich in zwei Fällen am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen habe, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis gewesen zu sein. Diese Begründung reicht zum Beleg der Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Sinne von § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht aus. Soll gegen den Täter wegen einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat – wie es bei dem vom Angeklagten verwirklichten vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG der Fall ist – die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet werden, muss das Tatgericht eine Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit vornehmen, mit der die fehlende Eignung belegt wird, wobei der Umfang der Darlegung vom Einzelfall abhängt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. November 2017 – 4 StR 427/17, StV 2018, 414, 415; vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, juris Rn. 3; vom 17. Mai 2000 – 3 StR 167/00, NStZ-RR 2000, 297, 298); eine solche einzelfallbezogene Begründung der fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr lässt das angefochtene Urteil vermissen.
11
c) Die auf §§ 73, 73c StGB gestützte Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 8.991 Euro begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
12
d) Keinen Bestand hat schließlich die an sich rechtsfehlerfreie Einziehungsentscheidung gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB bezüglich des Pkw Audi A6 Avant, da sie mit der – hier fehlerhaften – Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2018 – 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526; vom 17. August 2016 – 2 StR 123/16, BGHR StGB § 74 Rechtsfolge 1).
13
4. Die den aufgehobenen Aussprüchen zu Grunde liegenden Feststellungen werden von den aufgezeigten Wertungsfehlern nicht berührt und können bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Sost-Scheible Roggenbuck Bender
Feilcke Paul