Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2019 - 2 StR 422/18

bei uns veröffentlicht am04.12.2019
vorgehend
Landgericht Bonn, 66, Js 835/13
Landgericht Bonn, 2, KLs 26/16

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 422/18
vom
4. Dezember 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Betruges u. a.
ECLI:DE:BGH:2019:041219B2STR422.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 4. Dezember 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16. Februar 2018 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Betruges in 70 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten K. wegen Beihilfe zum Betrug in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist, den Angeklagten Z. wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist, und den Angeklagten N. wegen Beihilfe zumBetrug zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt. Ferner hat es gegen die Angeklagten eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte B. , seinen Lebensunterhalt dadurch zu bestreiten, dass er unberechtigte Schadensersatzzahlungen von Versicherungen erlangt. Im Zusammenwirken mit anderen Personen reichte er zwischen November 2008 und Februar 2014 erdachte Mitteilungen von tatsächlich nicht stattgefundenen Verkehrsunfallgeschehen und verfälschte Schadensgutachten bei den Haftpflichtversicherungen der vermeintlichen Unfallgegner ein. Er erzeugte bei Sachbearbeitern der Versicherungen die Fehlvorstellung, es habe sich ein Unfall ereignet , bei dem der behauptete Schaden entstanden sei, und erlangte auf diese Weise in 70 Fällen unberechtigte Schadensersatzzahlungen der Versicherungen zwischen 435,65 € und 14.537,57 €. Zur Vermeidung versicherungsinterner Nachforschungen wurden als vorgebliche Unfallgeschädigte verschiedene Personen , im Ausland wohnhafte Unfallgegner und im Ausland gelegene Unfallorte genannt. Um den Forderungen zusätzliche Authentizität zu verleihen, wurden zur Anspruchsdurchsetzung Rechtsanwälte eingeschaltet.
3
Die Mitangeklagten traten als Fahrzeughalter auf und stellten dem Angeklagten B. Konten zur Verfügung, auf denen die Schadensersatzleistungen der Versicherungen eingingen. Die insgesamt 13 vermeintlich geschädigten Fahrzeuge nutzte der Angeklagte B. selbst, auch wenn diese auf andere Personen zugelassen waren.
4
2. Die Rechtsmittel der Angeklagten sind mit der Sachrüge begründet. Zwar tragen die Feststellungen den Schuldspruch und auch die Strafaussprüche weisen – für sich genommen – keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Indes werden die Feststellungen zum Irrtum der geschädigten Versicherungen, die der Verurteilung des Angeklagten B. zugrunde liegen, nicht hinreichend beweiswürdigend belegt.
5
a) Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist (also etwa das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann), muss der Tatrichter feststellen, dass und gegebenenfalls welche irrigen Vorstellungen die verfügende Person hatte, und mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2017 – 2 StR 573/15, NStZ 2018, 215, 217; Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, Rn. 13; BGH, Beschluss vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14 Rn. 19; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, Rn. 17 jeweils mwN). Dem genügen die Urteilsgründe nicht.
6
b) Dem angefochtenen Urteil kann – auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe – nicht entnommen werden, wie das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, der jeweilige Sachbearbeiter der zahlenden Versicherung sei einem täuschungsbedingten Irrtum erlegen. Dies darzulegen wäre die Strafkammer aber, wie stets in Betrugsfällen, gehalten gewesen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. November 2019 – 2 StR 307/19). Zwar kann der Tatrichter nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor allem in Fällen gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte seine Überzeugung von täuschungsbedingten Fehlvorstellungen auf der Grundlage eines sachgedanklichen Mitbewusstseins auf Indizien stützen und etwa bei einem regelhaften Vorstellungsbild durch Vernehmung einzelner Zeugen auf einen Irrtum auch bei anderen Geschädigten schließen (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13 Rn. 17; Beschlüsse vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14 Rn. 19; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13 Rn. 9; vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12 Rn. 15 jeweils mwN; LK-Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 87). Abgesehen davon, dass ein Fall mit Betrugshandlungen zum Nachteil einer so hohen Anzahl von Geschädigten, dass deren Befragung praktisch unmöglich wäre, hier nicht vorliegt, bleibt der Tatrichter jedoch selbst in Konstellationen, in denen gegebenenfalls auf eine Befragung von Geschädigten ganz verzichtet und der erforderliche Irrtum nur aus Beweisschlüssen aufgrund von äußeren Umständen – im vorliegenden Fall etwa auch aus einem zwischen den Versicherungen und einem eingeschalteten Rechtsanwalt geführten Schriftwechsel – festgestellt werden kann, verpflichtet, seine diesbezügliche Überzeugungsbildung im Urteil für das Revisionsgericht nachprüfbar und unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials darzulegen.
7
c) Da es hieran fehlt, können die Verurteilung des Angeklagten B. wegen Betruges in 70 Fällen und die Verurteilung der Mitangeklagten wegen hierzu geleisteter Beihilfe keinen Bestand haben. Dies muss zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts führen.
8
3. Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, deutlicher als bislang geschehen kenntlich zu machen, worauf seine Überzeugung von den Daten und den Umständen der einzelnen Taten fußt. Zwar dienen die Urteilsgründe nicht dazu, den Inhalt der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu dokumentieren; sie sollen vielmehr das Ergebnis der Hauptverhandlung und die zusammenfassende Würdigung lediglich der entscheidungserheblichen Beweismittel durch den Tatrichter darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 StR 106/98 Rn. 4; MüKo-StPO/Wenske, § 267 Rn. 67, 70 mwN). Die Urteilsgründe müssen aber erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht (KK-StPO/Kuckein/Bartel, 8. Aufl., § 267 Rn. 13 mwN).
Franke Krehl Eschelbach Meyberg Grube

Vorinstanz:
Bonn, LG, 16.02.2018 - 664 Js 835/13 23 KLs 26/16

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2019 - 2 StR 422/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2019 - 2 StR 422/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2019 - 2 StR 422/18 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2013 - 3 StR 162/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 162/13 vom 22. November 2013 Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe ____________________________

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 573/15 vom 22. Februar 2017 in der Strafsache gegen wegen Betrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2017:220217U2STR573.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Februar 2017, an

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 658/13 vom 17. Juni 2014 in der Strafsache gegen wegen Betrugs u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. Juni 2014 gemäß § 349 Abs. 2

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2014 - 4 StR 430/13

bei uns veröffentlicht am 22.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 430/13 vom 22. Mai 2014 Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja _______________________________ StGB § 263 Abs. 1; StPO § 267 Abs. 1, § 261 Zu den Anforderungen a

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 573/15
vom
22. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220217U2STR573.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Februar 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, Zeng, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 4. September 2015
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte des versuchten Betrugs in 152 Fällen schuldig ist,
b) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) soweit der Angeklagte wegen „schweren“ Betrugs in 105 Fällen verurteilt worden ist, bb) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren Betrugs“ in 105 Fällen in Tatmehrheit mit „versuchtem schweren Betrug“ in weiteren 152 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte betrieb ab 2008 in J. zwei Einzelfirmen, deren Ge- schäft überwiegend darin bestand, Mobilfunkverträge der Firma „T. GmbH, I. “ (im folgenden „T. “) im Wege von Haustürgeschäften durch von ihm selbst geschulte Außendienstmitarbeiter an Kunden zu vermitteln. Die von der „T. “ angebotenen Mobilfunkverträge verschiedener Telefongesell- schaften sollten bei den Kunden die bis dahin bestehenden Festnetzverträge der Te. ersetzen; sie minderten gegebenenfalls Telefonkosten, eröffneten jedoch keinen Zugang ins Internet. Die Außendienstmitarbeiter ließen sich von den Kunden die Konditionen der Altverträge und deren Telefonverhalten nen- nen und machten anschließend aus dem von „T. “ angebotenen Sortiment ein Angebot, das geringere Telefonkosten versprach und ein kostenloses Mobiltelefon als Tischgerät umfasste. Die nachfragende und beratende Tätigkeit der Außendienstmitarbeiter diente allein der Verkaufsförderung. Es wurde daher weder eine Vergütung der Beratung verlangt noch über ein vermeintliches diesbezügliches Widerrufsrecht belehrt. Die Kunden wurden im Fall eines Vertragsschlusses jeweils schriftlich über ihr Widerrufsrecht hinsichtlich des Mobilfunkvertrages unterrichtet, und unterzeichneten Hinweise zur Widerruflichkeit des Mobilfunkvertrags und eine primär der Absicherung vor Verwechslungen wegen der Namensähnlichkeit mit der Te. dienende Bestätigung, dass sie dar- über „informiert worden [seien], dass eine Beratung von einem Vertriebspartner der Firma T. GmbH […] bei mir stattgefunden hat“ und „… dass ich von einem Vertriebspartner der T. GmbH beraten wurde“.
4
Für die Vermittlung eines Mobilfunkvertrages zahlte „T. “ an den An- geklagten ca. 300 Euro Provision. Widerriefen die Kunden ihren neuen Mobil- funkvertrag, war die Provision an „T. “ zuzüglich eines weiteren Betrages in Höhe von 58 Euro zu erstatten. Im Verlauf der werbenden Tätigkeit stellte der Angeklagte den Kunden für die „Leistungen“ seiner Außendienstmitarbeiter kein Honorar in Rechnung.
5
Da die relativ hohe Anzahl an Widerrufserklärungen den wirtschaftlichen Erfolg deutlich minderte, entschloss sich der Angeklagte im Frühjahr 2009, das Geschäftsmodell wieder aufzugeben. Allerdings wollte der Angeklagte noch möglichst viel aus der Geschäftstätigkeit seiner Firmen erlösen. Deswegen kam er auf die Idee, den vermittelten Kunden der Firma „T. “, die ihre Mobilfunk- verträge widerrufen hatten, die Tätigkeit seiner Außendienstmitarbeiter im Rahmen der Vertragsvermittlung nachträglich als Beratungsleistungen in Rechnung zu stellen. Zuvor hatte er einem befreundeten Rechtsanwalt, dem Zeugen P. , bei einem zufälligen Zusammentreffen auf dem Flur der Anwaltskanzlei einzelne von Kunden bei Vertragsschluss unterzeichnete Informationsblätter gezeigt und diesen gefragt, ob gegen die beabsichtigte Vorgehensweise rechtliche Bedenken bestünden. Der Zeuge P. wies den Angeklagten darauf hin, dass mangels Vergütungsvereinbarung ein Zahlungsanspruch im Zweifel nur dann gerichtlich durchgesetzt werden könne, wenn der jeweils zuständige Amtsrichter davon ausgehe, dass die erbrachte Leistung als Beratung nur gegen Vergütung zu erwarten gewesen wäre. Da dies je nach Amtsrichter bejaht oder verneint werden könne, bestünden keine Bedenken dagegen, einen solchen Anspruch in Rechnung zu stellen. Aus wirtschaftlichen Gründen rate er mangels genügender Prozessaussichten jedoch davon ab, den jeweiligen Anspruch bei Nichtzahlung vor Gericht weiterzuverfolgen. Mit dieser kostenlos erteilten mündlichen Auskunft gab sich der Angeklagte zufrieden, eine weiter gehende rechtliche Beratung nahm er nicht in Anspruch.
6
Zwischen Mai und Juli 2009 stellte der Angeklagte in der Absicht, die bereits lange zuvor durchgeführten Verkaufsgespräche seiner Außendienstmitarbeiter trotz des Fehlens eines durchsetzbaren Anspruchs nachträglich zu Geld zu machen, den Kunden in mindestens 257 Fällen eine sogenannte „Bera- tungspauschale“ in Höhe von 69,95 Eurobrutto mit jeweils wie folgt lautenden Schreiben in Rechnung:
7
„…die Rechnung bezieht sich auf Ihren T. Vertrag, den Sie mit unserem Außendienstmitarbeiter abgeschlossen haben. Aufgrund ihres Widerrufes müssen wir Ihnen folgende Leistung in Rechnung stellen (alternativ : Aufgrund dieser Beratung stellen wir Ihnen folgendes in Rechnung): Menge: 1; Bezeichnung: Beratungspauschale; Gesamtpreis: 69,95 Euro.“
8
Unter diesem Text befand sich noch ein Hinweis auf den Verzugseintritt und die Kontoverbindung des Angeklagten. Dem Angeklagten war dabei bewusst , dass die Beratung der Kunden im Zusammenhang mit der Vermittlung der Mobilfunkverträge durch seine Mitarbeiter als reine Verkaufsanbahnung zu verstehen war. Er nahm zumindest billigend in Kauf, dass er von den Rech- nungsempfängern eine Zahlung auf einen nicht bestehenden Anspruch forderte und dies durch die Bezugnahme auf den Mobilfunkvertrag täuschend verschleierte.
9
Auf die Rechnungen zahlten 105 Kunden im Glauben daran, zur Zahlung verpflichtet zu sein, jeweils den Betrag von 69,95 Euro auf das Konto des Angeklagten , insgesamt 7.344,75 Euro.
10
In weiteren 152 Fällen widersprachen die Kunden der Rechnung oder zahlten kommentarlos nicht. Soweit die Kunden widersprachen, antwortete der Angeklagte schriftlich, man werde „in Anbetracht eines Haustürgeschäftes ohne vorherigen Termin dem Widerspruch bezüglich der Rechnung stattgeben“. Auch in allen Fällen, in denen nicht gezahlt wurde, ließ der Angeklagte weder mahnen noch strengte er Gerichtsverfahren an.
11
2. Seine Überzeugung vom Vorliegen eines Irrtums hatdas Landgericht darauf gestützt, dass „die Kunden, die auf die Rechnungen gezahlt haben, nur der irrigen Meinung gewesen sein können, hierzu noch aus dem ursprünglichen Vertragsabschluss heraus verpflichtet gewesen zu sein“.
12
3. Ausgehend hiervon hat das Landgericht in den Fällen, in denen die Kunden die in Rechnung gestellte Beratungspauschale bezahlten, jeweils vollendeten Betrug angenommen. Die Fälle, in denen keine Bezahlung erfolgte, hat es jeweils als versuchten Betrug gewertet. Im Rahmen der Strafzumessung hat es in allen Fällen das Vorliegen der Regelbeispiele der gewerbsmäßigen Begehung gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 1, 1. Var. StGB und der großen Zahl von Tatopfern gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 2, 2. Var. StGB bejaht und ist vom Sonderstrafrahmen des besonders schweren Falles ausgegangen.

II.

13
Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

III.

14
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch Folgendes ergeben:
15
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betrugs in 152 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Senat hat insoweit die Urteilsformel berichtigt, weil das Vorliegen eines besonders schweren Falls als Strafzumessungsregel nicht zur Bezeichnung der Tat gemäß § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO gehört.
16
a) Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte nach seinem Tatentschluss durch Täuschung der Kunden über Tatsachen zur Verwirklichung des Betruges unmittelbar angesetzt hat. Dabei ist das Landgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass in dem Versenden der Rechnungsschreiben mit der Aufforderung zur Zahlung einer Beratungspauschale durch den Angeklagten jeweils eine Täuschungshandlung im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB zu sehen ist.
17
aa) Eine Täuschungshandlung ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Dabei kann die Täuschung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen. Entscheidend ist dabei, welcher Erklärungswert dem Gesamt- verhalten des Täters nach dem Empfängerhorizont und der Verkehrsanschauung zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 5 StR 394/08, NJW 2009, 2900, 2901).
18
Auch in der Geltendmachung einer Forderung, auf die kein Anspruch besteht , kann eine schlüssige Täuschung über Tatsachen liegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Erklärung über die Äußerung einer Rechtsauffassung hinausgeht , die als Werturteil nicht Gegenstand einer Täuschung sein kann, und zugleich einen greifbaren, dem Beweis zugänglichen „Tatsachenkern“ enthält (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 2003 – 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 344). Dies ist der Fall, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 263 Rn. 27; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 89). Wann der Rechtsverkehr der Geltendmachung einer Forderung schlüssig zugleich die Behauptung bestimmter anspruchsbegründender Tatsachen beimisst, ist Tatfrage (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13, NStZ 2015, 591, 593).
19
bb) Ein zivilrechtlicher Anspruch auf die geforderte „Beratungspauschale“ bestand nicht.
20
Zwischen den Firmen des Angeklagten und den Adressaten der Rechnungen wurde weder ausdrücklich noch schlüssig ein entgeltlicher Beratungsvertrag abgeschlossen. Bereits ihrem Zweck nach diente die beratende Tätigkeit der Außendienstmitarbeiter allein der Verkaufsförderung. Auch aus der maßgeblichen Sicht des objektiven Empfängerhorizonts stellte sich – wie die Strafkammer zutreffend angenommen hat – die von den Außendienstmitarbeitern angebotene Prüfung der Telefonkosten in der konkreten Situation nicht als unabhängige werthaltige Beratung, sondern lediglich als „Türöffner“ für den Ab- schluss der von diesen vertriebenen Mobilfunkverträgen dar. Der Geltendma- chung der pauschalierten Forderung für die „Beratung“, mit der faktisch der Wi- derruf des als Haustürgeschäft zu qualifizierenden Mobilfunkvertrags sanktioniert wurde, stand im Übrigen die damals geltende Regelung des § 357 Abs. 4 BGB a.F. entgegen, die im Falle eines Widerrufs derartige Ansprüche ausschloss.
21
cc) Die Rechnungen gingen über die Äußerung einer bloßen Rechtsauffassung über das Bestehen eines Anspruchs hinaus. Im Rahmen der gebotenen und von der Strafkammer vorgenommenen Betrachtung der Gesamtumstände kann das einzelne Rechnungsschreiben nicht als isolierte Erklärung gesehen werden, sondern muss in den Zusammenhang mit dem gesamten Geschäftsvorgang gestellt werden. Insofern bildete es den Abschluss eines mehraktigen Geschehensablaufs, der vom anbahnenden Gespräch zum Telefonverhalten über die Tarifempfehlung, den Abschluss des Mobilfunkvertrags, die Unterzeichnung und Aushändigung der Bestätigung bis zur Widerrufserklärung reicht. Mit der von ihm verwendeten Formulierung („die Rechnung bezieht sich auf Ihren T. Vertrag, den sie mit unserem Außendienstmit- arbeiter geschlossen haben“) nahm der Angeklagteauf dieses mehraktige Geschehen und die zum Abschluss des Mobilfunkvertrages führende Haustürsituation Bezug und täuschte dadurch konkludent über die Tatsache, dass sich Außendienstmitarbeiter und Kunde im Rahmen des Vertragsabschlusses auch darüber geeinigt haben, die „Beratung“ sei im Falle des Widerrufs des Mobilfunkvertrags vergütungspflichtig. Dabei machte sich der Angeklagte gezielt zunutze, dass zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung der Kontakt der Kunden mit den Außendienstmitarbeitern bereits einige Zeit zurücklag, die Frage der Vergütung der Beratungstätigkeit im Gespräch nicht thematisiert worden war und die nach Abschluss des Mobilfunkvertrags zur Unterschrift vorgelegte „Be- stätigung“ die „Information“ darüber enthielt, es sei eine Beratung durchMitar- beiter der Firma T. erfolgt.
22
dd) Da bereits das Übersenden des Rechnungsschreibens eine tatbestandliche Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB darstellt, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob – wie von der Strafkammer angenommen – der Angeklagte auch durch Unterlassen getäuscht hat, indem er die Existenz einer Widerspruchsmöglichkeit bezüglich „angeblich erbrachter“ Beratungsleistungen und ihrer Folgen verschwiegen hat. Für einen Betrug durch Unterlassen ist nämlich nur dort noch Raum, wo nicht bereits eine Täuschung durch aktives Tun bejaht werden kann (SSW-StGB/Satzger, 3. Aufl., § 263 Rn. 82).
23
b) Die Feststellungen des Landgerichts tragen auch die Wertung des Landgerichts, dass beim Angeklagten kein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorlag.
24
aa) Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt voraus, dass der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig , verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei Auskunftspersonen ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bieten. Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. Maßge- bend sind die jeweils konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteile vom 4. April 2013 – 3 StR 521/12, NStZ 2013, 461; vom 21. Dezember 2016 – 1 StR 253/16 – juris Rn. 58 f.).
25
Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat vermag somit nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Wendet sich dieser an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, so hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan. Jedoch ist weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist. So können etwa Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfra- genden lediglich eine „Feigenblattfunktion“ erfüllen sollen, den Täter nicht ent- lasten. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich , um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (BGH aaO).
26
bb) Gemessen an diesen Maßstäben lag – vom Landgericht zutreffend gewertet – kein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor. Im Hinblick darauf, dass der Zeuge P. bei einem zufälligen Zusammentreffen auf die spontane Nachfrage des Angeklagten hin – also regelrecht zwischen „Tür und Angel“ – eine mündliche Auskunft ohne vertiefte Prüfung und als kostenlose Freundschaftsleistung erteilt hatte, durfte der Angeklagte nicht auf deren Richtigkeit vertrauen.
27
c) Dass das Landgericht in den von ihm jeweils als Betrugsversuche gewerteten 152 Fällen von Tatmehrheit und nicht von Tateinheit wegen eines uneigentlichen Organisationsdelikts ausgegangen ist, ist frei von Rechtsfehlern.
28
Erfüllt bei einer Deliktsserie, an der mehrere Personen beteiligt sind, ein Beteiligter hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzelakte zumindest einen individuellen, diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen (BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 125/08, NStZ-RR 2008, 275). Nach den Feststellungen stammte die Formulierung der Rechnungsschreiben vom Angeklagten, der über eine entsprechende Buchführung verfügte und auch die Versendung der Rechnungen veranlasste (UA S. 26, 36), so dass eine entsprechende individuelle Tatförderung vorlag.
29
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Betrugs in 105 Fällen begegnet hingegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil offenbleibt , auf welche Weise sich die Strafkammer die Überzeugung verschafft hat, dass die Geschädigten die Beratungspauschale stets wegen eines Irrtums über das Bestehen einer Zahlungspflicht bezahlt haben.
30
a) Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter im Urteil mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133). Das Vorliegen eines Irrtums ist Tatfrage. Ob ein betrugsrelevanter Irrtum gegeben ist, ist daher vom Tatrichter unter Ausschöpfung aller Beweismittel festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 – 4 StR 347/93, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 9). Regelmäßig ist es deshalb erforderlich, die irrende Person zu ermitteln und in der Hauptverhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Ausnahmsweise kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen. Belegen deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums in den sie betreffenden Fällen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 21). Ist die Beweisaufnahme auf eine Vielzahl Geschädigter zu erstrecken, besteht zudem die Möglichkeit, bereits im Ermittlungsverfahren durch Fragebögen zu ermitteln, aus welchen Gründen die Leistenden die ihr Vermögen schädigende Verfügung vorgenommen haben und das Ergebnis dieser Erhebung in die Hauptverhandlung einzuführen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423 f.). Auch aus Indizien kann auf das Vorliegen eines Irrtums geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216).
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b) Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht.
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Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer Geschädigte als Zeugen vernommen hat oder dass deren Angaben auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Auch die Wiedergabe der Ergebnisse der von der Polizei im Ermittlungsverfahren versandten Fragenkataloge (UA S. 39 ff.) enthält keine Ausführungen dazu, welcher Vorstellung die Kunden unterlagen, als sie die „Beratungspauschale“ bezahlten.
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Wie sich aus der Formulierung der Strafkammer zur Beweiswürdigung hinsichtlich des Irrtums ergibt, hat die Strafkammer ihre Überzeugung lediglich auf Plausibilitätserwägungen gestützt. Die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums und einer dadurch kausal hervorgerufenen Vermögensverfügung versteht sich – mag sie auch naheliegen – in der vorliegenden Konstellation aber dennoch nicht von selbst. Zwar spricht für einen Irrtum, dass die Forderung eine Höhe hatte, bei der ein durchschnittlicher Rechnungsempfänger Überlegungen zum Hintergrund der Forderung anstellen wird. Andererseits ist aber ebenso denkbar, dass zahlreiche Rechnungsempfänger nur deshalb ge- zahlt haben, „um ihre Ruhe zu haben“, oder weil sie eingehende Rechnungen stets ohne weitere Überlegung begleichen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2015 – 3 StR 102/15, NStZ-RR 2016, 12, 13).

IV.

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Zum Strafausspruch gilt das Folgende:
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1. Die Einzelstrafen in den Fällen des versuchten Betruges sind rechtsfehlerfrei und können daher bestehen bleiben.
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a) Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB vorlagen. Al- lerdings ergibt sich dies nicht daraus, dass die Tatausführung „in das von ihm zur Tatzeit noch betriebene Gewerbe derart integriert [war], dass sie als Abschluss dieses Geschäftsmodells noch einen größtmöglichen finanziellen Beitrag für einen verlustfreien Ausstieg leisten sollte“ und er „sie damit zum Teil seines Gewerbebetriebs gemacht“ hatte (UA S. 49). Entscheidend ist vielmehr, dass der Angeklagte sich hier eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz uner- hebliche Einnahmequelle verschaffen wollte (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., vor § 52 Rn. 61 ff.; § 263 Rn. 210). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Angeklagte die ihm über seine Einzelunternehmen unmittelbar zufließenden Zahlungen (auch) zur Schuldentilgung verwenden wollte.
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Im Hinblick auf die Zahl von 152 Rechnungsadressaten hat das Landgericht auch die Voraussetzungen des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. StGB zu Recht als erfüllt angesehen.
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b) Aus den Erwägungen des Landgerichts (UA S. 49) ergibt sich auch noch hinreichend deutlich, dass es nicht nur eine Strafmilderung nach § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB für unangemessen gehalten, sondern auch die Widerlegung der Indizwirkung verwirklichter Regelbeispiele geprüft hat.
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2. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen vollendeten Betruges in 105 Fällen entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs zur Folge. Appl Eschelbach Zeng Bartel Grube
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In den Urteilsgründen ist zudem grundsätzlich festzustellen und darzulegen , welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 14, vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216 und vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133 mwN); regelmäßig ist es deshalb erforderlich, die irrende Person zu ermitteln und in der Hauptverhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Ausnahmsweise kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen. Belegen deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums in den sie betreffenden Fällen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133). Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Insbesondere vor dem Hintergrund , dass in den Fällen II. b) 3. bis 16. und 19. bis 22. der Urteilsgründe jeweils (mehrfach) nur ein Internet-Versandanbieter betroffen war, hätte sich gerade hier die Vernehmung von (wenigen) Zeugen aufgedrängt, zumal Feststellungen zum Irrtum von Versandmitarbeitern auch nicht aufgrund des – im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO abgegebenen – Geständnisses des Angeklagten getroffen werden können.
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Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8; zu den Darle- gungsanforderungen bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ vgl.BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 aaO, Tz. 6; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Be- schluss vom 2. November 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, 89, Tz. 5). In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger , massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen,wobei er dies im Urteil darzulegen hat. Ist das Vorstellungsbild des Verfügenden normativ geprägt, kann bei einem Tatvorwurf, dem zahlreiche Einzelfälle zu Grunde liegen, die Vernehmung weniger Zeugen ausreichen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, 1546; Beschluss vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, Tz. 15, inso- weit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt). In komplexeren Fällen wird es regelmäßig erforderlich sein, die betreffenden Personen über ihr tatrelevantes Vorstellungsbild als Zeugen zu vernehmen sowie deren Bekundungen im Urteil mitzuteilen und zu würdigen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 15, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8 f.).
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In den Urteilsgründen ist zudem grundsätzlich festzustellen und darzulegen , welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 14, vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216 und vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133 mwN); regelmäßig ist es deshalb erforderlich, die irrende Person zu ermitteln und in der Hauptverhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Ausnahmsweise kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen. Belegen deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums in den sie betreffenden Fällen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133). Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Insbesondere vor dem Hintergrund , dass in den Fällen II. b) 3. bis 16. und 19. bis 22. der Urteilsgründe jeweils (mehrfach) nur ein Internet-Versandanbieter betroffen war, hätte sich gerade hier die Vernehmung von (wenigen) Zeugen aufgedrängt, zumal Feststellungen zum Irrtum von Versandmitarbeitern auch nicht aufgrund des – im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO abgegebenen – Geständnisses des Angeklagten getroffen werden können.
17
Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8; zu den Darle- gungsanforderungen bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ vgl.BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 aaO, Tz. 6; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Be- schluss vom 2. November 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, 89, Tz. 5). In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger , massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen,wobei er dies im Urteil darzulegen hat. Ist das Vorstellungsbild des Verfügenden normativ geprägt, kann bei einem Tatvorwurf, dem zahlreiche Einzelfälle zu Grunde liegen, die Vernehmung weniger Zeugen ausreichen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, 1546; Beschluss vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, Tz. 15, inso- weit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt). In komplexeren Fällen wird es regelmäßig erforderlich sein, die betreffenden Personen über ihr tatrelevantes Vorstellungsbild als Zeugen zu vernehmen sowie deren Bekundungen im Urteil mitzuteilen und zu würdigen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 15, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8 f.).
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2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).