Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 StR 435/12

bei uns veröffentlicht am22.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 435/12
vom
22. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. November 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 7. Mai 2012 im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, sowie wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit bewaffnetem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen unter Freisprechung im Übrigen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 9.000 Euro angeordnet. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg, soweit es sich gegen die Anordnung des Verfalls wendet. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Landgericht hat nicht erörtert, ob eine unbillige Härte vorliegt, die zur Unzulässigkeit der Verfallsanordnung führt (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB), oder ob wegen Wegfalls der Bereicherung nach seinem Ermessen ganz oder teilweise von der Verfallsanordnung abgesehen werden soll (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB).
3
Wird nach der gesetzlichen Regel nicht von der Verfallsanordnung abgesehen , so ist eine Erörterung der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands gemäß § 73c Abs. 1 StGB zwar nur erforderlich, sofern konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalls vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 - 2 StR 410/01; Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11, BGHR StGB § 73c Erörterungsbedarf 1). Dies ist hier aber angesichts des Fehlens von Vermögen und festen Einkünften sowie des Vorhandenseins von Schulden des Angeklagten in Höhe von mehreren tausend Euro der Fall. Darauf hat der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen.
4
Der Senat kann die dem Tatrichter vorbehaltene Ermessensentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 1984 - 3 StR 333/84, BGHSt 33, 37, 40) nicht selbst nachholen (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2001 - 1 StR 12/01).
Becker Appl Schmitt Berger Eschelbach

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 StR 435/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 StR 435/12

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 StR 435/12 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 StR 435/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 StR 435/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 75/11

bei uns veröffentlicht am 15.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 75/11 vom 15. März 2011 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja BGHR: ja Veröffentlichung: ja _______________________ BtMG § 31 Abs. 2 StGB § 46b Abs. 3, § 73c Abs. 1 1. Für eine Hilfe zur Aufklärung nach Eröffnung

Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2001 - 1 StR 12/01

bei uns veröffentlicht am 20.03.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 12/01 vom 20. März 2001 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20.

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 75/11
vom
15. März 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
1. Für eine Hilfe zur Aufklärung nach Eröffnung des Hauptverfahrens ist gemäß
§ 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB eine Strafrahmenverschiebung
ausgeschlossen; diese kann bei der Strafzumessung im Rahmen des
§ 46 StGB berücksichtigt werden.
2. Eine Erörterung der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB in den Urteilsgründen
ist nur dann erforderlich, wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren
Vorliegen gegeben sind.
BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11 - LG Hof
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 19. November 2010 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B I. der Urteilsgründe) und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B II. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 40.000 € angeordnet. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen diese Verurteilung. Sein Rechtsmittel bleibt erfolglos.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Im Fall B I. der Urteilsgründe war der Angeklagte seit Mitte des Jahres 2009 Mitglied einer Bande, die in einer sog. Indoor-Anlage Marihuana anbauen und es anschließend gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Er hatte für die Errichtung der Anlage 40.000 € als „Darlehen“ zur Verfügung gestellt; außer- dem war er innerhalb der Bandenstruktur für den gewinnbringenden Weiterverkauf des Betäubungsmittels zuständig.
4
Im September 2009 wurden in der Anlage 57 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt mindestens 5 % THC) geerntet und am 16. und 23. September 2009 in zwei Teilmengen von 27 und 30 kg zu einem Abnehmer nach Hamburg gebracht , der für ein Kilogramm je 3.000 € zahlte. Dem Angeklagten, der bei der Abrechung der Ware jeweils anwesend war, wurden für jede der Lieferungen ein Entgelt in Höhe von 3.000 € gezahlt. Außerdem erhielt er aus dem Erlös des Betäubungsmittelgeschäfts die als „Darlehen“ gewährten 40.000 € zurück.
5
2. Im Fall B II. der Urteilsgründe war der Angeklagte Anfang Oktober 2009 beauftragt worden, an einem Transport von 26,8 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 13,4 % THC) aus der Tschechischen Republik nach Deutschland mitzuwirken. Der Transport fand am 6. Oktober 2009 statt. Der Tatbeitrag des Angeklagten bestand dabei u.a. in der telefonischen Anleitung und Überwachung der bei dem Transport eingesetzten Kuriere. Als Entlohnung waren ihm 200 € pro Kilogramm Marihuana versprochen worden.
6
3. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 2. August 2010 das Hauptverfahren eröffnet. Der Angeklagte, der sich weder im Ermittlungs- noch im Zwischenverfahren eingelassen hatte, machte erstmals in der am 23. September 2010 beginnenden Hauptverhandlung geständige Angaben zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Nach der Bewertung des Landgerichts führten diese zu einer weiteren, über den Tatbeitrag des Angeklagten hinausgehenden Aufdeckung der Straftaten, was von der Strafkammer bei der Strafzumessung strafmildernd berücksichtigt worden ist. Eine Strafrahmenverschiebung nach § 31 Abs. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB hat das Landgericht dagegen nicht vorgenom- men, da es die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten gemäß § 31 Abs. 2 BtMG, § 46b Abs. 3 StGB als verspätet angesehen hat.

II.


7
Die Revision ist unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
8
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 16. Februar 2011 bemerkt der Senat:
9
1. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht zu Recht von einer Strafrahmenmilderung nach § 31 Abs. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB abgesehen.
10
a) Gemäß § 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB ist eine solche Strafrahmenverschiebung zwingend ausgeschlossen, wenn ein Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 StPO) gegen ihn beschlossen worden ist.
11
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben: Der Angeklagte hat sich erstmals in der Hauptverhandlung und damit nach Eröffnung des Hauptverfahrens eingelassen. Seine Aufklärungsbemühungen waren damit verspätet. Sie konnten daher nicht mehr zu einer Verringerung des Strafrahmens führen, sondern durften allenfalls, wie es das Landgericht hier zutreffend getan hat, bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden.
12
b) Die Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verstößt entgegen der Ansicht der Revision vorliegend nicht gegen das Meistbegünstigungsprinzip (§ 2 Abs. 3 StGB).
13
aa) Art. 316d EGStGB bestimmt, dass § 46b StGB und § 31 BtMG in der Fassung des 43. StrÄndG (BGBl. I 2009, 2288), in Kraft getreten am 1. September 2009, nicht auf Verfahren anzuwenden sind, in denen vor dem 1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist. Dies hat im Umkehrschluss allerdings nicht zur Folge, dass diese Vorschriften ohne weiteres auf Verfahren anzuwenden sind, in denen die Eröffnung des Hauptverfahrens - wie hier - erst nach dem 1. September 2009 beschlossen worden ist. Für die Frage des auf diese Verfahren anwendbaren Rechts gelten vielmehr die allgemeinen Regeln, nach denen grundsätzlich das zur Tatzeit (§ 2 Abs. 1 StGB) bzw. bei einer fortdauernden oder fortgesetzten Tatbegehung das bei der Beendigung der Tat (§ 2 Abs. 2 StGB) geltende Recht Anwendung findet , sofern das neue Recht in seiner Gesamtheit keine für den Angeklagten gemäß § 2 Abs. 3 StGB günstigere Regelung darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524; BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 79/10).
14
bb) Danach ist § 31 BtMG in der Fassung des 43. StrÄndG auf das vorliegende Verfahren anzuwenden, da diese Vorschrift zur Tatzeit (Fall B II. der Urteilsgründe) bzw. zum Zeitpunkt der Tatbeendigung (Fall B I. der Urteilsgründe ) bereits in Kraft getreten war.
15
(1) Im Fall B II. der Urteilsgründe ergibt sich dies aus dem Umstand, dass sämtliche Tathandlungen des Angeklagten erst im Oktober 2009 begangen wurden.

16
(2) Im Fall B I. der Urteilsgründe begann die Tatbegehung durch den Angeklagten zwar schon Mitte des Jahres 2009 (und damit vor Inkrafttreten des § 31 Abs. 2 BtMG und § 46b Abs. 3 StGB am 1. September 2009). In dieser Zeit wirkte der Angeklagte beim Aufbau der „Indoor-Anlage“ zum Anbau von Marihuana mit, was sich als ein unselbstständiger Teilakt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 5 StR 555/10 mwN). Seine Tathandlungen waren zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht beendet. Die Tatbeendigung trat vielmehr erst mit dem Verkauf der Betäubungsmittel und der Verteilung des Erlöses im September 2009 ein (vgl. allgemein zur Tatbeendigung beim Handeltreiben Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 408 mwN). Zu diesem Zeitpunkt, der für die rechtliche Beurteilung gemäß § 2 Abs. 2 StGB maßgeblich ist, war die Neuregelung des § 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46 Abs. 3 StGB schon in Kraft und deshalb auch auf die vorliegende Tat anzuwenden.
17
c) Im Übrigen hat das Landgericht die Aufklärungshilfe durch den Angeklagten strafmildernd bei der Strafzumessung berücksichtigt. Es hat damit zum Ausdruck gebracht, dass es den Umstand nicht außer Acht gelassen hat, dass bei den Teilakten, die vor dem Inkrafttreten der § 31 Abs. 2 BtMG, § 46b Abs. 3 StGB begangen wurden, ein milderer Strafrahmen galt als zum Zeitpunkt der Beendigung der Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 1999 - 2 StR 301/99, wistra 1999, 465).
18
2. Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 40.000 € gemäß § 73, § 73a StGB hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
19
a) Bei der Bemessung des Wertersatzverfalls hat sich das Landgericht zutreffend an dem sog. Bruttoprinzip orientiert. Danach ist nicht nur der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat, für verfallen zu erklären (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370). Hier hat der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts aus dem Betäubungsmittelgeschäft jedenfalls die für verfallen erklärten 40.000 € erhalten.
20
Dass es sich hierbei um die Rückzahlung des Betrags handeln sollte, den der Angeklagte als „Darlehen“ zur Finanzierung des Drogengeschäfts aufgewendet hatte, steht der Verfallsanordnung nicht entgegen. Finanzielle Aufwendungen , die für die Tatbegehung erbracht worden sind, dürfen bei der Berechnung des Erlangten nicht in Abzug gebracht werden. Zur Erfüllung des vom Gesetzgeber mit den Verfallsregelungen verfolgten Präventionszweckes - wonach der vom Verfall Betroffene auch das finanzielle Risiko strafbaren Handelns zu tragen hat - soll vielmehr das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein (BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 374; BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67).
21
Der Umstand, dass es das Landgericht bei der Abschöpfung des Erlangten unberücksichtigt gelassen hat, dass der Angeklagte nach den Feststellungen neben den für verfallen erklärten 40.000 € weitere 6.000 € für die beiden Betäubungsmittellieferungen erhalten hat, beschwert diesen nicht.
22
b) Es begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht im vorliegenden Fall nicht ausdrücklich auf die Härtefallregelung des § 73c StGB eingegangen ist. Einer besonderen Darlegung und Begründung bedarf es angesichts des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift in der Regel nur dann, wenn von einer Verfallsanordnung (teilweise) abgesehen werden soll. Wird dagegen - wie hier - entsprechend der gesetzlichen Regel nicht davon abgesehen, ist eine Erörterung der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB nur dann erforderlich, wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (S/S-Eser, StGB, 27. Aufl., § 73c Rn. 7 mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Eine Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) mit dem Ziel entsprechender weiterer Feststellungen ist von der Revision nicht erhoben. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Elf

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 12/01
vom
20. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. März 2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Schaal,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22. September 2000 im Ausspruch über die Verfallsanordnung mit den Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1. Der erheblich körperbehinderte Angeklagte, der selbst keine Drogen konsumiert, bezog als "Anlaufstelle für Auslandslieferungen" und "zentraler Zwischenhändler" von einem nicht ermittelten Lieferanten aus den Niederlanden Haschisch und Marihuana, das er in einem Versteck lagerte. Er verkaufte in sieben im einzelnen festgestellten Fällen jeweils entweder an M. oder A. B. , beide Zwischenhändler und Eigenkonsumenten, insgesamt 7,25 Kilogramm Haschisch sowie in einem weiteren Fall an beide gemeinsam ein halbes Kilogramm Marihuana. Der Marihuanaverkauf war im August 1999, die übrigen Verkäufe fanden zwischen dem 1. März 1999 und dem 17. Sep-
tember 1999 statt, ohne daß insoweit eine nähere zeitliche Eingrenzung möglich gewesen wäre. Haschisch und Marihuana waren meist von durchschnittlicher Qualität. Insoweit ist die Strafkammer von einem THC-Gehalt von mindestens 3 % ausgegangen. Bei einem Verkauf von insgesamt 1,25 Kilogramm Haschisch an M. B. waren 250 Gramm von besonders guter Qualität. Insoweit ist die Strafkammer von einem THC-Gehalt von mindestens 5 % ausgegangen. Der Preis für das Haschisch betrug jeweils 5.000 DM pro Kilogramm, der Preis für die Lieferung der 1,25 Kilogramm Haschisch betrug 10.000 DM, der Preis für das Marihuana 4.250 DM, so daß der Angeklagte aus den Verkäufen insgesamt einen Erlös von 44.250 DM erzielte. M. und A. B. gaben das Haschisch an den Händler undKonsumenten L. zu dem von ihnen an den Angeklagten bezahlten Preis weiter, nachdem sie zuvor jedoch insgesamt 350 Gramm zum Eigenverbrauch einbehalten hatten. Auch von dem Marihuana behielten sie eine kleinere Menge zum Eigenverbrauch, das übrige gaben sie - zum Preis ist insoweit nichts festgestellt - an Endverbraucher weiter. 2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen acht Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zugleich wurden 44.250 DM für verfallen erklärt.

II.

Die Revision des Angeklagten hat nur hinsichtlich der Verfallsanordnung Erfolg.
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beweiswürdigung weder lückenhaft noch sonst rechtlich zu beanstanden. Der Angeklagte hat das Geschehen im Kern eingeräumt, aber einen Verkaufsakt weniger und teilweise geringere Verkaufsmengen behauptet. Soweit die Feststellungen der Strafkammer damit nicht übereinstimmen, beruhen sie auf den auch von der Aussage des Zeugen L. bestätigten Aussagen der Zeugen B. , die die Strafkammer rechtsfehlerfrei als glaubhaft gewürdigt hat.
b) Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, daß die Strafkammer keine ausdrücklichen Feststellungen zu dem für einen Schuldspruch wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erforderlichen Eigennutz des Angeklagten getroffen hat. Dieser Mangel gefährdet den Bestand des Urteils hier jedoch nicht, da sich Eigennutz des Angeklagten dem Urteil seinem Zusammenhang nach zumindest mittelbar entnehmen läßt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. September 1985 - 5 StR 550/85 - und vom 29. September 1992 - 1 StR 601/92). Nach Art und Umfang der auf Umsatz gerichteten Tätigkeit des Angeklagten scheiden andere als eigennützige Motive nach Lage des Falles aus (vgl. BGH, Beschluß vom 2. Oktober 1992 - 2 StR 466/92), denn er hat als selbst kein Rauschgift konsumierender "zentraler Zwischenhändler" über Monate hin in einer nicht unerheblichen Zahl von Einzelfällen Rauschgift für jeweils vier- oder gar fünfstellige Beträge weiterveräußert.
c) Verteidigung und Generalbundesanwalt machen geltend, die Strafkammer habe nicht erörtert, ob die Taten des Angeklagten im Sinne einer Bewertungseinheit als tateinheitlich verbunden anzusehen seien; im Falle der Annahme einer Bewertungseinheit sei eine mildere Strafe nicht auszuschließen.
Unbeschadet der Frage, ob allein eine zwar fehlerhafte, den Schuldumfang aber nicht berührende Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse hier zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis führen könnte (vgl. hierzu BGHSt 41, 368, 373; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9), teilt der Senat auch im übrigen diese Auffassung nicht. aa) Da schon der Erwerb von Rauschgift zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung den Tatbestand des Handeltreibens hinsichtlich der Gesamtmenge erfüllt, sind darauf folgende Veräußerungen von Teilmengen nicht mehr rechtlich selbständige Taten, sondern es liegt insgesamt nur eine Tat im Rechtssinne (Bewertungseinheit) vor (st. Rspr., vgl. BGHSt 30, 28; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1 ff.). bb) Es ist jedoch nicht geboten, konkret festgestellte Einzelverkäufe nur deshalb zu Tateinheit zusammenzufassen, weil die nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, daß sie ganz oder teilweise aus einem Verkaufsvorrat stammten und so zu einer Bewertungseinheit verbunden sein könnten (st. Rspr., vgl. nur BGHR aaO 5, 11, 12). cc) Hier ergeben sich mehrere Lieferungen schon allein aus der Feststellung , daß der Angeklagte Anlaufstelle für "Auslandslieferungen" war. Es spricht auch gegen nur eine Lieferung, daß das vom Angeklagten verkaufte Haschisch über Monate hinweg von gleichbleibender Qualität war. Erfahrungsgemäß verringert sich schon nach wenigen Wochen der THC-Gehalt von gelagertem Haschisch sehr deutlich (BGHR aaO 1; Körner, BtMG 4. Aufl., Anhang C 1, Rdn. 229). dd) Andererseits hat die Strafkammer aber auch festgestellt, daß der Angeklagte "die Drogen" vorrätig hatte und jederzeit in der Lage war, ohne
Voranmeldung Haschisch im Kilobereich zu liefern. Dies legt aber allenfalls die Annahme nahe, daß jeweils zumindest eine gewisse Anzahl der abgeurteilten Verkaufsmengen aus größeren Vorräten stammten, die vom Angeklagten zuvor als Gesamtmenge erworben worden waren. Nähere Feststellungen sind in diesem Zusammenhang jedoch nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß dies möglich gewesen wäre, ergeben die Urteilsgründe nicht. Eine Aufklärungsrüge mit der Behauptung von Erwerbsgeschäften über bestimmte größere Einkaufsmengen ist nicht erhoben. Wenn aber ausreichende Anhaltspunkte dafür fehlen , daß bestimmte Verkäufe einer vom Angeklagten erworbenen Gesamtmenge im Sinne einer Bewertungseinheit zuzuordnen sein könnten, käme lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht. Dies wäre aber rechtlich nicht zulässig (BGHR aaO, 14; BGH NStZ 1997, 137).
d) Auch im übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei. 2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die hier erkennbar ausschließlich für die Strafzumessung bedeutsamen Feststellungen zum THC-Gehalt sind nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Beurteilung der Qualität durch tatbeteiligte Konsumenten geeignete Grundlage für die dem Tatrichter obliegende Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht sichergestellter Rauschmittel (vgl. Körner aaO, § 29a Rdn. 82 m.w.N.). Auch unter Berücksichtigung des Verkaufspreises wird der Angeklagte durch die Annahme, das als von durchschnittlicher Qualität beurteilte Haschisch habe einen THCGehalt von nur 3 % gehabt, jedenfalls nicht rechtsfehlerhaft benachteiligt (vgl. Körner aaO, Rdn. 83 und Anhang C 1 Rdn. 232 jew. m.w.N.). Erst recht gilt das für die Annahme, das Haschisch, das nach den Aussagen der Zeugen "besonders gut schmeckte", und das wesentlich teurer war als das übrige, habe nur
einen THC-Gehalt von 5 % gehabt. Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich des Marihuanas. Marihuana hat allerdings einen geringeren THC-Gehalt als Cannabisharz, bei mittlerer Qualität beträgt er erfahrungsgemäß etwa 2 bis 4 % (Körner aaO, Anhang C 1, Rdn. 231). Zumal unter Berücksichtigung des Umstands , daß das Marihuana hier fast doppelt so teuer war wie das übrige Rauschgift, ist die Annahme eines Wirkstoffgehalts von 3 % daher ebenfalls nicht zu beanstanden.
b) Auch im übrigen ist der Strafausspruch ohne den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler. 3. Die Verfallsanordnung kann dagegen nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer, die zutreffend davon ausgegangen ist, daß der vom Angeklagten eingenommene Verkaufserlös ohne Berücksichtigung von ihm gegenüberstehenden Unkosten insgesamt dem Verfall unterliegen kann ("Bruttoprinzip"), hat sich nicht erkennbar mit § 73c StGB auseinandergesetzt. Die Feststellungen, daß der niemandem unterhaltspflichtige Angeklagte, nachdem seine Pflasterfirma seit 1998 nicht mehr betrieben wird, eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 1.100 DM bezieht und in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, machen ausdrückliche Erörterungen hierzu nicht entbehrlich. Der Senat kann nicht überprüfen, ob hier (ausnahmsweise) die Voraussetzungen des unbestimmten Rechtsbegriffs einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. hierzu Schmidt in LK, 11. Aufl. § 73c Rdn. 6 bis 8 m.w.N.) vorliegen oder ob die Strafkammer das ihr in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 3; Schmidt aaO Rdn. 12, 13 m.w.N.). Selbst nachholen kann der Senat diese Entscheidung nicht (BGH NStZ 1999, 560, 561 m.w.N.).
In diesem Umfang bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Gegebenenfalls wird dabei auch zu prüfen sein, ob dem Angeklagten nach Maßgabe der für Geldstrafen geltenden Grundsätze (vgl. § 42 StGB) von Amts wegen Zahlungserleichterungen zu bewilligen sind (vgl. BGHSt 33, 37, 40; Schmidt aaO Rdn. 15). Schäfer Wahl Schluckebier Hebenstreit Schaal