Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 2 StR 473/18

bei uns veröffentlicht am06.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 473/18
vom
6. August 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: besonders schwerer räuberischer Erpressung
zu 2. und 3.: besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:060819B2STR473.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu Ziff. 1b, 1d und zu Ziff. 2 bzgl. der Verwerfung auf dessen Antrag – und der Beschwerdeführer am 6. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog und § 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten D. H. gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 14. Juni 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) der Angeklagte im Fall 7 der Urteilsgründe wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt ist,
b) gegen ihn als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 8.721,97 € – insoweit auch zugunsten des nicht revidierenden Mitangeklagten R. N. –
c) die weitere gesamtschuldnerische Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.697,52 € und
d) die Vollziehung von zwei Jahren und neun Monaten der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet werden. 2. Die Revisionen der Angeklagten T. und M. H. gegen das vorbezeichnete Urteil werden jeweils mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Einziehungsbe- trag auf 1.697,52 € festgesetzt ist und die Angeklagten für diesen jeweils gesamtschuldnerisch haften. 3. Die Angeklagten D. H. und M. H. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Bezüglich des Angeklagten T. wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens abgesehen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. H. wegen Diebstahls, schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, besonders schwerer räuberischer Erpressung, besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung sowie Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit der Maßgabe angeordnet, dass zwei Jahre der verhängten Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Die Angeklagten T. und M. H. hat es jeweils wegen besonders schweren Raubes inTateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, den Angeklagten T. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten

M.

H. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Darüber hinaus hat das Landgericht gegen die Angeklagten D. H. und R.

N.

als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von
9.410,32 € und gegen die (Mit-)Angeklagten D. H. , S. T. , T. und M. H. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von weiteren 850 € und 1.000 US-Dollar angeordnet.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen, der Angeklagte T. rügt darüber hinaus die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Angeklagte D. H. hat die Anordnung der Unterbringung vom Revisionsangriff ausgenommen.
I. Revision des Angeklagten D. H.
3
Die Revision des Angeklagten D. H. erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
4
1. Das Landgericht hat Fall 7 der Urteilsgründe zutreffend als Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB gewürdigt. Im Rahmen der Strafzumessung ist es jedoch rechtsfehlerhaft vom Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB ausgegangen und hat auf eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten erkannt.
5
Der Senat setzt diese Einzelstrafe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO auf die – angesichts der übrigen Straftaten des mehrfach vorbestraften und unter Bewährung stehenden Angeklagten im Sinne des § 47 Abs. 1 StGB unerlässliche – Freiheitsstrafe von einem Monat fest; die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe kann für den Angeklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt nachteilig sein.
6
Die Gesamtstrafe wird durch die Herabsetzung dieser Einzelstrafe nicht berührt; denn es ist im Hinblick auf die übrigen verhängten fünf Einzelfreiheitsstrafen zwischen neun Monaten und sechs Jahren und sechs Monaten und der Einsatzstrafe von sieben Jahren (Fall 6 der Urteilsgründe) auszuschließen, dass das Landgericht ohne den Rechtsfehler auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
7
2. Die angeordnete Dauer des Vorwegvollzugs hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, die Anordnung des Vorwegvollzugs von zwei Jahren Freiheitsstrafe beruhe auf § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB, wobei eine voraussichtliche Therapiedauer von zwei Jahren zugrunde gelegt wurde.
8
In Abweichung vom Regelfall des § 67 Abs. 1 StGB, wonach eine Maßregel vor der Strafe zu vollstrecken ist, bestimmt das Gericht, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ist – wie im vorliegenden Fall – eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verhängt, „soll“ das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB), es sei denn, eine andere Entscheidung lässt die Erreichung des Therapieerfolgs aus gewichtigen Gründen des Einzelfalles eher erwarten. Liegen solche Gründe nicht vor, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. Er hat diesen Teil nach dem Willen des Gesetzgebers so zu berechnen, dass nach seiner Vollstreckung und einer anschließenden Unterbringung eine Bewährungsentscheidung im Sinne von § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, als eine Halbstrafenentlassung, möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2009 – 4 StR 348/09, juris).
9
Bei der verhängten Gesamtstrafe von neun Jahren und sechs Monaten ist der gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB maßgebliche Halbstrafenzeitpunkt nach vier Jahren und neun Monaten erreicht. Hiervon ist die vom Landgericht zugrunde gelegte voraussichtliche Therapiedauer von zwei Jahren in Abzug zu bringen, so dass die Dauer des Vorwegvollzugs nach den oben dargelegten Grundsätzen zwei Jahre und neun Monate beträgt.
10
Da die Unterbringung vom Revisionsangriff ausgenommen wurde, der Gesamtstrafenausspruch keinen Rechtsfehler aufweist und auch die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei festgestellt ist, kann der Senat die Dauer des Vorwegvollzugs in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst abändern (BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 3 StR 390/07, BGHR StPO § 354 Abs. 1 Maßregelausspruch 1; Beschluss vom 7. Juli 2009 – 1 StR 292/09).
11
3. Das Landgericht hat den in den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe der Einziehung unterliegenden Wert von Taterträgen zum Nachteil des Angeklagten der Höhe nach falsch berechnet. Der Angeklagte hat im Fall 1 der Urteilsgründe Gegenstände im Wert von 3.622,90 € erlangt, im Fall 2 der Urteilsgründe 375 € Bargeld, im Fall 3 der Urteilsgründe 50 € Bargeld sowie Gegenstände im Wert von 2.893,90 € und im Fall 4 der Urteilsgründe 1.780,17 € Bargeld. Hieraus errechnet sich ein Gesamtbetrag von 8.721,97 €, nicht von 9.410,32 €. Der Senat kann die Einziehungsentscheidung insoweit der Höhe nach abändern, weil es sich um einen offensichtlichen Rechenfehler in den Urteilsgründen handelt.
12
Die fehlerhafte Berechnung der Höhe des der Einziehung unterliegenden Wertes von Taterträgen wirkt sich gemäß § 357 Satz 1 StPO auch auf den Nichtrevidenten R. N. als Gesamtschuldner aus.
13
4. Darüber hinaus hat das Landgericht den weiteren der Tatertragseinziehung nach § 73c Satz 1 StGB unterliegenden Betrag teilweise rechtsfehlerhaft in einer Fremdwährung angegeben. Dem Willen des Reformgesetzgebers folgend, ist der Betrag von 1.000 US-Dollar gemäß dem im Zeitpunkt der Erlangung am 23. August 2017 geltenden Wechselkurs (1,1799 EUR/USD) in 847,52 € umzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2019 – 5 StR 169/19, NStZ 2019, 468). Der Senat nimmt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Umrechnung auf der Basis der durch die Deutsche Bundesbank veröffentlichten taggenauen Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank selbst vor und berichtigt den Einziehungsbetrag – nach Addition mit dem ebenfalls im Fall 6 der Urteilsgründe der Einziehung unterliegenden Betrag von 850 € – im Tenor auf 1.697,52 €.
II. Revisionen der Angeklagten T. und M. H.
14
Die Revisionen der Angeklagten T. und M. H. haben lediglich im Hinblick auf den unter I.4 genannten Rechtsfehler, der zur Berichtigung des Tenors führt, Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
III. Kosten
15
Angesichts des geringen Erfolges der Revisionen der Angeklagten D. und M. H. ist es nicht unbillig, die Angeklagten jeweils mit den Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Die Kostenentscheidung bezüglich des Angeklagten T. folgt aus §§ 74, 109 Abs. 1 JGG.

Franke Zeng Grube Schmidt Wenske

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 2 StR 473/18

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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 348/09
vom
29. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. September 2009 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 24. März 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe entfällt. 2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre und sechs Monate vor der Unterbringung zu vollstrecken sind. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich des angeordneten teilweisen Vorwegvollzugs Erfolg.
2
1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 28. August 2009 Bezug.
3
2. Die vom Landgericht vorgenommene Anordnung über die Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und Maßregel kann indessen nicht bestehen bleiben. Diese Reihenfolge hat die Strafkammer mit der Erwägung begründet, sie sei so gestaltet, dass der Angeklagte nach der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt möglichst in die Freiheit entlassen werden könne. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
In Abweichung vom Regelfall des § 67 Abs. 1 StGB, wonach die Maßregel vor der Strafe zu vollstrecken ist, bestimmt das Gericht, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ist - wie im vorliegenden Fall - eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verhängt, "soll" das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB), es sei denn, eine andere Entscheidung lässt die Erreichung des Therapieerfolgs aus gewichtigen Gründen des Einzelfalles eher erwarten (vgl. dazu Fischer StGB 56. Aufl. § 67 Rn. 10, 12 m.w.N.). Liegen - wie hier - solche Gründe nicht vor, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. Er hat diesen Teil nach dem Willen des Gesetzgebers so zu berechnen, dass nach seiner Vollstreckung und einer anschließenden Unterbringung eine Bewährungsentscheidung im Sinne von § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist (vgl. dazu auch BTDrucks. 16/1110 S. 11). Vor diesem Hintergrund hat die Strafkammer die Dauer des Vorwegvollzugs im vorliegenden Fall so bemessen, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung zum Halbstrafenzeitpunkt unabhängig von der zur Behandlung des Angeklagten erforderlichen Therapiedauer - die in den Urteilsgründen zudem nicht mitgeteilt wird - nicht mehr möglich ist. Dies ist dem Tatrichter jedoch nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers versagt.
5
Der Senat hat davon abgesehen, die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Er erkennt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO auf den Wegfall der Anordnung über den Vorwegvollzug. Jede andere Entscheidung würde der Möglichkeit einer Halbstrafenentlassung zuwiderlaufen.
6
3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 292/09
vom
7. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 11. März 2009 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Vollziehung von einem Jahr und neun Monaten der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird (§ 349 Abs. 2 und 4 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Der Senat hat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts bezüglich der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten die Dauer des Vorwegvollzugs vor der sich anschließenden Unterbringung selbst festgelegt, da das Tatgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt hat, dass ein rechtsfehlerhaft errechneter Teil dieser zugleich verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB vorweg zu vollziehen ist, der Strafausspruch keinen Rechtsfehler aufweist und die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei festgestellt ist (§ 354 Abs. 1 StPO analog - vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Maßregelausspruch 1). Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung die vom Beschwerdeführer bereits erlittene Untersuchungshaft in Abzug gebracht.
Dies ist nicht angezeigt, da die erlittene Untersuchungshaft gemäß § 51 StGB grundsätzlich von der Vollstreckungsbehörde auf den nach § 67 Abs. 2 StGB zu vollstreckenden Strafteil anzurechnen ist (Senat, Beschl. vom 17. Februar 2009 - 1 StR 37/09; Beschl. vom 13. Mai 2009 - 1 StR 208/09 jew. m.w.N.). Da das unbeschränkte Rechtsmittel des Angeklagten nur zu einer geringfügigen Änderung des angefochtenen Urteils führt, ist eine Kostenermäßigung nach § 473 Abs. 4 StPO nicht veranlasst. Nack Hebenstreit Elf Jäger Sander

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 169/19
vom
16. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von
Ausländern u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:160419B5STR169.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Oktober 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Einziehungsbetrag auf 5.218,75 Euro festgesetzt ist und der Angeklagte für diesen mit Y. und deren Vater gesamtschuldnerisch haftet.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

1. Der Senat ergänzt die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift wie folgt: Nach den landgerichtlichen Feststellungen unterstützte der Angeklagte syrische Staatsangehörige gegen Entgelt dabei, mittels aufgrund falscher Angaben erlangter polnischer Touristenvisa nach Deutschland einzureisen bzw. dieses zu versuchen. Das Landgericht hat dieses Verhalten zu Recht als gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern gemäß § 97 Abs. 2 i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 1 und § 95 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 6 AufenthG angesehen (vgl. MüKo-StGB/Gericke, StGB, 3. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 16 mwN).
2. Zur Änderung der Einziehungsanordnung hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: „DasLandgericht hat den der Tatertragseinziehung nach § 73c Satz 1 StGB unterliegenden Betrag rechtsfehlerhaft in einer Fremdwährung angegeben. Dem Willen des Reformgesetzgebers folgend, ist der Betrag von 6.000 US-Dollar gemäß dem im Zeitpunkt der Erlangung am 24. August 2015 geltenden Wechselkurs (1,1497 EUR/USD) in 5.218,75 EUR umzurechnen (vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73c Rdnr. 5; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 73a Rdnr. 17; Schönke/Schröder/ Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73c Rdnr. 10). Auf die früher vorherrschend vertretene Auffassung, die auf den Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung abgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 1953 – 1 StR 781/52 –, BGHSt 4, 305; Beschluss vom 5. November 2015 – 2 StR 96/15 –, juris Rdnr. 10; LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73a Rdnr. 13), kommt es angesichts der neuen Gesetzeslage (vgl. zum anwendbaren Recht Art. 316h Satz 1 EGStGB) nicht mehr an. Der Senat kann in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Umrechnung auf der Basis der durch die Deutsche Bundesbank veröffentlichten taggenauen Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank selbst vornehmen und den Tenor dahingehend berichtigen.“ Mutzbauer Sander Schneider Berger Mosbacher

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.

(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.

(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.