Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2019 - 2 StR 68/19

bei uns veröffentlicht am11.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 68/19
vom
11. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre
zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:110919B2STR68.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. September 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 25. September 2018 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen, soweit es ihn betrifft und er verurteilt ist, aufgehoben
a) im Einzelstrafausspruch zu Fall II.22 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch,
b) hinsichtlich der Einziehung des Smartphones Samsung Galaxy S8 mit SIM-Karte,
c) soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 21 Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Außerdem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen.
2
1. Der Schuldspruch wie auch die Einzelstrafaussprüche in den Fällen II.1 bis 21 der Urteilsgründe weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
3
2. a) Hingegen begegnet der Strafausspruch im Fall II.22 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Die Strafkammer hat in diesem Fall, in dem es den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln verurteilt hat, die Annahme eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint. Es hat im Rahmen der vorgenommenen Gesamtwürdigung eine Reihe von Strafmilderungsgründen angeführt (über die Anklage hinausreichendes Geständnis, weiche Droge, aufgrund eigenen Konsums gegebene Tatgeneigtheit des „praktisch über keine Voreintragungen verfügenden“ Angeklagten, teilweise Sicherstellung des Marihuanas) und dem – insoweit als gegen den Angeklagten sprechenden Umstand – die Menge der sichergestellten (zutreffend: gehandelten) Betäubungsmittel mit einem Wirkstoffgehalt von 19,1 %, die „fast um ein Drittel die Grenze der nicht geringen Menge“ übersteige, gegenüber gestellt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist zwar die Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Menge bei der Prüfung eines minder schweren Falles grundsätzlich von Bedeutung. Indes spricht nicht jede über dem Grenzwert liegende Wirkstoffmenge als möglicher strafschärfender Umstand gegen die Annahme eines minder schweren Falles. Je geringer die Überschreitung des Grenzwerts ist, desto näher kann die Annahme eines minder schweren Falles liegen. Eine nur geringe Grenzwertüberschreitung wird deshalb ein Kriterium für die Annahme eines minder schweren Falles sein, während eine ganz erhebliche Überschreitung gegen die Annahme eines solchen spricht (BGHSt 62, 90, 93; Beschluss vom 16. Januar 2019 – 2 StR 488/18).
6
bb) Die im Fall II.22 der Urteilsgründe gehandelten Betäubungsmittel wiesen einen Wirkstoffgehalt von rund 19 g THC auf, was einer Überschreitung des Grenzwerts um das 2,5-fache entspricht. Dies stellt entgegen der Ansicht des Landgerichts jedenfalls keinen bestimmenden Strafschärfungsgrund dar. Angesichts des Umstands, dass das Landgericht weitere strafschärfende Umstände nicht in die Gesamtabwägung eingestellt und im Übrigen eine Reihe von Strafmilderungsgründen bei seiner Gesamtwürdigung berücksichtigt hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die beanstandete Erwägung zur Annahme eines minder schweren Falles und damit auch zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre.
7
b) Die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs entzieht auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
8
3. Auch die Einziehung des Smartphones Galaxy S8 mit SIM-Karte begegnet – im Gegensatz zu den weiteren Einziehungsentscheidungen der Strafkammer – durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
9
Das Landgericht hat dieses Smartphone wie auch das andere eingezogene Mobiltelefon (Typ GT-E 1200 i) als Tatmittel im Sinne von § 74 Abs. 1 StGB angesehen, hat aber nicht durch Tatsachen belegt, dass es tatsächlich zur Begehung oder Vorbereitung einer der Taten gebraucht worden ist. Während die Strafkammer festgestellt hat, dass das Mobiltelefon vom Typ GT-E 1200 i der Kontaktaufnahme mit den Betäubungsmittelhändlern diente und gelegentlich stundenweise dem gesondert verfolgten K. überlassen wurde, fehlen Hinweise darauf, inwieweit auch das Smartphone Galaxy S8 im Rahmen der abgeurteilten Taten Verwendung gefunden hat oder hätte finden sollen. Auch den Ausführungen des Landgerichts zu den „Erkenntnissen der Telekommunikationsüberwachung und der Mobilfunkauswertung“ lässt sich dies nicht entnehmen.
10
4. Schließlich erweist sich die landgerichtliche Entscheidung auch insoweit als rechtsfehlerhaft, als die Strafkammer keine ausdrückliche Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB getroffen hat.
11
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts begann der Angeklagte, der aufgrund seines Marihuanakonsums tatgeneigt war und das Marihuana teilweise auch zum Eigenkonsum erwarb, um das Jahr 2013/2014 herum damit, Marihuana zu konsumieren. Er steigerte seinen Konsum allmählich bis zu einer Dosis von insgesamt 2 g täglich. Dies diente nach den Angaben des Angeklagten dazu, Alltagsprobleme und Stress zu bewältigen. Im Rahmen seiner Inhaftierung ist es dem Angeklagten nach seinen eigenen Angaben gelungen, seinen Marihuanakonsum vollständig einzustellen. Das Landgericht hat „im Hinblick auf den im Tatzeitraum praktizierten Cannabisabusus durch den Angeklagten und seine Taten sowie der nach dem Eindruck gefestigten Bereitschaft des Angeklagten , sich in naher Zukunft einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen, die Zustimmung für eine Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG bereits zum jetzigen Zeitpunkt erteilt“.
12
b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen erweist sich die fehlende Erörterung der Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Die mitgeteilten Umstände des Betäubungsmittelkonsums des Angeklagten und dessen Auswirkungen auf die Begehung der abgeurteilten Straftaten weisen zumindest darauf hin, dass der Angeklagte nicht nur den Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, sondern dass auch ein symptomatischer Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten gegeben ist. Soweit die Strafkammer § 64 Satz 1 StGB möglicherweise deswegen nicht erkennbar geprüft hat, weil der Angeklagte nach seinen Angaben seit seiner Inhaftierung nicht mehr konsumierte, hätte sie der Beurteilung ein zu enges Verständnis des Hangs zugrunde gelegt (st. Rspr.; vgl. zuletzt Senat, StV 2019, 330). Im Übrigen ist das Landgericht – wie sich den Ausführungen zur Zustimmung einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG entnehmen lässt – (wohl) selbst von einer noch bestehenden Abhängigkeit des Angeklagten ausgegangen. Da sich den Urteilsgründen auch keine Umstände entnehmen lassen, welche die Prognose zuließen, dass eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB nicht besteht , weitergehend sogar von einer „gefestigten Bereitschaft des Angeklagten“ auszugehen ist, sich in naher Zukunft einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen , und damit die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht einer Unter- bringung nahe liegt, versteht sich die Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB auch insoweit nicht von selbst.
13
c) Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf daher neuer tatrichterlicher Prüfung und Entscheidung. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (BGHSt 38, 362).
Franke Krehl Eschelbach
Zeng Meyberg

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2019 - 2 StR 68/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2019 - 2 StR 68/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung


(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so k
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2019 - 2 StR 68/19 zitiert 5 §§.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2019 - 2 StR 488/18

bei uns veröffentlicht am 16.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 488/18 vom 16. Januar 2019 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2019:160119B2STR488.18.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtsho

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 488/18
vom
16. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:160119B2STR488.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers - zu Ziff. 3. auf Antrag des Generalbundesanwalts - am 16. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 13. August 2018
a) im Strafausspruch zu Fall II.2 und II.3 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch sowie
b) im Ausspruch über die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen, insoweit mit den zugehörigen Feststellungen, aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, einen Geldbetrag von 10.000 Euro eingezogen und die erweiterte Einziehung von Taterträgen in Höhe von 26.550,95 Euro angeordnet. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Überprüfung des Schuldspruchs, des Strafausspruchs zu Fall II.1 der Urteilsgründe sowie der Einziehung eines Geldbetrags von 10.000 Euro hat durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
3
2. Hingegen halten der Strafausspruch zu Fall II.2 und II.3 der Urteilsgründe sowie die Anordnung der erweiterten Einziehung des Wertes von Taterträgen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Im Fall II.2 der Urteilsgründe hat das Landgericht einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt und die Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten dem Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 StGB entnommen. Dies erweist sich als rechtsfehlerhaft.
5
Die Strafkammer hat zwar die erforderliche „Gesamtwürdigung allererkennbaren mildernden und schärfenden Umstände“ vorgenommen, hat dabei aber strafschärfend die Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Menge der zum Weiterverkauf vorgesehenen Drogen berücksichtigt. Dies steht mit der Rechtsprechung des Senats nicht im Einklang, wonach die Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Menge bei der Prüfung eines minder schweren Fal- les zwar grundsätzlich von Bedeutung ist, aber nicht jede über dem Grenzwert liegende Wirkstoffmenge als strafschärfender Umstand gegen die Annahme eines minder schweren Falles spricht. Je geringer die Überschreitung des Grenzwerts ist, desto näher liegt die Annahme eines minder schweren Falles. Eine nur geringe Grenzwertüberschreitung wird deshalb ein Kriterium für die Annahme eines minder schweren Falles sein, während eine ganz erhebliche Überschreitung gegen die Annahme eines solchen spricht (BGHSt 62, 90, 93).
6
Die im Fall II.2 der Urteilsgründe gehandelten Betäubungsmittel wiesen einen Mindestwirkstoffgehalt von 62,14 Gramm MDMA-Base bzw. 9 Gramm Delta-9-THC auf und stellten bei Zusammenrechnung etwas mehr als das dreifache der nicht geringen Menge und damit – was das Landgericht auch erkannt hat – eine „nicht ganz erhebliche“ Überschreitung des Grenzwerts dar. Dies spricht (eher) für die Annahme eines minder schweren Falles, stellt aber jedenfalls entgegen der Ansicht des Landgerichts keinen Strafschärfungsgrund dar.
7
Angesichts des Umstands, dass das Landgericht weitere strafschärfende Umstände nicht festgestellt und im Übrigen eine Reihe von Strafmilderungsgründen bei seiner Gesamtwürdigung berücksichtigt hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die beanstandete Erwägung zur Annahme eines minder schweren Falles gelangt wäre.
8
b) Weder bei der Strafrahmenwahl noch bei der konkreten Strafbemessung im Fall II.3 der Urteilsgründe hat das Landgericht die polizeiliche Überwachung des Betäubungsmittelgeschäfts, die schließlich auch zur Sicherstellung der Betäubungsmittel führte, zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt. Der Umstand polizeilicher Überwachung eines Betäubungsmittelgeschäfts mit der Folge, dass eine tatsächliche Gefahr der Übernahme durch den Abnehmer und eines tatsächlichen In-Verkehr-Gelangens nicht besteht, ist aber ein bestim- mender Strafzumessungsgrund zugunsten des Angeklagten, dem neben der Sicherstellung der Drogen als solcher eigenes Gewicht zukommt (st. Rspr.; zuletzt Senat, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 2 StR 477/16). Da die Strafkammer somit einen strafmildernden Gesichtspunkt nicht erörtert hat, ist die Strafzumessung in einem wesentlichen Punkt lückenhaft. Es ist nicht auszuschließen , dass die Strafkammer ohne diesen Rechtsfehler auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
9
Da es sich bei den aufgezeigten Rechtsfehlern in der Strafzumessung um bloße Wertungsfehler handelt, bedarf es insoweit der Aufhebung von Feststellungen nicht. Der Tatrichter ist jedoch nicht gehindert, neue Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
10
c) Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
11
d) Auch die Anordnung der erweiterten Einziehung von Taterträgen nach § 73a Abs. 1 StGB erweist sich als rechtsfehlerhaft. Zwar hat sich das Landgericht mit Blick auf die in einem Telefonat gegenüber dem gesondert verfolgten R. angesprochenen Einzahlungen auf sein Konto rechtsfehlerfrei die Überzeugung verschafft, dass sich der Angeklagte größere Geldbeträge aus anderen rechtswidrigen als den abgeurteilten Taten verschafft hat (UA S. 9).
12
Es hat aber für den Senat nicht nachvollziehbar dargelegt, in welcher Höhe der Angeklagte illegale Gelder vereinnahmt hat. Soweit die Strafkammer dabei auf eine beim Angeklagten aufgefundene „Gewinnberechnung“ abgestellt hat, erweist sich die Erwägung, es handele sich bei den neun Abkürzungen in Spalte 1 sämtlich um verschiedene Betäubungsmittelsorten, die im Zusammenhang mit den Angaben in den weiteren Spalten (zu Menge und Preis der Betäubungsmittel ) den jeweiligen Gesamtpreis ergeben, als bloße Spekulation und mangels weiterer sie stützender Umstände als nicht tragfähig. Dagegen spricht nicht nur, dass sich etwa für die Kürzel „CV“, „ST“ oder den Begriff „Karten“ kei- ne dazu passende Zuordnung zu einem Betäubungsmittel findet. Es ist auch nicht besonders lebensnah, dass – wie die Zahlen zu den angeblichen Mengenangaben es ausweisen sollen – mit Betäubungsmitteln gerade in einer vom Verkäufer festgestellten Menge von 396,75 oder 896,86 Gramm Handel getrieben wird und dafür dann insgesamt ein ungerader Betrag von 26.550,95 Euro vereinnahmt worden ist. Die Sache bedarf deshalb auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Franke Krehl Eschelbach Zeng Meyberg

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.