Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2011 - 3 StR 236/11

bei uns veröffentlicht am04.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 236/11
vom
4. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
4. August 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 4. März 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, die Einziehung der sichergestellten 20.894,8 Gramm Marihuana sowie eines Mobiltelefons angeordnet und 500 € für verfallen erklärt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Urteil hat jedoch keinen Bestand, soweit das Landgericht es abgelehnt hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen. Die Strafkammer hat dies im Wesentlichen damit begründet, der Angeklagte habe "auf entsprechende Nachfrage durch seinen Verteidiger ausdrücklich erklärt, dass kein Hang bestehe und sich - nach anwaltlicher Beratung - ausdrücklich gegen eine Unterbringung nach § 64 StGB ausgesprochen, so dass die daraus ersichtliche Therapieunwilligkeit gegen die Erfolgsaussichten einer Unterbringung spricht". Dies begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden Bedenken:
3
1. Das Vorliegen eines Hanges stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht im Belieben des Angeklagten steht. Sie ist vielmehr vom Tatgericht aufgrund einer Gesamtschau der getroffenen Feststellungen selbst zu beurteilen. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte in der Vergangenheit über mehrere Jahre hinweg Heroin. Er wurde im Jahre 1998 wegen einer Straftat verurteilt, die er aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hatte. Im Jahr 2010 begann er erneut, Kokain und Marihuana zu konsumieren. Er steigerte seinen Betäubungsmittelkonsum auf ein Gramm Kokain täglich und verschuldete sich in Höhe von insgesamt 3.600 €, um die daraus entstehenden Kosten zu finanzieren. Bei der Tat im August 2010 stand er unter Einwirkung von Kokain und Cannabis. Mit all diesen Umständen hätte sich das Landgericht näher auseinandersetzen müssen.
4
2. Im Übrigen ist nicht genügend dargetan, dass die Anordnung der Maßregel mangels Erfolgsaussicht unterbleiben musste. Hierfür reicht die Erwägung nicht aus, der Angeklagte habe sich in der Hauptverhandlung therapieunwillig gezeigt. Vielmehr lässt sich nur aufgrund einer - hier unterbliebenen - Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände beurteilen, ob der Mangel an Therapiebereitschaft den Schluss auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel rechtfertigt. Das Tatgericht hat dabei auch zu prüfen, ob die konkrete Aussicht besteht, dass die Therapiebereitschaft für eine Erfolg versprechende Behandlung in der Maßregel geweckt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2010 - 3 StR 502/09, NStZ-RR 2010, 141 dort nur Leitsatz).
5
3. Da die Anordnung der Unterbringung auch aus anderen Gründen nicht von vornherein ausscheidet, ist hierüber - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu zu verhandeln und zu entscheiden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO); er hat die unterbliebene Anordnung nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
6
Der Strafausspruch wird von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt ; denn es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

VRiBGH Becker befindet Pfister von Lienen sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben Pfister Schäfer Menges

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2011 - 3 StR 236/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2011 - 3 StR 236/11

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Strafprozeßordnung - StPO | § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung


(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Ange
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2011 - 3 StR 236/11 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Strafprozeßordnung - StPO | § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung


(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Ange

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2010 - 3 StR 502/09

bei uns veröffentlicht am 21.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 502/09 vom 21. Januar 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu 2.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 3.

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 502/09
vom
21. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
zu 2.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu I. 2. und II. 2. auf dessen Antrag -
am 21. Januar 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
I. 1. Auf die Revision des Angeklagten T. wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 12. Juni 2009, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
II. 1. Auf die Revision des Angeklagten A. Ö. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft,
a) in den Einzelstrafen der Fälle B. VI. 14. bis 16. der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt. Den Angeklagten Ö. hat es wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen sowie wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und acht Monaten verurteilt. Ferner hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten Ö. in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass die Freiheitsstrafe für die Dauer von einem Jahr und zehn Monaten vor der Unterbringung zu vollziehen ist.
2
Die Revision des Angeklagten Ö. rügt allgemein die Verletzung materiellen Rechts. Der Angeklagte T. wendet sich ebenfalls mit der auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision gegen seine Verurteilung und beanstandet im Einzelnen, dass das Landgericht die Anwendung des § 31 Nr. 1 BtMG abgelehnt hat. Die Rechtsmittel haben die aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolge.
3
I. Revision des Angeklagten T.
4
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Urteil hat indes keinen Bestand, soweit das Landgericht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgelehnt hat. Die Begründung der Strafkammer, sie sehe "eine Unterbringung zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls als nicht viel versprechend" an, da bei dem Angeklagten "nicht die notwendige Einsichtsfähigkeit in eine Therapiebedürftigkeit festzustellen" sei, vermag die Ablehnung der Maßregelanordnung nicht zu tragen.
5
1. Fehlender Therapiewille allein hindert die Unterbringung nach § 64 StGB grundsätzlich nicht. Zwar kann dieser Umstand ein gegen die Erfolgsaussicht der Entwöhnungsbehandlung sprechendes Indiz sein. Ob der Mangel an Therapiebereitschaft den Schluss auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel rechtfertigt, lässt sich aber nur aufgrund einer - vom Landgericht hier nicht vorgenommenen - Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände beurteilen (BGH NJW 2000, 3015, 3016; Beschl. vom 24. März 2005 - 3 StR 71/05). Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hängt nicht vom Therapiewillen des Betroffenen ab (BTDrucks. 16/1110 S. 13). Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE036104301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE014403377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE047603301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE305909005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE014403377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE305709200&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE014704377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE014704377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=9&numberofresults=45&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE070112056&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1rjf/## - 5 - kann es vielmehr gerade sein, die Therapiebereitschaft beim Angeklagten erst zu wecken (BGH NStZ-RR 1997, 34 f.). Das Gericht hat daher gegebenenfalls zu prüfen, ob die konkrete Aussicht besteht, dass die Therapiebereitschaft für eine Erfolg versprechende Behandlung in der Maßregel geweckt werden kann (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 19 f. m. w. N.).
6
2. Über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss somit - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne dieser Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von seinem Hang zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB), sind - abgesehen von seiner Therapieunwilligkeit - nicht ersichtlich. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5; BGH NStZ-RR 2009, 48; NStZ 2009, 261). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).
7
3. Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen erkannt oder eine mildere Gesamtstrafe verhängt hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
8
4. Der neue Tatrichter wird im Falle der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 5 Satz 1 StGB über die Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und Maßregel zu befinden haben (vgl. BGH NStZ 2008, 28; NStZ-RR 2008, 74). Bei http://www.juris.de/jportal/portal/t/1tu9/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=11&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR106810981BJNE004703310&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - Vorwegvollzug eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe wird es für dessen Berechnung notwendig sein, die für den Angeklagten voraussichtlich erforderliche Therapiedauer zu bestimmen.
9
II. Revision des Angeklagten Ö.
10
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch und zum Maßregelausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers erbracht. Dies gilt auch für die Nachprüfung der in den Fällen B. VI. 1. bis 8. und C. der Urteilsgründe zugemessenen Einzelstrafen. Indes können die Einzelstrafen in den Fällen B. VI. 14. bis 16. der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat insoweit rechtfehlerhaft nicht erörtert, ob die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG vorliegen und deshalb in diesen drei Fällen die angewendeten Strafrahmen zu mildern sind, obwohl die festgestellten Umstände dazu drängten.
11
1. Danach hat der Angeklagte in den Fällen B. VI. 14. bis 16. der Urteilsgründe gemeinschaftlich mit seinem Bruder K. Ö. jeweils mit Betäubungsmitteln (Kokain) in nicht geringer Menge Handel getrieben. Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung festgestellt, dass sich der Angeklagte "im Hinblick auf sämtliche von ihm begangene BtM-Delikte umfassend geständig eingelassen und sämtliche Fragen der Kammer freimütig beantwortet" und "dabei auch seinen Bruder K. Ö. bereits umfassend belastet" hat (UA S. 130) sowie, dass "die geständige Einlassung des A. Ö. , mit der er zugleich auch seinen Bruder überführt hat, von besonderer Freimütigkeit getragen" gewesen ist (UA S. 154). Deshalb liegt es nahe, dass der Angeklagte dazu beigetragen hat, die Taten über seinen Tatbeitrag hinaus aufzuklären. Die ge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/mfu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR106810981BJNE004703310&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - troffenen Feststellungen hätten daher für das Landgericht Anlass sein müssen, die Milderungsmöglichkeit des § 31 Nr. 1 BtMG zu erörtern (vgl. BGH NStZ 2009, 394, 395). Dies lässt das Urteil vermissen.
12
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht in den betroffenen Einzelfällen bei rechtsfehlerfreier Prüfung § 31 Nr. 1 BtMG i. V. m. § 49 Abs. 2 StGB angewendet und mildere Einzelstrafen zugemessen hätte. Die festgesetzten Strafen können daher nicht bestehen bleiben. Dies zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die zu diesen Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben.
13
3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die am 1. September 2009 durch das 43. StrÄndG vom 29. Juli 2009 (BGBl I 2288 ff.) in Kraft getretene Änderung des § 31 BtMG gemäß Art. 316 d des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch nicht auf Verfahren anzuwenden ist, in denen vor dem 1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen wurde (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 25).
Becker RiBGH Pfister befindet sich von Lienen im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Hubert Schäfer

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.