Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2010 - 3 StR 290/10

bei uns veröffentlicht am09.11.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 290/10
vom
9. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. November 2010
gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Januar 2010 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf zahlreiche Verfahrensbeanstandungen und mehrere Rügen der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Näherer Erörterung bedürfen nur die nachfolgenden Punkte:
2
Die Beanstandung, der Beweisantrag vom 11. Dezember 2009 auf Beiziehung der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Hannover mit dem Aktenzeichen 1382 Js sei zu Unrecht abgelehnt worden, greift nicht durch. Zwar fehlt dem Beschluss, mit dem die in dem Antrag näher genannten Tatsachen als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos bezeichnet worden sind, die für diese Fälle notwendige, auf einer antizipierende Beweiswürdigung aufbauende Begründung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. November 2007 - 3 StR 430/07, NStZ 2008, 299; Beschluss vom 6. März 2008 - 3 StR 9/08, NStZ-RR 2008, 205; Beschluss vom 12. Januar 2010 - 3 StR 519/09, StV 2010, 588). Indes beruht das Urteil hierauf nicht, denn das Landgericht hat die notwendige Begründung in dem Beschluss gegeben, mit dem es im weiteren Verlauf desselben Verhandlungstags einen anderen, dieselben Tatsachen betreffenden Antrag auf Vernehmung des Zeugen D. ebenfalls wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt hat.
3
Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt auch die Beanstandung des Beschlusses, mit dem das Landgericht den Beweisantrag vom 15. Dezember 2009 auf Beiziehung der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Hannover zum Aktenzeichen 2132 Js teilweise abgelehnt hat. Soweit zum Beweis, dass Herr N. von dem früheren Mitangeklagten S. - auf dessen Bekundungen die Verurteilung des die Tat bestreitenden Angeklagten beruht - der Hehlerei beschuldigt und trotzdem vom Amtsgericht Wennigsen freigesprochen wurde, die Urteilsurkunde benannt worden ist, hat das Landgericht dem Beweisantrag stattgegeben und das freisprechende Urteil verlesen. Im Übrigen hat es den Beweisantrag mit folgender Erwägung abgelehnt: "Dem weiteren Akteninhalt kommt aus tatsächlichen Gründen keine verfahrensrelevante Behauptung zu, da die Kammer sich nicht in der Lage sieht, in einem anderen Verfahren getätigte Angaben inzident zu überprüfen und zu verifizieren." Damit ist die Ablehnung des Antrags zwar rechtsfehlerhaft begründet; denn sollte es für die Überzeugungsbildung des Landgerichts zu der Glaubhaftigkeit der Angaben des früheren Mitangeklagten S. darauf angekommen sein, ob dieser in einem anderen Verfahren einen Dritten wahrheitswidrig belastet hatte, so hätte dieses nicht nur naheliegend die tatsächliche Möglichkeit, sondern auch die Pflicht gehabt (§ 244 Abs. 2 StPO), den Wahrheitsgehalt dieser früheren Beschuldigung aufzuklären. Der Senat kann indes das Beruhen des Urteils auf diesem Rechtsfehler ausschließen. Als alleiniger weiterer Bestandteil der gesamten Ermittlungsakte , der hinreichend konkretisiert ist, um dem Beweisbegehren den Cha- rakter eines Beweisantrags zu verleihen (vgl. hierzu LR-Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 106), ist das Protokoll der polizeilichen Vernehmung des früheren Mitangeklagten S. vom 19. Juni 2008 bezeichnet. Dessen Inhalt konnte aber von vornherein keinen Beweis für die innere Tatsache erbringen, dass S. Dritte verschiedener Straftaten "bezichtigt", erkennbar gemeint: wahrheitswidrig beschuldigt , habe, um sich selbst in seiner eigenen Strafsache Vorteile zu verschaffen. Eine weitergehende Aufklärungsrüge ist nicht erhoben.
Becker Pfister von Lienen Sost-Scheible Hubert

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2010 - 3 StR 290/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2010 - 3 StR 290/10

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2010 - 3 StR 290/10 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2010 - 3 StR 290/10 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2007 - 3 StR 430/07

bei uns veröffentlicht am 22.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 430/07 vom 22. November 2007 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2010 - 3 StR 519/09

bei uns veröffentlicht am 12.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 519/09 vom 12. Januar 2010 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 12. Januar 2010 gemäß

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2008 - 3 StR 9/08

bei uns veröffentlicht am 06.03.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 9/08 vom 6. März 2008 in der Strafsache gegen wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Genera

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 430/07
vom
22. November 2007
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. November 2007 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 30. Mai 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Das Landgericht hat einen Beweisantrag rechtsfehlerhaft wegen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache zurückgewiesen.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts ließen sich der Angeklagte und die Nebenklägerin 1998 in der Türkei einvernehmlich scheiden. Die Nebenklägerin kehrte jedoch nach Deutschland zurück, damit ihre älteste Tochter hier die Schule besuchen konnte, und lebte mit den drei Kindern, für die sie das Sorgerecht hatte, wieder in der früheren Ehewohnung, ohne allerdings mit dem Angeklagten erneut eine sexuelle Beziehung aufzunehmen. Zwischen Dezember 1998 und Ende Mai 1999 kam es "zu einer Vielzahl von gewalttätigen und wohl auch sexuellen Übergriffen des Angeklagten". In zwei Fällen erzwang der Angeklagte gewaltsam den Geschlechtsverkehr. Die Nebenklägerin alarmierte wegen Gewalttätigkeiten des Angeklagten mehrmals die Polizei, machte aber zu sexuellen Übergriffen aus Scham keine Angaben. Im Sommer 1999 zog sie mit den Kindern in die Türkei. Nachdem sie dort den Zeugen Ö. näher kennen gelernt hatte, kehrte sie mit diesem und den Kindern wieder nach Deutschland zurück. Zur Aufdeckung der verfahrensgegenständlichen Taten kam es, als der Zeuge Ö. im Jahr 2003 den Angeklagten wegen Bedrohung angezeigt und dabei mitgeteilt hatte, der Angeklagte habe früher die Nebenklägerin vergewaltigt.
3
Das Landgericht hat den die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten aufgrund der für glaubhaft erachteten Angaben der Nebenklägerin verurteilt. In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte die Vernehmung zweier Zeugen zum Beweis dafür beantragt, dass bei der Nebenklägerin weder Anzeichen noch körperliche oder psychische Merkmale vorhanden waren, die auf eine Vergewaltigung hindeuteten, dass vielmehr Hintergrund der Anzeige war, mit dem Geld des Angeklagten und dem Zeugen Ö. ein neues Leben aufzubauen. Zur Begründung hat der Angeklagte vorgetragen, die Nebenklägerin habe den Zeugen davon berichtet, dass sie mit dieser Motivation den Angeklagten wegen Vergewaltigung anzeigen werde.
4
Diesen Beweisantrag hat das Landgericht mit der Begründung abgelehnt , die Beweistatsache sei für die Entscheidung bedeutungslos. Aus der Tatsachenbehauptung , die Nebenklägerin habe berichtet, dass sie den Angeklagten wegen Vergewaltigung anzeigen werde, damit sie mit dessen Geld und ihrem Lebenspartner zusammenleben könne, folge "nur der mögliche Schluss, dass die" Nebenklägerin "die Unwahrheit gesagt habe". Diesen Schluss werde das Gericht nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ziehen.
5
Diese Ablehnung des Beweisantrags hält rechtlicher Nachprüfung nicht Stand. Zwar ist es dem Tatrichter grundsätzlich nicht verwehrt, Indiztatsachen als für die Entscheidung bedeutungslos zu betrachten, wenn er aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Jedoch muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache , selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte. Die Begründung muss grundsätzlich denselben Anforderungen genügen, die an die Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen gestellt werden. Die Ablehnung des Beweisantrags darf nicht dazu führen, dass aufklärbare, zugunsten eines Angeklagten sprechende Umstände der gebotenen Gesamtabwägung im Rahmen der Beweiswürdigung entzogen werden (BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 25, 26 jeweils m. w. N.).
6
Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Landgerichts nicht gerecht. Er beschränkt sich auf den Hinweis, das Gericht werde den Schluss, die Nebenklägerin habe nicht der Wahrheit entsprechend ausgesagt, nicht ziehen. Die Gründe hierfür nennt das Landgericht nicht. Sie verstehen sich auch nicht von selbst; denn eine erdrückende Beweissituation, die deren Darlegung ausnahmsweise hätte entbehrlich machen können, ist nicht gegeben. Vielmehr sind der Beweiswürdigung kaum Aussagedetails zu entnehmen; überwiegend setzt sie sich mit Umständen auseinander, die - wie etwa die Korrektur der Aussage durch die Nebenklägerin in einem Einzelpunkt - eher gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben sprechen könnten. Vor diesem Hintergrund war es - nicht anders, als wenn sich nach Durchführung der begehrten Beweisaufnahme die Richtig- keit der Beweisbehauptung bestätigt hätte - unerlässlich, näher darzulegen, warum die behauptete Äußerung der Nebenklägerin gegenüber den beiden Zeugen die Überzeugungsbildung des Landgeric hts nicht zu beeinflussen vermochte.
7
Der Senat kann somit nicht prüfen, ob die antizipierende Würdigung der Beweisbehauptung durch das Landgericht frei von Rechtsfehlern ist. Das angefochtene Urteil muss daher aufgehoben werden. Becker Miebach Pfister Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 9/08
vom
6. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. März
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Juli 2007
a) in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat festgestellt, dass der Angeklagte im November oder Dezember 2003 einmal 100 Gramm und einmal 50 Gramm Kokain durchschnittlicher Qualität gewinnbringend an den Zeugen D. veräußerte. Nach diesen Taten schlossen sich der Angeklagte, der Mitangeklagte Ö. , der Zeuge S. und der gesondert Verfolgte A. zusammen, um künftig auf unbestimmte Zeit in einer Mehrzahl von Fällen größere Mengen Kokain zu erwerben und gewinnbringend zu veräußern. Im Februar 2004 verkauften sie in zwei Fällen jeweils 500 Gramm Kokain, das ihnen zuvor aus den Niederlanden nach H. geliefert worden war, mit Gewinn an verschiedene Abnehmer weiter. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten in den letzten beiden Fällen im Wesentlichen aufgrund der Aussage des Zeugen S. sowie der Einlassung des Mitangeklagten Ö. überzeugt.
2
Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer - zulässig erhobenen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - Verfahrensrüge hinsichtlich der Verurteilung in den Fällen des Bandenhandels Erfolg. Dies führt auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Angeklagte beanstandet zutreffend, dass das Landgericht einen Beweisantrag rechtsfehlerhaft zurückgewiesen hat.
4
Der Verteidiger des Angeklagten hat die Vernehmung des Zeugen B. zum Beweis dafür beantragt, dass die Angaben des Mitangeklagten Ö. aus einer polizeilichen Vernehmung falsch seien, soweit er sich dahin eingelassen habe, der Angeklagte und der Zeuge hätten in einem Hinterzimmer der Gaststätte "M. " in H. 200 Gramm Kokain an einen Bo. und einen C. verkauft; der Zeuge werde bekunden, dass er zu keinem Zeitpunkt in der betreffenden Gaststätte gewesen sei, um dort Kokain zu verkaufen.
5
Diesen Antrag hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, die behaupteten Tatsachen seien gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung. Wenn der Zeuge die Beweisbehauptung bestätigen sollte, sei dies zwar ein bei der Würdigung der Einlassung des Mitangeklagten Ö. zu berücksichtigender Teilaspekt; dieser lasse aber keinen zwingenden Rückschluss auf dessen Glaubwürdigkeit zu. Die Strafkammer wolle einen solchen Schluss auch nicht ziehen. Insofern sei nämlich auch die Möglichkeit in Rechnung zu stellen, dass der benannte Zeuge ein Interesse daran haben könnte, eigenes strafrechtlich relevantes Verhalten zu leugnen. Gegen ihn werde wegen einer dem Beweisthema spiegelbildlichen Tat ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt. Vor diesem Hintergrund habe das Landgericht nicht einmal die Möglichkeit einer abschließenden Bewertung , ob gegebenenfalls der Zeuge oder der Mitangeklagte Ö. bezüglich des Beweisthemas die Wahrheit gesagt hätten.
6
Mit dieser Begründung durfte der Beweisantrag nicht abgelehnt werden; sie ist mit § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht vereinbar.
7
Der Tatrichter darf eine Tatsache nur dann als bedeutungslos ansehen, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen kann, weil sie nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulässt, und das Gericht den möglichen Schluss nicht ziehen will. Dies ist vom Tatrichter in freier Beweiswürdigung auf der Grundlage des bisherigen Beweisergebnisses zu beurteilen. Allerdings darf das Gericht dabei die unter Beweis gestellte Tatsache nicht in Zweifel ziehen oder Abstriche an ihr vornehmen; es hat diese vielmehr so, als sei sie voll erwiesen, seiner antizipierenden Würdigung zu Grunde zu legen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 20, 23; MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 244 Rdn. 56; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 222).
8
Hieran gemessen sind die Ausführungen des Landgerichts rechtsfehlerhaft ; denn es hat zur Begründung dafür, dass der Beweistatsache für die Entscheidung keine Bedeutung zukomme, darauf abgestellt, dass die Glaubwürdigkeit des benannten Zeugen bzw. die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zweifelhaft sei. Damit hat es die Wahrheit der Beweistatsache und den Wert des angebotenen Beweismittels in Frage gestellt.
9
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil, soweit der Angeklagte wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen verurteilt worden ist. Der Senat vermag nicht auszuschließen , dass das Landgericht, hätte sich die Beweisbehauptung bestätigt, die Glaubhaftigkeit der Einlassung des Mitangeklagten Ö. anders als geschehen beurteilt hätte und nicht zu der Überzeugung gelangt wäre, dass der Angeklagte diese beiden Taten begangen hat.
10
Der Wegfall der Verurteilung in den beiden Fällen des Bandenhandels führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 519/09
vom
12. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Januar 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 26. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gemäß § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB in Tateinheit mit Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gemäß § 232 Abs. 4 Ziffer 1 StGB und in Tateinheit mit Zuhälterei sowie wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision rügt mit Erfolg die fehlerhafte Behandlung von Beweisanträgen.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts brachte der Angeklagte die damals 20jährige Nebenklägerin mit Schlägen und der Drohung, sie ansonsten den Hells Angels zu übergeben, zur Aufnahme der Prostitution. Er bestimmte sodann Zeit, Ort und Ausmaß der Tätigkeit. In einem Fall erzwang er den Anal- verkehr mit dem Opfer, bei anderer Gelegenheit schlug und trat er die Nebenklägerin und würgte sie bis zur einsetzenden Bewusstlosigkeit.
3
Der Angeklagte hat die Vorwürfe lediglich in seinem letzten Wort pauschal bestritten, im Übrigen hat er zu ihnen geschwiegen. Das Landgericht hat sich seine Überzeugung "insbesondere" aufgrund "der glaubhaften Aussage der Nebenklägerin" verschafft.
4
Das Urteil muss aufgehoben werden, weil das Landgericht mehrere Beweisanträge mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt hat und der Senat nicht ausschließen kann, dass das Urteil auf diesen Fehlern beruht.
5
1. Die Verteidigung hatte die Vernehmung eines Arztes und seiner Ehefrau als Zeugen zu der Tatsache beantragt, dass die Nebenklägerin zumindest im Sommer/Frühherbst 2007 keinerlei sichtbare Verletzungen an den Armen, Schultern oder im Gesichtsbereich hatte. Sie hatte dazu ausgeführt, die Nebenklägerin und der Angeklagte hätten in diesem Zeitraum im Haus der Zeugen in deren Anwesenheit gearbeitet und bei Tätigkeiten im Garten auch nur spärliche Kleidung getragen. Hintergrund des Antrags war die Behauptung der Nebenklägerin , vom Angeklagten im Jahr 2007 häufig geschlagen worden zu sein und am ganzen Körper Hämatome davongetragen zu haben. Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt, "da die Vernehmung der Zeugen völlig ungeeignet" sei, "die Angaben der Nebenklägerin zu durch Einwirkung des Angeklagten erlittenen Hämatomen zu widerlegen. Selbst wenn die Zeugen bei der Nebenklägerin keine Hämatome bemerkt haben sollten, wäre das nicht einmal ein Indiz dafür, dass tatsächlich keine vorhanden waren."
6
Dies findet in § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO keine Stütze. Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit der Beweiserhebung ist dort nicht vorgesehen. Sollte das Landgericht gemeint haben, die benannten Beweismittel seien ungeeignet, wäre auch dies hier rechtsfehlerhaft. Zwar kann ein Beweisbegehren , das sich auf ein völlig ungeeignet es Beweismittel stützt, nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden. Dabei muss es sich aber um ein Beweismittel handeln, dessen Inanspruchnahme von vornherein gänzlich aussichtslos wäre, so dass sich die Erhebung des Beweises in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste (vgl. BGH StV 1997, 338, 339). Der ablehnende Beschluss bedarf einer Begründung, die ohne jede Verkürzung oder sinnverfehlende Interpretation der Beweisthematik alle tatsächlichen Umstände dartun muss, aus denen das Gericht auf die völlige Wertlosigkeit des angebotenen Beweismittels schließt. Hieran fehlt es. Für die völlige Ungeeignetheit der benannten Zeugen ist auch sonst nichts erkennbar.
7
Sofern das Landgericht zuletzt den Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache vor Augen gehabt haben sollte, hielte die Entscheidung ebenfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Tatrichter darf eine Tatsache nur dann als (aus tatsächlichen Gründen) bedeutungslos ansehen, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen kann, weil sie nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulässt, und das Gericht den möglichen Schluss nicht ziehen will. Dies ist vom Tatrichter in freier Beweiswürdigung auf der Grundlage des bisherigen Beweisergebnisses zu beurteilen. Allerdings darf das Gericht dabei die unter Beweis gestellte Tatsache nicht in Zweifel ziehen oder Abstriche an ihr vornehmen; es hat diese vielmehr so, als sei sie voll erwiesen, seiner antizipierenden Würdigung zu Grunde zu legen (BGH StV 2008, 288 m. w. N.). Danach hätte das Landgericht der in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsache den Charakter eines den Angeklagten entlastenden Indizes nicht schlechthin absprechen dürfen, sondern darlegen müssen, aus welchen Gründen es in Ansehung des bisherigen Beweisergebnisses der Tatsache keine Bedeutung für die Erschütterung seiner bisherigen Überzeugung (von der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin) beizumessen vermochte. Auch hieran fehlt es.
8
2. Mit demselben Ziel hatte die Verteidigung die zeugenschaftliche Vernehmung eines Polizeibeamten beantragt zum Beweis der Tatsache, dass die Nebenklägerin auch in dessen Haushalt im Sommer 2007 zusammen mit dem Angeklagten gearbeitet hatte und dem Zeugen trotz luftiger Kleidung keine Verletzungsspuren an der Nebenklägerin aufgefallen waren. Diesen Antrag hat das Landgericht abgelehnt, "da das Beweismittel völlig ungeeignet ist, die Angaben der Nebenklägerin zu widerlegen" und sich im Übrigen auf die Ablehnung des vorigen Beweisantrags (vorstehend 1.) bezogen. Auch diese Entscheidung ist aus den vorgenannten Gründen rechtfehlerhaft.
9
3. Auf der fehlerhaften Ablehnung der Beweisanträge beruht das angefochtene Urteil. Hierzu im Einzelnen:
10
Ein Urteil beruht schon dann auf einem Rechtsfehler, wenn es als möglich erscheint oder wenn nicht auszuschließen ist, dass es ohne den Rechtsfehler anders ausgefallen wäre. An dem Beruhen fehlt es nur, wenn die Möglichkeit , dass der Verstoß das Urteil beeinflusst hat, ausgeschlossen oder rein theoretisch ist (Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 337 Rdn. 255). Die Entscheidung über das Beruhen hängt - insbesondere bei Verstößen gegen das Verfahrensrecht - stark von den Umständen des Einzelfalls ab (Hanack aaO Rdn. 257).
11
Bei mit fehlerhafter Begründung abgelehnten Beweisanträgen kann ein Beruhen des Urteils in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, wenn die Anträge mit anderer Begründung zu Recht hätten abgelehnt werden können und die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten hierdurch nicht berührt wurden (Kuckein in KK 6. Aufl. § 337 Rdn. 38 m. w. N.). Insbesondere im Zusammenhang mit Hilfstatsachen des Beweises, also mit Tatsachen, die einen zwingenden oder möglichen Schluss auf den Beweiswert eines Beweismittels zulassen, kann sich für das Revisionsgericht die Überzeugung ergeben, dass der Tatrichter den Beweisantrag auch mit der Begründung der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache hätte zurückweisen und der Angeklagte sich in Kenntnis einer solchen Ablehnung nicht weitergehend hätte verteidigen können. Hierfür ist die gesamte Beweissituation, wie sie sich aus dem Urteil darstellt, ebenso von Bedeutung wie die Art und Anzahl der gestellten Beweisanträge.
12
Vorliegend hat sich der Angeklagte mit einer Vielzahl von Beweisanträgen verteidigt. Soweit dabei Tatsachen unter Beweis gestellt wurden, handelte es sich überwiegend um solche, die der Widerlegung einzelner, mit dem Tatgeschehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehender Bekundungen der Nebenklägerin oder allgemein der Weckung von Zweifeln an deren Glaubwürdigkeit dienen sollten. Die Revision rügt über die beiden vorgenannten Fälle hinaus die Ablehnung weiterer Beweisanträge als rechtsfehlerhaft. Auch insoweit weisen die Entscheidungen des Landgerichts Mängel auf, die den Generalbundesanwalt veranlasst haben, in seinem Antrag, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, jeweils umfangreich darzulegen, dass ein Beruhen des Urteils auf dem einzelnen Rechtsfehler ausgeschlossen werden könne.
Was bei isolierter Betrachtung der Beweisanträge und ihrer Behandlung durch die Strafkammer möglicherweise zu einer solchen Überzeugung des Revisionsgerichts hätte führen können, ist dem Senat vorliegend aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände nicht möglich.
13
Die Sache muss deshalb erneut verhandelt werden.
VRiBGH Becker ist wegen Pfister RiBGH von Lienen ist wegen Urlaubs an der Unterschrifts- Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. leistung verhindert. Pfister Pfister Hubert Schäfer

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.