Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2018 - 3 StR 292/17

bei uns veröffentlicht am21.08.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 292/17
vom
21. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2018:210818B3STR292.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. August 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu der Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet. Das Rechtsmittel hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht ankommt.

I.


2
1. Das Landgericht hat - soweit für die revisionsrechtliche Beurteilung relevant - folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte war von 1996 bis Juli 2006 Inhaber des Lehrstuhls für Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde der H. Universität D. und als solcher Leiter der gleichnamigen Poliklinik des Universitätsklinikums D. . Dieses dient dem Fachbereich Medizin der Universität bei der Erfüllung von Aufgaben in Forschung und Lehre; zudem findet dort die Versorgung von Kranken statt. Das Verhältnis zwischen Universität und Universitätsklinikum regelt eine Kooperationsvereinbarung. Im Juli 2006 wurde der Angeklagte - unter Beurlaubung von seinem Amt als Lehrstuhlinhaber und unter Aufgabe seiner Stellung als Leiter der Zahnklinik - zum Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums bestellt. Als solcher war er Vorsitzender des mit der operativen Leitung des Klinikums betrauten Vorstands.
4
Bereits vor seiner Bestellung zum Ärztlichen Direktor hatte der Angeklagte in den Räumen der Zahnklinik eine Privatambulanz mit eigenem Liquidationsrecht betrieben. Dort wurden die Patienten neben dem Angeklagten auch von anderen Ärzten behandelt, die an den vom Angeklagten vorgenommenen Liquidationen prozentual beteiligt wurden. Für die Inanspruchnahme von Einrichtungen , Personal und Material leistete der Angeklagte pauschalierte Abgaben an die Universität, wobei zwischen den sog. Sachkosten für Nutzung und Einsatz von Material, Räumlichkeiten und nichtwissenschaftlichem Personal und dem sog. Nutzungsentgelt, das den Einsatz wissenschaftlichen Personals abdeckte und als allgemeiner Vorteilsausgleich diente, unterschieden wurde. Feststellungen dazu, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang beim Betrieb von Privatambulanzen auf das wissenschaftliche Personal zurückgegriffen werden durfte, hat das Landgericht nicht getroffen.
5
Weil sich der Angeklagte neben seiner administrativ geprägten neuen Aufgabe als Ärztlicher Direktor seine klinischen Fähigkeiten erhalten wollte, wurde ihm im Anstellungsvertrag eingeräumt, wöchentlich im Umfang von vier bis sechs Stunden ambulante zahnärztliche Leistungen zu erbringen und zu berechnen. Weitere Abmachungen hinsichtlich des Betriebs der Ambulanz wurden nicht getroffen.
6
Spätestens mit der Berufung des Angeklagten zum Ärztlichen Direktor im Juli 2006 wurde "auf seine Anordnung" der wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. J. in großem Umfang in der Privatambulanz des Angeklagten eingesetzt. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Zahnklinik waren Angestellte der Universität. Ihr Aufgabenbereich umfasste den Bereich der Lehre, aber auch die Behandlung von Patienten. Ihre Zuordnung zu bestimmten Kursen wie auch zu ihrem Einsatz in der Patientenbehandlung fiel während der Tätigkeit des Angeklagten als Ärztlicher Direktor in die Zuständigkeit des kommissarischen Klinikleiters. Diesen hatte der Angeklagte "angewiesen", den Mitarbeiter Dr. J. , der sich im Laufe seiner bisherigen Tätigkeit als für die ihm vertraglich "vorrangig" übertragenen Aufgaben in der Lehre wenig geeignet erwiesen hatte, zur Patientenbehandlung seiner Privatpraxis zuzuweisen. Obwohl der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Leiter der Zahnklinik war, verfügte er nach wie vor über eine Autorität, die es ihm gestattete, den Einsatz von Dr. J. in der Zahnklinik anzuordnen. Feststellungen dazu, dass Organe der Universität Kenntnis hiervon hatten oder gar darauf vertrauten, dass der Angeklagte die Vermögensinteressen der Universität in diesem Zusammenhang pflichtgemäß wahrnehmen würde, hat das Landgericht nicht getroffen. Es hat lediglich festgestellt, dass der Umfang, in dem Dr. J. in der Privatambulanz eingesetzt wurde, nicht dem vertraglich vorgesehenen Arbeitseinsatz entsprach ; zum konkreten Inhalt des Anstellungsvertrags verhält sich das Urteil insoweit indes nicht.
7
Von den arbeitsvertraglich von Dr. J. wöchentlich zu leistenden 41 bzw. ab 2008 42 Stunden wurde Dr. J. für 32,75 Stunden in der Privatambulanz eingesetzt; daneben leistete er Bereitschaftsdienste und nahm an "Assistenzsitzungen" teil. Von Juli 2006 bis November 2010 entfielen auf den anteiligen Einsatz von Dr. J. in der Privatambulanz des Angeklagten 208.082,23 € seinesBruttogehalts. Dem standen - den Einsatz wissenschaftlichen Personals abdeckende - aus dem Einsatz von Dr.J. resultierende Nutzungsentgelte in Höhe von 179.733,27 € gegenüber, die der Angeklagte an die Universität zahlte.
8
Durch den "von ihm veranlassten, wiederholten und fortgesetzten Einsatz von Dr. J. in der Privatambulanz" wollte sich der Angeklagte eine regelmäßige und dauerhafte Einnahmequelle von erheblichem Umfang verschaffen.
9
2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als Untreue in der Form des Treubruchstatbestandes (§ 266 Abs. 1 Alternative 2 StGB) gewertet. Er habe aufgrund seiner tatsächlichen Entscheidungsgewalt über den Einsatz des Universitätsmitarbeiters Dr. J. eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Universität innegehabt. Diese Pflicht habe er durch die Anordnung des Einsatzes von Dr. J. in der Privatambulanz verletzt. Der von ihm verantwortete Einsatz von Dr. J. sei "in dem vorgenommenen Umfang" nicht zulässig gewesen. Als Vermögensnachteil für die Universität hat das Landgericht die Differenz zwischen dem auf den Einsatz von Dr. J. in der Privatambulanz entfallenden Teil seines Bruttogehalts und dem aus seinem Einsatz resultierenden Nutzungsentgelt angesehen und diesen mit 28.348,96 € beziffert.

II.


10
Die Verurteilung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
11
Die Feststellungen des Landgerichts tragen bereits nicht die Annahme, dass der Angeklagte gegenüber der geschädigten Universität vermögensbetreuungspflichtig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB war. Zwar geht die Strafkammer im rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, dass Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 Alternative 2 StGB neben Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft auch ein sog. "tatsächliches Treueverhältnis" sein kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch nicht allein die tatsächliche Verfügungsgewalt über ein bestimmtes Vermögen, sondern auch, dass damit ein tatsächliches Vertrauen des Treugebers in eine pflichtgemäße Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen verbunden ist, es sich also um eine anvertraute faktische Machtstellung handelt (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, NStZ 1996, 540; vom 14. Juli 1999 - 3 StR 188/99, NStZ 1999, 558; Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12, NJW 2013, 624, 625 f.; SSW-StGB/Saliger, 3. Aufl., § 266 Rn. 25). Dass dem Angeklagten die faktisch bestehende Möglichkeit, über den Einsatz der Arbeitsleistung von Dr. J. zu disponieren, von den zuständigen Organen der Universität anvertraut war, belegen die Feststellungen indes nicht. Im Hinblick darauf, dass auch nicht festgestellt ist, dass der fortbestehende tatsächliche Einfluss des Angeklagten innerhalb der Zahnklinik nach seiner Abberufung als deren Leiter den Organen der Universität bekannt war, liegt dies sogar eher fern.
12
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

III.


13
Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
14
1. Eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten gegenüber der Universität könnte sich - über die Erwägungen des Landgerichts hinaus - auch unter folgendem Gesichtspunkt ergeben: Das Universitätsklinikum wird aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Universität für den Rektor der Universität als Dienstvorgesetzten des wissenschaftlichen Personals der medizinischen Fakultät im Wege der Auftragsverwaltung tätig, übernimmt also insoweit die Aufgaben der Personalverwaltung (siehe UA S. 35 im Rahmen der Beweiswürdigung; vgl. ferner die gesetzlichen Regelungen in § 2 Abs. 3 der Verordnung über die Errichtung des Klinikums D. der Universität D. [Universitätsklinikum D. ] als Anstalt des öffentlichen Rechts vom 1. Dezember 2000 bzw. § 2 Abs. 4 der Rechtsverordnung für die Universitätskliniken A. , B. , D. , E. , K. und M. vom 20. Dezember 2007). Daraus könnte sich eine Vermögensbetreuungspflicht des Universitätsklinikums gegenüber der Universität hinsichtlich der geldwerten Arbeitsleistung (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 263 Rn. 100 mwN) des wissenschaftlichen Personals der medizinischen Fakultät ergeben. Diese Pflicht könnte auch den Angeklagten als Ärztlichen Direktor und damit als Vorsitzenden des Vorstands des Universitätsklinikums treffen (vgl. LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 66 ff.; BGH, Urteil vom 6. Mai 1970 - 3 StR 284/69, juris Rn. 16). Abschließend beurteilen lässt sich dies indes nur vor dem Hintergrund bislang nicht getroffener Feststellungen zur Ausgestaltung der Kooperation und zur konkreten Aufgabenverteilung innerhalb des Universitätsklinikums.
15
2. Sollte die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten annehmen, wird sie bei der Prüfung, ob der Angeklagte diese Pflicht verletzt hat, Folgendes in Bedacht zu nehmen haben: Eine Pflichtverletzung kann zwar grundsätzlich vorliegen, wenn Angestellte über einen längeren Zeitraum für private Zwecke eingesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1969 - 5 StR 644/68, Umdr. S. 5). Nach den bislang getroffenen Feststellungen war der Einsatz von Dr. J. in der Privatambulanz aber zumindest teilweise zulässig; denn Dr. J. hatte sich nur "vorrangig" (UA S. 8) den Aufgaben von Forschung und Lehre zu widmen und durfte lediglich nicht "in dem vorgenommenen Umfang" (UA S. 40) in der Privatambulanz eingesetzt werden. Damit korrespondiert, dass sein Arbeitsvertrag auf § 44 des Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen Bezug nahm (UA S. 40), nach dessen Abs. 1 Satz 1 den wissenschaftlichen Mitarbeitern nach Maßgabe ihres Dienstverhältnisses wissenschaftliche Dienstleistungen nicht nur in Forschung und Lehre, sondern auch in der Krankenversorgung obliegen; zudem waren für die Inanspruchnahme wissenschaftlichen Personals in der Privatambulanz pauschalierte Nutzungsentgelte vorgesehen, was ebenfalls auf die grundsätzliche Zulässigkeit des Einsatzes wissenschaftlichen Personals in der Privatambulanz hindeutet. Vor diesem Hintergrund bedürfte es konkreter Feststellungen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein solcher Einsatz zulässig wäre.
16
3. Das Landgericht hat das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit als erfüllt angesehen und die Strafe dem Strafrahmen des besonders schweren Falles der Untreue (§ 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alternative 1 StGB) entnommen. Dies erscheint im Hinblick darauf, dass die Strafkammer als Tathandlung die Anordnung des Einsatzes von Dr. J. in der Privatambulanz angesehen hat, somit also lediglich von einem Fall der Untreue ausgegangen ist und Feststellungen zur Absicht wiederholter Tatbegehung nicht getroffen hat, nicht unbedenklich. Denn Gewerbsmäßigkeit liegt nur dann vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Liegt ein derartiges Gewinnstreben vor, ist zwar schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2003 - 4 StR 193/03, NStZ 2004, 265, 266). Allein dass die sich aus der Tat ergebenden Vermögensvorteile dem Angeklagten sukzessive zufließen, begründet jedoch noch keine Gewerbsmäßigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282, 283).
VRiBGH Becker ist im Urlaub Spaniol Berg und deshalb an der Unterschrift verhindert. Spaniol
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2018 - 3 StR 292/17 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Zu den Anforderungen an die Annahme einer faktischen Geschäftsführerstellung
gegenüber einem abhängigen Unternehmen.
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 5 StR 407/12
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit es ihn betrifft; die Feststellungen hierzu – mit Ausnahme derjenigen zum Verhältnis des Angeklagten zur Gesellschafterin der A GmbH – bleiben bestehen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung hat es von der Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate als vollstreckt erkannt. Die Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts errichtete der Angeklag- te die „S. Unternehmensgruppe“, deren Geschäftsgegenstanddie Sanierung und Vermarktung von Immobilien war. Im Tatzeitraum war er Geschäftsführer der V. A. GmbH, die als Komplementärin in verschiedenen und für jedes Bauvorhaben gesondert gegründeten Kommanditgesellschaften (nachfolgend: Bauherren-KG’s) fungierte. Die Bauherren-KG’s beauftragten als Generalübernehmer für Sanierungsarbeiten die A. GmbH, deren bestellte Geschäftsführerin im Tatzeitrum die Mitangeklagte Ne. war. Gesellschafterin der A. GmbH war die C. GmbH mit im Tatzeitraum wechselnden Alleingesellschaftern.
3
Zur Durchführung der Bauvorhaben beauftragte die A. GmbH ihrerseits Generalunternehmer und verschiedene Subunternehmer, wobei sie faktisch als „Schutzschild vor den Bauherren-KG’s“ (UA S. 8) agierte, um die Ansprüche der unbezahlten oder nur zum Teil bezahlten Leistungserbringer abzufangen. Sie erteilte teilweise Aufträge, ohne dass die Absicht bestand, diese vollständig zu bezahlen. Überdies veranlasste die A. GmbH kleine und unerfahrene Handwerksunternehmen dazu, trotz Ausbleibens ihrer Bezahlung weitere Leistungen zu erbringen. Die Bauherren-KG’s finanzierten die Vorhaben durch Darlehen, die auf der Grundlage von Abschlagsrechnungen der A. GmbH direkt an die Generalübernehmerin ausgezahlt wurden. Von diesen Beträgen überwies die Mitangeklagte Ne. auf Veranlassung des Angeklagten und einem gemeinsamen Tatplan entsprechend größere Summen aufgrund rechtsgrundloser Stornierungen der Abschlagsrechnungen direkt an die Bauherren-KG’s. Den Angeklagten war dabei bewusst, dass der stornierte Betrag nicht ausgeglichen werden würde und die Stornierung deshalb einen Verzicht auf die Forderung bedeutete. Durch die so veranlassten Stornierungen geriet die A. GmbH selbst zunehmend in Liquiditätsschwierigkeiten und konnte Handwerksleistungen nicht mehr bezahlen; letztlich führten sechs Stornierungen bzw. Rücküberweisungen der Abschlagsbeträge im Zeitraum vom 13. April 2004 bis 23. August 2005 über einen Betrag von insgesamt mehr als 820.000 € (Taten 1 bis 6, UA S. 11) zur Insolvenz der A. GmbH, was die Angeklagten zumindest billigend in Kauf nahmen.
4
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte faktischer Geschäftsführer der A. GmbH war und seine Vermögensbetreuungspflicht ihr gegenüber verletzt habe, indem er die Mitangeklagte Ne. zu den rechtsgrundlosen Stornierungen (Taten 1 bis 6) angewiesen habe. Er habe „im Einverständnis mit dem jeweiligen Gesellschafter die Stellung des Geschäftsführers tatsächlich eingenommen, indem er den wesentlichen Teil der klassischen Kernbereiche der Unternehmung bestimmt habe“; seine tat- sächliche Verfügungsmacht habe sich daraus ergeben, dass die Mitangeklagte Ne. – wie er gewusst habe – seinen Anweisungen stets loyal gefolgt sei (vgl. UA S. 59).
5
2. Die Verurteilung wegen Untreue hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte gegenüber der A. GmbH vermögensbetreuungspflichtig nach § 266 Abs. 1 StGB war.
6
Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann neben Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft auch ein sogenanntes „tatsächliches Treueverhältnis" sein. Ein solches „tat- sächliches Treueverhältnis“ kann dadurch begründet sein, dass der Betreffende die organschaftlichen Aufgaben eines Geschäftsführers übernommen und diese ausgeführt hat (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 40, 42; LK-Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 61, 65). Daneben kann aus einer tatsächlichen Übernahme eines nicht ganz unbedeutenden Pflichtenkreises – ohne dass eine faktische Organstellung vorliegen muss – eine Vermö- gensbetreuungspflicht auch dadurch begründet werden, dass der Betreffende diese Interessen wahrnimmt und der Vermögensinhaber auf die pflichtgemäßeWahrnehmung vertrauen darf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1999 – 3StR 188/99, NStZ 1999, 558). Dass eine der beiden vorgenannten Voraussetzungen hier vorliegt, belegen die Feststellungen indes nicht.
7
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als Geschäftsführer auch derjenige anzuerkennen, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen hat, tatsächlich ausübt und gegenüber dem formellen Geschäftsführer eine überragende Stellung einnimmt oder zumindest das deutliche Übergewicht hat (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juni 1952 – 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 37 f., vom 22. September 1982 – 3 StR 287/82, BGHSt 31, 118, 122, und vom 10. Mai 2000 – 3 StR 101/00, BGHSt 46, 62, 64 f.).
8
Den Urteilsgründen lässt sich zwar entnehmen, dass der Angeklagte tatsächlich einen erheblichen Einfluss gegenüber der bestellten Geschäftsführerin der A. GmbH hatte, die nahezu keine eigenständigen Entscheidungen getroffen hat. Dies reicht aber für sich genommen nicht aus, um eine faktische Organstellung zu begründen. Im vorliegenden Fall fehlten dem Angeklagten nämlich die für eine organschaftliche Stellung typischen Befugnisse. Die Feststellungen ergeben nicht, dass er etwa eine Bankvollmacht hatte, oder im Außenverhältnis Pflichten übernahm, die typischerweise mit der Stellung eines Organs verbunden sind (wie etwa gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Finanzbehörden). Sind dem Betreffenden solche Kompetenzen nicht übertragen, spricht dies indiziell gegen die Annahme einer faktischen Geschäftsführung, weil sie zu den Essentialien einer Organstellung zählen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2005 – II ZR 113/03, ZIP 2005, 1414).
9
Die Urteilsgründe legen nicht dar, dass dem Angeklagten entsprechende auf das Außenverhältnis bezogene Befugnisse jedenfalls faktisch übertragen wurden. Die insoweit pauschale Feststellung, der Angeklagte ha- be „im Einvernehmen mit der Gesellschafter-GmbHvon Anfang an die Stellung des Geschäftsführers“ eingenommen (UA S. 12), wird nicht näher begründet. Die Urteilsgründe ergeben zwar, dass der Angeklagte die Geschäftsführerin der A. GmbH eingestellt hat (UA S. 3, 54) und die Gesellschafterin keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der A. GmbH genommen , sondern die Mitangeklagte Ne. zu Fragen der Geschäftsfüh- rung auf den Angeklagten verwiesen hat (UA S. 52). Die Feststellungen verhalten sich indes nicht dazu, in welchem Verhältnis der Angeklagte zu der Gesellschafterin der A. GmbH stand und aus welchen Gründen und in welchem Umfang ihm eine derartige Machtposition – möglicherweise auch gegenüber der Gesellschafterin – eingeräumt worden sein soll. Dies wäre auch deshalb erörterungsbedürftig gewesen, weil das Landgericht die Anweisungen des Angeklagten zu den rechtgrundlosen Stornierungen als pflichtwidrig gewertet hat, für die kein Einverständnis der Gesellschafterseite bestanden hat (vgl. UA S. 52).
10
Allerdings hat die Rechtsprechung es im Einzelfall auch ausreichen lassen, wenn der faktische Geschäftsführer den förmlich bestellten Geschäftsführer anweisen kann und er durch ihn die Geschäftspolitik des Unternehmens tatsächlich bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember1997 – 4 StR 323/97, StV 1998, 416; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Februar 2002 – IIZR 196/00, BGHZ 150, 61). Beruht die Macht des Dritten allein darauf, dass er sich gegenüber dem formellen Geschäftsführer in den wesentlichen unternehmerischen Fragen durchsetzen kann, bedarf das Verhältnis zur Gesellschafterebene vertiefter Betrachtung. Diesem Erfordernis werden die Urteilsgründe gleichfalls nicht gerecht. Dass ein außenstehender Dritter, der weder Mitgesellschafter noch Angestellter ist, sondern vielmehr auf der Seite des – wenngleich wirtschaftlich einflussreichen – Auftraggebers steht, über seine wirtschaftliche Macht als Auftraggeber hinaus ermächtigt ist, die Geschäfte seines Vertragspartners zu führen und damit auch verpflichtet ist, dessen Vermögensinteressen zu schützen, erklärt sich aufgrund der bloß faktischen Einflussnahme nicht selbst. Vielmehr wird in solchen Fällen der Abhängigkeit des Geschäftspartners die übermächtige Vertragsgegenseite häufig die Geschäftstätigkeit des abhängigen Geschäftspartners bestimmen können. Dies genügt aber nicht für die Annahme einer „faktischen Geschäfts- führung“, auch weil ansonsten der Angeklagte gegenläufigen Vermögens- pflichten, nämlich für den Vertragspartner und das eigene Unternehmen, ausgesetzt wäre. Derjenige, der im Rahmen von schuldrechtlichen Bezie- hungen jedoch eigene Interessen im Wirtschaftsleben verfolgt, kann nicht die Vermögensinteressen der anderen Vertragspartei wahrnehmen. Deshalb sollen grundsätzlich auch nur fremdnützig typisierte Schuldverhältnisse mit Geschäftsbesorgungscharakter Treuepflichten begründen können (vgl. LK-Schünemann, aaO Rn. 75 f.; Fischer, aaO Rn. 38 und vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03; BGHSt 49, 147, 155, und Beschluss vom 2. April 2008 – 5 StR 354/07, BGHSt 52, 182, 186 f.).
11
Um vorliegend bewerten zu können, dass der Angeklagte im „Einver- nehmen“ mit der Gesellschafterin die Geschäfte für die A. GmbH faktisch geführt hat, hätte es einer eingehenden Darlegung der Hintergründe sowie der Art und des Umfanges dieses „Einvernehmens“ bedurft. Maßgeblichist, dass der Angeklagte in die Gesellschafterebene hinein über ein solches Machtpotential verfügt, das ihn in die Lage versetzt, die Unternehmensentscheidungen zu determinieren. Eine solche weitgehende Beherrschung wird regelmäßig gegeben sein, wenn die Gesellschafterin der A. GmbH für ihn handelt. Dies setzt grundsätzlich entweder eine persönliche Abhängigkeit oder aber ein aus anderen Gründen einverständliches Zusammenwirken mit ihr voraus, die es rechtfertigen, die A. GmbH als gleichsam abhängige und unselbständige Strohmannfirma für das Unternehmen des Angeklagten zu sehen. Nur dann kann dem Angeklagten auch eine weitere Vermögensbetreuungspflicht auferlegt werden (vgl. zu den Pflichtenstellungen im faktischen GmbH-Konzern: BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 25). Ob eine entsprechende Abhängigkeit der Gesellschafterin der A. GmbH oder ein Zusammenwirken mit ihr vorlag, bleibt indes unerörtert und kann ohne nähere Kenntnis der Beziehungen des Angeklagten zur Gesellschafterebene der A. GmbH nicht beurteilt werden.
12
b) Unabhängig davon, ob dem Angeklagten aufgrund der Reichweite seiner Einflussnahme tatsächlich eine faktische Organstellung innerhalb der A. GmbH zukam, genügen die bisher getroffenen Feststellungen auch im Übrigen nicht zur Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht. Zwar knüpft der Treubruchtatbestand des § 266 Abs. 1 StGB nicht an die formale Position als Geschäftsführer, sondern an die tatsächliche Verfügungsmacht über ein bestimmtes Vermögen an, wenn damit ein schützenswertes Vertrauen in die pflichtgemäße Wahrnehmung der Vermögensinteressen verbunden ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96 aaO, und vom 14. Juli1999 – 3 StR 188/99, NStZ 1999, 558, Fischer aaO Rn. 33). Feststellungen dazu, ob und inwieweit dem Angeklagten das Vermögen der A. GmbH von Sei- ten ihrer Gesellschafterin unterhalb der Geschäftsführerebene „anvertraut“ worden ist und eine Vermögensbetreuungspflicht besteht, hat das Landgericht indes nicht getroffen. Es kann aus den bereits unter a) angeführten Gründen nicht beurteilt werden, ob dem Angeklagten von Gesellschafterebene faktisch eine weitgehende Betriebsführung eingeräumt worden ist oder ob lediglich in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen seiner wirtschaftlichen Machtstellung als Organ des praktisch einzigen Geschäftspartners jeweils nachgegeben wurde.
13
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer tatgerichtlicher Sachaufklärung und Prüfung. Die Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zum Verhältnis des Angeklagten zur Gesellschafterin der A. GmbH – können bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, soweit sie den aufrechterhaltenen nicht widersprechen.
Raum für den wegen Urlaubs Schneider an der Unterschriftsleistung gehinderten RiBGH Schaal Raum Dölp Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 193/03
vom
11. September 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11. September 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 12. November 2002 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Ver- handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die sie - wie die Revisionsbegründung deutlich macht - trotz des umfassend gestellten Aufhebungsantrages wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3). Das auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Nach den Feststellungen schlug der hochverschuldete Angeklagte der M. K. GmbH & Co KG, dessen Geschäftsführer er gut kannte, die Beteiligung an einem Kunststoffhandelsgeschäft vor. Mit dem einzusetzenden Geld sollten
angeblich sogenannte „Streckengeschäfte“ mit solventen Partnern und sicherer Gewinnaussicht finanziert werden. Den Gewinn veranschlagte der Angeklagte auf 10 %; er sollte zwischen ihm und der M. K. GmbH & Co KG hälftig geteilt werden. Im Vertrauen auf die Angaben des aus seiner früheren Tätigkeit in der Kunststoffbranche als seriöser Geschäftsmann bekannten Angeklagten leistete die M. K. GmbH & Co KG vier Zahlungen über insgesamt 475.000 DM, und zwar jeweils auf Anforderung des Angeklagten Einzelbeträge von 50.000 DM am 14. Februar 2000, 160.000 DM am 21. Februar 2000, 80.000 DM am 1. März 2000 und 185.000 DM am 21. Juni 2000. Tatsächlich schloß der Angeklagte kein Geschäft der bezeichneten Art ab, sondern verwendete entsprechend seinem Tatplan den überwiegenden Teil des Geldes zur Abdeckung von Verbindlichkeiten aus seiner früheren Unternehmertätigkeit. Rückzahlungen an die M. K. GmbH & Co KG leistete er nicht (Fall 1). Noch während die M. K. GmbH & Co KG auf Rückzahlung der eingesetzten Gelder drängte, spiegelte der Angeklagte dem Inhaber einer für ihn tätigen Gebäudereinigungsfirma ebenfalls die Möglichkeit einer kurzfristigen Geldanlage mit einer Verzinsung von 10 % vor. Im Vertrauen auf die Angaben des kompetent und seriös wirkenden Angeklagten stellte dieser am 2. November 2000 einen Betrag von 10.000 DM zur Verfügung. Die Rückzahlung nebst 1.000 DM Gewinn wurde für den 1. Februar 2001 vereinbart. Auch hier investierte der Angeklagte das Geld nicht, sondern verwendete es entsprechend seiner vorgefaßten Absicht zur Deckung seiner laufenden Lebenshaltungskosten (Fall 2).
2. Das Landgericht hat - infolge der wirksamen Beschränkung des Rechtmittels auf den Rechtsfolgenausspruch für den Senat bindend (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 267) - die betrügerische Erlangung der Zahlungen im Fall 1 rechtlich als eine Handlung bewertet und hierfür eine Einzelfreiheitsstrafe von
einem Jahr und sechs Monaten festgesetzt. Im Fall 2 hat es eine Einzelfrei- heitsstrafe von sechs Monaten verhängt. Hierbei hat es jeweils das Vorliegen besonders schwerer Fälle im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 und 2 StGB verneint und ausgeführt, es sei insoweit maßgeblich darauf abzustellen, ob das gesamte Tatbild unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle derart abweiche, daß „die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten“ erscheine. Gewerbsmäßig habe der Angeklagte nicht gehandelt, denn er habe „mit den Taten allein weder seinen Lebensunterhalt verdient“, noch sei er in der planmäßigen Absicht vorgegangen , sich durch die wiederholte Tatbestandsverwirklichung eine laufende Einnahmequelle von einiger Dauer zu verschaffen. Vielmehr seien die Taten „Ausdruck des Wunsches des Angeklagten, sich wieder kurzzeitig Luft vor allzu drängenden Altgläubigern zu verschaffen und durch neue Schulden alte drängende Verbindlichkeiten begleichen zu können“ (UA 17). Auch die Höhe des Schadens rechtfertige nicht die Annahme eines besonders schweren Falles. Insoweit müsse zu Gunsten des Angeklagten insbesondere sein vorbehaltloses Geständnis in der Hauptverhandlung, seine Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung , die Verwendung der Gelder zur Schuldentilgung und namentlich im Fall 1 berücksichtigt werden, daß die „schwer verständliche Leichtgläubigkeit der Anlegerfirma in Verbindung mit einer nicht unerheblichen Geldgier“ die Tat wesentlich erleichtert habe (UA 18). Bei einer Gesamtwürdigung reiche daher zur Ahndung jeweils der Regelstrafrahmen aus.
3. Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Sie lassen bereits besorgen, daß das Landgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die Betrugstaten des Angeklagten als besonders schwere Fälle im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 StGB zu qualifizieren sind, von einem fehlerhaften rechtlichen Ansatz ausgegangen ist. Nach § 263 Abs. 3 StGB in der Fassung des 6. Strafrechtsreformgesetzes wird ein besonders schwerer Fall durch die Verwirklichung eines der in Satz 2 Nrn. 1 bis 5 bezeichneten Regelbeispiele indiziert. Sind die Voraussetzungen eines Regelbeispiels gegeben, so bestimmt sich der „Regelstrafrahmen“ nach dem erhöhten Strafrahmen; einer zusätzlichen Prüfung, ob dessen Anwendung im Vergleich zu den im Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle geboten erscheint, bedarf es hier nicht. Die vom Landgericht in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung betraf - soweit überhaupt einschlägig - die Regelung des § 263 Abs. 3 StGB a.F., die keine Regelbeispiele, sondern einen unbenannten besonders schweren Fall zum Gegenstand hatte und die zudem gegenüber § 263 Abs. 3 StGB in der geltenden Fassung ein höheres Mindeststrafmaß (ein Jahr statt nunmehr sechs Monate Freiheitsstrafe) vorsah.

b) Zwar kann die Indizwirkung des Regelbeispiels durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, daß die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint (vgl. BGH NStZ 1999, 244, 245; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 46 Rdnr. 91 m.w.N.). Das Landgericht hat - was rechtlich nicht zu beanstanden ist - im Fall 1 ersichtlich das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 1. Alt StGB (Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes) als erfüllt angesehen. Die von ihm vorgenommene Gesamtwürdigung ist jedoch - ungeachtet des aufgezeigten verfehlten Ansatzes - ebenfalls nicht frei von rechtlichen Mängeln.

Sie ist einerseits in einem wesentlichen Punkt lückenhaft. Das Landgericht hat nämlich - wie die Revision zu Recht rügt - bei der Abwägung, ob ein besonders schwerer Fall vorliegt, nicht erkennbar berücksichtigt, daß der Angeklagte schon 1997 und 1998 wegen einschlägiger Straftaten zu Bewährungsstrafen verurteilt worden war und damit die hier abgeurteilten Taten jeweils unter laufender Bewährung, die Tat zu Fall 1 sogar unter laufender Bewährung aus beiden Vorverurteilungen, begangen hat. Diese Umstände hätten hier schon deshalb besonderer Erörterung bedurft, da der Angeklagte seinen eigenen Angaben zufolge bereits die den genannten Vorverurteilungen zugrundeliegenden Betrugstaten „in dem Bemühen (beging), Altschulden zu stopfen“ (UA 8).
Des weiteren ist der vom Landgericht herangezogene strafmildernde Umstand, die Tatbegehung sei - namentlich im Fall 1 - durch die „schwer verständliche“ Leichtgläubigkeit und „nicht unerhebliche Geldgier“ der Geschädigten erleichtert worden, nicht ohne weiteres mit den getroffenen Feststellungen in Einklang zu bringen. Danach verfügte der Angeklagte als langjähriger Marketingleiter eines namhaften Unternehmens der Kunststoffbranche „über vielfältige Kontakte als seriöser Geschäftsmann“, beschloß diese für seine Zwecke auszunutzen und vertraute darauf, von den Kunden, die ihn seit langem kannten, auf diesem Gebiet „als kompetent und seriös akzeptiert zu werden“ (UA 8/9). Die den Anlegern zugesagten Gewinnmargen lagen zudem gegenüber vergleichbaren Fällen eher im unteren Bereich.

c) Das Urteil kann schließlich im Rechtsfolgenausspruch auch deshalb keinen Bestand haben, weil die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte
habe bei den ausgeurteilten Taten jeweils nicht gewerbsmäßig gehandelt, rechtlicher Überprüfung nicht standhält. Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Liegt ein derartiges Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefaßten Tathandlungen als gewerbsmäßig anzusehen (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ 1995, 85 sowie Tröndle/Fischer aaO vor § 52 Rdn. 37 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist weder erforderlich, daß der Täter beabsichtigt , seinen Lebensunterhalt „allein“ oder auch nur überwiegend durch die Begehung von Straftaten zu bestreiten (vgl. Tröndle/Fischer aaO), noch steht der Annahme der Gewerbsmäßigkeit entgegen, daß er in dem Bestreben handelt , mit dem erlangten Geld alte Verbindlichkeiten abzutragen (vgl. BGH NJW 1998, 2913, 2914 sowie hierzu auch BGH, Urteil vom 25. Juni 2003 - 1 StR 469/02). Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt es daher nahe, daß der Angeklagte jedenfalls im Fall 1 gewerbsmäßig handelte, zumal er - wie das Landgericht an anderer Stelle ausgeführt hat - von vorneherein beabsichtigte, den als zahlungsbereit eingeschätzten Geschäftsführer der Geschädigten als „Finanzierungsquelle“ einzusetzen, um von ihm soviel Geld zu erhalten, wie jeweils zur Schuldentilgung notwendig war (UA 15/16). Aufgrund des gegebenen zeitlichen Zusammenhanges kann der Senat nicht ausschließen, daß der Angeklagte auch im Fall 2 in Fortsetzung des einmal gefaßten Entschlusses, sich durch die Begehung von Betrugsstraftaten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, gehandelt hat.
Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung der erneuten Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible
5 StR 543/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat bemerkt ergänzend zum Schuldspruch:
3
Der Angeklagte hat sich dadurch am fremdnützigen Betrug zugunsten der Firma T. GmbH beteiligt, dass er als Vorstand der T. AG in 18 Einzelfällen den betroffenen Arbeitnehmern dieser Gesellschaft die Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages nahelegte und zugleich mit der T. GmbH einen Subunternehmervertrag abschloss, mit dem sich die T. GmbH zur Fortführung der Leitschienendemontage verpflichtete und zu dessen Erfüllung dieses Unternehmen das von der T. AG übernommene Personal einsetzte. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist der mit dem gesondert verfolgten A. , dem faktischen Geschäftsführer der T. GmbH, verabredete Tatplan zu entnehmen, wonach es von vornherein feststand, dass die T. AG nach Verrechnung mit vorgeschobenen Gegenansprüchen die Werklohnforderungen der Subunternehmerin T. GmbH nicht würde bezahlen können und folglich die T. GmbH, die, wie beabsichtigt, im Dezember 2004 insolvent wurde, die Arbeitslöhne nicht würde bezahlen können. Angesichts des nicht unerheblichen Tatbeitrags des Angeklagten und seines Interesses am Taterfolg, das darin bestand, die Arbeitsverhältnisse mit den Angestellten der T. AG ohne Rechtsstreitigkeiten bei gleichzeitiger Fortführung des Werkvertrags mit der Hauptauftraggeberin zu beenden, ist der Schluss des Landgerichts auf mittäterschaftliches Handeln des Angeklagten und nicht lediglich auf Beihilfe revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
4
2. Indes wird die Annahme von Gewerbsmäßigkeit durch die Feststellungen nicht belegt. Es ist daher rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht die Einzelstrafen nach dem für besonders schwere Fälle des Betrugs vorgesehenen Strafrahmen (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) bestimmt hat.
5
a) Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (st. Rspr.; BGHR StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Gewerbsmäßig 1 m.w.N.). Gewerbsmäßigkeit setzt daher stets – im Unterschied zu den Voraussetzungen des Betrugstatbestandes – eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Betrügerisch erlangte Betriebseinnahmen für den Arbeitgeber reichen daher nur dann aus, wenn diese dem Täter mittelbar – etwa über das Gehalt oder Beteiligung an Betriebsgewinnen – zufließen sollen (BGH NStZ 1998, 622, 623; Stree/Stern- berg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. 2006 Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 95). Liegt die Eigennützigkeitsabsicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt (BGHR aaO). Wenn der Täter nur ein einziges, wenngleich für ihn auskömmliches Betrugsgeschäft plant, fehlt es an der Absicht wiederholter Tatbegehung. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit wird daher nicht schon dann verwirklicht , wenn die vereinbarte Vergütung für ein einziges Geschäft in Teilbeträgen gezahlt werden soll (BGH, Urteil vom 4. April 1989 – 1 StR 87/89).
6
b) Die vom Landgericht zugrunde gelegten Vorteile entsprechen den genannten Voraussetzungen nicht. Das Landgericht hat bereits dazu keine Feststellungen getroffen, ob der Angeklagte aus den Betrugstaten Einnahmen oder vergleichbare geldwerte Vorteile für sich erzielen wollte:
7
Soweit das Landgericht den wirtschaftlichen Nutzen für den Mittäter A. darin gesehen hat, dass dieser von den Auftraggeberfirmen 8 Euro pro Arbeitnehmerstunde „schwarz“ erhalten sollte, hat es sich nicht von der Beteiligung des Angeklagten an diesen Taterlösen überzeugt (vgl. insbesondere UA S. 23).
8
Sofern das Landgericht einen wirtschaftlichen Vorteil für den Angeklagten deswegen angenommen hat, weil die T. AG den Auftrag von der W. H. V. GmbH über die Subunternehmerfirma weiterführen konnte, ohne als Arbeitgeberin Arbeitslohn zu schulden, sich ohne arbeitsgerichtliche Streitigkeiten von den betroffenen Arbeitnehmern lösen konnte und damit – unter Berücksichtigung der geplanten Verrechnung mit erfundenen Gegenforderungen – die Aussicht auf eine erhebliche Gewinnspanne aus dem Werkvertrag mit der Auftraggeberfirma hatte, genügt dies nicht zur Annahme von Gewerbsmäßigkeit. Denn dies sind Vorteile für die T. AG. Feststellungen dazu, ob die beabsichtigten Gewinne mittelbar dem Angeklagten zugute kommen sollten, insbesondere ob dieser neben einem Festgehalt als Vorstand an den Betriebsgewinnen der AG beteiligt werden sollte, enthält das Urteil nicht. Den Feststellungen ist auch in ihrer Gesamtheit nicht zu entnehmen, dass die T. GmbH überhaupt keine legale Tätigkeit entfaltete und ihre Einnahmen nur aus der rechtswidrigen Vergabe von Subunternehmeraufträgen auf Kosten von deren Arbeitnehmern erzielen sollte.
9
Darüber hinaus ist mangels Feststellungen zu dem Abrechnungsverhältnis zwischen der Auftraggeberin und der T. AG nicht auszuschließen , dass es dem Angeklagten im Tatzeitraum September 2004 bis Dezember 2004 nur um die Abwicklung eines zuvor bereits begonnenen Geschäfts ging. Dann würde es auch an der erforderlichen Wiederholungsabsicht fehlen, zumal das Landgericht in der Beweiswürdigung ausführt, dass es sich bei der Übertragung der Arbeitsverträge auf die Subunternehmerin nur um die Ausnutzung einer sich „kurzfristig bietende[n] Möglichkeit“ (UA S. 28) handelte.
10
c) Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen dazu, ob an den Angeklagten Gelder geflossen sind, möglich sind. Er hebt daher die Feststellungen, die den Strafausspruch betreffen, insgesamt auf, um umfassende neue Feststellungen zu § 263 Abs. 3 StGB zu ermöglichen.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger