Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2012 - 3 StR 317/12

published on 02/10/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2012 - 3 StR 317/12
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 317/12
vom
2. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 2. Oktober 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 28. März 2012 im Ausspruch über die Gesamtstrafe betreffend den Beschwerdeführer aufgehoben. Die Gesamtstrafe entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung unter Einbeziehung von fünf Einzelstrafen aus dem Urteil der Auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 8. Dezember 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Die Überprüfung des Schuldspruchs sowie des Ausspruchs über die Einzelstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten für die verfahrensgegen- ständliche Tat hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
3
2. Die Gesamtstrafe kann nicht bestehen bleiben, obwohl das Landgericht bei deren Bildung rechtsfehlerfrei entschieden hat. Hierzu im Einzelnen:
4
a) Nach der hier abgeurteilten, am 29. Mai 2011 begangenen Raubtat war der Angeklagte durch Urteil der Auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 8. Dezember 2011 wegen fünf anderer Raubtaten zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren und drei Monaten (gebildet aus fünf Einzelstrafen von drei Jahren, vier Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, drei Jahren und drei Monaten sowie zwei Jahren und drei Monaten ), verurteilt worden. Diese Entscheidung war durch Rücknahme der Revision des Angeklagten am 26. März 2012 rechtskräftig geworden.
5
Das Landgericht hat daraufhin am 28. März 2012 aus den fünf Einzelstrafen dieses Urteils und der Einzelstrafe für die hier verfahrensgegenständliche Tat gemäß § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet. Das war zu diesem Zeitpunkt rechtsfehlerfrei. Indessen hat der Senat danach mit Beschluss vom 19. Juni 2012 - 3 StR 124/12 - auf die Revisionen der Tatgenossen des Angeklagten das Urteil der Auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 8. Dezember 2011 im Schuldspruch dahin geändert, dass die Beschwerdeführer sowie (§ 357 Satz 1 StPO) der Angeklagte wegen des den Verurteilungen in den Fällen 4 und 5 zugrundeliegende Geschehens nur einer Tat im Rechtssinn, nämlich des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit versuchtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln , schuldig sind. Er hat deshalb auch die gegen den Angeklagten für diese Fälle verhängten Einzelstrafen von drei Jahren und drei Monaten so- wie zwei Jahren und drei Monaten sowie die Gesamtstrafe aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
6
b) Die hiesige Gesamtstrafe muss aufgehoben werden, weil zwei zu ihrer Bildung herangezogene Einzelstrafen weggefallen sind. Sie könnte auch nicht nach einer Beruhensprüfung aufrechterhalten werden, wie dies dem Revisionsgericht beim Wegfall einer von mehreren Einzelstrafen im Prinzip möglich ist. Dabei kann dahinstehen, ob angesichts der Summe der verbleibenden Einzelstrafen ausgeschlossen werden könnte, dass das Landgericht auch ohne Berücksichtigung der beiden genannten Einzelstrafen auf keine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Denn der Aufrechterhaltung der hier gebildeten Gesamtstrafe steht bereits die für den Angeklagten bestehende Gefahr einer Doppelbestrafung entgegen, weil aus den drei rechtskräftigen Einzelstrafen (von drei Jahren, vier Jahren sowie einem Jahr und sechs Monaten) derzeit in dem anderen Verfahren vor dem Landgericht erneut eine Gesamtstrafe gebildet werden soll.
7
c) Die vom Generalbundesanwalt beantragte Aufhebung der Gesamtstrafe mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist, kommt nicht in Betracht. Das Beschlussverfahren setzt voraus, dass zur Bildung einer Gesamtstrafe rechtskräftige Einzelstrafen zur Verfügung stehen. Daran fehlt es vorliegend, da nicht ersichtlich ist, dass in dem anderen Verfahren inzwischen eine neue, an die Stelle der beiden aufgehobenen Strafen tretende Einzelstrafe gebildet und diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist.
8
Es reicht vielmehr die Aufhebung der Gesamtstrafe. Die hier erkannte Einzelstrafe ist mit diesem Beschluss des Senats rechtskräftig geworden. Sollte inzwischen in dem anderen Verfahren eine neue Einzelstrafe gefunden und aus ihr und den drei rechtskräftigen Einzelstrafen eine neue Gesamtstrafe rechtskräftig gebildet worden sein, muss im Beschlussweg eine nachträgliche Gesamtstrafe festgesetzt werden. Anderenfalls kann in dem anderen Verfahren bei der neuerlichen Entscheidung die hier erkannte Einzelstrafe in die zu bildende Gesamtstrafe einbezogen werden. Becker Pfister Schäfer RiBGH Mayer ist urlaubs- Gericke bedingt gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Becker
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 19/06/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 124/12 vom 19. Juni 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Raubes u.a. hier: Revisionen der Angeklagten A. und P. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer u
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.