Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19

bei uns veröffentlicht am18.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 337/19
vom
18. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:180919B3STR337.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 18. September 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 6. März 2019 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte ausschließlich gegen den Maßregelausspruch. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die vom Angeklagten erklärte Rechtsmittelbeschränkung erweist sich allerdings als unwirksam, so dass das freisprechende Erkenntnis ebenfalls aufzuheben ist.

I.


2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen war der Angeklagte , der im Jahr 2014 von Nordafrika nach Europa flüchtete, einige Zeit zuvor auf einer libyschen Farm als Landarbeiter tätig gewesen. Diese war im Jahr 2013 von bewaffneten Männern überfallen worden. Die Angreifer hatten den Angeklagten gequält, ihm jeweils einen Messerstich in die Hüfte sowie in das Gesäß versetzt und ihn später in Fesseln blutend zurückgelassen. Seit diesem Überfall leidet der Angeklagte an einer posttraumatischen Belastungsstörung; es entwickelte sich in der Folgezeit eine depressive Symptomatik.
3
Am frühen Morgen des 29. Juli 2018 befand sich der alkoholisierte Angeklagte mit Freunden auf dem Nachhauseweg aus der Lüneburger Innenstadt. Zwischen zwei seiner Freunde, A. und Al. , sowie einer Passantin und ihrem Lebensgefährten, M. , kam es zu einer zunächst verbalen, dann körperlichen Auseinandersetzung. In deren Verlauf versetzte M. dem A. einen kräftigen Faustschlag in das Gesicht, so dass dieser rücklings zu Boden ging und reglos liegen blieb; anschließend schlug M. noch zwei weitere Male mit der Faust auf A. ein. Beim Angeklagten, der zunächst noch versucht hatte zu schlichten, führte dieser Anblick "zu einer abrupten Reaktivierung der bei ... dem Überfall in Libyen ... erlebten Todesängste im Sinne einer Retraumatisierung". Infolgedessen geriet er in den Zustand eines hochgradigen Affekts, der "ihn nur noch nach archaischen Handlungsmustern reagieren ließ".
4
Von einem wenige Meter entfernten Steinhaufen holte der Angeklagte einen etwa drei Kilogramm schweren Ziegelstein. Er warf diesen Stein, nachdem Al. den M. zu Boden gebracht hatte, mit natürlichemTötungsvorsatz zweimal wuchtig aus kurzer Distanz in Richtung dessen Kopfes. Während der erste Wurf sein Ziel nur streifte, traf der zweite das mit dem Hinterkopf auf einem Kiesbett liegende Opfer frontal im Gesichtsbereich. Kurz darauf warf der Angeklagte eine Hälfte des zwischenzeitlich entzweigebrochenen Steins mit natürlichem Körperverletzungsvorsatz in Richtung des Kopfes des ungefähr zwei Meter entfernt stehenden, gerade in einer Diskussion befindlichen Freundes des M. , des Nebenklägers, der die Kraft des Aufpralls noch mindern konnte, indem er zum Schutz eine Hand nach oben riss.
5
M. erlitt ein Schädelhirntrauma und Gesichtsschädelfrakturen, während der Nebenkläger eine Platzwunde am Kopf und eine Risswunde am Finger davontrug.
6
2. Das - sachverständig beratene - Schwurgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil es sich nicht hat überzeugen können, dass er die Taten, die es als versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 212 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2, 5, §§ 22, 23 Abs. 1, § 52 StGB) und als gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) beurteilt hat, schuldhaft beging. Bei Tatbegehung sei seine Steuerungsfähigkeit infolge der in dem hochgradigen Affekt begründeten tiefgreifenden Bewusstseinsstörung - nicht ausschließbar - gemäß § 20 StGB aufgehoben gewesen.
7
Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB hat das Schwurgericht im Wesentlichen wie folgt begründet : Der Angeklagte habe die rechtswidrigen Taten mit natürlichem Vorsatz im - sicher feststehenden - Zustand zumindest erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB begangen. Denn der hochgradige Affekt habe die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten mindestens in starkem Maß beeinträchtigt. Dieser "Gefühlssturm" sei auf die bislang unbehandelte posttraumatische Belas- tungsstörung zurückzuführen, die eine dauerhafte psychische Störung darstelle. In Situationen, die der Angeklagte als existenzbedrohend für sich oder andere ansehe, sei die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Retraumatisierung mit der Folge eines weiteren massiven Gewaltausbruchs im Zustand zumindest erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit infolge seiner "psychischen Vulnerabilität" sehr hoch. Da solche Situationen "im Alltag immer wieder möglich" seien, sei er für die Allgemeinheit gefährlich.

II.


8
Sowohl der Maßregelausspruch als auch der Freispruch haben keinen Bestand.
9
1. Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 Satz 1 StGB) unterliegt der Aufhebung, weil sie sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht standhält. Das Landgericht hat beim Angeklagten nicht den - rechtlich notwendigen - länger dauernden Zustand festgestellt, der ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB erfüllt. Im Einzelnen:
10
a) Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB setzt voraus, dass beim Betroffenen ein länger dauernder Zustand vorliegt, in dem seine geistige oder seelische Gesundheit beeinträchtigt ist. Ein vorübergehender Defekt genügt nicht (s. BGH, Urteil vom 29. September 2015 - 1 StR 287/15, NJW 2016, 341 Rn. 11 mwN).
11
Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) anhaltend im Sinne einer ununterbrochenen Befindlichkeit vorliegt (s. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 2 StR 426/07, NStZ-RR 2008, 141, 142; vom 21. November 2012 - 4 StR 257/12, juris Rn. 7). Das ergibt sich schon daraus, dass es für die Frage der aufgehobenen oder verminderten Schuldfähigkeit stets auf den Einfluss des psychischen Defekts auf die Handlungsmöglichkeiten des Täters in der konkreten Tatsituation ankommt (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. September 2017 - 3 StR 362/17, juris Rn. 11 mwN). Im Fall einer Persönlichkeitsstörung, die als "schwere andere seelische Abartigkeit" zu bewerten ist, reicht es vielmehr aus, dass sie auf längere Dauer besteht und ihre Aktualisierung, welche die Schuldfähigkeit erheblich einschränkt, schon durch alltägliche Ereignisse bewirkt wird (s. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 2 StR 426/07, aaO, S. 141 f.; vom 14. Januar 2009 - 2 StR 565/08, NStZ-RR 2009, 136). Jedoch fehlt es an einer Anordnungsvoraussetzung des § 63 StGB, wenn - nicht krankhafte - psychische Auffälligkeiten die Voraussetzungen einer "schweren anderen seelischen Abartigkeit" nicht erreichen, sondern lediglich in bestimmten Konfliktsituationen bei besonderer psychischer Belastung erfüllen und die Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit bewirken (s. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2005 - 5 StR 230/05, NStZ 2006, 154, 155; ferner BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 257/12, juris Rn. 7; MüKoStGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 63 Rn. 31; Schönke/ Schröder/Kinzig, StGB, 30. Aufl., § 63 Rn. 14; zum Zusammenwirken mit Alkohol vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2014 - 2 StR 602/13, juris Rn. 5; Urteil vom 29. September 2015 - 1 StR 287/15, NJW 2016, 341 Rn. 11).
12
b) Nach diesen Maßstäben hätte das Landgericht die Maßregel des § 63 StGB nur anordnen dürfen, wenn es einen länger dauernden psychischen Defekt festgestellt hätte, der ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB verwirklicht. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kommt zwar in Betracht, dass eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung im Zusammenwirken mit an- deren Faktoren, etwa einer schweren Depression, zu einer massiven Persönlichkeitsveränderung führt, welche die gesamte Lebensführung des Betroffenen nachhaltig beeinträchtigt, und somit als "schwere andere seelische Abartigkeit" zu bewerten ist (s. BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - 5 StR 387/07, bei Pfister NStZ-RR 2008, 167; ferner BeckOK StGB/Eschelbach, § 20 Rn. 50.2). Das Urteil verhält sich hierzu indes nicht. Vielmehr hat das Landgericht allein den vorübergehenden hochgradigen Affekt, in dem sich der Angeklagte bei Begehung der Taten befand, einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB - nämlich der tiefgreifenden Bewusstseinsstörung - zugeordnet.
13
c) Es kann daher dahinstehen, ob das Landgericht ohne Erörterungsmangel eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dergestalt angenommen hat, dass künftig ein alltägliches Ereignis eine erneute Retraumatisierung des Angeklagten bewirkt, die einen weiteren massiven Gewaltausbruch im Zustand zumindest erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zur Folge hat. Dagegen könnte sprechen, dass nach den Urteilsfeststellungen das den Taten vorgelagerte Geschehen (Faustschläge gegen den reglos auf dem Boden liegenden und vom Angeklagten für tot gehaltenen Freund) für sich gesehen außergewöhnlich erscheint; zudem war der Angeklagte zunächst um Deeskalation bemüht.
14
2. Infolge der Aufhebung des Maßregelausspruchs kann auch der Freispruch nicht bestehen bleiben.
15
a) Das Schlechterstellungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO steht der Aufhebung des Freispruchs nicht entgegen. Denn durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327 ff.) wurde der frühere Rechtszustand dahin geändert, dass es gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nunmehr möglich ist, in einer neuen Hauptverhandlung anstelle der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus den Täter schuldig zu sprechen und eine Strafe zu verhängen. Daraus folgt, dass auf die Revision des Angeklagten ein mit der Maßregelanordnung ergangenes freisprechendes Erkenntnis ebenfalls aufgehoben werden kann.
16
Die Aufhebung (auch) des Freispruchs entspricht hier dem Ziel des Gesetzgebers , durch die Neuregelung zu vermeiden, dass nach einer erfolgreichen Revision des Angeklagten gegen die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB die Taten ohne strafrechtliche Sanktion bleiben, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung herausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Taten schuldfähig war.
17
b) Die Beschränkung der Revision des Angeklagten auf den Maßregelausspruch ist - jedenfalls deshalb - unwirksam, weil zwischen den Feststellungen und Bewertungen zur nicht ausschließbaren Schuldunfähigkeit bei Begehung der Taten nach § 20 StGB und denjenigen zum länger dauernden Zustand im Sinne des § 63 StGB ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Die Wirksamkeit einer vom Angeklagten erklärten isolierten Anfechtung der Maßregelanordnung lässt sich - gemäß den obigen Ausführungen - nicht (mehr) mit der Erwägung rechtfertigen, dass aufgrund des Verbots der Schlechterstellung unabhängig von der Bewertung der Schuldfrage in jedem Fall wieder auf Freispruch erkannt werden müsste (s. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2013 - 2 StR 29/13, NStZ-RR 2014, 54; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 52a).
18
Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen gründet sich der untrennbare Zusammenhang zwischen der posttraumatischen Belastungsstörung als länger dauerndem Zustand und dem die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigenden vorübergehenden hochgradigen Affekt auf zweierlei: Zum einen hatte die massive affektive Erregung ihre Ursache gerade in jener bereits seit dem Jahr 2013 fortbestehenden psychischen Störung. Zum anderen lässt sich deren Schwere nicht unabhängig von den - bereits eingetretenen - Auswirkungen beurteilen.
19
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist der vorliegende Fall anders zu beurteilen als derjenige, der dem Urteil des 4. Strafsenats vom 28. März 2019 in der Sache 4 StR 530/18 zugrunde lag. Dort hatte die Staatsanwaltschaft den Freispruch des Angeklagten unbeanstandet gelassen und sich gegen die Nichtanordnung seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gewandt, indem sie allein die Fehlerhaftigkeit der Prognoseentscheidung gerügt hatte; das dortige Erstgericht hatte nämlich die Gefährlichkeit des Angeklagten verneint (s. juris, Rn. 8, 10).
20
c) Nach alledem wird es im vorliegenden Verfahren nicht darauf ankommen , ob die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nach ihrem Wortlaut und dem gesetzgeberischen Willen gegebenenfalls auch dann anwendbar sein könnte, wenn ein Freispruch in Rechtskraft erwachsen ist, und insoweit deren Durchbrechung rechtfertigen könnte.
21
3. Der Senat hat die gesamten Feststellungen aufgehoben (s. § 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht stimmige Entscheidungen zu den Taten und den hieran anknüpfenden Rechtsfolgen zu ermöglichen.

III.


22
Infolgedessen bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung, wobei es sich empfehlen könnte, einen anderen Sachverständigen hinzuzuziehen (§ 246a Abs. 1, 3 StPO).
23
Sollte das nunmehr zur Entscheidung berufene Schwurgericht wiederum zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte eine rechtswidrige Tat des versuchten Totschlags beging, und daran eine ihn belastende Rechtsfolge knüpfen wollen, wird es Gelegenheit haben, sich mit einem etwaigen Rücktritt (§ 24 Abs. 1 StGB) zu befassen.
Gericke Spaniol Berg
Anstötz Erbguth

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19 zitiert 16 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Strafprozeßordnung - StPO | § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung


(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Ange

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2013 - 2 StR 29/13

bei uns veröffentlicht am 21.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 29/13 vom 21. Mai 2013 in der Strafsache gegen wegen Mordes Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. Mai 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO bes

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2008 - 5 StR 387/07

bei uns veröffentlicht am 09.01.2008

5 StR 387/07 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 9. Januar 2008 in der Strafsache gegen wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der S

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Apr. 2014 - 2 StR 602/13

bei uns veröffentlicht am 01.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 S t R 6 0 2 / 1 3 vom 1. April 2014 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Apri

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2012 - 4 StR 257/12

bei uns veröffentlicht am 21.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 257/12 vom 21. November 2012 in der Strafsache gegen wegen schwerer Brandstiftung Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. November 2012

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2005 - 5 StR 230/05

bei uns veröffentlicht am 26.07.2005

5 StR 230/05 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 26. Juli 2005 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2005 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2009 - 2 StR 565/08

bei uns veröffentlicht am 14.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 565/08 vom 14. Januar 2009 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u. a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts am 14. Januar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StP

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2017 - 3 StR 362/17

bei uns veröffentlicht am 05.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 362/17 vom 5. September 2017 in dem Sicherungsverfahren gegen ECLI:DE:BGH:2017:050917B3STR362.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2015 - 1 StR 287/15

bei uns veröffentlicht am 29.09.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 S t R 2 8 7 / 1 5 vom 29. September 2015 in dem Sicherungsverfahren gegen Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. September 2015, an der teilgenommen haben: Richter am Bund
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2019 - 3 StR 337/19.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2020 - 3 StR 332/19

bei uns veröffentlicht am 23.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 332/19 vom 23. Januar 2020 in der Strafsache gegen wegen Totschlags ECLI:DE:BGH:2020:230120U3STR332.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Januar 2020, an der

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

11
a) Das sachverständig beratene Landgericht hat festgestellt, dass die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten bei den am 3. Juni 2014 begangenen Taten in Folge einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit dissozialen Zügen sowie eines leicht- bis mittelgradigen Rauschzustands mit kognitiven Funktionseinbußen wie Stimmungslabilität und deutlichen Aufmerksamkeitsstörungen sicher erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB und nicht ausschließbar sogar aufgehoben im Sinne des § 20 StGB war. Hierbei teilt das landgerichtliche Urteil jedoch nicht mit (wie aber erforderlich, vgl. u.a. BGH, Be- schluss vom 21. Juli 2015 - 2 StR 163/15), welches Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB vorliegend erfüllt ist und ob es sich dabei nur um eine vorübergehende Störung oder einen länger andauernden Defektzustand gehandelt hat. Dabei muss vom Tatgericht im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte , einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 18.November 2013 - 1 StR 594/13, NStZ-RR 2014, 75, 76 mwN). Dies kann schon deshalb nicht offen bleiben, weil die im Rahmen des § 63 StGB zu erstellende Gefährlichkeitsprognose maßgeblich an den Zustand des Betroffenen anknüpft (BGH, Beschluss vom 18. November 2013 - 1 StR 594/13, NStZ-RR 2014, 75, 77) und eine Unterbringung nach § 63 StGB nur in Betracht kommt, wenn eine länger andauernde Beeinträchtigung der geistigen oder seelischen Gesundheit vorliegt. Vorübergehende Defekte genügen nicht (BGH, Urteil vom 10. August 2005 - 2 StR 209/05, NStZ-RR 2005, 370, 371; van Gemmeren in MüKoStGB, 2. Aufl., § 63 Rn. 31; Schöch in Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 63 Rn. 8). Auch bei Zusammenwirken von Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum kann eine Unterbringung nach § 63 StGB angebracht sein, wenn der Beschuldigte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistig-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 1. April 2014 - 2 StR 602/13, NStZ-RR 2014, 207). Die Ausführungen des Landgerichts hierzu ermöglichen jedoch keine abschließende Beurteilung, ob ein solcher Fall hier gegeben ist.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

7
2. Das Landgericht hat nicht ausreichend dargelegt, dass die schwere Anpassungsstörung in Verbindung mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung bei dem Angeklagten einen dauerhaften Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begründet. Die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit beruhte auf dem Zusammentreffen der schweren Anpassungsstörung und der narzisstischen Persönlichkeitsstörung mit der seelischen Zermürbung des Angeklagten durch die Trennung und der schweren Enttäuschung, weil er die Zeugin K. nicht angetroffen hatte. Zwarbedeutet ein länger dauernder Zustand nicht eine ununterbrochene Befindlichkeit. Entscheidend und für die Maßregelanordnung ausreichend ist, dass der länger dauernde Zustand derart beschaffen ist, dass bereits alltägliche Ereignisse die akute erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 – 2 StR 483/98, BGHSt 44, 369, 375 f.; Urteil vom 10. August 2005 – 2 StR 209/05, NStZ-RR 2005, 370, 371). Hingegen begründet eine auf eine Persönlichkeitsstörung zurückzuführende Disposition, in bestimmten Belastungssituationen wegen mangelnder Fähigkeit zur Impulskontrolle in den Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zu geraten, noch keinen dauernden Zustand im Sinne des § 63 StGB (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2008 – 4 StR 595/07 mwN).
11
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei Begehung der Anlasstat auf Grund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Dies macht eine konkrete Darlegung erforderlich, in welcher Weise sich die festgestellte Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB auf den Täter und seine Handlungsmöglichkeiten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts - und Steuerungsfähigkeit auswirkte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2016 - 3 StR 521/15, NStZ-RR 2016, 135; vom 2. August 2016 - 2 StR 574/15, juris Rn. 6; vom 4. August 2016 - 4 StR 230/16, juris Rn. 13; vom 13. Oktober 2016 - 3 StR 351/16, juris Rn. 5).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 565/08
vom
14. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
am 14. Januar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. September 2008 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt; von der Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB hat es abgesehen. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur überwiegenden Aufhebung des Urteils.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der 1952 im Iran geborene Angeklagte, der als Selbständiger eine kleine Werkstatt für Teppichreparaturen betreibt, seit 1993 an einer Epilepsie. In Folge der auf dieser Erkrankung beruhenden zahlreichen schweren Krampfanfälle ist es bei ihm zu einer hirnorganisch bedingten Wesensveränderung gekommen, die medikamentös nicht behandelbar ist. Sie führt dazu, dass der ansonsten ruhige und friedliche Angeklagte plötzlich und ohne sinnvollen Grund in heftige, unkontrollierte Wutausbrüche mit starken körperlichen Erregungszeichen und gewalttätigen Ausbrüchen verfallen kann.
3
Am Tattag hielt sich der Angeklagte zur Reparatur eines größeren Teppichs im Haus der Geschädigten auf, in dem außer ihm nur diese anwesend war. Im Zusammenhang mit einem möglichen Defekt des von dem Angeklagten bei der Reparatur verwendeten, von ihm mitgebrachten Bügeleisens wies die Geschädigte den Angeklagten darauf hin, dass an der Stromzuleitung teilweise die Isolierung fehle; sie warnte ihn vor einem möglichen Stromschlag. Der Angeklagte , der in ganz besonderer Weise auf die Qualität seiner Arbeit und die Zufriedenheit seiner Kunden bedacht ist, missverstand diesen besorgten Hinweis als Kritik an seiner Arbeit. Infolge seiner hirnorganischen Erkrankung geriet er in einen Zustand großer Erregung und unkontrollierter Wut und entschloss sich, die Geschädigte zu töten. Zur Umsetzung dieses Vorhabens schlug er ihr überraschend und ohne vorherige Ankündigung einen 200 Gramm schweren Hammer wuchtig auf den Kopf und versetzte ihr weitere 32 wuchtige Hammerschläge auf den Kopf. Die Geschädigte stürzte zu Boden, schrie und versuchte sich zu wehren, flehte den Angeklagten an aufzuhören und versuchte , kriechend die Haustür zu erreichen, während der Angeklagte weiter auf sie einschlug. Dies beobachtete ein Briefträger, der auf die Schreie der Nebenklägerin aufmerksam geworden war, durch den an der Haustür befindlichen Briefeinwurfschlitz ; seine Aufforderungen aufzuhören beachtete der Angeklagte nicht. Als es der Nebenklägerin gelang, die Tür zu öffnen, ließ der Angeklagte von ihr ab, war schlagartig ruhig und apathisch und forderte den Briefträger mehrfach auf, die Polizei zu rufen.
4
Während des Tatgeschehens wirkte der Angeklagte völlig außer sich. Nach den Beschreibungen der Zeugen war sein Gesicht verzerrt; sein Blick war starr; er wirkte "wie ferngesteuert" (UA S. 16). Nach den auf die Bekundungen eines Sachverständigen gestützten Feststellungen des Landgerichts lag ein krankheitsbedingter "massiver Erregungszustand" vor; der Angeklagte war "außer sich" (UA S. 5) und in "unkalkuliertem Zorn" und "überbordender", "blinder Wut" (UA S. 15 f.); unmittelbar nach der Tat war er "völlig regungslos und apathisch" (UA S. 6).
5
2. Das Landgericht hat angenommen, die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten sei zu keinem Zeitpunkt des Tatgeschehens beeinträchtigt gewesen; dies zeige sich schon daran, dass er unmittelbar nach der Tat den Zeugen H. mehrfach aufforderte, die Polizei zu rufen. Seine Steuerungsfähigkeit sei dagegen erheblich vermindert, aber nicht aufgehoben gewesen.
6
Diese Feststellung ist in dem angefochtenen Urteil nicht hinreichend begründet. Zu der Frage, warum auf der von ihm festgestellten, von dem Sachverständigen erläuterten Tatsachengrundlage eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht vorlag, enthalten die Urteilsgründe keine Ausführungen.
7
Dies verstand sich vorliegend aber ersichtlich nicht von selbst; vielmehr legt die Schilderung sowohl der Grunderkrankung mit einer Disposition zu "unkontrollierten" , abrupten Zornausbrüchen als auch des Tatablaufs und des Erscheinungsbilds des Angeklagten bei und nach der Tat durchaus die Möglichkeit der Steuerungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat nahe. Der Tatrichter musste sich mit dieser Möglichkeit auseinandersetzen; die Annahme nur einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit hätte sorgfältiger Begründung bedurft. Da eine solche fehlt und dem Revisionsgericht eine Prüfung daher nicht möglich ist, war der Schuldspruch aufzuheben.
8
3. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können aufrecht erhalten werden. Ergänzende Feststellungen des neuen Tatgerichts sind möglich.
9
4. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht die Voraussetzungen der Maßregel gemäß § 63 StGB nicht zutreffend bestimmt und die Anordnung der Maßregel daher mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt hat. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, setzt § 63 StGB nicht voraus, dass der Zustand eingeschränkter Einsichtsoder Steuerungsfähigkeit durchgängig und dauerhaft besteht. Unzutreffend hat das Landgericht die Ablehnung daher darauf gestützt, dass die plötzliche heftige Wut des Angeklagten "nicht dauernd besteht" (UA S. 19). Es reicht vielmehr aus, dass der Zustand der Grunderkrankung dauerhaft besteht und dazu führt, dass schon alltägliche Ereignisse zu einer Aktualisierung und Aufwallung der die Schuldfähigkeit aufhebenden oder erheblich vermindernden Störung führen können. Soweit der Sachverständige eine solche Gefahr als "nicht wahrscheinlich" bezeichnet hat, wird eine entsprechende Beurteilung durch den neuen Tatrichter noch genauerer Prüfung bedürfen. Fischer Rothfuß Roggenbuck Appl Schmitt

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

5 StR 230/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. Juli 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2005

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. Dezember 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e

I.


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bedrohung in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Nötigung und wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Demgegenüber hat die Maßregelanordnung keinen Bestand, weil die Voraussetzungen der Unterbringung gemäß § 63 StGB nicht ausreichend dargetan worden sind.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts reichte die Ehefrau des Angeklagten Ende März 2004 die Scheidung ein. Der Angeklagte, der eine Trennung nicht hinnehmen wollte, bedrängte die Nebenklägerin, von einer Scheidung Abstand zu nehmen. Da er in diesem Zusammenhang auch Drohungen ausstieß, verließ die Nebenklägerin die gemeinsame Wohnung und zog zu ihren Eltern. Dort versuchte der Angeklagte im Mai 2004, mit Gewalt einzudringen, weil er vermutete, daß seine Ehefrau in der Wohnung mit einem anderen Mann zusammen wäre. Erst als die Nebenklägerin drohte, die Polizei zu alarmieren, gab er sein Vorhaben auf.
Im Anschluß begab er sich zu der Gartenlaube seiner Schw iegereltern , wo er seinen Schwiegervater mit vorgehaltenem Messer dazu zwang, für ihn eine telefonische Verbindung mit der Nebenklägerin herzustellen. Während des Telefonats mit seiner Ehefrau hielt er seine Schwiegereltern weiterhin mit dem Messer in Schach. Als er merkte, daß die Polizei benachrichtigt worden war, ließ er sich das Messer abnehmen und brach weinend zusammen.
Etwa eine Woche später stieg er nachts in die Wohnung se iner Schwägerin ein, da die Nebenklägerin dort übernachtete. Er bedrohte seine Ehefrau mit einem Messer und schüttete aus einem mitgebrachten Kanister eineinhalb Liter Benzin in Richtung auf die Nebenklägerin und ihre Schwester aus. Dabei erklärte er, er würde das Benzin entzünden, wenn seine Ehefrau nicht mit ihm käme. Zunächst gelang es beiden Frauen, dem Angeklagten das bereits angezündete Feuerzeug – der Angeklagte führte insgesamt drei Feuerzeuge mit sich – abzunehmen. Ein erneuter Versuch, das Benzin mit einem zweiten Feuerzeug in Brand zu setzen, scheiterte daran, daß ein durch die Hilferufe der Frauen alarmierter benachbarter Polizeibeamter den Angeklagten überwältigen konnte.
2. Hinsichtlich der ersten beiden Tatkomplexe hat das sach verständig beratene Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit
des Angeklagten nicht auszuschließen vermocht. Es ist jedoch bei der dritten Tat in Übereinstimmung mit dem psychiatrischen Sachverständigen trotz einer insoweit mißverständlichen Wendung im Urteil davon ausgegangen, daß in diesem Fall die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich eingeschränkt gewesen sei.
Als Grundlage für die Anwendung des § 21 StGB hat di e Strafkammer eine dauerhaft bestehende Fehlentwicklung der Persönlichkeit des Angeklagten angenommen, die eine schwere seelische Abartigkeit darstelle. In allen drei Fällen habe sich der Angeklagte aufgrund der akuten Trennungslage in einem situationsübergreifenden Zustand der Dekompensation dieser Fehlentwicklung befunden. Im dritten Fall komme hinzu, daß der Angeklagte bei dieser Tat – möglicherweise auch nur demonstrativ – suizidal gewesen sei, weshalb hier von dem Vorliegen einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit auszugehen sei. Zur Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hat das Landgericht ausgeführt , daß diese Persönlichkeitsfehlentwicklung die Gefahr in sich berge, daß es bei jedem Verlust einer engen Bezugsperson zu erneuter Dekompensation mit entsprechenden Verhaltensweisen und damit zu weiteren schwerwiegenden Straftaten kommen könne.

II.


Diese Feststellungen und Bewertungen sind nicht geeign et, die Anordnung der Unterbringung gemäß § 63 StGB zu rechtfertigen.
1. Diese setzt zunächst die positive Feststellung eines län ger andauernden , nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begründet , und ferner, daß der Täter in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begangen hat, die auf den die Annahme der §§ 20, 21 StGB rechtfertigenden dauerhaften Defekt zurückzuführen ist (st. Rspr., BGH NStZ 1999, 128,
129 m.w.N.). Dabei können auch nicht pathologisch bedingte Störungen Anlaß für eine Unterbringung nach § 63 StGB sein, wenn sie in ihrem Gewicht den krankhaften seelischen Störungen entsprechen (BGHSt 34, 22, 28). Die Diagnose einer wie auch immer gearteten Persönlichkeitsstörung läßt zunächst für sich genommen eine Aussage über die Frage der Schuldfähigkeit des Täters nicht zu (vgl. BGHSt 42, 385, 388 m. Anm. Kröber/Dannhorn NStZ 1998, 80, 81; Jähnke in LK 11. Aufl. § 20 Rdn. 67 f.). Vielmehr bedarf es einer Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und ihrer Entwicklung, um feststellen zu können, ob die Persönlichkeitsstörung des Täters sein Leben vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen wie eine krankhafte seelische Störung – auch im Hinblick auf seine Fähigkeit zu normgemäßen Verhalten – stört, belastet oder einengt (vgl. BGHSt 37, 397, 401; BGH NStZ 2000, 585). Diesen Anforderungen genügen die Urteilsgründe nicht.
2. Bereits die Bewertung der vom Landgericht beschrieb enen Persönlichkeitsfehlentwicklung läßt besorgen, daß Eigenschaften und Verhaltensweisen , die durchaus auch bei schuldfähigen Menschen vorkommen können, ohne weiteres als Symptome einer die Schuldfähigkeit erheblich beeinträchtigenden seelischen Abartigkeit angesehen werden. So führt die Strafkammer zur Begründung der Persönlichkeitsstörung des Angeklagten aus, daß dieser Versagungen kaum zu überwinden vermöge, zu selbstschonendem Verhalten neige und diese Tendenzen durch die enge Bindung zu einer Bezugsperson (hier Ehefrau) zu kompensieren suche. Dabei setze er Zwangsmechanismen , aber auch histrionische Mittel ein, was im Normalfall auch ohne größere Komplikationen gelinge. Falls der Verlust der Bezugsperson drohe oder bereits erfolgt sei, komme es zu depressiven Verstimmungen bis hin zu (auch) demonstrativen, ein Hilfesuchen signalisierenden Selbsttötungsversuchen.
3. Daß das Landgericht auf der Grundlage dieser Erwäg ungen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausschließen bzw. bei dem dritten Tatkomplex die Voraussetzungen als gegeben erachtet hat, be-
schwert den Angeklagten nicht. Doch ist damit der für die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB erforderliche positive Nachweis eines länger andauernden Defektes nicht erbracht. Die dazu getroffenen Feststellungen besagen insoweit nur, daß der Angeklagte aufgrund seiner schwierigen Persönlichkeitsstruktur in konflikthaften Grenzsituationen in einen Zustand geraten kann, der die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB rechtfertigt. Psychische Auffälligkeiten, welche die Voraussetzungen einer schweren seelischen Abartigkeit nicht erreichen, in bestimmten Konfliktsituationen bei besonderer psychischer Belastung die Voraussetzungen aber erfüllen und zur erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit führen, reichen für eine Unterbringung nach § 63 StGB regelmäßig nicht aus (vgl. BGHSt 42, 385, 390; BGH, Beschluß vom 1. September 1998 – 4 StR 367/98).
Harms Häger Basdorf Gerhardt Schaal
7
2. Das Landgericht hat nicht ausreichend dargelegt, dass die schwere Anpassungsstörung in Verbindung mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung bei dem Angeklagten einen dauerhaften Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begründet. Die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit beruhte auf dem Zusammentreffen der schweren Anpassungsstörung und der narzisstischen Persönlichkeitsstörung mit der seelischen Zermürbung des Angeklagten durch die Trennung und der schweren Enttäuschung, weil er die Zeugin K. nicht angetroffen hatte. Zwarbedeutet ein länger dauernder Zustand nicht eine ununterbrochene Befindlichkeit. Entscheidend und für die Maßregelanordnung ausreichend ist, dass der länger dauernde Zustand derart beschaffen ist, dass bereits alltägliche Ereignisse die akute erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 – 2 StR 483/98, BGHSt 44, 369, 375 f.; Urteil vom 10. August 2005 – 2 StR 209/05, NStZ-RR 2005, 370, 371). Hingegen begründet eine auf eine Persönlichkeitsstörung zurückzuführende Disposition, in bestimmten Belastungssituationen wegen mangelnder Fähigkeit zur Impulskontrolle in den Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zu geraten, noch keinen dauernden Zustand im Sinne des § 63 StGB (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2008 – 4 StR 595/07 mwN).
5
Die Kammer begründet ihn damit, dass der Angeklagte eine rechtswidrige Tat im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit begangen habe. Nach den Feststellungen war bei der Tat infolge einer Kombination aus Minderbegabung, kombinierter Persönlichkeitsstörung und erheblichem Alkoholkonsum die Steue- rungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert. Diese Ausführungen legen es - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - nahe, dass Minderbegabung und Persönlichkeitsstörung nicht alleine, sondern nur im Zusammentreffen mit der vorübergehenden Alkoholisierung zur Annahme des § 21 StGB geführt haben. Ist die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit aber auf ein Zusammenwirken zwischen Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum zurückzuführen, kann ein die Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigender Zustand nur angenommen werden, wenn der Angeklagte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistigen-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (siehe nur BGHSt 44, 369, 374 ff.; BGH NStZ-RR 2010, 170). Hierzu enthält das angefochtene Urteil jedoch keine Ausführungen; entsprechende Feststellungen in der neuen Hauptverhandlung erscheinen allerdings möglich.
11
a) Das sachverständig beratene Landgericht hat festgestellt, dass die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten bei den am 3. Juni 2014 begangenen Taten in Folge einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mit dissozialen Zügen sowie eines leicht- bis mittelgradigen Rauschzustands mit kognitiven Funktionseinbußen wie Stimmungslabilität und deutlichen Aufmerksamkeitsstörungen sicher erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB und nicht ausschließbar sogar aufgehoben im Sinne des § 20 StGB war. Hierbei teilt das landgerichtliche Urteil jedoch nicht mit (wie aber erforderlich, vgl. u.a. BGH, Be- schluss vom 21. Juli 2015 - 2 StR 163/15), welches Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB vorliegend erfüllt ist und ob es sich dabei nur um eine vorübergehende Störung oder einen länger andauernden Defektzustand gehandelt hat. Dabei muss vom Tatgericht im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte , einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 18.November 2013 - 1 StR 594/13, NStZ-RR 2014, 75, 76 mwN). Dies kann schon deshalb nicht offen bleiben, weil die im Rahmen des § 63 StGB zu erstellende Gefährlichkeitsprognose maßgeblich an den Zustand des Betroffenen anknüpft (BGH, Beschluss vom 18. November 2013 - 1 StR 594/13, NStZ-RR 2014, 75, 77) und eine Unterbringung nach § 63 StGB nur in Betracht kommt, wenn eine länger andauernde Beeinträchtigung der geistigen oder seelischen Gesundheit vorliegt. Vorübergehende Defekte genügen nicht (BGH, Urteil vom 10. August 2005 - 2 StR 209/05, NStZ-RR 2005, 370, 371; van Gemmeren in MüKoStGB, 2. Aufl., § 63 Rn. 31; Schöch in Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 63 Rn. 8). Auch bei Zusammenwirken von Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum kann eine Unterbringung nach § 63 StGB angebracht sein, wenn der Beschuldigte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistig-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 1. April 2014 - 2 StR 602/13, NStZ-RR 2014, 207). Die Ausführungen des Landgerichts hierzu ermöglichen jedoch keine abschließende Beurteilung, ob ein solcher Fall hier gegeben ist.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

5 StR 387/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Januar
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Mai 2008 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 53 Fällen unter Einbeziehung einer rechtskräftigen dreijährigen Freiheitsstrafe ebenfalls wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt (Einzelstrafen: jeweils drei Jahre Freiheitsstrafe) und den Verfall von 5.000 Euro angeordnet. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat keinen Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte wurde bei kriegerischen Auseinandersetzungen im Libanon schwer verletzt. So verlor er die linke Hand, Fingerkuppen der anderen Hand, ein Auge und büßte an Sehkraft auf dem anderen Auge ein. Durch diese Verletzungen war er stets auf fremde Hilfe angewiesen. Infolge der Kriegserlebnisse entwickelte sich zudem eine schwere Depression und eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung, die zu Persönlichkeitsveränderungen führte.
4
Im September 2003 schloss sich der Angeklagte mit vier weiteren Personen, wozu auch sein Sohn zählte, zusammen, um arbeitsteilig täglich Heroin und Kokain gewinnbringend zu verkaufen. Von diesem Zeitpunkt an bis Ende Januar 2004 setzte der Angeklagte diesen Entschluss um, indem er an 53 Tagen jeweils 100 Gramm Kokain und Heroin von eher schlechter Qualität – das Heroingemisch enthielt etwa acht Gramm Heroinhydrochlorid und das Kokaingemisch etwa zwei Gramm Kokainhydrochlorid – von anderen Gruppenmitgliedern oder Dritten entgegennahm. Sofern die Betäubungsmittel noch nicht portioniert waren, übernahm dies der Angeklagte. Er gab sie sodann an seinen Sohn weiter, der sie entweder selbst veräußerte oder an andere Gruppenmitglieder zum Weiterverkauf übergab.
5
Das sachverständig beratene Landgericht hat nicht ausschließen können , dass der Angeklagte bei den Taten aufgrund seiner psychischen Konstitution und dadurch eingeschränkter Gefühlswahrnehmung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war, und hat deswegen den Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert. Den Verfall des Wertersatzes hat es auf 5.000 Euro festgesetzt, da der Angeklagte glaubhaft eingeräumt hat, in dieser Höhe einen finanziellen Vorteil erlangt zu haben.
6
2. Die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung des Strafrahmens , die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe sind nach Maßgabe der insoweit eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungskompetenz (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 – 5 StR 86/05 m.w.N.) nicht zu beanstanden.
7
a) Die gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB erfolgte Strafrahmenverschiebung aufgrund der Annahme erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit be- gegnet keinen durchgreifenden Rechtsfehlern. Zwar ist der Revisionsführerin insoweit zuzustimmen, als die Begründung für die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB außerordentlich knapp gehalten ist. Aber dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich – zumal vor dem Hintergrund der anderweitigen rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten, deren Strafe einbezogen worden ist und der eine entsprechende Beurteilung der Schuldfähigkeit zugrunde liegt – noch tragfähig entnehmen, dass es bei dem Angeklagten aufgrund der diagnostizierten psychogenen Reaktionen zu gravierenden psychischen Veränderungen in seiner Persönlichkeit gekommen ist, die seine gesamte Lebensführung nachhaltig beeinträchtigt haben, so dass das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit (vgl. zu dieser Einordnung Rasch StV 1991, 126, 127; Schöch in Handbuch der Forensischen Psychiatrie 2007 Bd. 1 S. 125) erfüllt ist. Auch dass der Angeklagte aufgrund dieses geistig-seelischen Zustands – jedenfalls nicht ausschließbar – in seiner Fähigkeit, den Tatanreizen zu widerstehen, erheblich vermindert war, ist angesichts des Schweregrads der Störung noch hinreichend belegt.
8
Den festgestellten Tathandlungen des Angeklagten – Entgegennahme , Portionierung und Weitergabe der Betäubungsmittel – kommt für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten keine der Würdigung des Landgerichts entgegenstehende Relevanz zu. Soweit die Revisionsführerin auf eine Führungsfunktion in der Bande und damit verbundene Aufgaben des Angeklagten abhebt, liegt darin eine Überinterpretation des angefochtenen Urteils.
9
b) Die Gesamtstrafenbildung ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Landgericht innerhalb des durch §§ 54, 55 StGB vorgegebenen Rahmens nicht die Anzahl der Taten und die Summe der Einzelstrafen in den Vordergrund gestellt, sondern die Gesamtwürdigung der Person des Täters und seiner Taten (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 5, 7, 10). Die maßvolle Erhöhung der Einsatzstrafe aufgrund des Seriencharakters der Taten (vgl. BGHR aaO 2, 8, 12), wobei auch die Tat, deretwegen der Angeklagte zu der einzubeziehenden Strafe verurteilt worden ist, zu dieser Serie zählt, trägt ungeachtet der sehr milde bemessenen Gesamtstrafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Taten noch ausreichend Rechnung. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den überaus engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang der serienmäßig begangenen Taten sowie die besonderen persönlichen Umstände in der Person des Angeklagten.
10
3. Auch die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes in Höhe von 5.000 Euro hält sachlichrechtlicher Überprüfung stand.
11
Das Landgericht hat die Höhe des anzuordnenden Verfalls auf der Grundlage der Summe festgesetzt, die der Angeklagte nach den Feststellungen als „finanziellen Vorteil“ bzw. „Gewinn aus den Betäubungsmittelgeschäften“ erlangt hat (UA S. 7, 11). Die weiteren Ausführungen der Revisionsführerin sind urteilsfremd. Denn das Urteil enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte über diesen finanziellen Vorteil hinaus etwas im Sinne des § 73 StGB erlangt hat. Es ist lediglich festgestellt, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel erhalten hat, unmittelbare Verkaufsverhandlungen wurden von ihm nicht geführt. Auch eine anderweitige Einbindung in den Zahlungsverkehr und damit Kontakt zu Zahlungsmitteln innerhalb der Bande, im Verhältnis zu Drogenlieferanten oder Käufern ist nicht festgestellt.
12
Da sich das Landgericht aufgrund des für glaubhaft erachteten Geständnisses des Angeklagten davon überzeugt hat, dass er nur 5.000 Euro aus den festgestellten Taten erlangt hat – was offensichtlich auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft nicht anders beurteilt hat, da er in seinem Schlussantrag nur den Verfall in Höhe von 5.000 Euro beantragt hat – war für die vom Generalbundesanwalt vermisste Schätzung nach § 73b StGB kein Raum mehr. Abgesehen von alldem wäre die Verfallsentschei- dung auch bei abweichender Bewertung unter Heranziehung des § 73c StGB angemessen.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 29/13
vom
21. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. Mai 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 24. August 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Ferner hat es ein sichergestelltes Messer eingezogen. Die auf den Maßregelausspruch nach § 63 StGB beschränkte, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensbeanstandung Erfolg und führt zur Aufhebung des gesamten Urteils.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte in Gegenwart der Zeugin H. deren Lebensgefährten erstochen. Das Gericht hat die Tat als Mord (§ 211 StGB) bewertet und ist davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit aufgrund erheblicher Al- koholisierung im Zusammenwirken mit der infolge langjährigen Alkoholmissbrauchs eingetretenen Persönlichkeitsveränderung gemäß § 21 StGB erheblich vermindert war. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Angeklagte ein der Tat unmittelbar vorangegangenes Gespräch zwischen der Zeugin H. und ihrem Lebensgefährten fälschlicherweise als gegen sich gerichtet gedeutet hat und in ihm hierdurch ein aggressiver Impuls ausgelöst wurde, durch den er zu der Tötung hingerissen wurde, hat das Gericht - auch mit Blick auf ein unter normalen Umständen nicht erkennbares Tatmotiv - nicht ausschließen können, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit auch aufgehoben im Sinne des § 20 StGB war. Es hat daher den Angeklagten freigesprochen und auf Grundlage der festgestellten verminderten Steuerungsfähigkeit seine Unterbringung gemäß § 63 StGB angeordnet.
3
2. Der Maßregelauspruch war aufzuheben. Die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB setzt die Begehung einer rechtswidrigen Tat voraus. Diese hat das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, denn es hat einen die Anlasstat betreffenden Beweisantrag unter Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt.
4
a) Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
5
Der die Tat bestreitende Angeklagte hat in der Hauptverhandlung den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache gestellt, dass die Blutanhaftungen an einem am Tatort sichergestellten Papierfetzen von der Zeugin H. stammten, dass es sich dabei um ein Vollprofil der DNA der Zeugin handelte und dass Mischspuren bzw. Teilprofile Dritter nicht vorhanden waren. Das Landgericht hat den Antrag ohne weitere Begründung "wegen Bedeutungslosigkeit" abgelehnt.
6
b) Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihr aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Bedeutung für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch beimisst. Geht es wie hier letztlich um die Glaubwürdigkeit einer Zeugin, bedarf es der Darlegung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle ihres Nachweises unbeeinflusst ließe. Die Anforderungen an die Begründung entsprechen grundsätzlich den Darlegungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2006 - 4 StR 251/06, NStZ-RR 2007, 84, 85 mwN; Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 47/12).
7
Daran fehlt es hier. Die unter Beweis gestellte Tatsache hätte die Schlussfolgerung zugelassen, dass die Zeugin H. während ihres Aufenthalts in der Wohnung des Angeklagten von ihrem Lebensgefährten körperlich misshandelt wurde und daher ein Tatmotiv hatte. Das Landgericht hat in seinem Beschluss indes weder mitgeteilt, dass es diesen möglichen Schluss nicht ziehen wollte, noch hat es seine Entscheidung mit konkreten Erwägungen begründet. Die Bedeutungslosigkeit lag auch nicht auf der Hand, was eine fallbezogene Begründung ausnahmsweise entbehrlich hätte machen können (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2009 - 2 StR 363/09, StV 2010, 557; Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 47/12 mwN).
8
c) Auf diesem Verfahrensfehler beruht der Maßregelausspruch, denn der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei gesetzeskonformer Behandlung des Beweisantrags eine für die Anordnung der Unterbringung erforderliche rechtswidrige Tat nicht hätte feststellen können.
9
3. Die Aufhebung des Maßregelausspruchs hat aufgrund des bestehenden inneren Zusammenhangs auch die Aufhebung des Freispruchs zur Folge.
10
a) Der Umstand, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht dem nicht entgegen. Wird die Anordnung einer Unterbringung nach § 63 StGB auf eine Revision des Angeklagten hin aufgehoben, hindert das Schlechterstellungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO den neuen Tatrichter nicht daran, an Stelle einer Unterbringung nunmehr eine Strafe zu verhängen (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dadurch soll vermieden werden, dass die erfolgreiche Revision eines Angeklagten gegen die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus dazu führt, dass eine Tat, die wegen angenommener Schuldunfähigkeit nicht zu einer Bestrafung geführt hat, ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung herausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat schuldfähig war (vgl. BT-Drucks. 16/1344, S. 17; BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 4 StR 494/12, StraFo 2013, 165 mwN).
11
Letzteres kann vorliegend nicht ausgeschlossen werden, denn die Annahme des Landgerichts, die Schuldfähigkeit des Angeklagten sei zur Tatzeit nicht ausschließbar aufgehoben, gründet maßgeblich auf den Feststellungen zur Anlasstat. Sollte das neue Tatgericht insbesondere zu dem Geschehen unmittelbar vor der Tat veränderte Feststellungen treffen, könnte dies auch eine veränderte Bewertung zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten nach sich ziehen.
12
b) Die Beschränkung der Revision des Angeklagten auf die Maßregelanordnung ist unwirksam, weil sowohl die Unterbringung nach § 63 StGB als auch der auf § 20 StGB gründende Freispruch von den Feststellungen der Strafkammer zur Anlasstat abhängen und deshalb zwischen beiden Entschei- dungen aus sachlich-rechtlichen Gründen ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Da nach § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO nunmehr eine Bestrafung des Angeklagten möglich ist, wenn sich aufgrund veränderter Feststellungen zur Anlasstat seine Schuldfähigkeit herausstellen sollte, lässt sich die Wirksamkeit einer isolierten Anfechtung der Maßregelanordnung nicht mehr mit der Erwägung rechtfertigen, dass aufgrund des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) unabhängig von der Bewertung der Schuldfrage in jedem Fall wieder auf Freispruch erkannt werden müsste (BGH, Beschluss vom 26. September 2012 - 4 StR 348/12). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die den Freispruch tragende Schuldunfähigkeit des Angeklagten unabhängig von der konkret festgestellten Tat feststünde (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 5 StR 199/11).
Fischer Appl Berger Eschelbach Ott

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.