Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2019 - 3 StR 379/19

bei uns veröffentlicht am15.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 379/19
vom
15. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Betruges
zu 2.: Beihilfe zum Betrug
ECLI:DE:BGH:2019:151019B3STR379.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten P. B. wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 8. Februar 2019, soweit es sie betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass sie der Beihilfe zum Betrug in 20 Fällen schuldig ist. 2. Ihre weitergehende Revision und die Revision des Angeklagten M. B. werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. B. wegen Betruges in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie die Angeklagte P. B. wegen Beihilfe zum Betrug in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen und formellen Rechts gestützten Revisionen. Die Revision der Angeklagten P. B. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg und führt zu dem Wegfall einer Einzelstrafe. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vermietete der Angeklagte unter Einschaltung verschiedener Gesellschaften nicht existierende Brennstoffzellen an mehrere Anleger als Zwischenmieter. Diese zahlten jeweils eine einmalige "Mietsonderzahlung". Sie sollten während der Vertragslaufzeit von 36 Monaten vom Endmieter monatliche Mietzahlungen und auf diese Weise letztlich 130 Prozent ihres Anlagebetrages zurückerhalten. Mangels funktionsfähiger Brennstoffzellen und tatsächlicher Stromeinspeisungen konnten die Rückzahlungen nur aus den Einnahmen neu angeworbener Zwischenmieter im Sinne eines Schneeballsystems erbracht werden. Insgesamt schlossen die durch Berater angeworbenen Anleger 21 Mietverträge ab und zahlten 1.346.000 €. Davon erhielten sie 824.826 € zurückgezahlt. Die Angeklagte war formell Geschäftsführerin einer der beteiligten Gesellschaften, für die sie verschiedene Verträge unterzeichnete. Zudem übernahm sie Buchhaltungstätigkeiten für die Gesellschaften. Die Angeklagten handelten, um sich durch wiederholte Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.
3
2. Aus den vom Generalbundesanwalt näher dargelegten Gründen sind die Verfahrensvoraussetzungen gegeben, die Verfahrensbeanstandungen ohne Erfolg und die Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen. Diese tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges und der Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug. Der näheren Erörterung bedarf allein die konkurrenzrechtliche Bewertung der jeweiligen Taten.
4
a) Die einzelnen Betrugstaten des Angeklagten werden - entgegen der vom Generalbundesanwalt vertretenen Ansicht - nicht durch den zugleich ver- wirklichten Tatbestand des unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) im Sinne einer Tateinheit verklammert. Zwar ist die vom Landgericht insoweit vorgenommene Verfolgungsbeschränkung nach § 154a Abs. 2, Abs. 1 StPO für die konkurrenzrechtliche Bewertung ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - 3 StR 321/11, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Abgabe 3 Rn. 10; Beschluss vom 22. November 2012 - 4 StR 302/12, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 3 Rn. 5 mwN). Allerdings hat der Tatbestand des § 54 Abs. 1 KWG in der gegebenen Konstellation nicht das Gewicht, die einzelnen Taten des gewerbsmäßig begangenen Betruges zu verbinden.
5
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Delikt, das sich - wie das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 - 2 StR 416/16, NJW 2018, 3467 Rn. 14; Beschluss vom 9. April 2019 - 1 StR 673/18, wistra 2019, 362 Rn. 2) - über einen gewissen Zeitraum erstreckt und mit anderen Straftaten tateinheitlich zusammentrifft, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit stehen, solche Taten nur dann zur Tateinheit verbinden, wenn es nicht von minderschwerem Gewicht ist (s. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 310/16, NStZ 2018, 221 f.; vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, BGHR StGB § 258 Abs. 1 Konkurrenzen 1 Rn. 16 mwN). Dabei ist der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierten Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen; beispielsweise sind minder schwere Fälle oder Strafrahmenverschiebungen wegen vertypter Milderungsgründe zu berücksichtigen (s. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Februar 2017 - 4 StR 580/16, StraFo 2017, 128 f.; Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 f.).
6
Nach diesen Maßstäben vermag das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften vorliegend die einzelnen Betrugstaten nicht durch eine Klammerwirkung tateinheitlich zu verbinden. Da das Landgericht rechtsfehlerfrei eine gewerbsmäßige Begehungsweise angenommen und den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Alternative 1 StGB angewendet hat, handelt es sich in dieser Konstellation mit Blick auf die erheblich unterschiedlichen Strafandrohungen nicht um annähernd gleichgewichtige Taten. Der besonders schwere Fall des Betruges wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren , das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet.
7
b) Eine tateinheitliche Zusammenfassung der verschiedenen Vertragsabschlüsse und Mietsonderzahlungen folgt in Bezug auf den Angeklagten überdies nicht aus anderen Gründen. Obschon er im Regelfall nicht bei der Vorbereitung der einzelnen Vertragsschlüsse anwesend war, erbrachte er jeweils einen individuellen Tatbeitrag, indem er in jedem Einzelfall die Verträge unterzeichnete und somit erst die Grundlage für die im Anschluss zu leistende Mietsonderzahlung schuf (vgl. allgemein BGH, Beschluss vom 20. September 2016 - 3 StR 302/16, wistra 2017, 231 Rn. 6; zu einer abweichenden Konstellation BGH, Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 341 f.).
8
c) Dagegen ist der die Angeklagte betreffende Schuldspruch zu ändern, da eine individuelle Beihilfehandlung nicht für jede einzelne der 21 Taten festgestellt ist und weitere Feststellungen dazu nicht zu erwarten sind.
9
Die Angeklagte unterzeichnete lediglich in 19 Fällen den Mietvertrag für eine der beteiligten Gesellschaften, nicht aber die beiden Verträge der Geschädigten L. ( ) und Bu. ( ), in denen die A. GmbH (Schweiz) Endmieterin war. Da bei der Zusammenarbeitmehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tatserie die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen ist und bei der Beihilfe sowohl die Anzahl der Beihilfehandlungen als auch diejenige der geförderten Haupttaten in den Blick zu nehmen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2018 - 2 StR 31/18, juris Rn. 29 mwN), verbleibt neben den individuellen Beiträgen zu 19 Verträgen noch die allgemeine Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung des "Betrugsmodells", welche die zwei weiteren Verträge förderte und als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334). Demgemäß ist der Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO richtigzustellen. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil die Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
10
d) Die Änderung des Schuldspruchs hat den Wegfall einer der beiden Einzelstrafen von vier Monaten in den die A. GmbH (Schweiz) betreffenden Beihilfetaten (Verträge und ) zur Folge. Die verbleibende Einzelstrafe setzt der Senat in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als Rechtsfolge für die tateinheitliche Hilfe zu diesen beiden Verträgen fest. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine geringere Einzelstrafe oder - angesichts der übrigen Einzelstrafen (fünf Mal sieben Monate, drei Mal fünf Monate, drei Mal vier Monate, acht Mal drei Monate) - auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe als die festgesetzten zehn Monate erkannt hätte. Mithin wird der Ausspruch der Gesamtfreiheitsstrafe nicht berührt.
11
e) Einer Entscheidung des Senats nach § 349 Abs. 2 StPO steht nicht entgegen, dass der Generalbundesanwalt bei beiden Angeklagten eine Tatbegehung in 21 tateinheitlichen Fällen angenommen und eine entsprechende Änderung des Schuldspruchs sowie die Festsetzung der jeweiligen Gesamtstrafe als Einzelstrafe beantragt hat. Eine Aufhebung des Strafausspruchs ist nicht beantragt; die beantragte Festsetzung der Gesamtstrafe als Einzelstrafe ist insoweit ohne Belang (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2017 - 4 StR 617/16, NStZ-RR 2017, 246, 247; vom 12. März 2012 - 3 StR 436/11, juris Rn. 7; vom 16. Februar 2005 - 2 StR 536/04, juris; vom 20. Januar 1993 - 3 StR 575/92, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 4; BeckOK StPO/Wiedner, 34. Edition, § 349 Rn. 30).
12
3. Wegen des geringen Erfolgs der Revision der Angeklagten P. B. ist es nicht unbillig, diese mit den Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Schäfer Spaniol Hoch
Anstötz Erbguth

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2019 - 3 StR 379/19

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2019 - 3 StR 379/19 zitiert 17 §§.

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Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

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(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

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(1) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Aufsichtsbehö

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Aufsichtsbehörde; die Bundesanstalt hat § 37 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden. Soweit diese Geschäfte durch eine Erlaubnis nach § 15 des Wertpapierinstitutsgesetzes gedeckt sind, tritt dahinter der Erlaubnisvorbehalt nach Satz 1 zurück und gilt das Unternehmen nicht als Institut im Sinne dieses Gesetzes bis zu dem Tag, an dem

1.
der über einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten Vermögenswerte des Unternehmens 30 Milliarden Euro überschreitet und es das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreibt oder
2.
der über einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten berechnete Monatsdurchschnitt der gesamten konsolidierten Vermögenswerte aller Unternehmen der Gruppe, die das Emissionsgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreiben, 30 Milliarden Euro überschreitet.
Gegebenenfalls ist der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 1 unverzüglich nachzuholen. War das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, da es oder die Gruppe die in Satz 2 bestimmte Grenze überschreitet, nach § 15 des Wertpapierinstitutsgesetzes erlaubt tätig, darf es im Rahmen dieser Erlaubnis sein Wertpapiergeschäft fortsetzen, bis die Aufsichtsbehörde über den Erlaubnisantrag bestandskräftig entschieden hat. Der Erlaubnisantrag muß enthalten
1.
einen geeigneten Nachweis der zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel;
2.
die Angabe der Geschäftsleiter;
3.
die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Antragsteller und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4.
die Angaben, die für die Beurteilung der zur Leitung des Instituts erforderlichen fachlichen Eignung der Inhaber und der in § 1 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4a.
die Angaben, die für die Beurteilung, ob die Geschäftsleiter über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit verfügen, erforderlich sind;
5.
einen tragfähigen Geschäftsplan; aus dem Geschäftsplan muss hervorgehen:
a)
die Art der geplanten Geschäfte,
b)
der organisatorische Aufbau des Instituts unter Angabe von Mutterunternehmen, Finanzholding-Gesellschaften und gemischten Finanzholding-Gesellschaften innerhalb der Gruppe und
c)
die Angaben, die für die Beurteilung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation des Instituts gemäß § 25a Absatz 1 einschließlich der geplanten internen Kontrollverfahren erforderlich sind;
6.
sofern an dem Institut bedeutende Beteiligungen gehalten werden:
a)
die Angabe der Inhaber bedeutender Beteiligungen,
b)
die Höhe dieser Beteiligungen,
c)
die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit dieser Inhaber oder gesetzlichen Vertreter oder persönlich haftenden Gesellschafter erforderlichen Angaben,
d)
sofern diese Inhaber Jahresabschlüsse aufzustellen haben: die Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre nebst Prüfungsberichten von unabhängigen Abschlußprüfern, sofern solche zu erstellen sind, und
e)
sofern diese Inhaber einem Konzern angehören: die Angabe der Konzernstruktur und, sofern solche Abschlüsse aufzustellen sind, die konsolidierten Konzernabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre nebst Prüfungsberichten von unabhängigen Abschlußprüfern, sofern solche zu erstellen sind;
6a.
sofern an dem Institut keine bedeutenden Beteiligungen gehalten werden, die maximal 20 größten Anteilseigner;
7.
die Angabe der Tatsachen, die auf eine enge Verbindung zwischen dem Institut und anderen natürlichen Personen oder anderen Unternehmen hinweisen;
8.
die Angabe der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen sowie Angaben, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob sie der Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit widmen können.
Die nach Satz 2 einzureichenden Anzeigen und vorzulegenden Unterlagen sind durch Rechtsverordnung nach § 24 Abs. 4 näher zu bestimmen. Die Pflichten nach Satz 2 Nr. 6 Buchstabe d und e bestehen nicht für Finanzdienstleistungsinstitute. Die Aufsichtsbehörde berücksichtigt im Rahmen des Erlaubniserteilungsverfahrens in angemessener Weise die aufgrund der bestehenden Erlaubnis nach dem Wertpapierinstitutsgesetz bereits vorliegenden Angaben.

(1a) Wer neben einer Erlaubnis nach Absatz 1 und neben dem Betreiben von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 11 auch Eigengeschäft betreiben will, bedarf auch hierfür der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt. Dies gilt unabhängig von dem Bestehen einer Erlaubnis nach Absatz 1 und von einem Betreiben von Bankgeschäften oder dem Erbringen von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 11 auch dann, wenn das Unternehmen das Eigengeschäft als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz oder mit Warenderivaten, Emissionszertifikaten oder Derivaten auf Emissionszertifikate betreibt. Einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es in den Fällen des Satzes 2 nicht, wenn

1.
das Eigengeschäft von einem Unternehmen, das keine Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, betrieben wird
a)
als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder
b)
mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz,
um objektiv messbar die Risiken aus der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement des Unternehmens oder der Gruppe, dem das Unternehmen angehört, zu reduzieren,
2.
das Eigengeschäft mit Emissionszertifikaten von einem Betreiber im Sinne des § 3 Nummer 4 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes betrieben wird, der keine Bankgeschäfte betreibt und Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 erbringt,
3.
das Eigengeschäft ausschließlich mit Warentermingeschäften, Emissionszertifikaten und Derivaten auf Emissionszertifikate betrieben wird und
a)
das Unternehmen nicht Teil einer Unternehmensgruppe ist, die in der Haupttätigkeit Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 erbringt,
b)
das Eigengeschäft in jedem dieser Fälle sowohl auf individueller als auch auf auf Ebene der Unternehmensgruppe aggregierter Basis eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit darstellt; die Kriterien, wann eine Nebentätigkeit vorliegt, werden in einem auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 4 und Artikel 89 der Richtlinie 2014/65/EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Kommission bestimmt,
c)
das Unternehmen der Bundesanstalt auf Anforderung die Umstände mitteilt, auf Grund derer es zu der Auffassung gelangt, dass seine Tätigkeit eine Nebentätigkeit zu seiner Haupttätigkeit darstellt.
d)
das Unternehmen auf Anforderung der Bundesanstalt unverzüglich mitteilt, aufgrund welcher Tatsachen und Berechnungsverfahren gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2017/592 es die Ausnahme in Anspruch nimmt,
4.
das Eigengeschäft als Mitglied einer Börse oder Teilnehmer eines Handelsplatzes von einem in einem Drittstaat ansässigen Unternehmen betrieben wird; dies gilt bis zu einer Entscheidung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über eine Eintragung des Unternehmens in das Register nach Artikel 48 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
Einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es auch, wenn ein Institut, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 Satz 1 erteilt wurde, eigene Finanzinstrumente vertreibt, soweit dies nicht ohnehin bereits als Betreiben eines Bankgeschäfts oder als Erbringen einer Finanzdienstleistung nach Absatz 1 Satz 1 oder als Betreiben des Eigengeschäfts nach Satz 1 unter Erlaubnisvorbehalt steht. Ein Unternehmen, das nach Satz 2 der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf, gilt als Finanzdienstleistungsinstitut. Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und die Absätze 2, 4 und 5 sowie die §§ 33 bis 38 sind entsprechend anzuwenden.

(1b) Die Erlaubnis für das eingeschränkte Verwahrgeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 12 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens einer Finanzdienstleistung im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 oder zum Betreiben eines Bankgeschäfts im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird; mit Erlöschen oder Aufhebung dieser Erlaubnis erlischt die Erlaubnis für das eingeschränkte Verwahrgeschäft.

(1c) Zentralverwahrer, die nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zugelassen sind, benötigen für das Erbringen von Kerndienstleistungen im Sinne des Abschnitts A des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und von nichtbankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts B des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 sowie für das Betreiben von Bankgeschäften und das Erbringen von Finanzdienstleistungen, die zugleich Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 8 des Wertpapierhandelsgesetzes sind, keine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1, soweit das Betreiben dieser Bankgeschäfte oder das Erbringen dieser Finanzdienstleistungen von der Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist. Satz 1 gilt für das Betreiben des Eigengeschäfts entsprechend.

(1d) Zentralverwahrer im Sinne des Artikels 54 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die eine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 haben, benötigen für das Erbringen von bankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts C des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keine weitere Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 für das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen, soweit das Erbringen der bankartigen Nebendienstleistungen von der Genehmigung nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist.

(1e) Benannte Kreditinstitute im Sinne des Artikels 54 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die eine Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 haben, benötigen für das Erbringen von bankartigen Nebendienstleistungen im Sinne des Abschnitts C des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keine weitere Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 für das Betreiben von Bankgeschäften oder das Erbringen von Finanzdienstleistungen, soweit das Erbringen der bankartigen Nebendienstleistungen von der Genehmigung nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 umfasst ist.

(1f) Wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, als Datenbereitstellungsdienst tätig werden will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt; die Bundesanstalt hat § 37 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden. Der Erlaubnisantrag muss enthalten:

1.
die Angabe der Geschäftsleiter;
2.
die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter erforderlich sind;
3.
die Angaben, die für die Beurteilung der zur Leitung des Unternehmens erforderlichen fachlichen Eignung der in § 1 Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen erforderlich sind;
4.
die Angaben, die für die Beurteilung, ob die Geschäftsleiter über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichende Zeit verfügen, erforderlich sind;
5.
einen tragfähigen Geschäftsplan, aus dem die Art der geplanten Geschäfte, der organisatorische Aufbau und die geplanten internen Kontrollverfahren des Unternehmens hervorgehen;
6.
die Angabe der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans nebst der zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit und Sachkunde erforderlichen Tatsachen sowie Angaben, die für die Beurteilung erforderlich sind, ob sie der Wahrnehmung ihrer Aufgabe ausreichend Zeit widmen können.
Das Nähere zu Inhalt und Form des Erlaubnisantrages regeln die technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards gemäß Artikel 27d Absatz 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist Instituten und Trägern einer inländischen Börse, die eine Börse, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem betreiben, die Tätigkeit als Datenbereitstellungsdienst gestattet, sofern festgestellt wurde, dass sie den Anforderungen des Titels IVa der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 genügen. Diese Dienstleistungen sind in ihre Erlaubnis eingeschlossen.

(2) Die Bundesanstalt kann die Erlaubnis unter Auflagen erteilen, die sich im Rahmen des mit diesem Gesetz verfolgten Zweckes halten müssen. Sie kann die Erlaubnis auf einzelne Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beschränken.

(2a) Die Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 Satz 1 zum Betreiben der Bankgeschäfte nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 und 10 sowie zum Erbringen der Finanzdienstleistungen nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens eines anderen Bankgeschäfts vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird. Satz 1 gilt nicht, wenn zugleich eine Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft erteilt wird und sich die betriebenen Bankgeschäfte sowie die erbrachten Finanzdienstleistungen auf Rechnungseinheiten im Sinne des § 1 Absatz 11 Nummer 7 oder Kryptowerte im Sinne des § 1 Absatz 11 Nummer 10 beziehen.

(3) Vor Erteilung der Erlaubnis hat die Bundesanstalt die für das Institut in Betracht kommende Sicherungseinrichtung zu hören.

(3a) Mit der Erteilung der Erlaubnis ist dem Institut, sofern es nach den Vorschriften des Zweiten Abschnittes des Einlagensicherungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 des Anlegerentschädigungsgesetzes beitragspflichtig ist, die Entschädigungseinrichtung mitzuteilen, der das Institut zugeordnet ist. Bezieht sich die Tätigkeit eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes auf strukturierte Einlagen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und wird die strukturierte Einlage von einem Kreditinstitut ausgegeben, das Mitglied eines Einlagensicherungssystems im Sinne des Einlagensicherungsgesetzes ist, so deckt das Einlagensicherungssystem des Kreditinstituts auch die von dem Kreditinstitut ausgegebenen strukturierten Einlagen ab.

(4) Die Bundesanstalt hat die Erteilung der Erlaubnis im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) Die Bundesanstalt hat auf ihrer Internetseite ein Institutsregister zu führen, in das sie alle inländischen Institute, denen eine Erlaubnis nach Absatz 1, auch in Verbindung mit § 53 Abs. 1 und 2, erteilt worden ist, mit dem Datum der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder der Aufhebung der Erlaubnis einzutragen hat. Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zum Inhalt des Registers und den Mitwirkungspflichten der Institute bei der Führung des Registers erlassen.

(5a) Die Bundesanstalt führt auf ihrer Internetseite ein öffentlich zugängliches Register, in das sie alle Datenbereitstellungsdienste, denen eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1f erteilt worden ist, mit dem Datum der Erteilung und dem Umfang der Erlaubnis und gegebenenfalls dem Datum des Erlöschens oder der Aufhebung der Erlaubnis einträgt. Das Erlöschen oder die Aufhebung der Erlaubnis bleibt für einen Zeitraum von fünf Jahren ab der entsprechenden Entscheidung im Register eingetragen.

(6) Soweit einem Zahlungsinstitut eine Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 Satz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder einem E-Geld-Institut eine Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erteilt worden ist und dieses zusätzlich Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 erbringt, bedarf dieses Zahlungsinstitut oder E-Geld-Institut keiner Erlaubnis nach Absatz 1. Die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 ist zu erfüllen und § 14 Abs. 2 bis 4 anzuwenden.

(7) Auf den Beschlussentwurf der Bundesanstalt nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 sind die Absätze 1, 2 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Aufgaben nach den Absätzen 3a bis 5 obliegen der Bundesanstalt unbeschadet davon, ob die Erlaubnis durch die Europäische Zentralbank oder die Bundesanstalt erteilt wird.

(8) Die Absätze 1 bis 7 finden auch dann Anwendung, wenn im Zuge einer Umwandlung nach § 305, § 320 oder § 333 des Umwandlungsgesetzes eine juristische Person, die nach den Absätzen 1 bis 1f erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt, ihren juristischen Sitz vom Ausland ins Inland verlegt.

(1) Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Bankgeschäfte sind

1.
die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft),
1a.
die in § 1 Abs. 1 Satz 2 des Pfandbriefgesetzes bezeichneten Geschäfte (Pfandbriefgeschäft),
2.
die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten (Kreditgeschäft);
3.
der Ankauf von Wechseln und Schecks (Diskontgeschäft),
4.
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft),
5.
die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren für andere (Depotgeschäft),
6.
die Tätigkeit als Zentralverwahrer im Sinne des Absatzes 6,
7.
die Eingehung der Verpflichtung, zuvor veräußerte Darlehensforderungen vor Fälligkeit zurückzuerwerben,
8.
die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere (Garantiegeschäft),
9.
die Durchführung des bargeldlosen Scheckeinzugs (Scheckeinzugsgeschäft), des Wechseleinzugs (Wechseleinzugsgeschäft) und die Ausgabe von Reiseschecks (Reisescheckgeschäft),
10.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Plazierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft),
11.
(weggefallen)
12.
die Tätigkeit als zentrale Gegenpartei im Sinne von Absatz 31.

(1a) Finanzdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind. Finanzdienstleistungen sind

1.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung),
1a.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung),
1b.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems),
1c.
das Platzieren von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft),
1d.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems),
2.
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung (Abschlußvermittlung),
3.
die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung),
4.
der Eigenhandel durch das
a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals,
b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung),
c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere oder
d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik, die gekennzeichnet ist durch
aa)
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder direkter elektronischer Hochgeschwindigkeitszugang,
bb)
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung, einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und
cc)
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen
auch ohne dass eine Dienstleistung für andere vorliegt (Hochfrequenzhandel),
5.
die Vermittlung von Einlagengeschäften mit Unternehmen mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (Drittstaateneinlagenvermittlung),
6.
die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte für andere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen, sowie die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowertpapiere für andere nach § 4 Absatz 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen (Kryptoverwahrgeschäft),
7.
der Handel mit Sorten (Sortengeschäft),
8.
die Führung eines Kryptowertpapierregisters nach § 16 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (Kryptowertpapierregisterführung),
9.
der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen mit oder ohne Rückgriff (Factoring),
10.
der Abschluss von Finanzierungsleasingverträgen als Leasinggeber und die Verwaltung von Objektgesellschaften im Sinne des § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 17 außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (Finanzierungsleasing),
11.
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs für eine Gemeinschaft von Anlegern, die natürliche Personen sind, mit Entscheidungsspielraum bei der Auswahl der Finanzinstrumente, sofern dies ein Schwerpunkt des angebotenen Produktes ist und zu dem Zweck erfolgt, dass diese Anleger an der Wertentwicklung der erworbenen Finanzinstrumente teilnehmen (Anlageverwaltung),
12.
die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren ausschließlich für alternative Investmentfonds (AIF) im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs (eingeschränktes Verwahrgeschäft).
Die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die nicht Eigenhandel im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 4 ist (Eigengeschäft), gilt als Finanzdienstleistung, wenn das Eigengeschäft von einem Unternehmen betrieben wird, das
1.
dieses Geschäft, ohne bereits aus anderem Grunde Institut oder Wertpapierinstitut zu sein, gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und
2.
einer Instituts-, einer Finanzholding- oder gemischten Finanzholding-Gruppe oder einem Finanzkonglomerat angehört, der oder dem ein CRR-Kreditinstitut angehört.
Ein Unternehmen, das als Finanzdienstleistung geltendes Eigengeschäft nach Satz 3 betreibt, gilt als Finanzdienstleistungsinstitut. Die Sätze 3 und 4 gelten nicht für Abwicklungsanstalten nach § 8a Absatz 1 Satz 1 des Stabilisierungsfondsgesetzes. Ob ein häufiger systematischer Handel im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 Buchstabe b vorliegt, bemisst sich nach der Zahl der Geschäfte außerhalb eines Handelsplatzes im Sinne des § 2 Absatz 22 des Wertpapierhandelsgesetzes (OTC-Handel) mit einem Finanzinstrument zur Ausführung von Kundenaufträgen, die für eigene Rechnung durchgeführt werden. Ob ein Handel in erheblichem Umfang im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 Buchstabe b vorliegt, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Unternehmens in einem bestimmten Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis des OTC-Handels des Unternehmens zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union. Die Voraussetzungen der systematischen Internalisierung sind erst dann erfüllt, wenn sowohl die in den Artikeln 12 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 bestimmte Obergrenze für häufigen systematischen Handel als auch die in der vorgenannten Delegierten Verordnung bestimmte einschlägige Obergrenze für den Handel in erheblichem Umfang überschritten werden oder wenn ein Unternehmen sich freiwillig den für die systematische Internalisierung geltenden Regelungen unterworfen und einen entsprechenden Erlaubnisantrag bei der Bundesanstalt gestellt hat.

(1b) Institute im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute.

(2) Geschäftsleiter im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts oder eines Unternehmens in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft berufen sind.

(3) Finanzunternehmen sind Unternehmen, die keine Institute und keine Kapitalverwaltungsgesellschaften oder extern verwaltete Investmentgesellschaften sind und deren Haupttätigkeit darin besteht,

1.
Beteiligungen zu erwerben und zu halten,
2.
Geldforderungen entgeltlich zu erwerben,
3.
Leasing-Objektgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 17 zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung zu handeln,
6.
andere bei der Anlage in Finanzinstrumenten zu beraten,
7.
Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie und die damit verbundenen Fragen zu beraten sowie bei Zusammenschlüssen und Übernahmen von Unternehmen diese zu beraten und ihnen Dienstleistungen anzubieten oder
8.
Darlehen zwischen Kreditinstituten zu vermitteln (Geldmaklergeschäfte).
Das Bundesministerium der Finanzen kann nach Anhörung der Deutschen Bundesbank durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, weitere Unternehmen als Finanzunternehmen bezeichnen, deren Haupttätigkeit in einer Tätigkeit besteht, um welche die Liste in Anhang I zu der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2019/2034 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64) geändert worden ist.

(3a) Datenbereitstellungsdienste im Sinne dieses Gesetzes sind genehmigte Veröffentlichungssysteme und genehmigte Meldemechanismen im Sinne des § 2 Absatz 37 und 39 des Wertpapierhandelsgesetzes.

(3b) (weggefallen)

(3c) Ein Institut ist bedeutend, wenn seine Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten vier abgeschlossenen Geschäftsjahre 15 Milliarden Euro überschritten hat. Als bedeutende Institute gelten stets

1.
Institute, die eine der Bedingungen gemäß Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63; L 218 vom 19.8.2015, S. 82) erfüllen,
2.
Institute, die als potentiell systemrelevant im Sinne des § 12 eingestuft wurden, und
3.
Finanzhandelsinstitute gemäß § 25f Absatz 1.

(3d) CRR-Kreditinstitute im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166; L 20 vom 25.1.2017, S. 3; L 13 vom 17.1.2020, S. 58), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/873 (ABl. L 204 vom 26.6.2020, S. 4) geändert worden ist; ein Unternehmen, das CRR-Kreditinstitut ist, ist auch Kreditinstitut im Sinne dieses Gesetzes. Wertpapierinstitute sind Unternehmen im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes. E-Geld-Institute sind Unternehmen im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes.

(3e) Wertpapier- oder Terminbörsen im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapier- oder Terminmärkte, die von den zuständigen staatlichen Stellen geregelt und überwacht werden, regelmäßig stattfinden und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich sind, einschließlich

1.
ihrer Betreiber, wenn deren Haupttätigkeit im Betreiben von Wertpapier- oder Terminmärkten besteht, und
2.
ihrer Systeme zur Sicherung der Erfüllung der Geschäfte an diesen Märkten (Clearingstellen), die von den zuständigen staatlichen Stellen geregelt und überwacht werden.

(4) Herkunftsstaat ist der Staat, in dem die Hauptniederlassung eines Instituts zugelassen ist.

(5) Als Aufsichtsbehörde im Sinne dieses Gesetzes gilt

1.
die Europäische Zentralbank, soweit sie in Ausübung ihrer gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a bis i und Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63) übertragenen Aufgaben handelt und diese Aufgaben nicht gemäß Artikel 6 Absatz 6 dieser Verordnung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) wahrgenommen werden,
2.
die Bundesanstalt, soweit nicht die Europäische Zentralbank nach Nummer 1 als Aufsichtsbehörde im Sinne dieses Gesetzes gilt.

(5a) Der Europäische Wirtschaftsraum im Sinne dieses Gesetzes umfaßt die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Drittstaaten im Sinne dieses Gesetzes sind alle anderen Staaten.

(5b) (weggefallen)

(6) Ein Zentralverwahrer im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 1).

(7) Schwesterunternehmen sind Unternehmen, die ein gemeinsames Mutterunternehmen haben.

(7a) (weggefallen)

(7b) (weggefallen)

(7c) (weggefallen)

(7d) (weggefallen)

(7e) (weggefallen)

(7f) (weggefallen)

(8) (weggefallen)

(9) Eine bedeutende Beteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist eine qualifizierte Beteiligung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung. Für die Berechnung des Anteils der Stimmrechte gelten § 33 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 5, § 34 Absatz 1 und 2, § 35 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 und § 36 des Wertpapierhandelsgesetzes entsprechend. Unberücksichtigt bleiben die Stimmrechte oder Kapitalanteile, die Institute oder Wertpapierinstitute im Rahmen des Emissionsgeschäfts nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 10 oder nach § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Wertpapierinstitutsgesetzes halten, vorausgesetzt, diese Rechte werden nicht ausgeübt oder anderweitig benutzt, um in die Geschäftsführung des Emittenten einzugreifen, und sie werden innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs veräußert.

(10) Auslagerungsunternehmen sind Unternehmen, auf die ein Institut oder ein übergeordnetes Unternehmen Aktivitäten und Prozesse zur Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen ausgelagert hat, sowie deren Subunternehmen bei Weiterverlagerungen von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind.

(11) Finanzinstrumente im Sinne der Absätze 1 bis 3 und 17 sowie im Sinne des § 2 Absatz 1 und 6 sind

1.
Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten,
2.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes,
3.
Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und diesen Schuldtiteln vergleichbare Rechte, die ihrer Art nach auf den Kapitalmärkten handelbar sind, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, sowie Hinterlegungsscheine, die diese Schuldtitel vertreten,
4.
sonstige Rechte, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Rechten nach den Nummern 1 und 3 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von solchen Rechten, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird,
5.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
6.
Geldmarktinstrumente,
7.
Devisen oder Rechnungseinheiten,
8.
Derivate,
9.
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt- Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate),
10.
Kryptowerte sowie
11.
für Schwarmfinanzierungszwecke nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung, zugelassene Instrumente (Schwarmfinanzierungsinstrumente).
Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind, ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen gebietsfremden Emittenten gehandelt werden können. Geldmarktinstrumente sind Instrumente im Sinne des Artikels 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten. Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann. Keine Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind
1.
E-Geld im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder
2.
ein monetärer Wert, der die Anforderungen des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllt oder nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes eingesetzt wird.
Derivate sind
1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte:
a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente,
b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die Voraussetzungen des Artikels 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 erfüllt, oder Rechnungseinheiten,
c)
Zinssätze oder andere Erträge,
d)
Indices der Basiswerte des Buchstaben a, b, c oder f andere Finanzindices oder Finanzmessgrößen,
e)
Derivate oder
f)
Emissionszertifikate;
2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie
a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist,
b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden, soweit es sich nicht um über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte handelt, die effektiv geliefert werden müssen, oder
c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind;
3.
finanzielle Differenzgeschäfte;
4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate);
5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.

(12) (weggefallen)

(13) (weggefallen)

(14) (weggefallen)

(15) (weggefallen)

(16) Ein System im Sinne von § 24b ist eine schriftliche Vereinbarung nach Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45), die durch die Richtlinie 2009/44/EG (ABl. L 146 vom 10.6.2009, S. 37) geändert worden ist, einschließlich der Vereinbarung zwischen einem Teilnehmer und einem indirekt teilnehmenden Kreditinstitut, die von der Deutschen Bundesbank oder der zuständigen Stelle eines anderen Mitgliedstaats oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemeldet wurde. Systeme aus Drittstaaten stehen den in Satz 1 genannten Systemen gleich, sofern sie im Wesentlichen den in Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 98/26/EG angeführten Voraussetzungen entsprechen. System im Sinne des Satzes 1 ist auch ein System, dessen Betreiber eine Vereinbarung mit dem Betreiber eines anderen Systems oder den Betreibern anderer Systeme geschlossen hat, die eine Ausführung von Zahlungs- oder Übertragungsaufträgen zwischen den betroffenen Systemen zum Gegenstand hat (interoperables System); auch die anderen an der Vereinbarung beteiligten Systeme sind interoperable Systeme.

(16a) Systembetreiber im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der für den Betrieb des Systems rechtlich verantwortlich ist.

(16b) Der Geschäftstag eines Systems umfasst Tag- und Nachtabrechnungen und beinhaltet alle Ereignisse innerhalb des üblichen Geschäftszyklus eines Systems.

(16c) Teilnehmer eines Systems im Sinne dieses Gesetzes sind die zur Teilnahme an diesem System berechtigten zentralen Gegenparteien, Systembetreiber, Clearingmitglieder einer zentralen Gegenpartei mit Zulassung gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und Verrechnungsstellen, Clearingstellen und Institute im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b, d oder e der Richtlinie 98/26/EG.

(17) Finanzsicherheiten im Sinne dieses Gesetzes sind Barguthaben, Geldbeträge, Wertpapiere, Geldmarktinstrumente sowie Kreditforderungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe o der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten (ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43), die durch die Richtlinie 2009/44/EG (ABl. L 146 vom 10.6.2009, S. 37) geändert worden ist, und Geldforderungen aus einer Vereinbarung, auf Grund derer ein Versicherungsunternehmen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes einen Kredit in Form eines Darlehens gewährt hat, jeweils einschließlich jeglicher damit in Zusammenhang stehender Rechte oder Ansprüche, die als Sicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts oder im Wege der Überweisung oder Vollrechtsübertragung auf Grund einer Vereinbarung zwischen einem Sicherungsnehmer und einem Sicherungsgeber, die einer der in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe a bis e der Richtlinie 2002/47/EG, die durch die Richtlinie 2009/44/EG geändert worden ist, aufgeführten Kategorien angehören, bereitgestellt werden; bei von Versicherungsunternehmen gewährten Kreditforderungen gilt dies nur, wenn der Sicherungsgeber seinen Sitz im Inland hat. Gehört der Sicherungsgeber zu den in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe e der Richtlinie 2002/47/EG genannten Personen oder Gesellschaften, so liegt eine Finanzsicherheit nur vor, wenn die Sicherheit der Besicherung von Verbindlichkeiten aus Verträgen oder aus der Vermittlung von Verträgen über

a)
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten,
b)
Pensions-, Darlehens- sowie vergleichbare Geschäfte auf Finanzinstrumente oder
c)
Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten
dient. Gehört der Sicherungsgeber zu den in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe e der Richtlinie 2002/47/EG genannten Personen oder Gesellschaften, so sind eigene Anteile des Sicherungsgebers oder Anteile an verbundenen Unternehmen im Sinne von § 290 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches keine Finanzsicherheiten; maßgebend ist der Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit. Sicherungsgeber aus Drittstaaten stehen den in Satz 1 genannten Sicherungsgebern gleich, sofern sie im Wesentlichen den in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe a bis e aufgeführten Körperschaften, Finanzinstituten und Einrichtungen entsprechen.

(18) Branchenvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind die Rechtsvorschriften der Europäischen Union im Bereich der Finanzaufsicht, insbesondere die Richtlinien 73/239/EWG, 98/78/EG, 2004/39/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG sowie Anhang V Teil A der Richtlinie 2002/83/EG, die darauf beruhenden inländischen Gesetze, insbesondere dieses Gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapierhandelsgesetz, das Kapitalanlagegesetzbuch, das Pfandbriefgesetz, das Gesetz über Bausparkassen, das Geldwäschegesetz einschließlich der dazu ergangenen Rechtsverordnungen sowie der sonstigen im Bereich der Finanzaufsicht erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

(19) Finanzbranche im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Branchen:

1.
die Banken- und Wertpapierdienstleistungsbranche; dieser gehören Kreditinstitute im Sinne des Absatzes 1, Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des Absatzes 1a, Wertpapierinstitute im Sinne des Absatzes 3d Satz 2, Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 des Kapitalanlagegesetzbuchs, extern verwaltete Investmentgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 13 des Kapitalanlagegesetzbuchs, Finanzunternehmen im Sinne des Absatzes 3, Anbieter von Nebendienstleistungen oder entsprechende Unternehmen mit Sitz im Ausland sowie E-Geld-Institute im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes sowie Zahlungsinstitute im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes an;
2.
die Versicherungsbranche; dieser gehören Erst- und Rückversicherungsunternehmen im Sinne des § 7 Nummer 33 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, Versicherungs-Holdinggesellschaften im Sinne des § 7 Nummer 31 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder entsprechende Unternehmen mit Sitz im Ausland an; zu den Versicherungsunternehmen im Sinne des ersten Halbsatzes gehören weder die Sterbekassen noch die in § 1 Absatz 4 und § 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes genannten Unternehmen und Einrichtungen.

(20) Finanzkonglomerat ist eine Gruppe oder Untergruppe von Unternehmen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetzes.

(21) Risikoträger sind Mitarbeiter, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt. Als Risikoträger gelten zudem die Geschäftsleiter nach Absatz 2 sowie die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans im Sinne des § 25d.

(22) (weggefallen)

(23) (weggefallen)

(24) Refinanzierungsunternehmen sind Unternehmen, die Gegenstände oder Ansprüche auf deren Übertragung aus ihrem Geschäftsbetrieb an folgende Unternehmen zum Zwecke der eigenen Refinanzierung oder der Refinanzierung des Übertragungsberechtigten veräußern oder für diese treuhänderisch verwalten:

1.
Zweckgesellschaften,
2.
Refinanzierungsmittler,
3.
Kreditinstitute mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums,
4.
Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums,
5.
Pensionsfonds oder Pensionskassen im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) oder
6.
eine in § 2 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder 3a genannte Einrichtung.
Unschädlich ist, wenn die Refinanzierungsunternehmen daneben wirtschaftliche Risiken weitergeben, ohne dass damit ein Rechtsübergang einhergeht.

(25) Refinanzierungsmittler sind Kreditinstitute, die von Refinanzierungsunternehmen oder anderen Refinanzierungsmittlern Gegenstände aus dem Geschäftsbetrieb eines Refinanzierungsunternehmens oder Ansprüche auf deren Übertragung erwerben, um diese an Zweckgesellschaften oder Refinanzierungsmittler zu veräußern; unschädlich ist, wenn sie daneben wirtschaftliche Risiken weitergeben, ohne dass damit ein Rechtsübergang einhergeht.

(26) Zweckgesellschaften sind Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darin besteht, durch Emission von Finanzinstrumenten oder auf sonstige Weise Gelder aufzunehmen oder andere vermögenswerte Vorteile zu erlangen, um von Refinanzierungsunternehmen oder Refinanzierungsmittlern Gegenstände aus dem Geschäftsbetrieb eines Refinanzierungsunternehmens oder Ansprüche auf deren Übertragung zu erwerben; unschädlich ist, wenn sie daneben wirtschaftliche Risiken übernehmen, ohne dass damit ein Rechtsübergang einhergeht.

(27) Interne Ansätze im Sinne dieses Gesetzes sind die Ansätze nach Artikel 143 Absatz 1, Artikel 221, 225 und 265 Absatz 2, Artikel 283, 312 Absatz 2 und Artikel 363 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung.

(28) Hartes Kernkapital im Sinne dieses Gesetzes ist das harte Kernkapital gemäß Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung.

(29) Wohnungsunternehmen mit Spareinrichtung im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft,

1.
die keine CRR-Institute oder Finanzdienstleistungsinstitute sind und keine Beteiligung an einem Institut oder Finanzunternehmen besitzen,
2.
deren Unternehmensgegenstand überwiegend darin besteht, den eigenen Wohnungsbestand zu bewirtschaften,
3.
die daneben als Bankgeschäft ausschließlich das Einlagengeschäft im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 betreiben, jedoch beschränkt auf
a)
die Entgegennahme von Spareinlagen,
b)
die Ausgabe von Namensschuldverschreibungen und
c)
die Begründung von Bankguthaben mit Zinsansammlung zu Zwecken des § 1 Absatz 1 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322) in der jeweils geltenden Fassung, und
4.
die kein Handelsbuch führen, es sei denn,
a)
der Anteil des Handelsbuchs überschreitet in der Regel nicht 5 Prozent der Gesamtsumme der bilanz- und außerbilanzmäßigen Geschäfte,
b)
die Gesamtsumme der einzelnen Positionen des Handelsbuchs überschreitet in der Regel nicht den Gegenwert von 15 Millionen Euro und
c)
der Anteil des Handelsbuchs überschreitet zu keiner Zeit 6 Prozent der Gesamtsumme der bilanz- und außerbilanzmäßigen Geschäfte und die Gesamtsumme aller Positionen des Handelsbuchs überschreitet zu keiner Zeit den Gegenwert von 20 Millionen Euro.
Spareinlagen im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe a sind
1.
unbefristete Gelder, die
a)
durch Ausfertigung einer Urkunde, insbesondere eines Sparbuchs, als Spareinlagen gekennzeichnet sind,
b)
nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind,
c)
nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftlichen Vereinen, Personenhandelsgesellschaften oder von Unternehmen mit Sitz im Ausland mit vergleichbarer Rechtsform angenommen werden, es sei denn, diese Unternehmen dienen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken oder bei den von diesen Unternehmen angenommenen Geldern handelt es sich um Sicherheiten gemäß § 551 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, und
d)
eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweisen;
2.
Einlagen, deren Sparbedingungen dem Kunden das Recht einräumen, über seine Einlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten bis zu einem bestimmten Betrag, der je Sparkonto und Kalendermonat 2 000 Euro nicht überschreiten darf, ohne Kündigung zu verfügen;
3.
Geldbeträge, die auf Grund von Vermögensbildungsgesetzen geleistet werden.

(30) (weggefallen)

(31) Eine zentrale Gegenpartei ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(32) Terrorismusfinanzierung im Sinne dieses Gesetzes ist Terrorismusfinanzierung nach § 1 Absatz 2 des Geldwäschegesetzes.

(33) Systemisches Risiko ist das Risiko einer Störung im Finanzsystem, die schwerwiegende negative Auswirkungen für das Finanzsystem und die Realwirtschaft haben kann.

(34) Modellrisiko ist der mögliche Verlust, den ein Institut als Folge von im Wesentlichen auf der Grundlage von Ergebnissen interner Modelle getroffenen Entscheidungen erleiden kann, die in der Entwicklung, Umsetzung oder Anwendung fehlerhaft sind.

(35) Im Übrigen gelten für die Zwecke dieses Gesetzes die Definitionen aus Artikel 4 Absatz 1 Nummer 5, 6, 8, 13 bis 18, 20 bis 22, 26, 29 bis 33, 35, 37, 38, 43, 44, 48, 49, 51, 54, 57, 61 bis 63, 66, 67, 73, 74, 82, 86 und 94 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 321/11
vom
2. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Abgabe von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
19. Januar 2012 in der Sitzung am 2. Februar 2012, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
- in der Verhandlung -,
Justizamtsinspektor
- bei der Verkündung -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 15. Februar 2011 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil darüber hinaus mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist mit Ausnahme des Freispruchs zu den Fällen unter C.X. der Urteilsgründe (Fälle 940 bis 942 der Anklageschrift). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln in 49 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf des Verschreibens von Betäubungsmitteln in 829 Fällen und vom Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen hat es den Angeklagten freigesprochen. Weiter hat es das Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung festgestellt und für den Fall, dass die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen werde, angeordnet, dass zwei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe für vollstreckt gelten. Es hat dem Angeklagten untersagt, für die Dauer von drei Jahren Substitutionsbehandlungen durchzuführen. Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie das Verfahren beanstandet und die allgemeine Sachrüge erhebt, ist zum überwiegenden Teil begründet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachbeschwerde Erfolg.

A.


2
I. Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage hatte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten, der über eine Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln nicht verfügt, zur Last gelegt, in der Zeit von Januar 2004 bis Mai 2006 in 110 Fällen (Fälle 830 bis 939 der Anklageschrift) Betäubungsmittel unerlaubt abgegeben zu haben, indem er in seiner Eigenschaft als mit der Substitution Betäubungsmittelabhängiger befasster Arzt für Patienten bestimmtes Methadon oder Levomethadon ("L-Polamidon") an Dritte mit dem Auftrag übergeben habe, es den an der Substitutionsbehandlung Teilnehmenden auszuhändigen. Weiter hatte sie dem Angeklagten vorgeworfen, in diesem Tatzeitraum in 829 Fällen (Fälle 1 bis 829 der Anklageschrift) Betäubungsmittel entgegen den Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes verschrieben zu haben, da die Substitutionsbehandlung des Angeklagten, in deren Rahmen die Verschreibungen vorgenommen worden seien, den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprochen habe, und in drei Fällen (Fälle 940 bis 942 der Anklageschrift ) mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben, indem er einem Patienten Methadon gegen Zahlung eines Entgelts überlassen habe. Im Übrigen hatte sie gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer, nicht angeklagter Taten abgesehen bzw. gemäß § 154a Abs. 1 StPO die Strafverfolgung auf die angeklagten Gesetzesverletzungen beschränkt.
3
II. Das Landgericht hat nach Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO in neun Fällen den Angeklagten in 49 Fällen (Fälle A.IV.3 der Urteilsgründe ) der Abgabe von Betäubungsmitteln (Methadongemisch mit einem Anteil von 1% Methadonhydrochlorid) schuldig gesprochen. Dabei hat es einzelne Fälle einer Herausgabe von Methadon zugunsten des Angeklagten zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst, da es nicht habe ausschließen können, dass die Gaben aus einer einheitlichen größeren Lieferung einer Apotheke gestammt hätten. In einem Teil der Fälle hat es die zusätzliche oder neuerliche Mitgabe von Methadon verneint, in einem Fall hat es sich nicht von einer Tatbeteiligung des Angeklagten zu überzeugen vermocht. Insoweit hat es aufgrund seiner konkurrenzrechtlichen Bewertung - tateinheitliche statt, wie angeklagt und zur Grundlage des Eröffnungsbeschlusses gemacht, tatmehrheitliche Begehung - von einem Teilfreispruch abgesehen. Von einem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ist es nicht ausgegangen, weil für sein Tun nicht leitend gewesen sei, sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.
4
In den Fällen 1 bis 829 der Anklageschrift (Fälle C.I. der Urteilsgründe) hat es den Angeklagten freigesprochen und hierzu ausgeführt, eine Strafbarkeit wegen einer Verschreibung von Betäubungsmitteln im Zuge einer ärztlichen Substitutionsbehandlung komme nur dann in Betracht, wenn der Arzt Substitutionsmittel entweder einem nicht-opiatabhängigen Patienten verschreibe oder dies mit der Zielsetzung einer intravenösen Anwendung oder in Kenntnis nachfolgender körperlicher Beeinträchtigungen oder in dem Wissen um eine anderweitige Substitutionsbehandlung tue; diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt gewesen. Es hat weiter angenommen, dem Angeklagten, einem approbierten niedergelassenen Arzt, der im Jahr 2000 einen insgesamt fünfzigstündigen Lehrgang zu den betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben einer Substitutionsbehandlung absolviert habe, habe jedenfalls der erforderliche Vorsatz gefehlt , sofern eine Verschreibung engeren Voraussetzungen als den vom Landgericht angenommenen unterlegen habe.
5
In den Fällen 940 bis 942 der Anklageschrift (Fälle C.X. der Urteilsgründe ) ist es zu einem Freispruch gelangt, weil es nicht die Überzeugung gewonnen hat, Zahlungen des Patienten an den Angeklagten hätten in Zusammenhang mit der Überlassung von Betäubungsmitteln gestanden.

B.


6
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der der gesamte Urteilsausspruch zur Überprüfung des Senats steht, ist mit der allgemeinen Sachrüge überwiegend erfolgreich. Die nach § 301 StPO zugunsten des Angeklagten gebotene Überprüfung hat Rechtsfehler auch zu seinem Nachteil ergeben, soweit er verurteilt worden ist. Auf die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an.
7
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln in 49 Fällen, bei der das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 - 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273 f.; Beschluss vom 28. Juli 2009 - 3 StR 44/09, BGHR BtMG § 13 Abs. 1 Abgabe 1) zugrunde gelegt hat, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Die getroffenen Feststellungen ergeben keine hinreichende Grundlage für die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts, in den Fällen 1 bis 3, 5, 6, 8, 10 bis 12, 14, 16 bis 23, 27 bis 32, 34 bis 36, 38 und 47 bis 49 unter A.IV.3 der Urteilsgründe sei von einer tateinheitlichen statt von einer durchgängig tatmehrheitlichen Begehungsweise auszugehen.
9
aa) Sämtliche Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittel beziehen, sind als eine Tat anzusehen, wenn bereits der Erwerb der Betäubungsmittel, die zum Zweck der Weitergabe beschafft werden, den Tatbestand einer Variante des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllt; denn in diesem Fall bilden die aus dem einheitlich bezogenen Betäubungsmittelvorrat vorgenommenen Weitergaben von Einzelmengen lediglich unselbständige Teilakte ein und desselben strafbaren Güterumsatzes im Sinne einer strafrechtlichen Bewertungseinheit (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 - 4 StR 222/97, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 15). Ist der Erwerb des Betäubungsmittelvorrats dagegen für sich nicht strafbewehrt und greift eine Strafnorm des Betäubungsmittelgesetzes erst mit der Weitergabe hieraus entnommener Teilmengen ein, fehlt es an einem die Einzeltaten zu einer Bewertungseinheit verbindenden einheitlichen Güterumsatz.
10
bb) Ob schon der Erwerb der Substitutionsmittel den Straftatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG erfüllte, lässt sich den Feststellungen des Landgerichts nicht entnehmen, weil die Urteilsgründe über den Hinweis, sie hätten aus dem Bestand einer Apotheke gestammt, keine weitere Aufklärung darüber geben, auf welche Weise der Angeklagte an die Substitutionsmittel gelangte. Feststellungen zu einem Erwerb nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG fehlen. Insbesondere zu den Voraussetzungen der § 2 Abs. 3, § 5 Abs. 5 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 BtMVV bzw. zu einem Erwerb zu gesetzlich zulässigen Zwecken und nicht schon mit dem Ziel einer Abgabe entgegen betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften ist den Urteilsgründen hinreichendes nicht zu entnehmen. Deshalb kommt eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nicht in Betracht. Vielmehr wird der neue Tatrichter die angeklagten Taten trotz der Beschränkung der Strafverfolgung auf die Abgabe von Betäubungsmitteln unter dem Aspekt der tateinheitlichen (§ 264 StPO) Mitverwirklichung weiterer Varianten des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu untersuchen und danach das Konkurrenzverhältnis zu bestimmen haben; denn die Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 1 StPO hat auf die konkurrenzrechtliche Bewertung keinen Einfluss (vgl. BGH, Beschluss vom 6. September 1988 - 1 StR 481/88, BGHR StPO § 154a Klammerwirkung

1).


11
b) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht in diesem Tatkomplex darüber hinaus zulasten des Angeklagten von einem Teilfreispruch abgesehen, soweit es sich nicht von einer Täterschaft des Angeklagten hat überzeugen können. Sämtliche Fälle der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln waren als tatmehrheitlich begangen (§ 53 StGB) angeklagt; dem ist das Landgericht im Eröffnungsbeschluss gefolgt. Es hätte deshalb, um den Eröffnungsbeschluss zu erschöpfen, ohne Rücksicht auf die dem Urteil zugrunde gelegte konkurrenzrechtliche Bewertung den Angeklagten teilweise freisprechen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 202; Beschluss vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Beschluss vom 3. Juni 2008 - 3 StR 163/08, NStZ-RR 2008, 316; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 13).
12
c) Der Senat hebt den gesamten Schuldspruch samt der zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) auf, um dem neuen Tatrichter in Anbetracht der eng verwobenen Tatvorwürfe eine umfassende Beurteilung zu ermöglichen. Damit entfällt der gesamte Rechtsfolgenausspruch.
13
2. Weiter unterliegt das Urteil samt den insoweit getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO, vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 353 Rn. 15a) der Aufhebung , soweit das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf des unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in den Fällen unter C.I. der Urteilsgründe (Fälle 1 bis 829 der Anklageschrift) freigesprochen hat; denn es hat hierzu aufgrund eines rechtsfehlerhaften Beurteilungsmaßstabs nur unzureichende Feststellungen getroffen.
14
a) Ein im Rahmen der Substitutionsbehandlung von Betäubungsmittelabhängigen tätiger Arzt verstößt gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG, wenn er als Substitutionsmittel verwendete Betäubungsmittel der in Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz bezeichneten Art entgegen § 13 Abs. 1 BtMG verschreibt (BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 - 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273). Nach § 13 Abs. 1 BtMG dürfen die in Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz bezeichneten Betäubungsmittel von Ärzten nur dann verschrieben werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist.
15
Eine Substitutionsbehandlung ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG nur als ultima ratio zulässig (vgl. Nestler, MedR 2009, 211, 214). Eine Verschreibung von Betäubungsmitteln ohne Indikationsstellung und ohne Prüfung von Behandlungsalternativen ist unbegründet und nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbar (Körner/Patzak, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 15 Rn. 14 a.E.), weil sie nicht gewährleistet, dass gegebenenfalls andere und damit vorrangige Behandlungsmethoden zur Anwendung kommen.
16
b) Gleiches gilt, wenn der Substitutionsbehandlung eine unzureichende ärztliche Kontrolle zugrunde liegt (Körner/Patzak, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 21 a.E.), wobei § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV der Umfang der erforderlichen ärztlichen Begleitung und damit die innerhalb der § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 BtMG verbindliche Richtschnur der sorgfältigen Substitutionsbehandlung zu entnehmen ist (Körner/Patzak, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 41 a.E.).
17
Einer Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG wegen einer unzureichenden ärztlichen Begleitung der Substitutionsbehandlung steht nicht entgegen, dass eine Verschreibung unter Missachtung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV nicht nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG, § 16 Nr. 2 Buchst. a BtMVV bestraft werden kann. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG in Verbindung mit der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung sanktioniert Verstöße gegen formelle Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung. Materielle Zuwiderhandlungen, zu denen es gehört, wenn der Arzt Substitutionsmittel verschreibt , obwohl er sich nicht fortlaufend in Übereinstimmung mit der Subsidiaritätsregel des § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG über die Fortschritte der Behandlung unterrichtet, sind nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbar, ohne dass § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG Sperrwirkung entfaltet (Nestler, MedR 2009, 211, 215; aA von Glahn, ZAP Fach 21, S. 213, 215 f.).
18
c) Diese Maßgaben einer zulässigen Substitutionsbehandlung sind aus den §§ 29, 13 BtMG, § 5 BtMVV ohne weiteres ersichtlich, so dass für den Arzt als Adressaten der Strafnorm - den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 - 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384 f.; Nestler, MedR 2009, 211, 215) - klar erkennbar ist, unter welchen Voraussetzungen er sich durch das Verschreiben eines zur ärztlichen Medikation zugelassenen Substitutionsmittels strafbar macht.
19
d) Zu den gesetzlichen Voraussetzungen ordnungsgemäßer Verschreibungen fehlen hinreichende Feststellungen. Das Landgericht hat sich lediglich mit der Ermittlung des für die Erfüllung der Verschreibungsvoraussetzungen im Rahmen einer Substitutionsbehandlung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 Buchst. c BtMVV gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BtMVV maßgebenden Standes der medizinischen Wissenschaft befasst und sich weitestgehend auf die Prüfung beschränkt, ob dieser vom Angeklagten gewahrt wurde. Ob die in § 5 Abs. 2 Satz 1 BtMVV aufgezählten sonstigen rechtlichen Voraussetzungen einer zulässigen Verschreibung zu Substitutionszwecken erfüllt wurden, hat es dagegen nicht oder nur unzureichend in den Blick genommen. Insbesondere der Frage der Eingangs- und fortlaufender Kontrolluntersuchungen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV) durch den Angeklagten und der Erstellung eines auf das Erreichen einer Betäubungsmittelabstinenz zielenden Behandlungskonzepts als Voraussetzungen einer betäubungsmittelrechtlich unbedenklichen Verschreibung von Substitutionsmitteln ist es nicht weiter nachgegangen. Eine regelmäßige oder gar wöchentliche Konsultation des Angeklagten hat es nicht festgestellt, sondern festgehalten, ein "direkter Arzt-Patienten-Kontakt" habe hauptsächlich stattgefunden, "wenn der Patient ein konkretes Anliegen, z.B. körperliche Beschwerden und/oder den Wunsch nach Änderung der Dosierung", gehabt habe. Regelmäßiger, vom Angeklagten initiierter Konsultationen hätte es indessen bedurft, um eine Verschreibung von Substitutionsmitteln in Einklang mit § 13 BtMG zu bringen. "[A]ußerhalb einer förmlichen Untersuchungssituation, z.B. am Tresen", "im Vorbeigehen" oder über den Mobilfunkanschluss geführte Gespräche des Angeklagten mit Patienten, bei denen eine körperliche Untersuchung oder eine Unterredung unter vier Augen nicht stattfand und entsprechend der Fortschritt der Substitutionstherapie und die weiter unabdingbare Verschreibung von Substitutionsmitteln nicht überprüft werden konnten, waren entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht geeignet, den gesetzlichen, insoweit einer abweichenden Bewertung aufgrund sachverständiger Beweiserhebung zu alternativen Behandlungsansätzen nicht zugänglichen Anforderungen Genüge zu tun.
20
e) Das Landgericht hat darüber hinaus ein vorsätzliches - im Gegensatz zu einem bloß fahrlässigen und damit im Gegenschluss nach § 29 Abs. 4 BtMG nicht strafbaren - Handeln des Angeklagten aufgrund unzureichender Feststellungen verneint. Der das Substitutionsmittel entgegen § 13 BtMG verschreibende Arzt handelt vorsätzlich, wenn er zumindest billigend in Kauf nimmt, dass seine Verschreibung nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht und Verschreibungen von Betäubungsmitteln ohne Untersuchung oder ohne medizinische Indikation bzw. ohne ausreichende Kontrolle einen ärztlichen Kunstfehler darstellen (Körner/Patzak, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 47). Mit der Frage diesbezüglicher (Er-)Kenntnisse des Angeklagten hat sich das Landgericht nicht hinreichend befasst. Es hat allein aufgrund des Umstands erhebliche Zweifel am subjektiven Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG gehegt , dass es bei der Ermittlung des allgemein anerkannten Stands der medizi- nischen Wissenschaft nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BtMVV in der Hauptverhandlung erhebliche Zeit aufgewandt und divergierende Auffassungen ermittelt hat. Der Stand der medizinischen Wissenschaft spielt indessen für die rechtliche Voraussetzung hinreichender Untersuchungen als Maßgabe einer zulässigen Substitutionsbehandlung keine Rolle. Das Landgericht hätte daher der Frage nachgehen müssen, ob der Angeklagte im Zuge des von ihm im Jahr 2000 absolvierten Lehrgangs - den Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns im angeklagten Zeitraum begründend - über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Substitutionsbehandlung unterrichtet worden war.
21
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen den Freispruch in den Fällen unter C.X. der Urteilsgründe (Fälle 940 bis 942 der Anklageschrift) richtet.
22
a) Das Landgericht ist für sich genommen rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , der Angeklagte könne in diesen drei Fällen nicht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig gesprochen werden, weil ihm ein eigennütziges Verhalten als Voraussetzung eines täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1986 - 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126; Beschluss vom 28. Juli 2009 - 3 StR 44/09, BGHR BtMG § 13 Abs. 1 Abgabe 1; Beschluss vom 18. Januar 2011 - 3 StR 479/10, juris; st. Rspr.) nicht nachweisbar sei. Es hat in einer den Anforderungen des § 267 Abs. 5 StPO genügenden Weise dargelegt, es habe Zahlungen zugunsten des Angeklagten Zug um Zug gegen die Übergabe von Methadon nicht festgestellt.
23
b) Dass das Landgericht die angeklagten Taten nicht (auch) unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln gewertet hat, führt nicht zum Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft.

24
Zwar ist der Tatrichter grundsätzlich gehalten, die angeklagte Tat unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen. Dieser Kognitionspflicht dürfen aber keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Wird die Strafverfolgung wie hier durch die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung nach § 154a Abs. 1 StPO auf eine Gesetzesverletzung - konkret das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - beschränkt, so können, wie sich aus der Notwendigkeit einer formellen Wiedereinbeziehung nach § 154a Abs. 3 Satz 1 StPO ergibt, zunächst ausgeschiedene Gesetzesverletzungen nur dann Gegenstand einer Verurteilung sein, wenn die Entscheidung über die Beschränkung zuvor rückgängig gemacht wird. Da es sich hierbei um einen Verfahrensvorgang handelt, kann die unterbliebene Wiedereinbeziehung als Verfahrensverstoß nur mit einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden, von der Staatsanwaltschaft indessen nicht erhobenen Verfahrensbeschwerde gerügt werden. Die Beanstandung einer Verletzung materiellen Rechts genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 - 4 StR 370/95, BGHR StPO § 154a Abs. 3 Wiedereinbeziehung 3; MeyerGoßner , aaO, § 264 Rn. 12 a.E.).
25
Der Senat ist an der daher gebotenen teilweisen Verwerfung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht durch das Urteil des 1. Strafsenats vom 18. Juli 1995 (1 StR 320/95, NStZ 1995, 540) gehindert. Denn soweit dort die Ansicht vertreten wird, das Unterlassen einer Wiedereinbeziehung ausgeschiedener Gesetzesverletzungen könne mit der Sachrüge geltend gemacht werden, handelt es sich nicht um eine die Entscheidung tragende Erwägung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1963 - GSSt 2/62, BGHSt 19, 7, 9; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 132 Rn. 20). In dem genannten Fall unterlag der Freispruch (auch) der Aufhebung, weil das Landgericht den festgestellten Sachverhalt unter wei- teren rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen unterlassen hatte, die von der Beschränkung nach § 154a StPO nicht erfasst waren. Das Urteil des 2. Strafsenats vom 19. Februar 1997 (2 StR 561/96, BGHR StPO § 154a Abs. 3 Wiedereinbeziehung 4) lässt die Beachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 154a Abs. 3 StPO auf die allgemeine Sachrüge ausdrücklich dahinstehen.
26
II. Die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung in den Fällen unter A.IV.3 der Urteilsgründe ist mit der Sachbeschwerde aus den oben dargelegten Gründen gerechtfertigt. Auf die Verfahrensbeanstandungen kommt es daher nicht mehr an.
27
III. Mit der Aufhebung und Zurückverweisung nach § 354 Abs. 2 StPO entfällt die Kostenentscheidung des Landgerichts. Die Kostenbeschwerde des Angeklagten (§ 464 Abs. 3 StPO) ist damit gegenstandslos (Meyer-Goßner, aaO, § 464 Rn. 20).
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 302/12
vom
22. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. November 2012 gemäß § 154a
Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 27. April 2012 wird
a) der Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Munition mit Zustimmung des Generalbundesanwalts von der Verfolgung ausgenommen,
b) das vorbezeichnete Urteil, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen , davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Schusswaffen, und des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen schuldig ist, bb) hinsichtlich der in den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen und wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Waffen- und Munitionsbesitz unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in einer Höhe von 7.000 Euro angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte in seiner Wohnung seit dem Jahr 2009 drei Pistolen verschiedener Fabrikate, einen Minirevolver und ein Kleinkaliber-Einzelladergewehr sowie Munition unterschiedlicher Kaliber auf. Im November 2010 kaufte er bei dem gesondert Verfolgten S. 100 Gramm Marihuana sowie 2 Gramm Kokainzubereitung und übergab ihm später als Sicherheit für dieses Geschäft eine Pistole der Marke Berretta aus seinem Waffenbestand. Im Dezember 2010 kaufte der Angeklagte von S. 870 Gramm Haschisch mit einem THC-Anteil von 10 %, die er nach kurzer Lagerzeit in seiner Wohnung mit Gewinn weiterverkaufte (Fall II.1). Im Februar 2011 kaufte der Angeklagte von S. 2.100 Gramm Haschisch mit einem THC-Anteil von 10 %, von denen er 2.000 Gramm sofort mit Gewinn an einen seiner Abnehmer weiterverkaufte. Die restlichen 100 Gramm nahm er mit in seine Wohnung. Auch dieses Rauschgift war für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt (Fall II.2). Am 16. April 2011 kaufte der Angeklagte von S. drei Gramm Kokainzubereitung mit einem CHC-Anteil von 40 % zum Eigenkonsum und verarbeitete dieses Rauschgift in seiner Wohnung zu Crack (Fall II.3). Mitte April 2011 überließ der Angeklagte dem anderweitig verfolgten S. aus seinem Waffenlager die ihm noch verbliebenen Pistolen und den Minirevolver als „Pfand“. Am 18. April 2011 kaufte er von S. 1.000 Gramm Haschischmit einem THC-Anteil von 10 % und verkaufte dieses nach kurzer Lagerung in seiner Wohnung mit Gewinn weiter (Fall II.4 der Urteilsgründe). Am 27. April 2011 übernahm der Angeklagte von S. 2.000 Gramm Marihuana. Die geforderte Vorkasse von 4.600 Euro vermochte er nicht zu leisten. Angesichts seiner schlechten Finanzlage kam der Angeklagte mit S. überein, dass die im Dezember 2010 und April 2011 überlassenen Pistolen mit jeweils 1.000 Euro auf die Schulden des Angeklagten verrechnet werden. Nachdem der Angeklagte das Marihuana wegen Minderqualität zurückgegeben hatte, erhielt er dafür von S. im Austausch 500 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Amphetaminbaseanteil von 7,5 %. Der hierfür vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 900 Euro war von der Verrechnungsabrede mit umfasst. Auch dieses Rauschgift war für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt (Fall II.5 der Urteilsgründe ). Unabhängig hiervon kaufte der Angeklagte in zwei Fällen noch jeweils zwei Gramm Kokainzubereitung mit einem CHC-Anteil von 40 %, die für seinen Eigenverbrauch bestimmt waren. Im ersten Fall wurde das Rauschgift von ihm bar bezahlt (Fall II.6 der Urteilsgründe). Im zweiten Fall kaufte der Angeklagte bei dem anderweitig verfolgten B. , der ihm das Rauschgift in seine Wohnung liefern ließ (Fall II.7 der Urteilsgründe).
3
2. Der Senat hat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts den Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Munition nach § 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG gemäß § 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen, weil diese Gesetzesverletzung für die Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt.
4
3. Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), soweit der Angeklagte in den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe auch wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG verurteilt worden ist. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
a) Der Angeklagte hat während des gesamten Tatzeitraumes ein Waffenlager unterhalten. Dadurch wurde der Besitz aller angesammelten Waffen – losgelöst von deren waffenrechtlicher Einordnung – zu einer unter Konkur- renzgesichtspunkten einheitlichen Dauerstraftat nach dem Waffengesetz verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2003 – 1 StR 457/02, NStZ-RR 2003, 124, 125). Das Konkurrenzverhältnis dieser Dauerstraftat zu den zeitgleich begangenen Betäubungsmittelstraftaten beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Annahme von Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) setzt daher voraus, dass die maßgeblichen Tatbestände wenigstens teilweise durch ein und dieselbe Handlung verwirklicht worden sind. Die bloße Gleichzeitigkeit reicht dazu nicht aus (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 – 4 StR 78/99, NStZ 2000, 85; Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319). Eine tateinheitliche Verknüpfung zwischen dem Waffenbesitz und den Betäubungsmittelstraftaten kann sich auch dann ergeben, wenn Ausführungshandlungen zu beiden Gesetzesverletzungen die Merkmale eines dritten Delikts erfüllen und dieses Delikt aufgrund seiner Schwere zwischen beiden eine Klammerwirkung zu entfalten vermag. Dies gilt auch dann, wenn das verbin- dende (dritte) Delikt nach den §§ 154, 154a StPO ausgeschieden worden ist (BGH, Beschluss vom 6. September 1988 – 1 StR 481/88, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 3).
6
b) Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, dass es in den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe zu Überschneidungen zwischen dem Besitz der diversen Schusswaffen und den jeweiligen Betäubungsmittelstraftaten gekommen ist. Der Umstand, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel zeitweilig in seiner Wohnung aufbewahrte, wo sich auch seine Waffensammlung befand, vermag keinen eine Handlungseinheit begründenden Zusammenhang zu belegen. Eine zeitgleiche Aufbewahrung von Waffen und Betäubungsmitteln kann die Annahme einer Handlungseinheit regelmäßig nur dann rechtfertigen , wenn darüber hinaus ein – hier nicht festgestellter – funktionaler Zusammenhang zwischen beiden Besitzlagen besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 1994 – 5 StR 189/94, Heinrich in Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht , 9. Aufl., § 52 WaffG Rn. 90b). Die ebenfalls nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG strafbare Überlassung der dem Waffenlager entnommenen Pistole Berretta im Dezember 2010 diente allein der finanziellen Absicherung des nicht abgeurteilten Ankaufs von 100 Gramm Marihuana und 2 Gramm Kokainzubereitung im November 2010 und stand in keinem Zusammenhang mit den größeren Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten vom Dezember 2010 und Februar 2011 (Fälle II.1 und 2 der Urteilsgründe), sowie dem Kokainankauf im April 2011 (Fall II.3 der Urteilsgründe).
7
c) Dagegen weist die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
8
Der Senat entnimmt den Feststellungen, dass der zu Handelszwecken erfolgte Betäubungsmittelankauf vom 18. April 2011 (Fall II.4 der Urteilsgründe) durch die Mitte April erfolgte Hingabe der drei weiteren Schusswaffen aus der Waffensammlung des Angeklagten abgesichert worden ist. Die darinliegende – vomLandgericht nach § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedene (UA 13) – Überlassung von Schusswaffen nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG verknüpft den durch den Unterhalt der Waffensammlung verwirklichten unerlaubten Besitz von Schusswaffen mit dem in dem abgesicherten Betäubungsmittelgeschäft liegenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit.
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der weitere Besitz der Waffen, insbesondere an dem noch verbliebenen Kleinkaliber-Einzelladergewehr, stellt zwar ein selbstständig zu beurteilendes Dauerdelikt nach § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG dar (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1998 – 2 StR 670/97, NStZ-RR 1999, 8, 9). Das Unterlassen der gesonderten Aburteilung dieser Straftat und die im Fall II.5 erfolgte Annahme von Tateinheit beschweren den Angeklagten aber nicht.
10
4. In den Fällen II.1, II.2, II.3, II.6 und II.7 der Urteilsgründe war die jeweils erkannte Einzelstrafe aufzuheben, weil das Landgericht den tateinheitlich begangenen Verstoß gegen das Waffengesetz strafschärfend berücksichtigt hat. Dadurch verliert auch der Gesamtstrafenausspruch seine Grundlage.
11
In den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe ist aufgrund der Verfolgungsbeschränkung lediglich der Schuldspruch wegen des tateinheitlich begangenen Besitzes von Munition weggefallen. Der Senat vermag auszuschließen, dass das Landgericht in diesen Fällen auf eine noch mildere Strafe erkannt hätte, sodass die Einzelstrafen bestehen bleiben können.
12
Die Anordnung des Wertersatzverfalls kann ebenfalls bestehen bleiben, weil sie allein an die rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen anknüpft und in keinem inneren Zusammenhang mit dem Strafausspruch steht (vgl. BGH, vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271).
Mutzbauer Cierniak Franke
Schmitt Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach
a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen,
b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt,
c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder
4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1
a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder
b)
Munition erwirbt oder besitzt,
wenn die Tat nicht in Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a oder b mit Strafe bedroht ist,
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt,
4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit
a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder
b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt,
6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt,
7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder
10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.

(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Wer

1.
Geschäfte betreibt, die nach § 3, auch in Verbindung mit § 53b Abs. 3 Satz 1 oder 2, verboten sind, oder
2.
ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1) eine Clearingdienstleistung erbringt.

(1b) Ebenso wird bestraft, wer ohne die erforderliche Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 eine Zentralverwahrertätigkeit ausübt.

(1c) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1) eine Schwarmfinanzierungsdienstleistung erbringt.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

14
Eine tatbestandliche Handlungseinheit ist gegeben, wenn der Tatbestand seinem Sinn nach neben einmaligen Handlungen auch alle Betätigungen im Rahmen eines über den Einzelfall hinausreichenden, in eine Beziehung oder Organisation eingebetteten oder auf eine gewisse Dauer angelegten Ver- haltens umfasst (vgl. LK/Rissing-van Saan, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 24). Dabei ist eine ununterbrochene deliktische Tätigkeit nicht vorausgesetzt (vgl. Roxin AT, Band II, § 33 Rn. 25, vgl. auch BGH, Beschluss vom 7. August 1996 – 3 StR 318/96, BGHSt 42, 215 zu §§ 98, 99 StGB; Urteil vom 22. Januar 1971 – 3 StR 3/70 II, BGHSt 24, 72, 77; Beschluss vom 5. Juni 1996 – 3 StR 534/95 I, NStZ 1996, 492 zu § 94 StGB; Urteil vom 15. Dezember 1960 – 3 StR 26/59, BGHSt 15, 259, 262 zu §§ 90a, 129a Abs. 2 StGB aF; Beschluss vom 19. November 1997 – 3 StR 574/97, NJW 1998, 1652 f. zu § 20 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VereinsG). Strafnormen, die den tatbestandlichen Unrechtsgehalt durch pauschalierende Handlungsbeschreibungen wiedergeben, finden sich etwa bei den Staatsschutzdelikten, insbesondere bei der geheimdienstlichen Agententätigkeit nach §§ 98, 99 StGB. Dort stellt sich eine Mehrzahl von Einzeltätigkeiten, die von dem fortdauernden Willen zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst einer fremden Macht getragen sind, regelmäßig als tatbestandliche Handlungseinheit dar, soweit und solange sie insgesamt eine gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Tätigkeit enthalten (BGH, Beschluss vom 7. August 1996 – 3 StR 318/96, BGHSt 42, 215, 217 f.; Urteil vom 26. Februar 1997 – 3 StR 525/96, BGHSt 43, 1, 4). § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG erfüllen in vergleichbarer Weise die Voraussetzungen einer tatbestandlichen Handlungseinheit. Der Begriff des "Betreibens" des verbotenen Geschäfts stellt eine pauschalierende Handlungsbeschreibung dar, zielt schon seinem Wortlaut nach auf "Bankgeschäfte" ab und beschreibt damit eine auf Dauer angelegte Handlung (Erbs/Kohlhaas/Häberle, 219. EL., KWG § 54 Rn. 3), die aus vielen einzelnen Tätigkeiten bestehen kann, aber nicht notwendigerweise muss. Insoweit werden eine Mehrheit natürlicher Einzelhandlungen zu einer einmaligen Verwirklichung des Tatbestandes zusammengefasst. Dies gilt sowohl für jedes einzelne Darlehensgeschäft, das mit seiner Anbahnung beginnt, die Darlehensauskehrung beinhaltet und schließlich mit der ratenweisen Rückzahlung des Darlehens bis hin zur vollständigen Rückführung endet. Es gilt aber auch im Rahmen gewerbsmäßiger bzw. solcher Darlehensgeschäfte , die in einem einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordernden Umfang betrieben werden, für eine Vielzahl einzelner Darlehensgewährungen an unterschiedliche Darlehensnehmer zu verschiedenen Zeitpunkten, die vom Begriff des "Betreibens von Bankgeschäften" umfasst sind. Danach handelt es sich hier bei den 24 Einzelausreichungen der Darlehen innerhalb des durch den Begriff des "Betreibens von Bankgeschäften" tatbestandlich vorgegebenen Rahmens lediglich um die einmalige Verwirklichung des Tatbestands.
2
Zur konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Darlehensgeschäfte des Angeklagten G. hat der Generalbundesanwalt ausgeführt (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 2 StR 416/16, NJW 2018, 3467 Rn. 12 ff.). „Es bestehen durchgreifende Bedenken, soweit die Strafkammer Tatmehrheit zwischen den insgesamt 52 Darlehensgeschäften des Angeklagten angenommen hat. Stattdessen ist von einer einzigen Tat gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG auszugehen, die sich über den Zeitraum von August 2008 bis Juli 2011 erstreckt hat und innerhalb derer die jeweiligen Darlehensgeschäfte lediglich Einzelakte einer tatbestandlichen Bewertungseinheit dargestellt haben (Bock in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Auflage, 2017, KWG § 54 Rn. 96, m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem Umstand , dass der Begriff des unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften nicht allein die konkreten Einzelgeschäfte erfasst, sondern jegliche Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, solche Geschäfte auszuführen (Bock, a.a.O., Rn. 11, m.w.N.), namentlich insbesondere das Unterhalten einer hierauf gerichteten Organisationsstruktur. Hinzukommt, dass das Betreiben von Bankgeschäften gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG nur dann der Erlaubnispflicht unterliegt, wenn es gewerbsmäßig, also insbesondere auf Dauer angelegt, oder in einem Umfang erfolgt, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Daher können einzelne Bankgeschäfte isoliert regelmäßig nicht den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG erfüllen und infolgedessen auch nicht maßgeblich für die konkurrenzrechtliche Unterteilung des Tatgeschehens in Einzeltaten sein. Der Annahme einer sämtliche Darlehensgeschäfte umfassenden Bewertungseinheit steht nicht entgegen, dass der Angeklagte Darlehen von mehreren Dritten entgegengenommen und das hierdurch erlangte Geld bei zwei unterschiedlichen Empfängern angelegt hat. Sämtliche dieser Vorgänge wurden von einer einheitlichen Geschäftsorganisation getragen und beruhten auf demselben kontinuierlichen Tatentschluss. Aus dem gleichen Grund ist auch nicht von Tatmehrheit zwischen der Entgegennahme von Darlehen und der Gewährung von Darlehen durch den Angeklagten auszugehen, obwohl diese unterschiedliche Tatmodalitäten darstellen (Bock, a.a.O., Rn. 98).“

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 310/16
vom
25. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:251017B1STR310.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 24. Juni 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte M. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang , der Angeklagte K. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Steuerhinterziehung in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, hinsichtlich des Angeklagten K. auch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Lohnsteuer, aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Schwerin zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen 25-facher Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Beschäftigung von mehr als fünf Ausländern ohne Genehmigung, den Angeklagten K. darüber hinaus tateinheitlich wegen 25-facher Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, gegen den Angeklagten K. eine solche von acht Monaten verhängt, und deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen und erheben jeweils die ausgeführte Sachrüge, der Angeklagte M. auch Verfahrensrügen.
2
Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschied der Geschäftsführer der Hotelanlage Y. zur Kosteneinsparung polnische Arbeiter im Rahmen von Werkverträgen auf der Hotelanlage einzuset- zen. Sie sollten nach Bedarf durch den Angeklagten M. in Polen akquiriert werden, dort ein Gewerbe anmelden und anschließend auf Grund von Werkverträgen in der Hotelanlage eingesetzt werden. Nachdem der Geschäftsführer der Hotelanlage die ersten Verträge aus dem Jahr 2006 unterschrieben hatte, unterzeichnete sie in der Folgezeit meist der Angeklagte K. als technischer Leiter der Hotelanlage. Der Angeklagte K. informierte auch jeweils den Angeklagten M. über die Anzahl der benötigten Hilfskräfte und der Angeklagte M. warb sie sodann in Polen an.
4
Die jeweils als Werkvertrag bezeichneten Verträge enthielten Beschreibungen von durchzuführenden Arbeiten wie den Transport und die Reparatur von Möbeln, Garten- oder Reinigungsarbeiten. Die polnischen Arbeitskräfte, die vor der Unterschrift unter diese Verträge in Polen ein Gewerbe angemeldet hatten , waren im Jahr 2007 in der Gärtnerei eingesetzt und führten Hilfsarbeiten beim Reinigen der Hotelanlage aus. Ab Frühjahr 2008 arbeiteten verstärkt polnische Frauen als Zimmermädchen. Die polnischen Arbeitskräfte waren wie Arbeitnehmer in den Betriebsablauf der Hotelanlage integriert, trugen die Dienstkleidung der Hotelanlage, erhielten Arbeits- und Putzmittel gestellt und unterlagen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort den Anordnungen der Mitarbeiter der Hotelanlage. Die Lohnrechnungen schrieb der Angeklagte M. . Der Stundenlohn wurde regelmäßig für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen abgerechnet und von einem der beiden Angeklagten an die polnischen Arbeitskräfte ausbezahlt.
5
Die in der Hotelanlage beschäftigten 90 polnischen Arbeitnehmer besaßen keine Genehmigung nach § 284 Abs. 1 SGB III in der jeweils gültigen Fassung und waren der Sozialversicherung und dem Finanzamt nicht gemeldet. Von Januar 2007 bis Januar 2009 wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 229.188,14 € und Lohnsteuer in Höhe von 108.255,67 € nicht abgeführt.

II.


6
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich der Schuldsprüche keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen des Angeklagten M. bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen ohne Erfolg.
7
Die Schuldsprüche der beiden Angeklagten beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung und weisen – bis auf die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Vergehen nach dem Schwarzarbeitsgesetz (SchwarzArbG) – keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Die Strafzumessung hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Die Strafkammer hat zutreffend 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und zur Hinterziehung von Lohnsteuer (§ 370 AO) angenommen.
9
Die Angeklagten haben in jedem der abgeurteilten 25 Monate jeweils mindestens einen Gehilfenbeitrag zu den von dem Geschäftsführer der Hotelanlage jeden Monat begangenen Haupttaten geleistet. Da sich derselbe Gehilfenbeitrag sowohl auf die Haupttat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt als auch – beim Angeklagten K. – auf die Haupttat der Steuerhinterziehung auswirkt, ergeben sich insgesamt 25 Beihilfestraftaten.
10
Zugleich haben die Angeklagten mit ihren Handlungen Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG geleistet, soweit die Zahl der polnischen Beschäftigten fünf Beschäftigte pro Monat überstieg. Dies war nach den Urteilsfeststellungen in den Monaten Januar und Februar 2007, Januar und Februar 2008 und Januar 2009 nicht der Fall, weshalb sich die Angeklagten nur in 20 Fällen zu- gleich der Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang schuldig gemacht haben. Der Schuldspruch war daher hinsichtlich der Anzahl der tateinheitlichen Verurteilungen wegen der Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, § 284 Abs. 1 SGB III zu korrigieren.
11
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts scheidet eine (einheitliche ) Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, die mit den 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Hinterziehung von Lohnsteuer in Tateinheit steht, aus. Sie ist bereits mit den in jedem Monat erfolgten Beihilfehandlungen nicht vereinbar. Selbst wenn das Delikt aber als Dauerdelikt zu begreifen wäre, würde es durch die tateinheitlich verwirklichten Straftaten der Lohnsteuerhinterziehung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt „entklammert“, so dass die Beihilfe hierzu auch aus diesem Grund jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten träte (vgl. zur Entklammerung LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 52 Rn. 30 ff.).
12
Zwar kann ein Delikt, das sich über einen gewissen Zeitraum erstreckt, andere Straftaten, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit zueinander stehen , zur Tateinheit verbinden, wenn es seinerseits mit jeder dieser Straftaten tateinheitlich zusammentrifft. Diese Wirkung tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber dann nicht ein, wenn eine minderschwere Dauerstraftat jeweils mit schwereren Gesetzesverstößen zusammentrifft (BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013,158 mwN). Die Vergehen der Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG sind aufgrund ihres geringen Gewichts nicht geeignet, die übrigen Taten zu verklammern, so dass die Beihilfe nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten tritt.
13
Das Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG ist ferner gemäß der gesetzlichen Überschrift als „Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang“ zu tenorieren (MüKo-StGB/Mosbacher NebenstrafR II, 2. Aufl., SchwarzArbG § 11 Rn. 21).
14
Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht erfolgreicher als geschehen hätten verteidigen können.
15
2. Dagegen war der jeweilige Strafausspruch auf die Revisionen der Angeklagten aufzuheben. Die Strafkammer hat den Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt; denn die Darlegung der Berechnungsgrundlagen für die vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge und die hinterzogene Lohnsteuer entsprechen nicht den Grundsätzen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei solchen Taten verlangt.
16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).
17
Den vorgenannten Anforderungen trägt das Urteil nicht ausreichend Rechnung. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge hat die Strafkammer die von der Mitarbeiterin der Rentenversicherung zur Verfügung gestellten Tabellen zugrunde gelegt. Anschließend hat sie auf der Grundlage der in bar ausgezahlten Löhne als Nettolöhne (§ 14 Abs. 2 SGB IV) nach einem im Berechnungsprogramm der Rentenversicherung Bund hinterlegten Faktor nach der Steuerklasse 6 den fiktiven Bruttolohn und von diesem ausgehend nach den in den jeweiligen Monaten geltenden Beitragssätzen die Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge errechnet (UA S. 23 f.).
18
Bei der Bestimmung der Lohnsteuer ist die Strafkammer von der von dem zuständigen Finanzamt angefertigten und von Steueramtfrau H. als Zeugin erläuterten Berechnung des zugeflossenen Barlohns als Bruttolohn ausgegan- gen und hat davon nach der Steuerklasse 6 die Lohnsteuer und den Solidaritätsbeitrag abgezogen (UA S. 55).
19
Damit hat das Landgericht seine Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge allein auf die Berechnungen der Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung gestützt. Welche Beitragssätze letztlich der Berechnung zugrunde lagen, führt das Urteil nicht aus. Es beschränkt sich auf die Benennung der zuständigen Krankenkasse (UA S. 24). Die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ist damit auf Grund der unzureichenden Urteilsfeststellungen einer vollumfänglichen revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Hinzu kommt, dass sich nicht erschließt, warum in zahlreichen Fällen (UA S. 26 ff.) bei demselben Arbeitnehmer in demselben Beschäftigungsmonat zwei oder mehr Berechnungsvorgänge erfolgt sind.
20
Auch die Berechnung der bei den polnischen Arbeitnehmern angefallenen Lohnsteuer ist nicht nachvollziehbar dargelegt und zudem in einigen Fällen unschlüssig. So ist z.B. bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse VI (§ 39c EStG) bei dem Arbeitnehmer C. nicht verständlich, wieso im April 2007 ein Bruttolohn von 340,90 € zu Lohnsteuer in Höhe von 89,21 € führt, aber bei dem Arbeitnehmer D. ein Lohn von 528 € nur zu Lohnsteuer in Höhe von 79,60 €. Bei dem Arbeitnehmer S. ergeben 409,08 € Bruttolohn im Vormonat sogar 113,59 € Lohnsteuer. Für M. warenim März 2007 für 681,78 € Bruttolohn 225,84 € Lohnsteuer abzuführen, für St. dagegen im Monat März 2007 bei 1.008 € brutto nur 218,25 € (jeweils UA S. 57).
21
Da auf der Grundlage der Feststellungen auszuschließen ist, dass nicht jeden Monat sowohl Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten als auch Lohnsteuer nicht abgeführt worden sind, lässt dieser Rechtsfehler den Schuld- spruch unberührt. Die rechtsfehlerhafte Bemessung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Lohnsteuer und damit des Schuldumfangs zieht allerdings die Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Der Senat kann infolge der fehlenden revisionsgerichtlichen Nachprüfbarkeit nicht ausschließen, dass die Strafkammer einen zu hohen Schaden und damit Schuldumfang angenommen hat und die Strafzumessung des angefochtenen Urteils auf den vorgenannten Mängeln beruht.
22
Das neue Tatgericht wird dementsprechend unter Beachtung obiger Ausführungen neue Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und hinterzogenen Lohnsteuer zu treffen haben. Die übrigen Feststellungen des Landgerichts sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben insoweit bestehen.
23
3. Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11, wistra 2011, 344, 346). Hiervon kann nur dann abgesehen werden, wenn das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten allein schon wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303; vom 1. März 2005 – 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).
24
Nach den Urteilsfeststellungen lag beim Angeklagten M. , der hierarchisch niedriger angesiedelt war als der Angeklagte K. als „Technischer Leiter“ und nur auf dessen Anweisung handelte (UA S. 96), bereits deshalb ei- ne Täterschaft fern und wurde von der Strafkammer auch nicht erörtert.
25
Bei ihm wäre die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt auch gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen. Wegen der Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO war die Heranziehung des Strafrahmens von § 370 Abs. 1 AO nicht möglich.
26
Dagegen hat das Landgericht beim Angeklagten K. ausführlich geprüft (UA S. 21-23), ob dieser gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf Grund ihm übertragener Leitungsbefugnisse eine Arbeitgebereigenschaft hatte und damit Täter war. Sie hat dies verneint und ihn als Gehilfen eingestuft. Bei der Strafrahmenwahl hat die Strafkammer diesen Aspekt nicht aufgegriffen und nicht erkennen lassen, ob sie sich bei der Zumessung von diesem Gesichtspunkt leiten ließ.
27
Die Prüfung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB könnte darauf hinweisen, dass das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten K. nicht wegen Fehlens einer der allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft, sondern wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint und nur deshalb Beihilfe angenommen hat. Diese rechtliche Wertung stünde in Einklang mit den festgestellten Tatbeiträgen der beiden Angeklagten. Bei einem Sachverhalt, in dem lediglich wegen des Fehlens des besonderen persönlichen Merkmals Beihilfe bejaht wird, kommt nur eine einmalige Milderung in Betracht (§ 50 StGB), nicht eine doppelte nach § 27 Abs. 2 Satz 2 und § 28 Abs. 1 StGB – jeweils i.V.m.
§ 49 Abs. 1 StGB (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303).
28
Allerdings ist bei dem Angeklagten K. ohnehin nach § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB der Strafzumessung der allein nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zu Grunde zu legen; denn die in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angesprochene Pflicht, die vorliegend für den Haupttäter als Arbeitgeber aus § 41a EStG folgte, ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1; Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).

III.


29
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein zu demselben Bundesland gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Raum Graf Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 203/08
vom
2. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Volksverhetzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) und zu 2. auf dessen Antrag,
zu 1. b) mit dessen Zustimmung - am 2. Dezember 2008 gemäß § 154 Abs. 1
Nr. 1, Abs. 2, § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354
Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Januar 2008 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagte im Fall IV. Tat 2 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Berufsverbot verurteilt worden ist;
b) die Strafverfolgung im ursprünglichen Fall IV. Tat 6 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der versuchten Strafvereitelung beschränkt;
c) das vorgenannte Urteil aa) im Fall IV. Tat 1 der Urteilsgründe aufgehoben und die Angeklagte freigesprochen; bb) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der Volksverhetzung in zwei Fällen, der Beleidigung sowie der versuchten Strafvereitelung in Tateinheit mit Volksverhetzung in zwei Fällen, Nötigung, Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole und Beleidigung in zwei Fällen schuldig ist; cc) im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Soweit das Verfahren eingestellt und die Angeklagte freigesprochen wird, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Volksverhetzung in vier Fällen , davon in einem Fall tateinheitlich mit versuchter Nötigung, Beleidigung, versuchter Strafvereitelung und Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, sowie in einem weiteren Fall tateinheitlich mit Beleidigung, versuchter Strafvereitelung und Nötigung, wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Berufsverbot in zwei Fällen, wegen Beleidigung sowie wegen Nötigung in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihr die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes für die Dauer von fünf Jahren verboten. Hinsichtlich einer weiteren Tat hat es die Angeklagte freigesprochen. Mit ihrer Revision beanstandet die Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Auf Antrag des Generalbundesanwalts bzw. mit dessen Zustimmung stellt der Senat das Verfahren im Fall IV. Tat 2 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO ein und beschränkt im ursprünglichen Fall IV. Tat 6 der Urteilsgründe die Strafverfolgung gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der versuchten Strafvereitelung.

II.

3
Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen dringen - soweit sie sich durch die teilweise Einstellung und Beschränkung des Verfahrens nicht ohnehin erledigt haben - aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführten Gründen nicht durch. Zur Rüge, dass die Feststellungen zum Verhalten der Angeklagten während der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe am 27. März 2006 nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft (§ 261 StPO) und unter Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Vernehmung erhoben seien (§ 250 StPO), bemerkt der Senat ergänzend:
4
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. März 2006 wurde ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls verlesen. Dies war rechtlich zulässig. Gerichtsbeschlüsse sind Urkunden im Sinne des § 249 Abs. 1 StPO, deren Verlesung auch dann nicht gegen das Verbot des § 250 Satz 2 StPO verstößt, wenn die Entscheidung Wahrnehmungen von Personen wiedergibt (BGHSt 6, 141, 142 f.; 31, 323, 331 f.). Den zulässigerweise verlesenen Beschluss durfte die Strafkammer bei der Urteilsfindung jedenfalls mitberücksichtigen (BGHSt 31, 323, 332), zumal sich das verteidigungsfremd obstruierende Verhalten der Angeklagten auch aus anderen Beweisen ergibt.

III.


5
Die Sachrüge führt zum Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf der Beihilfe zum Verstoß gegen das Berufsverbot (Fall IV. Tat 1 der Urteilsgründe) sowie zur teilweisen Abänderung des Schuldspruchs (Fälle IV. Taten 4, 5 und 6 der Urteilsgründe). Dies bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen hält das Urteil materiellrechtlicher Prüfung stand. Im Einzelnen:
6
1. Fall IV. Tat 1 der Urteilsgründe
7
Nach den Feststellungen war die Angeklagte in einem Strafverfahren vor dem Landgericht Mannheim Pflichtverteidigerin des dortigen Angeklagten Z. . Vor Beginn der Hauptverhandlung veranlasste sie ihren Lebensgefährten , den zum damaligen Zeitpunkt mit einem vorläufigen Berufsverbot belegten Rechtsanwalt M. , neben ihr auf der Verteidigerbank Platz zu nehmen , um sie bei der Verteidigung zu unterstützen. Unmittelbar nach Aufruf der Sache bemerkte der Vorsitzende die Anwesenheit Rechtsanwalt M. s und forderte diesen unter Androhung von Zwangsmaßnahmen umgehend auf, die Verteidigerbank zu verlassen. Daraufhin entfernte sich Rechtsanwalt M. und ließ sich im Zuschauerbereich nieder.
8
Dieser Sachverhalt trägt den Schuldspruch der Beihilfe zum Verstoß gegen das Berufsverbot (§§ 145 c, 27 Abs. 1 StGB) nicht, da eine Haupttat, bei deren Begehung die Angeklagte unterstützend hätte tätig werden können, nicht vorliegt. Das festgestellte Verhalten Rechtsanwalt M. s erfüllt die tat- bestandlichen Voraussetzungen des § 145 c StGB nicht. Zwar kommt als Ausübung des Berufs im Sinne der genannten Vorschrift grundsätzlich jede Tätigkeit in Betracht, auf die sich das Berufsverbot erstreckt; bereits die einmalige, ohne Wiederholungsabsicht vorgenommene und nicht zwingend entgeltliche Betätigung in dem untersagten Bereich reicht aus, wenn schon diese ein Tätigwerden im verbotenen Beruf darstellt (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1966, 410; Zopfs in MünchKomm-StGB § 145 c Rdn. 11; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke /Schröder, StGB 27. Aufl. § 145 c Rdn. 4; aA Kretschmer NStZ 2002, 576, 577; vgl. auch Fischer, StGB 56. Aufl. § 145 c Rdn. 5). Das kurzzeitige Platznehmen auf der Verteidigerbank zu Beginn einer Hauptverhandlung noch vor Feststellung der Präsenz (§ 243 Abs. 1 Satz 2 StPO) stellt indes noch keine Tätigkeit dar, die bereits als Ausübung des Rechtsanwaltsberufs bewertet werden könnte. Der Versuch eines Verstoßes gegen das Berufsverbot und damit auch eine Beihilfe hierzu sind nicht strafbar.
9
2. Fälle IV. Taten 4, 5, 6 der Urteilsgründe
10
a) Es begegnet durchgreifenden Bedenken, dass die Strafkammer im Fall IV. Tat 4 der Urteilsgründe das Verlesen der "Schöffenbelehrung" in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim am 9. Februar 2006 als versuchte Nötigung (§ 240 Abs. 1, 2, 3, §§ 22, 23 StGB) gewertet hat.
11
Nach den Feststellungen führte die Angeklagte aus, dass sich die Schöffen und Berufsrichter durch ihre Amtsausübung in dem Strafverfahren gegen Z. wegen Volksverleumdung und Feindbegünstigung im Sinne des früheren Reichsstrafgesetzbuches und damit zweier Verbrechen gegen das noch fortbestehende Deutsche Reich schuldig machten. Sie könnten deswegen im Falle eines Systemwechsels hin zu einem erneuten nationalsozialistischen Regime zur Verantwortung gezogen werden. Auf diese Weise wollte die Ange- klagte die Schöffen und Berufsrichter dazu bringen, das Verfahren gegen Z. einzustellen oder ihn freizusprechen.
12
Diese Feststellungen belegen nicht hinreichend, dass die Angeklagte durch die vorsätzliche Drohung mit einem empfindlichen Übel die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer versuchten Nötigung verwirklicht hat. Eine Drohung im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Das Übel muss gerade als vom Willen des Drohenden abhängig dargestellt werden (vgl. Fischer aaO § 240 Rdn. 31, 36). Zwar kann für eine (versuchte) Nötigung auch die Ankündigung der Zufügung eines Übels durch Dritte genügen, dies jedoch nur, wenn der Drohende damit zum Ausdruck bringt, er sei willens und in der Lage, den oder die Dritten zu einem entsprechenden Tätigwerden veranlassen zu können (vgl. BGHSt 7, 197, 198; 16, 386, 387; 31, 195, 201). Gemessen an diesen Maßstäben ist das Verhalten der Angeklagten lediglich als straflose Warnung anzusehen; denn nach dem festgestellten Sachverhalt vermittelte sie - auch unter Zugrundelegung ihres verblendeten Geschichtsbildes und ihrer realitätsfremden Vorstellungswelt, nach der eine Wiederherstellung der Verhältnisse des 3. Reiches aufgrund zunehmender Zustimmung in der Bevölkerung realistisch sei - bei ihrer Ansprache an die Schöffen nicht den Eindruck, dass sie selbst Einfluss auf den Eintritt des angekündigten Übels habe.
13
b) Die von der Angeklagten in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim am 9., 15. und 16. Februar 2006 vorgenommenen Handlungen sind entgegen der Annahme des Landgerichts nicht als drei selbstständige, tatmehrheitlich begangene Taten der versuchten Strafvereitelung zu werten; vielmehr liegt eine einheitliche Tat vor. Die weiteren, an diesen Hauptverhandlungstagen verwirklichten Delikte stehen hierzu und untereinander im Verhältnis der Tateinheit.
14
aa) Nach den Feststellungen erstrebte die Angeklagte in den genannten Verhandlungsterminen mit zahlreichen Anträgen und vornehmlich an das Publikum gerichteten, lang andauernden Ansprachen beleidigenden und volksverhetzenden Inhalts, den zügigen Fortgang des Verfahrens aufzuhalten und damit eine Bestrafung ihres Mandanten Z. wenn nicht gänzlich zu vereiteln, so doch zumindest auf geraume Zeit zu verzögern.
15
bb) Diese stetigen, aufgrund eines einheitlichen "Verteidigungskonzepts" unternommenen Störungen der Hauptverhandlung sind in ihrer Gesamtheit als eine Tat im Rechtssinne anzusehen, weil sie sämtlich darauf gerichtet waren, die Bestrafung einer Person in einem laufenden Hauptverfahren zu verhindern. Somit stellen sie bei deliktsbezogener Betrachtung (vgl. BGHSt 40, 138, 163 f.) nach den Grundsätzen der tatbestandlichen Handlungseinheit nur einen einheitlichen Versuch der Strafvereitelung dar. Eine rechtlich bedeutsame Zäsur nach Abschluss eines jeden Hauptverhandlungstages ist nicht eingetreten; denn die Versuche der Strafvereitelung durch "Verfahrenssabotage" waren weder erfolgreich noch an jedem Verhandlungstag gescheitert (vgl. BGHSt 8, 310, 312; 41, 368, 369; Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. vor § 52 Rdn. 37). Vielmehr bedurfte es nach dem "Verteidigungskonzept" gerade der über einen Sitzungstag hinausgehenden , mehrfachen Beeinträchtigung der Hauptverhandlung, um auf diese Weise sukzessive den erstrebten tatbestandlichen Erfolg zu erreichen. Der Versuch der Strafvereitelung scheiterte erst, als die Angeklagte als Verteidigerin durch Beschlüsse des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. März 2006 (JZ 2006, 1129) und des Bundesgerichtshofes vom 24. Mai 2006 (NJW 2006, 2421) rechtskräftig aus dem Verfahren ausgeschlossen wurde.
16
cc) Die Bewertung des Verhaltens der Angeklagten an den drei Hauptverhandlungstagen als einheitlicher Versuch der Strafvereitelung führt zur Annahme von Tateinheit auch bezüglich der im Zuge dieses Handelns begangenen weiteren Delikte durch Verklammerung. Voraussetzung für eine solche Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier oder mehrerer an sich selbstständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbstständigen Delikte und dem sie verbindenden, sich über einen gewissen Zeitraum hinziehenden (Dauer-) Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht (RGSt 68, 216, 218; BGHSt 28, 18, 20; BGH NJW 1975, 985, 986; NStZ 1984, 262; 2008, 209; BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 5, 6; vgl. auch Fischer aaO vor § 52 Rdn. 30; Rissing-van Saan aaO § 52 Rdn. 27, 29 jeweils m. w. N.).
17
Dies ist hier der Fall. Sämtliche verteidigungsfremden Ausführungen, mit denen die Angeklagte den Holocaust leugnete, den Staat verunglimpfte, die Mitglieder des Gerichts beleidigte und den Vorsitzenden nötigte, dienten zugleich dem Zweck, entsprechend ihrer Verteidigungsstrategie den Ausgang des Verfahrens dauerhaft zu verzögern. Die versuchte Strafvereitelung ist auch geeignet, die anderen Delikte zur Tateinheit zu verklammern, weil die erforderliche Wertgleichheit gegeben ist. Als Maßstab hierfür dient neben der Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt in Verbrechen oder Vergehen insbesondere eine Orientierung an den Strafrahmen, wobei einer Wertgleichheit grundsätzlich nicht entgegensteht, dass das verklammernde Delikt nur das Versuchsstadium erreicht hat. Denn der Wertevergleich ist nicht nach einer abstrakt -generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen (vgl. BGHSt 33, 4 f.; vgl. auch Stree/Sternberg-Lieben aaO § 52 Rdn. 16), wobei berücksichtigt werden kann, ob im konkreten Fall eine versuchsbedingte Milderung des Strafrahmens nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB nahe liegt (BGH, Urt. vom 28. Oktober 2004 - 4 StR 268/04 - insoweit nicht abgedruckt in NStZ 2005, 262). Sieht man von einer Milderung hier ab, entspricht der Strafrahmen der versuchten Strafvereitelung mit einer Strafobergrenze von fünf Jahren demjenigen der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 3 StGB) und überschreitet diejenigen der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90 a Abs. 1 StGB), der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) sowie der Beleidigung (§ 185 StGB). Auch bei einer Milderung des Strafrahmens kommt dem Versuch der Strafvereitelung - auf den die Ausschließung der Angeklagten als Verteidigerin gemäß § 138 a Abs. 1 Nr. 3 StPO gestützt war - mit Blick auf die konkreten Umstände der Tat ein den übrigen Delikten entsprechendes Gewicht zu.
18
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die im Fall IV. Tat 1 der Urteilsgründe zu einer Verurteilung der Angeklagten und in den Fällen IV. Taten 4, 5 und 6 der Urteilsgründe zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung führen. Er spricht deshalb die Angeklagte im Fall IV. Tat 1 der Urteilsgründe frei und ändert den Schuldspruch in den Fällen IV. Taten 4, 5 und 6 der Urteilsgründe ab (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich die Angeklagte gegen den geänderten Vorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
19
4. Die Einstellung des Verfahrens im Fall IV. Tat 2 der Urteilsgründe, die Beschränkung der Strafverfolgung im Fall IV. Tat 6 der Urteilsgründe, der Teilfreispruch im Fall IV. Tat 1 der Urteilsgründe sowie die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen IV. Taten 4, 5 und 6 der Urteilsgründe führen zum Wegfall bzw. zur Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Der Senat hebt auch die Einzelstrafen in den Fällen IV. 3, 7 und 8 der Urteilsgründe auf, um dem neuen Tatrichter die Gelegenheit zu geben, über die Strafzumessung insgesamt neu und damit einheitlich zu entscheiden. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen durch das neue Tatgericht, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig.
20
5. Die rechtsfehlerfreie Anordnung des Berufsverbots (§ 70 Abs. 1 Satz 1 StGB) wird durch den Teilerfolg der Revision nicht berührt.
Becker Miebach Sost-Scheible
Hubert Schäfer

(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.

(3) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die für die Vortat angedrohte Strafe.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Wegen Strafvereitelung wird nicht bestraft, wer durch die Tat zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will, daß er selbst bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird oder daß eine gegen ihn verhängte Strafe oder Maßnahme vollstreckt wird.

(6) Wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht, ist straffrei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 99/12
vom
13. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Dezember
2012, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Quentin,
Reiter
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin - in der Verhandlung -,
Staatsanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
- für den Angeklagten W. -,
Rechtsanwalt
- für den Angeklagten H. -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 25. November 2011 werden
a) die Schuldsprüche dahin geändert, dass der Angeklagte W. der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist, der Angeklagte H. der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) die Aussprüche über die in den Fällen II. 3. und II. 4. der Urteilsgründe verhängten Einzel- sowie die Gesamtstrafen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig gesprochen, den Angeklagten W. darüber hinaus wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Es hat den Angeklagten W. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten H. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es Verfallanordnungen getroffen. Gegen das Urteil wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben hinsichtlich der Verurteilungen in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat zu den bei beiden Angeklagten abgeurteilten Taten im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Die Angeklagten brachten ab dem Jahr 2010 im Auftrag von Drogenhändlern aus den Niederlanden Betäubungsmittel nach Deutschland. Hierzu trafen sie sich in B. (Niederlande) mit dem oder einem der Auftraggeber und luden die Betäubungsmittel in den Pkw des Angeklagten H. , der sie zu seinem Wohnort in Deutschland brachte. Dabei fuhr der AngeklagteW. mit seinem Pkw "zur Absicherung" voraus, um den Angeklagten H. , mit dem er über hierzu mit den Drogen übernommene Mobiltelefone Kontakt hielt, vor Zoll- und Polizeikontrollen warnen zu können. In der Regel am jeweils nächsten Tag trafen sich die Angeklagten in Deutschland und brachten die Betäubungsmittel zu den von ihren Auftraggebern benannten Abnehmern.
4
Auf diese Weise transportierten die Angeklagten am 21. September 2010 mindestens 10 kg Haschisch aus den Niederlanden nach Deutschland und am nächsten Tag zu Abnehmern nach Berlin (Fall II. 1. der Urteilsgründe). Am 15. Januar 2011 brachten sie 15 kg Marihuana nach Deutschland und anschließend nach Italien (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
5
Im Fall II. 3. der Urteilsgründe transportierten die Angeklagten am 10. April 2011 ca. 25 kg Haschisch aus den Niederlanden zum Wohnort des Angeklagten H. in Deutschland und am nächsten Tag in Richtung Berlin. Dort stellte der Angeklagte H. den von ihm gesteuerten Pkw mit den Drogen "wie verabredet" am Prenzlauer Berg ab. "Unvorhergesehen" wurden die Betäubungsmittel dort aber von dem Abnehmer nicht abgeholt, weshalb der Angeklagte H. sie wieder in seine Wohnung zurückbrachte und dort "nach Rücksprache mit seinem Auftraggeber" zunächst lagerte.
6
Am 22. April 2011 übernahmen die Angeklagten von ihren Auftraggebern in den Niederlanden weitere ca. 25 kg Haschisch und brachten die Drogen auf die oben beschriebene Weise nach Deutschland (Fall II. 4. der Urteilsgründe). Dort lud der Angeklagte H. "nach Weisung des Auftraggebers" die noch bei ihm befindlichen ca. 25 kg Haschisch (Fall II. 3. der Urteilsgründe) ebenfalls in seinen Pkw und traf sich am nächsten Tag mit dem Angeklagten W. , um die nunmehr insgesamt ca. 50 kg Haschisch zu Abnehmern nach Italien zu bringen. Noch in Deutschland wurden die beiden Angeklagten festgenommen und das Haschisch (49,7 kg mit einem Wirkstoffanteil von 3,33 kg THC) sichergestellt.
7
Als Vergütung erhielten die Angeklagten - überwiegend von ihren Auftraggebern - jeweils zwischen 750 € und 2.500 €; im Fall II. 4. der Urteilsgründe erhielten sie keine Entlohnung.

II.


8
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben Erfolg, soweit sie in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe jeweils wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurden. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.
9
1. Im Fall II. 2. der Urteilsgründe begegnet die Feststellung des Landgerichts zum Gewicht des von den Angeklagten transportierten Rauschgifts, die das Landgericht im Wesentlichen darauf stützt, dass die Tasche mit den Drogen nach den Angaben des Angeklagten H. schwerer gewesen sei als im Fall II. 1. der Urteilsgründe, zwar Bedenken. Der Senat kann indes ausschließen , dass das Urteil, dem eine beide Angeklagte betreffende Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen ist, hierauf beruht. Denn beidem - auch einschlägig - vorbestraften Angeklagten W. hat die Strafkammer in beiden Fällen trotz des im Fall II. 2. bei gleichem Wirkstoffgehalt jedenfalls höheren Gewichts dieselben Einzelstrafen von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Beim - nicht vorbestraften - Angeklagten H. ist der Unterschied in der Strafhöhe zwischen Fall II. 1. (zwei Jahre und neun Monate) und Fall II. 2. (drei Jahre) ersichtlich darauf zurückzuführen, dass er im Fall II. 2. nach Rückkehr des Angeklagten W. kurz nach der italienischen Grenze die Fahrt sowie die Übergabe der Drogen alleine durchgeführt hat.
10
2. Keinen Bestand hat das Urteil dagegen, soweit die Angeklagten in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe jeweils wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurden. Insofern sind die Angeklagten vielmehr lediglich einer Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig.
11
a) Die Angeklagten haben in diesen Fällen lediglich eine Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geleistet.
12
aa) Sind an mehreren Taten - insbesondere an einer Deliktserie - mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (vgl. die Nachweise bei Fischer, StGB, 59. Aufl., Vor § 52 Rn. 34 ff.). Dies gilt wegen der Akzessorietät der Beihilfe aber jedenfalls dann nicht, wenn mehrere an sich selbständige Beihilfehandlungen gerade deshalb zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden, weil dies nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur Bewertungseinheit bei den Taten des Haupttäters, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, der Fall ist (BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 1999 - 4 StR 162/99, NStZ 1999, 451; vom 2. September 2008 - 5 StR 356/06; NStZ-RR 2008, 386; einschränkend für eine hier nicht gegebene Fallkonstellation: BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 375/03, NStZ-RR 2004, 146, 148; wie hier aber Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 3 StR 393/11, NStZ-RR 2012, 280). In solchen Fällen ist mithin auch für die strafrechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses beim Gehilfen entscheidend, ob eine oder mehrere Haupttaten vorliegen.
13
Da der zwischen Drogenhändlern eingesetzte Kurier mit der Förderung des Betäubungsmittelumsatzes jedenfalls in der Regel objektiv zugleich den Handel sowohl auf Seiten des die Betäubungsmittel Abgebenden als auch auf Seiten des diese Annehmenden unterstützt, ist ferner maßgeblich, wessen Haupttat er in strafbarer Weise fördert. Dies bestimmt sich wesentlich danach, in wessen Auftrag und Interesse er handelt, worin also bei wertender Betrachtung der Schwerpunkt des jeweiligen Rechtsgutangriffs liegt. Die Beihilfe zum Handeltreiben auf der anderen Seite tritt gegenüber dieser Tat dann zurück (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 3 StR 393/11 aaO mwN).
14
bb) Auf dieser Grundlage haben sich die Angeklagten in den Fällen II. 3. und 4. lediglich wegen einer, auf Seiten der niederländischen Auftraggeber geleisteten Beihilfe zu deren unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht.
15
(1.) Für die niederländischen Auftraggeber der Angeklagten liegt hinsichtlich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe nur eine Tat im Rechtssinne vor.
16
Nach den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen zur Bewertungseinheit beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist eine einheitliche Tat nämlich auch dann gegeben, wenn - wie hier durch die Fahrt in Richtung Italien - zwei (selbst unabhängig voneinander beschaffte) Rauschgiftmengen zusammen an einen Abnehmer abgegeben und zu diesem transportiert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - 4 StR 421/11, NStZ-RR 2012, 24; Weber, BtMG, 3. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 521 jeweils mwN). Dabei ist ohne Bedeutung, dass zunächst die Übergabe von ca. 25 kg Haschisch an Abnehmer in Berlin beabsichtigt war. Sogar bei abgeschlossenen Teilveräußerungen nimmt die Rechtsprechung eine einheitliche Tat des Handeltreibens an, wenn die nach den Teilveräußerungen verbliebene Menge zusammen mit weiteren Drogen abgegeben wird (BGH aaO).
17
(2.) Zu dieser (einheitlichen) Tat ihrer niederländischen Auftraggeber haben die Angeklagten - auch durch den Transport der Gesamtmenge in Richtung Italien - Beihilfe geleistet. Dabei lag - wovon ersichtlich auch das Landgericht ausgegangen ist - bei wertender Betrachtung der Schwerpunkt ihres Handelns in der Unterstützung der niederländischen Auftraggeber; denn auf deren Auffor- derung hin und entsprechend deren Vorgaben haben sie die Drogen übernommen , gelagert und zu den von diesen bestimmten Abnehmern transportiert, von ihnen haben sie in der Regel auch ihren "Lohn" erhalten.
18
b) Diese (einheitliche) Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht mit beiden Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit.
19
aa) Die Angeklagten sind Täter hinsichtlich der Einfuhren vom 10. und 22. April 2011.
20
Bezüglich des Angeklagten H. steht dies nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen außer Frage. Aber auch hinsichtlich des Angeklagten W. ist das Landgericht zu Recht von Mittäterschaft ausgegangen. Denn der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert nicht den eigenhändigen Transport der Drogen über die Grenze. Mittäter einer Einfuhr kann ein Beteiligter vielmehr auch dann sein, wenn das Rauschgift von einer anderen Person über die Grenze gebracht wird. Maßgeblich sind insofern die nach §§ 25, 27 StGB allgemein geltenden Grundsätze für die Abgrenzung von Mittäterschaft und Teilnahme (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar2012 - 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158 mwN), unter deren Beachtung die Strafkammer das Handeln des Angeklagten W. rechtsfehlerfrei als mittäterschaftliches Tun eingeordnet hat.
21
bb) Die (einheitliche) Beihilfe der Angeklagten zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht mit den beiden, an sich selbständigen Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit und verbindet diese zu einer einheitlichen Tat.
22
(1.) Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals verletzt. Dabei liegt eine Handlung in diesem Sinne nicht nur bei einer auch tatsächlich einzigen natürlichen Handlung vor, sondern ebenso dann, wenn mehrere Handlungen zu einer Handlungseinheit zusammenzufassen sind (vgl. MüKoStGB/von Heintschel-Heinegg, 2. Aufl., § 52 Rn. 12, 22 ff.; SSW-StGB/Eschelbach § 52 Rn. 31 jeweils mwN). Von einer solchen Handlungseinheit geht die Rechtsprechung aus, wenn - wie hier - mehrere Beihilfehandlungen eine Haupttat fördern (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., Vor § 52 Rn. 29; MüKoStGB/von HeintschelHeinegg , 2. Aufl., § 52 Rn. 17; LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 27 Rn. 67; SSW-StGB/Eschelbach § 52 Rn. 32 jeweils mwN). Verletzen mithin mehrere (natürliche) Handlungen, die zu einer Handlungseinheit verbunden sind, zugleich mehrere Strafgesetze, ist Tateinheit gegeben.
23
(2.) Es besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall von dieser sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 52 Abs. 1 StGB ergebenden Folge abzuweichen.
24
(a.) Voraussetzung für eine "Entklammerung" und damit Auflösung einer an sich gegebenen Tateinheit ist, dass die Verbindung zu einer gemeinsamen Tat dem Gerechtigkeitsprinzip oder sozial-ethischen Bewertungsgrundsätzen widerspricht (BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6). Mehrere selbständige Delikte, die gegenüber einem Dritten einen unverhältnismäßig größeren Unwert verkörpern (LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 30 mwN) bzw. bei denen das verbindende Delikt in seinem Unrechtsgehalt "deutlich" hinter den zusätzlich verwirklichten Gesetzesverstößen zurückbleibt (BGH, Beschlüsse vom 8. November 2007 - 3 StR 320/07, NStZ 2008, 209; vom 11. Januar 2012 - 1 StR 386/11, wistra 2012, 310, Tz. 21), werden deshalb durch das leichtere Delikt nicht miteinander verklammert; "annähernd gleichgewichtige" Straftaten bleiben dagegen tateinheitlich miteinander verbunden (BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 291 mwN; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 59. Aufl., Vor § 52 Rn. 30). Dabei ist der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierten Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen; minder schwere Fälle oder wegen vertypter Milderungsgründe vorzunehmende Strafrahmenverschiebungen sind mithin zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 7; vom 28. Oktober 2004 - 4 StR 268/04, NStZ 2005, 262; Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692). Tateinheit durch Klammerwirkung wird von der Rechtsprechung daher bejaht, wenn die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden (Dauer-)Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 4 StR 268/04, NStZ 2005, 262; Beschlüsse vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692; vom 19. April 2011 - 3 StR 230/10, BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 3; vom 11. Januar 2012 - 1 StR 386/11, wistra 2012, 310 jeweils mwN).
25
(b.) Werden aber wegen der Akzessorität der Beihilfe mehrere an sich selbständige Beihilfehandlungen gerade deshalb zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst, weil dies nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur Bewertungseinheit bei den Taten des Haupttäters, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, der Fall ist, so ist es auch unter Beachtung des eine Entklammerung rechtfertigenden Gerechtigkeitsprinzips oder sozial-ethischer Bewertungsgrundsätze nicht geboten, die einheitliche Beihilfe wieder aufzulösen und die einzelnen Beihilfehandlungen sodann als materiell-rechtlich selbständige Taten - hier jeweils gemeinsam mit einer täterschaftlichen Einfuhr - abzuurteilen. Es widerspricht dem Gerechtigkeitsprinzip vielmehr, beim Haupttäter Tateinheit zwischen täterschaftlichem Handeltreiben und mehreren Einfuhrfällen anzunehmen, bei ihm mithin nur eine Strafe zu verhängen, beim Gehilfen des Handeltreibens und Täter der Einfuhren dagegen wegen einer Auflösung der an sich gegebenen Tateinheit mehrere Einzelstrafen zu verhängen, die in ihrer Summe sogar höher sein können als die gegen den Haupttäter ausgesprochene Strafe.
26
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn (auch) bei den niederländischen Auftraggebern der Angeklagten liegt hinsichtlich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der beiden Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine einheitliche Tat vor.
27
Das Handeln der niederländischen Auftraggeber der Angeklagten ist sowohl im Fall II. 3. als auch im Fall II. 4. der Urteilsgründe als mittäterschaftliche Einfuhr der Betäubungsmittel zu bewerten. Mittäter einer Einfuhr kann nämlich auch derjenige sein, der Betäubungsmittel von anderen Personen über die Grenze transportieren lässt, sofern insbesondere der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder der Wille zur Tatherrschaft belegen, dass der Betreffende auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, welcher sich nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt, und der dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 3 StR 371/11, NStZ-RR 2012, 120 mwN). Dies ist vorliegend der Fall, zumal die niederländischen Auftraggeber der Angeklagten nicht nur ein herausragendes Interesse am Erfolg der Einfuhrfahrten hatten, sondern auch deren Zeitpunkte sowie die Menge der nach Deutschland zu verbringenden , von ihnen in Taschen transportfähig verpackten Drogen bestimmt und für jede Einfuhrfahrt etwa auch die Mobiltelefone zur Verfügung gestellt haben, mittels derer die Angeklagten während der Fahrt Kontakt zueinander halten sollten.
28
Der von den niederländischen Auftraggebern der Angeklagten in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe - infolge Bewertungseinheit nur einmal (mit-) täterschaftlich verwirklichte (vgl. oben S. 9) - Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen stehen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zueinander im Verhältnis der Tateinheit. Denn beim (Haupt-)Täter verbindet eine Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwei zu dessen Verwirklichung vorgenommene Einfuhrfahrten zu einer Tat; eine Entklammerung findet insofern nicht statt (BGH, Beschlüsse vom 5. November 1993 - 2 StR 534/93, NStZ 1994, 135; vom 22. Oktober 1996 - 1 StR 548/96, NStZ 1997, 136; zu § 29 Abs. 3 Nr. 4 BtMG a.F. auch BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 ff.; hiervon abweichend für Fälle einer Überschneidung von Übernahme neuer Betäubungsmittel und Zahlung der früher gelieferten Drogen: BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 3 StR 3/11).
29
(c.) Zur in Fällen der vorliegenden Art gebotenen einheitlichen Bewertung des Konkurrenzverhältnisses bei Haupttäter und Gehilfen kommt hinzu, dass die von den Angeklagten geleistete Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und deren Einfuhr jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung "annähernd gleichgewichtig" sind. Sie sind in den Grundtatbeständen mit derselben Strafrahmenobergrenze (zu deren Bedeutung : BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 - 1 StR 386/11, wistra 2012, 310, Tz. 22) versehen, weisen als - hier vom Landgericht indes in keinem Fall angenommene - minder schwere Fälle denselben Strafrahmen auf und verfolgen einen aufeinander abgestimmten Rechtsgüterschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. März 2012 - 2 BvL 8/11, 2 BvL 9/11). Auch bei einer Milderung des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG für das Handeltreiben gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB kommt der von den Angeklagten geleisteten Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Blick auf die konkreten Umstände der Tat ein den Einfuhrfällen entsprechendes Gewicht zu. Denn die Beihilfehandlungen der Angeklagten haben sich nicht auf das Verbringen der Drogen nach Deutschland beschränkt. Vielmehr haben die Angeklagten ihre Kuriertätigkeit mit dem später erfolgten bzw. begonnenen Transport zu den Abnehmern weitergeführt und auch und vor allem hierdurch das Inverkehrbringen der Drogen wesentlich gefördert (vgl. zu einer dem vorliegenden Fall ähnlichen Verklammerung bei gleicher Strafrahmenobergrenze und Versuchsmilderung für das verbindende Delikt auch: BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692). Vor diesem Hintergrund steht angesichts des bei Tateinheit nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB maßgeblichen, hier auf die Obergrenze von 15 Jahren gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 StGB auch bei Tatmehrheit begrenzten Strafrahmens des § 30 Abs. 1 BtMG nicht in Frage, dass selbst bei einer Aburteilung der Taten II. 3. und 4. als einheitliche Tat für beide Angeklagte innerhalb dieses Strafrahmens eine dem Gerechtigkeitsprinzip entsprechende Strafe gefunden werden kann, zumal das Landgericht für diese Taten für sich genommen rechtsfehlerfreie Einzelstrafen von jeweils drei Jahren und drei Monaten (Angeklagter H. ) bzw. vier Jahren (Angeklagter W. ) verhängt hat.
30
(d.) Der Senat weicht damit nicht von der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 22. August 2012 (2 StR 530/11) ab, da der dort entschiedene Fall eine andere Sachverhaltskonstellation betrifft, nämlich die Überschneidung mehrerer Betäubungsmittelgeschäfte allein in den Zahlungsvorgängen bzw. durch die "gleichzeitige" Zahlung einer früheren Drogenlieferung mit der Übergabe neu bestellter Betäubungsmittel. Darin liegt - wovon ersichtlich auch der 3. Strafsenat für die Fälle täterschaftlichen Handeltreibens und täterschaftlicher Einfuhr ausgeht (vgl. oben S. 14) - eine besondere Fallgestaltung, die sich von der vorliegend zu beurteilenden insbesondere dadurch unterscheidet, dass sich hier die Beihilfehandlungen in dem gemeinsamen Transport(versuch) hin zu dem Abnehmer in Italien vereinigt haben, mithin ein Fall gegeben ist, in dem ein einziger, lediglich aus Konkurrenzgründen zurücktretender Besitz an der Gesamtmenge der Betäubungsmittel aus beiden Einfuhrfahrten vorliegt, bei dem die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zudem beim Haupttäter des Handeltreibens Tateinheit mit beiden Einfuhrtaten annimmt.
31
3. Im Übrigen sind die Rechtsmittel der Angeklagten aus den vom Generalbundesanwalt in den Antragsschriften vom 27. März 2012 dargelegten Gründen unbegründet. Auch hinsichtlich der gegen die Angeklagten wegen der weiteren Taten verhängten Strafen sowie der von dem Rechtsfehler in den Fällen II. 3. und 4. nicht betroffenen Verfallanordnungen bestehen keine rechtlichen Bedenken, zumal die von den Angeklagten erlangten Beträge - auch nach Abzug vergleichsweise geringer "Spesen" (zu diesen: BGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 - 3 StR 210/12, NStZ-RR 2012, 313) - deutlich nach § 73c StGB reduziert wurden.
32
4. Der Senat kann die Schuldspruchänderung auf der Grundlage der vollständigen und tragfähigen Feststellungen der Strafkammer selbst vornehmen , da auszuschließen ist, dass sich die geständigen (Angeklagter H. ) bzw. im Wesentlichen geständigen (Angeklagter W. ) Angeklagten nach einem Hinweis gemäß § 265 Abs. 1 StPO erfolgreicher als bisher gegen den Schuldvorwurf hätten verteidigen können (vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 354 Rn. 22). Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nach sich. Einer Aufhebung der auch insofern rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht (vgl. Meyer-Goßner aaO § 353 Rn. 16 mwN).
33
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Höhe der bisherigen, nunmehr entfallenen Einzelstrafen überschritten werden darf; das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) hindert lediglich an einer die Summe der bisherigen Einzelstrafen überschreitenden neu festzu- setzenden Einzelstrafe (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168).
Mutzbauer Roggenbuck Schmitt
Quentin Reiter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 580/16
vom
14. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:140217B4STR580.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 21. September 2016
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und wegen Beihilfe zum "unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung von Schusswaffen" in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuld- und Aufhebung des Strafausspruchs ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen verwahrte der Angeklagte am 22. März 2016 in seiner Wohnung 218,66 g Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 55,10 g MDMA-Base, die er im Januar 2015 von seinem Lieferanten zum Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung auf Kommission erhalten hatte , sowie zwei Tütchen Haschisch mit insgesamt 0,84 g THC, die jeweils für den Eigenkonsum bestimmt waren. Ebenfalls am 22. März 2016 führte der Angeklagte in seinem Fahrzeug einen Beutel mit sich, der eine Platte Cannabis mit einem Gewicht von 421,57 g und einer Wirkstoffmenge von 14,76 g THC sowie zwei geladene halbautomatische Selbstladepistolen, passende Mündungsschalldämpfer und weitere Munition enthielt. Den Beutel hatte der Angeklagte im April 2015 von seinem Lieferanten, aus dessen Handelstätigkeit das Cannabis stammte, zur Aufbewahrung für diesen erhalten und in der Folgezeit versteckt.

II.


3
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann nicht bestehen bleiben , weil sich die Annahme von zwei selbständigen realkonkurrierenden Taten als unzutreffend erweist.
4
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82; Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14, NStZ 2015, 344; Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 12. Oktober 2004 - 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228 f.; Urteil vom 1. August 1978 - 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das täterschaftlich begangene unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 430/15 aaO; vom 17. Mai 1996 - 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.), während zwischen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und Besitz Tateinheit besteht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14 aaO; Beschluss vom 2. Oktober 2008 - 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung und teils zu anderen Zwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf. Für die anderen Zwecken dienende Menge verbleibt es dagegen bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2015 - 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom 30. Juni 1998 - 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 - 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 - 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 - 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Kotz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209).
5
Mangels Wertgleichheit hat der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 430/15 aaO; vom 17. Mai 1996 - 3 StR 631/95 aaO). Demgegenüber werden an sich selbständige Taten der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch einen einheitlichen Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer materiell-rechtlichen Tat verklammert (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - 2 StR 266/14 aaO; Beschluss vom 16. Juli 2013 - 4 StR 144/13 aaO).
6
2. Danach hat sich der Angeklagte durch das Aufbewahren des zum Eigenkonsum bestimmten Haschischs in der Wohnung und die gleichzeitig erfolgte Verwahrung der Cannabisplatte für seinen Lieferanten eines Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Dieser Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht sowohl zu dem durch die Lagerung der zum Weiterverkauf bestimmten Ecstasy-Tabletten verwirklichten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als auch zu der Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln des Lieferanten gemäß § 27 StGB, § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in Tateinheit und verklammert diese Delikte zu einer materiell-rechtlichen Tat.
7
a) Die Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung setzt voraus, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149 mwN; Beschluss vom 11. Januar 2012 - 1 StR 386/11, wistra 2012, 310; Rissing-van Saan, LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 28 ff.). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstraktgeneralisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 99/12 aaO; Beschlüsse vom 19. April 2011 - 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693; Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 ff.).
8
b) Da der Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit einer Strafrahmenobergrenze von 15 Jahren gegenüber der Obergrenze des nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG von elf Jahren und drei Monaten die schwerere Strafe androht und sich bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise keine Gesichtspunkte dafür ergeben, dass der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge seinem strafrechtlichen Unrechtsgehalt nach hinter der Teilnahmehandlung zurückbleibt, sind die Voraussetzungen für eine Verklammerung ungeachtet der höheren Mindeststrafe des gemilderten Normalstrafrahmens aus § 30a Abs. 2 BtMG erfüllt.
9
3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der weitgehend geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung entzieht dem Strafausspruch die Grundlage.
Der neu mit der Sache befasste Tatrichter wird den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. November 2016 dargelegten Bedenken hinsichtlich der strafschärfenden Berücksichtigung der nur geringfügigen Überschreitung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. September 2016 - 2 StR 41/16; vom 31. März 2016 - 2 StR 36/16, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 44) sowie der für die Bestimmung der maßgeblichen Strafrahmenuntergrenze relevanten Prüfung des minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG Rechnung zu tragen haben. Der Senat weist darüber hinaus darauf hin, dass mit der Erwägung, der Wiederverkauf der Betäubungsmittel sei letztlich zufällig gescheitert, "weil der Angeklagte keine Abnehmer fand und kein Interesse an entsprechender Akquise entwickelte" kein schuldsteigernder Gesichtspunkt aufgezeigt wird.
VRinBGH Sost-Scheible ist Cierniak Franke urlaubsbedingt an der Beifügung der Unterschrift gehindert. Cierniak
Bender Quentin
6
1. Sind mehrere Personen an einer Deliktserie beteiligt, so ist bei der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses für jeden Täter oder Teilnehmer gesondert zu prüfen und zu entscheiden, ob die einzelnen Straftaten der Serie in seiner Person tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen. Maßgeblich ist hierbei der Umfang des Tatbeitrages bzw. der Tatbeiträge des Beteiligten. Erfüllt er hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten, soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt, als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzelde- likte der Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die je gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den jeweiligen einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die anderen Beteiligten die einzelnen Delikte nach obigen Grundsätzen gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, juris Rn. 7; vom 18. Oktober 2011 - 4 StR 346/11, juris Rn. 3). Erschöpfen sich die Tatbeiträge im Aufbau und der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als - uneigentliches - Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334 mwN; vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341 f.). Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten des Täters oder Teilnehmers kommt es dabei nicht darauf an, ob die anderen Beteiligten, die die tatbestandlichen Ausführungshandlungen vornehmen, (Mit-)Täter oder Gehilfen sind oder ob es sich um gutgläubige Werkzeuge handelt (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 203; S/S-Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 52 Rn. 20 f.).

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

29
aa) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 17. März 2018 – 4 StR 75/17, juris Rn. 3). Ob bei der akzessorischen Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt sowohl von der Anzahl der Beihilfehandlungen als auch von der Zahl der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit ist danach anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbständige Haupttaten unterstützt werden. Dagegen liegt nur eine einzige Beihilfe vor, wenn der Gehilfe mit seiner Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines Anderen Hilfe leistet. Handlungseinheit liegt ferner vor, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (Senat , Urteil vom 5. Dezember 2012 – 2 StR 117/12, wistra 2013, 310, 311).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 6 5 / 1 4
vom
14. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
14. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 14. März 2014, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in acht Fällen schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 20 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die allgemein erhobene Sachbeschwerde hat zum Schuldspruch teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte - zusammen mit den Mitangeklagten - an dem Vertrieb eines "Finanzierungsmodells" beteiligt, bei dem Kunden gegen Vorleistung von "Zinsvorauszahlungen" und "Aufwandsentschädigungen" versprochen wurde, nach einigen Monaten hohe zins- und tilgungsfreie Darlehen zu erhalten. Tatsächlich kam es den Angeklagten allein darauf an, die Vorabzahlungen der Kunden zu vereinnahmen und für sich zu verbrauchen; das "Finanzierungsmodell" diente nach der Vorstellung der Angeklagten der Täuschung der Geschädigten und war - was allen Angeklagten klar war - von vornherein nicht zu realisieren. Der Angeklagte war vor allem für die Kundengewinnung zuständig und setzte hierfür auch die für ihn bereits zuvor tätigen Vermittler - unter anderem die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und Me. - ein, die anfangs von dem Mitangeklagten H. in das "Finanzierungmodell" eingewiesen worden waren. Zur Täuschung der Kunden entwarf der Angeklagte eine Excel-Tabelle, die nach seiner Anweisung von den Vermittlern zur Erläuterung des "Finanzierungsmodells" verwendet wurde, um bei den Kunden mittels eines Zahlenwerkes den Eindruck zu erwecken, mit einer relativ geringen Vorauszahlung sei eine sehr hohe Auszahlungssumme zu erreichen.
3
2. Soweit das Landgericht (auch) in den Einzelfällen einen jeweils rechtlich selbständigen Betrug des Angeklagten gemäß § 53 Abs. 1 StGB angenommen hat, in denen er nicht selbst, sondern (allein) seine Vermittler gehandelt hatten (II. 3., Fälle 7, 9 bis 11, 13, 14, 16, 17, 19 bis 21, 24 und 25 der Urteilsgründe ), kann der Schuldspruch nicht bestehen bleiben.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tatserie die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter grundsätzlich nach der Anzahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als - uneigentliches - Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2009 - 2 StR 160/09, StV 2010, 363, vom 14. November 2012 - 3 StR 403/12, StV 2013, 386 und vom 23. Mai 2013 - 2 StR 555/12, wistra 2013, 389). Von dieser Handlungseinheit sind nur die Fälle ausgenommen, in denen der Täter selbst einen individuellen Tatbeitrag erbringt. Danach sind hier für den Angeklagten alle festgestellten Einzelfälle des Betruges, in denen allein seine Vermittler tätig waren - abweichend von der konkurrenzrechtlichen Würdigung durch das Landgericht und entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - rechtlich als unselbständige Teile eines derartigen Organisationsdelikts zu bewerten. Daraus folgt, dass sich der Angeklagte lediglich in insgesamt acht rechtlich selbständigen Fällen (zusätzlich zum Organisationsdelikt in den Fällen 2 bis 6, 22 und 23 der Urteilsgründe) des Betruges schuldig gemacht hat.
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
6
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 7, 9 bis 11, 13, 14, 16, 17, 19 bis 21, 24 und 25 der Urteilsgründe. Für das einheitliche Organisationsdelikt setzt der Senat die höchste der in den vorgenannten Fällen durch das Landgericht verhängten Einzelstrafen (Fall 25 der Urteilsgründe), mithin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren neu fest (§ 354 Abs. 1 StPO analog; vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 354 Rn. 27 mwN). Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe hat gleichwohl Bestand. Angesichts der weiteren - rechtsfehlerfrei zugemessenen und daher verblei- benden - Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren (Fall 23), einem Jahr und neun Monaten (Fall 22), einem Jahr und sechs Monaten (Fall 3), einem Jahr und drei Monaten (Fall 2), zweimal einem Jahr (Fälle 5 und 6) sowie von neun Monaten (Fall 4) kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe als die verhängte von zwei Jahren und neun Monaten zugemessen hätte.
Becker Hubert Schäfer
Gericke Spaniol

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 617/16
vom
23. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:230517B4STR617.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 23. Mai 2017 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 11. Juli 2016 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit beide Angeklagte im Fall II. 3. b) des Urteils wegen versuchter gewerbsmäßiger Hehlerei verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten;
b) das vorgenannte Urteil, soweit der Angeklagte S. in den Fällen II. 1. a), b), c), d), e), h), i), j), l), m), n), o), p), q), r) und s) verurteilt worden ist, mit den dazugehörigen Feststellungen und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben ;
c) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass aa) der Angeklagte S. im Übrigen der gewerbsmäßigen Hehlerei in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Betrug, der versuchten gewerbsmäßigen Hehlerei in zwei Fällen, des Betruges in weiteren 13 Fällen, des Diebstahls in zwei Fällen sowie des versuchten Diebstahls schuldig ist; bb) der Angeklagte B. der gewerbsmäßigen Hehlerei in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Betrug, der versuchten gewerbsmäßigen Hehlerei in zwei Fällen, des Betruges in weiteren zehn Fällen, der Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen, des Diebstahls in zwei Fällen sowie des versuchten Diebstahls schuldig ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten S. , an eineandere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. 4. Der Angeklagte B. hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in neun Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug, versuchter gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen, Betruges in weiteren 13 Fällen, Beihilfe zum Betrug in 16 Fällen, Diebstahls in zwei Fällen sowie versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Den Angeklagten B. hat es wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Betrug, versuchter gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen, Betruges in weiteren zehn Fällen, Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen, Diebstahls in zwei Fällen sowie versuchten Diebstahls – unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und acht Monaten aus einem Urteil des Landgerichts Limburg, unter anderem wegen versuchten Mordes – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.
3
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit die Angeklagten im Fall II. 3. b) der Urteilsgründe wegen versuchter gewerbsmäßiger Hehlerei verurteilt worden sind. Die Feststellungen des angefochtenen Urteils belegen hier – anders als in den Fällen II. 3. e) und f) – kein unmittelbares Ansetzen zur Tat im Sinne von § 22 StGB. Die Zulassung des Fahrzeugs, die Vorstellung beim TÜV und der Abschluss der Kraftfahrzeugversicherung stellen bloße Vorbereitungshandlungen im Hinblick auf den geplanten Verkauf des Fahrzeugs dar. Hierzu wurden nach den Feststellungen jedoch noch keine Bemühungen entfaltet.
4
2. Soweit der Angeklagte S. in den Fällen II. 1. a), b), c), d), e), h), i), j), l), m), n), o), p), q), r) und s) der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Betrug in 16 Fällen und gewerbsmäßiger Hehlerei in sechs Fällen verurteilt worden ist, unterliegt das Urteil der Aufhebung.
5
a) Diesem Tatkomplex liegen im Wesentlichen die folgenden Feststellungen zugrunde:
6
Der Angeklagte S. kam mit dem gesondert verfolgten Bu. überein, gemeinsam Straftaten zu begehen. Für die unmittelbare Tatausführung sollten im Wesentlichen eigens in Lettland angeworbene Personen zuständig sein, welche nur für kurze Zeit nach Deutschland einreisen sollten und – entsprechend ihrer Stellung auf hierarchisch unterster Stufe – als „Drops“ oder „Körper“ bezeichnet wurden.
7
Bu. übernahm in der Folge die Rolle des sogenannten „Dropenfüh- rers“, welcher die „Drops“ in Lettland anwarb, sie seiner Weisung unterstellte sowie in Deutschland für ihre Unterkunft und Verpflegung sorgte. In den ersten Monaten des Jahres 2015 reisten die „Drops“ Su. , C. und O. nach Deutschland ein.
8
Entsprechend dem Tatplan eröffneten die „Drops“ unter Vorlage ihres let- tischen Passes bei verschiedenen Bankfilialen Konten, um in den Besitz von EC-Karten zu gelangen. Hierbei wurden die orts- und sprachunkundigen „Drops“ von dem Angeklagten S. begleitet, welcher die Gespräche mit den Bankmitarbeitern übersetzte. Die so erlangten EC-Karten wurden – soweit für diesen Tatkomplex relevant – folgendermaßen eingesetzt:
9
Die „Drops“ schlossen Mobilfunkverträge in den Filialen verschiedener Anbieter ab, wobei ihnen hochwertige Mobiltelefone überlassen wurden, welche über die monatlichen Vertragsgebühren finanziert werden sollten. Für das hier- für vorgesehene Lastschriftverfahren gaben die „Drops“ die Kontodaten der kurz zuvor erworbenen EC-Karten an. Auch in den Filialen der Mobilfunkanbieter wurden die „Drops“ von dem Angeklagten S. begleitet – insbesondere wegen der notwendigen Übersetzungsleistungen. Die den „Drops“ nach Vertragsschluss ausgehändigten Mobilfunkgeräte wurden in der Regel noch vor Ort an den Angeklagten S. weitergegeben. Dieser verkaufte die Geräte in der Folge entgeltlich an verschiedene Abnehmer. Der Erlös wurde zwischen den Beteiligten aufgeteilt. In der Zeit vom 21. April bis zum 18. Mai 2015 kam es unter Einschaltung der oben genannten drei „Drops“ zur Begehung der Ta- ten II. 1. a), b) und c).
10
Spätestens Mitte des Jahres 2015 kamen die AngeklagtenS. und B. mit dem gesondert verfolgten K. überein, fortan in dieser personellen Zusammensetzung Straftaten nach dem vorgenannten Muster zu begehen. K. übernahm die Rolle des „Dropenführers“ und war insbesondere für die Anwerbung und Einreise der „Drops“ zuständig. Der Angeklagte B. kümmerte sich um deren Unterkunft und Verpflegung, wofür er die angeworbenen Personen in seiner Wohnung aufnahm. Im Juli 2015 reisten die „Drops“ A. , J. , P. und N. nach Deutschland ein, unter deren Beteiligung im Zeitraum vom 28. bis zum 30. Juli 2015 die Taten unter II. 1. d), e), h), i), j), l), m) und n) begangen wurden. Ende August 2015 reisten M. und So. ein, welche in der Zeit vom 11. bis zum 18. September 2015 zur Begehung der Taten unter II. 1. o), p), q), r) und s) eingesetzt wurden.
11
Allen Beteiligten war von Anfang an bewusst, dass die Lastschriften mangels Kontodeckung nie würden eingelöst werden. Sie wollten sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zur Finanzierung ihres Lebensstandards verschaffen.
12
b) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte S. sei bezüglich der betrügerischen Erlangung der Mobiltelefone bloßer Gehilfe und nicht Mittäter gewesen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Durch diesen Rechtsfehler ist der Angeklagte vorliegend beschwert.
13
Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – in Abgrenzung zur Beihilfe – dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 2. März 2017 – 4 StR 196/16; vom 30. Juni 2005 – 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44, 45; vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291). Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH aaO). Dabei ist dem Tatrichter – vor allem in Grenzfällen – ein Beurteilungsspielraum eröffnet, der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Enthalten die Urteilsgründe eine hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die tatrichterliche Wertung vom Revisionsgericht auch dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH aaO).
14
In dem angefochtenen Urteil finden sich keinerlei Ausführungen dazu, warum der Angeklagte S. bei den Betrugstaten nur als Gehilfe undnicht als Mittäter handelte. Angesichts seiner Anwesenheit während des gesamten Tatablaufs, seiner wesentlichen Tatbeiträge – insbesondere durch die notwendige Übersetzung der geführten Vertragsgespräche – und seines eigenen Interesses am Taterfolg wären nähere Ausführungen hierzu erforderlich gewesen.
15
c) Durch die Annahme einer bloßen Beihilfe zu den Betrugsstraftaten ist der Angeklagte S. ausnahmsweise beschwert, da er bezogen auf die von den „Drops“ jeweils erlangten Mobiltelefone zusätzlich wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in sechs Fällen – in Form des Absetzens durch den Verkauf der Geräte – zu Einzelstrafen zwischen einem Jahr und neun Monaten sowie zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Wäre der Angeklagte Mittäter der Betrugstaten, käme eine Verurteilung wegen Hehlerei nicht in Betracht, da der (Mit-)Täter der Vortat nicht Hehler sein kann (SSW-Jahn, StGB, 3. Aufl., § 259 Rn. 49 mwN).
16
3. Bezüglich des Angeklagten B. war – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – der Schuldspruch dahin zu ändern, dass er nur wegen zweier Fälle der Beihilfe zum Betrug schuldig ist, da zwischen den Fällen II. 1. d), e), h) bis j) und l) bis n) ebenso Tateinheit besteht wie zwischen den Fällen II. 1. o) bis q) sowie r) und s). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Handlungseinheit oder Handlungsmehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag eines jeden Beteiligten zu beurteilen (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 – 4 StR 59/04, BGHSt 49, 306, 316 mwN). Fördert der Gehilfe durch eine Beihilfehandlung mehrere rechtlich selbstständige Haupttaten eines oder mehrerer Haupttäter, liegt nur eine Beihilfe im Rechtssinne vor (BGH, aaO; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 27 Rn. 31; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 27 Rn. 123). So verhält es sich hier:
17
Der Gehilfenbeitrag des Angeklagten B. bestand darin, für Un- terkunft und Verpflegung der jeweils in Deutschland anwesenden „Drops“ zu sorgen, wozu er diese in seiner Wohnung aufnahm. Die zeitgleiche Unterbrin- gung mehrerer „Drops“ stellt entgegen der Auffassung des Landgerichts indes nur einen tatfördernden Beitrag dar. Somit lag für den Tatzeitraum vom 28. bis zum 30. Juli 2015 – Fälle II. 1. d), e), h) bis j) und l) bis n) – nur eine Beihilfehandlung des Angeklagten B. vor. Gleiches gilt für den Tatzeitraum vom 11. bis zum 18. September 2015 – Fälle II. 1. o) bis q) sowie r) und s).
18
Der Senat hat für beide Fälle Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Dies entspricht der jeweils höchsten der für diese Fälle jeweils verhängten Einzelstrafen. Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei Annahme von nur zwei Beihilfehandlungen mildere Strafen festgesetzt hätte. Die übrigen für diesen Tatkomplex verhängten Einzelstrafen entfallen.
19
4. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist in den Fällen des zeitnahen betrügerischen Einsatzes von EC-Karten zu Einkäufen die Annahme der Strafkammer, dass der Angeklagte B. im Fall II. 1. f) sowie der Angeklagte S. im Fall II. 1. g) und im Fall II. 1. k) jeweils wegen tatmehrheitlich begangener Betrugstaten schuldig sind, rechtlich nicht zu beanstanden.
20
Mehrere betrügerische Einkäufe mit einer EC-Karte bilden nur dann ausnahmsweise eine natürliche Handlungseinheit und stehen in Tateinheit, wenn zwischen ihnen ein besonders enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Der Senat hat dies bejaht bei Einkäufen, welche mit derselben ECKarte innerhalb von wenigen Minuten in demselben Geschäft erfolgten (Senat, Beschluss vom 21. Mai 2014 – 4 StR 70/14, StV 2015, 113 [zeitliche Abstände zwischen den Einkäufen von nur drei bzw. fünf Minuten]). Auch in der vergleichbaren Konstellation mehrerer nach § 263a StGB strafbarer Geldabhebungen mit einer fremden EC-Karte ist nur dann Tateinheit anzunehmen, wenn die Abhebungen in enger zeitlicher Aufeinanderfolge bei demselben Bankautoma- ten erfolgen – längere Pausen zwischen den Abhebungen, der Wechsel der EC-Karte oder die Nutzung eines anderen Bankautomaten bilden Zäsuren, welche jeweils zu Tatmehrheit führen (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2012 – 4 StR 193/12, NStZ-RR 2013, 13 [Ls]; vom 11. März 2015 – 1 StR 50/15, wistra 2015, 269; vom 21. November 2002 – 4 StR 448/02; vom 10. Juli 2001 – 5 StR 250/01; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 263a Rn. 27; Schönke/Schröder /Perron, StGB, 29. Aufl., § 263a Rn. 39).
21
Ein entsprechend enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Einkäufen der Angeklagten ist den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen. Vielmehr fanden die Einkäufe – zwar teilweise in demselben Einkaufszentrum – aber in verschiedenen Geschäften, teils sogar an unterschiedlichen Tagen statt. Soweit die Angeklagten taggleich in demselben Geschäft Einkäufe tätigten, ergeben sich aus dem Urteil keine Anhaltspunkte dafür, dass dies in enger zeitlicher Folge – etwa innerhalb weniger Minuten – geschah. Angesichts der bloßen, nicht näher konkretisierten Möglichkeit eines solchen Hergangs gebietet auch der Zweifelssatz nicht die Annahme von Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55).
22
Soweit der Senat insoweit der von dem Generalbundesanwalt beantragten Änderung des Schuldspruches und der Annahme tateinheitlicher Tatbegehung nicht folgt, steht dies einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO nicht entgegen, da der Generalbundesanwalt keine Aufhebung des Strafausspruches beantragt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. März 2012 – 3 StR 436/11; vom 8. Juli 2009 – 1 StR 214/09, wistra 2009, 398; vom 26. April 2006 – 1 StR 151/06; vom 20. Januar 1993 – 3 StR 575/92, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 4; BeckOK-StPO/Wiedner, Stand: 1. Januar 2017, § 349 Rn. 27).
23
5. Bezüglich des Angeklagten B. ist auszuschließen, dass die Strafkammer angesichts des Wegfalls der Einzelstrafe für den Fall II. 3. b) und von vier Einzelstrafen bezüglich der Beihilfe zum Betrug im Zusammenhang mit der Beherbergung der „Drops“auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte, zumal das Landgericht die einbezogene Freiheitsstrafe von sieben Jahren und acht Monaten als Einsatzstrafe nur äußerst maßvoll erhöht hat.
24
Mit Blick auf den nur geringen Teilerfolg erscheint es nicht unbillig, den Angeklagten B. mit den gesamten verbleibenden Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
25
6. Für die neue Hauptverhandlung bezüglich des Angeklagten S. bemerkt der Senat:
26
a) Sollte der neue Tatrichter zur Annahme von Mittäterschaft bei der betrügerischen Erlangung der Mobiltelefone gelangen – was eine (zusätzliche) Verurteilung wegen Hehlerei ausschlösse –, dürften mit Blick auf das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO), bezogen auf die durch die Hehlereihandlungen gebildeten sechs Tatkomplexe, die neuen Einzelstrafen nicht die Summe der bisher verhängten Einzelstrafen für die Beihilfe(n) zum Betrug und die jeweils anschließende hehlerische Weitergabe der zuvor betrügerisch erlangten Mobiltelefone überschreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168, 169 f.; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 358 Rn. 30).
27
b) Für den Fall, dass die neue Strafkammer abermals von einer bloßen Gehilfenstellung des Angeklagten S. bei den Betrugshandlungen ausge- hen sollte, wird zu prüfen sein, ob die regelmäßig noch „vor Ort“ an ihn erfolgte Übergabe der Mobiltelefone bereits die Voraussetzungen eines Sichverschaffens im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB erfüllt, was sich wiederum auf die Bewertung der Konkurrenzverhältnisse auswirken könnte: zwischen der Beteiligung an der Vortat und einer anschließenden Hehlerei kommt ausnahmsweise Tateinheit in Betracht, wenn die einzelnen Betätigungsakte räumlich und zeitlich in einem so engen Zusammenhang stehen, dass sie bei lebensnaher Betrachtung schon äußerlich eine Einheit im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit bilden (BGH, Urteile vom 29. April 1986 – 1 StR 105/86, wistra 1986, 217, und vom 16. Juli 1968 – 1 StR 25/68, NJW 1968, 1973, 1974; MüKoStGB/Maier, 2. Aufl., § 259 Rn. 180).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke
7
3. Da die Nachprüfung des Urteils im Übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt hat, bleibt seine Revision ohne weiteren Erfolg. Dies kann der Senat gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO trotz der Abweichung bei der Begründung der Schuldspruchänderung von der Antragsschrift des Generalbundesanwalts durch Beschluss aussprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 1993 - 2 StR 346/93, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Antrag 1).

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.