Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - 3 StR 568/08

bei uns veröffentlicht am12.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. März 2009 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Wuppertal vom 9. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
über die Vereidigung der Kriminalbeamten M. und I. nicht entschieden habe,
bemerkt der Senat ergänzend:
Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung zwei verdeckte Ermittler (VE) nach
§ 247 a StPO in der Weise zeugenschaftlich vernommen, dass diese für die Verfahrensbeteiligten
nicht zu erkennen waren. Unmittelbar vor diesen Zeugenvernehmungen
erschien ebenfalls "im Wege der audiovisuellen Vernehmung" jeweils einer der
beiden Kriminalbeamten als "VE-Führer" und erklärte, dass es sich bei dem nunmehr
zu vernehmenden Zeugen um diejenige Person handele, die in vorliegender Sache
unter einem Tarnnamen als verdeckter Ermittler aufgetreten sei. Damit waren beide
Kriminalbeamte ihrerseits Zeugen, da sie Auskunft über die Wahrnehmung von Tatsachen
- der Identität der während der Vernehmung verdeckt bleibenden Person -
gaben. Das Landgericht hat beide Beamte demgemäß zwar in den Urteilsgründen als
Zeugen benannt, in der Hauptverhandlung aber nur punktuell als solche behandelt.
Keiner von ihnen wurde als Zeuge bezeichnet, nur der Zeuge I. wurde vor seiner
Aussage belehrt. Bei keinem ist über die Vereidigung oder die Entlassung entschieden
worden. Die hiergegen gerichtete Beanstandung der Revision bleibt indessen
ohne Erfolg:
Der vom Generalbundesanwalt vertretenen Auffassung, die Nichtvereidigung eines
Zeugen sei grundsätzlich nicht revisibel, vermag der Senat allerdings nicht zu folgen
(vgl. dazu BGH, Beschl. vom 11. Dezember 2008 - 3 StR 429/08, juris).
Es kommt auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob den Rügen deshalb der
Erfolg versagt werden könnte, weil der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung
keinen Antrag auf Vereidigung der Zeugen gestellt hatte (vgl. BGHSt 50, 282, 284).
Da das Landgericht nicht einmal über die Entlassung der Zeugen entschieden hat,
läge dies hier jedoch eher fern.
Die Rügen bleiben jedenfalls deswegen erfolglos, weil der Senat ausschließen kann,
dass das Urteil auf der unterlassenen Entscheidung über die Vereidigung beider
Zeugen beruht. Diese haben lediglich zur Identität der verdeckt vernommenen Zeugen
und damit zu einem Nebenpunkt ausgesagt. Das Landgericht hat auch die beiden
verdeckten Ermittler nicht vereidigt, obwohl deren Aussagen ein wesentlich größeres
Gewicht zukam.
Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - 3 StR 568/08

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2009 - 3 StR 568/08

bei uns veröffentlicht am 12.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 568/08 vom 12. März 2009 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. März 2009, a

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2008 - 3 StR 429/08

bei uns veröffentlicht am 11.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 429/08 vom 11. Dezember 2008 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zur Volksverhetzung u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführ
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - 3 StR 568/08.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2010 - 3 StR 193/10

bei uns veröffentlicht am 20.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 193/10 vom 20. Juli 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Mordes Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 20. Juli 2010 einst

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 568/08
vom
12. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. März
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juli 2008 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Vom Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem weiteren Fall hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützten Revision gegen den Teilfreispruch. Sie beanstandet außerdem die Strafzumessung als rechtsfehlerhaft. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
2
Die zum Teilfreispruch führende Beweiswürdigung des Tatrichters ist - wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat dargelegt hat - nach den Maßstäben, nach denen das Revisionsgericht diese überprüft (vgl. BGH NJW 2005, 2322, 2326), nicht zu beanstanden. Auch gegen die Strafzumessung bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 429/08
vom
11. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur Volksverhetzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2008
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. Juni 2008 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Rüge der Verletzung des § 59 StPO: Der vom Generalbundesanwalt unter Hinweis auf Teile der Literatur (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 59 Rdn. 13 m. w. N.) vertretenen Auffassung, die Revision könne nur darauf gestützt werden, dass die Vereidigung unter Verstoß gegen § 60 StPO erfolgt sei, im Übrigen sei die Entscheidung über die Vereidigung nicht revisibel, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Neufassung des § 59 StPO eröffnet dem Tatrichter für diese Entscheidung einen Beurteilungsspielraum ("wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage") kombiniert mit einer Ermessensbefugnis ("nach seinem Ermessen für notwendig hält"). Wie in sonstigen Fällen kann auch hier mit der Revision geltend gemacht werden, der Tatrichter habe den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten oder sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt (vgl. etwa Meyer-Goßner aaO § 337 Rdn. 16; Kuckein in KK 6. Aufl. § 337 Rdn. 19, jeweils m. w. N.).
Umstände, die einen nach diesen Maßstäben beachtlichen Rechtsfehler begründen, zeigt die Revision nicht auf. Somit kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Rüge auch deshalb nicht durchdringen könnte, weil der Beschwerdeführer nicht vorgetragen hat, dass er die Anordnung des Vorsitzenden , den Zeugen unvereidigt zu lassen, in der Hauptverhandlung beanstandet und eine Entscheidung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 StPO beantragt hat (vgl. BGHSt 50, 282, 284). Jedenfalls in den Fällen, in denen erst aus den Urteilsgründen zutage tritt, dass nach der Beurteilung des Gerichts die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO für die Vereidigung des Zeugen an sich vorlagen, wird die Zulässigkeit der Revisionsrüge schwerlich davon abhängig gemacht werden können, dass in der Hauptverhandlung gegen die Anordnung des Vorsitzenden zur Nichtvereidigung (vorsorglich) auf Entscheidung des Gerichts angetragen wurde.
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Schäfer